Kirche Z - Juli/August 2011 - Reformierte Kirche Zug
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4 RUBRIK<br />
Foto Beat Ghilardi<br />
Christine Kessler (links) und Kurt Gnos spielen am Auffahrtsgottesdienst in <strong>Zug</strong>.<br />
<strong>Kirche</strong>. Der ästhetische Genuss lenke vom Inhalt ab, befand der<br />
strenge Reformator: «Es ist wider aller Menschen Vernunfft,<br />
daß man in großem Gethös und Gethön sinnig oder andächtig<br />
sye.» Sein Verhältnis zur <strong>Kirche</strong>nmusik blieb allerdings<br />
gespalten, denn Zwingli war eigentlich ein leidenschaftlicher<br />
Musikliebhaber. Seine Ambivalenz führte dazu, dass er<br />
einerseits den Chorgesang verbot und 1527 die <strong>Kirche</strong>norgel<br />
aus dem Grossmünster entfernen liess – andererseits im Jahr<br />
darauf die erste Zürcher Musikschule gründete. Daneben<br />
komponierte Zwingli geistliche Chor- und Psalmenlieder.<br />
1598 führten Zwinglis Nachfolger den <strong>Kirche</strong>ngesang im<br />
Grossmünster wieder ein; die Orgel blieb aber noch lange<br />
draussen.<br />
«Gravität und Majestät»<br />
Auch Calvin hatte ein komplexes Verhältnis zur Musik. Als<br />
ausgebildeter Musiker erkannte der Genfer Reformator den<br />
Nutzen der «entflammenden Kraft der Musik», zugleich<br />
wollte er aber verhindern, dass die Musik menschliche Leidenschaften<br />
wecken könne. Deshalb forderte er «Gravität<br />
und Majestät» in der Musik – und initiierte ein Gesangsbuch,<br />
das seinen hohen Ansprüchen genügte. Dieser «Genfer<br />
Psalter» ist von grosser Schlichtheit und Schönheit. Er fand<br />
schnell internationale Verbreitung und bildet noch heute ein<br />
wichtiges Fundament des <strong>Kirche</strong>ngesangs buchs. Eine andere<br />
Säule der reformierten Musiktradition wurde Jahrhunderte<br />
später der tiefgläubige Johann Sebastian Bach, der sein<br />
riesiges Talent ganz «zur höheren Ehre Gottes» einsetzte.<br />
Mit seiner Musik hat Bach wohl viel zur Verbreitung des<br />
christlichen Gedankenguts beigetragen – Albert Schweitzer<br />
bezeichnete ihn denn auch als «fünften Evangelisten».<br />
Programm auf die Predigt abgestimmt<br />
Auch für Hans-Jürgen Studer ist klar, dass Musik viel mehr<br />
kann, als einen Gottesdienst ästhetisch aufzuwerten. «Sie<br />
kann trösten, jubilieren, die Worte der Pfarrperson vertiefen<br />
und gleichzeitig auch auf eine neue Ebene erheben», meint<br />
der Organist, der seit 22 Jahren die Gottesdienste in der<br />
reformierten <strong>Kirche</strong> <strong>Zug</strong> musikalisch begleitet. «Die Musik<br />
nach der Predigt kann zum Beispiel dazu beitragen, dass<br />
über das gesprochene Wort nachgedacht wird.» Deshalb sei<br />
es auch besonders wichtig, die richtige Musik auszuwählen<br />
– nämlich jene, die dem Gesagten entspreche. «In der Regel<br />
bekomme ich Mitte Woche die wichtigsten Stichworte der<br />
Pfarrperson zum Gottesdienst», erläutert Hans-Jürgen<br />
Studer. «Dann treffe ich die musikalische Auswahl. Es ist<br />
unerlässlich, dass ich weiss, worum es in einer Predigt geht.<br />
Einfach darauf losspielen kann ich nicht, denn dann liesse<br />
die Musik das Wort nicht nachhallen.» Sein Programm übt<br />
Hans-Jürgen Studer immer ein; hinter jedem Gottesdienst<br />
steckt also auch noch eine grosse musikalische Arbeit.<br />
«Ohne Musik würde etwas fehlen»<br />
Diese lohnt sich aber – das zeigen die vielen Rückmeldungen<br />
von den Kirchgängern, die Hans-Jürgen Studer nach einem<br />
Gottesdienst bekommt. In der Regel sei das Interesse an der<br />
Musik gross, und «wenn ich zum Abschluss eine Fuge von<br />
Bach spiele, spüre ich gelegentlich schon, dass die Zuhörerinnen<br />
und Zuhörer wie elektrisiert sind». Für ihn steht<br />
ausser Frage: Ein Gottesdienst kann zwar auch ohne Musik<br />
durchgeführt werden, «aber das ist dann wie ein Coupe<br />
Dänemark ohne Schoggisauce: Da fehlt einfach etwas. Die<br />
Orgelmusik während des Gottesdienstes ist eine abendländische<br />
Tradition; wir haben sie mit der Muttermilch aufgesogen<br />
und sie gehört dazu». Ähnlicher Meinung ist Christoph<br />
Baumann, Pfarrer in <strong>Zug</strong>-Nord und Menzingen; auch<br />
er spricht von einer «liebgewonnenen Tradition» und von<br />
der grossen Chance, mit der Musik das Wort zu erhöhen.<br />
«Musik kann Dimensionen ausfüllen, die das Wort nicht<br />
erreicht», ist er überzeugt. «Sie kann Anstösse geben und<br />
neue Eindrücke vermitteln.» Damit die Musik diese Funk-<br />
tion erfüllen könne, müsse sie inspirierend sein. Zu welchem<br />
Genre die Musik zähle, spiele dabei keine grosse Rolle.<br />
Es muss nicht immer Orgel sein<br />
Für seinen Auffahrts-Gottesdienst hat Pfarrer Christoph<br />
Baumann Kurt Gnos und Christine Kessler engagiert. Mit<br />
Querflöte, Saxophon, Gitarre und Keyboard lassen die