Lara Schwander & Melanie Fischer Fadera - Boycotlettes

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landen produziert, wobei die Muster sowohl für politische und religiöse Statements als auch für eine Huldigung an den westlichen Konsum eingesetzt werden. Die heutigen Wax-Stoffe zeigen beispielsweise Motive wie Lippenstifte, Handys, Computer, Zahnbürsten oder Rollschuhe (Abb. C: Lippen- und Taschenlampenwax aus Bamako/Mali, 2004). Ebenso finden Porträts von Präsidenten und religiöse Motive Eingang in das Stoff-Design. Die komplexe Geschichte der Wax-Stoffe, die ein Stück Kolonialgeschichte widerspiegelt, ist im gegenwärtigen Kunstgeschehen immer wieder thematisiert worden. Als berühmtes Beispiel gilt der in London geborene und in Nigeria aufgewachsene Künstler Yinka Shonibare, der mit Installationen, in denen er beispielsweise viktorianische Möbel mit Wax-Stoffen überzieht, Fragen zum Verhältnis zwischen Kolonialisten und Kolonialisierten thematisiert. Wenn nun Boycotlettes solche Stoffe für ihr europäisches, mit ‚Street-Credibility’ ausgezeichnetes Modedesign verarbeiten, greifen sie auf visuell stark konnotierte Motive zurück. Sie sind sich der mit den Stoffmustern einhergehenden Fragen nach kultureller Identität und Authentizität bewusst und konfrontieren diese sozusagen mit Fragen und Sehnsüchten der Strassenkultur, welche nicht zuletzt ihrerseits von der Suche nach Identität und Authentizität geprägt ist. Boycotlettes setzen die Stoffe aber nicht nur für ihr Modedesign ein, sondern entwerfen in Anlehnung daran neue Eigenkreationen, die wiederum in ihrer bildenden Kunst Eingang finden. Die Serie der so genannten „waste papers“ (2006–2009) entstand aus einer Reihe von übereinander gelegten Siebdrucken unterschiedlichster Muster. Ähnlich wie die Künstlerinnen Wandarbeiten aus Klebefolien und Sieb,- Raster- oder Foliendruck-Bilder collagieren, wird das Collage-Prinzip auf ein einzelnes Blatt Papier oder Karton angewendet. Ursprünglich aus der Idee geboren, die Restfarbe im Siebdruck-Sieb auszunutzen, lagerten Boycotlettes verschiedene dieser „Sieb-Säuberungs-Bilder“ so übereinander, dass teils zufällige, teils bewusst komponierte, neue Zusammenfügungen entstanden. Boycotlettes recyceln sozusagen und erfinden dabei neue hybride Bilder, deren einzelne Elemente unterschiedlichster Herkunft sind und aus verschiedenen Kulturen stammen. Ankermotive werden mit graphischen und architektonischen Elementen durchmischt, Augenpaare treffen sich mit Käfern und Faltern, ebenso wie mit dem bereits bei „Von Früchten und Viechern“ (2010) vorkommenden Motiv der Frau auf dem dreirädrigen Motorrad. Die Künstlerinnen verwenden ihre Muster und Motive quer durch alle Erzeugnisse, unabhängig von Materialität und Funktion. Auch die Skulptur „one million minutes“ (2009), die aus überzähligen westafrikanischen Telefonkarten besteht, setzt Gefundenes visuell, sprachlich und formal neu zusammen. Die Telefonkarten, die vom afrikanischen Wunsch nach schnellem und billigem Kontakt ins Ausland sprechen, werden von Boycotlettes zu einer überdimensionierten knospenartigen Form gebündelt. Die einzelnen Slogans auf den Karten verheissen bunte und glückliche Welten: ‚Africa is the future’, ‚Joy’, ‚Talk tomato’, ‚Flash me’, ‚card nostalgiée’, ‚Money 4 sun’, ‚Starcall’ oder ‚call motherland’ u.a. steht darauf zu lesen. Die von Boycotlettes recycelten und zu einer hybriden Form in einem neuen Kontext zusammenfügten Karten vermitteln gleichzeitig etwas von den hinter den Sprüchen stehenden Sehnsüchten und Erwartungen. Man kann sagen, dass Boycotlettes mittlerweile zu einem Label geworden sind, das für interdisziplinäre Freiheit und kulturelle Unabhängigkeit steht. Sie haben die Freiheit des formalen und visuellen Zusammenfügens gefundener, gestalteter Motive und Materialien für sich zum Grundprinzip gemacht. Niemand sonst kann Viecher und Früchte ebenso glaubwürdig zusammenbringen wie Mode und räumliche Grenzüberschreitungen. In diesem Sinne stösst die Liebeserklärung „boys4ever“, die in der oben genannten Wandarbeit vorkommt, auf eindeutige Gegenliebe. (C) INDEX WERKE