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Studenten- und Hausmärchen Studenten- und ... - Leselicht

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<strong>Leselicht</strong>Zu Wort gekommen„Und wenn sie nicht gestorben sind,dann lauschen sie noch heute“Germanistin Runa Sachadae schrieb ihre Magisterarbeitüber Märchenrezeptionen6s war eher zufällig, wie Runa Sachadae zudem Thema ihrer Magisterarbeit kam. DieGermanistin ist selbst Mutter eines kleinenSohnes <strong>und</strong> wurde irgendwann mit derFrage konfrontiert, ab dem wievielten LebensjahrMärchen für Kinder geeignet sind. Darananschließend entwickelte sie ihre Abschlussarbeitzum Thema Märchenrezeption von <strong>und</strong> durchEltern. Im Rahmen einer Fallanalyse führte siemit mehreren Eltern Interviews. Tino Netzel hatmit Runa über die Ergebnisse ihrer Arbeit gesprochen.Was war für dich das Spannende am Thema Märchenrezeption?Ich fand es besonders interessant zu erforschen,wie die Rezeption von Märchen mit der Kindesentwicklungzusammenhängt, <strong>und</strong> warum dasGenre gemeinhin als so prädestiniert für Kinderempf<strong>und</strong>en wird. Außerdem war es für mich spannend,zu erfahren, ob <strong>und</strong> wie die Märchenrezeptionheutzutage eventuell von neuen Medien beeinflusstwird.Wie bist du denn in deiner Arbeit vorgegangen,um diese Fragen zu beantworten?Der empirische Teil meiner Arbeit bestandaus geführten Interviews mit Eltern, die alle in Leipzigwohnten <strong>und</strong> zudem in der DDR sozialisiert wurden.Alle Befragten hatten mindestens ein zwei- bissechsjähriges Kind. Für dieses Alter hatte ich michbewusst entschieden, da die Sprösslinge noch nichtlesen konnten <strong>und</strong> somit auf die Medienangeboteder Eltern angewiesen waren. Insgesamt führte ichdann 13 Interviews, wobei ich die Partner – sofernvorhanden – einzeln befragte. Damit sollte vermiedenwerden, dass sich Eltern bei der Beantwortungder Fragen gegenseitig beeinflussen.Du hast erwähnt, dass die Kinder der Befragtennoch nicht lesen konnten. Wie verläuft denn derRezeptionsprozess von Märchen in solch jungenJahren?Zunächst kommt kein Kind als Leser auf dieWelt. Die literarische Sozialisation erfolgt mittelsBezugspersonen - vornehmlich der Eltern. Im Allgemeinenfangen die Kleinen mit der Medienrezep-tion schon vor dem Kindergartenalteran. Dabeibeginnen die wenigstenmit dem Fernsehen, dadieses Medium die Kindereher überfordernwürde. Der Einstieg erfolgtvielmehr mit Bilderbüchernohne Text.Das lässt sich schonmachen, bevor das Kindein Jahr alt ist. Als Elternteilguckt man sichdas Buch gemeinsammit dem Kind an. Wennman beispielsweise aufeine Ente zeigt, kannRuna Sachadae(Foto: Till Sachadae)das dazugehörige Tiergeräusch imitiert oder nachdem Gezeigten gefragt werden. Einen solchen Begleitprozess,der nicht nur für Märchen gilt, nenntman Scaffolding. Dies ist ein Vorgang, bei dem dasKind durch Bezugspersonen an Kulturtechnikenherangeführt wird, zu denen es noch nicht alleinin der Lage ist. Je älter Kinder werden <strong>und</strong> je mehrsie können, desto mehr verschwinden die Eltern ausdiesem Prozess.Im europäischen Kulturkreis erfolgt die Heranführungan die mediale Kommunikation häufigüber Märchen. Warum ist das so?Die meisten Eltern wollen, dass ihre Kindermit etwas Hochwertigem an die Kultur herangeführtwerden. Und Märchen werden als solcheswahrgenommen. Zudem entsprechen sie dank ihrereinfachen Struktur der Aufmerksamkeitsspanne<strong>und</strong> dem kognitiven Status der Kinder. Man könnteihnen auch Homer vorlesen, aber das würden siewahrscheinlich nicht verstehen <strong>und</strong> langweilig finden.Darüber hinaus verdeutlichen Märchen sehrgut den Unterschied zwischen „schwarz“ <strong>und</strong> „weiß“,also „gut“ <strong>und</strong> „böse“. Diese Pole benötigen sie, umspäter irgendwann zu verstehen, dass die Welt eigentlich„grau“ ist. Außerdem ist die so genanntemagische Phase zwischen zwei <strong>und</strong> sechs Jahrenwichtig, in der die Kinder lernen, zwischen Realität<strong>und</strong> Fiktionalität zu unterscheiden. Märchensind dafür in diesem Zusammenhang besonders geeignet.Sie enthalten Signale wie zum Beispiel „Ineinem Land vor unserer Zeit …“ oder „Lange ist esher …“. An diesen Stellen merken die Nachkommen,dass hier etwas nicht real ist. Dabei ist es wichtig,

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