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Wasser – ein globales Gut - Koordination Südliches Afrika

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OSA<br />

<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />

Vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten für Sek. I/II


KOSA e.V. und Welthaus Bielefeld e.V. (Hrsg.)<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />

Vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten für Sek. I/II


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 3<br />

Bitte kopieren Sie das Arbeitsblatt<br />

MI <strong>–</strong> 1 für alle SchülerInnen<br />

und lassen Sie die<br />

Arbeitsaufgaben paarweise<br />

bearbeiten.<br />

Die hier angeführten Kriterien<br />

zur Beurteilung der „<strong>Wasser</strong>situation“<br />

<strong>ein</strong>es Landes sollen<br />

an zwei konkreten Länderbeispielen<br />

„durchgespielt“<br />

werden.<br />

Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1 enthält<br />

statistische Angaben über<br />

<strong>Wasser</strong>dargebot, <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />

und über den Zugang<br />

der Bevölkerung zu Trinkwasser<br />

und zu den Abwassersystemen<br />

in den beiden Ländern<br />

Mosambik und Libyen.<br />

Der Ländervergleich macht<br />

deutlich, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

<strong>ein</strong>es Landes nicht<br />

nur vom <strong>Wasser</strong>dargebot (der<br />

Menge des verfügbaren, sich<br />

erneuernden Süßwassers)<br />

abhängt. Wesentlich sind auch<br />

<strong>ein</strong>e effi ziente Nutzung und<br />

<strong>ein</strong>e nachhaltige <strong>Wasser</strong>entnahme.<br />

☞ 4<br />

Das Arbeitsblatt enthält zahlreiche<br />

statistische Angaben<br />

und soll gleichzeitig den<br />

Umgang mit Statistiken <strong>–</strong> die<br />

Deutung und Interpretation<br />

statistischer Parameter <strong>–</strong> <strong>ein</strong>üben.<br />

10<br />

erneuerbares Süßwasserdargebot zwischen 1.000<br />

und 1.700 Kubikmeter pro Kopf der Bevölkerung<br />

und Jahr. Von <strong>Wasser</strong>mangel spricht man, wenn<br />

weniger als 1.000 Kubikmeter Süßwasser zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Im Jahre 2050 werden nach <strong>ein</strong>er mittleren<br />

Schätzung 9,3 Mrd. Menschen auf unserem Globus<br />

s<strong>ein</strong>. 42 % davon leben dann in Ländern mit<br />

<strong>Wasser</strong>knappheit oder <strong>Wasser</strong>mangel. Im Jahre<br />

2000 betrug dieser Prozentsatz gerade <strong>ein</strong>mal 8 %.<br />

Umso wichtiger wäre es, die <strong>Wasser</strong>nutzung<br />

dem heutigen Stand der Technik anzupassen und<br />

dafür zu sorgen, dass <strong>Wasser</strong> effi zient genutzt<br />

wird. Viel <strong>Wasser</strong> geht verloren, weil Bewässerungssysteme<br />

den größten Teil des <strong>Wasser</strong>s verdunsten<br />

lassen, weil <strong>Wasser</strong>leitungen viele Lecks<br />

aufweisen oder weil die Art der Bewässerung<br />

nur ungenügend an die Wurzeln der Pfl anzen<br />

erreicht.<br />

Für die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation<br />

<strong>ein</strong>zelner Länder ist schließlich auch die Nachhaltigkeit<br />

der <strong>Wasser</strong>nutzung von Bedeutung.<br />

„Nachhaltig“ ist die <strong>Wasser</strong>entnahme dann, wenn<br />

sie das erneuerbare Oberfl ächenwasser, die Zufl<br />

üsse der Gewässer und diejenigen Grundwasserreservoirs<br />

nutzt, die durch Regen wieder aufgefüllt<br />

werden. Einige Länder (z.B. China, aber auch<br />

die USA) verwenden in bestimmten Regionen für<br />

ihre <strong>Wasser</strong>versorgung in hohem Maße Grundwasservorräte,<br />

die in Jahrtausenden entstanden<br />

sind und sich nicht mehr regenerieren. Es ist<br />

absehbar, dass die Erschöpfung dieser <strong>Wasser</strong>vorräte<br />

zu Krisen in der Landwirtschaft führen wird.<br />

Das gilt auch für viele Beispiele unangepasster<br />

<strong>Wasser</strong>nutzung in der Landwirtschaft so vieler<br />

Länder. Falsche Bewässerung kann zu Versalzung<br />

und zur Erosion der Böden führen <strong>–</strong> und ist damit<br />

ebenso wenig zukunftsfähig.<br />

3. Ländervergleich:<br />

Mosambik und Libyen<br />

☞ 3 + MI <strong>–</strong> 1<br />

Mosambik<br />

Das Land Mosambik gehört zu den ärmsten<br />

Ländern der Erde. Trotz <strong>ein</strong>iger wirtschaftlicher<br />

Verbesserungen in den letzten Jahren (nach dem<br />

jahrelangen Bürgerkrieg) ist die soziale Situation<br />

der Menschen noch immer sehr schlecht. Mosambik<br />

verzeichnet <strong>ein</strong>e hohe Kindersterblichkeit<br />

(Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1, Ziffer 13). Unterernährung<br />

ist bei <strong>ein</strong>em Großteil der Bevölkerung an der<br />

Tagesordnung (Ziffer 10). ☞ 4<br />

Das <strong>Wasser</strong>-Potential des Landes ist erheblich<br />

(Ziffer 3). Mit rund 11.800 Kubikmeter<br />

erneuerbarem <strong>Wasser</strong> (Gesamtmenge des zur<br />

Nutzung zugänglichen und auch erneuerbaren<br />

Süßwassers) pro Einwohner (Ziffer 5) gehört Mosambik<br />

nicht zu den Ländern mit <strong>Wasser</strong>knappheit<br />

oder gar <strong>Wasser</strong>mangel.<br />

Doch die Nutzung dieses <strong>Wasser</strong>s ist unzureichend.<br />

Nur 3 % der landwirtschaftlichen<br />

Fläche (Ziffer 9) werden als Bewässerungsland<br />

genutzt. Viel Potential bleibt hier ungenutzt. Die<br />

sichere Versorgung der Menschen mit sauberem<br />

Trinkwasser ist ebenfalls mangelhaft. 43 % der<br />

Menschen können ihr Menschenrecht auf sauberes<br />

<strong>Wasser</strong> nicht wahrnehmen (Ziffer 11). Noch<br />

mehr Menschen (57 % der Bevölkerung) sind<br />

nicht an <strong>ein</strong>e Abwasserentsorgung angeschlossen<br />

(Ziffer 12). Beides sind wesentliche Faktoren für<br />

die hohe Kindersterblichkeit (197 Kinder von<br />

1.000 Lebendgeburten sterben bis zu ihrem<br />

5. Geburtstag <strong>–</strong> vgl. Ziffer 13).<br />

Fazit: Mosambik hat große, wenn auch regional<br />

unterschiedlich verteilte <strong>Wasser</strong>reserven;<br />

die Nutzung dieses Potentials ist aber wegen der<br />

Armut des Landes unzureichend. Eine Verbesserung<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung gehört zu den wichtigsten<br />

Entwicklungsprioritäten des Landes.<br />

Libyen<br />

Die arabische Republik Libyen gehört zu den<br />

reichsten Staaten des afrikanischen Kontinents<br />

<strong>–</strong> dank der Erdöl<strong>ein</strong>nahmen. Die soziale Situation<br />

der Menschen ist daher nicht von Hunger (Ziffer<br />

10) oder absoluter Armut geprägt. Allerdings ist<br />

die relative Armut bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />

unübersehbar. 28 % der Bevölkerung sind<br />

nur unzureichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt (Ziffer 11).<br />

Libyen ist <strong>ein</strong>es der wasserärmsten Länder<br />

der Erde (Ziffer 3). 95 % des Landes bestehen<br />

aus Wüste. Mit nur 113 Kubikmeter <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

(Gesamtmenge des zur Nutzung zugänglichen<br />

und erneuerbaren Süßwassers) pro Einwohner<br />

(Ziffer 5) ist das Land sehr niederschlagsarm.<br />

Libyen nutzt dennoch in erheblichem Maße<br />

<strong>Wasser</strong> für die Landwirtschaft. Dieses wird aber<br />

weitgehend (rund 90 %) aus fossilen Grundwasserbecken<br />

entnommen, die sich im Laufe<br />

des Quartärs (vor rund 1 Mio. Jahren) gebildet<br />

haben. Diese Nutzung ist nicht nachhaltig, weil<br />

sich diese <strong>Wasser</strong>vorräte nicht mehr erneuern.<br />

Der Grundwasserspiegel sinkt also beständig. Es<br />

wird geschätzt, dass Libyen 8mal mehr <strong>Wasser</strong><br />

verbraucht als durch Niederschläge oder Zufl üsse<br />

erneuert wird (Ziffer 7). Außerdem dringt<br />

Meerwasser in die Grundwasserbecken und<br />

macht erhebliche Teile der Süßwasserbestände


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 3<br />

Bitte kopieren Sie das Arbeitsblatt<br />

MI <strong>–</strong> 1 für alle SchülerInnen<br />

und lassen Sie die<br />

Arbeitsaufgaben paarweise<br />

bearbeiten.<br />

Die hier angeführten Kriterien<br />

zur Beurteilung der „<strong>Wasser</strong>situation“<br />

<strong>ein</strong>es Landes sollen<br />

an zwei konkreten Länderbeispielen<br />

„durchgespielt“<br />

werden.<br />

Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1 enthält<br />

statistische Angaben über<br />

<strong>Wasser</strong>dargebot, <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />

und über den Zugang<br />

der Bevölkerung zu Trinkwasser<br />

und zu den Abwassersystemen<br />

in den beiden Ländern<br />

Mosambik und Libyen.<br />

Der Ländervergleich macht<br />

deutlich, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

<strong>ein</strong>es Landes nicht<br />

nur vom <strong>Wasser</strong>dargebot (der<br />

Menge des verfügbaren, sich<br />

erneuernden Süßwassers)<br />

abhängt. Wesentlich sind auch<br />

<strong>ein</strong>e effi ziente Nutzung und<br />

<strong>ein</strong>e nachhaltige <strong>Wasser</strong>entnahme.<br />

☞ 4<br />

Das Arbeitsblatt enthält zahlreiche<br />

statistische Angaben<br />

und soll gleichzeitig den<br />

Umgang mit Statistiken <strong>–</strong> die<br />

Deutung und Interpretation<br />

statistischer Parameter <strong>–</strong> <strong>ein</strong>üben.<br />

10<br />

erneuerbares Süßwasserdargebot zwischen 1.000<br />

und 1.700 Kubikmeter pro Kopf der Bevölkerung<br />

und Jahr. Von <strong>Wasser</strong>mangel spricht man, wenn<br />

weniger als 1.000 Kubikmeter Süßwasser zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Im Jahre 2050 werden nach <strong>ein</strong>er mittleren<br />

Schätzung 9,3 Mrd. Menschen auf unserem Globus<br />

s<strong>ein</strong>. 42 % davon leben dann in Ländern mit<br />

<strong>Wasser</strong>knappheit oder <strong>Wasser</strong>mangel. Im Jahre<br />

2000 betrug dieser Prozentsatz gerade <strong>ein</strong>mal 8 %.<br />

Umso wichtiger wäre es, die <strong>Wasser</strong>nutzung<br />

dem heutigen Stand der Technik anzupassen und<br />

dafür zu sorgen, dass <strong>Wasser</strong> effi zient genutzt<br />

wird. Viel <strong>Wasser</strong> geht verloren, weil Bewässerungssysteme<br />

den größten Teil des <strong>Wasser</strong>s verdunsten<br />

lassen, weil <strong>Wasser</strong>leitungen viele Lecks<br />

aufweisen oder weil die Art der Bewässerung<br />

nur ungenügend an die Wurzeln der Pfl anzen<br />

erreicht.<br />

Für die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation<br />

<strong>ein</strong>zelner Länder ist schließlich auch die Nachhaltigkeit<br />

der <strong>Wasser</strong>nutzung von Bedeutung.<br />

„Nachhaltig“ ist die <strong>Wasser</strong>entnahme dann, wenn<br />

sie das erneuerbare Oberfl ächenwasser, die Zufl<br />

üsse der Gewässer und diejenigen Grundwasserreservoirs<br />

nutzt, die durch Regen wieder aufgefüllt<br />

werden. Einige Länder (z.B. China, aber auch<br />

die USA) verwenden in bestimmten Regionen für<br />

ihre <strong>Wasser</strong>versorgung in hohem Maße Grundwasservorräte,<br />

die in Jahrtausenden entstanden<br />

sind und sich nicht mehr regenerieren. Es ist<br />

absehbar, dass die Erschöpfung dieser <strong>Wasser</strong>vorräte<br />

zu Krisen in der Landwirtschaft führen wird.<br />

Das gilt auch für viele Beispiele unangepasster<br />

<strong>Wasser</strong>nutzung in der Landwirtschaft so vieler<br />

Länder. Falsche Bewässerung kann zu Versalzung<br />

und zur Erosion der Böden führen <strong>–</strong> und ist damit<br />

ebenso wenig zukunftsfähig.<br />

3. Ländervergleich:<br />

Mosambik und Libyen<br />

☞ 3 + MI <strong>–</strong> 1<br />

Mosambik<br />

Das Land Mosambik gehört zu den ärmsten<br />

Ländern der Erde. Trotz <strong>ein</strong>iger wirtschaftlicher<br />

Verbesserungen in den letzten Jahren (nach dem<br />

jahrelangen Bürgerkrieg) ist die soziale Situation<br />

der Menschen noch immer sehr schlecht. Mosambik<br />

verzeichnet <strong>ein</strong>e hohe Kindersterblichkeit<br />

(Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1, Ziffer 13). Unterernährung<br />

ist bei <strong>ein</strong>em Großteil der Bevölkerung an der<br />

Tagesordnung (Ziffer 10). ☞ 4<br />

Das <strong>Wasser</strong>-Potential des Landes ist erheblich<br />

(Ziffer 3). Mit rund 11.800 Kubikmeter<br />

erneuerbarem <strong>Wasser</strong> (Gesamtmenge des zur<br />

Nutzung zugänglichen und auch erneuerbaren<br />

Süßwassers) pro Einwohner (Ziffer 5) gehört Mosambik<br />

nicht zu den Ländern mit <strong>Wasser</strong>knappheit<br />

oder gar <strong>Wasser</strong>mangel.<br />

Doch die Nutzung dieses <strong>Wasser</strong>s ist unzureichend.<br />

Nur 3 % der landwirtschaftlichen<br />

Fläche (Ziffer 9) werden als Bewässerungsland<br />

genutzt. Viel Potential bleibt hier ungenutzt. Die<br />

sichere Versorgung der Menschen mit sauberem<br />

Trinkwasser ist ebenfalls mangelhaft. 43 % der<br />

Menschen können ihr Menschenrecht auf sauberes<br />

<strong>Wasser</strong> nicht wahrnehmen (Ziffer 11). Noch<br />

mehr Menschen (57 % der Bevölkerung) sind<br />

nicht an <strong>ein</strong>e Abwasserentsorgung angeschlossen<br />

(Ziffer 12). Beides sind wesentliche Faktoren für<br />

die hohe Kindersterblichkeit (197 Kinder von<br />

1.000 Lebendgeburten sterben bis zu ihrem<br />

5. Geburtstag <strong>–</strong> vgl. Ziffer 13).<br />

Fazit: Mosambik hat große, wenn auch regional<br />

unterschiedlich verteilte <strong>Wasser</strong>reserven;<br />

die Nutzung dieses Potentials ist aber wegen der<br />

Armut des Landes unzureichend. Eine Verbesserung<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung gehört zu den wichtigsten<br />

Entwicklungsprioritäten des Landes.<br />

Libyen<br />

Die arabische Republik Libyen gehört zu den<br />

reichsten Staaten des afrikanischen Kontinents<br />

<strong>–</strong> dank der Erdöl<strong>ein</strong>nahmen. Die soziale Situation<br />

der Menschen ist daher nicht von Hunger (Ziffer<br />

10) oder absoluter Armut geprägt. Allerdings ist<br />

die relative Armut bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />

unübersehbar. 28 % der Bevölkerung sind<br />

nur unzureichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt (Ziffer 11).<br />

Libyen ist <strong>ein</strong>es der wasserärmsten Länder<br />

der Erde (Ziffer 3). 95 % des Landes bestehen<br />

aus Wüste. Mit nur 113 Kubikmeter <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

(Gesamtmenge des zur Nutzung zugänglichen<br />

und erneuerbaren Süßwassers) pro Einwohner<br />

(Ziffer 5) ist das Land sehr niederschlagsarm.<br />

Libyen nutzt dennoch in erheblichem Maße<br />

<strong>Wasser</strong> für die Landwirtschaft. Dieses wird aber<br />

weitgehend (rund 90 %) aus fossilen Grundwasserbecken<br />

entnommen, die sich im Laufe<br />

des Quartärs (vor rund 1 Mio. Jahren) gebildet<br />

haben. Diese Nutzung ist nicht nachhaltig, weil<br />

sich diese <strong>Wasser</strong>vorräte nicht mehr erneuern.<br />

Der Grundwasserspiegel sinkt also beständig. Es<br />

wird geschätzt, dass Libyen 8mal mehr <strong>Wasser</strong><br />

verbraucht als durch Niederschläge oder Zufl üsse<br />

erneuert wird (Ziffer 7). Außerdem dringt<br />

Meerwasser in die Grundwasserbecken und<br />

macht erhebliche Teile der Süßwasserbestände


Impressum<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />

Vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten für Sek. I/II<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> AfriKa (KOSA e.V.)<br />

und Welthaus Bielefeld e.V.<br />

August-Bebel-Str. 62<br />

D-33602 Bielefeld<br />

Tel.: ++49-(0)5 21- 9 86 48-51/52<br />

Fax: ++49-(0)5 21-6 37 89<br />

kosa@kosa.org<br />

www.kosa.org<br />

Autoren:<br />

Georg Krämer und Monika Scheffl er<br />

Redaktion:<br />

Monika Scheffl er<br />

Druck:<br />

Druckerei Strothmann, Bielefeld<br />

Gestaltung:<br />

www.crossmedia-design.de<br />

Preis:<br />

5 EUR zuzgl. Versandkosten<br />

Wir danken der Nordrh<strong>ein</strong>-Westfälischen Stiftung<br />

für Umwelt und Entwicklung sowie dem Evangelischen<br />

Entwicklungsdienst (EED) durch den ABP<br />

für die fi nanzielle Unterstützung des Projektes.<br />

© KOSA Bielefeld, September 2004<br />

ISBN: 3-934645-12-7


Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit I:<br />

Lebensmittel <strong>Wasser</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Zielgruppe: Klassen 8 -10<br />

Globale Probleme und Perspektiven rund um das <strong>Wasser</strong><br />

Unterrichtsmaterialien zu Einheit I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit II:<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Menschenrecht oder Ware? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Zielgruppe: Klassen 10-12<br />

Globale Perspektiven für <strong>ein</strong> „öffentliches <strong>Gut</strong>“<br />

Unterrichtsmaterialien zu Einheit II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit III:<br />

Globalisierungsgut <strong>Wasser</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

Zielgruppe: Klassen 11-13<br />

Privatisierung, Globalisierung, GATS und weltweiter Widerstand<br />

Unterrichtsmaterialien zu Einheit III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV:<br />

<strong>Wasser</strong> für alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

Zielgruppe: Klassen 11-13<br />

Politische und infrastrukturelle Perspektiven<br />

Unterrichtsmaterialien zu Einheit IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

3


Einführung<br />

4<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>ein</strong> <strong>globales</strong><br />

<strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />

<strong>Gut</strong>?<br />

Sich in <strong>ein</strong>em wasserreichen Land wie Deutschland<br />

mit dem Thema <strong>Wasser</strong> und s<strong>ein</strong>er weltweiten<br />

Verfügbarkeit zu beschäftigen, ist nicht<br />

unmittelbar <strong>ein</strong>sichtig. Erst <strong>ein</strong>e Beschäftigung<br />

mit den globalen Zusammenhängen zeigt, dass<br />

das <strong>Wasser</strong>thema auch für unsere Zukunft lebenswichtig<br />

ist. „Globales Lernen“ als kritische Aus<strong>ein</strong>andersetzung<br />

sowohl mit Interdependenzen als<br />

auch mit Widersprüchen eröffnet hier Lernchancen,<br />

die über die Rekapitulation gängiger „Wahrheiten“<br />

weit hinausgehen.<br />

Weltweit haben rund 1,1 Milliarden Menschen<br />

<strong>–</strong> fast jeder Fünfte <strong>–</strong> k<strong>ein</strong>en Zugang zu<br />

sauberem <strong>Wasser</strong> und mehr als 2,4 Milliarden<br />

sind nicht an <strong>ein</strong>e minimale Sanitärversorgung<br />

angeschlossen. <strong>Wasser</strong>mangel und <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />

sind wesentliche Kennzeichen für<br />

Armut und Unterentwicklung. Die Folgen dieser<br />

Missstände für Leben und Gesundheit der Menschen<br />

sind verheerend. <strong>Wasser</strong>knappheit bedeutet<br />

auch geringere landwirtschaftliche Erträge,<br />

während andererseits unangepasste Bewässerung<br />

Versalzung und Erosion zur Folge haben kann und<br />

damit langfristig noch größeren <strong>Wasser</strong>mangel.<br />

Zudem trifft auch der Überfl uss an <strong>Wasser</strong> gerade<br />

die Armen hart. Überschwemmungen bedrohen<br />

Leben und Gesundheit vor allem der armen Bevölkerung,<br />

die wenig Mittel haben, sich vor den<br />

Fluten zu schützen.<br />

In unseren nördlichen Regionen ist <strong>Wasser</strong><br />

zwar in überreichem Maße verfügbar, doch bereitet<br />

die <strong>Wasser</strong>verschmutzung Probleme. Wenig<br />

refl ektiert wird auch, dass wir in beträchtlichem<br />

Maße <strong>Wasser</strong> aus anderen Ländern importieren.<br />

Mit den Einfuhren von Waren importieren wir aus<br />

den exportierenden Ländern <strong>ein</strong>en Teil ihrer <strong>Wasser</strong>vorräte,<br />

die diese für ihre Exportproduktion<br />

aufwenden. Deutschland gehört hierbei zu den<br />

zehn größten Importeuren von so genanntem<br />

„virtuellen“ <strong>Wasser</strong>.<br />

Einfl uss auf die langfristige Versorgung der<br />

Menschheit mit <strong>Wasser</strong> nehmen wir auch durch<br />

unseren Lebensstil und Energieverbrauch. Denn<br />

die fortschreitende Klimaerwärmung der Erde<br />

droht die <strong>Wasser</strong>versorgung der Menschen gerade<br />

in der „Dritten Welt“ dramatisch zu verschlechtern.<br />

Die Verschiebung der Vegetationszonen<br />

bedroht die Lebensgrundlagen vieler Millionen<br />

Menschen.<br />

Das alles macht deutlich: <strong>Wasser</strong>probleme<br />

sind komplexe Entwicklungsprobleme. Aus diesem<br />

Grunde sind <strong>ein</strong>fache Lösungen nicht in Sicht;<br />

doch können technische, ökologisch angepasste<br />

Innovationen und <strong>ein</strong> verbessertes <strong>Wasser</strong>management<br />

die Situation verbessern. Notwendig<br />

ist <strong>ein</strong>e umfassende <strong>Wasser</strong>politik, die alle Akteure<br />

und die Bevölkerung <strong>ein</strong>bezieht. Dies setzt den<br />

politischen Willen der Verantwortlichen voraus,


Prioritäten zugunsten <strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

gerade der Armen zu setzen.<br />

Im Jahre 2000 beschlossen die Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen so genannte Milleniumsziele, die auf<br />

<strong>ein</strong>e Halbierung der Armut bis zum Jahr 2015 abzielen.<br />

Dazu zählt auch die Absicht, bis zu diesem<br />

Zeitpunkt die Zahl der Menschen ohne sicheren<br />

Trinkwasserzugang und ohne ausreichende Sanitärausstattung<br />

zu halbieren. Es sieht so aus, als<br />

würden diese Ziele verfehlt, wenn nicht die politischen<br />

und fi nanziellen Anstrengungen deutlich<br />

erhöht werden.<br />

Doch es gibt auch Entwicklungen, die hoffen<br />

lassen. So wird <strong>Wasser</strong> zunehmend als <strong>ein</strong><br />

Menschenrecht anerkannt. <strong>Wasser</strong> ist eben k<strong>ein</strong>e<br />

normale Ware, sondern <strong>ein</strong> <strong>Gut</strong>, das jedem Menschen<br />

unabhängig von s<strong>ein</strong>er Zahlungsfähigkeit<br />

gewährt werden sollte. Relativ neu ist auch <strong>ein</strong>e<br />

Debatte auf internationaler Ebene über „global<br />

public goods“. Immer offensichtlicher lassen sich<br />

überlebenswichtige Güter ausmachen, die sich<br />

nur durch internationale gem<strong>ein</strong>same Anstrengungen<br />

erhalten bzw. realisieren lassen.<br />

Globalisierung und Privatisierung im<br />

<strong>Wasser</strong>bereich sind seit <strong>ein</strong>igen Jahren heiß<br />

umstrittene Themen. Nach wie vor setzen auch<br />

viele Entwicklungspolitiker, u. a. die deutsche<br />

Entwicklungsministerin, viele Hoffnungen in die<br />

Privatwirtschaft. Sie versprechen sich <strong>ein</strong>en zusätzlichen<br />

Schub bei der Verwirklichung des Milleniumziels,<br />

die Zahl der Menschen ohne Zugang<br />

zu sauberem Trinkwasser bis zum Jahr 2015 zu<br />

halbieren. Globalisierungsgegner bekämpfen dagegen<br />

die Privatisierung des <strong>Wasser</strong>s vehement:<br />

Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> sei bei privaten,<br />

auf Rendite und Gewinne ausgerichteten Firmen,<br />

in völlig falschen Händen. Auch dieser teils sehr<br />

überspitzt geführte Konfl ikt wird in der vorliegenden<br />

Sammlung von vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten<br />

rund um das <strong>Wasser</strong> aufgegriffen. Eine differenzierte<br />

Betrachtungsweise der Konfl iktpunkte soll<br />

die Kritikfähigkeit der Schüler und Schülerinnen<br />

schärfen.<br />

Eine grundsätzliche Bemerkung muss an<br />

dieser Stelle noch gemacht werden: Die Versorgung<br />

der Menschen mit minimalen sanitären Anlagen<br />

ist im Grunde genauso wichtig wie der Zugang<br />

zu Trinkwasser. Hier ist die Größenordnung<br />

des Problems noch gigantischer: Rund 2,4 Mrd.<br />

Menschen waren im Jahre 2000 ohne ausreichende<br />

sanitäre Ausstattung <strong>–</strong> und auch diese Zahl<br />

soll laut Millenium-Gipfel der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />

bis 2015 halbiert werden. Aus Platzgründen beschränken<br />

wir uns in diesen Unterrichts<strong>ein</strong>heiten<br />

aber weitgehend auf das Trinkwasserproblem.<br />

Die vorliegende Unterrichts<strong>ein</strong>heit ist Teil<br />

des Projektes „Imagine… Sauberes Trinkwasser<br />

für alle?“, das die <strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong><br />

KOSA e.V. mit fi nanzieller Unterstützung der<br />

Nordrh<strong>ein</strong>-Westfälischen Stiftung für Umwelt<br />

und Entwicklung und des Evangelischen Entwicklungsdienstes<br />

durchführt.<br />

5<br />

Einführung


6<br />

Des Menschen Seele<br />

gleicht dem <strong>Wasser</strong>.<br />

Vom Himmel kommt es,<br />

zum Himmel steigt es<br />

und wieder nieder zur<br />

Erde muss es <strong>–</strong><br />

ewig wechselnd …<br />

aus „Gesang der Geister über den <strong>Wasser</strong>n“<br />

von Johann Wolfgang von Goethe (1779)


Globale Probleme und Perspektiven<br />

rund um das <strong>Wasser</strong><br />

Lebensmittel <strong>Wasser</strong><br />

Zielgruppe: Klassen 8/9<br />

Gliederung<br />

I. Wie viel <strong>Wasser</strong> ist genug?<br />

1. Wie viel <strong>Wasser</strong> braucht der Mensch?<br />

2. Wie beurteile ich die „<strong>Wasser</strong>situation“ <strong>ein</strong>es Landes?<br />

3. Ländervergleich Mosambik - Libyen<br />

II. <strong>Wasser</strong>probleme<br />

1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Fluch und Segen<br />

2. Filmbeschreibung: Kampf ums <strong>Wasser</strong><br />

3. <strong>Wasser</strong>knappheit und <strong>Wasser</strong>mangel<br />

4. <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />

5. Überschwemmungen und Starkniederschläge<br />

6. Der Handel mit „virtuellem <strong>Wasser</strong>“<br />

III. Wege aus der <strong>Wasser</strong>krise<br />

1. Was können wir tun?<br />

2. Königsweg Privatisierung?<br />

3. <strong>Wasser</strong>management und technische Lösungen<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

7


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

Lebensmittel<br />

<strong>Wasser</strong><br />

8<br />

Themenfelder und<br />

didaktischer Hintergrund<br />

Sich in <strong>ein</strong>em regenreichen Land wie Deutschland,<br />

das nur rund <strong>ein</strong> Viertel des erneuerbaren<br />

<strong>Wasser</strong>dargebotes nutzt, mit dem Thema <strong>Wasser</strong><br />

und s<strong>ein</strong>er weltweiten Verfügbarkeit zu beschäftigen,<br />

bedarf der Begründung. Dass die globale<br />

<strong>Wasser</strong>frage auch für unsere Zukunft höchst bedeutsam<br />

s<strong>ein</strong> soll, ist nicht von vorneher<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>sichtig<br />

und braucht die Bereitschaft zur selbstkritischen<br />

Refl exion, ohne die „Globales Lernen“<br />

nicht möglich ist.<br />

Weltweit haben rund 1,1 Milliarden Menschen<br />

<strong>–</strong> mehr als jeder Fünfte <strong>–</strong> k<strong>ein</strong>en Zugang<br />

zu sauberem <strong>Wasser</strong> und mehr als 2,4 Milliarden<br />

sind nicht an <strong>ein</strong>e minimale Sanitärversorgung<br />

angeschlossen. Die Folgen dieser Missstände<br />

für Leben und Gesundheit der Menschen sind<br />

bekannt. So stirbt beispielsweise laut Unicef alle<br />

15 Sekunden <strong>ein</strong> Kind an den Folgen unsauberen<br />

Trinkwassers. <strong>Wasser</strong>mangel und <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />

sind wesentliche Indikatoren für Armut<br />

und verweisen auf die Verwobenheit sozialer,<br />

ökologischer und ökonomischer Dimensionen. Es<br />

sind vor allem die Armen, die auf unzureichende<br />

Brunnen und Zapfstellen zurückgreifen müssen<br />

und oft viel Geld an Händler und Zulieferer für<br />

ihre (unzureichende) <strong>Wasser</strong>versorgung bezahlen.<br />

Auch fehlende Abwasserentsorgung und<br />

Toiletten machen gerade die Armen und deren<br />

Kinder krank.<br />

<strong>Wasser</strong>knappheit bedeutet aber auch geringere<br />

landwirtschaftliche Erträge, während andererseits<br />

unangepasste Bewässerung Versalzung<br />

und Erosion zur Folge haben kann, vielleicht auch<br />

sinkende Grundwasserbestände und damit langfristig<br />

noch größeren <strong>Wasser</strong>mangel. Zudem trifft<br />

auch der Überfl uss an <strong>Wasser</strong> gerade die Armen<br />

hart. Starkniederschläge und Überschwemmungen<br />

bedrohen Leben und Gesundheit vor allem<br />

derjenigen, die wenig Mittel haben, sich vor derartigen<br />

Gefahren zu schützen.<br />

Bei uns dagegen ist <strong>Wasser</strong> in überreichem<br />

Maße verfügbar, sofern wir der <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />

Einhalt gebieten. Trotzdem importieren<br />

wir in beträchtlichem Maße <strong>Wasser</strong> aus anderen<br />

Ländern. Mit den Einfuhren von Weizen, Reis,<br />

Bananen, Orangensaft oder Jeans entnehmen wir<br />

den exportierenden Ländern <strong>ein</strong>en Teil ihrer <strong>Wasser</strong>vorräte,<br />

die diese für ihre Exportproduktion<br />

aufwenden. Deutschland gehört hierbei zu den<br />

10 größten <strong>Wasser</strong>importeuren. Auch dies ist Teil<br />

der Globalisierung.<br />

Einfl uss auf das langfristige <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

nehmen wir aber auch von <strong>ein</strong>er ganz anderen<br />

Warte aus. Die fortschreitende Klimaerwärmung<br />

der Erde droht, die <strong>Wasser</strong>versorgung der Menschen<br />

gerade in der „Dritten Welt“ dramatisch<br />

zu verschlechtern. Die Verschiebung der Vegetationszonen,<br />

längere Dürrezeiten, häufi gere<br />

Starkniederschläge und andere Wetterextrema<br />

werden die Lebensbedingungen vieler Menschen<br />

verschlechtern oder zerstören, nicht zuletzt, weil<br />

sauberes Süßwasser knapper wird. So nehmen<br />

wir mit unserem Lebensstil und Energieverbrauch<br />

Einfl uss auf die zukünftige globale <strong>Wasser</strong>-Situation.<br />

Das alles macht deutlich: <strong>Wasser</strong>probleme<br />

sind komplexe Entwicklungsprobleme. Aus diesem<br />

Grunde sind <strong>ein</strong>fache Lösungen nicht in Sicht,<br />

was nicht bedeutet, dass technische, ökologisch<br />

angepasste Innovationen und <strong>ein</strong> verbessertes<br />

<strong>Wasser</strong>management nicht die Situation verbessern<br />

können. Notwendig ist <strong>ein</strong>e umfassende<br />

<strong>Wasser</strong>politik, die alle Akteure und die Bevölkerung<br />

<strong>ein</strong>bezieht. Dies setzt den politischen Willen<br />

der Verantwortlichen voraus, Prioritäten zugunsten<br />

<strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung gerade<br />

der Armen zu setzen.<br />

Für all dies sind Investitionen, d.h. viel<br />

Geld notwendig. Die hierfür erforderlichen Mittel<br />

aufzubringen, kann nur durch Privatisierung<br />

gelingen, behauptet <strong>ein</strong> Teil der Experten und<br />

Politiker. Andere kritisieren die Kommerzialisierung<br />

des <strong>Wasser</strong>s und verweisen zu Recht darauf,<br />

dass sich Investitionen und Beteiligungen von<br />

Privaten auf diejenigen Bereiche konzentriert<br />

haben, die entsprechende Gewinne versprechen<br />

und eben nicht der <strong>Wasser</strong>versorgung der armen<br />

Bevölkerungsteile zugute kommen. So führt das<br />

<strong>Wasser</strong>-Thema direkt in die kontroversen Aus<strong>ein</strong>andersetzungen<br />

über Globalisierung und Freihandel<br />

und über den Beitrag, den Wirtschaft, Politik<br />

oder Entwicklungszusammenarbeit hier leisten<br />

sollten.<br />

Im Jahre 2000 beschlossen die Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen sogenannte Milleniumsziele, die auf<br />

<strong>ein</strong>e Halbierung der Armut bis zum Jahr 2015 abzielen.<br />

Dazu zählt auch die Absicht, bis zu diesem<br />

Zeitpunkt die Zahl der Menschen ohne sicheren<br />

Trinkwasserzugang und ohne ausreichende Sanitärausstattung<br />

zu halbieren. Es sieht so aus, als<br />

würden diese Ziele verfehlt, wenn nicht die poli-


tischen und fi nanziellen Anstrengungen deutlich<br />

erhöht werden.<br />

Am Ende steht <strong>–</strong> wieder <strong>ein</strong>mal <strong>–</strong> die Frage,<br />

ob wir Armutsbekämpfung und die hierfür notwendige<br />

Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung als<br />

Zukunftsaufgabe begreifen, die auch in unserem<br />

eigenen Interesse liegt. Niemand kann erwarten,<br />

dass wir auf Dauer in <strong>ein</strong>er friedlichen Oase überleben<br />

werden, wenn um uns herum Armut und<br />

Verelendung weiter zunehmen und soziale, ökologische<br />

und ökonomische Verwerfungen auslösen.<br />

Jenseits aller ethischen Verpfl ichtung sollte<br />

<strong>ein</strong>e Beschäftigung mit dem „Lebensmittel <strong>Wasser</strong>“<br />

auch dieses Eigeninteresse verdeutlichen.<br />

I. Wie viel <strong>Wasser</strong><br />

ist genug?<br />

1. Wie viel <strong>Wasser</strong> braucht der<br />

Mensch?<br />

Wie kann man entscheiden, wie viel <strong>Wasser</strong> jeder<br />

Mensch zum Leben braucht? Die Schwierigkeit,<br />

diese Frage zu beantworten, führt direkt in die<br />

weltweite <strong>Wasser</strong>problematik, zeigt die Verwobenheit<br />

des <strong>Wasser</strong>themas mit Fragen nach Armut,<br />

Entwicklungsstand und Umwelt.<br />

Zunächst kann man bei der Frage „Wie viel<br />

<strong>Wasser</strong> ist genug?“ vom unmittelbaren Trinkwasserbedarf<br />

ausgehen. Täglich ca. 2 Liter <strong>Wasser</strong><br />

sollte jeder Mensch trinken. Darüber hinaus brauchen<br />

wir aber auch <strong>Wasser</strong> zum Kochen und zur<br />

Körperr<strong>ein</strong>igung, für das Säubern der Kleidung,<br />

der Wohnung und des Geschirrs oder auch für<br />

die Toilette. Wie viel <strong>Wasser</strong> dies im Einzelnen<br />

ist, hängt stark von den Lebensbedingungen der<br />

Menschen ab. ☞ 1<br />

In Deutschland verfügt jeder Mensch im<br />

statistischen Durchschnitt über 127 Liter <strong>Wasser</strong><br />

pro Tag (2001), das er in s<strong>ein</strong>em Haushalt<br />

verbraucht. Davon werden nur ca. 4 Liter für das<br />

unmittelbare Trinken und das Kochen verwendet.<br />

In weiten Teilen <strong>Afrika</strong>s ist die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

der Menschen weitaus schlechter. Vor<br />

allem auf dem Land verfügen viele <strong>Afrika</strong>ner und<br />

<strong>Afrika</strong>nerinnen über weniger als 20 Liter pro<br />

Tag, mit dem sie ihren Trinkwasserbedarf decken<br />

müssen, aber auch das Kochen, Körper- und Kleiderr<strong>ein</strong>igung<br />

bewerkstelligen sollen. Ein solches<br />

Angebot kann den Bedarf nicht decken. Die UN<br />

setzen 40 <strong>–</strong> 50 Liter pro Mensch als das tägliche<br />

Minimum an, um ausreichend mit <strong>Wasser</strong><br />

versorgt zu s<strong>ein</strong>.<br />

2. Wie beurteile ich die<br />

<strong>Wasser</strong>situation <strong>ein</strong>es Landes?<br />

Die weltweite <strong>Wasser</strong>problematik wird am häufi<br />

gsten wie folgt beschrieben:<br />

Rund 1,1 Mrd. Menschen haben k<strong>ein</strong>en<br />

Zugang zu sauberem Trinkwasser <strong>–</strong> und mindestens<br />

2,4 Mrd. Erdbewohner sind nicht an<br />

<strong>ein</strong>e Abwasser-Entsorgung angeschlossen.<br />

<strong>Wasser</strong> kann aber nicht nur in den Kategorien<br />

des unmittelbaren Verbrauchs durch die<br />

Menschen gemessen werden. Zur <strong>Wasser</strong>situation<br />

<strong>ein</strong>es Landes gehören <strong>ein</strong>e Reihe von Faktoren,<br />

die zusammen jene Indikatoren liefern, die für<br />

die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation von Bedeutung<br />

sind ☞ 2.<br />

Zunächst ist das „<strong>Wasser</strong>dargebot“ des<br />

Landes von Bedeutung. Wie viel Vorkommen an<br />

erschließbarem Süßwasser ist überhaupt vorhanden?<br />

Hier gibt es natürlich enorme Schwankungen<br />

in den verschiedenen Regionen. Das<br />

<strong>Wasser</strong>dargebot in Grönland (bezogen auf die<br />

Einwohner) ist um mehr als <strong>ein</strong>e Million mal höher<br />

als dasjenige in Kuwait, um zwei Extrempunkte<br />

zu benennen.<br />

Danach ist zu fragen, welche Menschen<br />

Zugang zu diesen <strong>Wasser</strong>quellen haben. In vielen<br />

Ländern der „Dritten Welt“ sind gerade die Armen<br />

in den Slums (Favelas, Bariadas) nicht an das<br />

Leitungsnetz angeschlossen und auf dem Land<br />

müssen die Armen weite Wege zu unzureichenden<br />

Brunnen zurücklegen, um ihren <strong>Wasser</strong>bedarf zu<br />

stillen.<br />

Dieses <strong>Wasser</strong> ist dabei häufi g auch von sehr<br />

schlechter Qualität. Verschmutztes, mit Bakterien<br />

und Parasiten verseuchtes <strong>Wasser</strong> ist die Ursache<br />

von Durchfall, Bilharziose und vielen anderen<br />

Krankheiten. Laut UN-Welt-<strong>Wasser</strong>-Entwicklungsbericht<br />

sterben jedes Jahr rund 2,2 Mio. Menschen<br />

an den Krankheitsfolgen verschmutzten<br />

Trinkwassers oder fehlender Abwassersysteme.<br />

<strong>Wasser</strong> wird nicht nur unmittelbar im Haushalt<br />

verwendet. Auch die <strong>Wasser</strong>nutzung durch<br />

Landwirtschaft, Industrie oder Kraftwerke sind<br />

<strong>ein</strong> wichtiger Indikator für die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

