Gottes kommt. Auch die Vorstellung Gottes in Bezugauf die Genderthematik zeigt, dass Mädchenund Jungen Gott anders wahrnehmen. Jungen undMänner legen in der Darstellung Gottes Wert aufAttribute wie Allwissenheit und Macht. Sie betonendie pragmatische Seite Gottes und gehen deshalbvon einem aktiven und eingreifenden Gott aus. ImZuge dessen gelingt es dem männlichen Geschlechtleichter, Rationalität mit Religiosität und Wissenschaftmit Theologie zu verbinden. Mädchen undFrauen hingegen erleben Gott auf intuitivere Weiseund stehen deshalb in einer persönlichen, emotionalbehafteten Verbindung mit ihm. Sie denken Gottpassiver und erkennen ihn innerhalb von Musik,Kunst und Natur. Ihr Verhältnis zu Gott gleichtdem einer Partnerschaft oder Freundschaft und istdeshalb weniger objektiv und rational als das derMänner. Dafür gelingt Frauen viel eher eine androgyneVorstellung von Gott. Mit Sicherheit spielendie vorgelebten Geschlechterrollen innerhalb vonFamilie und Gesellschaft bei diesen unterschiedlichenSichtweisen eine große Rolle. Doch auch inder patriarchal geprägten Bibel findet sich hauptsächlicheine männliche Redeweise von Gott. Zwarwerden viele männliche Symbole und Sinnbilderdurch weibliche Attribute wie Fürsorglichkeit oderBarmherzigkeit ergänzt, doch sie bleiben untergeordneteNuancen eines männlichen Gottesbildes.Auch die Trinität bestehend aus Vater, Sohn undHeiligem Geist ist maskulin. Wir begegnen in derBibel also Symbolsystemen bei denen das Männlicheund das Weibliche sich nicht die Waage halten.Oftmals steht das Maskuline sogar für die Norm unddas Feminine wird entweder darunter subsumiertoder als das Andere, die Abweichung von der Normalitätausgewiesen. Die Bibel bietet als Folge dessenkaum Identifikationsmöglichkeiten für Mädchenund Frauen, da die Geschlechterdifferenz unüberwindbarscheint. Es bleibt eine Distanz zwischenGott und dem weiblichen Geschlecht, es kommt zurAusgrenzung. Gott wirkt fremd. Die Betonung desMännlichen kann im Zweifelsfall sogar dazu führen,dass Frauen ihre Geschlechtlichkeit als ein Defizitoder einen Fehler empfinden.Es hat sich im Verlauf dieses Essays gezeigt, dassGottesbilder durch eine Vielzahl von Einflüssenentstehen, die teilweise nicht in der Kontrolle desMenschen liegen. Neben dem sozialen Umfeld, denengsten Bezugspersonen, der Rezeption der Bibelund der Bildung hat auch das Unterbewusstsein desMenschen Anteil an der Entwicklung von Gottesbildern.Unsere Vorstellungen sind oft das Produkt vonsogenannten Projektionen, d. h. Auswüchsen derPsyche, Wünschen und Träumen. Ein genauerer Blickauf die Funktion und die Herkunft des eigenen Gottesbildeskann deshalb sehr lohnend sein. UnsereDenkweise von Gott hat über das Unterbewusstseinnämlich wesentlichen Einfluss auf die Etablierungvon Werten und Normen, die wir wiederum anAndere weitergeben. Gottesbilder sind in der Lage,die Wahrnehmung des Menschen zu steuern unddamit auch das Handeln und Denken zu lenken. Siekönnen dadurch einschränken und Angst machen,manchmal richtig gehend krank machen. Dies istjedoch sicherlich nicht die Absicht Gottes, denn erfordert immer das Leben. Wenn also der Gedankean Gott Unwohlsein, Unruhe oder Beklemmungauslöst und Angst, das Gefühl von Beobachtungoder Druck entstehen, dann sind das Anzeichen fürein negatives Gottesbild. Die Abhängigkeit von Gottwird dann nicht als lebensspendend sondern alsEinengung empfunden. Beispiele für derart negativeGottesbilder sind der strafende Richtergott, derBuchhalter- und Gesetzesgott oder der überforderndeLeistungsgott.Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gottesbildist nicht nur in theologischer, sondern auch inpsychologischer Hinsicht von Nöten. Gottesbild undSelbstbild stehen in enger Korrelation zueinanderund beeinflussen sich gegenseitig. Das geschieht<strong>zum</strong> einen über das Prinzip der Ebenbildlichkeitund <strong>zum</strong> anderen über die Beziehung zwischenGott und dem Menschen. Die Vorstellung einesLeistungsgottes kann beispielsweise bewirken,dass der Mensch als sein Ebenbild sich umso mehr11
