01.03.2013 Aufrufe

Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Reduktionspotentiale. Wissen kann innerhalb des politischen Systems nur über die Selektion<br />

relevanter Informationen aufgebaut werden. Um diese Selektionsleistung zu vollbringen,<br />

müssen Relevanzkriterien formuliert werden, die den Rang einer Information bestimmen. Dabei<br />

ist festzustellen, daß die Administration, die in der Bundesrepublik die praktische<br />

Umweltpolitik maßgeblich bestimmt (vgl. Hansmeyer/Schneider 1992: 11 f.), eine quasi<br />

‘natürliche’ Affinität gegenüber Maßnahmen besitzt, die der juristisch-technischen<br />

Normorientierung des Verwaltungshandelns entsprechen. Bürokratisch organisierte<br />

Institutionen neigen dazu, „umweltpolitische Problemstellungen im Sinne von Kontinuität und<br />

Gleichförmigkeit zuzuschneiden, sie zu `routinisieren´“ (von Prittwitz 1990: 184) 94 .<br />

Umweltprobleme werden registriert, isoliert und reguliert: „Auf diese Weise wird ein<br />

Problemzusammenhang auf Einzelprobleme reduziert, die rechtliche Einzellösungen nach sich<br />

ziehen“ (Görlitz 1991: 1).<br />

In bezug auf die Energiesparpolitik heißt das, daß kontrollierbare, meßbare, schematisch<br />

bearbeitbare Maßnahmen präferiert und dementsprechende Wissensbestände aufgebaut<br />

werden. Konkret äußert sich dies in der Ausarbeitung eines Regelungsnetzes aus<br />

Spezialgesetzen, Verordnungen (WSchV, HeizAnlV, Wärmenutzungs– und<br />

Kleinfeuerungsanlagen-Verordnung nach der BImSchV) und Verwaltungsvorschriften.<br />

Mit der (notwendigen) Konzentration auf bestimmte Sparoptionen durch die interne<br />

Disziplinierung der Informationserhebung werden andere Einsparmöglichkeiten systematisch<br />

ausgeblendet. D.h., daß der Output des Verwaltungshandelns schon in die<br />

Informationsgewinnung und –gewichtung als Selektionskriterium miteingeht und so<br />

Reduktionspotentiale, die z.B. in einer Änderung von Konsumgewohnheiten liegen,<br />

unberücksichtigt bleiben. Die Fokussierung der Akteure des staatlich-administrativen Systems<br />

auf technische Reduktionspotentiale unterstreicht dies: Da ein direkter Eingriff in die<br />

‘Konsumautonomie’ von Wirtschaft und Verbrauchern nicht möglich ist, konzentrieren sich<br />

obrigkeitsstaatliche Zwangsmaßnahmen auf die Durchsetzung rationeller Energieverwendung<br />

in festumrissenen Grenzen. Unbestreitbar ist dies ein Beitrag zur Verbesserung der<br />

Energieproduktivität, doch die gleichzeitige Ausblendung bestehender Potentiale weist den<br />

hierarchischen Steuerungszugriff als defizitär aus. Differenziert man die Reduktionspotentiale<br />

nach technischen und sozialen Potentialen wird deutlich, wo der Schwerpunkt<br />

bürokratiedominierter Energiesparpolitik liegt: Themen wie die Erhöhung des Wirkungsgrades<br />

von Kleinfeuerungsanlagen oder die Vorgabe von Wärmeschutzmaßnahmen bei Neubauten<br />

prägen die aktuelle Situation. Verbraucherverhalten und Konsumgewohnheiten sind mittels<br />

regulativer Politik nicht kausal-hierarchisch beeinflußbar. Doch gerade ein verändertes<br />

Umweltbewußtsein kann ‘soziale Reduktionspotentiale’ aktivieren:<br />

„Wesentlich für den Energieverbrauch und seine zeitliche Entwicklung sind neben den technischen<br />

Gegebenheiten auch die Verbrauchsgewohnheiten. Sowohl der direkte Energieeinsatz in den Haushalten<br />

als auch die Güterauswahl – in Art und Menge – bestimmen direkt oder über den in den Gütern<br />

gebundenen Energieinhalt den Energieverbrauch. Der Wertewandel hat in den letzten Jahrzehnten zu<br />

einem energieintensiveren Lebensstil geführt. [...] Aber auch Gegenbewegungen – z.B. Ansätze der<br />

‘neuen Sparsamkeit’ vor allem in den USA – sind festzustellen. [...] So liegen erhebliche<br />

Einsparpotentiale in der Realisierung von Verhaltensänderungen, die vor allem über eine zielgerichtete<br />

Motivation und die Schaffung von Anreizen [...] zu erschließen sind“ (Enquete-Kommission 1995: 416,<br />

Hervorhebungen JC).<br />

94 Zu dem Zusammenhang von Bürokratie und Umweltpolitik aus der Sicht der Neuen Politischen Ökonomie vgl. Horbach<br />

(1992: 159 ff.)<br />

62

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!