<strong>ein</strong>es Landes, für die Produktivität dieser Sektoren<br />

und ihre Zukunftsaussichten.<br />

In Zukunft wird die Zahl derjenigen Menschen<br />

deutlich zunehmen, die in Ländern mit<br />

<strong>Wasser</strong>knappheit oder mit <strong>Wasser</strong>mangel leben.<br />

Für das Jahr 2050 sagen die UN voraus, dass jeder<br />

vierte Erdbewohner (= 2,2 Mrd. Menschen) in<br />

<strong>ein</strong>em Lande leben wird, dass von <strong>Wasser</strong>knappheit<br />

gekennzeichnet ist. 1,674 Mrd. Menschen<br />

(18 %) werden sogar in Ländern mit <strong>Wasser</strong>mangel<br />

leben. <strong>Wasser</strong>knappheit ist defi niert als<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 1<br />

Wie viel <strong>Wasser</strong> brauchst Du<br />

täglich?<br />

Lassen Sie die Schülerinnen<br />

und Schüler raten, wie hoch<br />

ihr täglicher <strong>Wasser</strong>konsum<br />

ist (127 l).<br />

Welche Mutmaßungen gibt<br />

es über die Verwendungszwecke?<br />

Baden/Duschen 45l<br />

Toilette 40l<br />

Wäsche 17l<br />

Geschirr 8l<br />

Wohnung 6l<br />

Garten 3l<br />

Trinken/Kochen 3l<br />

Sonstiges 5l<br />

Summe 127 Liter<br />

☞ 2 Tafelbild<br />

Wie beurteile ich die <strong>Wasser</strong>situation<br />

<strong>ein</strong>es Landes?<br />

◆ <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

des Landes:<br />

Wie viel Süß-<strong>Wasser</strong> gibt<br />

es?<br />

◆ Zugang zu <strong>Wasser</strong>:<br />

Haben alle Menschen<br />

ausreichend Zugang zu<br />

<strong>Wasser</strong>?<br />

◆ <strong>Wasser</strong>qualität:<br />

Ist <strong>ein</strong>e saubere und sichere<br />

Trinkwasserversorgung<br />

gewährleistet?<br />

◆ Abwasser:<br />

Ist die sanitäre Entsorgung<br />

des Abwassers sichergestellt?<br />

◆ <strong>Wasser</strong>-Nutzung:<br />

Wie und in welchem<br />

Ausmaß nutzen Landwirtschaft,<br />

Industrie, Kraftwerke<br />

und Haushalte das<br />

<strong>Wasser</strong>?<br />

◆ Stand der Technik:<br />

Wird das <strong>Wasser</strong> effektiv<br />

und sparsam genutzt?<br />

◆ Nachhaltigkeit der<br />

<strong>Wasser</strong>nutzung:<br />

Werden nur die erneuerbaren<br />

<strong>Wasser</strong>vorräte genutzt?<br />

Werden die Umweltfolgen<br />

der <strong>Wasser</strong>nutzung mitbedacht?<br />

9


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 3<br />

Bitte kopieren Sie das Arbeitsblatt<br />

MI <strong>–</strong> 1 für alle SchülerInnen<br />

und lassen Sie die<br />

Arbeitsaufgaben paarweise<br />

bearbeiten.<br />

Die hier angeführten Kriterien<br />

zur Beurteilung der „<strong>Wasser</strong>situation“<br />

<strong>ein</strong>es Landes sollen<br />

an zwei konkreten Länderbeispielen<br />

„durchgespielt“<br />

werden.<br />

Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1 enthält<br />

statistische Angaben über<br />

<strong>Wasser</strong>dargebot, <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />

und über den Zugang<br />

der Bevölkerung zu Trinkwasser<br />

und zu den Abwassersystemen<br />

in den beiden Ländern<br />

Mosambik und Libyen.<br />

Der Ländervergleich macht<br />

deutlich, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

<strong>ein</strong>es Landes nicht<br />

nur vom <strong>Wasser</strong>dargebot (der<br />

Menge des verfügbaren, sich<br />

erneuernden Süßwassers)<br />

abhängt. Wesentlich sind auch<br />

<strong>ein</strong>e effi ziente Nutzung und<br />

<strong>ein</strong>e nachhaltige <strong>Wasser</strong>entnahme.<br />

☞ 4<br />

Das Arbeitsblatt enthält zahlreiche<br />

statistische Angaben<br />

und soll gleichzeitig den<br />

Umgang mit Statistiken <strong>–</strong> die<br />

Deutung und Interpretation<br />

statistischer Parameter <strong>–</strong> <strong>ein</strong>üben.<br />

10<br />

erneuerbares Süßwasserdargebot zwischen 1.000<br />

und 1.700 Kubikmeter pro Kopf der Bevölkerung<br />

und Jahr. Von <strong>Wasser</strong>mangel spricht man, wenn<br />

weniger als 1.000 Kubikmeter Süßwasser zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Im Jahre 2050 werden nach <strong>ein</strong>er mittleren<br />

Schätzung 9,3 Mrd. Menschen auf unserem Globus<br />

s<strong>ein</strong>. 42 % davon leben dann in Ländern mit<br />

<strong>Wasser</strong>knappheit oder <strong>Wasser</strong>mangel. Im Jahre<br />

2000 betrug dieser Prozentsatz gerade <strong>ein</strong>mal 8 %.<br />

Umso wichtiger wäre es, die <strong>Wasser</strong>nutzung<br />

dem heutigen Stand der Technik anzupassen und<br />

dafür zu sorgen, dass <strong>Wasser</strong> effi zient genutzt<br />

wird. Viel <strong>Wasser</strong> geht verloren, weil Bewässerungssysteme<br />

den größten Teil des <strong>Wasser</strong>s verdunsten<br />

lassen, weil <strong>Wasser</strong>leitungen viele Lecks<br />

aufweisen oder weil die Art der Bewässerung<br />

nur ungenügend an die Wurzeln der Pfl anzen<br />

erreicht.<br />

Für die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation<br />

<strong>ein</strong>zelner Länder ist schließlich auch die Nachhaltigkeit<br />

der <strong>Wasser</strong>nutzung von Bedeutung.<br />

„Nachhaltig“ ist die <strong>Wasser</strong>entnahme dann, wenn<br />

sie das erneuerbare Oberfl ächenwasser, die Zufl<br />

üsse der Gewässer und diejenigen Grundwasserreservoirs<br />

nutzt, die durch Regen wieder aufgefüllt<br />

werden. Einige Länder (z.B. China, aber auch<br />

die USA) verwenden in bestimmten Regionen für<br />

ihre <strong>Wasser</strong>versorgung in hohem Maße Grundwasservorräte,<br />

die in Jahrtausenden entstanden<br />

sind und sich nicht mehr regenerieren. Es ist<br />

absehbar, dass die Erschöpfung dieser <strong>Wasser</strong>vorräte<br />

zu Krisen in der Landwirtschaft führen wird.<br />

Das gilt auch für viele Beispiele unangepasster<br />

<strong>Wasser</strong>nutzung in der Landwirtschaft so vieler<br />

Länder. Falsche Bewässerung kann zu Versalzung<br />

und zur Erosion der Böden führen <strong>–</strong> und ist damit<br />

ebenso wenig zukunftsfähig.<br />

3. Ländervergleich:<br />

Mosambik und Libyen<br />

☞ 3 + MI <strong>–</strong> 1<br />

Mosambik<br />

Das Land Mosambik gehört zu den ärmsten<br />

Ländern der Erde. Trotz <strong>ein</strong>iger wirtschaftlicher<br />

Verbesserungen in den letzten Jahren (nach dem<br />

jahrelangen Bürgerkrieg) ist die soziale Situation<br />

der Menschen noch immer sehr schlecht. Mosambik<br />

verzeichnet <strong>ein</strong>e hohe Kindersterblichkeit<br />

(Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1, Ziffer 13). Unterernährung<br />

ist bei <strong>ein</strong>em Großteil der Bevölkerung an der<br />

Tagesordnung (Ziffer 10). ☞ 4<br />

Das <strong>Wasser</strong>-Potential des Landes ist erheblich<br />

(Ziffer 3). Mit rund 11.800 Kubikmeter<br />

erneuerbarem <strong>Wasser</strong> (Gesamtmenge des zur<br />

Nutzung zugänglichen und auch erneuerbaren<br />

Süßwassers) pro Einwohner (Ziffer 5) gehört Mosambik<br />

nicht zu den Ländern mit <strong>Wasser</strong>knappheit<br />

oder gar <strong>Wasser</strong>mangel.<br />

Doch die Nutzung dieses <strong>Wasser</strong>s ist unzureichend.<br />

Nur 3 % der landwirtschaftlichen<br />

Fläche (Ziffer 9) werden als Bewässerungsland<br />

genutzt. Viel Potential bleibt hier ungenutzt. Die<br />

sichere Versorgung der Menschen mit sauberem<br />

Trinkwasser ist ebenfalls mangelhaft. 43 % der<br />

Menschen können ihr Menschenrecht auf sauberes<br />

<strong>Wasser</strong> nicht wahrnehmen (Ziffer 11). Noch<br />

mehr Menschen (57 % der Bevölkerung) sind<br />

nicht an <strong>ein</strong>e Abwasserentsorgung angeschlossen<br />

(Ziffer 12). Beides sind wesentliche Faktoren für<br />

die hohe Kindersterblichkeit (197 Kinder von<br />

1.000 Lebendgeburten sterben bis zu ihrem<br />

5. Geburtstag <strong>–</strong> vgl. Ziffer 13).<br />

Fazit: Mosambik hat große, wenn auch regional<br />

unterschiedlich verteilte <strong>Wasser</strong>reserven;<br />

die Nutzung dieses Potentials ist aber wegen der<br />

Armut des Landes unzureichend. Eine Verbesserung<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung gehört zu den wichtigsten<br />

Entwicklungsprioritäten des Landes.<br />

Libyen<br />

Die arabische Republik Libyen gehört zu den<br />

reichsten Staaten des afrikanischen Kontinents<br />

<strong>–</strong> dank der Erdöl<strong>ein</strong>nahmen. Die soziale Situation<br />

der Menschen ist daher nicht von Hunger (Ziffer<br />

10) oder absoluter Armut geprägt. Allerdings ist<br />

die relative Armut bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />

unübersehbar. 28 % der Bevölkerung sind<br />

nur unzureichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt (Ziffer 11).<br />

Libyen ist <strong>ein</strong>es der wasserärmsten Länder<br />

der Erde (Ziffer 3). 95 % des Landes bestehen<br />

aus Wüste. Mit nur 113 Kubikmeter <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

(Gesamtmenge des zur Nutzung zugänglichen<br />

und erneuerbaren Süßwassers) pro Einwohner<br />

(Ziffer 5) ist das Land sehr niederschlagsarm.<br />

Libyen nutzt dennoch in erheblichem Maße<br />

<strong>Wasser</strong> für die Landwirtschaft. Dieses wird aber<br />

weitgehend (rund 90 %) aus fossilen Grundwasserbecken<br />

entnommen, die sich im Laufe<br />

des Quartärs (vor rund 1 Mio. Jahren) gebildet<br />

haben. Diese Nutzung ist nicht nachhaltig, weil<br />

sich diese <strong>Wasser</strong>vorräte nicht mehr erneuern.<br />

Der Grundwasserspiegel sinkt also beständig. Es<br />

wird geschätzt, dass Libyen 8mal mehr <strong>Wasser</strong><br />

verbraucht als durch Niederschläge oder Zufl üsse<br />

erneuert wird (Ziffer 7). Außerdem dringt<br />

Meerwasser in die Grundwasserbecken und<br />

macht erhebliche Teile der Süßwasserbestände


unbrauchbar. Die nicht-nachhaltige Nutzung der<br />

Süßwasserbestände gefährdet in erheblichem<br />

Maße die zukünftige Versorgung des Landes und<br />

s<strong>ein</strong>er Menschen. Das geringe <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

macht mehr Investitionen in die Wiederaufbereitung<br />

des <strong>Wasser</strong>s notwendig <strong>–</strong> z.B. in Technologien<br />

zur Entsalzung von Meerwasser.<br />

Fazit: Wann sind <strong>ein</strong> Land und s<strong>ein</strong>e Menschen<br />

ausreichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt? Was ist <strong>ein</strong>e<br />

nachhaltige Nutzung des <strong>Wasser</strong>s? Die Antwort<br />

bedarf der Einbeziehung vieler Faktoren und macht<br />

damit schon deutlich, dass in vielen verschiedenen<br />

Bereichen angesetzt werden muss, wenn die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

verbessert werden soll.<br />

II. <strong>Wasser</strong>probleme<br />

1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Fluch und Segen<br />

☞ 5 + MI <strong>–</strong> 2 <strong>Wasser</strong> ist Leben <strong>–</strong> aber gleichzeitig<br />

kann <strong>Wasser</strong> auch Leben bedrohen. Zu wenig<br />

<strong>–</strong> zu viel <strong>–</strong> zu schmutzig <strong>–</strong> die Gefährdungen<br />

sind nicht nur theoretischer Natur. Wie <strong>ein</strong>erseits<br />

<strong>Wasser</strong>knappheit und <strong>Wasser</strong>mangel Lebensmöglichkeiten<br />

beschränken oder sogar zum Tode<br />

führen, so ist andererseits <strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>überfl uss<br />

etwa durch Überschwemmungen lebensbedrohlich.<br />

Hinzu kommen die schlimmen Folgen der<br />

<strong>Wasser</strong>verschmutzung. Alle 15 Sekunden stirbt<br />

<strong>ein</strong> Kind laut Unicef an <strong>Wasser</strong>-bedingten Krankheitsfolgen,<br />

das sind mehr als 2 Millionen Kinder<br />

im Jahr.<br />

Während diese Folgen weitgehend in der sogenannten<br />

Dritten Welt auftreten, ist die Gewalt<br />

des <strong>Wasser</strong>s etwa durch Überschwemmungen oder<br />

Starkniederschläge auch bei uns zu beobachten.<br />

Die Häufi gkeit dieser extremen Wetterphänomene<br />

wird zunehmen, als Folge der menschengemachten<br />

Klimaveränderungen. ☞ 6<br />

2. Filmbeschreibung<br />

„Der Kampf ums <strong>Wasser</strong>“<br />

Film „Kampf ums <strong>Wasser</strong>“ (A Guerra da Água).<br />

Dokumentarspielfi lm, 31 Min., Mosambik 1999<br />

(mit deutschen Untertiteln). Gestaltung: Licínio<br />

Azevedo. Zielgruppe: Ab Klasse 8/9. ☞ 7<br />

Beschreibung: Der Dokumentarspielfi lm zeigt<br />

den alltäglichen Einsatz von Frauen in Mosambik<br />

für <strong>ein</strong>en Eimer <strong>Wasser</strong>, für das Überleben ihrer<br />

Familien. Die Kamera begleitet die Frauen auf<br />

dem langen Weg zum Brunnen. Fällt die Pumpe<br />

dort aus, weil sie defekt oder weil der Brunnen<br />

leer ist, müssen die Frauen weiterziehen zum<br />

nächsten Brunnen, wo sie sich erneut in <strong>ein</strong>e lange<br />

Schlange wartender Frauen <strong>ein</strong>reihen müssen.<br />

Bei der <strong>Wasser</strong>vergabe leiden die Frauen unter<br />

der Willkür von Männern, welche die Brunnen<br />

verwalten und entscheiden, wann und für wen es<br />

<strong>Wasser</strong> gibt. Manchmal muss am Brunnen übernachtet<br />

werden, damit der vordere Platz in der<br />

Reihe nicht verloren geht und am nächsten Morgen<br />

die Chance auf <strong>ein</strong>en Eimer <strong>Wasser</strong> besteht.<br />

Und wenn der Weg zurück bei Dunkelheit zurückgelegt<br />

werden muss, lauern im Busch Gefahren<br />

durch Schlangen oder Skorpione.<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 5<br />

Das Schaubild MI <strong>–</strong> 2 „<strong>Wasser</strong>probleme“<br />

kann auf Folie<br />

gezogen oder als Arbeitsblatt<br />

kopiert werden. Eventuell ist<br />

auch <strong>ein</strong>e Nutzung als Tafelbild<br />

sinnvoll.<br />

Nähere Hintergründe zu<br />

den drei hier dargestellten<br />

Problembereichen können<br />

Sie den Ziffern 3 <strong>–</strong> 5 dieses<br />

Kapitels entnehmen.<br />

☞ 6<br />

Die SchülerInnen können<br />

auch nach den ambivalenten<br />

Eigenschaften von <strong>Wasser</strong><br />

für das Leben befragt werden<br />

<strong>–</strong> <strong>Wasser</strong> als Lebenselexier<br />

und als Lebensbedrohung.<br />

☞ 7<br />

Der Film „Kampf ums <strong>Wasser</strong>“<br />

ist als VHS-Video ausleihbar<br />

bei vielen evangelischen<br />

Medienzentralen und bei<br />

<strong>ein</strong>igen katholischen Diözesanfi<br />

lmstellen.<br />

Anschriften und Telfonnummern<br />

fi nden Sie im Internet:<br />

• www.evangelischemedienzentralen.de<br />

(unter<br />

„Übersichtskarte).<br />

• www.<strong>ein</strong>e-welt-medien.de<br />

Unter „Datenbank“ muss der<br />

Film <strong>ein</strong>gegeben werden.<br />

Dort fi nden Sie auch Details<br />

zum Film.<br />

11


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 8<br />

Aktion <strong>Wasser</strong>marsch<br />

Was es bedeutet, täglich zwei<br />

Kilometer mit <strong>ein</strong>em 10 Liter<br />

Eimer unterwegs zu s<strong>ein</strong>, um<br />

den <strong>Wasser</strong>bedarf zu decken<br />

kann man durch die „Aktion<br />

<strong>Wasser</strong>marsch“ erfahrbar<br />

machen.<br />

Die SchülerInnen legen<br />

<strong>–</strong> möglichst an <strong>ein</strong>em heißen<br />

Sommertag <strong>–</strong> <strong>ein</strong>en 1 km<br />

langen Weg zurück, der z.B.<br />

durch die Fußgängerzone der<br />

Stadt führt. Auf dem Kopf<br />

tragen sie <strong>ein</strong>en 10 Liter Eimer<br />

mit <strong>Wasser</strong> (mit <strong>ein</strong>em Handtuch<br />

polstern).<br />

Das <strong>Wasser</strong> wird in zwei Bottiche<br />

geschüttet, die in ca. 1 km<br />

Entfernung aufgebaut sind.<br />

Der <strong>ein</strong>e Bottich trägt die<br />

Aufschrift „20 Liter <strong>–</strong> Tagesverbrauch<br />

in <strong>Afrika</strong> (Land)“,<br />

der zweite ist mit <strong>ein</strong>em Schild<br />

versehen „127 Liter <strong>–</strong> Tagesverbrauch<br />

in Deutschland“.<br />

Die <strong>Wasser</strong>träger werden von<br />

SchülerInnen begleitet, die<br />

Zettel an die Passanten verteilen,<br />

über die Hintergründe<br />

informieren und ggfs. für <strong>ein</strong><br />

<strong>Wasser</strong>projekt sammeln.<br />

Über die Aktion sollten die<br />

Presse informiert werden.<br />

Die Erfahrungen können<br />

später im Klassengespräch<br />

ausgetauscht werden.<br />

☞ 9<br />

20 Liter pro Tag<br />

Viele Menschen in den ländlichen<br />

Gebieten weiter Teile von<br />

<strong>Afrika</strong> oder auch von Asien<br />

müssen mit rund 20 Litern<br />

<strong>Wasser</strong> am Tag auskommen.<br />

Wie viel oder wie wenig dies<br />

ist, kann man ebenfalls am<br />

eigenen Leib erfahren. Zwei<br />

Eimer (á 10 Liter) werden<br />

morgens abgefüllt <strong>–</strong> und dann<br />

k<strong>ein</strong> weiteres <strong>Wasser</strong> mehr<br />

entnommen.<br />

Mit dieser <strong>Wasser</strong>menge muss<br />

dann jeder und jede versuchen,<br />

s<strong>ein</strong>en Durst zu stillen<br />

(sonstige Getränke gibt es<br />

12<br />

Währenddessen versucht der Mann, durch<br />

Ausgraben von Wurzeln <strong>ein</strong> wenig „Lebenssaft“<br />

zu gewinnen. ☞ 8<br />

Kommentar: Der Film verzichtet auf Kommentierung<br />

und Erklärungen und dokumentiert lediglich<br />

die alltäglich Mühsal des <strong>Wasser</strong>holens. Die Frauen<br />

spielen ihr eigenes Leben. Gerade durch diese<br />

Dokumentation ohne Erklärungen, Anklagen oder<br />

Beschwichtigungen be<strong>ein</strong>druckt der Film.<br />

Themen des Films:<br />

• <strong>Wasser</strong>mangel;<br />

• Unzureichende technische Ausstattung der<br />

Brunnen;<br />

• Willkür bei der <strong>Wasser</strong>verteilung;<br />

• Besondere Belastung der Frauen;<br />

• Leben der Kinder <strong>–</strong> weitgehend auf sich all<strong>ein</strong><br />

gestellt.<br />

3. <strong>Wasser</strong>knappheit und<br />

<strong>Wasser</strong>mangel<br />

☞ MI <strong>–</strong> 3 Rund 1,1 Millionen Menschen haben<br />

k<strong>ein</strong>en sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser.<br />

Das bedeutet, dass sie in maximal <strong>ein</strong>em Kilometer<br />

Entfernung k<strong>ein</strong>en sauberen <strong>Wasser</strong>anschluss,<br />

Brunnen, Quelle oder Regenwassersammler fi nden,<br />

aus dem sie mindestens täglich 20 Liter (pro<br />

Kopf) sauberen Trinkwassers entnehmen können.<br />

☞ 9<br />

Ähnlich gravierend ist die Tatsache, dass<br />

rund 2,4 Mrd. Menschen (4 von 10) nicht an ausreichende<br />

sanitäre Abwassersysteme angeschlossen<br />

sind.<br />

Hinter diesen Zahlen verbergen sich lebensgefährdende<br />

und lebensbelastende Zustände, wie<br />

sie auch im o.a. Film deutlich werden.<br />

Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 3 will <strong>ein</strong>e Beschäftigung<br />

mit <strong>ein</strong>zelnen Aspekten des <strong>Wasser</strong>mangels<br />

anstoßen und kombiniert diese mit mathematischen<br />

Aufgaben (Umrechnungen, Dreisatz, Prozentrechnung).<br />

Lösungen des Arbeitsblattes MI <strong>–</strong> 3<br />

1 Zuordnung zu den <strong>ein</strong>zelnen Kategorien:<br />

Land Erneuerbares<br />

<strong>Wasser</strong>dargebot<br />

pro Einwohner/<br />

Jahr<br />

Kategorie<br />

China 2259 m3 I<br />

Deutschland 1878 m3 I<br />

Libyen 113 m3 III<br />

Mosambik 11814 m3 I<br />

Rep. Südafrika 1154 m3 II<br />

2 Berechnungsweg<br />

Die 14.000 km 2 <strong>Wasser</strong> ergeben umgerechnet<br />

14.000 Milliarden m 2 ; diese geteilt durch 6,1<br />

Mrd. Menschen macht <strong>ein</strong>e Menge von 2295<br />

m 2 pro Jahr <strong>–</strong> oder auch 2.295.000 Liter. Diese<br />

Zahl dividiert durch 365 Tage ergibt 6288<br />

Liter, die jedem Erdbewohner pro Tag (statistisch)<br />

an Süßwasser zur Verfügung stehen.<br />

Statistisch stehen jedem Erdbewohner pro Tag<br />

6288 Liter <strong>Wasser</strong> zur Verfügung.<br />

3 Berechnungsweg<br />

100 Liter Wochenbedarf der Familie ergibt 10<br />

<strong>Wasser</strong>wege á 2 Kilometer (Hin- und Rückweg)<br />

pro Woche. Im Jahr (x 52) ist dies <strong>ein</strong>e<br />

Wegstrecke von 1040 Kilometern.<br />

Die Frau legt all<strong>ein</strong> für das <strong>Wasser</strong>holen <strong>ein</strong>e<br />

Wegstrecke von 1040 km im Jahr zurück.<br />

4 Berechnungsweg:<br />

Im Jahre 2015 werden ca. 7,197 Mrd. Menschen<br />

auf der Erde leben. Wenn bis dahin<br />

maximal nur noch 9 % der Weltbevölkerung<br />

ohne sicheren Trinkwasseranschluss leben<br />

sollen, würde dies <strong>ein</strong>e Anzahl von 647 Mio.<br />

Menschen bedeuten. Im Jahre 2000 lag die<br />

Anzahl der Menschen ohne sichere Trinkwasserversorgung<br />

noch bei 1094 Mio.<br />

Gemäß der Zielvorgabe dürften 2015 nur<br />

noch maximal 647 Mio. Menschen ohne sichere<br />

Trinkwasserversorgung s<strong>ein</strong>.<br />

4. <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />

Der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />

und fehlende Abwasserentsorgung sind die<br />

Ursache für viele Erkrankungen und Todesfälle in<br />

den Ländern der „Dritten Welt“. Der Weltwasserentwicklungsbericht<br />

der UN (2003) gibt an, dass<br />

mindestens 2,2 Millionen Menschen jedes Jahr an<br />

den Folgen der durch diese beiden Mängel verursachten<br />

Krankheiten sterben. Der Verlust an Lebensjahren<br />

liegt bei mehr als 82 Millionen Jahren<br />

(diese Kennziffer berechnet, wie viele Lebensjahre<br />

durch den frühzeitigen Tod gemessen an<br />

der durchschnittlichen Lebenserwartung verloren<br />

gehen). Schon die hohe Zahl (82 Mill. Jahre/2,2<br />

Mill. Menschen) deutet darauf hin, dass sehr<br />

viele Kinder hiervon betroffen sind: Laut Unicef<br />

sind es mehr als 1 Million Kinder.


Krankheiten<br />

durch <strong>Wasser</strong>verschmutzung verursacht<br />

Bakterien Durchfall, Typhus, Cholera<br />

Viren Gelbfi eber, Denguefi eber<br />

Parasiten Malaria, Amöbenruhr<br />

Würmer Bilharziose, Guinea-Wurm,<br />

Flussblindheit<br />

chemische Stoffe Arsen-Vergiftung<br />

Alle diese mit <strong>Wasser</strong> in Beziehung stehenden<br />

Krankheiten verursachen namenloses Leid. Zumal<br />

die meisten Menschen ohne ärztliche Hilfe und<br />

Medikamente auskommen müssen. In den meisten<br />

„armen Ländern“ hat vor allem die Landbevölkerung<br />

kaum Zugang zu <strong>ein</strong>schlägigen Medikamenten<br />

<strong>–</strong> und auch die Prioritäten medizinischer<br />

Forschung sind auf die Krankheiten des weißen,<br />

kaufkräftigen Teils der Menschheitsfamilie ausgerichtet.<br />

☞ 10<br />

Wesentlich ist jedoch, dass die Voraussetzungen<br />

für <strong>ein</strong> gesundes Leben fehlen: Sauberes<br />

<strong>Wasser</strong> und funktionierende Sanitärversorgung.<br />

Exemplarisch für die Erkrankungen durch<br />

unsauberes <strong>Wasser</strong> steht der Durchfall (Diarrhöe).<br />

Sie ist die häufi gste Todesursache bei<br />

Kindern in der „Dritten Welt“. Diese „Allerweltskrankheit“<br />

verursacht den Tod von rund <strong>ein</strong>er<br />

Million Kindern im Jahr (Unicef) vornehmlich in<br />

<strong>Afrika</strong> und in Asien <strong>–</strong> jede Minute sterben daran<br />

zwei Kinder. Sie sterben durch Flüssigkeitsverlust<br />

(Austrocknung) oder durch den Verlust an<br />

Nährstoffen (Auszehrung). Sicher gibt es Therapien<br />

(nicht unbedingt nur Medikamente), die<br />

den Flüssigkeitsverlust stoppen und die weitere<br />

Auszehrung verhindern könnten (etwa die Gabe<br />

<strong>ein</strong>es Salz-Zucker-Getränkes). Auch dafür muss<br />

jedoch sauberes <strong>Wasser</strong> (ausreichend) zur Verfügung<br />

stehen, damit ständige Re-Infekte verhindert<br />

werden. ☞ 11<br />

Auch <strong>ein</strong> Hygienebewussts<strong>ein</strong> ist wichtig.<br />

Wie die Übertragung von Durchfall-Bazillen verhindert<br />

werden kann, soll der Bevölkerung u.a.<br />

durch <strong>ein</strong>fache Plakate nähergebracht werden.<br />

☞ MI <strong>–</strong> 4 Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 4 („Durchfall<br />

tötet“) zeigt <strong>ein</strong> Plakat der WHO (Weltgesundheitsorganisation).<br />

Es verweist zunächst auf die<br />

verschiedenen Infektionswege, durch die Durchfall-Bakterien<br />

in den Mund gelangen. Eine zentrale<br />

Rolle spielen dabei die menschlichen Exkremente,<br />

deren Bazillen weitergegeben werden<br />

• durch schmutzige Finger,<br />

• durch Fliegen,<br />

• durch Verunr<strong>ein</strong>igung von Nahrungsmitteln auf<br />

den Feldern<br />

• oder dadurch, dass Kot in <strong>Wasser</strong>ressourcen<br />

gerät, aus denen Menschen ihr Trinkwasser<br />

schöpfen.<br />

Der Bau von Toiletten kann Leben retten, denn<br />

wenn die Exkremente <strong>ein</strong>fach auf dem Feld hinterlassen<br />

werden, ist die Infektionsgefahr am<br />

größten. Die traditionelle Grubentoilette verhindert<br />

zwar <strong>ein</strong>e Verschmutzung der Nahrungsmittel<br />

auf dem Felde oder des <strong>Wasser</strong>s, kann aber<br />

die Übertragung durch Fliegen nicht verhindern.<br />

Das <strong>Wasser</strong>klo (Spültoilette) macht die Fäkalien<br />

für Fliegen und Insekten unzugänglich, verbraucht<br />

aber andererseits viel <strong>Wasser</strong>. Und ohne<br />

ausreichendes <strong>Wasser</strong> für Hygiene <strong>–</strong> die Chance,<br />

sich die Finger nach der Toilette gründlich zu<br />

r<strong>ein</strong>igen <strong>–</strong> sind auch die aufwendigeren Toiletten<br />

wenig effektiv im Kampf gegen den Durchfall.<br />

5. Überschwemmungen und<br />

Starkniederschläge<br />

Gefahren, die vom <strong>Wasser</strong> ausgehen, drohen den<br />

Menschen aber auch jenseits von <strong>Wasser</strong>mangel<br />

oder <strong>Wasser</strong>verschmutzung. Auch zu viel <strong>Wasser</strong><br />

kann lebensgefährlich s<strong>ein</strong>. In den Jahren<br />

1990 bis 2001 zählten die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />

mindestens 2.200 Katastrophen (disasters),<br />

die mit <strong>Wasser</strong> zu tun hatten. Hierzu gehören<br />

Überschwemmungen (50 % der Fälle), aber auch<br />

Epidemien, Erdrutsche und Lawinen u.a.m. Die<br />

meisten dieser Katastrophen ereigneten sich<br />

in Asien und <strong>Afrika</strong> <strong>–</strong> und auch hier sind es vor<br />

allem die Armen, die sich kaum schützen können<br />

und den Gefahren weitgehend schutzlos ausgeliefert<br />

sind.<br />

Überfl utungen und Hochwasser haben<br />

verschiedene Ursachen. <strong>Wasser</strong> ist immer dann<br />

bedrohlich, wenn es in zu großen Mengen auf<br />

unangepasste Systeme trifft. Unangepasste<br />

Landwirtschaft oder Bebauung, Flussbegradigungen,<br />

Bodenversiegelung, Abholzung von Wäldern,<br />

die vorher als <strong>Wasser</strong>speicher dienten <strong>–</strong> alle<br />

diese Faktoren tragen dazu bei, dass fruchtbares<br />

Land zerstört und weggeschwemmt wird (Erosion),<br />

Ernten zerstört werden und Menschen und<br />

Tiere durch Ertrinken umkommen.<br />

Eine Ursache für die deutlich gestiegene<br />

Häufi gkeit derartiger Schadensereignisse <strong>–</strong> so die<br />

meisten Wissenschaftler <strong>–</strong> liegt jedoch im Klimawandel.<br />

Weil das Klima der Erde sich erwärmt,<br />

verstärken sich Windströmungen, verändern sich<br />

Wolkenbildung und Niederschläge. Im Ergebnis<br />

häufen sich sowohl längere Trockenzeiten <strong>ein</strong>erseits<br />

als auch Stark-Niederschläge andererseits<br />

(Wetterextrema). ☞ 12<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

nicht), das Essen zu kochen,<br />

sich mindestens zweimal am<br />

Tag zu waschen und mindestens<br />

zwei Kleidungsstücke zu<br />

r<strong>ein</strong>igen.<br />

Die Erfahrungen sollten in<br />

<strong>ein</strong>er Tagebuchnotiz aufgeschrieben<br />

und später besprochen<br />

werden.<br />

☞ 10<br />

Die durch schlechtes Trinkwasser<br />

bzw. durch mangelnde<br />

Sanitär<strong>ein</strong>richtungen übertragenden<br />

Krankheiten sind<br />

hier nur kurz aufgelistet<br />

(darunter auch die Malaria,<br />

die stehende Gewässer <strong>–</strong><br />

nicht unbedingt verschmutztes<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> als Brutstätte<br />

benötigt.<br />

☞ 11<br />

Ob und ggfs. welche der<br />

<strong>ein</strong>zelnen Krankheiten Sie im<br />

Unterricht näher ansprechen<br />

wollen, wäre zu entscheiden.<br />

Sie fi nden ausführlichere<br />

Informationen zu den <strong>ein</strong>zelnen<br />

Krankheiten u.a. im<br />

Internet: http://<br />

www.who.int/water_sanitation_health/diseases/<br />

diseasefact/en/<br />

http://www.helvetas.ch/<br />

deutsch/pdf/wasserkrankheiten.PDF<br />

☞ 12<br />

Die UNO warnt:<br />

Der Verbrauch von zu viel<br />

Energie führt zu Klima veränderun<br />

gen und zu Überschwemmungen!<br />

Zum Einstieg in das Thema<br />

„Überschwemmungen“ können<br />

Sie den o.a. Warnhinweis<br />

abschreiben oder kopieren<br />

und (mit Tesafi lm) auf Lichtschalter,<br />

Steckdosen, Autotanks<br />

etc. aufkleben.<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

kommentieren,<br />

13


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

• wie sie derartige<br />

Warnhinweise persönlich<br />

beurteilen,<br />

• ob sie diese für sachlich<br />

gerechtfertigt halten<br />

• und ob Sie glauben, dass<br />

derartige Warnhinweise<br />

Wirkung erzielen.<br />

☞ 13<br />

Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 5 kann<br />

auf Folie kopiert und dann<br />

in der Klasse gezeigt werden<br />

oder als Kopie <strong>ein</strong>gesetzt<br />

werden.<br />

Eine ausführliche Darstellung<br />

von Treibhauseffekt und<br />

Klimawandel kann an dieser<br />

Stelle nicht erfolgen. Es ist<br />

hier ausreichend, wenn der<br />

grobe Wirkzusammenhang<br />

verstanden ist.<br />

☞ 14<br />

Die Kategorie des „virtuellen<br />

<strong>Wasser</strong>s“ ist sicher weithin<br />

unbekannt, öffnet aber den<br />

Blick für die Tatsache, dass<br />

der internationale Handel<br />

<strong>ein</strong> wichtiger Faktor ist für<br />

die <strong>Wasser</strong>situation in vielen<br />

Ländern.<br />

☞ 15<br />

Wie viel <strong>Wasser</strong> verbirgt sich<br />

hinter den <strong>ein</strong>zelnen Produkten?<br />

Stellen Sie z.B. <strong>ein</strong>e Flasche<br />

Orangensaft (1 Liter) auf das<br />

Pult und lassen Sie die SchülerInnen<br />

raten, wie viel <strong>Wasser</strong><br />

notwendig war, um diesen<br />

Liter O-Saft herzustellen.<br />

Fragen Sie, für welche Zwecke<br />

<strong>Wasser</strong> bei der Orangensaftproduktion<br />

benötigt wird.<br />

• Bewässerung der Bäume<br />

• Waschen der Früchte Herstellung<br />

des Konzentrats<br />

• Verdünnen des Konzentrats<br />

bei der Endherstellung in<br />

Deutschland.<br />

14<br />

Die Stark-Niederschläge können oft von<br />

Böden oder Gewässern nicht mehr aufgenommen<br />

werden. Fruchtbares Land wird überschwemmt<br />

und zerstört, Menschen und Tiere sind in Gefahr.<br />

Im Februar 2000 verloren im Südlichen <strong>Afrika</strong><br />

durch <strong>ein</strong>e „Jahrhundertfl ut“ mehr als 1.000<br />

Menschen ihr Leben; 850.000 Menschen wurden<br />

obdachlos; der ökonomische Schaden betrug<br />

mindestens 660 Millionen Dollar.<br />

☞ MI <strong>–</strong> 5 Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 5 (Autofahren<br />

verursacht Überschwemmungen) zeigt den<br />

Zusammenhang zwischen derartigen Überschwemmungen<br />

in fernen Ländern“ und unserem<br />

Lebensstil auf. ☞ 13 Denn es sind die reichen<br />

Länder des Nordens, die für mehr als die Hälfte<br />

der Treibhausgase verantwortlich sind, obwohl<br />

in ihnen nur <strong>ein</strong> Fünftel der Weltbevölkerung<br />

lebt. Die Behauptung „Autofahren verursacht<br />

Überschwemmungen“ weist auf diesen Zusammenhang<br />

hin und bringt ihn auf <strong>ein</strong>e knappe<br />

Formel. Weil Nordamerika und Europa durch<br />

Energieverbrauch inkl. Verkehr ganz wesentlich<br />

zum sogenannten Treibhauseffekt beitragen, sind<br />

wir indirekt mitverantwortlich für Wetterextrema<br />

und Überschwemmungen, die als Folge der Erderwärmung<br />

häufi ger auftreten. Sicher ist dieser<br />

Zusammenhang nur vermittelt richtig, weil mehrere<br />

Faktoren für das Zustandekommen von Überschwemmungen<br />

von Bedeutung sind. Die Einsicht<br />

aber, dass unsere Lebensweise (z.B. unser Energieverbrauch)<br />

derartige globale Auswirkungen<br />

hat, ist von großer Bedeutung und soll hier im<br />

Vordergrund stehen.<br />

Ausführlicher zum Thema Klimawandel/<br />

Treibhauseffekt:<br />

• U. Graf: Der Treibhauseffekt. Sind wir auf dem<br />

Weg in <strong>ein</strong>e Klimakatastrophe? 175 S. Bremen<br />

2001 (Unterrichtsmaterialien mit didaktischen<br />

Hinweisen und Kopiervorlagen, eher für Oberstufe).<br />

Kostenloser Bezug über die Bundeszentrale<br />

für politische Bildung.<br />

http://www.bpb.de<br />

• Schaubilder aus „Atlas der Weltverwicklungen“,<br />

Wuppertal 2001.<br />

Bezug: Welthaus Bielefeld.<br />

http://www.welthaus.de<br />

• Buch „Herausforderung Klimawandel“, BMBF<br />

2003. Kostenlos als download unter http://<br />

www.bmbf.de/pub/klimawandel.pdf<br />

• Bei der Münchener Rückversicherung kann <strong>ein</strong><br />

leicht verständlich formuliertes Papier zum<br />

globalen Klimawandel <strong>–</strong> geeignet für die Oberstufe<br />

<strong>–</strong> herunter geladen werden.<br />

http://www.munichre.com/publications/302-<br />

03570_de.pdf<br />

6. Der Handel mit virtuellem<br />

<strong>Wasser</strong><br />

Die <strong>Wasser</strong>situation <strong>ein</strong>es Landes wird nicht<br />

unwesentlich bestimmt vom <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />

derjenigen Produkte, die ausgeführt oder <strong>ein</strong>geführt<br />

werden. Denn quasi unsichtbar hinter dem<br />

Export von Nahrungsmitteln, landwirtschaftlichen<br />

Gütern, aber auch von Industrieprodukten<br />

steht <strong>ein</strong>e oft nicht unerhebliche Aufwendung<br />

von <strong>Wasser</strong>, das zur Herstellung dieser Produkte<br />

notwendig war. Diese Menge <strong>Wasser</strong> wird gleichsam<br />

exportiert <strong>–</strong> während andererseits durch die<br />

Importe von Produkten, deren Erstellung sehr<br />

wasseraufwendig ist, die eigenen <strong>Wasser</strong>vorräte<br />

geschont werden können. ☞ 14<br />

Wissenschaftler (vor allem Tony Allan, London<br />

und A.Y. Hoekstra, Delft) haben diese Kategorie<br />

des „virtuelles <strong>Wasser</strong>“ <strong>ein</strong>geführt. Sie<br />

plädieren dafür, den zunächst nicht sichtbaren<br />

<strong>Wasser</strong>verbrauch für Export- und Importprodukte<br />

zu berechnen, damit Handelsentscheidungen<br />

getroffen werden, die das aufgewendete <strong>Wasser</strong><br />

nicht als unsichtbaren Faktor ignorieren.<br />

Die <strong>Wasser</strong>aufwendung für die Herstellung<br />

von Produkten ist häufi g erheblich. Das Augenmerk<br />

soll hier auf Nahrungsmitteln liegen.<br />

Doch auch bei Industrieprodukten werden große<br />

Mengen <strong>Wasser</strong> verbraucht. So werden z.B. zur<br />

Herstellung <strong>ein</strong>es Autos ca. 400.000 Liter <strong>Wasser</strong><br />

aufgewendet. ☞ 15<br />

Bei den Nahrungsmitteln gibt es natürlich<br />

Pfl anzen mit eher hohem und solche mit eher<br />

niedrigem <strong>Wasser</strong>bedarf. Hinzu kommt, dass in<br />

verschiedenen Regionen mit unterschiedlichen<br />

Anbau- und Bewässerungsmethoden und abhängig<br />

von den Jahreszeiten der <strong>Wasser</strong>bedarf sehr<br />

stark differiert. So sind die Zahlen über das „virtuelle<br />

<strong>Wasser</strong>“ in den verschiedenen Produkten<br />

lediglich Durchschnittszahlen, die zudem noch je<br />

nach Quellen differieren.<br />

Nach <strong>ein</strong>er neueren Statistik (vgl. die Zahlen<br />

im Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 6) muss gerade bei Reis oder<br />

Weizen erheblicher <strong>Wasser</strong>aufwand <strong>ein</strong>rechnet<br />

werden. Für die Produktion von <strong>ein</strong>em Kilogramm<br />

Reis sind ca. 2.700 Liter <strong>Wasser</strong> notwendig; bei<br />

<strong>ein</strong>em Kilogramm Weizen kommen diese Berechnungen<br />

auf 1.200 Liter. Noch wasseraufwendiger<br />

ist die Produktion von Fleisch. Für <strong>ein</strong> Kilogramm<br />

Rindfl eisch berechnen A.Y. Hoekstra 16.000 Liter<br />

<strong>Wasser</strong>. Auch beim <strong>Wasser</strong> gilt also wie bei der<br />

Energie, dass <strong>ein</strong> hoher Fleischkonsum <strong>ein</strong>e erhebliche<br />

ökologische Belastung unseres Globus<br />

verursacht. Die 22 Liter für <strong>ein</strong>en Liter O-Saft<br />

sind im Vergleich dazu geradezu bescheiden.