gefordert fühlt, perfekt sein zu müssen und dabeizugleich merkt, dass er diesem Anspruch nie wirdgenügen können. Daraus entstehen unweigerlichSchuldgefühle und eine Negativspirale bildet sichaus. Wird Gott mit einem Elternteil gleichgesetzt,hat die Beziehungsebene Einfluss auf das Selbstbild.Wenn ein Mensch sich nur geliebt fühlte, soferner sich angepasst verhielt, so wird er Gott als denGesetzesgott erleben. Die Vorstellung, dass Gottden Menschen aber bedingungslos und ohne jedeVoraussetzung liebt und annimmt, ist für diesenMenschen unbegreiflich.Für eine gesunde und fruchtbare Gottesbeziehungund ein konstruktives Selbstbild ist es deshalbwichtig Ursache und Funktion der eigenen unheilvollenGottesvorstellungen zu erkunden und ihnenentgegenzuwirken. Ein Gottesbild kann auch vermeintlicherSchutz davor sein, sich nicht ganz aufGott einzulassen. Die Abhängigkeit von ihm wird alsnegativ empfunden, Gott soll auf Distanz bleibenund nicht zu viel Einfluss gewinnen. Auch hinterdieser Einstellung verbergen sich ein destruktivesGottes- und Selbstbild. Es ist hilfreich, dann dieBibel als objektivierende Größe hinzu zu ziehen,die den dämonischen Vorstel-lungen heilendeBilder gegenüberstellen kann und von Gott sprichtohne die Trübung der Sicht durch eigene Erlebnisse.Solch heilsame Bilder sind beispielsweise dieEbenbildlichkeit Gottes, durch die dem MenschenWürde und Wert verliehen und ein Grundvertrauenzurückgegeben wird. Für einsame oder missbrauchteMenschen kann das Bild von Gott als dem guten Hirtzu einem Schlüssel für eine positivere Gottesbeziehungwerden. Zur Verarbeitung der Vergangenheitund als Weg zu Versöhnung mit sich selbst undAnderen begegnet Gott als der Barmherzige, der Mit-Leidende. Die bewusste Zerlegung des bisherigenGottesbildes in seine fragmentarischen Einzelteileund die Ergänzung oder Ersetzung durch neueErkenntnisse und Offenbarungen ermöglicht danndas allmähliche Heilwerden des Menschen. KlausDouglass beschreibt auch das Prinzip des Vakuums:Manchmal muss ein altes Gottesbild als völlig falscherkannt und zurückgewiesen werden, damit derMensch ganz leer von Vorstellungen ist. Erst dannist Platz für ein neues Gottesbild, das förmlich indas Vakuum gesaugt wird. Gott wird sich zeigen alsder, der er wirklich ist.In diesem manchmal schmerzhaften und langwierigenProzess könnten zwei Gebete von MagnusMalm stützen:Gott –Nicht als Abbild der zersprengten Ideale der Welt,sondern als das schlichte Ebenbild Deines WesensNicht so, wie meine Umgebung mich sieht,sondern wie Du mich erschaffen hastNicht wie das Bild meiner Eltern von mir,sondern wie Du mich von Ewigkeit siehstNicht so, wie ich selber gerne wäre,sondern wie Du weißt, dass ich bin– lass mich ohne Furcht nach vorne tretenmit all dem, was ich binvor alles, was Du bistund in Deiner Liebe bleiben.Gott –Nicht so, wie der Zeitgeist Dich machen will,sondern wie Deine Kirche zu allen Zeiten Dichbekannt hatNicht so, wie ich in meiner Ichbezogenheit Dichgerne hätte, sondern so, wie Du Dich in DeinemWort offenbart hastNicht so, wie meine Angst mir Dich in meinendunkelsten Stunden vormalt, sondern wie Du Dichin Deinem Sohn gezeigt hast– tritt hinein in meine Begrenzungen und erleuchtemein ganzes Sein mit Deiner göttlichen Gegenwart.7. FazitDie Art und Weise, wie wir Gott denken und fühlendrückt sich unweigerlich in unserer Sprache, unserer12