jatros - Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie
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JATROS <strong>Unfallchirurgie</strong> & Sporttraumatologie 3 I 2009<br />
Rekonstruktion des<br />
Knochenschafts im Kindesalter<br />
Häufiger als angenommen stehen Kinder<br />
vor dem Problem, mit ungleichen<br />
Beinlängen und Gliedmassenverkrümmungen<br />
leben zu müssen. Oft ist dies<br />
die Folge von Unfällen, Knocheninfektionen<br />
und Knochentumoroperationen,<br />
seltener sind Beinlängendifferenzen angeborener<br />
Entwicklungsstörungen.<br />
Durch die Methode der Kallusdistraktion<br />
gelingt es problemlos, Beinlängendifferenzen<br />
auszugleichen bzw. Knochendefekte<br />
im Bereich der langen<br />
Röhrenknochen zu ersetzen. In vielen<br />
Fällen stellt sich die Frage, welche modifizierten<br />
Behandlungsmethoden erforderlich<br />
sind.<br />
Material und Methode<br />
Bei den behandelten Kindern war 4-mal<br />
der Oberschenkel und 4-mal der Unterschenkel<br />
betroffen. Der Knochendefekt<br />
resultierte 3-mal aus einer langstreckigen<br />
hämatogenen Knocheninfektion, 2-mal<br />
lag eine schwere femorale Verkrümmung<br />
aufgrund einer Stoffwechselstörung vor<br />
mit pathologischer Fraktur im Apex der<br />
Deformität. Eine femorale Beinlängendifferenz<br />
resultierte posttraumatisch. Die<br />
zwei tibialen Beinlängendifferenzen waren<br />
einmal angeboren und einmal posttraumatisch.<br />
Abb. 1: a) 9-jähriges Mädchen mit ausgedehnter tibialer Knocheninfektion<br />
b) Knochen-Draht-Zementkonstrukt<br />
I 40<br />
Bei der Schaftosteomyelitis<br />
(3-mal) wurde die Methode<br />
des stabilen Antibiotika-<br />
Knochenzement-Draht-<br />
Konstrukts gewählt. Der<br />
infizierte Knochenanteil<br />
wurde reseziert, in den entstandenen<br />
Defekt wurden<br />
ohne Beinlängenverkürzung<br />
mehrere Drähte eingebracht<br />
und in das noch bestehende<br />
proximale und distale Fragment verklemmt.<br />
Anschließend wurde der antibiotikahaltige<br />
Knochenzement um die<br />
Drähte als Platzhalter modelliert und<br />
ausgehärtet. Es erfolgte eine zunehmende<br />
Vollbelastung ohne äußere Fixation. Dabei<br />
verhinderte dieses Konstrukt das Kollabieren<br />
der Weichteile in den ausgedehnten<br />
Knochendefekt. Nach Infektsanierung<br />
wurde in einer zweiten Operation<br />
dieses Konstrukt entfernt und in typischer<br />
Weise eine Kallus- bzw. Epiphysendistraktion<br />
durchgeführt.<br />
G. Wozasek, Wien<br />
Weitere angewendete Operationsmethoden<br />
waren 3-mal eine akute einseitige<br />
Verlängerung, teilweise mit Deformitätenkorrektur,<br />
am Oberschenkel, Nagelung<br />
nach Beinverlängerung (einmal am<br />
Oberschenkel) und die klassische Kallusdistraktion<br />
am Unterschenkel in den anderen<br />
Fällen.<br />
Ergebnisse<br />
In allen Fällen konnte eine<br />
belastungsstabile Rekonstruktion<br />
des Knochenschaftes<br />
erzielt und in den<br />
drei Fällen einer Knocheninfektion<br />
diese saniert werden.<br />
Die teilweise langwierigenBehandlungszeiträume<br />
erforderten ein<br />
solides Vertrauensverhältnis von Arzt, Patient<br />
und Eltern unter begleitender physiotherapeutischer<br />
und psychologischer<br />
Behandlung.<br />
Diskussion und Schlussfolgerung<br />
Die Kallusdistraktion per se hat sich als<br />
eine relativ sichere Methode der Rekonstruktion<br />
des Knochenschafts im Kindesalter<br />
während der letzten 50 Jahre etabliert.<br />
Als Therapieoptionen sind jedoch<br />
bei langstreckigen Schaftdefekten die<br />
akute Verkürzung und defektferne Verlängerung,<br />
Allografts, Autografts, der vaskularisierte<br />
Knochenspan aus dem Beckenkamm<br />
oder dem Wadenbein und auch die<br />
Tibialisierung des Wadenbeines zu überlegen.<br />
Alle aufgezählten Methoden sind<br />
jedoch mit einer Vielzahl von Nachteilen<br />
behaftet. Eine Knochenrekonstruktion<br />
ohne Weichteildeckung ist undenkbar.<br />
Abb. 2: bifokale Epiphysendistraktion Abb. 3: radiologisches Endergebnis<br />
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