Quelle für die Berechnungen des “virtuellen<br />

<strong>Wasser</strong>s” in verschiedenen Nahrungsmitteln: A.Y.<br />

Hoekstra: Virtual water trade between nations: a<br />

global mechanism affecting regional water systems<br />

(2003). Die Berechnungen zum O-Saft sind von<br />

1993 und stammen aus dem Wuppertal-Institut.<br />

Die Aufstellung der Länderlisten (<strong>Wasser</strong>-Importeure<br />

vs. Exporteure) ist der Homepage der UN<br />

zum internationalen Süßwasserjahr 2003 entnommen<br />

und wurde von A.Y. Hoekstra und P.Q. Hung<br />

berechnet.<br />

Bedenklich ist dieser virtuelle <strong>Wasser</strong>handel<br />

dann, wenn die „virtuelle <strong>Wasser</strong>-Bilanz“ deutlich<br />

macht, dass <strong>ein</strong> Land mit <strong>Wasser</strong>knappheit oder<br />

gar <strong>Wasser</strong>mangel durch s<strong>ein</strong>e Exporte s<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>problem<br />

noch verschärft. So ist Syrien, das<br />

zu den wasserärmsten Ländern gehört, wegen<br />

s<strong>ein</strong>er Baumwollexporte unter den Top 30 der<br />

Netto-<strong>Wasser</strong>exporteure. In Indien und in Brasilien<br />

<strong>–</strong> beide unter den Top 10 der Netto-<strong>Wasser</strong>exporteure<br />

(vgl. Schülerarbeitsblatt MI<strong>–</strong> 6 ☞<br />

7) gibt es zumindest regional oder auch saisonal<br />

<strong>Wasser</strong>knappheiten und dennoch exportieren beide<br />

Länder viel „virtuelles <strong>Wasser</strong>“. Auch sollte die<br />

Tatsache bewertet werden, dass das wasserreiche<br />

Deutschland auf Platz 9 der <strong>Wasser</strong>-Nettoimporteure<br />

steht. Hier müsste im Detail (z.B. bei den<br />

Orangensaftimporten aus Brasilien) untersucht<br />

werden, ob dieser Handel nicht zu <strong>Wasser</strong>problemen<br />

(beispielsweise in Brasiliens Orangen-Region<br />

des Bundesstaates Sao Paulo) führt und von<br />

daher kritisch zu bewerten wäre. Sicher ist aber,<br />

dass wir uns über derartige „ökologische Rucksäcke“<br />

unserer Konsumwaren nur selten im Klaren<br />

sind. ☞ 16<br />

Das Wissen um die „virtuelle <strong>Wasser</strong>-Handelsbilanz“<br />

könnte die Basis für <strong>ein</strong>e internationale<br />

Zusammenarbeit s<strong>ein</strong>. Mit der Aufstellung<br />

<strong>ein</strong>er Handelsbilanz über virtuelles <strong>Wasser</strong> wäre<br />

die Grundlage für <strong>ein</strong>e internationale Politik<br />

gelegt, die über den Handel <strong>Wasser</strong>-Engpässe in<br />

anderen Ländern zu lindern versucht. So kann<br />

<strong>ein</strong> Land sich ganz bewusst für Weizen-Importe<br />

(Beispiel Ägypten) entscheiden, weil der eigene<br />

Anbau von Weizen die knappen <strong>Wasser</strong>vorräte<br />

allzu sehr strapazieren würde. Ebenso wäre denkbar,<br />

dass Dürreperioden durch die Ausweitung<br />

des Importvolumens von wasserintensiven Produkten<br />

in ihren Auswirkungen begrenzt werden<br />

könnten. Sri Lanka hat 1996-1998 <strong>ein</strong>e solche<br />

Dürrezeit gezielt durch derartige Nahrungsmittelimporte<br />

überbrückt. Aller Voraussicht nach<br />

wird der Handel mit „virtuellem <strong>Wasser</strong>“ in Zukunft<br />

zunehmen. Schon heute fl ießen 26 % des<br />

<strong>Wasser</strong>s, das weltweit für den Anbau von Nah-<br />

rungsmitteln verwendet wird, in diesen virtuellen<br />

Außenhandel.<br />

Ausführlicheres zum Thema „virtuelles <strong>Wasser</strong>“<br />

fi nden Sie im Internet.<br />

Siehe z.B.: Chr. Studer: <strong>Wasser</strong> im Essen, Zollikofen<br />

2003 (http://www.infoagrar.ch/wassersymposium/images/referat_studer.pdf.<br />

III. Wege aus der<br />

<strong>Wasser</strong>krise<br />

1. Was können wir tun?<br />

☞ MI <strong>–</strong> 7 Im Sinne der Didaktik des „Globalen<br />

Lernens“ ist es sinnvoll, die Frage ehrlich zu<br />

stellen, ob wir etwas für die Verbesserung der<br />

<strong>Wasser</strong>situation in den Ländern des Südens tun<br />

können und welche Reichweite unsere Handlungen<br />

haben können.<br />

Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 7 listet <strong>ein</strong>ige Handlungsmöglichkeiten<br />

in diesem Zusammenhang<br />

auf. ☞ 17 Die Reichweite aller vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen ist begrenzt ist. Die Vorschläge A<br />

(eigenen <strong>Wasser</strong>verbrauch senken) und D (Tankschiffe<br />

mit <strong>Wasser</strong> schicken) sind kaum geeignet,<br />

die <strong>Wasser</strong>probleme in der „Dritten Welt“ zu<br />

lindern. Ein reduzierter Verbrauch bei uns führt<br />

nicht dazu, dass an anderen Orten der Welt mehr<br />

<strong>Wasser</strong> zur Verfügung steht. Tankschiffe können<br />

die benötigten Volumina selbstverständlich<br />

nicht bereitstellen und <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

per Tankschiff wäre weder fi nanzierbar noch für<br />

den größten Teil der Menschheit (jenseits der<br />

Küstenstaaten) machbar. Mehr positive Wirkung<br />

wäre da schon von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit<br />

zu erwarten, die auf <strong>ein</strong>e direkte<br />

Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung (Vorschlag<br />

C) oder auf entsprechende Beratungs- und Bildungsprogramme<br />

(Vorschlag B) abzielen. Allerdings<br />

sind auch diese Vorschläge ambivalent. Das<br />

durch die Entwicklungszusammenarbeit forcierte<br />

Anlegen von neuen Brunnen kann <strong>–</strong> wie die<br />

Erfahrungen im Sahel zeigen <strong>–</strong> zu <strong>ein</strong>em nichtnachhaltigen<br />

<strong>Wasser</strong>verbrauch (Erschöpfung der<br />

Grundwasserbestände, Überweidung durch zuviel<br />

Vieh, Erosion und Versalzung durch unangepasste<br />

Bewässerung) führen. Beratungsprogramme für<br />

die Bauern können nur dann nützlich s<strong>ein</strong>, wenn<br />

auch <strong>ein</strong> Zugang zu <strong>Wasser</strong> und <strong>ein</strong>e entsprechende<br />

Ausstattung zur Verfügung stehen. Unrealistisch<br />

weil kaum fi nanzierbar ist ferner der<br />

Vorschlag E, alle Menschen in der Welt an Was-<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 16<br />

Entscheidend ist hier nicht<br />

die Vermittlung von Detailwissen.<br />

Vielmehr sollen die<br />

SchülerInnen begreifen, in<br />

welch hohem Maße Güter<br />

unseres täglichen Konsums<br />

ökologische Belastungen<br />

in sich bergen: Durch den<br />

aufgewendeten <strong>Wasser</strong>verbrauch,<br />

durch Energieverbrauch<br />

u.a.m. Diese „ökologischen<br />

Rucksäcke“ genau zu<br />

berechnen ist schwer, aber<br />

dass sie existieren sollte uns<br />

allen klar s<strong>ein</strong>.<br />

Ausführlicher hierzu das<br />

Wuppertal-Institut (http:<br />

//www.wupperinst.org) und<br />

die Unterrichtsmaterialien<br />

„MIPS für Kids“.<br />

☞ 17<br />

Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 7 ist<br />

für die Kl<strong>ein</strong>gruppenarbeit<br />

konzipiert. In der Kl<strong>ein</strong>gruppe<br />

sollte das Pro und Kontra<br />

der <strong>ein</strong>zelnen Vorschläge<br />

diskutiert werden. Die SchülerInnen<br />

sollen Sinn und<br />

Unsinn der vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen, aber auch deren<br />

Reichweite refl ektieren.<br />

Das Aufstellen <strong>ein</strong>er Rangfolge<br />

dient lediglich dem Zweck,<br />

diesen Refl exionsprozess zu<br />

unterstützen.<br />

15


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 18<br />

Nähere Einzelheiten zum<br />

Themenfeld „Privatisierung<br />

des <strong>Wasser</strong>s“ werden in Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />

III (Oberstufe) in<br />

dieser Broschüre behandelt.<br />

An dieser Stelle sollen nur<br />

<strong>ein</strong>ige grundlegende Konfl iktfelder<br />

angesprochen werden.<br />

Nur am Rande sei vermerkt,<br />

dass „Privatisierung“ <strong>ein</strong><br />

weiteres Feld öffentlicher und<br />

privater Kooperation m<strong>ein</strong>en<br />

kann. Zwischenstufen können<br />

von <strong>ein</strong>er ausschließlichen<br />

Regierungsverwaltung bis zu<br />

<strong>ein</strong>em vollständigen Verkauf<br />

an Private reichen.<br />

☞ 19<br />

Beim Beantworten des Arbeitsblattes<br />

MI <strong>–</strong> 8 geht es<br />

nicht um richtige oder falsche<br />

Antworten, sondern um das<br />

Gegenüber von kontroversen<br />

Positionen, die allesamt <strong>ein</strong>e<br />

gewisse Berechtigung haben.<br />

Vielleicht kann <strong>ein</strong>e solche<br />

kontroverse Diskussion an<br />

dieser Stelle geübt werden.<br />

16<br />

serleitungssysteme anzuschließen. Die Erschließungskosten<br />

gerade in den ländlichen Gebieten<br />

würden alle nationalen wie internationalen Geldgeber<br />

überfordern. Hier sind dezentrale (auch<br />

kollektive) Versorgungssysteme wie öffentliche,<br />

sichere Zapfstellen <strong>ein</strong>e realistischere Perspektive.<br />

Ein Beitrag zur Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

können aber jene Vorschläge s<strong>ein</strong>,<br />

die auf den ersten Blick nichts mit dem Thema<br />

<strong>Wasser</strong> zu tun zu haben sch<strong>ein</strong>en. So könnte<br />

<strong>ein</strong> Schuldenerlass (Vorschlag F) den fi nanziellen<br />

Spielraum für die Länder der Dritten Welt<br />

erhöhen, ihre Gelder für <strong>ein</strong>e Verbesserung der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung gerade des ärmeren Teils der<br />

Bevölkerung auszugeben. Es ist allerdings k<strong>ein</strong>eswegs<br />

garantiert, dass <strong>ein</strong> Schuldenerlass ohne<br />

Aufl agen positive Folgen für die Bevölkerungen<br />

der betroffenen Schuldnerländer hätten. Aus<br />

diesem Grund versucht die Weltbank, aber auch<br />

Geberländer, den Schuldenerlass mit Aufl agen zu<br />

<strong>ein</strong>em Armutsbekämpfungsprogramm zu verbinden.<br />

Die Einsparung von Treibhausgasemissionen<br />

hier bei uns (Vorschlag H) bremst den sogenannten<br />

Treibhauseffekt, der zu Starkniederschlägen,<br />

Überschwemmungen und vermehrten Dürren<br />

führen wird. Wie im Teil II.5 dieser Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />

ausgeführt, wäre also <strong>ein</strong>e Reduzierung<br />

der Treibhausgase durchaus <strong>ein</strong> positiver Beitrag<br />

für die ökologische Stabilität und damit auch für<br />

die <strong>Wasser</strong>versorgung auf der Erde.<br />

Bleibt als letzter Vorschlag (G) die Priva ti sierung<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung, <strong>ein</strong> heftig umstrittener<br />

Plan, der in der internationalen Politik diskutiert<br />

wird. Die Bereitstellung zusätzlicher Gelder,<br />

die den Regierungen häufi g fehlen, durch private<br />

Firmen ist dabei die Triebfeder der Befürwortung.<br />

Kritiker verweisen aber zu Recht darauf, dass die<br />

bisherigen Erfahrungen kaum hoffen lassen, dass<br />

ausgerechnet private Firmen die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

der an Kaufkraft armen Bevölkerungsteile<br />

übernehmen wird. Näheres dazu wird im nächsten<br />

Teil der Unterrichts<strong>ein</strong>heit (III.2) ausgeführt.<br />

2. Königsweg Privatisierung?<br />

Zu den am heftigsten geführten Debatten über<br />

die Globalisierung gehört die Frage, ob es<br />

sinnvoll ist, wichtige Dienstleistungen wie <strong>Wasser</strong>-<br />

oder Energieversorgung zu privatisieren.<br />

☞ 18 Eine internationale vertragliche Ver<strong>ein</strong>barung<br />

(GATS <strong>–</strong> General agreement on trade in<br />

services) soll im Rahmen der WTO (world trade<br />

organisation) diesen Bereich regeln. Geht es<br />

nach dem Willen der USA oder der EU, so soll<br />

die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen<br />

voranschreiten, der globale Wettbewerb eröffnet<br />

werden. Die ersten Erfahrungen zeigen aber,<br />

dass die Gewinne weit hinter den Erwartungen<br />

zurückblieben und dass <strong>ein</strong>e Privatisierung der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung gerade in armen Regionen<br />

kaum lukrativ ist.<br />

☞ MI <strong>–</strong> 8 Soll die <strong>Wasser</strong>versorgung privatisiert<br />

werden? Das fragt das Arbeitsblatt<br />

MI <strong>–</strong> 8 und bietet für <strong>ein</strong>e Beantwortung kontroverse<br />

Wahlmöglichkeiten an. ☞ 19 Am Anfang<br />

sollte zunächst die Feststellung stehen, (Aussagen<br />

1 ) dass die öffentliche <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

in vielen Teilen der Welt heute unzureichend<br />

ist und dass gerade die Armen diese oft nicht<br />

nutzen können. Stattdessen zahlen die Ärmsten<br />

die relativ höchsten Preise an Händler und private<br />

Zulieferer (vgl. World Development Report<br />

2004). Insofern kann niemand mit dem Status<br />

quo zufrieden s<strong>ein</strong>. Ob allerdings die Übernahme<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung durch private Firmen hier<br />

weiterhilft, kann mit Fug und Recht bezweifelt<br />

werden. Entweder kommen nur kaufkräftige Verbraucher<br />

als Kunden der Privaten in Frage oder<br />

aber die „öffentliche Hand“ muss subventionieren,<br />

damit auch die Ärmsten in die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

<strong>ein</strong>bezogen werden. Auch sollte bedacht<br />

werden, dass kostenloses <strong>Wasser</strong> wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />

weniger effi zient genutzt wird. Insofern macht<br />

„Preiswahrheit“ Sinn. Auf der anderen Seite wären<br />

sozialverträgliche <strong>Wasser</strong>preise unabdingbar,<br />

damit <strong>Wasser</strong> nicht den ärmeren Bevölkerungsgruppen<br />

vorenthalten wird.<br />

Dass Städte, Provinz- oder Landesregierungen<br />

in vielen Ländern oft nicht das notwendige<br />

Geld haben, die erforderlichen Investitionen im<br />

<strong>Wasser</strong>sektor zu tätigen, kann kaum bezweifelt<br />

werden (Aussagen 2 ). Doch wenn das zusätzliche<br />

Feld von den Privaten kommen soll, bleibt es bei<br />

dem Problem, dass bestimmte Länder oder auch<br />

bestimmte Gebiete als Investitionsanreiz für Private<br />

kaum in Frage kommen.<br />

Wettbewerb unter privaten Firmen könnte<br />

dazu beitragen, dass die Preise niedrig bleiben<br />

und Investitionen kostengünstig getätigt werden.<br />

Auch dies wäre (vgl. Aussagen 3 ) <strong>ein</strong> Argument<br />

für <strong>ein</strong>e Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />

Entscheidend ist aber, ob <strong>ein</strong> solcher Wettbewerb<br />

sich organisieren lässt. Auch müssen für die Qualität<br />

der Versorgung verbindliche Standards politisch<br />

vorgegeben werden können. Dies ist immer<br />

dann schwierig, wenn der Staat zu schwach ist,<br />

derartige Aufl agen durchzusetzen, oder wenn<br />

Korruption und Vetternwirtschaft diese Funktionsteilung<br />

aufheben (vgl. Aussagen 4 ).


Insgesamt bleiben Zweifel, ob die neuen<br />

Abhängigkeiten (von internationalen <strong>Wasser</strong>konzernen)<br />

das Risiko <strong>ein</strong>er Privatisierung gerade für<br />

Entwicklungsländer kalkulierbar machen.<br />

3. <strong>Wasser</strong>management und<br />

technische Lösungen<br />

Die <strong>Wasser</strong>versorgung in der Welt hängt nicht nur<br />

an der Frage nach den Eigentumsverhältnissen<br />

oder nach den politischen Machtverhältnissen. Es<br />

geht auch darum, die gegebenen Möglichkeiten<br />

besser zu nutzen als bisher. Die <strong>Wasser</strong>situation<br />

könnte deutlich verbessert werden, wenn <strong>ein</strong><br />

intelligentes <strong>Wasser</strong>management für <strong>ein</strong>en effi -<br />

zienten Umgang mit der begrenzten Ressource<br />

<strong>Wasser</strong> sorgte und wenn die technischen Potentiale<br />

für <strong>ein</strong>en sparsameren <strong>Wasser</strong>verbrauch genutzt<br />

würden. Besseres <strong>Wasser</strong>management und<br />

technische Verbesserungen stehen deshalb auch<br />

auf der Agenda für das Recht auf <strong>Wasser</strong>.<br />

An erster Stelle steht die Forderung nach <strong>ein</strong>em<br />

verbesserten <strong>Wasser</strong>-Management. Damit sind<br />

umfassend alle Maßnahmen gem<strong>ein</strong>t, die den<br />

Verbrauch oder die Verschmutzung des <strong>Wasser</strong>s<br />

be<strong>ein</strong>fl ussen können. <strong>Wasser</strong>management setzt<br />

im politisch-administrativen wie auch im technischen<br />

Bereich an.<br />

☞ MI <strong>–</strong> 9 Das Arbeitsblatt MI<strong>–</strong>9 enthält <strong>ein</strong>e<br />

(leicht veränderte) Stellenausschreibung für<br />

<strong>Wasser</strong>management in Marokko. Wenn die Schülerinnen<br />

und Schüler sich diese Ausschreibung<br />

näher ansehen, werden wesentliche Dimensionen<br />

von <strong>Wasser</strong>management deutlich. ☞ 20<br />

Was <strong>Wasser</strong>management erreichen soll:<br />

• Reduzierung des <strong>Wasser</strong>verbrauchs (z.B. durch<br />

Verringerung der Lecks; Verwendung von<br />

Brauchwasser in der Industrie;);<br />

• Beachtung der Kosten bei allen Investitionen<br />

und Maßnahmen im <strong>Wasser</strong>bereich;<br />

• Kontrolle des Verbrauchs bei allen Nutzern;<br />

• Anreize zum Einsparen für Haushalte und für<br />

Großverbraucher.<br />

• Schutz der Ökosysteme vor falscher Bewässerung<br />

und vor Schmutzwasser.<br />

<strong>Wasser</strong>management zielt also darauf ab, den<br />

gesamten <strong>Wasser</strong>kreislauf zu kontrollieren und<br />

positiv zu be<strong>ein</strong>fl ussen. Dabei gilt es, die verschiedenen<br />

Akteure (Zentralregierung, Regionalregierungen,<br />

Gem<strong>ein</strong>den, lokale Bevölkerungsgruppen<br />

sowie private Firmen) <strong>ein</strong>zubinden und<br />

sie in sinnvoller Weise kooperieren zu lassen.<br />

Mehr Effi zienz bei der <strong>Wasser</strong>nutzung ist<br />

aber ohne Kosten- und Verbrauchsberechnungen<br />

nicht zu erwarten. Daher steht am Anfang des<br />

<strong>Wasser</strong>managements der Abschied von der Ver-<br />

heißung, <strong>Wasser</strong> sei <strong>ein</strong> „kostenloses“ <strong>Gut</strong>. Tatsächlich<br />

ist <strong>Wasser</strong> in weiten Teilen der Welt <strong>ein</strong>e<br />

begrenzte, wertvolle Ressource, mit der sparsam<br />

zu wirtschaften ist. Dieses Sparsamkeitssignal<br />

kann durch den Preis zum Ausdruck kommen. Die<br />

Höhe der Verbraucherpreise wäre allerdings zu<br />

diskutieren.<br />

Technische Verbesserungen, welche die<br />

„<strong>Wasser</strong>produktivität“ verbessern, sind sowohl<br />

in der Landwirtschaft als auch in der Industrie<br />

und in den Haushalten geboten. In der Landwirtschaft<br />

(ca. 70 % des <strong>Wasser</strong>s werden hier<br />

verbraucht) verdunstet mindestens die Hälfte des<br />

<strong>ein</strong>gesetzten <strong>Wasser</strong>s, bevor es die Wurzeln der<br />

Pfl anzen erreicht. Hier würde etwa der Einsatz<br />

der Tropfbewässerungsmethode (im Vergleich zur<br />

üblicherweise angewandten offenen Bewässerung,<br />

bei der die Pfl anzen von oben mit <strong>Wasser</strong><br />

begossen werden) erhebliche Verbesserungen<br />

erbringen.<br />

☞ MI <strong>–</strong> 10 Bei der Tropfbewässerung (drip irrigation)<br />

wird <strong>ein</strong> Leitungsnetz auf der Boden-Oberfl<br />

äche oder auch in 20 <strong>–</strong> 60 cm Tiefe unter der<br />

Oberfl äche installiert, aus dem tröpfchenweise<br />

<strong>Wasser</strong> abgegeben wird. Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 10<br />

erläutert diese Methode, durch die das <strong>Wasser</strong><br />

direkt die Pfl anzenwurzeln erreicht, so dass es<br />

erheblich effi zienter genutzt wird.<br />

In Israel wird die Methode der Tröpfchenbewässerung<br />

angewendet. Innerhalb von 15 Jahren<br />

konnte Israel den spezifi schen <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />

für bestimmte Pfl anzen um bis zu 60 % senken<br />

(Kartoffeln: -60 %; Äpfel: - 55 %, Baumwolle:<br />

-29 % <strong>–</strong> jeweils im Zeitraum 1970 bis 1984 (Quelle:<br />

Schwarz, Israel Sector Water Study, 1991). Die<br />

Einsparpotentiale dieser Präzisionsbewässerung<br />

sind also erheblich. ☞ 21<br />

Eine effi zientere Nutzung ist aber häufi g<br />

auch beim industriellen Verbrauch möglich. So<br />

könnte für viele industrielle Zwecke (vor allem<br />

zur Kühlung) Brauchwasser statt aufbereiteten<br />

Trinkwassers genutzt werden. Außerdem lassen<br />

sich viele Fertigungsmethoden auf weniger wasserintensiven<br />

Verbrauch umstellen. Auch dies<br />

setzt allerdings <strong>ein</strong>e entsprechende Kostenkalkulation<br />

voraus, bei der das <strong>Wasser</strong> nicht (fast)<br />

umsonst zu haben ist. Letztlich ist auch in den<br />

Haushalten <strong>ein</strong> Einsparpotential vorhanden. Dieses<br />

Potential ist in der „Dritten Welt“ weniger in<br />

der spezifi schen Einsparung beim Verbrauch von<br />

<strong>Wasser</strong> für Körperpfl ege, R<strong>ein</strong>igung oder Haushaltsgeräte<br />

zu suchen als in <strong>ein</strong>er Minderung der<br />

Verluste, die durch undichte <strong>Wasser</strong>leitungen<br />

entstehen. Verschiedene Schätzungen geben an,<br />

dass rund die Hälfte des <strong>Wasser</strong>s aus den städtischen<br />

Leitungsnetzen in der „Dritten Welt“ dank<br />

undichter Stellen versickert (UN: Water for people,<br />

2003). ☞ 22<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ 20<br />

Das Arbeitsblatt MI<strong>–</strong>9<br />

macht deutlich, dass die<br />

politische Einbindung der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung (Aufbau<br />

<strong>ein</strong>es Verbandes, Kooperation<br />

mit Regierung und örtlicher<br />

Bevölkerung) <strong>ein</strong>en hohen<br />

Stellenwert hat. Diese strategische<br />

Organisation der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung ist ganz<br />

wesentlich für <strong>ein</strong> erfolgreiches<br />

<strong>Wasser</strong>management.<br />

Das Arbeitsblatt sollte in<br />

Kl<strong>ein</strong>gruppenarbeit behandelt<br />

werden.<br />

☞ 21<br />

Ein Experiment zu den<br />

Vorteilen <strong>ein</strong>er Präzisionsbewässerung:<br />

Stellen Sie zwei (verschiedenfarbige)<br />

Primeln in<br />

die Klasse. Für jede Blume<br />

steht <strong>ein</strong> Liter <strong>Wasser</strong> zur<br />

Verfügung. Die <strong>ein</strong>e Blume<br />

wird konventionell von oben<br />

bewässert; bei der anderen<br />

Blume sollte die Erde über<br />

den Wurzeln freigelegt<br />

werden. Das <strong>Wasser</strong> wird<br />

dann mit <strong>ein</strong>er Tropfpinzette<br />

(Nasentropfen) direkt auf die<br />

Wurzeln gegeben.<br />

Testen Sie, wie viel länger die<br />

Pfl anze B mit der gleichen<br />

<strong>Wasser</strong>menge überleben<br />

kann.<br />

☞ 22<br />

Zu den Perspektiven für <strong>ein</strong>e<br />

globale Verbesserung der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung vgl. auch<br />

die anderen drei Einheiten<br />

dieses Unterrichtsmaterials.<br />

17


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 1<br />

Genug <strong>Wasser</strong>?<br />

Ein Ländervergleich<br />

zwischen Libyen und Mosambik<br />

18<br />

Libyen<br />

Mosambik<br />

Mosambik Libyen<br />

1 Landfl äche (km 2 ) 799.380 km 2 1.775.500 km 2<br />

2 Einwohnerzahl 18,3 Mio. 5,3 Mio.<br />

3 Gesamtes erneuerbares <strong>Wasser</strong>dargebot (km 3 /Jahr) 216 km 3 0,6 km 3<br />

4 Davon: Zufl üsse aus dem Ausland ‹54 % 0 %<br />

5 Verfügbares <strong>Wasser</strong> pro Einwohner/Jahr 11.814 m 3 113 m 3<br />

6 <strong>Wasser</strong>verbrauch insgesamt pro Jahr 0,64 km 3 4,81 km 3<br />

Verhältnis <strong>Wasser</strong>entnahme <strong>–</strong><br />

7<br />

erneuerbares <strong>Wasser</strong>dargebot (6/3)<br />

0,3 % 801 %<br />

8 davon: <strong>Wasser</strong>verbrauch durch die Landwirtschaft 87 % 89 %<br />

Anteil Bewässerungslandwirtschaft an der<br />

9<br />

gesamten landwirtschaftlichen Fläche<br />

3 % 22 %<br />

10 Anteil der Unterernährten an der Gesamtbevölkerung 54 % 0%<br />

11 Bevölkerung ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser 43 % 28 %<br />

12 Bevölkerung ohne Anschluss an Abwassersysteme 57 % 3%<br />

13 Kindersterblichkeit (es sterben bis zum 5. Lebensjahr) 19,7 % 1,9 %<br />

Quellen: 1 <strong>–</strong> 6, 8: FAO Aquastat (Bezugsjahr: 2000). 7, 9, 10: UN World Water Development Report 2003<br />

(Bezugsjahr: 1998). 11 <strong>–</strong> 13: UNDP: Human Development Report 2003 (Bezugsjahr: 2001).<br />

Aufgaben<br />

1. Untersucht die <strong>ein</strong>zelnen Kategorien dieser Tabelle (1 <strong>–</strong> 13). Was sagen die <strong>ein</strong>zelnen Kategorien<br />

aus? Was bedeutet es, wenn die Zahlen höher oder niedriger als im anderen Land sind?<br />

2. Beschreibt mit fünf Stichworten die <strong>Wasser</strong>situation in Libyen und in Mosambik.<br />

3. Was sagt die Tabelle <strong>–</strong> jeweils im Vergleich zwischen Mosambik und Libyen <strong>–</strong> aus<br />

a) über die Nutzung des <strong>Wasser</strong>s für die Landwirtschaft?<br />

b) über die langfristigen Perspektiven der <strong>Wasser</strong>versorgung?<br />

c) über die soziale Situation der Menschen heute?<br />

4. Wie würdet Ihr die Zukunftsaussichten in Bezug auf das <strong>Wasser</strong> in Mosambik und in Libyen<br />

beurteilen?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 2<br />

<strong>Wasser</strong>probleme<br />

19<br />

<strong>Wasser</strong>mangel<br />

Folgen:<br />

Geringe langwirtschaftliche Erträge<br />

• Unzureichendes Nahrungsangebot vor allem in<br />

Trockenzeiten (Hunger)<br />

• Geringere Exporte und Export<strong>ein</strong>nahmen aus<br />

landwirtschaftlichen Rohstoffen/Gütern<br />

Schlechtere Bedingungen für industrielle Produktionen,<br />

für Tourismus u.a.<br />

<strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />

Folgen:<br />

Verschmutztes, nicht abgekochtes Trinkwasser<br />

überträgt Bakterien und Parasiten<br />

Fäkalien und Abwasser sowie mangelnde<br />

Hygiene verursachen ebenfalls Infektionen<br />

Viele Erkrankungen (besonders bei Kindern):<br />

Durchfall, Bilharziose, Ruhr, Cholera u.a.<br />

ca. 2,2 Mio. Tote pro Jahr<br />

<strong>Wasser</strong>überfl uss<br />

Folgen:<br />

Hochwasser und Überschwemmungen durch<br />

Starkniederschläge<br />

• Zerstörung der Ernten<br />

• Bodenerosion<br />

(fruchtbarer Boden wird weggeschwemmt)<br />

• Zerstörung von Lebensraum


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 3<br />

<strong>Wasser</strong>mangel<br />

Berechne mit Hilfe <strong>ein</strong>es Taschenrechners:<br />

20<br />

1 Wissenschaftler haben die Länder der Erde<br />

nach dem <strong>Wasser</strong>dargebot (dem verfügbaren,<br />

sich wieder erneuernden Süßwasser) in drei<br />

Kategorien <strong>ein</strong>geteilt. Messzahl ist das pro<br />

Einwohner/Einwohnerin verfügbare <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

pro Jahr <strong>–</strong> gemessen in Kubikmetern.<br />

Kategorie I: Ausreichendes <strong>Wasser</strong>dargebot<br />

<strong>–</strong> über 1.700 m 3 pro Kopf.<br />

Kategorie II: <strong>Wasser</strong>knappheit <strong>–</strong> zwischen 1.000<br />

und 1.700 m 3 pro Kopf.<br />

Kategorie III: <strong>Wasser</strong>mangel <strong>–</strong> unter 1.000 m 3<br />

pro Kopf.<br />

Bitte tragt die jeweils zu wählende Kategorie in<br />

die Liste <strong>ein</strong>:<br />

Land<br />

Erneuerbares<br />

<strong>Wasser</strong>dargebot<br />

pro Einwohner/Jahr<br />

China 2259 m 3<br />

Deutschland 1878 m 3<br />

Libyen 113 m 3<br />

Mosambik 11814 m 3<br />

Rep. Südafrika 1154 m 3<br />

Kategorie<br />

2 Wenn man davon ausgeht, dass auf der Erde<br />

rund 14.000 Kubikkilometer erneuerbaren<br />

Süßwasser pro Jahr zur Verfügung stehen<br />

<strong>–</strong> wie viel Liter könnte jeder der 6,1 Mrd.<br />

Erdbewohner pro Tag verbrauchen <strong>–</strong> natürlich<br />

nur r<strong>ein</strong> statistisch?<br />

Zur Umrechnung: 1 km 3 = 1.000.000.000 m 3 ;<br />

1 m 3 = 1.000 Liter.<br />

Statistisch stehen jedem Erdbewohner pro Tag<br />

____________ Liter <strong>Wasser</strong> zur Verfügung.<br />

3 Eine Frau in Mosambik muss ihre Familie mit<br />

<strong>Wasser</strong> versorgen und dafür zu <strong>ein</strong>em Brunnen<br />

gehen, der <strong>ein</strong>en Kilometer entfernt ist.<br />

Der Eimer, den Sie auf dem Kopf trägt, fasst<br />

10 Liter <strong>Wasser</strong>. Wie viel Kilometer legt die<br />

Frau im Jahr zurück, wenn ihre Familie <strong>ein</strong>en<br />

<strong>Wasser</strong>bedarf von 100 Litern pro Woche hat?<br />

Die Frau legt im Jahr all<strong>ein</strong> für das <strong>Wasser</strong>holen<br />

<strong>ein</strong>e Wegstrecke von _____________ km zurück.<br />

4 Die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen haben beschlossen,<br />

sich für Maßnahmen <strong>ein</strong>zusetzen, die bis zum<br />

Jahr 2015 die Zahl der absolut Armen gegenüber<br />

2000 um die Hälfte verringern. Auch der<br />

Anteil der Menschen, die ohne sichere und<br />

saubere Trinkwasserversorgung leben, soll bis<br />

2015 halbiert werden. Bitte berechnen:<br />

Jahr<br />

Weltbevölkerung<br />

Anzahl der<br />

Menschen<br />

ohne sicheren<br />

Trinkwasserzugang<br />

Anteil<br />

2000 6070 Mio. ca. 1.094 Mio. 18%<br />

2015 7197 Mio. 9%<br />

Gemäß der Zielvorgabe dürften 2015 nur noch<br />

maximal __________ Menschen ohne sichere<br />

Trinkwasserversorgung s<strong>ein</strong>.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 4<br />

Durchfall tötet<br />

21<br />

Durch schmutziges <strong>Wasser</strong> oder durch fehlende<br />

Abwassersysteme sind viele Menschen in den<br />

„Dritte-Welt-Ländern“ in ihrer Gesundheit gefährdet.<br />

Zu den gefährlichsten und häufi gsten Krankheiten<br />

gehört der Durchfall. Das Kinderhilfswerk<br />

Unicef geht davon aus, dass jedes Jahr rund 1<br />

Millionen Kinder an den Folgen des Durchfalls<br />

Kot<br />

Traditionelle Grubentoilette<br />

Spültoilette, <strong>Wasser</strong>klo<br />

Finger<br />

Fliegen<br />

Felder<br />

<strong>Wasser</strong><br />

Aufgaben<br />

1. Erläutere mit eigenen Worten das, was diese<br />

Zeichnung aussagt.<br />

2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen<br />

der Art und Weise der Entsorgung unserer<br />

Fäkalien (Kot) auf der <strong>ein</strong>en Seite und<br />

(Austrocknung und Auszehrung) sterben, das<br />

sind zwei Kinder in jeder Minute.<br />

Wie kann man sich und vor allem die Kinder vor<br />

Durchfall schützen?<br />

Die Weltgesundheitsorganisation hat <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>faches<br />

Plakat herausgegeben, auf dem die wichtigsten<br />

Verhaltensweisen dargestellt werden:<br />

Handr<strong>ein</strong>igung<br />

Nahrung<br />

der Ansteckungsgefahr mit Krankheiten<br />

andererseits.<br />

3. Welche Vorteile hat <strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>klo gegenüber<br />

<strong>ein</strong>er Grubentoilette (siehe Zeichnung)?<br />

Gibt es auch Nachteile?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 5<br />

Autofahren verursacht<br />

Überschwemmungen<br />

22<br />

Energieverbrauch<br />

Kohlendioxid (CO 2 ) entsteht beim Verbrennen von<br />

Benzin, Öl oder Kohle und steigt in die Atmosphäre.<br />

Erwärmung der Erde<br />

Das Kohlendioxid und andere Treibhausgase verhindern,<br />

dass die Sonnenstrahlen ausreichend<br />

von der Erde zurückstrahlen können. Die Folge:<br />

Das Klima wird aufgeheizt.<br />

Starkniederschläge, Stürme<br />

u.a.m.<br />

Die Klimaerwärmung führt zu mehr Trockenzeiten,<br />

aber auch zu mehr Stürmen und zu mehr<br />

Starkniederschlägen.<br />

Die Folge: Häufi gere Überschwemmungen.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 6<br />

Der Handel mit<br />

„virtuellem <strong>Wasser</strong>“<br />

23<br />

Virtuelles <strong>Wasser</strong><br />

In den Einfuhr- und Ausfuhrstatistiken der Länder<br />

werden verschiedenste Rohstoffe oder Waren<br />

aufgeführt, aber tatsächlich sind dies auch Statistiken<br />

über den Import oder den Export von<br />

<strong>Wasser</strong>. Denn viele Güter können nur produziert<br />

werden, wenn vorher in erheblichem Maße <strong>Wasser</strong><br />

für deren Herstellung aufgewendet wurde.<br />

Dies soll am Beispiel von Nahrungsmitteln deutlich<br />

gemacht werden.<br />

Wenn beispielsweise 1 kg Weizen geerntet und<br />

ausgeführt wird, so sind in dieses Kilogramm<br />

(im statistischen Durchschnitt) rund 1.200 Liter<br />

<strong>Wasser</strong> enthalten, denn so viel <strong>Wasser</strong> war notwendig,<br />

damit diese Menge Weizen wachsen und<br />

sich entwickeln konnte. Das Land, das Weizen<br />

ausführt, exportiert damit unsichtbar auch diese<br />

Menge <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> wie auch umgekehrt <strong>ein</strong> Land,<br />

das Weizen <strong>ein</strong>führt (importiert), sich diesen<br />

Top 10:<br />

Virtuelle Exporteure von <strong>Wasser</strong><br />

(1995-1999)<br />

Land<br />

Netto <strong>Wasser</strong>export<br />

Umfang in Mrd.<br />

Kubikmetern<br />

USA 758.3<br />

Kanada 272.5<br />

Thailand 233.3<br />

Argentinien 226.3<br />

Indien 161.1<br />

Australien 145.6<br />

Vietnam 90.2<br />

Frankreich 88.4<br />

Guatemala 71.7<br />

Brasilien 45.0<br />

Aufgaben<br />

1. Erläutert mit maximal 35 Worten, was der<br />

Begriff „virtuelles <strong>Wasser</strong>“ m<strong>ein</strong>t. Schreibt<br />

diese Erklärung bitte auf.<br />

2. Wie beurteilt Ihr diesen „virtuellen <strong>Wasser</strong>handel“.<br />

Welche Vorteile und Nachteile seht<br />

Ihr.<br />

<strong>Wasser</strong>verbrauch erspart, der nämlich notwendig<br />

gewesen wäre, wenn das Land selbst diesen Weizen<br />

angebaut hätte. So kann das Land die eigenen<br />

<strong>Wasser</strong>vorräte schonen.<br />

Wissenschaftler nennen dieses <strong>Wasser</strong>, was sich<br />

hinter dem Handel mit bestimmten Produkten<br />

verbirgt, „virtuelles <strong>Wasser</strong>“.<br />

<strong>Wasser</strong>aufwand für Nahrungsmittel<br />

Produkt <strong>Wasser</strong>aufwand<br />

1 Liter Orangensaft 22 Liter<br />

1 kg Weizen 1.200 Liter<br />

1 kg Reis 2.700 Liter<br />

1 kg Rindfl eisch 16.000 Liter<br />

Top 10:<br />

Virtuelle Importeure von <strong>Wasser</strong><br />

(1995-1999)<br />

Land<br />

Netto <strong>Wasser</strong>export<br />

Umfang in Mrd.<br />

Kubikmetern<br />

Sri Lanka 428.5<br />

Japan 297.4<br />

Niederlande 147.7<br />

Rep. Korea 112.6<br />

China 101.9<br />

Indonesien 101.7<br />

Spanien 82.5<br />

Ägypten 80.2<br />

Deutschland 67.9<br />

Italien 64.3<br />

3. Wie bewertet Ihr die Tatsache, dass<br />

Deutschland <strong>–</strong> <strong>ein</strong> eher wasserreiches Land<br />

<strong>–</strong> großer virtueller <strong>Wasser</strong>importeur ist?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 7<br />

Verbesserung der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung<br />

24<br />

Was können wir zur Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

in der Welt tun?<br />

Welche Schritte sind möglich und sinnvoll?<br />

A Wir verbrauchen bei uns weniger <strong>Wasser</strong><br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

H<br />

Wir beraten Bauern in der<br />

„Dritten Welt“ über neue wassersparende<br />

Bewässerungssysteme<br />

Wir unterstützen/fi nanzieren Entwicklungsprojekte<br />

(z.B. Bau von Brunnen)<br />

Wir schicken Tankschiffe mit <strong>Wasser</strong> in<br />

die wasserarmen Länder<br />

Wir fi nanzieren neue <strong>Wasser</strong>leitungen in<br />

alle Häuser und Wohnungen<br />

Wir erlassen den Entwicklungsländern<br />

ihre Schulden<br />

Wir privatisieren die <strong>Wasser</strong>versorgung,<br />

beauftragen private Firmen damit.<br />

Wir verringern unseren Energieverbrauch<br />

und Kohlendioxidausstoß<br />

Aufgaben<br />

In dieser Liste sind 8 Vorschläge (A bis H)<br />

aufgeschrieben.<br />

• Bitte lest Euch diese Vorschläge durch.<br />

• Überlegt, welche Auswirkungen diese Maßnahme<br />

für die wasserarmen Länder hätte<br />

(Bitte Stichworte dazu in die rechte Spalte).<br />

Rang Nr. Stichworte für Begründung<br />

• Welche Maßnahmen wären die sinn vollsten<br />

und wichtigsten, um die <strong>Wasser</strong> situ ation zu<br />

verbessern?<br />

Bringt diese Aussagen in <strong>ein</strong>e Rangfolge<br />

(1 <strong>–</strong> 8) Bitte Spalte „Rang-Nr. verwenden).


