KUNSTHANDEL WIDDER
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ERNST HUBER<br />
Wien 1895 – 1960 Wien<br />
Ernst Huber, als Maler Autodidakt, tritt 1919 im Rahmen einer Ausstellung<br />
der Wiener Kunstgemeinschaft mit drei Gemälden ins Licht der<br />
Öffentlichkeit. Josef Hoffmann ist begeistert von den Bildern und lädt<br />
den jungen Künstler ein, sich an den Ausstellungen der „Kunstschau“<br />
zu beteiligen. Dort stellt Huber neben Anton Faistauer, Oskar Kokoschka,<br />
Robin Christian Andersen und Herbert Boeckl aus.<br />
Neben seinen Fahrten durch Nieder- und Oberösterreich unternimmt<br />
Huber in den zwanziger und dreißiger Jahren auch zahlreiche inspirierende<br />
Auslandsreisen. So führt ihn 1923 sein Weg nach Dalmatien<br />
und 1926 in den Nahen Osten. Split, die heimliche Hauptstadt Dalmatiens,<br />
war schon seit seiner Gründung als griechische Kolonie in der<br />
Antike eine bedeutende Hafenstadt. Huber interessiert sich bei seinem<br />
Bild nicht für imposante historische Gebäude mit hohem Wiedererkennungswert,<br />
sondern für die Fischerboote und das Spiel der Reflexionen<br />
auf dem leicht bewegten Wasser im hellen, mediterranen Tageslicht. Es<br />
riecht nach Meer, es riecht nach Hafen. Huber wählt eine Komposition,<br />
die die Boote und die hellen Häuser als eine bildräumliche Einheit auffasst,<br />
die sich wie ein Band vom vorderen linken Bildrand nach hinten<br />
rechts zieht und dort leicht nach vorne ausschwingt.<br />
Für sein Jerusalem-Bild wählt Huber ein noch ungewöhnlicheres<br />
Motiv. Die besondere Bedeutung, die Jerusalem und seinen zahlrei-<br />
Ernst Huber<br />
JERUSALEM<br />
1926, Öl/Leinwand<br />
56 x 70,3 cm<br />
signiert, datiert und bezeichnet<br />
E. Huber Jerusalem 1926<br />
rechts:<br />
HAFEN VON SPLIT<br />
1923, Öl/Leinwand<br />
50 x 70 cm<br />
signiert und datiert E. Huber 1923<br />
chen Erinnerungsorten im jüdisch-christlichen Kulturkreis zukommt,<br />
lässt der Maler komplett außer Acht. Es dürfte schwierig sein, den dargestellten<br />
Ort in der heutigen israelischen Metropole wiederzufinden.<br />
Er liegt zu Hubers Zeit irgendwo in der Peripherie von Jerusalem, einer<br />
wenig entwickelten Stadt im wenig entwickelten, staubigen britischen<br />
Mandatsgebiet Palästina.<br />
Wie beim Hafen von Split zeigt Huber in dieser kargen, aber doch<br />
freundlichen Mittelmeerlandschaft seine Meisterschaft im Umgang mit<br />
dem südlichen Licht. Der Mensch manifestiert sich in beiden Bildern<br />
ausschließlich durch seine Bauwerke und tritt hinter diese und die Natur<br />
zurück. Gut vorstellbar, dass sich die Menschen vor der Mittagshitze<br />
zurückgezogen haben.<br />
Beiläufig bemerkt, sind beide Gemälde auch zeithistorische Dokumente.<br />
Die abgebildeten Orte haben erst wenige Jahre zuvor ihre staatliche<br />
Zugehörigkeit gewechselt. Split gehört als Teil des untergegangenen<br />
österreichischen Königreichs Dalmatien seit 1918 zum Königreich<br />
der Serben, Kroaten und Slowenen („SHS-Staat“), dessen blau-weißrote<br />
Flagge stolz von den Masten der Boote flattert. Jerusalem wird mit<br />
Palästina 1917 nach der türkischen Kapitulation von den Briten übernommen.<br />
Ziel des 1920 etablierten Völkerbund-Mandats ist die „Errichtung<br />
einer Heimstätte für das jüdische Volk“.