TFH-Presse 2-2007-1.3. - Beuth Hochschule für Technik Berlin
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tfh 2|07<br />
campus<br />
Die Trauerarchitektur<br />
Sensibles Thema <strong>für</strong> Studierende<br />
Tod, Trauer, Abschied von nahestehenden<br />
Menschen, verbunden mit größtem<br />
seelischem Schmerz – die architektonische<br />
Annäherung an diesen fundamentalen<br />
Bestandteil der menschlichen<br />
Existenz unterscheidet sich so stark von<br />
den üblichen Aufgaben im Seminar<br />
Innenraumplanung, dass alle Beteiligten,<br />
Studierende und die Professorin<br />
erst einmal inne hielten.<br />
Auf Anregung des Bestattungsunternehmens<br />
Ahorn-Grieneisen bearbeitete das<br />
Innenraumplanungs-Seminar im Sommersemester<br />
2006 eine Trauerhalle <strong>für</strong><br />
konfessionsübergreifende und konfessionslose<br />
Feiern in einer alten Villa am<br />
Rande eines Friedhofs in Mannheim. Die<br />
gute Zusammenarbeit wurde im Wintersemester<br />
2006/07 mit dem Entwurf <strong>für</strong><br />
einen Abschiednahmeraum fortgesetzt.<br />
Dieser Raum, der sich am Kinderhospiz<br />
Sonnenhof in <strong>Berlin</strong> orientiert, hat keine<br />
festen Ortsangaben und soll so als Baustein<br />
<strong>für</strong> weitere Kinderhospize oder<br />
Kinderkrankenhäuser dienen.<br />
»Durch die Zusammenarbeit mit der<br />
<strong>TFH</strong> und Prof. Dr. Susanne Junker wollen<br />
wir unvoreingenommene und zeitgemäße<br />
Ideen von jungen Menschen <strong>für</strong><br />
die Gestaltung von Trauerräumen sammeln«,<br />
erklärt Carolin Seufert, Referentin<br />
<strong>für</strong> Öffentlichkeitsarbeit der Ahorn-<br />
Grieneisen AG.<br />
Der kontemplative Ansatz, das Nachdenken<br />
über die eigenen Emotionen,<br />
das Bedürfnis nach Ruhe, Aspekte wie<br />
Würde, Respekt, Harmonie, Trost wurden<br />
innerhalb der beiden Seminare wie<br />
auch mit den »Bauherren« Ahorn-Grieneisen<br />
diskutiert. Dabei wurde die Balance<br />
zwischen jahrhundertealten Trauerritualen<br />
und ihrer architektonischen<br />
Entsprechung einerseits und den eigenen<br />
zeitgenössischen Lebensentwürfen<br />
andererseits gehalten.<br />
Nicht nur die Studierenden Stefanie<br />
Fleischmann und Till Gröner bemerkten:<br />
»Der Tod von schwerkranken Kindern<br />
und die Abschiednahme der Eltern sollten<br />
im Mittelpunkt stehen. Die Trauer,<br />
die die Angehörigen empfinden, wenn<br />
die Generationenfolge plötzlich nicht<br />
mehr stimmt und ein geliebter Mensch<br />
stirbt, kann man als Außenstehender<br />
nur als abstrakte Emotion verstehen,<br />
wenn man es nicht selbst erlebt hat. Wie<br />
kann man hier mit einem Entwurfsgedanken<br />
ansetzen?« »Als junge und kinderlose<br />
Studierende stellte uns diese<br />
Aufgabe vor eine besondere Herausforderung.<br />
Mit einem so ernsten Thema<br />
wurden wir noch nie direkt konfrontiert«,<br />
kommentieren auch Britta Hering<br />
und Vivian Rust. David Wehrmeister und<br />
Heiko Silbermann ergänzen: »Ganz<br />
schön schwer, Geborgenheit und Trauer<br />
architektonisch darzustellen.«<br />
Bildausschnitt des Plakats zur Ausstellung »Trauerarchitektur« zeigt die unterschiedlichen Entwürfe<br />
Beide Aufgaben wurden konsequent<br />
räumlich mit Modellen erarbeitet, um<br />
als ersten Schritt das angemessene<br />
Volumen des Raumes zu bestimmen.<br />
Diese Besinnung auf elementare Gestaltungsprinzipien<br />
wie Proportion, Qualität<br />
des Lichtes, räumliche Klarheit und<br />
Verzicht auf alles Unnötige und Überflüssige<br />
wurde Konzept.<br />
Bei der weiteren Ausarbeitung stand<br />
Carolin Seufert als Bauherrin und Gastkritikerin<br />
regelmäßig zur Seite und unterstützte<br />
das Team in unzähligen technischen,<br />
funktionalen wie auch emotionalen<br />
Fragen. Grundrisszeichnungen mit<br />
Möblierungsvarianten, Wandabwicklungen,<br />
Deckenspiegeln, Farbschemata und<br />
Materialcollagen vervollständigen die<br />
Arbeiten. So individuell mit dem sensiblen<br />
Thema Trauer auch entwurflich<br />
umgegangen wurde, so deutlich sind die<br />
kulturellen Konstanten und historischen<br />
Bezüge ablesbar und geben einen<br />
gemeinsamen Halt und Trost.<br />
Die besten Modelle, Materialcollagen<br />
und Zeichnungen sind noch bis Ende<br />
April im Haus der Begegnung, Ahorn-<br />
Grieneisen AG, Fürstenbrunner Weg<br />
10-12 ausgestellt. Die Ausstellung wurde<br />
im Februar als gelungene Kooperation<br />
durch den Vorstand von Ahorn Grieneisen,<br />
Dipl.-Ing. Olaf Dilge, und dem<br />
Präsidenten der <strong>TFH</strong>, Prof. Dr. Reinhard<br />
Thümer, eröffnet.<br />
Prof. Dr. Susanne Junker, FB IV<br />
Foto: FB IV