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 8<br />

Soll die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

privatisiert werden?<br />

Was aber ist Eure M<strong>ein</strong>ung? In der untenste-<br />

25<br />

In vielen Teilen der Welt <strong>–</strong> das gilt für Europa wie<br />

für viele „Entwicklungsländer“ gleichermaßen <strong>–</strong><br />

wird darüber diskutiert, ob man mit öffentlichen<br />

Dienstleistungen wie <strong>Wasser</strong>- oder Energieversorgung<br />

nicht besser private Firmen beauftragen<br />

sollte. Die Welthandelsorganisation (World Trade<br />

Organisation) unterstützt diese Forderung.<br />

1 Staatliche <strong>Wasser</strong>versorgung bedeutet,<br />

dass vielerorts die Armen<br />

am schlechtesten versorgt sind<br />

und die höchsten Preise zahlen.<br />

2 Weil viele Regierungen fast<br />

pleite sind, braucht man in vielen<br />

Ländern private Firmen, die das<br />

notwendige Geld in die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

investieren.<br />

3 Wenn private Firmen sich bewerben,<br />

die <strong>Wasser</strong>versorgung zu<br />

übernehmen, bedeutet dies, dass<br />

sie im Wettbewerb unter<strong>ein</strong>ander<br />

stehen <strong>–</strong> und Wettbewerb ist gut<br />

für die Leistung.<br />

4 Staatliche <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

bedeutet, dass in vielen Ländern<br />

oftmals korrupte Politiker das Sagen<br />

über das Lebensmittel <strong>Wasser</strong><br />

haben. Das kann nicht im Interesse<br />

der Bevölkerung s<strong>ein</strong>.<br />

A B C D E<br />

henden Tabelle sind zu vier Aspekten jeweils zwei<br />

Aussagen (links und rechts) formuliert. In den<br />

mittleren Spalten (in den Spalten A bis E) könnt<br />

Ihr <strong>ein</strong> Kreuz machen und damit andeuten, welcher<br />

der beiden Aussagen Ihr eher zustimmt. Je<br />

näher Euer Kreuz der <strong>ein</strong>en oder anderen Aussage<br />

ist, desto mehr stimmt Ihr dieser zu.<br />

Bitte nachher Eure Entscheidung begründen!<br />

Privatisierung bedeutet, dass nur<br />

noch diejenigen <strong>Wasser</strong> erhalten,<br />

die dafür auch ausreichend zahlen<br />

können.<br />

Private Firmen haben Geld, investieren<br />

ihr Geld aber nur da,<br />

wo sie Gewinne machen können.<br />

Die <strong>Wasser</strong>versorgung der Armen<br />

gehört wohl kaum dazu.<br />

Privatisierung bedeutet: Möglichst<br />

hohe Verbraucherpreise<br />

und möglichst wenig Kosten (etwa<br />

für das Leitungsnetz). So kann<br />

man k<strong>ein</strong>e gute <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

gewährleisten.<br />

Die Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

bedeutet, dass man sich<br />

in Abhängigkeiten gegenüber<br />

privaten (ausländischen) Firmen<br />

begibt <strong>–</strong> und dies bei <strong>ein</strong>em<br />

lebenswichtigen <strong>Gut</strong>. Das ist zu<br />

gefährlich.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 9<br />

<strong>Wasser</strong>managerIn gesucht!<br />

26<br />

Wir sind <strong>ein</strong>e Organisation der Entwicklungszusammenarbeit,<br />

die sich seit vielen Jahren in Marokko engagiert.<br />

Wir suchen ab sofort<br />

<strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>manager/<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>managerin<br />

für Marokko.<br />

Aufgabengebiete<br />

• Aufbau <strong>ein</strong>es <strong>Wasser</strong>wirtschaftsverban es in der<br />

Region in Zusammenarbeit mit Regie rungsstellen<br />

und mit der örtlichen Bevölkerung;<br />

• Reform der bestehenden <strong>Wasser</strong>wirtschaft für <strong>ein</strong>e<br />

Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung in städtischen<br />

und ländlichen Gebieten;<br />

• Einführung von Präzisions-Bewässe rungs systemen<br />

in der Landwirtschaft;<br />

• Umfassende Restaurierung der bestehenden<br />

Leitungssysteme;<br />

• Kommerzialisierung des Verbrauchs;<br />

• Einführung von <strong>Wasser</strong>aufbereitung und<br />

Abwassersystemen.<br />

Aufgaben (für Kl<strong>ein</strong>gruppen)<br />

1. Beschreibt bitte stichwortartig, welche<br />

Aufgaben <strong>ein</strong>er <strong>Wasser</strong>manager/<br />

<strong>Wasser</strong>managerin zu bewältigen hat. Welche<br />

Aufgaben erfordern technisches Wissen (z.B.<br />

über <strong>Wasser</strong>leitungssysteme), welche Aufgaben<br />

erfordern politisches Fingerspitzengefühl oder<br />

organisatorische Fähigkeiten?<br />

2. Welche Bedingungen müssten erfüllt s<strong>ein</strong>,<br />

damit der <strong>Wasser</strong>manger/die <strong>Wasser</strong>managerin<br />

die Aufgaben gut bewältigen kann? An welchen<br />

Stellen ist er oder sie auf die Zusammenarbeit<br />

mit anderen angewiesen?<br />

3. Welche der angeforderten Qualifi kationen<br />

fi ndet Ihr am schwierigsten? Würdet Ihr<br />

für diesen Job <strong>ein</strong>e Frau oder <strong>ein</strong>en Mann<br />

<strong>ein</strong>stellen? Warum?<br />

Ihre Qualifi kationen<br />

• Sie sind Ingenieur(in) oder Ökonom(in) mit dem<br />

Schwerpunkt <strong>Wasser</strong>wirtschaft;<br />

• sie haben mehrjährige Erfahrungen im <strong>Wasser</strong>management<br />

und mit der Organisation von <strong>Wasser</strong><br />

wirtschaftsverbänden;<br />

• sie kennen sich aus im Bereich Bewässe rungssysteme,<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung und Abwasserentsorgung;<br />

• sie haben das notwendige Fingerspitzen ge fühl im<br />

Umgang mit Behörden und in der Zusammenarbeit<br />

mit <strong>ein</strong>heimischen Bevölkerungsgruppen;<br />

• sie besitzen sehr gute Französisch-Kenntnisse;<br />

• sie sind Stress-erprobt und belastbar und bereit,<br />

mindestens drei Jahre in diesem Projekt zu<br />

arbeiten.<br />

Kontakt<br />

Bitte schicken Sie Ihre Bewerbungen (zusammen mit Referenzen) möglichst bald<br />

an die Chiffre 16745-5-2004 dieser Zeitung.<br />

Marokko


Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />

☞ MI <strong>–</strong> 10<br />

Steter Tropfen<br />

spart <strong>Wasser</strong><br />

27<br />

seitlich<br />

nasse Wurzelzone<br />

Mit modernen Technologien kann in erheblichem<br />

Maße <strong>Wasser</strong> gespart werden. Dies soll hier am<br />

Beispiel der Landwirtschaft gezeigt werden. Die<br />

Landwirtschaft ist weltweit der größte <strong>Wasser</strong><br />

- Verbrauchsbereich. Ca. 70% des verfügbaren<br />

<strong>Wasser</strong>s fl ießen in die Landwirtschaft. Wenn es<br />

hier zu Einsparungen kommen könnte, ohne dass<br />

der Nutzen für Bewässerung und Erträge abnehmen<br />

muss, wäre dies für die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

der Zukunft von großer Bedeutung.<br />

Üblicherweise werden Pfl anzen (Bäume,<br />

Sträucher) durch Oberfl ächenbewässerung ernährt.<br />

Man gießt <strong>Wasser</strong> auf die Erdoberfl äche,<br />

wo die Pfl anzen stehen. Das <strong>Wasser</strong> sickert in<br />

den Boden und erreicht dann die Wurzeln der<br />

Pfl anzen, wo es aufgenommen und in den Stoffwechsel<br />

der Pfl anze <strong>ein</strong>bezogen wird. Für diese<br />

Oberfl ächenbewässerung wird <strong>Wasser</strong> entweder<br />

durch Leitungen oder in Behältern herangeführt<br />

oder aber durch offene Gräben transportiert.<br />

Bei der Tropfen-Bewässerung wird <strong>Wasser</strong><br />

durch Leitungen an die Wurzeln der Pfl anzen<br />

herangeführt und tropfenweise abgegeben.<br />

<strong>Wasser</strong>spender oder Tropfer<br />

Manchmal liegen die Leitungen oberfl ächlich,<br />

manchmal aber auch 20 <strong>–</strong> 60 cm tief im Erdreich,<br />

um möglichst nahe an die Wurzeln heranzukommen.<br />

Die Vorteile der Tropfen-Bewässerung<br />

• <strong>Wasser</strong> wird direkt herangeführt dorthin, wo es<br />

gebraucht wird, nämlich an die Wurzeln.<br />

• Das befeuchtete Erdreich ist nur noch das, was<br />

unmittelbar im Wurzelbereich liegt.<br />

• Die Verdunstung des <strong>Wasser</strong>s wird erheblich<br />

reduziert.<br />

• K<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong> versickert in <strong>Wasser</strong>gräben oder<br />

Oberfl ächenbassins.<br />

In der Summe kann durch die Tropfenbewässerung<br />

<strong>Wasser</strong> in der Größenordnung <strong>ein</strong>es Drittels<br />

oder gar der Hälfte im Vergleich zur üblichen<br />

Oberfl ächenbewässerung <strong>ein</strong>gespart werden. Die<br />

Einsparungen hängen auch von der Beschaffenheit<br />

der Böden und der Art der Pfl anzen ab.<br />

Aber: Tropfenbewässerung kostet viel Geld, das<br />

für <strong>ein</strong> entsprechendes Leitungsnetz investiert<br />

werden muss.


Das Beste aber<br />

ist das <strong>Wasser</strong>!<br />

Der altgriechische Dichter<br />

Pindar


Globale Perspektiven für <strong>ein</strong> „öffentliches <strong>Gut</strong>“<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />

Menschenrecht oder Ware?<br />

Zielgruppe: Klassen 11/12<br />

Gliederung<br />

I. Wem gehört das <strong>Wasser</strong>?<br />

1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Gabe der Natur oder Ware?<br />

2. Wem gehört das saubere, wem das verschmutzte <strong>Wasser</strong>?<br />

II. Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong><br />

1. Rechtsgrundlagen des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

2. Die Verwirklichung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

3. Die Finanzierung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

III. Öffentliche Güter <strong>–</strong> lokal und global<br />

1. Ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Ware oder <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />

2. Die Bereitstellung öffentlicher Güter <strong>–</strong> privat oder öffentlich?<br />

3. Die Verteilung von <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Preis und Regulierung<br />

4. Beispiel: <strong>Wasser</strong>preise in Südafrika<br />

5. Globale Öffentliche Güter<br />

IV. Fazit: <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Menschenrecht oder Ware?<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

29


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 1<br />

Fragen Sie die SchülerInnen,<br />

welche Sprüche oder<br />

Geschichten sie kennen, in<br />

denen <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e große<br />

Bedeutung hat. Arbeiten Sie<br />

im Klassengespräch heraus,<br />

welche Bedeutung es hat?<br />

Alternativ: Lassen Sie die<br />

SchülerInnen frei assoziieren,<br />

was ihnen bei <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>fällt.<br />

☞ 2<br />

Bitten Sie die SchülerInnen<br />

zu recherchieren: Welche<br />

Kosten entstehen dem örtlichen<br />

<strong>Wasser</strong>lieferanten, bevor<br />

das <strong>Wasser</strong> die Verbraucher<br />

erreicht? Die örtlichen <strong>Wasser</strong>betriebe<br />

haben meist Material<br />

verfügbar, das Sie ggfs. im<br />

Klassensatz bestellen können.<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />

Menschenrecht<br />

oder Ware?<br />

30<br />

Themenfelder und<br />

didaktischer Hintergrund<br />

Mit der Frage, ob der Zugang zu <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong><br />

Menschenrecht ist oder ob <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e normale<br />

Ware ist, lassen sich Schlüsselfragen <strong>ein</strong>er jeden<br />

Gesellschaft verbinden: Gibt es Güter, die jedem<br />

Menschen unabhängig von s<strong>ein</strong>er Zahlungsfähigkeit<br />

gewährt werden sollten? Wie werden<br />

lebenswichtige Güter innerhalb <strong>ein</strong>er Gesellschaft<br />

verteilt? Wann ist die Verteilung gerecht?<br />

Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> ist inzwischen<br />

weitgehend als solches anerkannt. Um die<br />

Bedeutung des Menschenrechtsinstrumentariums<br />

herauszuarbeiten, wird in der vorliegenden Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />

<strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong>e explizit rechtliche<br />

Perspektive <strong>ein</strong>genommen. Mit der Frage, nach<br />

der Durchsetzung des Rechtes auf <strong>Wasser</strong>, lassen<br />

sich exemplarisch die Probleme bei der Durchsetzung<br />

der Menschenrechte überhaupt verknüpfen?<br />

Didaktisches Ziel wäre, die Kluft zwischen<br />

Anspruch und Realität aufzuzeigen, ohne den<br />

Wert des Ideals als verpfl ichtendes Ziel für alle zu<br />

negieren.<br />

In engem Zusammenhang mit den Menschenrechten<br />

steht die Diskussion um öffentliche<br />

Güter. Gerechtigkeit und Gem<strong>ein</strong>wohl sind<br />

hier zentrale Begriffe. Ob öffentliche Güter von<br />

privatwirtschaftlichen Unternehmen oder von<br />

öffentlichen Betrieben bereitgestellt werden sollten,<br />

ist <strong>ein</strong>e kontrovers diskutierte Frage - auch<br />

in Deutschland. Für viele Entwicklungsländer<br />

stellt sich die Frage jedoch schärfer. Denn wirtschaftlich<br />

kann <strong>ein</strong> Betrieb nur s<strong>ein</strong>, wenn die<br />

erzielten Gewinne zumindest die Kosten decken.<br />

Jedoch: Können für öffentliche Güter kostendeckende<br />

Preise erzielt werden, wenn die Mehrheit<br />

der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt?<br />

Relativ neu ist <strong>ein</strong>e Debatte auf internationaler<br />

Ebene über „global public goods“. Denn<br />

immer offensichtlicher lassen sich Güter ausmachen,<br />

die Überlebensfragen der Menschheit<br />

berühren, die sich jedoch nur durch internationale<br />

gem<strong>ein</strong>same Anstrengungen erhalten bzw.<br />

realisieren lassen.<br />

I. Wem gehört<br />

das <strong>Wasser</strong>?<br />

1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Gabe oder Ware?<br />

<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong> ganz besonderes Element. Wie die<br />

Luft ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Grundvoraussetzung für Leben.<br />

Für die meisten Menschen ist <strong>Wasser</strong> daher<br />

auch spirituell bedeutsam. Wer religiös ist, wird<br />

vielleicht sagen: „<strong>Wasser</strong> ist heilig“. Dem Satz<br />

„<strong>Wasser</strong> ist Leben“ stimmt wohl b<strong>ein</strong>ahe jeder<br />

Mensch zu. Um <strong>Wasser</strong> ranken sich viele Mythen.<br />

Die Quelle, der Brunnen, das Meer, der Regen,<br />

die Flut <strong>–</strong> all das sind Themen, die die Menschen<br />

seit jeher bewegen. ☞ 1 Die Bibel, die uns neben<br />

ihrer religiösen Botschaft auch viel über das<br />

Leben und Denken unserer kulturellen Ahnen vermittelt,<br />

ist voller <strong>Wasser</strong>bezüge. ☞ MII - 1 Die<br />

kulturelle bzw. spirituelle Bedeutung des <strong>Wasser</strong>s<br />

wird hier besonders deutlich. Die Zitate lassen<br />

auf die Lebensbedingungen der Menschen in biblischen<br />

Zeiten schließen. Es handelte sich z.B.<br />

offensichtlich meist um Völker in wasserarmen,<br />

ländlichen Regionen.<br />

Dass <strong>Wasser</strong> noch heute <strong>ein</strong>e große spirituelle<br />

Bedeutung hat, wird auch durch die Betroffenheit<br />

deutlich, die der fehlende Zugang der 1,1<br />

Milliarden Menschen zu sauberem <strong>Wasser</strong> auslöst.<br />

Das Fehlen sanitärer Anlagen <strong>–</strong> für das Überleben<br />

vieler Menschen ebenso wichtig <strong>–</strong> erregt die Gemüter<br />

dagegen wesentlich weniger.<br />

Andererseits ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong> Wirtschaftsgut.<br />

Im Privathaushalt als Trinkwasser aus der Leitung,<br />

als wichtiges Produktionsgut für Industrie<br />

und Landwirtschaft oder als Flaschenware im<br />

Supermarkt hat <strong>Wasser</strong> in der Regel <strong>ein</strong>en Preis.<br />

Stadtwerke oder private Konzerne liefern <strong>Wasser</strong><br />

an Haushalte und Industrie; sie haben dabei<br />

hohe Kosten für Aufbereitung, Infrastruktur und<br />

Dienstleistungen. ☞ 2 Insbesondere die Einrichtung<br />

und Erhaltung der Infrastruktur erfordert<br />

häufi g große Investitionen. Egal ob es sich um<br />

<strong>ein</strong>en privaten Dienstleistungskonzern oder <strong>ein</strong>en<br />

kommunalen <strong>Wasser</strong>betrieb handelt, irgendwer<br />

muss die Kosten tragen. Und dies ist in der<br />

Regel der Verbraucher.<br />

Fazit: <strong>Wasser</strong> hat also zwei Dimensionen:<br />

Einerseits ist es Symbol für Leben, voller verschiedenartiger<br />

kultureller und spiritueller Bedeutungen.<br />

Andererseits ist es heute für die Menschen in<br />

Industriestaaten <strong>ein</strong> banales Konsum- und Produktionsgut<br />

geworden. Als Trinkwasser aus der Leitung<br />

wird es häufi g verschwendet, als Flaschenwasser<br />

im Supermarkt verkauft und mit großem Aufwand<br />

vermarktet. Auch für Industrie und Landwirtschaft


ist es unverzichtbar. Ein großes Problem ist auch<br />

die Verschmutzung des <strong>Wasser</strong> durch unökologische<br />

Nutzungsarten. ☞ 3<br />

2. Wem gehört das saubere, wem<br />

das verschmutzte <strong>Wasser</strong>?<br />

In unserer Gesellschaft schöpft wohl niemand<br />

s<strong>ein</strong> Trinkwasser noch direkt aus dem Fluss. In<br />

den Ländern des Südens ist das für viele Menschen<br />

gefährlicher Alltag. In vielen Regionen<br />

fehlt die Infrastruktur: Es gibt k<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>werk,<br />

k<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>aufbereitung, k<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>leitungen,<br />

die das <strong>Wasser</strong> in die Haushalte transportieren<br />

könnten. Doch auch wenn die Infrastruktur<br />

vorhanden ist, stellt sich häufi g die Frage: Was<br />

geschieht, wenn die Verbraucher so arm sind,<br />

dass sie den Preis für das lebensnotwendige<br />

<strong>Wasser</strong> nicht zahlen können. Dies ist in vielen<br />

Ländern des Südens der Fall. 1,2 Milliarden<br />

Menschen haben k<strong>ein</strong>en Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser. Dies sind in der Regel genau die<br />

Menschen, deren Einkommen weit unter der<br />

Armutsgrenze liegt. Die Frage stellt sich, ob<br />

Menschen, die nicht in der Lage sind, <strong>ein</strong>en kostendeckenden<br />

Preis zu zahlen, geschweige denn<br />

<strong>ein</strong>en Preis, der auch noch <strong>ein</strong>e Rendite für die<br />

privaten Investoren b<strong>ein</strong>haltet, von der Versorgung<br />

mit sauberem Trinkwasser ausgeschlossen<br />

werden dürfen? Zu bedenken ist, dass etwa 80%<br />

aller Krankheiten in den Entwicklungsländern<br />

Folgen von verschmutztem <strong>Wasser</strong> sind. Der Zugang<br />

zu sauberem <strong>Wasser</strong> für alle Menschen muss<br />

erst noch verwirklicht werden.<br />

Die Lebensverhältnisse in den so genannten<br />

Entwicklungsländern sind sehr verschieden von<br />

den unseren. Klischeehafte Vorstellungen von<br />

dürstenden Menschen prägen häufi g das Bild. Um<br />

die Realität in den Ländern des Südens konkret<br />

begreifbar zu machen, ist es daher sinnvoll mit<br />

Beispielen zu arbeiten. ☞ 4 + MII-2<br />

II. Das Menschenrecht<br />

auf <strong>Wasser</strong><br />

1. Rechtsgrundlagen des<br />

Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

☞ 5 In der Erklärung der Menschenrechte sucht<br />

man das explizite Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> vergeblich.<br />

Die Menschenrechte waren ursprünglich<br />

in erster Linie darauf ausgerichtet, das Individu-<br />

um vor Übergriffen des Staates zu schützen. Vor<br />

allem die schrecklichen Verbrechen des nationalsozialistischen<br />

Staates im Zweiten Weltkrieg führten<br />

zu dem anspruchsvollen Vorhaben, den Menschenrechten<br />

weltweit Geltung zu verschaffen.<br />

Was vorgefallen war, sollte sich nie mehr wiederholen.<br />

Dies war <strong>ein</strong>e der wichtigsten Triebkräfte<br />

zur Gründung der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen. Durch den<br />

Zusammenschluss aller Staaten sollten die Menschenrechte<br />

zur Angelegenheit der internationalen<br />

Staatengem<strong>ein</strong>schaft werden. Die Mitglieder<br />

der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen, und das sind heute so<br />

gut wie alle Länder der Erde, verpfl ichteten sich,<br />

die Menschenrechte zu achten. Diese wurden in<br />

der „Allgem<strong>ein</strong>e Erklärung der Menschenrechte“<br />

festgelegt, die am 10. Dezember 1948 von der<br />

UN-Generalversammlung angenommen wurde.<br />

Auch wenn das Recht auf <strong>Wasser</strong> nicht explizit<br />

in der Menschenrechtserklärung genannt<br />

wird, so ergibt es sich doch zwingend als Voraussetzung<br />

für die Wahrnehmung verschiedener<br />

dort beschriebener Rechte. So ist der Zugang zu<br />

ausreichendem sauberen <strong>Wasser</strong> unabdingbar für<br />

<strong>ein</strong> Leben in Würde. ☞ 6<br />

Artikel 1 beginnt: Alle Menschen sind frei<br />

und gleich an Würde und Rechten geboren.<br />

Artikel 3 lautet: Jeder hat das Recht auf<br />

Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.<br />

Artikel 25 wird dann relativ konkret: Jeder<br />

hat das Recht auf <strong>ein</strong>en Lebensstandard,<br />

der s<strong>ein</strong>e und s<strong>ein</strong>er Familie Gesundheit und<br />

Wohl gewährleistet, <strong>ein</strong>schließlich Nahrung<br />

…<br />

Artikel 28 bestätigt dann: Jeder hat Anspruch<br />

auf <strong>ein</strong>e soziale und internationale<br />

Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten<br />

Rechte und Freiheiten voll verwirklicht<br />

werden können.<br />

Wie alle Beschlüsse der UN-Generalversammlung<br />

hat die Menschenrechtserklärung jedoch<br />

nur empfehlenden Charakter. Doch seitdem<br />

wurde an <strong>ein</strong>er verbindlichen Menschenrechts≠<br />

konvention gearbeitet. Da es sich als schwierig<br />

erwies, alles in <strong>ein</strong>er Konvention unterzubringen,<br />

entstanden zwei Verträge. Am 19.12.1966<br />

wurden dann der Internationale Pakt über<br />

bürgerliche und politische Rechte und der Internationale<br />

Pakt über wirtschaftliche, soziale<br />

und kulturelle Rechte verabschiedet. Aus dem<br />

letztgenannten Pakt, der erst 1976 nach der notwendigen<br />

Ratifi zierung durch 35 Mitgliedstaaten,<br />

in Kraft trat, wird das Recht auf <strong>Wasser</strong> abgeleitet.<br />

Auch in ihm taucht das Wort <strong>Wasser</strong> nicht<br />

auf. Jedoch wird in Artikel 11 das Recht auf <strong>ein</strong>en<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 3<br />

Tipp für Projekttage: Lassen<br />

Sie Gruppen von 4-6 SchülerInnen<br />

jeweils <strong>ein</strong>e Collage<br />

herstellen, entweder zum<br />

Thema „<strong>Wasser</strong> als Wirtschaftsgut“<br />

oder zum Thema<br />

„<strong>Wasser</strong> ist Leben“<br />

☞ 4<br />

Zum Arbeitsblatt MII - 2<br />

sollte vor allem die Frage<br />

aufgeworfen werden, wie die<br />

Preise für sauberes Trinkwasser<br />

im Verhältnis zum Einkommen<br />

zu bewerten sind?<br />

Doch auch das Verhalten der<br />

Personen im Hinblick auf die<br />

Konsequenzen, die sich aus<br />

ihrem Verhalten ergeben,<br />

kann unter dem Aspekt der<br />

Wahrung der Menschenwürde<br />

thematisiert werden.<br />

☞ 5<br />

Bevor das Recht auf <strong>Wasser</strong><br />

thematisiert wird, sollte <strong>ein</strong>e<br />

kurze Erläuterung der Entstehung<br />

und Bedeutung der<br />

Menschenrechte erfolgen.<br />

☞ 6<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

recherchieren: Welche<br />

Menschenrechte gibt es,<br />

die etwas mit dem Zugang<br />

zu <strong>Wasser</strong> zu tun haben<br />

könnten.<br />

31


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 7<br />

Arbeitsblatt MII - 3 soll helfen<br />

die verschiedenen Dimensionen<br />

des Menschenrechts auf<br />

<strong>Wasser</strong> zu erfassen.<br />

Zur weiteren Vertiefung<br />

bzw. als Hilfe bei der Recherche<br />

fi nden Sie den<br />

„Allgem<strong>ein</strong>en Kommentar Nr.<br />

15: Das Recht auf <strong>Wasser</strong>“<br />

unter: www.menschen-rechtwasser.de/downloads/4_2_<br />

un_comment.pdf<br />

☞ 8<br />

Die Kriterien können auch<br />

anhand der im Arbeitsblatt<br />

MII - 2 ausgeführten Beispiele<br />

überprüft werden.<br />

Eine interessante Frage wäre<br />

z.B.: Ist Frau Nkosis Wunsch<br />

nach <strong>ein</strong>em ordentlichen Begräbnis<br />

<strong>ein</strong> soziales Recht, das<br />

für ihre Würde und die freie<br />

Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />

unentbehrlich ist?<br />

☞ 9<br />

Die unbefriedigende Wirklichkeit<br />

wird auch von den SchülerInnen<br />

wahrgenommen. Evtl<br />

wird die Frage gestellt, welchen<br />

Sinn es macht, sich mit<br />

Menschenrechten zu befassen.<br />

Es muss deutlich gemacht<br />

werden, dass Menschenrechte<br />

wichtig und hilfreich sind, um<br />

eigenes und fremdes Handeln<br />

daran zu messen und darauf<br />

ausrichten.<br />

32<br />

angemessenen Lebensstandard näher defi niert,<br />

nämlich „<strong>ein</strong>schließlich angemessener Ernährung“.<br />

In Artikel 12 wird außerdem das Recht auf<br />

den höchsten erreichbaren Gesundheits-Standard<br />

formuliert.<br />

Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale<br />

und kulturelle Rechte hat schließlich im<br />

November 2002 in <strong>ein</strong>em ausführlichen Rechtkommentar<br />

noch <strong>ein</strong>mal ausführlich das Recht<br />

auf <strong>Wasser</strong> bestätigt und in allen Einzelheiten<br />

erläutert, was damit gem<strong>ein</strong>t ist. Dieser UN-<br />

Rechtskommentar gilt als Meilenst<strong>ein</strong>, denn in<br />

ihm wird klar defi niert: „Das Menschenrecht auf<br />

<strong>Wasser</strong> berechtigt jedermann zu ausreichendem,<br />

ungefährlichem, sicherem, annehmbarem, physisch<br />

erreichbarem und erschwinglichem <strong>Wasser</strong>.“<br />

Drei Kriterien müssen demnach unbedingt erfüllt<br />

s<strong>ein</strong>, bevor das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> als<br />

verwirklicht gilt:<br />

Dies sind Verfügbarkeit, Qualität und Erreichbarkeit.<br />

Die Erreichbarkeit wird noch <strong>ein</strong>mal unterschieden<br />

in physische Erreichbarkeit, wirtschaftliche<br />

Erreichbarkeit und Gleichbehandlung.<br />

☞ 7 + MII - 3<br />

2. Die Verwirklichung des<br />

Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

☞ 9 + MII - 4<br />

In der Präambel der allgem<strong>ein</strong>en Erklärung der<br />

Menschenrechte werden die Menschenrechte als<br />

<strong>ein</strong> „gem<strong>ein</strong>sames Ideal“ bezeichnet, das in der<br />

Zukunft Gültigkeit erlangen soll. Trotz verbindlicher<br />

internationaler Konventionen muss heute<br />

<strong>ein</strong>gestanden werden, dass die Welt diesem<br />

Ideal in den Jahren nach 1948 nicht sehr nahe<br />

gekommen ist: Die Kluft zwischen Arm und Reich<br />

wächst; täglich sterben Menschen an Hunger,<br />

Durst und Krankheit. Das Ziel, das die Allgem<strong>ein</strong>e<br />

Erklärung der Menschenrechte gesetzt hat,<br />

ist noch nicht erreicht; die Wirklichkeit sieht<br />

anders aus. Trotzdem sch<strong>ein</strong>t es nicht beliebig<br />

zu s<strong>ein</strong>, ob Staaten <strong>ein</strong>en Internationalen Pakt<br />

unterzeichnen oder nicht. Immerhin 10 Jahre hat<br />

es gedauert, bis der 1966 verabschiedete Internationale<br />

Pakt über wirtschaftliche, soziale und<br />

kulturelle Rechte von der für die Ratifi zierung<br />

notwendigen Anzahl von 35 Staaten unterzeichnet<br />

wurde. Bis Ende 2003 haben inzwischen 145<br />

Staaten diesen Pakt unterzeichnet.<br />

Verfügbarkeit: Die WHO hat 20 Liter pro Person und Tag als Existenz-Minimum defi niert.<br />

Der Rechtskommentar unterscheidet aber das Menschenrecht auf ausreichend <strong>Wasser</strong> vom<br />

Existenzminimum. Es heißt dort:“…alle Rechte müssen befriedigt oder zumindest auf der Ebene<br />

des Existenzminimums gewährt werden“ In Deutschland verbraucht <strong>ein</strong>e Person 127 Liter am Tag.<br />

Qualität: Die Gesundheit gefährdet <strong>Wasser</strong> v. a. aufgrund von Krankheitserregern (z.B. Malaria),<br />

von Verunr<strong>ein</strong>igung durch Abwasser (z.B. Cholera), aber auch von chemischen Abfällen der<br />

Industrie (Vergiftungen).<br />

Physische Erreichbarkeit: Auch hier gibt es unterschiedliche Vorgaben, was <strong>ein</strong>e<br />

annehmbare Entfernung ist und was als Minimalforderung (basic need) gilt. Während die<br />

Menschenrechtsvorgabe von „in jedem Haushalt … oder in unmittelbarer Nachbarschaft“ ausgeht,<br />

wird als Minimalforderung „1km im Umkreis des Haushalts“ angesehen.<br />

Wirtschaftliche Erreichbarkeit: Was unter „erschwinglich“ zu verstehen ist, wird nicht genau<br />

benannt. Als Anhaltspunkt gilt nur, dass andere soziale Rechte durch <strong>Wasser</strong>kosten nicht<br />

<strong>ein</strong>geschränkt werden dürfen, dies sind vor allem Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche<br />

Versorgung, Bildung, Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben. Oberster Maßstab für die<br />

sozialen Menschenrechte ist der Satz „was für s<strong>ein</strong>e Würde und freie Entfaltung der Persönlichkeit“<br />

unentbehrlich“ ist. ☞ 8<br />

Gleichbehandlung: Der Zugang zu <strong>Wasser</strong> ist oft besonders für Frauen, Kinder, alte und kranke<br />

Menschen, Minderheiten, indigene Völker, Flüchtlinge etc. schwierig. Obwohl es meist Frauen sind,<br />

die lange Wege zurücklegen müssen, um das <strong>Wasser</strong> für die Familie zu holen, werden die Brunnen<br />

häufi g von Männern betrieben. Auch die Hautfarbe spielt <strong>ein</strong>e Rolle: In Südafrika ist der Zugang<br />

zu sauberem Trinkwasser auch 10 Jahre nach Ende der Apartheid für Menschen mit schwarzer<br />

Hautfarbe schwieriger als für Weiße. Außerdem gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land.<br />

Statistisch gesehen haben arme, schwarze Frauen auf dem Land den schlechtesten Zugang zu<br />

<strong>Wasser</strong>.