Titelseite „Da wird schon wieder Grass drüber wachsen“ Beschriftung Sozialräume neue Ricolafabrik Laufen | PVCFolie geschnitten | 90 x 210 cm (1) „Maja Rieder & Boycotlettes“ Impressionen Aus der Austellung (2) „Ohne Titel“ | 2010 | PVCFolie geplottet | 295 x 1460 cm (3) „based on a true“ | 2010 | PVCFolie geplottet und Panzerketten | 370 x 580 x 40 cm (4) „one million minutes“ | 2009 | Telefonkarten , Draht geflechtet | 42 x 165 x 50 (5) „Von Früchten und Viechern“ | 2010 | PVCFolie geplottet und bedruckt (Siebdruck) 370 x 1450 (910+540) x 180 cm (6) „waste papers“ | 2006 - 09 | Siebdruck | je 42 x 59.4 cm (7) „temple of nonsense boys“ | 2008 | PVCFolie geplottet und bedruckt (Siebdruck) | Rauminstallation (8) „nice to nike“ | 2007 | PVCFolie geplottet | 310 x 870 (9) „le bon dieu a fait ça“ | 2005 | PVCFolie geplottet | 382 x 534 (10) „BIG MAC - BIG DIG“ | 2008 | PVCFolie geplottet | 309 x 108 (11) „draussen zuhause“ | 2008 - 10 | PVCFolie geplottet | Interventionen auf der Strasse
BOYCOTLETTES Altrheinweg 34 4057 Basel Mail: beauty@boycotlettes.ch www.boycotlettes.ch Melanie Fischer Fadera geboren 1976 in Solothurn, lebt und arbeitet in Basel 078 624 65 07 Lara Schwander geboren 1976 in Brugg, lebt und arbeitet in Basel 076 499 26 12 1999 Gründung Boycotlettes PREISE UND FÖRDERUNG 2002 Werkjahrbeitrag KUNSTKREDIT 02 Basel-Stadt Swiss Fashionimage Award Zürich 2003 Reisepreis des Basler Kunstvereins Ankauf der Kunstkommission Basel-Stadt 2004 Förderpreis Regiobank Solothurn Reisestipendium für Westafrika Christoph-Merian Stiftung 2005 Eidgenössischer Preis für Design 2007 Ankauf Kulturrelles.bl 2008 3. Preis Swiss Ethical Fashion Award 2009 Werkjahrbeitrag Kanton Solothurn 2010 Förderpreis der Alexander Clavel Stiftung Ankauf für die Sammlung der Stiftung dss Kunsthaud Grenchen Ankauf Kunstkommision Kanton Solothurn AUSSTELLUNGEN 2002 KUNSTKREDIT 02 Basel-Stadt „autocollante02“ Kunsthaus Baselland 2003 URBAN DIARIES Swiss Young Art „autocollante03“ neue Kunsthalle Madrid Regionale 04 „JURASSIC PARC“ in den Institutionen: Kunsthalle Basel / Kunstraum Riehen Kunsthaus Baselland / Le Quai Mulhouse / Kunstverein Freiburg 2004 „Sisters from different Mothers“ Galerie piano nobile Genf Jahresaustellung „united we stand - divided we fall“ Kunstmuseum Solothurn 2005 Gruppenausstellung Signes Quotidiens “ou tu vas comme ça?” Centre Culturelle Suisse Paris Auszeit - auf der Suche nach dem Paradies „Le bon dieu a fait ça“ Projektraum M54 Basel Preisträger Eidgenössischer Preis für Design / Mudac Lausanne 2006 IAAB choices „C`est pas pour les chiens, c‘est pour les hommes“ Kunstraum Riehen Regionale 7 „pimp up my plug“ Plug in Basel Jahresaustellung „collage rapide°1“ Kunstmuseum Solothurn 2007 „it`s not old scool - if your not relating to the streets“ Imprimerie Basel you say art - we say yeah! mit Show „Pimps + Pin-ups“ Gallery Daeppen Basel Regionale 8 „nice to be nike“ Kunstraum Riehen 2008 ERNTE 07 „Big Mac - Big Dick“ Palazzo Liestal „temple of nonsense boys“ Künstlerhaus S11 Solothurn Regionale 9 “vinylfou” Kunsthaus L6 Freiburg 2009 “KEBAP 4 LIFE” High Voltage Basel Kleid im Kontex Gewerbe Museum Winterthur Regionale 10 “WASTE PAPERS 09” Kunsthaus Muttenz 2010 “früher einsam * jetzt verlobt” Wenkenhof Riehen Maya Rieder / Boycotlettes Kunsthaus Grenchen „fashionable art / Mode in der Kunst“ Kunstraum Riehen Jahresausstellung “WASTE PAPERS 10” Kunstmuseum Solothurn KUNST AM BAU 2004 Realisierung Fassade Riehenring Basel „Alice in the city“ 2005 Realisierung Empfangsbereich Christoph Merian Stiftung Basel „ Voyage de miel“ 2006 Realisierung Sozialräume Ricolafabrik Laufen „da wird schon wieder Gras drüber wachsen“ 2009 Realisierung Oberlichtgallerie Gymnasium Oberwil
Seite 1 und 2: Lara Schwander & Melanie Fischer Fa
Seite 3 und 4: „Ohne Titel“ Kunstkaus Grenchen
Seite 5 und 6: „one million minutes“ Kunstkaus
Seite 7 und 8: „waste papers“ Kunstkaus Grench
Seite 9 und 10: „nice to be nike“ Kunstraum Rie
Seite 11 und 12: „BIG MAC - BIG DICK“ Kunsthaus
Seite 13: Auszug aus Katalog zur Ausstellung

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