Die Fortentwicklung der Mittel, mit denen<br />

Menschenrechte <strong>ein</strong>gefordert oder gar <strong>ein</strong>geklagt<br />

werden können, ist daher wichtig. So geben z.B.<br />

die im vorigen Kapitel ausführlich behandelten<br />

Kriterien des UN-Rechtskommentar zum Recht auf<br />

<strong>Wasser</strong> der Zivilgesellschaft <strong>ein</strong> Instrument in die<br />

Hand, ihre Regierung zur Verantwortung zu ziehen,<br />

wenn das Recht auf <strong>Wasser</strong> nicht verwirklich<br />

wurde. Arbeitsblatt MII - 4 zeigt, wie Menschenrechts-<br />

und Hilfsorganisationen sich mit Hilfe<br />

dieses Instrumentes für Menschen <strong>ein</strong>setzen,<br />

deren Recht auf <strong>Wasser</strong> verletzt wird. ☞ 10<br />

Das Recht auf <strong>Wasser</strong> holt die Menschen<br />

aus der Rolle der Bittsteller und bringt den Staat<br />

auf die Anklagebank. Das stärkt die Rolle der<br />

Opfer. Auch betroffene Menschen in den Ländern<br />

des Südens können jetzt ihre Regierungen in<br />

die Pfl icht nehmen: So ist der Staat nach dem<br />

Allgem<strong>ein</strong>en Kommentar Nr. 15 der Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen z.B. verpfl ichtet „das Höchstmaß s<strong>ein</strong>er<br />

Mittel“ (§ 41) für die Verwirklichung des Rechts<br />

auf <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>zusetzen. ☞ 11<br />

Auch zu internationaler Hilfe besteht <strong>ein</strong>e<br />

Pfl icht: „Vertragstaaten und anderen Akteuren,<br />

die zu helfen in der Lage sind, obliegt, internationale<br />

Hilfe zur Verfügung zu stellen.“(§ 38) Auch<br />

unser Land ist also gegenüber den Menschen,<br />

die k<strong>ein</strong>en Zugang zu <strong>Wasser</strong> haben, völkerrechtlich<br />

in der Pfl icht. Dies gilt auch für die Rolle<br />

Deutschlands in internationalen Organisationen<br />

wie Weltbank und Internationalem Währungsfonds.<br />

So dürfen „Verträge über die Liberalisierung<br />

des Handels“ (§ 35) oder die „Kreditvergabepolitik“<br />

(§ 36) das Recht auf <strong>Wasser</strong> nicht<br />

gefährden.<br />

Internationale Rechtswege für Opfer von<br />

Menschenrechtsverletzungen sind bisher erst<br />

schwach entwickelt. Auf UN-Ebene gibt es bisher<br />

noch k<strong>ein</strong> formelles Beschwerdeverfahren für<br />

Opfer von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />

Menschenrechts≠verletzungen. Es wird<br />

jedoch zurzeit über die Einführung <strong>ein</strong>es internationalen<br />

Beschwerderechtes verhandelt. Ein<br />

Zusatzprotokoll zum Pakt soll in Zukunft Opfern<br />

von Verletzungen sozialer Menschenrechte die<br />

Möglichkeit geben, ihre Regierung international<br />

zur Verantwortung zu ziehen. Im Jahr 2003 hat<br />

die UN-Menschenrechtskommission <strong>ein</strong>e Arbeitsgruppe<br />

<strong>ein</strong>gesetzt, die mit den Verhandlungen<br />

über dieses Zusatzprotokoll begonnen hat.<br />

Insbesondere die USA haben aber versucht, den<br />

Verhandlungsprozess zu stoppen <strong>–</strong> ohne Erfolg!<br />

Die USA haben die sozialen Menschenrechte nicht<br />

anerkannt und den Internationalen Pakt nicht<br />

unterzeichnet. Sie sind auch der stärkste Gegner<br />

<strong>ein</strong>es Beschwerdeverfahrens. Seit 1999 besteht<br />

dagegen z.B. <strong>ein</strong> solches Verfahren im Rahmen<br />

der Frauenrechtskonvention. Frauen können sich<br />

seitdem auch international über Diskriminierung<br />

beschweren. ☞ 12<br />

Ein zwischenzeitlicher Erfolg im Kampf für<br />

das Recht auf <strong>Wasser</strong> ist auch die Ernennung<br />

<strong>ein</strong>es UN-Sonderberichterstatters zum Recht auf<br />

<strong>Wasser</strong>. S<strong>ein</strong> erster Bericht wird 2004 vorgelegt<br />

und wird alle Staaten unter Druck setzen, die<br />

nicht genügend getan haben, um das Recht auf<br />

<strong>Wasser</strong> zu verwirklichen.<br />

3. Die Finanzierung des<br />

Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

Die Erfüllung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

erfordert <strong>ein</strong>e massive weltweite Verbesserung<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung <strong>–</strong> und dies wiederum erfordert<br />

große fi nanzielle Anstrengungen. Gerade<br />

die armen Länder des Südens sind kaum in der<br />

Lage, die notwendigen Investitionen im <strong>Wasser</strong>bereich<br />

all<strong>ein</strong> aufzubringen. Wie bereits erwähnt,<br />

besteht jedoch nach dem UN-Rechtskommentar<br />

zum Recht auf <strong>Wasser</strong> die Pfl icht zu internationaler<br />

Hilfeleistung: „Vertragstaaten und anderen<br />

Akteuren, die zu helfen in der Lage sind, obliegt,<br />

internationale Hilfe zur Verfügung zu stellen.“(§<br />

38) Hier ist also auch die internationale Entwicklungshilfe<br />

in der Pfl icht. In den 90er Jahren<br />

wurden etwa 3 Milliarden US$ öffentliche Entwicklungshilfe<br />

pro Jahr für <strong>Wasser</strong>- und Sanitärprojekte<br />

bereitgestellt. Durch Kredite vor allem<br />

der Weltbank kamen noch <strong>ein</strong>mal 1,5 Milliarden<br />

hinzu. Doch diese Mittel reichen nicht aus. Viele<br />

Länder lösen ihre Verpfl ichtung nur ungenügend<br />

<strong>ein</strong>. ☞ MII - 5<br />

Arbeitsblatt MII - 5 zitiert aus dem Bericht<br />

der Enquetekommission des Deutschen Bundestages<br />

und geht auf den Investitionsbedarf <strong>ein</strong> und<br />

auf die Leistungen der Geberländer. Ergänzend<br />

folgende Informationen: Deutschland ist nach<br />

Japan zweitgrößter Geber mit 350 Mill. Euro<br />

jährlich für <strong>Wasser</strong>projekte, erfüllt aber trotzdem<br />

s<strong>ein</strong>e Selbstverpfl ichtung nicht, 20% der ODA<br />

(Offi cial Development Aid = öffentliche Endwicklungshilfe)<br />

für soziale Grunddienste auszugeben.<br />

☞ 13<br />

Aber auch <strong>ein</strong>e effi ziente Verwendung der<br />

begrenzten Mittel muss gefordert werden. Doch<br />

der größte Teil der Hilfe fl ießt in so genannte<br />

„große Systeme“. Damit gem<strong>ein</strong>t ist der Bau von<br />

<strong>Wasser</strong>werken und Leitungssystemen nach dem<br />

Vorbild reicher Länder. Die Zahl der geförderten<br />

Projekte, die sich auf preisgünstige Technologie<br />

stützen, ist dagegen nur gering. Bei der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

umfassen Technologien auf niedrigem<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 10<br />

Sie können die SchülerInnen<br />

auch bitten, selber <strong>ein</strong>e Pressemitteilung<br />

zu schreiben,<br />

die sich auf das Menschenrecht<br />

auf <strong>Wasser</strong> bezieht. Geben<br />

Sie ihnen <strong>ein</strong>ige Fakten<br />

vor. Z.B.: In Manila beschuldigen<br />

NGO’s <strong>ein</strong>en privaten<br />

<strong>Wasser</strong>konzern, den Druck in<br />

den Leitungen zu den Vierteln<br />

der Armen so gesenkt zu<br />

haben, dass sich dort immer<br />

wieder Krankheitserreger<br />

ausbreiten können.<br />

☞ 11<br />

Bitten Sie <strong>ein</strong>ige SchülerInnen<br />

<strong>ein</strong> Rollenspiel vorzuführen,<br />

<strong>ein</strong>mal als Bittsteller<br />

um <strong>Wasser</strong>, dann als Kläger<br />

für das Recht auf <strong>Wasser</strong>.<br />

Je drei Betroffene und drei<br />

Regierungsvertreter sollten<br />

beteiligt s<strong>ein</strong>.<br />

☞ 12<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

mutmaßen, warum es <strong>ein</strong>facher<br />

ist, <strong>ein</strong> internationales<br />

Beschwerderecht über Diskriminierung<br />

von Frauen durchzusetzen<br />

als über soziale<br />

Menschenrechte. Wesentlich<br />

wäre, auf die Bedeutung der<br />

Stärke <strong>ein</strong>er Lobby hinzuweisen.<br />

☞ 13<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

im Internet recherchieren,<br />

inwieweit Deutschland s<strong>ein</strong>e<br />

Verpfl ichtung <strong>ein</strong>löst. Folgende<br />

Seiten sind interessant:<br />

www.Bundestag.de/gremien<br />

/welt/glob-end/7-5.html<br />

und<br />

www.bmz.de/themen/<br />

wasser/wasser310.html sowie<br />

http://www.gkke.org/cms/<br />

upload/pdf/dritter_bericht_<br />

2015.pdf<br />

33


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 14<br />

Fragen Sie die Schülerinnen,<br />

warum wohl eher teure Systeme<br />

durch Entwicklungshilfegelder<br />

gefördert werden.<br />

Die Verquickung von Entwicklungshilfe<br />

mit Wirtschaftsförderung<br />

wäre als <strong>ein</strong> Grund zu<br />

benennen.<br />

☞ 15<br />

Mit dem Arbeitsblatt MII <strong>–</strong> 6<br />

soll vor allem verdeutlicht<br />

werden, dass trotz unbefriedigender<br />

Umsetzung und beschränkter<br />

Mittel auch große<br />

Erfolge zu verzeichnen sind.<br />

☞ 16<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

aufzählen, welche Leistungen<br />

vom Staat oder der Kommune<br />

angeboten werden. Warum engagiert<br />

sich der Staat bzw. die<br />

Kommune in diesen Fällen?<br />

Welche dieser Dienstleistungen<br />

werden nicht als „Waren“<br />

gesehen? (Feuerwehr, Polizei,<br />

Schulbildung, Gesundheitsamt<br />

etc.)<br />

34<br />

technischem und kostengünstigem Niveau vor allem<br />

öffentliche Steigrohre, Regenwassersammel-<br />

Becken, Handpumpen und geschützte Quellen<br />

und Brunnen. Diese Technologien sind bei weitem<br />

besser als z.B. in Flaschen abgefülltes <strong>Wasser</strong><br />

oder <strong>Wasser</strong>tanklastzüge. Denn diese sind entweder<br />

für viele Menschen nicht erschwinglich oder<br />

unhygienisch. Einfache Technologien bieten die<br />

größten Chancen für <strong>ein</strong>e verbesserte Versorgung<br />

der armen Bevölkerung. Das Ungleichgewicht hin<br />

zu teuren Lösungen muss daher geändert werden.<br />

☞ 14<br />

Auch andere Maßnahmen, wie die Entschuldung<br />

der Entwicklungsländer oder auch verbesserte<br />

Handelsbedingungen für die Länder des<br />

Südens sind notwendig, um die Staats<strong>ein</strong>nahmen<br />

dieser Länder zu erhöhen und sie in die Lage zu<br />

versetzen, das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> tatsächlich<br />

verwirklichen zu können.<br />

Doch lassen sich mit entsprechendem<br />

politischen Willen, das Recht auf <strong>Wasser</strong> zu verwirklichen,<br />

trotz beschränkter Mittel auch große<br />

Erfolge erzielen. Selbst wenn das Menschenrecht<br />

auf <strong>Wasser</strong> auch in Südafrika noch längst nicht<br />

für alle Menschen Wirklichkeit ist, so sprechen<br />

die Bemühungen der Regierung doch für sich. Am<br />

Ende des Apartheidregimes 1994 hatten mehr<br />

als 15 Millionen Südafrikaner k<strong>ein</strong>en Zugang zu<br />

25 Litern sauberen <strong>Wasser</strong>s am Tag. Bis heute ist<br />

diese Zahl nach Angaben der Südafrikanischen<br />

Regierung auf weniger als 5 Millionen gesunken.<br />

Südafrika hat zudem das Recht auf <strong>Wasser</strong> in der<br />

Verfassung verankert. Aber auch in den Ländern,<br />

in denen die Bedingungen, die für das Erreichen<br />

des Menschenrechtes vorausgesetzt werden, noch<br />

nicht gegeben sind, sind Fortschritte erzielt worden.<br />

☞ 15 + MI - 6<br />

III. Öffentliche<br />

Güter <strong>–</strong> lokal und<br />

global<br />

1. Ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Ware oder <strong>ein</strong><br />

öffentliches <strong>Gut</strong><br />

In engem Zusammenhang mit den Menschenrechten<br />

steht der begriff der Öffentlichen Güter,<br />

denn von ihnen sollte niemand ausgeschlossen<br />

werden. ☞ 16<br />

Öffentliche Güter, oder der in internationalen<br />

Zusammenhängen verwendete englische<br />

Begriff „public goods“, bezeichnet im allgem<strong>ein</strong>en<br />

Sprachgebrauch alle öffentlich angebotenen<br />

Güter und Dienstleistungen, z.B. Bildung, Elektrizität,<br />

Abfallbeseitigung, Gesundheitsleistungen,<br />

Militär etc. Diese Güter werden unterschieden<br />

von den privaten Gütern, die man auch als Ware<br />

bezeichnen kann. Private Güter oder Waren werden<br />

von privaten Firmen produziert und auf dem<br />

freien Markt angeboten. Der Preis der Ware ergibt<br />

sich dann aus dem jeweils bestehenden Angebot<br />

und der Nachfrage. Die klassischen Wirtschaftstheoretiker,<br />

wie etwa Adam Smith, begründeten<br />

die heute vorherrschende neoliberale These, dass<br />

der freie Markt am besten in der Lage ist, die<br />

Produktion und Verteilung von Waren in <strong>ein</strong>er<br />

Gesellschaft zu regeln. Gibt es etwa <strong>ein</strong> großes<br />

Angebot auf dem Markt, aber nur wenige Käufer,<br />

sinkt der Preis und damit die Produktion, das<br />

Angebot verringert sich, bis <strong>ein</strong> Gleichgewicht<br />

von Angebot und Nachfrage erreicht ist. Dieser<br />

Mechanismus übertreffe an Effi zienz alle anderen<br />

Modelle, wie etwa die Planwirtschaft.<br />

Doch sogar Adam Smith, der als Befürworter<br />

des freien Handels und der Zurückhaltung des<br />

Staates in Wirtschaftsfragen berühmt wurde,<br />

sagte deutlich, dass es die Pfl icht <strong>ein</strong>es Staates<br />

sei, „diejenigen öffentlichen Institutionen und<br />

Dienste <strong>ein</strong>zurichten und zu erhalten, die für die<br />

Gesellschaft in hohem Maße vorteilhaft sind,<br />

obwohl sie von <strong>ein</strong>er Natur sind, dass der Nutzen<br />

den Kosten aus Sicht des Individuums nicht entspricht“<br />

(zitiert nach Christoph Scherer, Markt<br />

über alles? In: Achim Brunnengräber Hg., Globale<br />

Öffentliche Güter unter Privatisierungsdruck,<br />

Münster 2003) Es gibt also Güter und Dienste,<br />

die von hohem öffentlichen Interesse sind, die<br />

für den Handel auf dem freien Markt jedoch nicht<br />

geeignet sind <strong>–</strong> die also nicht als Waren zu betrachten<br />

sind.<br />

Häufi g wird dieser Umstand auch damit<br />

beschrieben, dass bei öffentlichen Gütern das<br />

Marktgeschehen versagt.<br />

Im strengen Sinn sind öffentliche Güter nur<br />

solche, die sich durch zwei Eigenschaften von<br />

privaten Gütern unterscheiden (vgl. auch: Jens<br />

Martens, Roland Hain: Globale Öffentliche Güter,<br />

Hrsg. H<strong>ein</strong>r. Böll-Stiftung und WEED, 2002):<br />

Einmal die Nicht-Rivalität im Konsum, d.h. dass<br />

<strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong> gem<strong>ein</strong>schaftlich nutzbar<br />

ist, ohne dass die Nutzung durch <strong>ein</strong>e Person, die<br />

Nutzung durch <strong>ein</strong> andere be<strong>ein</strong>trächtigt. Klassisches<br />

Beispiel wäre etwa der Leuchtturm, an<br />

dem sich <strong>ein</strong> Schiff orientieren kann, ohne dass<br />

dies andere Schiffe be<strong>ein</strong>trächtigt, sich ebenfalls<br />

an demselben Leuchtfeuer zu orientieren. Die<br />

andere Eigenschaft von öffentlichen Gütern ist<br />

die Nichtanwendbarkeit des Ausschlussprinzips.<br />

Dem zugrunde liegt die These, dass die


Bereitschaft für <strong>ein</strong> <strong>Gut</strong> etwas zu zahlen, nur<br />

dann besteht, wenn ansonsten der Ausschluss<br />

von der Nutzung droht. Besteht k<strong>ein</strong>e Zahlungsbereitschaft<br />

oder Zahlungsfähigkeit, macht der<br />

private Handel k<strong>ein</strong>en Sinn. Der Markt versagt als<br />

Instrument der Güterverteilung. Wirtschaftstheoretisch<br />

ist das Ausschlussprinzip nur dann nicht<br />

anwendbar, wenn es technisch nicht möglich<br />

oder ökonomisch oder sozial nicht sinnvoll ist,<br />

Menschen, die nicht bereit oder in der Lage sind,<br />

für dieses <strong>Gut</strong> zu zahlen, von der Nutzung dieses<br />

<strong>Gut</strong>es auszuschließen. In solch <strong>ein</strong>em Falle <strong>–</strong> da<br />

sind sich alle <strong>ein</strong>ig <strong>–</strong> soll der Staat die zwangsweise<br />

Finanzierung über Steuern, Abgaben und<br />

Beiträge vornehmen.<br />

Dass es technisch nicht möglich ist, Menschen<br />

von der Nutzung des Sonnenlichts, der<br />

Luft oder ökonomischer Stabilität auszuschließen<br />

ist <strong>ein</strong>deutig. Un<strong>ein</strong>igkeit herrscht jedoch darüber,<br />

wann dies „ökonomisch oder sozial“ nicht<br />

sinnvoll ist. ☞ 17 Ob es z.B. ökonomisch sinnvoll<br />

ist, Teile der Bevölkerung von höherer Bildung<br />

auszuschließen, ist schon <strong>ein</strong>e Frage, die von politischen<br />

und sozialen Überzeugungen abhängt.<br />

So sind auch die meisten „öffentlichen Güter“<br />

aufgrund bewusster politischer und sozialer Entscheidungen<br />

als solche defi niert worden. So gilt<br />

z.B. in Deutschland Bildung als öffentliches <strong>Gut</strong>.<br />

Privatschulen sind eher die Ausnahme, in den<br />

USA haben dagegen Privatschulen <strong>ein</strong>e große<br />

Bedeutung. Es hängt eben vom gesellschaftlichen<br />

Konsens ab, wie öffentliche Güter defi niert<br />

werden. ☞ MII - 7<br />

Das „r<strong>ein</strong>e“ öffentliche <strong>Gut</strong> ist <strong>ein</strong> wirtschaftstheoretisches<br />

Konstrukt, in der Realität<br />

dominieren Mischformen, die sowohl Eigenschaften<br />

von privaten als auch von öffentlichen Gütern<br />

haben. Beim <strong>Wasser</strong> handelt es sich um <strong>ein</strong>e solche<br />

Mischform. Eine Nicht-Rivalität besteht <strong>ein</strong>deutig<br />

nicht. Ein <strong>ein</strong>mal getrunkenes Glas <strong>Wasser</strong><br />

kann nicht noch <strong>ein</strong>mal getrunken werden. Auch<br />

technisch ist es in den meisten Fällen ohne weiteres<br />

möglich, jemanden von der <strong>Wasser</strong>nutzung<br />

auszuschließen. Ob der Ausschluss von sauberem<br />

Trinkwasser dagegen ökonomisch sinnvoll ist, ist<br />

schon fragwürdig. Die Seuchengefahr, die vom<br />

Verzehr verschmutzen <strong>Wasser</strong>s ausgeht, und die<br />

z.B. durch Cholera-Epidemien große Teile der Bevölkerung<br />

bedrohen und dadurch <strong>ein</strong>en schweren<br />

gesamtwirtschaftlichen Schaden anrichten kann,<br />

ist auch als ökonomisches Argument zu betrachten.<br />

Ob es sozial vertretbar ist, <strong>ein</strong>en Menschen<br />

von der <strong>Wasser</strong>nutzung auszuschließen, dürfte<br />

<strong>ein</strong>deutig vern<strong>ein</strong>t werden. Hierbei ist die Anerkennung<br />

als Menschenrecht von großer Bedeutung.<br />

Zur Vertiefung dient Arbeitsblatt MI - 7.<br />

2. Die Bereitstellung öffentlicher<br />

Güter <strong>–</strong> privat oder öffentlich?<br />

Die Frage, ob öffentliche Güter und Dienstleistungen<br />

durch private oder öffentliche Unternehmen<br />

bereitgestellt werden sollten, ist umstritten.<br />

Die heute dominanten neoliberalen Wirtschaftstheorien<br />

gehen davon aus, dass grundsätzlich<br />

private Unternehmen den öffentlichen Betrieben<br />

überlegen seien, da diese effi zienter arbeiten.<br />

Eine staatliche Regulierung solle möglichst<br />

gering gehalten werden, da sie die Kosten und<br />

das Unternehmensrisiko erhöhen. Andere gesellschaftliche<br />

Akteure, etwa die Gewerkschaften<br />

oder auch Umweltschutzverbände, plädieren für<br />

die Beibehaltung der öffentlichen Unternehmen,<br />

da diese eher dem Gem<strong>ein</strong>wohl als dem Gewinninteresse<br />

verpfl ichtet seien und leichter demokratisch<br />

kontrolliert werden können. Aspekte wie<br />

die Erhaltung von Arbeitsplätzen, Umweltschutz<br />

und soziale Gerechtigkeit könnten so besser<br />

durchgesetzt werden. ☞ 18<br />

Allgem<strong>ein</strong> lässt sich sagen, dass es k<strong>ein</strong>en<br />

Königsweg gibt: Jedoch belegen viele Beispiele,<br />

dass öffentliche Unternehmen durchaus in der<br />

Lage sind, effi zient zu arbeiten und niedrigere<br />

Preise anzubieten als private Unternehmen. Andererseits<br />

gibt es auch Beispiele korrupter und<br />

undemokratischer Staatsunternehmen, in denen<br />

von öffentlicher Kontrolle kaum die Rede s<strong>ein</strong><br />

kann. Unbestritten ist der Bedarf an starken und<br />

unabhängigen staatlichen Regulierungsinstanzen<br />

für öffentliche und private <strong>Wasser</strong>versorger. (Siehe<br />

zum Thema Privatisierung auch Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />

III)<br />

3. Die Verteilung von <strong>Wasser</strong><br />

<strong>–</strong> Preis und Regulierung<br />

Die Frage, ob <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Ware, wie jede andere<br />

ist, oder ob das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> unabhängig<br />

von der Zahlungsfähigkeit der Menschen<br />

gewährt werden sollte, ist eng verknüpft mit der<br />

Frage, ob bzw. welchen Preis <strong>Wasser</strong> haben sollte.<br />

Diese Frage beschäftigte vor allem das zweite<br />

Welt <strong>Wasser</strong> Forum im Jahr 2000 in Den Haag.<br />

Dort wurde das Prinzip der vollen Kostendeckung<br />

für <strong>Wasser</strong>dienstleistungen propagiert. Es hieß:<br />

Um <strong>Wasser</strong> als ökonomischen, sozialen, ökologischen<br />

und kulturellen Wert zu würdigen, müsse<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>en Preis haben, der den Kosten für die<br />

Bereitstellung entspricht. ☞ 19<br />

Eine volle Kostendeckung für die Bereitstellung<br />

öffentlicher Güter, auch Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />

genannt, ist nicht selbstverständlich. Unter Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />

werden allgem<strong>ein</strong> Dienste verstan-<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 17<br />

Diskutieren Sie mit den<br />

SchülerInnen, ob es richtig<br />

s<strong>ein</strong> kann, r<strong>ein</strong> technisch<br />

oder ökonomisch zu argumentieren.<br />

Sollten nicht auch<br />

soziale Argumente zählen?<br />

Es sollte deutlich werden,<br />

dass die Frage, ob <strong>ein</strong> <strong>Gut</strong> als<br />

öffentliches <strong>Gut</strong> gilt, abhängig<br />

ist von ethischen Werten,<br />

deren Durchsetzung von<br />

gesellschaftlichen Diskursen<br />

und Kräfteverhältnissen<br />

abhängt.<br />

☞ 18<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

bei verschiedenen Interessensgruppen<br />

(BUND, Ver.Di,<br />

RWE, Parteien etc.) recherchieren,<br />

welche Positionen<br />

zur Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

jeweils vertreten<br />

werden<br />

☞ 19<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

die Unterschiede zwischen<br />

Bildung und <strong>Wasser</strong> herausarbeiten,<br />

Fragestellung: Warum<br />

wird Schulbildung über<br />

Steuern fi nanziert, warum<br />

<strong>Wasser</strong> über Gebühren?<br />

35


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

Lösungen zu Arbeitsblatt<br />

MII - 9: Fragen 1 und 3:<br />

Anteil der Armen und (Anteil<br />

der Menschen mit Infrastruktur)<br />

in %:<br />

Western Cape: 37,9 (97,3)<br />

Eastern Cape: 74,5 ( 53,2)<br />

Northern Cape: 58,2 (89,9)<br />

Free State: 66,6 (82,7)<br />

KwaZulu-Natal: 66,2 (60,0)<br />

North West: 64,2 (80,2)<br />

Gauteng: 48,5 (94,0)<br />

Mpumalanga: 68,7 (94,6)<br />

Limpopo: 78,1 (78,4)<br />

Frage 2: Das Gegenteil ist<br />

eher richtig, so erhält in den<br />

drei ärmsten Provinzen, der<br />

geringste Anteil der Armen<br />

kostenloses <strong>Wasser</strong>. Aber: In<br />

Free State ist der Versorgungsgrad<br />

am höchsten trotz hoher<br />

Armutsrate.<br />

Frage 4: Es lässt sich kaum <strong>ein</strong><br />

Zusammenhang herstellen,<br />

siehe vor allem Mpumalanga<br />

Frage 5: Vergleicht man die<br />

Prozentzahlen der mit kostenfreiem<br />

<strong>Wasser</strong> versorgten<br />

Gesamtbevölkerung mit denen<br />

der armen Bevölkerung,<br />

so ergibt sich, dass nur in<br />

Eastern und Northern Cape<br />

verhältnismäßig mehr Arme<br />

profi tieren.<br />

☞ 20<br />

Wenn die Frage der Umsetzung<br />

vertieft werden soll, macht<br />

das Südafrikanische <strong>Wasser</strong>ministerium<br />

sehr detaillierte<br />

Angaben: www.DWAF.gov.za/<br />

FreeBasicWater<br />

☞ 21<br />

Evtl. wollen Sie die Frage<br />

aufwerfen, warum nicht nur<br />

die Armen in den Genuss von<br />

kostenfreiem <strong>Wasser</strong> gelangen.<br />

Dann kann anhand dieses<br />

Beispiels aus Mbombela darauf<br />

<strong>ein</strong>gegangen werden.<br />

36<br />

den, die im Interesse der Allgem<strong>ein</strong>heit erbracht<br />

werden und aus diesem Grund vom Staat mit spezifi<br />

schen Gem<strong>ein</strong>wohlverpfl ichtungen verbunden<br />

werden. Was als Leistungen der Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />

angesehen wird, ist in verschiedenen Ländern allerdings<br />

unterschiedlich defi niert <strong>–</strong> entsprechend<br />

deren soziokulturellen, gesellschaftspolitischen<br />

und ökonomischen Entwicklungen und Traditionen.<br />

So wird in Deutschland Schulbildung vorwiegend<br />

als staatliche Aufgabe der Das<strong>ein</strong>vorsorge<br />

begriffen, die unentgeltlich angeboten wird.<br />

Die Kosten werden über Steuergelder getragen.<br />

Anders bei <strong>Wasser</strong>. Auch hier sieht der Staat die<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung als Aufgabe der Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />

für s<strong>ein</strong>e Bürger an. Er überlässt die konkrete<br />

Dienstleistung jedoch teilweise privaten Firmen.<br />

Allerdings reguliert er diese über Verordnungen<br />

zu Qualität, Preisen und Versorgungssicherheit<br />

und übernimmt die Kontrolle über spezielle Aufsichtsbehörden.<br />

Gebühren für die Nutzung von <strong>Wasser</strong> werden<br />

unabhängig davon erhoben, ob es sich um<br />

<strong>ein</strong>en öffentlichen oder privaten Versorger handelt.<br />

Die Forderung nach voller Kostendeckung<br />

ist jedoch gerade für arme Länder problematisch<br />

<strong>–</strong> und sie wird aus Sicht der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />

„ungenügend umgesetzt“. (UN World Water Development<br />

Report 2003, S. 342)<br />

Das Hauptargument für die volle Kostendeckung<br />

lautet, dass der Wert des <strong>Wasser</strong>s ansonsten<br />

nicht gewürdigt werde. ☞ MII <strong>–</strong> 8 Das<br />

knappe <strong>Gut</strong>e <strong>Wasser</strong> werde verschwendet, wenn<br />

es nichts kostet. Arbeitsblatt MII <strong>–</strong> 8 dient der<br />

Überprüfung dieser These.<br />

4. Beispiel: Menschenrecht und<br />

<strong>Wasser</strong>preise in Südafrika<br />

Als Südafrika 1994 die Apartheid überwunden<br />

hatte, blieb die soziale Ungleichheit im Lande.<br />

Bis heute steht <strong>ein</strong>er Minderheit weißer wohlhabender<br />

BürgerInnen die Mehrheit der schwarzen<br />

armen BürgerInnen gegenüber. Lediglich <strong>ein</strong>e<br />

kl<strong>ein</strong>e schwarze Elite hat den Sprung in die<br />

Mittelschicht geschafft. Auch um die sozialen<br />

Konfl ikte in den Griff zu bekommen, hat der<br />

Staat be<strong>ein</strong>druckende soziale Anstrengungen<br />

unternommen. U. a. hat Südafrika das Recht auf<br />

<strong>Wasser</strong> in die Verfassung aufgenommen. Zudem<br />

wurde im Jahr 2000 nach <strong>ein</strong>er Cholera-Epidemie<br />

<strong>ein</strong>e konkrete Umsetzung dieses Rechts beschlossen:<br />

Alle südafrikanischen BürgerInnen erhalten<br />

unentgeltlich das für die menschliche Existenz<br />

als Minimum benötigte <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> 25 Liter pro<br />

Person und Tag. Dieser Beschluss sollte innerhalb<br />

von zwei Jahren in die Praxis umgesetzt werden.<br />

Der südafrikanische Staat zahlt den privaten oder<br />

öffentlichen kommunalen <strong>Wasser</strong>betrieben <strong>ein</strong>e<br />

Entschädigung für die unentgeltliche Versorgung<br />

aller Haushalte (durchschnittlich 8 Personen)<br />

mit 6000 Litern im Monat. ☞ 20 Die Free-Basic-<br />

Water Initiative wird jedoch kritisiert, da sie vor<br />

allem auch der wohlhabenden Bevölkerung zugute<br />

kommt. Zur Umsetzung der Free-Basic-Water<br />

Initiative und ihrer bisherigen Auswirkung auf die<br />

Armen: ☞ MII - 9.<br />

Vor der Einführung dieser Initiative konnten<br />

z.B. in Mbombela arme Familien <strong>ein</strong>en <strong>Gut</strong>sch<strong>ein</strong><br />

für den Bezug von 19.000 Litern erhalten, wenn<br />

sie als arm anerkannt wurden. Das System funktionierte<br />

jedoch nicht gut, da von Seiten der<br />

armen Bevölkerung <strong>ein</strong>e große Barriere bestand,<br />

sich als arm registrieren zu lassen. Auch bedeutete<br />

die Prüfung der Einkommensverhältnisse, die<br />

sich unter der armen Bevölkerung permanent ändern,<br />

<strong>ein</strong>en enormen Verwaltungsaufwand. Erst<br />

nach <strong>ein</strong>er Kampagne für die Beantragung der<br />

<strong>Gut</strong>sch<strong>ein</strong>e erhöhte sich die Zahl der <strong>Gut</strong>sch<strong>ein</strong>bezieher<br />

von 17% auf 51% der Anspruchsberechtigten.<br />

(Quelle: Vulamazi! Beteiligung privater<br />

Unternehmen an öffentlichen <strong>Wasser</strong>werken und<br />

die Rechte armer Verbraucher, Hrsg. <strong>Koordination</strong><br />

<strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong> KOSA e.V., Bielefeld, 2004.)<br />

☞ 21 War dieses Verfahren den Verhältnissen<br />

angemessen?<br />

Anspruchsberechtigt waren Familien mit <strong>ein</strong>em<br />

Einkommen unter 800 Rand pro Monat (Armutsgrenze<br />

1996, heute: 1000 Rand = ca. 130 Euro)<br />

Diese Familien mussten folgendes Verfahren<br />

durchlaufen: Ein Antrag an den Rat musste gestellt<br />

werden, Belege des monatlichen Einkommen<br />

mussten beigefügt werden, <strong>ein</strong> Hausbesuch<br />

<strong>ein</strong>es Verwaltungsbeamten zur Überprüfung der<br />

Angaben musste erfolgen.<br />

Zu Bedenken ist: 13,6% der Südafrikaner<br />

sind Analphabeten, die Rate unter der armen<br />

schwarzen Bevölkerung ist entsprechend höher,<br />

die Behörde ist in der Stadt; die Fahrtkosten<br />

sind hoch. Die MitarbeiterInnen der Behörde<br />

sind in aller Regel weiß.<br />

5. Globale Öffentliche Güter<br />

Die Debatte um „globale öffentliche Güter“ ist<br />

relativ neu. In der internationalen Debatte wird<br />

von “Global Public Goods“ (GPGs) gesprochen.<br />

Das Konzept der Global Public Goods hat sich<br />

innerhalb weniger Jahre zu <strong>ein</strong>em Schlüsselbe-


griff in der Aus<strong>ein</strong>andersetzung über globale<br />

Umwelt- und Entwicklungspolitik entwickelt.<br />

MitarbeiterInnen des Entwicklungsprogramms der<br />

Ver<strong>ein</strong>ten Nationen (UNDP) haben die Debatte<br />

1999 mit <strong>ein</strong>em Buch entfacht (Inge Kaul, Isabelle<br />

Grunberg, Marc A. Stern: Global Public Goods.<br />

International Cooperation in the 21st Century“,<br />

1999). Sie defi nieren GPGs:<br />

Globale Öffentliche Güter sind solche Güter,<br />

deren Nutzen über Landesgrenzen und Regionen,<br />

Bevölkerungsgruppen und Generationen<br />

hinaus reicht.<br />

Unter diese breite Defi nition fallen die klassischen<br />

öffentlichen Güter Frieden und Sicherheit<br />

ebenso wie <strong>ein</strong>e intakte Umwelt, Gesundheit, das<br />

kulturelle Erbe, aber auch fi nanzielle Stabilität,<br />

Wissen und Information und selbst Fairness und<br />

Gerechtigkeit.<br />

Im Gegenzug wird auch von „Global Public<br />

Bads“ gesprochen, wenn z.B. von Krieg oder Terrorismus<br />

geredet wird.<br />

Dass heute verstärkt über GPGs diskutiert<br />

wird, hängt mit der Globalisierung zusammen.<br />

Es wird immer deutlicher, dass viele öffentliche<br />

Güter nur durch globale Anstrengungen gewährt<br />

und geschützt werden können. Da es weltweit<br />

unterschiedliche Konzepte gibt, was als öffentliches<br />

<strong>Gut</strong> anzusehen ist, wird der Begriff<br />

unterschiedlich weit gefasst. So zählt der Zedillo-<br />

Report, der im Auftrag von UN-Generalsekretär<br />

Kofi Anan erstellt wurde, Frieden, den Erhalt der<br />

Umwelt, Schutz vor ansteckenden Krankheiten<br />

dazu. Andere Autoren nennen zusätzlich Wissen,<br />

internationale Finanzstabilität etc. GPGs werden<br />

im wesentlichen politisch defi niert. ☞ 22<br />

GPG TOP 10-Liste<br />

Vom Menschen geschaffene GPGs<br />

• Frieden und internationale Sicherheit<br />

• Internationale Rechtstaatlichkeit/<br />

Völkerrecht<br />

• Schutz der Menschenrechte<br />

• Chancengleichheit und internationale<br />

Gerechtigkeit<br />

• Gesundheit, insb. der Schutz vor Infektionskrankheiten<br />

• Wissen und Information<br />

Natürliche GPGs (Globale Gem<strong>ein</strong>schaftsgüter)<br />

• Schutz der Erdatmosphäre/des Klimas<br />

• Schutz der Biodiversität<br />

• Schutz der Wälder<br />

• Schutz der Meere<br />

Im Interesse <strong>ein</strong>er Verbesserung der Durchsetzungschancen,<br />

ersch<strong>ein</strong>t es sinnvoll, von<br />

bereits gültigen, international anerkannten<br />

Konventionen und Erklärungen der Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen auszugehen und die Zahl der GPGs nicht<br />

ausufern zu lassen. Die Millenium-Entwicklungsziele<br />

bieten hierfür <strong>ein</strong>e gute Basis. Ausgehend<br />

von diesen anerkannten Zielen könnte <strong>ein</strong>e Prioritätenliste<br />

folgendermaßen aussehen:<br />

Unabhängig von verschiedenen Defi nitionsvorschlägen<br />

gehören auch nach enger Auslegung der<br />

Schutz der natürlichen <strong>Wasser</strong>ressourcen (Erhalt<br />

der Umwelt) und der Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />

(Voraussetzung für den Schutz vor ansteckenden<br />

Krankheiten) zu den GPGs. <strong>Wasser</strong> ist<br />

<strong>ein</strong> natürliches <strong>globales</strong> Gem<strong>ein</strong>schaftsgut. S<strong>ein</strong><br />

Nutzen reicht zweifelsfrei über Landesgrenzen<br />

und Generationen hinweg. Fluss<strong>ein</strong>zugsgebiete<br />

berühren teilweise viele Nationen und <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>mal<br />

erschöpftes Grundwasserreservoir steht auch für<br />

kommende Generationen nicht mehr zur Verfügung.<br />

☞ 23<br />

GPGs sind aber k<strong>ein</strong>eswegs unumstritten.<br />

Auf der UN-Konferenz über Entwicklungsfi nanzierung<br />

in Monterrey und dem Rio+10-Gipfel 2002<br />

in Johannesburg wurde über die Defi nition und<br />

über die Finanzierung von GPGs heftig gestritten.<br />

Auf Druck der USA wurde das Thema aus dem Abschlussdokument<br />

von Monterrey vollständig gestrichen.<br />

International ist vor allem die Finanzierung<br />

von GPGs weiter in der Debatte. Auch in der<br />

Zivilgesellschaft wird der Ansatz der Globalen Öffentlichen<br />

Güter unterschiedlich beurteilt. Viele<br />

sehen in ihm <strong>ein</strong>e theoretische Grundlage für<br />

die Neubegründung internationaler Kooperation.<br />

Kritiker m<strong>ein</strong>en, das Konzept führe zu <strong>ein</strong>er<br />

weiteren „Ökonomisierung“ politischer Ziele und<br />

gesellschaftlicher Werte; selbst Frieden und Gerechtigkeit<br />

werde zu wirtschaftlichen Gütern degradieren.<br />

Im Unterschied zu den nationalen öffentlichen<br />

Gütern, bei deren Bereitstellung und Schutz<br />

der Staat immer noch <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle<br />

spielt, gibt es international k<strong>ein</strong>e gleichwertige<br />

Institution, die GPGs wirksam schützen könnte.<br />

Eben weil es k<strong>ein</strong>e Macht gibt, die mit Erzwingungsgewalt<br />

ausgestattet ist, kommt es eher selten<br />

zu globalen Kooperationen, es sei denn alle<br />

Kooperationspartner versprechen sich vom gem<strong>ein</strong>samen<br />

Vorgehen <strong>ein</strong>en klaren Nutzen. So<br />

werden z.B. gem<strong>ein</strong>same Anstrengungen zum<br />

Schutz der Ozonschicht auch durch die Zunahme<br />

von Hautkrebs in den Industrieländern befl ügelt.<br />

Studien über internationale Beziehungen<br />

verweisen auf das enorme Machtgefälle zwischen<br />

den Verhandlungsparteien, die kaum faire Verhandlungen<br />

zulassen. So werden GPGs, die vor al-<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 22<br />

Welche Global Public Goods<br />

und Public Bads fallen Ihren<br />

SchülerInnen <strong>ein</strong>?<br />

☞ 23<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

recherchieren: Wie viele<br />

Länder gibt es z.B. im <strong>Wasser</strong><strong>ein</strong>zugsgebiet<br />

des Sambesi?<br />

(Sambia, Angola, Namibia,<br />

Botswana, Simbabwe, Tansania,<br />

Mosambik)<br />

37


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ 24<br />

Dass die Verwirklichung des<br />

Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

auch vom zivilgesellschaftlichen<br />

Engagement abhängt, ist<br />

<strong>ein</strong> wesentliches Lernziel.<br />

☞ 25<br />

Hängen Sie zum Abschluss der<br />

Einheit zwei Wandzeitungen<br />

auf „<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong> Menschenrecht,<br />

weil …“ und „<strong>Wasser</strong> ist<br />

<strong>ein</strong>e Ware, weil …“ und bitten<br />

Sie die SchülerInnen ihre<br />

M<strong>ein</strong>ung aufschreiben. Erörtern<br />

Sie dann, wie und wo die<br />

geäußerten M<strong>ein</strong>ungen zum<br />

Ausdruck gebracht werden<br />

könnten.<br />

38<br />

lem für schwache Entwicklungsländer <strong>ein</strong> Problem<br />

darstellen, wie etwa der Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser, nur durch starken öffentlichen Druck<br />

geschützt werden können. ☞ MII - 10<br />

Das GPG-Konzept kann jedoch als öffentlichkeitswirksame<br />

Legitimationsgrundlage für<br />

<strong>ein</strong>e dauerhafte Erhöhung staatlicher Mittel für<br />

internationale Umwelt- und Entwicklungsbelange<br />

dienen.<br />

Die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen oder auch die Welthandelsorganisation<br />

stellen Foren dar, auf denen<br />

Zugeständnisse verhandelt und getauscht werden.<br />

Ein internationaler Konsens über die Anerkennung<br />

<strong>ein</strong>es Global Public Good, ist bedeutend<br />

für die fi nanziellen Ressourcen, die dafür bereitgestellt<br />

werden. Der Finanzbedarf zum Schutz der<br />

GPGs ist enorm. Die Kosten des Nichthandelns<br />

bzw. der „Global Public Bads“ ist jedoch gigantisch.<br />

All<strong>ein</strong> die jährlichen Kosten der globalen<br />

Klimaveränderung werden von der UNEP auf<br />

mindestens 300 Mrd. US$ geschätzt. Erhebliche<br />

fi nanzielle Anstrengungen zum Schutz der GPGs<br />

sind daher dringend geboten. Da die Entwicklungsländer<br />

kaum in der Lage sind, hierzu <strong>ein</strong>en<br />

wesentlichen Beitrag zu leisten, sind zu ihrer<br />

Unterstützung neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />

notwendig, wie z.B. internationale Fonds.<br />

IV. Fazit: <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />

Menschenrecht oder<br />

Ware?<br />

Der Zugang zu <strong>Wasser</strong> wurde <strong>ein</strong>deutig als Menschenrecht<br />

anerkannt. Die Frage ist also nicht so<br />

sehr, ob es sich um <strong>ein</strong> Menschenrecht handelt,<br />

sondern wie dieses Menschenrecht realisiert werden<br />

kann und ob dafür genügend fi nanzielle Mittel<br />

bereitgestellt werden. Dies hängt wesentlich<br />

von politischen Entscheidungen ab, die durch<br />

zivilgesellschaftliches Engagement be<strong>ein</strong>fl usst<br />

werden können. ☞ 24<br />

Auch die Anerkennung und Verteidigung<br />

(globaler) öffentlicher Güter, für deren Bereitstellung<br />

der Staat verantwortlich ist, ist das<br />

Ergebnis gesellschaftlicher Diskussion und Aus<strong>ein</strong>andersetzung.<br />

Es gilt, sich <strong>ein</strong>zumischen und<br />

Stellung zu beziehen, um die gesellschaftlichen<br />

Aus<strong>ein</strong>andersetzungen mitzugestalten, die in den<br />

letzten Jahren um die Frage nach der Erhaltung<br />

öffentlicher Dienstleistungen wie der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

entbrannt sind. ☞ 25 Gewerkschaften<br />

wie „Ver.di“, Entwicklungsorganisationen wie<br />

„Brot für die Welt“ und die „<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong><br />

<strong>Afrika</strong>“ und Globalisierungskritiker wie „Attac“,<br />

aber auch kommunale <strong>Wasser</strong>betriebe und<br />

Stadtwerke engagieren sich in dieser Frage.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 1<br />

Die kulturelle<br />

und spirituelle<br />

Bedeutung von<br />

<strong>Wasser</strong><br />

39<br />

• Lesen Sie die folgenden Bibelzitate zum<br />

Thema <strong>Wasser</strong>. Welches der Zitate spricht Sie<br />

an? Welches sagt Ihnen nichts?<br />

• Versuchen Sie, die kulturelle bzw. spirituelle<br />

Bedeutung, die dem <strong>Wasser</strong> in den jeweiligen<br />

Zitaten gegeben wird, möglichst auf <strong>ein</strong>en<br />

<strong>ein</strong>zigen Begriff zu bringen. Denken Sie dabei<br />

nicht lange nach, sondern assoziieren Sie frei!<br />

Bibelzitat M<strong>ein</strong>e Assoziation<br />

1. Mose 1,2: Und die Erde war wüst und leer,<br />

und es war fi nster auf der Tiefe; und der Geist<br />

Gottes schwebte auf dem <strong>Wasser</strong>.<br />

Ri 1,15: Sie sprach: Gib mir <strong>ein</strong>e Segensgabe!<br />

Denn du hast mich nach dem dürren Südland<br />

gegeben; gib mir auch <strong>Wasser</strong>quellen!<br />

2. Sam 22,17: Er streckte s<strong>ein</strong>e Hand aus von<br />

der Höhe und fasste mich und zog mich aus<br />

großen <strong>Wasser</strong>n.<br />

Hiob 14,19: <strong>Wasser</strong> wäscht St<strong>ein</strong>e weg,<br />

und s<strong>ein</strong>e Fluten schwemmen die Erde weg:<br />

so machst du die Hoffnung des Menschen<br />

zunichte.<br />

Ps 65,10: Du suchst das Land heim und<br />

bewässerst es und machst es sehr reich;<br />

Gottes Brünnl<strong>ein</strong> hat <strong>Wasser</strong> die Fülle.<br />

Ps 107,35: Er machte das Trockene wieder<br />

wasserreich und gab dem dürren Lande<br />

<strong>Wasser</strong>quellen<br />

Jes 41,17: Die Elenden und Armen suchen<br />

<strong>Wasser</strong>, und es ist nichts da, ihre Zunge<br />

verdorrt vor Durst.<br />

Jer 17,8: Der ist wie <strong>ein</strong> Baum, am <strong>Wasser</strong><br />

gepfl anzt, der s<strong>ein</strong>e Wurzeln zum Bach hin<br />

streckt. Denn obgleich die Hitze kommt,<br />

fürchtet er sich doch nicht.<br />

Mk 1,8: Ich taufe euch mit <strong>Wasser</strong>; aber er<br />

wird euch mit dem heiligen Geist taufen.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 2<br />

<strong>Wasser</strong>preise<br />

und Armut in<br />

Südafrika<br />

40<br />

Fall 1 Fall 2<br />

Frau Msesi Nkosi,<br />

62 Jahre alt,<br />

Rentnerin, bezieht<br />

<strong>ein</strong>e Rente<br />

von 700 Rand<br />

(ca. 90 Euro).<br />

Sie lebt all<strong>ein</strong><br />

in ihrem kl<strong>ein</strong>en<br />

Haus, das an die<br />

<strong>Wasser</strong>leitung<br />

angeschlossen<br />

ist, seitdem <strong>ein</strong>e<br />

private Firma die<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung<br />

im Auftrag<br />

der Kommune<br />

übernommen hat. Ihre <strong>Wasser</strong>rechnung beläuft sich<br />

im Durchschnitt auf 121 Rand im Monat, <strong>ein</strong>schließlich<br />

Abwassergebühr. Außerdem muss sie monatlich <strong>ein</strong>e<br />

Grundstücksgebühr von 21 Rand und für die Beseitigung<br />

des Abfalls noch <strong>ein</strong>mal 40 Rand an die Kommune<br />

zahlen. Sie muss also mehr als <strong>ein</strong> Viertel ihres Einkommens<br />

für öffentliche und private Dienstleistungen<br />

zahlen. Über die Hälfte ihres Einkommens braucht Frau<br />

Nkosi all<strong>ein</strong> für Grundnahrungsmittel wie Mais und Reis.<br />

Gemüse oder gar Fleisch kosten mehr. Außerdem muss<br />

Brennmaterial zum Kochen gekauft werden und das<br />

elektrische Licht bezahlt werden. Frau Nkosi hat große<br />

Angst, nicht „anständig“ begraben zu werden, daher<br />

hat sie <strong>ein</strong>e Versicherung abgeschlossen, für die sie<br />

200 Rand im Monat zahlen muss. Frau Nkosi hat daher<br />

seit vielen Monaten ihre <strong>Wasser</strong>rechnung nicht bezahlt.<br />

Sie hat Schulden von 9.440 Rand, die sie unmöglich<br />

abstottern kann. Sie muss Angst haben, dass ihr Haus<br />

zwangsversteigert wird, wenn die private <strong>Wasser</strong>fi rma<br />

auf der Zahlung der Schulden besteht.<br />

Aufgaben<br />

Bilden Sie <strong>ein</strong>e Zweiergruppe. Wählen Sie sich<br />

<strong>ein</strong>en Fall aus und führen Sie dann <strong>ein</strong>es der<br />

folgenden Rollenspiele aus:<br />

Fall 1: Frau Nkosi erhält <strong>ein</strong>en Zahlungsbefehl<br />

über die ausstehenden Schulden für das bezogene<br />

<strong>Wasser</strong>. Wenn Sie nicht begründen könne,<br />

warum Sie nicht zahlen könne, werde ihr Haus<br />

zwangsversteigert. Wählen Sie jeweils die Rolle<br />

<strong>ein</strong>es „Anwaltes“ von Frau Nkosi und die <strong>ein</strong>es<br />

„Firmenvertreters“ und versuchen Sie, den Fall<br />

zu lösen.<br />

Die beiden im Arbeitsblatt beschriebenen Beispiele<br />

sind real. Sie wurden zusammengefasst<br />

und der folgenden Studie entnommen: „Vulamazi!<br />

Beteiligung privater Unternehmen an<br />

öffentlichen <strong>Wasser</strong>werken und die Rechte armer<br />

Verbraucher“, Hrsg. <strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong><br />

KOSA e.V., Bielefeld, 2004.<br />

Frau Sophie Mlazi, 48 Jahre alt, ist sehr krank und<br />

daher arbeitsunfähig. Sie lebt in ihrem kl<strong>ein</strong>en aus<br />

Zementblöcken gebauten Häuschen gem<strong>ein</strong>sam mit<br />

ihrer Tochter, ihrem arbeitslosen Schwiegersohn und<br />

ihrem Enkelkind. Die Arbeitslosenquote in der Region<br />

beträgt über 40%. Die Tochter hat jedoch <strong>ein</strong>en Teilzeitjob<br />

ergattert und verdient 300 Rand (ca. 39 Euro)<br />

im Monat. Davon muss die vierköpfi ge Familie leben.<br />

Das Haus hat k<strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>anschluss. Der Anschluss<br />

an das Leitungsnetz kostet 483 Rand, dazu <strong>ein</strong>e Gebühr<br />

von 33 Rand und die Materialkosten für die Leitung<br />

vom Haus zur Hauptleitung. Das kann die Familie nicht<br />

aufbringen, daher hat Frau Mlazi k<strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>anschluss<br />

beantragt. Also schöpft die Familie <strong>Wasser</strong> aus<br />

<strong>ein</strong>em Bach. Das kostet nichts. Allerdings ist das <strong>Wasser</strong><br />

verschmutzt. Frau Mlazi weiß, dass das gefährlich ist.<br />

Laut Weltwasserentwicklungsbericht der UN (2003)<br />

sterben jedes Jahr schätzungsweise 2,2 Millionen Menschen<br />

an Krankheiten, die auf verschmutztes <strong>Wasser</strong><br />

zurückzuführen sind. Die Familie streut etwas Zement<br />

in den <strong>Wasser</strong>eimer und hofft, dass dieser den Schmutz<br />

bindet. Die Mlazis schöpfen dann das <strong>Wasser</strong> von oben<br />

ab und kochen es, bevor sie es trinken.<br />

Fall 2: In der Schule informiert <strong>ein</strong>e Entwicklungshelferin<br />

die Kinder, dass sie k<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong><br />

aus dem Bach trinken dürfen. Sie erfährt vom<br />

Enkel von Frau Mlazi, dass die Familie stark<br />

verschmutztes <strong>Wasser</strong> trinkt. Wählen Sie jeweils<br />

die Rolle der Entwicklungshelferin und die Rolle<br />

<strong>ein</strong>er „Firmenvertreterin“ und versuchen Sie, der<br />

Familie zu helfen.<br />

Schreiben Sie im Anschluss auf, welche Lösungen<br />

Sie sehen bzw. was geschehen müsste, um den<br />

betroffenen Menschen in den beiden Fallbeispielen<br />

zu helfen.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 3<br />

Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong><br />

41<br />

Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> hat verschiedene Bedingungen<br />

als Voraussetzung.<br />

Kriterien für die Verwirklichung des<br />

Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

Verfügbarkeit<br />

(ständig und ausreichend für Trinken, Entsorgung<br />

der Abwässer, Nahrungszubereitung,<br />

körper-, Wäsche und Haushaltshygiene)<br />

Qualität<br />

(frei von gesundheitsgefährdenden Organismen<br />

und Stoffen und von annehmbaren Geruch und<br />

Geschmack)<br />

Physische Erreichbarkeit<br />

(innerhalb <strong>ein</strong>er angemessenen Entfernung<br />

sicher zu erreichen)<br />

Wirtschaftliche Erreichbarkeit<br />

(für alle erschwinglich, d.h. die Kosten dürfen<br />

andere Menschenrechte nicht be<strong>ein</strong>trächtigen)<br />

Gleichbehandlung<br />

(für alle Bevölkerungsgruppen, auch für Randgruppen<br />

müssen <strong>Wasser</strong>/<strong>Wasser</strong>versorgungs<strong>ein</strong>r<br />

ichtungen zugänglich s<strong>ein</strong>)<br />

Aufgaben<br />

• Versuchen Sie zunächst die Aufgaben eigenständig<br />

zu lösen. Bestimmen Sie, was Sie für<br />

angemessen halten! Schreiben Sie auf, was<br />

Ihnen <strong>ein</strong>fällt!<br />

Nähere Bestimmung<br />

Wie viel <strong>Wasser</strong> pro Person und Tag ist<br />

ausreichend?<br />

Welche gesundheitsgefährdenden Organismen<br />

und Stoffe gibt es, die im <strong>Wasser</strong> auftreten<br />

können?<br />

Was ist <strong>ein</strong>e annehmbare Entfernung?<br />

Was muss demnach bezahlt werden, bevor<br />

<strong>Wasser</strong> etwas kosten darf?<br />

Welche Gruppen innerhalb der Gesellschaft<br />

könnten diskriminiert werden?<br />

• Recherchieren Sie im Anschluss, ob es dazu<br />

nähere Bestimmungen gibt.<br />

• Vergleichen Sie ihre Interpretation mit den<br />

allgem<strong>ein</strong>en Bestimmungen. Wie beurteilen Sie<br />

letztere?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 4<br />

42<br />

Pressemitteilung<br />

Bericht über Verletzung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong> fi ndet Unterstützung in Genf<br />

Ver<strong>ein</strong>te Nationen übersenden Bericht von „Brot für die Welt“ und FIAN an die indische<br />

Regierung<br />

Genf, 01. April 2004.<br />

Der erste Untersuchungsbericht zu Verletzungen des Rechts auf <strong>Wasser</strong>, den die evangelische<br />

Hilfsaktion „Brot für die Welt“ und die internationale Menschenrechtsorganisation „FIAN“ in Genf<br />

vorgelegt haben, ist bei den Ver<strong>ein</strong>ten Nationen auf große Resonanz gestoßen. Der Bericht wurde<br />

am Rande der Sitzung der Menschenrechtskommission in Genf den Sonderberichterstattern der<br />

Ver<strong>ein</strong>ten Nationen zum Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, und zum Recht auf angemessenes Wohnen,<br />

Miloon Kothari übergeben.<br />

Beide Sonderberichterstatter hoben die große Bedeutung von solchen Berichten zivilgesellschaftlicher<br />

Organisationen hervor. Ziegler wird den Bericht an die indische Regierung mit der<br />

Bitte um Stellungnahme weiterleiten. Beide Sonderberichterstatter wollen die Informationen in<br />

ihrer weiteren Arbeit verwenden.<br />

Der Untersuchungsbericht schildert die Ergebnisse <strong>ein</strong>er Recherchereise in Indien, bei der<br />

zahlreiche Verstöße gegen das Recht auf <strong>Wasser</strong> dokumentiert und analysiert wurden. Dazu zählt<br />

unter anderem die Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung in Neu Delhi, die Auswirkungen des Bauxitabbaus<br />

auf die <strong>Wasser</strong>versorgung in Orissa sowie die Gefährdung des Trinkwassers durch industrielle<br />

Produktionsanlagen.<br />

Gem<strong>ein</strong>sam mit „Brot für die Welt“ und FIAN machten Ziegler und Kothari deutlich, dass das<br />

Engagement für das Recht auf <strong>Wasser</strong> gestärkt werden muss. Zentrales Instrument hierfür ist der<br />

Kommentar zum Recht auf <strong>Wasser</strong>, den das UN-Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle<br />

Rechte im November 2002 angenommen hat. Die Untersuchungsmission von „Brot für die Welt“<br />

und FIAN hatte ihn als Grundlage für ihre Dokumentation benutzt.<br />

Aufgaben<br />

• Wie wird die eigene Lobby-Arbeit von den<br />

beiden Organisationen <strong>ein</strong>geschätzt?<br />

• Welche Rolle spielt dabei der UN-Kommentar<br />

zum Recht auf <strong>Wasser</strong>?<br />

• Welche Wirkung könnte es ihrer M<strong>ein</strong>ung<br />

nach haben, wenn die indische Regierung<br />

gezwungen ist, gegenüber den Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen <strong>ein</strong>e Stellungnahme zu den<br />

erwähnten Menschenrechtsverletzungen<br />

abzugeben?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 5<br />

Das Menschenrecht<br />

auf <strong>Wasser</strong><br />

fi nanzieren<br />

43<br />

Auszug aus dem Bericht<br />

der Enquetekommission<br />

Globalisierung<br />

Deutscher Bundestag <strong>–</strong><br />

14. Wahlperiode Drucksache<br />

14/9200<br />

7.5 <strong>Wasser</strong><br />

7.5.1 Hintergrund und Herausforderungen (…)<br />

Grundversorgung mit sauberem <strong>Wasser</strong><br />

Um die Ziele der Armuts-Halbierung und der<br />

Halbierung des Anteils derjenigen, die hungern<br />

und k<strong>ein</strong>en ausreichenden Zugang zu Trinkwasser<br />

haben (Ziel der Millenniums-Deklaration 2000) zu<br />

erreichen, muss bis 2015 weiteren 1,6 Milliarden<br />

Menschen Zugang zu ausreichender <strong>Wasser</strong>-Infrastruktur<br />

und -Diensten verschafft werden. (…)<br />

„Prioritäre Ziele der internationalen Umwelt- und<br />

Entwicklungspolitik sollten die Sicherstellung<br />

<strong>ein</strong>er Grundversorgung mit <strong>Wasser</strong> sowie die<br />

Konkretisierung <strong>ein</strong>es Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

s<strong>ein</strong>. (…)<br />

Die derzeitig <strong>ein</strong>gesetzten Finanzressourcen<br />

sind zur Erreichung der oben genannten Ziele<br />

nicht ausreichend. Schätzungen der Investitionen,<br />

die für <strong>ein</strong>e erforderliche <strong>Wasser</strong>-Infrastruktur<br />

notwendig sind, gehen bis zu 180Milliarden<br />

US-Dollar jährlich. … All<strong>ein</strong> für die Befriedigung<br />

der Grundbedürfnisse nach <strong>Wasser</strong> sind 20 Milliarden<br />

US-Dollar nötig, verglichen mit <strong>ein</strong>em<br />

heutigen Niveau von 10 Milliarden US-Dollar .<br />

Allerdings wird die Basis dieser Schätzungen<br />

auch in Zweifel gezogen, insofern sie auf den<br />

Lösungskonzepten und Kostenkalkulationen der<br />

<strong>Wasser</strong>konzerne beruhen und die Option kostengünstigerer<br />

Lösungen nicht in Betracht ziehen.<br />

„Auf dem Weltsozialgipfel 1995 <strong>ein</strong>igte sich<br />

die Staatengem<strong>ein</strong>schaft auf das 20:20-Ziel.<br />

Hiernach sollen jeweils 20% der offi ziellen Entwicklungsleistungen<br />

der Geberländer und 20%<br />

des nationalen Budgets der Empfängerländer für<br />

soziale Grunddienste (Trinkwasser und Sanitäranlagen,<br />

Basisgesundheitsdienste <strong>ein</strong>schließlich<br />

reproduktiver Gesundheitsversorgung, Grundbildung,<br />

Beseitigung der Mangelernährung bei<br />

Kindern und Müttern) aufgewendet werden. Die<br />

aktuellen Zahlen auf beiden Seiten verfehlen<br />

diese Vorgabe deutlich. So liegt der Durchschnitt<br />

auf Geberseite derzeit bei rund 11% der gesamten<br />

Leistungen“ … Allerdings werden auch<br />

in Deutschland nur 12 Prozent der gesamten<br />

ODA für soziale Grunddienste <strong>–</strong> unter denen die<br />

Versorgung mit Trinkwasser und Sanitäranlagen<br />

ohne Zweifel essenziell ist <strong>–</strong> aufgewendet. (…)<br />

„Der immense Investitionsbedarf, den die<br />

Weltbank mit jährlich 60 Milliarden US-Dollar<br />

veranschlagt, ist <strong>ein</strong> zentrales Argument für die<br />

Beteiligung des privaten Sektors: Nur so seien<br />

die erforderlichen Mittel aufzubringen. Diese<br />

Schätzungen basieren jedoch weitgehend auf<br />

den Lösungskonzepten, Kostenkalkulationen und<br />

Gewinnerwartungen der ‚Global Players‘ selbst.<br />

Damit nimmt die Argumentation der Weltbank ihr<br />

Ergebnis implizit vorweg. Und der Blick auf die<br />

Alternative, nämlich Lösungen und damit Akteure<br />

zu suchen, die kostengünstiger sind, wird damit<br />

verstellt“. (2.640 Zeichen)<br />

Aufgabe<br />

Untersuchen Sie den Text daraufhin, welche der<br />

Informationen am wichtigsten sind. Kennzeichnen<br />

Sie die entsprechenden Textstellen mit Ziffern<br />

nach ihrer Relevanz.<br />

Bitte schreiben Sie dann auf der Grundlage des<br />

obigen Berichtes <strong>ein</strong>e Zeitungsmeldung von ca.<br />

800 Zeichen, in der die wichtigsten Informationen<br />

in der entsprechenden Reihenfolge enthalten<br />

sind.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 6<br />

Anstrengungen<br />

im <strong>Wasser</strong>bereich<br />

von Südafrika<br />

und Namibia<br />

44<br />

Zum Beispiel Südafrika<br />

In Südafrika sind die <strong>Wasser</strong>vorräte zwar nicht<br />

so knapp wie in Namibia, jedoch sind die Bevölkerungszahl<br />

und der Verbrauch höher, so dass<br />

<strong>Wasser</strong>mangel herrscht. Obwohl Südafrika das<br />

reichste Land im Südlichen <strong>Afrika</strong> ist, herrscht<br />

dort viel Armut: 14,5% der Bevölkerung hat dort<br />

weniger als 2$ pro Tag zur Verfügung. 14% der<br />

Bevölkerung war im Jahr 2001 noch ohne Zugang<br />

zu mindestens 25 Litern sauberem Trinkwasser im<br />

Umkreis von 1000 Metern. Doch auch hier war die<br />

Regierung nicht untätig. Das Recht auf <strong>Wasser</strong><br />

wurde in der Verfassung verankert. Seit Ende der<br />

Apartheid 1994 bis Mitte 2004 ist die Anzahl der<br />

Menschen ohne Zugang zu 25 Litern <strong>Wasser</strong> im<br />

Umkreis von 200 Metern (nationale Vorgabe) von<br />

15 Millionen Menschen auf 5 Millionen gesenkt<br />

worden. Seit dem Jahr 2000 haben außerdem<br />

alle Haushalte Anspruch auf die kostenlose Lieferung<br />

des Mindestbedarfs von 25 Litern pro Person.<br />

Der Staat fi nanziert dies über Steuern. Allerdings<br />

hapert es mit der Umsetzung: Im August<br />

2003 erhielten erst 42% der Armen tatsächlich<br />

kostenlose 25 Liter am Tag.<br />

Zum Beispiel Namibia<br />

<strong>Wasser</strong> ist knapp in Namibia. Es ist das trockenste<br />

Land im Südlichen <strong>Afrika</strong>. Namibia ist auch arm.<br />

Über 55 % der Bevölkerung in Namibia haben <strong>ein</strong><br />

Einkommen von unter 2 $ pro Tag. 23% der Bevölkerung<br />

waren im Jahr 2001 noch ohne Zugang<br />

zu mindestens 20 Liter sauberem Trinkwasser<br />

im Umkreis von 1.000 Metern. Doch die Regierung<br />

war nicht untätig. Seit der Unabhängigkeit<br />

hat die Namibische Regierung bemerkenswerte<br />

Anstrengungen unternommen, um über 6.000<br />

<strong>Wasser</strong>stellen vor allem in den zuvor vernachlässigten<br />

Regionen zu schaffen. Heute gibt es dort<br />

sauberes und sicheres <strong>Wasser</strong> für mehr als <strong>ein</strong>e<br />

Millionen Menschen <strong>–</strong> allerdings innerhalb <strong>ein</strong>er<br />

Entfernung von zwei<strong>ein</strong>halb Kilometern. Vor<br />

1990 waren dort jedoch nur 50.000 Menschen<br />

versorgt.<br />

(Quellen: Vulamanzi! Fallbeispiele aus Südafrika,<br />

Namibia und Deutschland, Hg. <strong>Koordination</strong><br />

Südliche <strong>Afrika</strong> (KOSA) Bielefeld 2004. Das<br />

Gold der Zukunft, Nachhaltige <strong>Wasser</strong>nutzung<br />

im Südlichen <strong>Afrika</strong> und in Deutschland, KOSA,<br />

Bielefeld 2003. Bericht über die menschliche<br />

Entwicklung 2003, UNDP, Deutsche Gesellschaft für<br />

die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen, Berlin 2003)<br />

Aufgabe<br />

Vergleichen und deuten Sie die Anstrengungen<br />

und Erfolge dieser beiden Staaten im Bemühen,<br />

das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> zu verwirklichen<br />

aufgrund der oben genannten Fakten. Welchen<br />

zusätzlichen Handlungsbedarf erkennen Sie<br />

jeweils?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 7<br />

Öffentliche Güter?<br />

45<br />

Ist Bildung <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />

Besteht <strong>ein</strong>e Rivalität im Konsum?<br />

Ist es technisch möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist es ökonomisch sinnvoll, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist es sozial vertretbar, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist <strong>ein</strong>e nationale Armee <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />

Besteht <strong>ein</strong>e Rivalität im Konsum?<br />

Ist es technisch möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist es ökonomisch sinnvoll, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist es sozial vertretbar, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />

Besteht <strong>ein</strong>e Rivalität im Konsum?<br />

Ist es technisch möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist es ökonomisch sinnvoll, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Ist es sozial vertretbar, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />

Aufgabe<br />

Entscheiden Sie anhand der Kriterien, ob die<br />

jeweiligen Güter <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong> sind und<br />

kreuzen Sie entsprechend „ja“ oder „n<strong>ein</strong>“ an.<br />

ja n<strong>ein</strong><br />

ja n<strong>ein</strong><br />

ja n<strong>ein</strong><br />

Fällen Sie jeweils <strong>ein</strong> abschließendes Urteil und<br />

begründen Sie dieses kurz. Was spricht jeweils<br />

dafür und was dagegen.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 8 Gruppenarbeit<br />

Knappes <strong>Gut</strong> <strong>–</strong><br />

arme Bevölkerung:<br />

46<br />

Sauberes Trinkwasser ist <strong>ein</strong> knappes, zumindest<br />

<strong>ein</strong> endliches natürliches <strong>Gut</strong>, das sparsam genutzt<br />

werden sollte. „Wenn <strong>Wasser</strong> nichts kostet,<br />

wird es verschwendet“, lautet <strong>ein</strong>e These.<br />

Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitglied in <strong>ein</strong>em<br />

parlamentarischen Ausschuss in <strong>Afrika</strong>. Das Parlament<br />

hat den Ausschuss beauftragt, <strong>ein</strong> Instrument<br />

zu fi nden, das gewährleistet, dass <strong>Wasser</strong><br />

sparsam verwendet wird. Doch mehr als die Hälfte<br />

der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze.<br />

Ein funktionierendes Sozialsystem existiert nicht.<br />

Der armen Bevölkerung soll der Zugang zu <strong>Wasser</strong><br />

nicht verwehrt werden. Überlegen Sie gem<strong>ein</strong>sam,<br />

welches Instrument der Regulierung das<br />

beste Ergebnis hätte.<br />

Art der Regulierung<br />

Es wird <strong>ein</strong> Preis erhoben, der alle Kosten für<br />

die Bereitstellung des <strong>Wasser</strong>s <strong>ein</strong>schließt,<br />

und den alle Bürger zahlen müssen<br />

Der Preis liegt über den Kosten der Bereitstellung.<br />

Mit dem Gewinn wird die unentgeltliche<br />

Abgabe der absolut lebensnotwendigen<br />

Menge für alle Bürger fi nanziert.<br />

Der Staat fi nanziert die <strong>Wasser</strong>≠versorgung<br />

komplett über Steuern. Es wird jedoch pro<br />

Verbraucher nur <strong>ein</strong>e Menge zugeteilt, die<br />

<strong>ein</strong>e sparsame Nutzung voraussetzt. Wer<br />

mehr verbraucht, muss sehr hohe Kosten<br />

tragen.<br />

Der Staat fi nanziert die gesamte <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

über Steuern. Eine Aufklärungskampagne<br />

informiert die Bevölkerung über die<br />

Notwendigkeit sparsam mit dem knappen<br />

<strong>Gut</strong> <strong>Wasser</strong> umzugehen.<br />

Aufgabe<br />

Diskutieren Sie in der Gruppe, welche Form der<br />

Regulierung (oder welche Mischform) Sie nach<br />

Abwägung der verschiedenen Auswirkungen wäh-<br />

Auswirkung auf die<br />

verbrauchte<br />

<strong>Wasser</strong>menge<br />

Soziale<br />

Auswirkungen<br />

len würden? Oder haben Sie noch andere Ideen?<br />

Begründen Sie Ihre Lösung in <strong>ein</strong>er kurzen Rede<br />

(1 Minute) vorm Parlament.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 9<br />

Free Basic Water<br />

47<br />

National Summary Stand: 30.06.2004<br />

Wird das Menschenrecht auf<br />

<strong>Wasser</strong> in Südafrika umgesetzt?<br />

Total Population Served By Free Basic Water<br />

Total Population<br />

Province<br />

Total served by FBW % served (Total)<br />

Western Cape 4,402,436 3,918,376 89 %<br />

Eastern Cape 7,353,937 2,838,562 39 %<br />

Northern Cape 901,405 594,682 66 %<br />

Free State 2,934,118 2,845,595 97 %<br />

KwaZulu-Natal 9,503,017 5,820,107 61 %<br />

North West 3,751,150 2,361,338 63 %<br />

Gauteng 8,362,716 8,007,114 96 %<br />

Mpumalanga 3,286,858 1,441,094 44 %<br />

Limpopo 6,057,659 2,792,139 46 %<br />

Totals 46,553,296 30,619,007 65.8 %<br />

Poor Population Served By Free Basic Water<br />

Total Poor Population<br />

Province<br />

Total served by FBW % served (Total)<br />

Western Cape 1,671,093 1,429,131 86 %<br />

Eastern Cape 5,481,547 2,219,687 40 %<br />

Northern Cape 524,831 402,316 77 %<br />

Free State 1,951,829 1,801,350 92 %<br />

KwaZulu-Natal 6,297,337 3,597,503 57 %<br />

North West 2,406,752 1,130,691 47 %<br />

Gauteng 4,055,972 3,532,075 87 %<br />

Mpumalanga 2,257,622 295,083 13 %<br />

Limpopo 4,731,809 887,260 19 %<br />

Totals 29,378,792 15,295,096 52.1 %<br />

Population with Infrastrukture Served By Free Basic Water<br />

Total Population with Infrastrukture<br />

Province<br />

Total served by FBW % served (Total)<br />

Western Cape 4,285,271 3,908,506 91 %<br />

Eastern Cape 3,913,338 2,134,753 55 %<br />

Northern Cape 810,508 586,676 72 %<br />

Free State 2,427,863 2,389,870 98 %<br />

KwaZulu-Natal 5,508,581 4,117,107 75 %<br />

North West 3,011,126 1,795,280 60 %<br />

Gauteng 7,861,897 7,764,327 99 %<br />

Mpumalanga 3,108,516 1,321,948 43 %<br />

Limpopo 4,753,579 2,327,962 49 %<br />

Totals 35,680,679 26,346,429 73.8 %<br />

Quelle: www.DWAF.gov.za/FreeBasicWater<br />

Aufgaben<br />

Rechnen Sie bitte nach und beantworten Sie<br />

folgende Fragen:<br />

1. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der armen<br />

Bevölkerung in den <strong>ein</strong>zelnen Provinzen?<br />

2. Kann man feststellen, dass dort wo die<br />

meisten Armen leben, der Anteil der Armen,<br />

die mit kostenfreiem <strong>Wasser</strong> versorgt werden,<br />

am höchsten ist?<br />

3. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der<br />

Bevölkerung mit <strong>Wasser</strong>-Infrastruktur in den<br />

<strong>ein</strong>zelnen Provinzen?<br />

4. Gibt es <strong>ein</strong>en Zusammenhang zwischen<br />

Anteil der Infrastruktur-Anschlüsse und<br />

Versorgungsgrad mit freiem <strong>Wasser</strong>?<br />

5. Kann man behaupten, die Free-Basic-<br />

Water-Initiative nütze in erster Linie den<br />

Wohlhabenden?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />

☞ MII <strong>–</strong> 10 Gruppenarbeit<br />

Global Public<br />

Goods (GPGs)?<br />

48<br />

Globale Öffentliche Güter sind solche<br />

Güter, deren Nutzen über Landesgrenzen<br />

und Regionen, Bevölkerungsgruppen und<br />

Generationen hinaus reicht.<br />

Diskutieren Sie die Fragen und beantworten Sie<br />

sie mit „ja“ oder „n<strong>ein</strong>“. Entscheiden Sie anhand<br />

der Defi nition für folgende Güter, ob es sich um<br />

<strong>ein</strong> GPG handelt?<br />

Öffentliches <strong>Gut</strong> Klimaschutz<br />

Reicht der Nutzen über<br />

Landesgrenzen hinaus?<br />

Reicht der Nutzen über<br />

Generationen hinaus?<br />

Handelt es sich um <strong>ein</strong> GPG?<br />

Schutz vor<br />

Terrorismus<br />

Internationale<br />

Finanzstabilität<br />

Zugang zu<br />

sauberem<br />

Trinkwasser<br />

Schätzen Sie danach die Aussichten dafür <strong>ein</strong>, dass es von der internationalen Gem<strong>ein</strong>schaft gewährt<br />

bzw. geschützt wird. Begründen Sie ihre Einschätzung kurz.<br />

Starke Interessen der<br />

Industrieländer?<br />

Starke Interessen der<br />

Entwicklungsländer ?<br />

Starker öffentlicher Druck?<br />

Chancen für <strong>ein</strong>e globale Kooperation zum Schutz des GPG?<br />

Klimaschutz<br />

Schutz vor<br />

Terrorismus<br />

Internationale<br />

Finanzstabilität<br />

Zugang zu<br />

sauberem<br />

Trinkwasser


Privatisierung, Globalisierung,<br />

GATS und weltweiter Widerstand<br />

Globalisierungsgut <strong>Wasser</strong><br />

Zielgruppe: Klassen 11<strong>–</strong>13<br />

Gliederung<br />

I. Privatisierung des <strong>Wasser</strong>s<br />

1. Weltweite Tendenz zur Privatisierung?<br />

2. Unterschiedliche Formen der Privatisierung<br />

3. Privatisierung des <strong>Wasser</strong>sektors in Entwicklungsländern<br />

4. Privatisierungsbeispiele: Erfolg oder Misserfolg?<br />

II. Globalisierungsgut <strong>Wasser</strong><br />

1. Was ist GATS?<br />

2. GATS, <strong>Wasser</strong>, Entwicklungsländer und die Rolle der EU<br />

3. Demokratie und GATS<br />

4. Die Rolle der Weltbank und sonstiger Geldgeber<br />

5. Weltweiter Widerstand und Forderungen der Globalisierungsgegner<br />

6. Exkurs: Flaschenwasser<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

49


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

Globalisierungsgut<br />

<strong>Wasser</strong><br />

50<br />

Themenfelder und<br />

didaktischer Hintergrund<br />

Die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen<br />

ist seit <strong>ein</strong>igen Jahren <strong>ein</strong> heftig umstrittenes<br />

Thema. Nach wie vor setzen auch viele EntwicklungspolitikerInnen,<br />

(u.a. das deutsche Bundesministerium<br />

für Wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung, Hoffnungen in die Privatwirtschaft.<br />

Sie versprechen sich Hilfe bei der Verwirklichung<br />

des Milleniumziels, die Zahl der Menschen<br />

ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser bis<br />

zum Jahr 2015 zu halbieren (siehe Einheit IV).<br />

Globalisierungsgegner bekämpfen dagegen die<br />

Privatisierung des <strong>Wasser</strong>s vehement: Das Menschenrecht<br />

auf <strong>Wasser</strong> sei bei privaten Firmen,<br />

deren erklärtes Ziel die Profi tmaximierung sei, in<br />

völlig falschen Händen.<br />

Die folgende Unterrichts<strong>ein</strong>heit versucht,<br />

den teils sehr überspitzt geführten Konfl ikt<br />

aufzugreifen und zu <strong>ein</strong>er differenzierten Betrachtungsweise<br />

anzuregen. Die Konfl iktpunkte<br />

sollen dabei nicht aufgelöst oder „weichgespült“<br />

werden, vielmehr soll <strong>ein</strong>e eigene Sicht<br />

erarbeitet und die Kritikfähigkeit der Schüler<br />

und Schülerinnen geschärft werden<br />

Zunächst wird geklärt, welche unterschiedlichen<br />

Privatisierungsformen es gibt. Die zentrale<br />

Frage ist jedoch, inwieweit Entwicklungsländer<br />

betroffen sind. Anhand von Beispielen<br />

von Privatisierungen können deren Folgen<br />

selber bewertet werden. Die übergreifende<br />

Frage ist, welche Chancen und Risiken für <strong>ein</strong>e<br />

Versorgung der Ärmsten bestehen.<br />

Schließlich wird die Globalisierung des<br />

<strong>Wasser</strong>marktes betrachtet. Hier spielen die<br />

WTO und insbesondere das Welthandelsabkommen<br />

GATS <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle. Für viele<br />

Entwicklungsländer sind auch die Strategien<br />

internationaler Finanzinstitutionen, wie der<br />

Weltbank von entscheidender Bedeutung.<br />

Schließlich wird der globale Widerstand<br />

gegen die Privatisierung vorgestellt und die<br />

Frage aufgeworfen, was die Globalisierungsgegner<br />

wollen. Hier können die bisher getroffenen<br />

Einschätzungen noch <strong>ein</strong>mal verglichen und<br />

überprüft werden.<br />

Schließlich soll noch <strong>ein</strong> kurzer Blick auf<br />

die Globalisierung des Marktes für Flaschenwasser<br />

geworfen werden.


I. Privatisierung<br />

des <strong>Wasser</strong>s<br />

1. Weltweite Tendenz zur<br />

Privatisierung?<br />

Nur rund fünf % der Weltbevölkerung, dies sind<br />

etwa 300 Millionen Menschen, beziehen ihr <strong>Wasser</strong><br />

von privaten Unternehmen (UNDP Bericht<br />

über die menschliche Entwicklung 2003). Weltweit<br />

ist die <strong>Wasser</strong>versorgung also auch heute<br />

noch ganz überwiegend <strong>ein</strong>e öffentliche Aufgabe.<br />

Sie wird vom Staat, von Kommunen oder öffentlichen<br />

Unternehmen wahrgenommen. ☞ 1<br />

Trotz der bisher relativ geringen Bedeutung<br />

privatwirtschaftlichen Engagements kann aber<br />

von <strong>ein</strong>er globalen Tendenz zur Privatisierung im<br />

<strong>Wasser</strong>bereich gesprochen werden. Nach Schätzungen<br />

der Weltbank wird der Privatisierungsgrad<br />

im <strong>Wasser</strong>bereich in den Industrieländern in den<br />

kommenden 20 Jahren auf bis zu 85% ansteigen.<br />

In den Entwicklungsländern wird jedoch nur in<br />

Lat<strong>ein</strong>amerika <strong>ein</strong> Anstieg auf 70% erwartet.<br />

In den übrigen Regionen wird der Anstieg auf<br />

maximal 20% geschätzt. Das größte <strong>Wasser</strong>unternehmen<br />

weltweit (der französische Konzern<br />

Veolia), rechnet für 2010 sogar schon mit <strong>ein</strong>em<br />

privaten Marktanteil von 60% in Lat<strong>ein</strong>amerika,<br />

von bis zu 35% in Westeuropa und <strong>Afrika</strong> und<br />

lediglich ca. 20% in Nordamerika und Asien (Bericht<br />

der Enquete-Kommission „Globalisierung<br />

der Weltwirtschaft“ 2002). ☞ 2 Auch wenn diese<br />

Zahlen mit Vorsicht zu betrachten sind, da sie<br />

wirtschaftliche Interessen widerspiegeln, so gibt<br />

die Umsatzsteigerung um 50% von Veolia in den<br />

Jahren 1998-2001(damals führte der Konzern<br />

noch den Namen Vivendi) <strong>ein</strong>en Hinweis darauf,<br />

wie dynamisch sich dieser Markt entwickelt: 14<br />

Milliarden Euro betrug der Umsatz von Vivendi im<br />

<strong>Wasser</strong>geschäft im Jahr 2001.<br />

Inzwischen ist jedoch in den Entwicklungsländern<br />

<strong>ein</strong>e Ernüchterung bezüglich der Gewinnchancen<br />

im <strong>Wasser</strong>bereich <strong>ein</strong>getreten. Zwar<br />

ist auch hier <strong>ein</strong> Anstieg privater Verträge über<br />

<strong>Wasser</strong>- und Abwasserprojekte in den 90er Jahren<br />

zu verzeichnen, jedoch ist die private Investitionsbereitschaft<br />

seit Ende der 90er Jahre wieder<br />

gesunken. Die Konzerne haben die Probleme offensichtlich<br />

unterschätzt, die bei der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

in den Ländern auftreten, in denen <strong>ein</strong><br />

Großteil der Menschen unter der Armutsgrenze<br />

lebt. Aber auch Wirtschaftskrisen, wie z.B. Mitte<br />

der 90er Jahre in Asien, haben gezeigt, dass die<br />

wirtschaftlichen Risiken von Großinvestitionen in<br />

den Ländern des Südens beträchtlich sind. Insbesondere<br />

Währungsschwankungen machen den<br />

Konzernen zu schaffen. Wurden Kredite für Investitionen<br />

in US$ aufgenommen, die Währung,<br />

in der die Einnahmen aus der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

erzielt werden, danach abgewertet, können entweder<br />

die Kredite nicht zurückgezahlt werden<br />

<strong>–</strong> oder der <strong>Wasser</strong>preis muss steigen. Dies verschärft<br />

dann wieder das Problem der mangelnden<br />

Zahlungsfähigkeit der armen Bevölkerung.<br />

2. Unterschiedliche Formen der<br />

Privatisierung<br />

Da häufi g Missverständnisse im Zusammenhang<br />

mit dem Begriff der „Privatisierung“ auftreten,<br />

soll im Folgenden <strong>ein</strong> kurzer Überblick über<br />

die verschiedenen Formen der Beteiligung der<br />

Privatwirtschaft bei der <strong>Wasser</strong>ver- und Abwasserentsorgung<br />

gegeben werden. Die vollständige<br />

Privatisierung von staatlichen Unternehmen ist<br />

im <strong>Wasser</strong>sektor eher die Ausnahme. Stattdessen<br />

gibt es <strong>ein</strong>e ganze Reihe von Beteiligungs- und<br />

Kooperationsformen, bei denen die Verantwortung<br />

zwischen öffentlichen und privaten Partnern<br />

ganz unterschiedlich verteilt ist. ☞ 3<br />

Die <strong>ein</strong>fachste Form der Beteiligung des<br />

privaten Sektors ist der Dienstleistungsvertrag.<br />

Meist handelt es sich um <strong>ein</strong>en begrenzten Auftrag,<br />

z.B. den Gebühren<strong>ein</strong>zug.<br />

Im Rahmen von Management-Verträgen<br />

verbleiben das Eigentum an den Anlagen und<br />

die Einnahmen aus <strong>Wasser</strong>gebühren bei der öffentlichen<br />

Hand. Dem privaten Betreiber werden<br />

lediglich bestimmte Aspekte des Betriebs und<br />

der Wartung des Systems für <strong>ein</strong>en begrenzten<br />

Zeitraum (meist 4<strong>–</strong>5 Jahre) übertragen. Die Bezahlung<br />

des Betreibers wird von der Erreichung<br />

der gesetzten Ziele abhängig gemacht.<br />

Etwas weiter gehen Leasing- oder Pacht-<br />

Verträge, bei denen der Betreiber über <strong>ein</strong>en<br />

längeren Zeitraum (meist 8<strong>–</strong>10 Jahre) <strong>ein</strong>en<br />

bestimmten Anteil der Betriebskosten trägt und<br />

<strong>ein</strong>en Teil der Einnahmen erhält, so dass er stärker<br />

am betrieblichen Erfolg und Risiko beteiligt<br />

wird.<br />

Konzessionen gehen noch <strong>ein</strong>en Schritt<br />

weiter. In ihrem Rahmen muss der Betreiber<br />

auch die Investitionen fi nanzieren, wofür ihm die<br />

gesamten Gebühren<strong>ein</strong>nahmen für <strong>ein</strong>en längeren<br />

Zeitraum (meist 25<strong>–</strong>30 Jahre) zugestanden<br />

werden.<br />

Eine besondere Form der Konzession für<br />

<strong>ein</strong>zelne Anlagen sind so genannte BOT-Verträge<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 1<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

recherchieren: Ist der lokale<br />

<strong>Wasser</strong>anbieter noch <strong>ein</strong><br />

öffentlicher oder bereits <strong>ein</strong><br />

(teilweise) privater Betrieb?<br />

Gibt es auf kommunaler<br />

Ebene Debatten über <strong>ein</strong>e<br />

künftige Privatisierung?<br />

☞ 2<br />

Sie fi nden den vollständigen<br />

Bericht der Enquete-Kommission<br />

„Globalisierung der<br />

Weltwirtschaft“ mit vielen<br />

Daten und Fakten auch zum<br />

Thema <strong>Wasser</strong> unter http://<br />

www.bundestag.de/gremien/<br />

welt/glob end/7 5 3 2.html<br />

☞ 3<br />

Fragen Sie die SchülerInnen,<br />

was sie unter Privatisierung<br />

verstehen und ob sie verschiedenePrivatisierungsarten<br />

kennen.<br />

51


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 4<br />

Da die Materie komplex ist,<br />

empfehlen wir, das Arbeitsblatt<br />

MIII - 1 im gem<strong>ein</strong>samen<br />

Unterrichtsgespräch auszufüllen.<br />

Die anschließende<br />

Diskussion über den Regulierungsbedarf<br />

sollte dagegen in<br />

Kl<strong>ein</strong>gruppen erfolgen.<br />

☞ 5<br />

Die Weltbank sieht das Geschäftsrisiko<br />

bei Konzessionen<br />

und BOT-Verträgen all<strong>ein</strong> beim<br />

privaten Partner. Privatisierungskritiker<br />

bestreiten dies:<br />

Konzerne haben wiederholt<br />

mit dem Ausstieg aus Verträgen<br />

gedroht, wenn ihre Geschäftserwartungen<br />

sich nicht<br />

erfüllten. Öffentliche Partner<br />

werden sehr häufi g in Nachverhandlungen<br />

zu erheblichen<br />

fi nanziellen Zugeständnissen<br />

gezwungen. Es ist daher auch<br />

hier vertretbar, von <strong>ein</strong>em<br />

geteilten Risiko zu sprechen.<br />

☞ 6<br />

Bei der Besprechung sollte<br />

deutlich werden, dass der<br />

Regulierungsbedarf in Entwicklungsländern<br />

enorm<br />

ist, da mehr als 2/3 der<br />

Verträge (Konzessionen und<br />

BOT-Verträge) den privaten<br />

Konzernen viel Verantwortung<br />

überlassen.<br />

52<br />

(Build-Operate-Transfer). In diesen Projekten<br />

steht der Betreiber in k<strong>ein</strong>em direkten Kontakt<br />

mit den Endverbrauchern, sondern er schließt<br />

<strong>ein</strong>en Vertrag mit <strong>ein</strong>em städtischen <strong>Wasser</strong>unternehmen<br />

ab, z.B. für den Bau, Betrieb und die<br />

Übergabe <strong>ein</strong>es Klärwerkes nach <strong>ein</strong>er ver<strong>ein</strong>barten<br />

Zeit (BOT).<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 1 Arbeitsblatt MIII <strong>–</strong> 1 stellt verschiedene<br />

Optionen für <strong>ein</strong>e Privatisierung dar und<br />

stellt die Frage nach <strong>ein</strong>er wirksamen Regulierung.<br />

☞ 4<br />

Option<br />

Quelle: Weltbank<br />

Eigentum<br />

der<br />

Anlagen<br />

Außer bei den Dienstleistungsverträgen übernimmt<br />

der private Betreiber mehr oder weniger<br />

die staatliche Monopolstellung. Da es unökonomisch<br />

wäre, teure Leitungssysteme doppelt<br />

zu verlegen, und die Einspeisung verschiedenen<br />

<strong>Wasser</strong>s in <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>ziges Leitungssystem mit großen<br />

Problemen verbunden ist, ist für <strong>ein</strong> Gebiet<br />

immer nur <strong>ein</strong>en Anbieter zuständig.<br />

Um <strong>ein</strong>en Missbrauch dieses Monopols zu<br />

verhindern, wird allgem<strong>ein</strong> gefordert, dass <strong>ein</strong>e<br />

funktionsfähige Kontroll- und Regulierungsbehörde<br />

vorhanden s<strong>ein</strong> muss. Diese soll den<br />

Vertrag überwachen, also dafür sorgen, dass<br />

der Betreiber s<strong>ein</strong>e zugesagten Leistungen auch<br />

erbringt. Sehr wichtig ist auch, dass sie die <strong>Wasser</strong>qualität<br />

kontrolliert und sicherstellt. Last not<br />

least soll sie dafür sorgen, dass k<strong>ein</strong>e unangemessenen<br />

Preise verlangt werden.<br />

Betrieb<br />

und<br />

Instandhaltung<br />

Sind Zielvorstellungen sozialer (z.B. Preisstaffelungen)<br />

und umweltpolitischer Art (z.B.<br />

Klärung des Abwassers) im Vertrag festgelegt<br />

worden, müssen auch diese überprüft werden.<br />

Die Frage ist jedoch, welche Sanktionsmöglichkeiten<br />

staatliche Stellen letztendlich haben,<br />

wenn Verträge nicht <strong>ein</strong>gehalten werden. Große<br />

multinationale Konzerne stehen bei Streitigkeiten<br />

oft schlecht ausgestatteten kommunalen<br />

Vertretungen gegenüber. Insbesondere in Entwicklungsländern<br />

ist das Machtgefälle eklatant.<br />

Investitionen<br />

Risiko Dauer<br />

Öffentliche Versorgung öffentlich öffentlich öffentlich unbegrenzt<br />

Dienstleistungsvertrag öffentlich<br />

öffentlich<br />

und privat<br />

öffentlich öffentlich 1-2 Jahre<br />

Managementvertrag öffentlich privat öffentlich öffentlich 3-5 Jahre<br />

Leasing/Pachtvertrag öffentlich privat öffentlich geteilt 8-15 Jahre<br />

Konzessionsvertrag öffentlich privat privat privat ☞ 5 25-30 Jahre<br />

BOT-Vertrag privat privat privat privat ☞ 5 20-30 Jahre<br />

Vollständige<br />

Privatisierung<br />

privat privat privat privat unbegrenzt<br />

Projekte mit Privatsektorbeteiligung in Entwicklungsländern<br />

mittleren + niedrigen Einkommens<br />

☞ 6<br />

34%<br />

7%<br />

3% 3%<br />

Management-<br />

14%<br />

35%<br />

4%<br />

Vertrag<br />

Leasing/Pacht-<br />

Verträge<br />

BOT-Verträge<br />

Konzessions-<br />

Verträge<br />

Teilverkäufe<br />

Voll-<br />

Privatisierung<br />

Voll-<br />

Privatisierung<br />

(Quelle: Franceys, PPI database, nach Brugger:<br />

„Stimmt die Richtung der Finanzströme im <strong>Wasser</strong>sektor?“,<br />

Hrsg.: Brot für die Welt, 2004)<br />

Als Zusatzinformation mag dienen, dass<br />

nur zehn internationale Konzerne sich über 80%<br />

dieser Verträge gesichert haben. Ein aus entwicklungspolitischer<br />

Perspektive fragwürdiger<br />

Umstand.


3. Privatisierung des <strong>Wasser</strong>sektors<br />

in Entwicklungsländern<br />

Welche Motive der Konzerne hinter den verstärkten<br />

Privatisierungsbestrebungen des vergangenen<br />

Jahrzehnts stehen, kann nur vermutet werden.<br />

Mit Sicherheit spielen aber folgende Gründe<br />

<strong>ein</strong>e Rolle:<br />

Die globale <strong>Wasser</strong>knappheit schafft Anreize<br />

für privatwirtschaftliche Unternehmen. <strong>Wasser</strong><br />

wird zum kostbaren Wirtschaftsgut, zum „Öl des<br />

21. Jahrhunderts“.<br />

Der Investitionsbedarf vor allem der Schwellen-<br />

und Entwicklungsländer, aber auch vieler osteuropäischer<br />

Staaten im <strong>Wasser</strong>sektor ist groß. Im<br />

Zeitalter der Globalisierung sind das potentielle<br />

neue Märkte für transnationale Konzerne.<br />

Der weltweite Trend zur Privatisierung und Liberalisierung<br />

trifft auf <strong>ein</strong>en Sektor, der noch zu<br />

95% in öffentlicher Hand liegt. Das verspricht<br />

<strong>ein</strong>en riesigen Wachstumsmarkt.<br />

Doch nicht nur die Privatwirtschaft, auch<br />

die Entwicklungspolitik setzt große Hoffnungen<br />

auf die Privatsektorbeteiligung. Public-privatepartnership<br />

(auch PPP) bezeichnet die staatliche<br />

Unterstützung von privat-wirtschaftlichem Engagement<br />

in den Ländern des Südens. Die Sorge<br />

der EntwicklungspolitikerInnen gilt den 1,2 Milliarden<br />

Menschen, die heute noch k<strong>ein</strong>en Zugang<br />

zu sauberem Trinkwasser haben.<br />

Zwei Argumente für die Beteiligung des privaten<br />

Sektors werden am häufi gsten angeführt.<br />

Das erste lautet:<br />

Der im <strong>Wasser</strong>bereich sehr hohe Investitionsbedarf<br />

in den Entwicklungsländern kann<br />

nicht von der öffentlichen Hand all<strong>ein</strong> auf-<br />

☞ MIII - 2 Dass angesichts der leeren öffentlichen<br />

Kassen und des hohen Investitionsbedarfes<br />

im <strong>Wasser</strong>sektor auch PolitikerInnen auf die Finanzkraft<br />

der Privatwirtschaft hoffen, ist verständlich.<br />

Nach Schätzungen der Weltbank werden<br />

heute 60-70 Milliarden US Dollar pro Jahr im<br />

<strong>Wasser</strong>sektor der Entwicklungsländer investiert.<br />

Das reicht nicht, um die Milleniumsziele, also die<br />

Halbierung der Zahl der Menschen ohne Zugang<br />

zu sauberem Trinkwasser und Abwasserentsorgung,<br />

zu erreichen.<br />

Doch wie hoch ist der zusätzliche Investitionsbedarf<br />

tatsächlich? Je höher die Schätzung<br />

dieses Investitionsbedarfs, desto offensichtlicher<br />

sch<strong>ein</strong>t die Überforderung der öffentlichen<br />

Hand, desto unumgänglicher die Beteiligung des<br />

Privatsektors. Die Zahlen müssen daher genauer<br />

betrachtet werden: Zwischen 10 und 180 Mrd.<br />

US$ liegen die Schätzungen, je nach dem was<br />

genau als Bedarf zugrunde gelegt wird <strong>–</strong> und von<br />

welchen Interessen sie geleitet wurden. Während<br />

mit zusätzlichen 10 Mrd. US$ nur die absoluten<br />

Grundbedürfnisse nach sauberem Trinkwasser<br />

gesichert werden sollen, b<strong>ein</strong>halten die 180<br />

Mrd. US$ die volle Versorgung, inklusive Bewässerungslandwirtschaft<br />

und Deckung des Industriebedarfs.<br />

Zwischen 40 und 50 Mrd. US$ sind<br />

<strong>–</strong> nach Schätzungen <strong>–</strong> zusätzlich notwendig, um<br />

die Grundbedürfnisse nach <strong>Wasser</strong>- und Abwasserversorgung<br />

mit <strong>ein</strong>fachen Techniken sicherzustellen<br />

und zudem der städtischen Bevölkerung<br />

<strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>fache Abwasserr<strong>ein</strong>igung zu gewähren.<br />

(Fritz Brugger: Stimmt die Richtung? Analyse der<br />

aktuellen Finanzströme im <strong>Wasser</strong>sektor, Hrsg.:<br />

Brot für die Welt, 2004) ☞ 7<br />

Doch so wünschenswert angesichts dieser<br />

enormen Summe die Einsetzung des privaten<br />

Reichtums wäre, es gibt erhebliche Zweifel<br />

daran, ob die private Wirtschaft tatsächlich<br />

wesentliche Investitionen im Hinblick auf die<br />

Versorgung der ärmsten Bevölkerung tätigt. Auch<br />

das Entwicklungsprogramm der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />

stellt in s<strong>ein</strong>em Bericht über die menschliche<br />

Entwicklung 2003 fest: „Es ist unwahrsch<strong>ein</strong>lich,<br />

dass Privatunternehmen daran Interesse haben<br />

könnten, in Ländern mit niedrigem Einkommen<br />

die <strong>Wasser</strong>versorgung in ländlichen Gegenden<br />

bereitzustellen.“ (S. 144)<br />

Arbeitsblatt MIII - 2 stellt Fakten und Argumente<br />

zusammen und fordert die Schülerinnen<br />

auf, Stellung zu beziehen.<br />

Das zweite Argument für die Privatsektorbeteiligung<br />

lautet:<br />

gebracht werden Der Privatsektor ist effi zienter und bringe<br />

dem Verbraucher daher niedrigere Preise.<br />

Das nützt auch den Armen in den Entwicklungsländern.<br />

Das Argument, dass private Unternehmen immer<br />

effi zienter arbeiten als öffentliche Betriebe, ist<br />

nicht bewiesen. Zwar gibt es viele Beispiele maroder<br />

öffentlicher Unternehmen. Eine Ursache<br />

in Entwicklungsländern ist häufi g Finanzmangel,<br />

um notwendige Investitionen tätigen zu können.<br />

Aber auch unterbezahlte Mitarbeiter, Misswirtschaft,<br />

Korruption etc. sind Gründe. Andererseits<br />

gibt es auch viele Korruptionsfälle bei privaten<br />

Unternehmen. Entgegen der häufi gen Annahme,<br />

dass dies vor allem <strong>ein</strong> Problem der politischen<br />

Kultur in Entwicklungsländern sei, sind heute<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 7<br />

Ausführlich zum Finanzierungsbedarf:<br />

Die Studie von<br />

Fritz Brugger ist erhältlich<br />

unter: www.menschen-rechtwasser.de/downloads/3_hintergrund11-fi<br />

nanzierung.pdf<br />

53


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 8<br />

Ein ausführlicherer Artikel<br />

zum Urteil des Umweltrates ist<br />

erhältlich unter:www.instituthalbach.de/politik/Privatis/<br />

privat7.htm#euwid<br />

☞ 9<br />

Bitte machen Sie deutlich,<br />

dass die Studie zwar Anhaltspunkte<br />

für Erklärungen<br />

bietet, jedoch aufgrund der<br />

beschränkten Auswahl von<br />

Projekten k<strong>ein</strong>e endgültigen<br />

Schlüsse erlaubt.<br />

☞ 10<br />

Regen Sie anhand des Arbeitsblattes<br />

MIII - 4 <strong>ein</strong>e Diskussion<br />

unter den SchülerInnen<br />

an. Kann anhand der Fakten<br />

festgestellt werden, ob die<br />

Privatisierung in Manila eher<br />

<strong>ein</strong> Erfolg oder <strong>ein</strong> Misserfolg<br />

ist?<br />

Es kann auch <strong>ein</strong>e ergänzende<br />

Internet-Recherche angeregt<br />

werden. Die Eingabe von<br />

„Manila <strong>Wasser</strong>privatisierung“<br />

wird mit fast 100 Treffern belohnt.<br />

Besonders lohnend der<br />

Artikel: www.zeit.de/2003/<br />

35/Manila_Cancun_Teil_2<br />

☞ 11<br />

Der Film „Troubled Waters“<br />

berichtet über den Konfl ikt<br />

in Nelspruit. Er gibt die verschiedenen<br />

Perspektiven des<br />

Unternehmens, der Kommune,<br />

der Vertreter der Boykottkampagne<br />

sowie der Bewohner<br />

wieder. Der Film ist als VHS<br />

und als DVD in englischer<br />

Sprache verfügbar (evtl. ab<br />

Frühjahr 2005 auch in deutscher<br />

Sprache).<br />

Ausleihe über KOSA im<br />

Welthaus Bielefeld, Tel.<br />

0521-98648-0/-11 oder<br />

kosa@kosa.org<br />

54<br />

auch Internationale Konzerne in Korruptionsfälle<br />

verwickelt. Der Infrastruktursektor und damit<br />

auch der <strong>Wasser</strong>sektor zeigt die höchste Intensität<br />

an Korruption und Betrug auf“. Viele der<br />

weltgrößten Unternehmen sind angeklagt oder<br />

sogar verurteilt wegen Bestechung oder Korruption.<br />

(BMU / BMZ (Hrsg.), Issue Paper for the<br />

International Conference on Freshwater, Bonn<br />

2001)<br />

Auch der Sachverständigenrat Umwelt hat<br />

in s<strong>ein</strong>em <strong>Gut</strong>achten 2002 bezweifelt, „dass <strong>ein</strong>e<br />

Privatisierung beziehungsweise Liberalisierung<br />

in den Infrastrukturbereichen der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

so ausgestaltet werden kann, dass <strong>ein</strong><br />

hinreichend hohes Ausmaß an Wettbewerb und<br />

Effi zienz gewährleistet ist. ☞ 8<br />

Welche Ergebnisse <strong>ein</strong> öffentliches Unternehmen<br />

im Vergleich zu <strong>ein</strong>em privaten erbringt,<br />

wenn die fi nanzielle Unterstützung für beide<br />

gleich ist, ist noch ungenügend untersucht. Einen<br />

Anhaltspunkt bietet <strong>ein</strong>e Untersuchung der<br />

Evaluationsabteilung der Weltbank, die 304 von<br />

der Weltbank geförderte <strong>Wasser</strong>projekte mit und<br />

ohne Privatwirtschaftsbeteiligung untersuchte.<br />

(OED Operation and Evaluation Department<br />

World Bank 2003, Report Nr. 26443, Effi cient,<br />

Sustainable Service for All?) Kriterien waren die<br />

Ausweitung der <strong>Wasser</strong>- und Abwasseranschlüsse,<br />

die Effi zienz und die Nachhaltigkeit.<br />

☞ MIII - 3 In Arbeitsblatt MIII - 3 werden die<br />

Ergebnisse der Studie dargestellt. Ergebnis: Die<br />

Erfolge bei der Ausweitung der Anschlüsse und<br />

bei der Effi zienz waren annähernd gleich. Es<br />

lassen sich k<strong>ein</strong>e aussagekräftigen Unterschiede<br />

ausmachen. Bei der Nachhaltigkeit lagen die<br />

r<strong>ein</strong> öffentlichen Unternehmen dagegen bei der<br />

Klärung der Abwässer deutlich vorn. Zur Frage<br />

nach den vermuteten Gründen: Im Bereich der<br />

Abwasserklärung lassen sich trotz großer Investitionen<br />

nur langfristig Gewinne erzielen. Der Nutzen<br />

für öffentliche Gesundheit und ökologisches<br />

Gleichgewicht ist jedoch enorm. <strong>Wasser</strong>verluste<br />

im Leitungssystem zu minimieren, erspart erhebliche<br />

Kosten. Hier lassen sich kurzfristig Gewinne<br />

erhöhen. ☞ 9<br />

4. Privatisierungsbeispiele:<br />

Erfolg oder Misserfolg?<br />

Privatisierungen der Trinkwasserversorgung können<br />

jedoch Erfolge aufweisen. So würdigt die UN-<br />

DP in ihrem durchaus kritischen Bericht über die<br />

menschliche Entwicklung 2003 die Erfolge privatöffentlicher<br />

Kooperation bei der Verbesserung<br />

der <strong>Wasser</strong>qualität in Südafrika. Privatisierungen<br />

können Erfolge haben, wenn der politische Wille<br />

zur Regulierung vorhanden ist und dieser auch<br />

durchgesetzt werden kann. (UNDP Bericht über<br />

die menschliche Entwicklung 2003, S. 145f) So<br />

wurde in Bolivien <strong>ein</strong>e Konzession für La Paz und<br />

El Alto an das Unternehmen vergeben, das versprach,<br />

den meisten Menschen neue Anschlüsse<br />

<strong>ein</strong>zurichten. Sogar <strong>ein</strong>e Erhöhung der <strong>Wasser</strong>gebühren,<br />

die meist mit <strong>ein</strong>er Privatisierung<br />

verbunden ist, kann durch Subventionierung für<br />

die Armen ausgeglichen werden. So wurde in<br />

Chile sichergestellt, dass k<strong>ein</strong> Haushalt mehr als<br />

5% s<strong>ein</strong>es Einkommens für <strong>Wasser</strong> zahlen muss.<br />

Länder, in denen die <strong>Wasser</strong>versorgung vor der<br />

Privatisierung befriedigend war, bleiben oft auch<br />

danach auf gutem Niveau. Eine funktionierende<br />

Regulierungsbehörde ist jedoch immer unverzichtbar.<br />

Die Voraussetzungen für erfolgreiche Privatisierungen<br />

sind jedoch gerade in Entwicklungsländern<br />

nur selten gegeben. Regulierungsbehörden<br />

sind hier meist schwach und soziale Netze<br />

kaum oder sogar gar nicht entwickelt.<br />

Die Frage, ob <strong>ein</strong>e Privatisierung als Erfolg<br />

oder Misserfolg zu bewerten ist, wird oft kontrovers<br />

diskutiert. ☞ MIII-4<br />

Sie ist auch nicht <strong>ein</strong>fach zu beantworten,<br />

wie das Beispiel Manila zeigt. Arbeitsblatt<br />

MIII - 4 beschreibt <strong>ein</strong>ige Fakten über die Privatisierung<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung in Manila. Es wird<br />

deutlich, dass sowohl Erfolge als auch Misserfolge<br />

zu verzeichnen sind. ☞ 10<br />

In Südafrika hat vor allem der Fall Nelspruit<br />

Aufsehen erregt. 1999 vergab die Kommune<br />

Nelspruit <strong>ein</strong>en Konzessionsvertrag mit<br />

<strong>ein</strong>er Laufzeit von 30 Jahren an den britischen<br />

Konzern BiWater. Doch trotz <strong>ein</strong>es gut ausgehandelten<br />

Vertrages wurden die Investitionen<br />

in Neuanschlüsse in den armen Stadtteilen bald<br />

gestoppt. Die Firma weigerte sich weiterhin zu<br />

investieren, denn nur ca. <strong>ein</strong> Drittel der Menschen<br />

in Nelspruit zahlten ihre <strong>Wasser</strong>rechnungen.<br />

BiWater drehte den säumigen Zahlern das<br />

<strong>Wasser</strong> ab. Illegale Anschlüsse wurden daraufhin<br />

in großer Anzahl installiert. Seitdem schwelt in<br />

Nelspruit der Konfl ikt um die <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />

☞ 11 Die Firma macht Verluste. Die ohnehin<br />

arme Kommune muss auf Teile der vertraglich<br />

festgelegten Konzessionsabgabe verzichten, um<br />

das Unternehmen zu halten. Die armen Bewohner<br />

der Gem<strong>ein</strong>de bekommen weiterhin k<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>anschlüsse.<br />

Über die Gründe des Scheiterns wird<br />

gestritten. Die Vertreter der Kommune und die<br />

Firma machen die Initiatoren der Zahlungsboykottkampagne<br />

verantwortlich. Diese hätten die<br />

Bevölkerung gegen ihr eigenes Interesse aufgewiegelt.<br />

Studien kommen zum Ergebnis, dass die


Bewohner der Gem<strong>ein</strong>de schlicht zu arm sind, um<br />

die <strong>Wasser</strong>rechnungen zahlen zu können.<br />

☞ MIII - 5a und 5b Die Arbeitsblätter geben<br />

die Zusammenfassung der Ergebnisse <strong>ein</strong>er Studie<br />

wieder, welche die Ursachen des Scheiterns<br />

in Nelspruit beleuchtet. ☞ 12 Während die<br />

englische Fassung des Arbeitsblattes auf das<br />

Verstehen der Sinnzusammenhänge ausgerichtet<br />

ist, und die Beantwortung konkreter Fragen als<br />

Aufgabe stellt, ist die Aufgabe der deutschen<br />

Fassung offener gehalten, gibt den SchülerInnen<br />

daher größere Interpretationsspielräume.<br />

II. Globalisierungsgut<br />

<strong>Wasser</strong><br />

1. Was ist GATS?<br />

Derzeit werden wichtige Weichenstellungen<br />

für die Versorgung aller Menschen mit lebenswichtigen<br />

Gütern wie Bildung, Gesundheit und<br />

eben auch <strong>Wasser</strong>versorgung etc. verhandelt.<br />

Die Welthandelsorganisation WTO (World Trade<br />

Organisation) treibt die Verhandlungen über das<br />

so genannte GATS-Abkommen voran. Die vier<br />

Buchstaben GATS stehen für „General Agreement<br />

on Trade in Services“. Dieses Abkommen wurde<br />

von der Welthandelsorganisation WTO 1995<br />

geschlossen. Erstmals gelten seitdem weltweit<br />

verbindliche Regeln für den globalen Handel mit<br />

Dienstleistungen.<br />

Das Dienstleistungs-Abkommen GATS stützt<br />

sich auf dieselben Grundprinzipien, die für den<br />

Handel mit Waren festgelegt wurden. Diese Prinzipien<br />

betreffen den Marktzugang, die Inländerbehandlung<br />

und die Meistbegünstigung.<br />

Marktzugang: Handelshemmnisse sollen<br />

beseitigt und der <strong>ein</strong>heimische Markt soll für ausländische<br />

Anbieter geöffnet werden. Regierungen<br />

müssen nachweisen dass alle getroffenen Maßnahmen<br />

und Regulierungen „die am wenigsten<br />

handelsverzerrende Option darstellen“ (Notwendigkeitsklausel,<br />

Art. VI, GATS)<br />

Im weltweiten Handel mit Dienstleistungen<br />

können so private Unternehmen staatliche Regulierungen<br />

als Handelshemmnisse vor der WTO in<br />

Frage stellen. Subventioniert <strong>ein</strong> Staat z.B. die<br />

öffentliche <strong>Wasser</strong>versorgung, um der armen Bevölkerung<br />

den Zugang zu <strong>Wasser</strong> zu erleichtern,<br />

so könnte dieser Staat von privaten Konzernen<br />

vor der WTO verklagt werden <strong>–</strong> es sei denn, das<br />

private Unternehmen wird ebenfalls subventio-<br />

niert. Auch arbeitsrechtliche Regelungen werden<br />

nach GATS-Logik zu „wettbewerbsschädlichen<br />

Kosten“. Vertreter der Umweltverbände befürchten<br />

zudem die Einschränkung umweltpolitischer<br />

Regulierungen auf <strong>ein</strong> Minimum.<br />

☞ 13 + ☞ MIII <strong>–</strong> 6<br />

Die GATS-Vorstellungen gehen soweit, dass<br />

in Zukunft jede beabsichtigte staatliche Regelung,<br />

also jedes Gesetz, im Vorfeld bei der WTO<br />

angemeldet werden soll, um prüfen zu können,<br />

ob dadurch irgendwelche Handelshemmnisse<br />

entstehen könnten.<br />

Die Inländerbehandlung fordert, dass ausländische<br />

und inländische Unternehmen gleich<br />

behandelt werden müssen, also inländischen<br />

Firmen nicht bevorzugen werden dürfen. Damit<br />

verkl<strong>ein</strong>ert sich auch der Spielraum von Regierungen,<br />

Aufträge an soziale und ökologische<br />

Standards zu knüpfen.<br />

Die zwingende Gleichbehandlung von armen<br />

und reichen Ländern, die im GATS vorgesehen<br />

ist, macht entwicklungspolitische Zielsetzungen<br />

zunichte. Das GATS ebnet den Weg für <strong>ein</strong>e neue<br />

Kolonialisierungswelle. Multinationale Konzerne<br />

werden sich die Märkte in den armen Ländern<br />

aufteilen, bevor diese in der Lage sind, eigene<br />

Dienstleistungssektoren aufzubauen.<br />

Die Meistbegünstigung besagt, dass <strong>ein</strong><br />

Land die günstigsten Bedingungen, die sie <strong>ein</strong>em<br />

Dienstleistungserbringer <strong>ein</strong>es anderen Landes<br />

gewähren, auch allen anderen gewähren müssen.<br />

Der Aufbau regionaler Wirtschaftsräume, in denen<br />

sich Entwicklungsländer abseits des globalen<br />

Marktes durch gegenseitige Handelserleichterungen<br />

in ihrer Entwicklung unterstützen können,<br />

wird damit erschwert.<br />

Ausgenommen von den Verhandlungen sind<br />

„Dienstleistungen“, die „in Ausübung hoheitlicher<br />

Gewalt“ erbracht werden. Dies sind Dienste,<br />

die „weder zu kommerziellen Zwecken noch im<br />

Wettbewerb mit <strong>ein</strong>em oder mehreren Dienstleistungserbringern<br />

erbracht werden“. Dies ist nur<br />

für sehr wenige Sektoren der Fall, z.B. für Militär,<br />

Zentralbanken, Gesundheitsämter und Polizei.<br />

☞ 14<br />

Wie funktionieren die GATS-Verhandlungen?<br />

Zunächst verlangt jedes Land von anderen<br />

Ländern, bestimmte Dienstleistungssektoren<br />

dem Weltmarkt zu öffnen (Forderungen). Danach<br />

übermitteln die Länder geheim, welche Sektoren<br />

sie zu öffnen bereit sind (Angebote). Bei<br />

Unstimmigkeiten werden dann Verhandlungen<br />

in geschlossenen „Green-Room-Sitzungen“ geführt,<br />

zu denen nur wichtige Entwicklungsländer,<br />

wie Indien oder Brasilien geladen werden. Am<br />

Ende <strong>ein</strong>er Handelsrunde werden schließlich<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 12<br />

Die Studie ist als PDF-Datei<br />

verfügbar: www.cps.org.za/<br />

cps%20pdf/RR99.pdf<br />

Sie eignet sich auch zur<br />

Bearbeitung im Anschluss an<br />

den oben empfohlenen Film<br />

„Troubled Waters“.<br />

☞ 13<br />

Arbeitsblatt MIII - 6 stellt<br />

exemplarisch unterschiedliche<br />

Prinzipien von GATS und<br />

bisherigem deutschen Umweltrecht<br />

gegenüber.<br />

☞ 14<br />

Lassen sie die SchülerInnen<br />

nach Beispielen für solche<br />

Ausnahmen suchen: Selbst im<br />

Bereich Bildung (Privatschulen)<br />

besteht Wettbewerb.<br />

Ausgenommen, wäre nur (da<br />

hoheitliche Aufgabe) die<br />

Verleihung akademischer und<br />

staatlicher Abschlüsse.<br />

55


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 15<br />

Organisieren Sie <strong>ein</strong> Rollenspiel.<br />

Teilen Sie die Klasse<br />

auf: z.B. zwei große Industriestaaten<br />

(je 5 Personen),<br />

zwei Schwellenländer (je 2<br />

Personen) und etliche Entwicklungsländer<br />

(je 1 Person)<br />

und spielen entsprechend der<br />

GATS-Regeln Verhandlungen<br />

durch.<br />

☞ 16<br />

Durch <strong>ein</strong>e Indiskretion wurden<br />

die ansonsten geheimen<br />

Forderungen der EU <strong>ein</strong>er<br />

kanadischen NGO bekannt.<br />

Sie sind u. a. abrufbar unter:<br />

www.gatswatch.org<br />

☞ 17<br />

Ein Dossier zur derzeitigen<br />

WTO-Verhandlungsrunde<br />

(Stand Juli04) von WEED ist<br />

abzurufen unter: www2.weedonline.org/uploads/WEED_<br />

Dossier_WTOJuli2004.pdf<br />

☞ 18<br />

Der Evangelische Entwicklungsdienst,<br />

Brot für die<br />

Welt und WEED haben die<br />

Forderungen der EU analysiert.<br />

Das ausführliche Papier<br />

ist als Download verfügbar<br />

unter: www.menschenrecht-wasser.de/downloads/<br />

analyse_gats-forderungen.pdf<br />

56<br />

die noch offenen Punkte aller WTO-Abkommen<br />

(Agrarabkommen, GATS, Anti-Dumping, TRIPS)<br />

gegen<strong>ein</strong>ander ausgehandelt. Dies geschieht in<br />

<strong>ein</strong>em sehr schnellen Verhandlungsmarathon.<br />

Die Geheimverhandlungen sind in hohem Maße<br />

intransparent und werden nicht mit den Nationalparlamenten<br />

abgestimmt. ☞ 15<br />

Ziel der WTO ist es, durch immer neue<br />

Verhandlungsrunden, den weltweiten Handel<br />

zu erleichtern, indem Handelshemmnisse mehr<br />

und mehr beseitigt werden. Seit dem Jahr 2000<br />

laufen Neuverhandlungen über den Handel mit<br />

Dienstleistungen. Diese sollten bis 2005 abgeschlossen<br />

s<strong>ein</strong>. Doch die Verhandlungen verzögern<br />

sich. Anfang 2004 hatten erst 38 Länder<br />

ihre Angebote überhaupt <strong>ein</strong>gereicht. Experten<br />

rechnen mit <strong>ein</strong>em Abschluss der derzeitigen<br />

GATS-Handelsrunde frühestens im Jahr 2007.<br />

Die Europäische Kommission führt die Verhandlungen<br />

für alle EU-Staaten. Zuständig für<br />

die dortige Vertretung der deutschen Interessen<br />

sind Beamte des Bundeswirtschaftsministeriums.<br />

Der Bundestag hat während der Verhandlungen<br />

k<strong>ein</strong>en Einfl uss, stimmt nach deren Abschluss<br />

über die GATS-Ergebnisse jedoch als Paket ab.<br />

2. GATS, <strong>Wasser</strong>, Entwicklungsländer<br />

und die Rolle der EU<br />

Die Europäische Union forderte von 72 Staaten,<br />

darunter 65 Entwicklungsländer, die radikale<br />

Öffnung ihrer <strong>Wasser</strong>märkte. ☞ 16 Die EU selbst<br />

hat k<strong>ein</strong> Angebot in diesem Bereich unterbreitet.<br />

Trotzdem spielt sie <strong>ein</strong>e bedeutende und aggressive<br />

Rolle innerhalb der GATS-Verhandlungen um<br />

den <strong>Wasser</strong>bereich. Als Standort der größten<br />

<strong>Wasser</strong>konzerne ist die EU die treibende Kraft<br />

bei der Liberalisierung des <strong>Wasser</strong>sektors durch<br />

GATS. In der Zusammenfassung ihrer Forderungen<br />

an die WTO-Staaten bezeichnet die EU „Umweltdienstleistungen“<br />

wie die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

als „Schlüsselsektoren für die EU“. ☞ 17<br />

Zwar fallen grundsätzlich alle Dienstleistungen<br />

unter das GATS. In der Praxis werden die<br />

Verhandlungen jedoch anhand <strong>ein</strong>er Liste zu verhandelnder<br />

Dienstleistungen geführt, die zwölf<br />

Dienstleistungssektoren mit 155 Subsektoren<br />

enthält. Bisher fehlt die <strong>Wasser</strong>versorgung in<br />

dieser Liste. Noch k<strong>ein</strong> Land ist Verpfl ichtungen<br />

im Bereich Trinkwasser <strong>ein</strong>gegangen. Die EU-<br />

Kommission hat daher bei der WTO den Vorschlag<br />

<strong>ein</strong>gebracht, den Sektor Umweltdienstleistungen<br />

weiter aufzufächern und <strong>ein</strong>en Subsektor „<strong>Wasser</strong><br />

für menschlichen Gebrauch und Abwassermanagement“<br />

<strong>ein</strong>zufügen. Dieser soll neben der<br />

Klärung von Abwässern auch Sammlung, R<strong>ein</strong>igung<br />

und Vertrieb von Trinkwasser b<strong>ein</strong>halten.<br />

Wenn Länder sich in der laufenden GATS-Runde<br />

dem Druck der Europäischen Union beugen und<br />

Liberalisierungsverpfl ichtungen im <strong>Wasser</strong>sektor<br />

übernehmen, wird auch die <strong>Wasser</strong>versorgung als<br />

Teil der GATS-Verhandlungen allgem<strong>ein</strong> etabliert.<br />

Die Aufnahme der <strong>Wasser</strong>versorgung in den zu<br />

verhandelnden GATS-Katalog wurde noch nicht<br />

offi ziell angenommen und stieß bei vielen WTO-<br />

Mitgliedern auf Kritik. Dennoch hat die EU mit<br />

ihren Forderungen den Trinkwasserbereich auf die<br />

Agenda der GATS-Verhandlungen gesetzt. ☞ 18<br />

Die Entwicklungsländer wollten k<strong>ein</strong>e<br />

neuen Liberalisierungsrunden innerhalb der<br />

WTO. Sie wurden von den Industrieländern durch<br />

Versprechungen, ihnen Verbesserungen im Agrar-Handel<br />

<strong>ein</strong>zuräumen, dazu gedrängt. In den<br />

meisten Dienstleistungssektoren haben die Entwicklungsländer<br />

im globalen Wettbewerb kaum<br />

Chancen. Auch Länder, die <strong>ein</strong>e Liberalisierung<br />

in <strong>ein</strong>zelnen Fällen zulassen, möchten dies nicht<br />

im Rahmen der GATS-Verhandlungen ver<strong>ein</strong>baren.<br />

Sie fürchten den Druck der WTO, der ihnen<br />

die politische Kontrolle entzieht. Mike Muller,<br />

Generaldirektor des südafrikanischen <strong>Wasser</strong>-<br />

Ministeriums hat wiederholt betont, wie wichtig<br />

der Unterschied zwischen <strong>ein</strong>er Entscheidung für<br />

die Beteiligung <strong>ein</strong>es multinationalen Konzerns<br />

in <strong>ein</strong>em bestimmten Fall ist und der generellen<br />

Öffnung des gesamten <strong>Wasser</strong>sektors <strong>ein</strong>es Landes<br />

durch GATS.<br />

GATS wird häufi g als entwicklungsfreundliches<br />

Abkommen bezeichnet, da es den Entwicklungsländern<br />

mehr Flexibilität erlaubt als viele<br />

andere WTO-Abkommen. So haben die Entwicklungsländer<br />

in Verhandlungen erwirkt, dass sie<br />

selbst defi nieren können, welche Dienstleistungen<br />

sie für den globalen Handel öffnen möchten<br />

<strong>–</strong> und unter welchen Bedingungen.<br />

Die Realität sieht jedoch anders aus: Entwicklungsländer<br />

haben zwar formal das Recht,<br />

selbst zu entscheiden, sie stehen in den Verhandlungen<br />

mit mächtigeren WTO-Mitgliedern<br />

jedoch unter starkem Druck. Die Tatsache, dass<br />

die Verhandlungen bilateral und geheim geführt<br />

werden, erleichtert den Industrieländern den<br />

Einsatz von Druckmitteln, wie die Aussicht auf<br />

den Verlust von Entwicklungshilfe und Handelsvergünstigungen<br />

etc.<br />

Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt<br />

auch die extrem unterschiedliche Verhandlungskapazität<br />

der WTO-Mitglieder. Immerhin 20<br />

Entwicklungsländer haben k<strong>ein</strong>e ständige Vertretung<br />

bei der WTO in Genf, andere sind personell<br />

so unterbesetzt, dass sie in den Verhandlungen


kaum vorbereitet s<strong>ein</strong> können. Die reichen Länder<br />

agieren dagegen mit <strong>ein</strong>em ganzen Stab von<br />

Experten. Zudem „beraten“ Konzerne die Industrieländer.<br />

Es besteht die Befürchtung, dass als Folge<br />

des GATS im <strong>Wasser</strong>bereich staatliche Regulierungsmöglichkeiten<br />

aus der Hand gegeben werden.<br />

Insbesondere besteht die Gefahr, dass:<br />

• Preisvorgaben zum Schutz der armen<br />

Bevölkerung als Handelshemmnis beseitigt<br />

werden<br />

• andere Investitionsaufl agen, wie etwa die<br />

Versorgungspfl icht für Armenviertel, nicht<br />

mehr statthaft sind<br />

• der Gestaltungsspielraum für alternative<br />

Modelle der <strong>Wasser</strong>versorgung <strong>ein</strong>geschränkt<br />

werden (z.B. genossenschaftliche Projekte, die<br />

<strong>ein</strong>e Gem<strong>ein</strong>nützigkeit vorschreiben)<br />

• die Zunahme des Trends, dass mit dem<br />

verstärkten Engagement global agierender<br />

Konzerne lokal angepasste, technologisch<br />

wenig aufwändige, kostengünstige Alternativen<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung aus dem Blick geraten<br />

• Umweltstandards nach unten geschraubt<br />

werden<br />

• Privatisierungen endgültig nicht mehr durch<br />

Proteste der Bevölkerung rückgängig zu<br />

machen sind<br />

3. Demokratie und GATS<br />

Weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene<br />

haben die Parlamente <strong>ein</strong>en nennenswerten<br />

Einfl uss auf die GATS-Verhandlungen. Nicht nur<br />

die Zivilgesellschaft hat k<strong>ein</strong>en Anspruch auf Informationen<br />

über den Stand der Debatten, selbst<br />

ParlamentarierInnen erhalten kaum Zugang zu<br />

GATS-Dokumenten. Der deutsche Bundestag soll<br />

zwar nach Abschluss der Verhandlungen über die<br />

GATS-Ergebnisse als Paket abstimmen, auf deren<br />

Inhalt hat er jedoch kaum Einfl uss. Trotzdem hat<br />

sich der deutsche Bundestag mit Anträgen zum<br />

Thema GATS aus<strong>ein</strong>andergesetzt. Dabei wurde<br />

deutlich, dass Regierung und Parlament unterschiedliche<br />

Positionen vertreten.<br />

Das Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Arbeit tritt dagegen für <strong>ein</strong>e Liberalisierungen<br />

des <strong>Wasser</strong>sektors <strong>ein</strong>: Schon der frühere Bundesminister<br />

Werner Müller begründete die die Liberalisierungsbestrebungen<br />

mit der internationalen<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen <strong>Wasser</strong>wirtschaft.<br />

Es gehe nicht „…dass wir die Hände in<br />

den Schoß legen und die Weltmärkte und über<br />

mittlere Sicht auch den deutschen Markt all<strong>ein</strong><br />

ausländischen Unternehmen überlassen.“ (vgl.<br />

Nikolaus Geiler: Das 20-Milliarden-Euro-Spiel, Die<br />

Liberalisierung des <strong>Wasser</strong>- und Abwassermarktes,<br />

Stuttgart 2004, S. 26). Welche Positionen<br />

die deutschen Ministeriumsvertreter in dem<br />

Ausschuss der EU-Kommission vertraten, der die<br />

Forderungen der EU an die WTO verhandelte, gilt<br />

als „vertraulich“. ☞ 19<br />

Der Bundestag möchte die globale Öffnung<br />

der <strong>Wasser</strong>märkte zumindest im eigenen Land<br />

und für Entwicklungsländer <strong>ein</strong>schränken. Zwei<br />

umfangreiche Anträge wurden von den Fraktionen<br />

der SPD und der B90-Grünen 2003 gestellt<br />

und vom Bundestag mehrheitlich beschlossen.<br />

☞ MIII - 7 Arbeitblatt MIII - 7 stellt je <strong>ein</strong>en<br />

Auszug aus beiden Anträgen vor und stellt die<br />

Frage nach Demokratiedefi ziten im Verfahren<br />

der GATS-Verhandlungen. ☞ 20<br />

4. Die Rolle der Weltbank und<br />

sonstiger Geldgeber<br />

Die Weltbank ist der wichtigste öffentliche Geldgeber<br />

im <strong>Wasser</strong>sektor. Kredite zwischen 3 und<br />

3,5 Mrd. US-$ vergibt sie jährlich zur Finanzierung<br />

von <strong>Wasser</strong>projekten. Für viele verschuldete<br />

ärmere Länder ist sie der wichtigste Finanzier<br />

und größte Gläubiger. Seit Anfang der 90er Jahre<br />

folgt die Weltbank dem Trend der neoliberalen<br />

Wirtschaftspolitik und fordert gegenüber den<br />

Ländern des Südens die Privatisierung vormals<br />

öffentlicher Sektoren. Dies gilt auch für den <strong>Wasser</strong>sektor.<br />

Aufgrund ihrer Machtposition kann die Weltbank<br />

insbesondere arme, von weiteren Krediten<br />

abhängige Schuldnerländer zwingen, ihren <strong>Wasser</strong>sektor<br />

zu liberalisieren und zu privatisieren.<br />

Kredite für <strong>Wasser</strong>projekte werden nur unter<br />

bestimmten Konditionen vergeben. So fordert<br />

die Weltbank z.B. in ihrer Länderstudie für Ghana,<br />

dass die Voraussetzungen für die Beteiligung<br />

privater Investoren im <strong>Wasser</strong>sektor verbessert<br />

werden müssen. Schuldenerlass und neue Kredite<br />

wurden an Preiserhöhungen für <strong>Wasser</strong> gekoppelt,<br />

um die Privatisierung vorzubereiten. Zusammen<br />

mit dem IWF diktierte die Weltbank die vollständige<br />

Restrukturierung des <strong>Wasser</strong>sektors in<br />

Ghana. Vorgesehen ist, dass die profi table urbane<br />

Versorgung privatisiert werden soll, während die<br />

ländliche Versorgung weiterhin Staatsaufgabe<br />

bleibt. Um die ländlichen Gebiete versorgen zu<br />

können, wird Ghana bei der Weltbank <strong>ein</strong>en 80<br />

Millionen Dollar-Kredit aufnehmen müssen und<br />

damit s<strong>ein</strong>e Verschuldung erhöhen. Bereits im<br />

Mai 2001 kam es zu <strong>ein</strong>er Preiserhöhung des<br />

<strong>Wasser</strong>s um 95 %. Noch vor dem Verkauf der Was-<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 19<br />

Die Position des Wirtschaftsministeriums<br />

zur Liberalisierung<br />

der <strong>Wasser</strong>wirtschaft<br />

im Zusammengang mit dem<br />

globalen Wettbewerb fasst<br />

gut die Rede des Staatssekretärs,<br />

Dr. A. Tacke zusammen:<br />

www.bmwi.de/bmwa/<br />

generator/Navigation/<br />

Presse/reden-undstatements,did=5332.html<br />

☞ 20<br />

Die beiden Anträge sind<br />

ungekürzt als Download<br />

verfügbar unter: http://dip.<br />

bundestag.de/btd/15/005/<br />

1500576.pdf<br />

und http://dip.bundestag.<br />

de/btd/15/013/1501317.pdf<br />

57


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 21<br />

Informationen zum Fall Ghana<br />

fi nden Ihre SchülerInnen<br />

unter: www. swisscoalition.ch/<br />

deutsch/fi les/T EkDn.pdf<br />

Ein Interview ist verfügbar<br />

unter: www.menschen-rechtwasser.de/downloads/3<br />

1 1<br />

interview-kwesi-owusu.pdf<br />

Ausführliche Infos in<br />

engl. Sprache unter:<br />

www.afrol.com/News2002/<br />

gha015 water privat.htm und<br />

www.citizen.org/cmep/Water/<br />

cmep Water/reports/ghana/<br />

☞ 22<br />

Weitere Informationen zum<br />

Widerstand gegen Privatisierungen<br />

im Süden sind verfügbar<br />

unter:<br />

www.swisscoalition.ch/<br />

deutsch/fi les/T EkDn.pdf oder<br />

ausführlicher in englischer<br />

Sprache unter<br />

www.citizen.org/cmep/Water/<br />

cmep Water/reports<br />

☞ 23<br />

Eine Petition an das Internationale<br />

Zentrum zur Beilegung<br />

von Investitionsstreitigkeiten,<br />

die <strong>ein</strong>e Beteiligung der<br />

Betroffenen am Verfahren<br />

<strong>ein</strong>fordert fi nden Sie unter<br />

www.democracyctr.org/<br />

bechtel/international<br />

petition.htm<br />

☞ 24<br />

Lassen Sie die SchülerInnen<br />

recherchieren, was Globalisierungskritiker<br />

fordern und<br />

welche Mittel sie <strong>ein</strong>setzen:<br />

www.attac.de<br />

www.gerechtigkeit-jetzt.de<br />

www.weed-online.org<br />

www.menschen-rechtwasser.de<br />

www.kosa.org<br />

58<br />

serversorgung sollte <strong>ein</strong>e volle Kostendeckung<br />

erreicht werden <strong>–</strong> in <strong>ein</strong>em Land, in dem über<br />

50% der Menschen von weniger als <strong>ein</strong>em Dollar<br />

pro Tag leben. Da der Vertrag das private Unternehmen<br />

zu k<strong>ein</strong>en Investitionen verpfl ichtet,<br />

wird Ghana auch nach der Privatisierung hunderte<br />

Millionen Dollar in die Erneuerung der urbanen<br />

<strong>Wasser</strong>-Infrastruktur stecken müssen. ☞ 21<br />

Wichtige multilaterale Geber sind auch die<br />

Entwicklungsbanken Europas, Asiens, <strong>Afrika</strong>s und<br />

Lat<strong>ein</strong>amerikas. Vor allem die asiatische Entwicklungsbank<br />

engagiert sich stark im <strong>Wasser</strong>sektor.<br />

Sie alle orientieren sich mehr oder weniger an<br />

der Politik der Weltbank und deren Konditionalität<br />

für Kredite. Auch wenn nicht direkt Privatisierungen<br />

verlangt werden, so wird doch der Erhalt<br />

von Geldern der Entwicklungszusammenarbeit<br />

häufi g von Bedingungen abhängig gemacht,<br />

die in Richtung <strong>ein</strong>er Kommerzialisierung der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung in den Entwicklungsländern<br />

steuern. Eine spätere Privatisierung wird dadurch<br />

erleichtert. So ist z.B. geplant, dass der von der<br />

Europäischen Union für die Länder <strong>Afrika</strong>s und<br />

der Karibik aufgelegte <strong>Wasser</strong>fonds nur an Länder<br />

gehen soll, die <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>sektorreform vorweisen<br />

können. Auch bundesdeutsche Geber, wie<br />

etwa die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit<br />

(GTZ), die Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />

(KFW) und auch das Entwicklungshilfeministerium<br />

(BMZ), setzen auf solche Sektorreformen.<br />

5. Weltweiter Widerstand und die<br />

Forderungen der Globalisierungskritiker?<br />

Viele negative Beispiele belegen, die verheerenden<br />

Folgen, die <strong>ein</strong>e Privatisierung haben kann.<br />

Doch gerade auch im Süden engagieren sich viele<br />

Menschen mit Erfolg gegen <strong>ein</strong>e Verschlechterung<br />

ihrer Lebensbedingungen als Folge von<br />

Privatisierungen lebenswichtiger Dienstleistungen.<br />

☞ 22<br />

Als etwa in der argentinischen Provinz<br />

Tucumán der Konzern Vivendi 1993 die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

und Abwasserbeseitigung übernahm,<br />

wurden die Tarife sogleich um durchschnittlich<br />

100% erhöht. Die Betroffenen reagierten mit<br />

zivilem Ungehorsam, auch weil die <strong>Wasser</strong>qualität<br />

sich verschlechtert hatte und Keime im Leitungswasser<br />

entdeckt wurden. Ein Zahlungsboykott<br />

erreichte schließlich, dass der Verkauf 1998 rückgängig<br />

gemacht wurde. Das Unternehmen zog<br />

sich zurück, klagte aber bei der Weltbank. Diese<br />

entschied gegen das Unternehmen.<br />

Auch der Fall Cochabamba erreichte traurige<br />

Berühmtheit: Cochabamba ist die drittgrößten<br />

Stadt Boliviens. Mit dem Verkauf, des städtische<br />

<strong>Wasser</strong>unternehmens 1999 wurden die Preise für<br />

<strong>Wasser</strong> im Januar 2000 auf <strong>ein</strong>en Schlag verdoppelt.<br />

Bei <strong>ein</strong>em Durchschnitts<strong>ein</strong>kommen von 60-<br />

100 US$ pro Monat wirkte sich die Erhöhung für<br />

die ärmere Bevölkerung verheerend aus. Die <strong>Wasser</strong>rechnung<br />

verschlang bis zu 25% <strong>ein</strong>es Monatslohns.<br />

Eine Welle des Protests mündete im April<br />

2000 in <strong>ein</strong>en Volksaufstand. Die Regierung reagiert<br />

mit militärischer Gewalt. Eine Person wird<br />

erschossen, über 100 werden verletzt. Schließlich<br />

gab die Regierung nach und kündigt den Vertrag.<br />

Die <strong>Wasser</strong>versorgung ging zurück in staatliche<br />

Hände. Die Firma hat inzwischen <strong>ein</strong>en Prozess<br />

angestrengt gegen die bolivianische Regierung,<br />

von der sie 25 Millionen US Dollar Schadenersatz<br />

fordert. ☞ 23 Die Möglichkeit zu solchen Klagen<br />

besteht vor dem Internationalen Zentrum zur<br />

Lösung von Investitionsstreitigkeiten.<br />

Auch in Deutschland arbeiten viele globalisie<br />

rungskritische Gruppen zum Thema Privatisierung<br />

und Globalisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />

☞ 24 Sie haben sich teilweise zu Netzwerken<br />

zusam men geschlossen, um wie in der Kampagne<br />

„Gerechtigkeit jetzt“ ihre Kräfte zu bündeln.<br />

Besonders engagierte Kampagnenarbeit in der<br />

<strong>Wasser</strong>frage leisten Attac und „Brot für die Welt“.<br />

Der Ver<strong>ein</strong> WEED-Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung<br />

hat vor allem durch zahlreiche Studien<br />

und Arbeitspapiere viele inhaltliche Aspekte beigetragen.<br />

Der Arbeitskreis <strong>Wasser</strong> beim Forum<br />

Umwelt und Entwicklung versucht die Arbeit in<br />

Deutschland zu koordinieren. Die <strong>Koordination</strong><br />

<strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong> KOSA e.V. beschäftigen sich mit<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgung speziell im südlichen <strong>Afrika</strong>.<br />

Die Forderungen der NGO richten sich in<br />

erster Linie an die eigene Regierung. Die Hauptforderungen<br />

lauten:<br />

• Transparenz bei allen Verhandlungen und<br />

Entscheidungen<br />

• Partizipation der Zivilgesellschaft und der<br />

betroffenen Bevölkerung bei allen Planungen<br />

und Entscheidungen<br />

• Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammen<br />

arbeit im <strong>Wasser</strong>sektor<br />

• Anerkennung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />

• Konzentration der <strong>ein</strong>gesetzten Mittel auf die<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung der Ärmsten vor allem im<br />

ländlichen Raum<br />

• Effi zienter Einsatz der Mittel durch<br />

Bevorzugung kostengünstiger Techniken


• K<strong>ein</strong> Druck durch Geldgeber zur<br />

Privatsektorbeteiligung<br />

• Bevorzugte Unterstützung öffentlicher bzw.<br />

gem<strong>ein</strong>nütziger Lösungen<br />

• Beschränkung der Privatsektorbeteiligung auf<br />

Teilbereiche unter Aufsicht <strong>ein</strong>er effi zienten<br />

Regulierungsbehörde<br />

• K<strong>ein</strong>e Regelung für den <strong>Wasser</strong>bereich im GATS-<br />

Rahmen<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 8 Arbeitsblatt MIII <strong>–</strong> 8 zeigt zum Abschluss<br />

als Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements<br />

<strong>ein</strong>e Presseerklärung von WEED und Attac<br />

zur laufenden Welthandelrunde, in der <strong>ein</strong>ige<br />

der in dieser Unterrichts<strong>ein</strong>heit angesprochenen<br />

Themen noch <strong>ein</strong>mal angesprochen werden.<br />

6. Exkurs:<br />

Globaler Flaschenhandel<br />

Der Wettbewerb auf dem globalen <strong>Wasser</strong>markt<br />

berifft nicht nur um die Übernahme der so genannten<br />

leitungsgebundenen <strong>Wasser</strong>systeme.<br />

Auch andere transnationale Unternehmen werden<br />

im Zuge der Globalisierung im <strong>Wasser</strong>sektor ökonomisch<br />

aktiv. ☞ 25 Der Markt für Flaschenwasser<br />

in den Ländern des Südens, vor allem in<br />

den so genannten Schwellenländern boomt. Der<br />

globale Flaschenwassermarkt wird von großen<br />

Konzernen beherrscht. Nestlé, Danone, Coca-Cola<br />

und Pepsi vermarkten Flaschenwasser fast überall<br />

auf der Welt. Auch die französischen Konzerne<br />

Veolia und Suez/ONDEO, die primär im Bereich<br />

der <strong>Wasser</strong>versorgungssysteme tätig sind, vermarkten<br />

inzwischen auch Flaschenwasser. Kl<strong>ein</strong>e<br />

lokale Anbieter werden von den großen Konzernen<br />

vom Markt verdrängt oder aufgekauft. Vor<br />

allem Märkte mit <strong>ein</strong>er großen Bevölkerung sollen<br />

erobert werden, so in Indien und China.<br />

Als <strong>Wasser</strong> für die breite Bevölkerung in<br />

ärmeren Ländern hat Nestlé die Marke „Pure Life“<br />

kreiert. Sie wird in den <strong>ein</strong>zelnen Ländern abgefüllt<br />

und vermarktet. Auch bei ärmeren Schichten<br />

soll <strong>ein</strong> Markenbewussts<strong>ein</strong> geweckt werden.<br />

Mehr als 30 Millionen US$ pro Jahr werden für<br />

das Marketing dieses Produktes <strong>ein</strong>gesetzt (Flaschenwasser<br />

- der Markt boomt!, Frank Kürschner-Pelkmann,<br />

Hrsg.: Brot für die Welt, Stuttgart<br />

2003). ☞ 26<br />

In Pakistan wurde mit Seminaren zu Gesundheitsfragen,<br />

bei denen nicht direkt Werbung<br />

für „Pure Life“ betrieben wurde, die Qualität des<br />

Leitungswassers und von Flaschenwasser lokaler<br />

Anbieter aber negativ bewertet wurde. Angesichts<br />

globaler Kritik an solch fragwürdigen Formen<br />

der Werbung hat Nestlé diese Marketingform<br />

für „Pure Life“ inzwischen wieder <strong>ein</strong>gestellt.<br />

Auch in Indien besteht <strong>ein</strong> riesiger wachsender<br />

Markt für Flaschenwasser. Bisher beherrscht<br />

der indische Bisleri-Konzern das Geschäft in Indien.<br />

Angesichts der Konkurrenz der „global player“<br />

ist der Marktanteil von knapp 60% Mitte 2000<br />

auf 37,6 % im Februar 2002 gesunken. ☞ 27<br />

Flaschenwasser ist k<strong>ein</strong>e Alternative<br />

zum Leitungswasser. Flaschenwasser ist vor<br />

allem nicht nachhaltig. In den Ländern, in denen<br />

die Trinkwasserqualität unzureichend ist,<br />

erfordert die Verbesserung der Versorgung mit<br />

Leitungswasser sehr viel weniger Investitionen<br />

und laufende Kosten als die Versorgung mit Flaschenwasser.<br />

Flaschenwasser ist gerade für die<br />

ärmeren Menschen all<strong>ein</strong> wegen der hohen Preise<br />

k<strong>ein</strong>e wirkliche Alternative. Die Armen bezahlen<br />

dabei um <strong>ein</strong> Vielfaches höhere Preise als für alle<br />

anderen Formen der <strong>Wasser</strong>versorgung. Nicht<br />

nur fi nanzielle, auch ökologische Gesichtspunkte<br />

lassen den globalen Boom von Flaschenwasser<br />

fragwürdig ersch<strong>ein</strong>en. Denn das zentrale Abfüllen<br />

von Milliarden Flaschen <strong>Wasser</strong> bereiten große<br />

ökologische Probleme <strong>–</strong> zumal in Ländern, in<br />

denen <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong> knappes <strong>Gut</strong> ist.<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ 25<br />

Ein Hintergrund-Papier<br />

zum Thema Flaschenwasser<br />

ist als Download verfügbar<br />

unter: www.menschenrecht-wasser.de/downloads/3_1_5_hintergrundfl<br />

aschenwasser.pdf<br />

☞ 26<br />

Wie bewerten es ihre SchülerInnen,<br />

dass angesichts<br />

der <strong>Wasser</strong>misere in vielen<br />

ärmeren Ländern und den<br />

knappen öffentlichen Geldern<br />

Millionen für Marketing<br />

ausgegeben werden.<br />

☞ 27<br />

Fragen Sie die SchülerInnen,<br />

ob es <strong>ein</strong>en Unterschied<br />

macht, ob nationale Unternehmen<br />

oder internationale<br />

Konzerne den Flaschenmarkt<br />

in Entwicklungsländern<br />

beherrschen?<br />

59


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 1<br />

Privat oder öffentlich?<br />

60<br />

Optionen für Privatsektorbeteiligungen, Zuständigkeit und<br />

Verantwortung<br />

Option<br />

Öffentliche Versorgung<br />

Dienstleistungsvertrag<br />

Managementvertrag<br />

Leasing/Pachtvertrag<br />

Konzessionsvertrag<br />

BOT-Vertrag<br />

(Built-Operate-Transfer)<br />

Vollständige<br />

Privatisierung<br />

Eigentum<br />

der<br />

Anlagen<br />

öffentlich<br />

Betrieb<br />

und<br />

Instandhaltung<br />

öffentlich<br />

Investitionen<br />

öffentlich<br />

Geschäftsrisiko<br />

öffentlich<br />

privat privat privat privat<br />

Quelle: Weltbank; jedoch bearbeitet für Unterrichtszwecke<br />

Dauer<br />

Beteiligung<br />

der<br />

öffentlichen<br />

Hand<br />

unbegrenzt<br />

Maximum<br />

unbegrenzt<br />

Minimum<br />

Aufgabe<br />

• Bitte füllen Sie zunächst gem<strong>ein</strong>sam die Tabelle aus, indem Sie entscheiden, bei welchen der<br />

Vertragsarten das Eigentum, die Verantwortung für die genannten Aufgaben und das Risiko eher<br />

„öffentlich“ oder „privat“ bleiben. Füllen Sie auch für welche Zeiträume die Verträge in der Regel<br />

abgeschlossen werden.<br />

• Diskutieren Sie dann in der Gruppe, bei welchen Privatisierungsarten staatliche Kontrolle und<br />

Regulierung am notwendigsten sind. Vergeben Sie Ziffern von 0 <strong>–</strong> 5, wobei die 0 für k<strong>ein</strong>en Bedarf<br />

steht und die 5 für starken Regulierungsbedarf.<br />

• Diskutieren Sie dann, was staatliche Regulierungsbehörden im <strong>Wasser</strong>sektor vor allem<br />

kontrollieren sollten.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 2<br />

Wie lautet<br />

Ihre M<strong>ein</strong>ung?<br />

61<br />

Fakten und Argumente<br />

Pro oder Kontra Privatinvestitionen<br />

der Konzerne?<br />

In den Entwicklungsländern fi nanziert der öffentliche Sektor 65-70% der Infrastruktur in der<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung, Entwicklungshilfegelder fi nanzieren 10-15%, ebensoviel internationale private<br />

Unternehmen und etwa 5% die <strong>ein</strong>heimische Privatwirtschaft (World Panel on Financing<br />

Water Infrastructure, 2003).<br />

Pro: 10-15 % private Investitionen durch internationale<br />

Konzerne ist viel Geld. Immerhin<br />

schätzt die Weltbank die Gesamtinvestitionen<br />

auf 60 Mrd. US$. Durch private Investitionen<br />

fl ießt viel Geld in die <strong>Wasser</strong>versorgung der<br />

Entwicklungsländer.<br />

Kontra: Nur weil die Privatwirtschaft sich mit<br />

10-15% an der Finanzierung beteiligt, sollte<br />

man ihr die Versorgung der Bevölkerung mit <strong>ein</strong>em<br />

lebenswichtigen <strong>Gut</strong> nicht überlassen und<br />

lieber die demokratische Kontrolle über <strong>ein</strong>en<br />

lebenswichtigen Sektor verteidigen.<br />

Seit 1996 sind die Privatinvestitionen in Entwicklungsländern rückläufi g, da die Risiken offenbar<br />

zu groß und die Gewinne zu gering sind. Dort wo der größte Anteil der Menschen k<strong>ein</strong>en<br />

Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, etwa in ländlichen Regionen, besteht soundso kaum<br />

Hoffnung auf private Investoren.<br />

Pro: Dann sollte die Politik versuchen, den<br />

privaten Unternehmen zusätzliche Anreize zu<br />

geben, damit Privatinvestitionen sich wieder<br />

lohnen, z.B. durch Subventionen.<br />

Kontra: Nun sollte die Politik endlich die Wege<br />

<strong>ein</strong>schlagen, die notwendig sind, um die Armen<br />

zu versorgen. Auf k<strong>ein</strong>en Fall sollten öffentliche<br />

Gelder fl ießen, um Unternehmen Gewinne zu<br />

sichern.<br />

Auch dort, wo sich die private Wirtschaft im <strong>Wasser</strong>sektor engagiert, sind der größte Teil der<br />

investierten Gelder Kredite der Weltbank und anderer Entwicklungsbanken, es handelt sich<br />

also auch hier vorwiegend um öffentliche Gelder.<br />

Pro: Aber die Weltbank vergibt eben k<strong>ein</strong>e Kredite<br />

an öffentliche Unternehmen, wenn diese<br />

nicht kreditwürdig sind, daher muss der Weg<br />

über die Privatwirtschaft gehen.<br />

Kontra: Es muss <strong>ein</strong>e Regelung getroffen werden,<br />

damit auch fi nanzschwache Kommunen<br />

Kredite der Weltbank und der Entwicklungsbanken<br />

erhalten können.<br />

Investitionen des Privatsektors im <strong>Wasser</strong>bereich erreichen die Armen oft nicht. Die Konzerne<br />

suchen sich die „Filetstücke“ heraus und investieren in den lukrativen Metropolen der Schwellenländer.<br />

Die dort erzielten Gewinne werden nicht <strong>ein</strong>gesetzt zur Quersubventionierung unrentabler<br />

Gebiete, sondern fl ießen den Aktionären zu.<br />

Pro: Dass private Geldanleger <strong>ein</strong> Rendite haben<br />

wollen, ist nur fair.<br />

Kontra: Dass Anleger <strong>ein</strong>e Rendite erzielen,<br />

wenn Arme darunter leiden, ist unmoralisch.<br />

Werden private Investitionen mit Entwicklungshilfegeldern gefördert, fehlt das Geld für <strong>Wasser</strong>projekte<br />

in den Ländern, die es am nötigsten brauchen.<br />

Pro: Aber immerhin fl ießt mehr Geld in die großen<br />

Städte der Schwellenländer. Die Menschen<br />

dort profi tieren. Man muss die Prioritäten so<br />

setzen, dass insgesamt am meisten Geld mobilisiert<br />

wird.<br />

Kontra: Gelder der Entwicklungszusammen≠arb<br />

eit sollten mit Priorität dort <strong>ein</strong>gesetzt werden,<br />

wo die Menschen profi tieren, die unsere Unterstützung<br />

am nötigsten brauchen.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 3<br />

Private und öffentliche<br />

Unternehmen:<br />

Gibt es <strong>ein</strong>en Unterschied?<br />

62<br />

Folgende Zahlen ergaben sich bei der Überprüfung von 304 Weltbankprojekten im <strong>Wasser</strong>sektor durch<br />

die Evaluationsabteilung der Weltbank:<br />

Leistungskriterium Mit Privatsektorbeteiligung Ohne Privatsektorbeteiligung<br />

Anteil der Haushalte mit<br />

<strong>Wasser</strong>anschluss<br />

Anteil der Haushalte mit<br />

Abwasseranschluss<br />

Vor<br />

Projektbeginn<br />

„<strong>Wasser</strong> für alle“<br />

Nach<br />

Projektbeginn<br />

Vor<br />

Projektbeginn<br />

Nach<br />

Projektbeginn<br />

66% 80% 70% 86%<br />

38% 48% 32% 41%<br />

„Effi zienz der Dienstsleistung“<br />

<strong>Wasser</strong>verluste im System 53% 46% 40% 38%<br />

Zahl der Angestellten<br />

pro 1000 angeschlossene<br />

Haushalte<br />

Wirtschaftliche Nachhaltigkeit<br />

(Betriebskosten/<br />

Gebühren<strong>ein</strong>nahmen)<br />

Ökologische Nachhaltigkeit<br />

(Anteil des ger<strong>ein</strong>igten<br />

am gesamten<br />

Abwasser)<br />

8,2 4,2 7,6 4,4<br />

„Nachhaltigkeit der Dienstleistung“<br />

0.77 0.70 0.71 0.66<br />

7% 13% 9% 31%<br />

Quelle: OED (Operation and Evaluation Department, World Bank) 2003, Report Nr. 26443, Effi cient,<br />

Sustainable Service for All?<br />

Aufgaben<br />

1. Welche prozentuellen Steigerungen lassen sich bei privaten und öffentlichen Unternehmen ausmachen,<br />

bezüglich der Anschlüsse von Haushalten an <strong>Wasser</strong>ver- und Abwasserentsorgung? Sind<br />

die Unterschiede aussagekräftig?<br />

2. Die privaten Unternehmen waren erfolgreicher, die <strong>Wasser</strong>verluste im System zu verringern. Um<br />

wie viel Prozent? Ist der Unterschied aussagekräftig? Wenn ja, haben Sie <strong>ein</strong>e Vermutung, warum<br />

private Unternehmen sich hier mehr engagieren?<br />

3. Angenommen die privaten und öffentlichen Unternehmen versorgen jeweils 10 Mill. Haushalte,<br />

wie viele Arbeitsplätze gingen im Projektzeitraum bei den öffentlichen, wie viele bei den privaten<br />

verloren? Gibt es <strong>ein</strong>en relevanten Unterschied?<br />

4. Der Anteil der ger<strong>ein</strong>igten Abwässer ist bei den öffentlichen Unternehmen erheblich höher. Welche<br />

Gründe vermuten Sie?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 4<br />

Erfolg oder<br />

Misserfolg?<br />

63<br />

Das Beispiel: Manila<br />

1995 waren in der philippinischen Metropole<br />

Manila 3,6 Millionen Menschen nicht an die<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung angeschlossen. Sie waren<br />

darauf angewiesen, <strong>Wasser</strong> bei kl<strong>ein</strong>en privaten<br />

Straßenhändlern zu kaufen und gaben dafür <strong>ein</strong><br />

Vielfaches dessen aus, was diejenigen zahlten,<br />

die an <strong>ein</strong> Leitungsnetz angeschlossen waren. Mit<br />

der Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung im Jahr<br />

1997 wurden zwei Unternehmen im Konzessionsvertrag<br />

verpfl ichtet, den Großteil der Bevölkerung<br />

mit der öffentlichen <strong>Wasser</strong>versorgung zu<br />

verbinden.<br />

Innerhalb von fünf Jahren wurden tatsächlich<br />

rund zwei Millionen Menschen mehr an das<br />

System angeschlossen. Die Zahl der Neuanschlüsse<br />

stieg pro Jahr von ca. 17.000 auf 54.000.<br />

Doch die ver<strong>ein</strong>barten Zielvorgaben wurden bis<br />

Ende 2003 nicht erreicht. Auch die Berechnung<br />

der Erfolgszahlen wird bezweifelt, so dass diese<br />

möglicherweise nach unten korrigiert werden<br />

müssen. Das Ausmaß der <strong>Wasser</strong>verluste durch<br />

lecke Rohe und <strong>Wasser</strong>diebstahl hat sich im Gebiet<br />

<strong>ein</strong>er der beiden Unternehmen sogar erhöht,<br />

bei dem anderen stagnieren die Verluste. Bis zum<br />

Jahr 2003 waren in beiden Zonen die <strong>Wasser</strong>gebühren<br />

auf das Zwei- bis Fünffache angestiegen.<br />

Kinder in Manila spielen im Abfall am <strong>Wasser</strong><br />

Eine Befragung der Einwohner im Jahr 2000<br />

ergab <strong>ein</strong> gemischtes Bild: 33% fanden die Versorgung<br />

besser, 55% sahen k<strong>ein</strong>en Unterschied<br />

und 12 stellten sogar <strong>ein</strong>e Verschlechterung seit<br />

der Privatisierung fest (UNDP Bericht über die<br />

menschliche Entwicklung 2003, S. 149).<br />

Die Qualität der Versorgung wird vor allem<br />

in den Armenvierteln bemängelt. Der <strong>Wasser</strong>druck<br />

reiche nicht aus, um das Rohrsystem<br />

keimfrei zu halten. Cholera-Erkrankungen seien<br />

die Folge. Die Firma verteidigt sich: Bei dem<br />

großen Ausmaß der <strong>Wasser</strong>diebstähle durch illegale<br />

Anschlüsse sei es k<strong>ein</strong> Wunder, dass Keime<br />

ins <strong>Wasser</strong> geraten. Viele arme Haushalte ohne<br />

<strong>Wasser</strong>anschlüsse können sich jedoch das teure<br />

<strong>Wasser</strong> von privaten Händlern nicht leisten und<br />

sind angewiesen darauf, <strong>Wasser</strong> illegal zu zapfen.<br />

Aufgrund der vielen Probleme, haben die beiden<br />

Konzessionäre darum gebeten, die Konzession<br />

zurückgeben zu dürfen.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 5a<br />

Arme als Kunden?<br />

Funktioniert das?<br />

64<br />

(…)<br />

4.6 Schlussfolgerung<br />

Schwache Regulierungskapazitäten haben sicherlich<br />

zu den Problemen mit der Konzession beigetragen.<br />

Die Probleme haben jedoch ihre Wurzeln<br />

in den Mythen darüber, was markt-orientierte<br />

Lösungen der Dienstleistungsversorgung behaupten<br />

leisten zu können. Zuerst werden kommunale<br />

Verwaltungen zu der konzeptionellen Idee <strong>ein</strong>er<br />

Konzessionsvergabe verlockt mit dem Versprechen,<br />

dass der Privatsektor das wirtschaftliche<br />

Risiko bezüglich s<strong>ein</strong>er fi nanziellen Investitionen<br />

trägt. In der Praxis sind die Kommunalverwaltungen<br />

jedoch nicht davor gefeit, die fi nanzielle Last<br />

der wirtschaftlichen Risiken zu tragen, sollten<br />

die Konditionen der Ver<strong>ein</strong>barungen über die<br />

Erbringung der Dienstleistungen für den Konzessionär<br />

nicht mehr vorteilhaft s<strong>ein</strong>.<br />

Die Einführung von Konzessionen in <strong>ein</strong>er<br />

noch jungen Demokratie untergräbt den Aufbau<br />

<strong>ein</strong>er ohnehin schon schwachen lokalen Verwaltung.<br />

(…)<br />

Die Lektion, die bisher in diesem Prozess<br />

sowohl dem Konzessionär als auch der lokalen<br />

Verwaltung erteilt wurde, lautet, dass technische<br />

Lösungen die Probleme der Armut nicht lösen<br />

können. Die Bezahlung von Dienstleistungen ist<br />

nicht <strong>ein</strong>fach <strong>ein</strong>e technische Frage von klaren<br />

an die Kunden gerichteten Rechnungen und der<br />

Einrichtung von Kundenservice-Stellen in den<br />

Township-Gebieten. Die Bezahlung von Dienstleistungen<br />

ist <strong>ein</strong>e politische Frage, wenn sie<br />

die Zahlungsfähigkeit armer Menschen berührt.<br />

Die Geschichte der Apartheid und die historisch<br />

katastrophale Versorgung mit Dienstleistungen<br />

in den Townships machen verständlich, wie das<br />

Problem der Nicht-Zahlung gelöst werden könnte.<br />

Ein Beginn wäre, die Menschen in den Gem<strong>ein</strong>den<br />

in den Dienstleistungsprozess <strong>ein</strong>zubeziehen,<br />

damit sie besser verstehen, wie die Versorgung<br />

mit Dienstleistungen funktioniert, was es bedeutet<br />

<strong>ein</strong> verantwortlicher „Kunde“ zu s<strong>ein</strong>, und wie<br />

der Dienstleistungserbringer zur Verantwortung<br />

gezogen werden kann.<br />

Diese Schritte sind Teil <strong>ein</strong>er Demokratisierung<br />

der Dienstleistungen, sie müssen gesteuert<br />

werden von der kommunalen Verwaltung und den<br />

politischen Repräsentanten.<br />

Eine Konzession beansprucht <strong>ein</strong>e nützliche<br />

Versorgungsalternative für Dienstleistungen zu<br />

s<strong>ein</strong>, indem sie die dringend benötigten Finanzmittel<br />

und technisches Fachwissen anbietet<br />

<strong>–</strong> jedoch nicht auf Kosten der Aushöhlung der<br />

St eue rungsfähigkeit von kommunalen Vertretungen<br />

und indem die Fähigkeit gering verdienender<br />

Bevölkerungsgruppen unterhöhlt wird, Zugang zu<br />

<strong>Wasser</strong> zu bekommen.<br />

Hier b<strong>ein</strong>haltet die Konzession <strong>ein</strong> Paradox<br />

als Dienstleistungs-Versorgungs-Modell. Sie<br />

wurde zwar <strong>ein</strong>gerichtet, um die Bedürfnisse der<br />

Armen zu befriedigen, doch die Logik von Profi t<br />

und Effi zienz, die das Management der Konzession<br />

leitet, führt nicht zu der Geduld und Flexibilität,<br />

die die Versorgung der Armen erfordert.<br />

Außerdem ist der Management-Stil von privaten<br />

Unternehmen darauf ausgerichtet, Macht und<br />

Entscheidungsprozesse über die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

in abgeschotteten Wirtschaftunternehmen<br />

zu konzentrieren <strong>–</strong> <strong>ein</strong> Trend, der gegenläufi g zu<br />

Demokratisierungsprozessen verläuft, welche unbedingt<br />

notwendig sind, wenn Dienstleistungen<br />

in <strong>ein</strong>er sozial gerechten Weise erbracht werden<br />

sollen. Die Einschätzung, ob die Konzession <strong>ein</strong><br />

angemessenes Dienstleistungs-Versorgungs-Modell<br />

für Nelspruit ist, lautet, dass diese offensichtlich<br />

nicht geeignet ist, die Versorgung mit<br />

<strong>ein</strong>er lebenswichtigen Dienstleistung in Gebieten<br />

mit hohen Armutsraten zu gewährleisten.<br />

(Aus: Dr. Laïla Smith, Testing the limits of<br />

market-based solutions to the delivery of essential<br />

services: the Nelspruit Water Con ces sion, Centre for<br />

Policy Studies, Johannesburg 2003)<br />

Aufgabe<br />

Bitte schreiben Sie <strong>ein</strong>e kurze Zeitungsnotiz von<br />

ca. 100 Worten, in der die wichtigsten Ergebnisse<br />

der Untersuchung zusammengefasst sind.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IIII<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 5b<br />

The Poor as Customers?<br />

Does it work?<br />

65<br />

(…)<br />

4.6 Conclusion<br />

Poor regulatory capacity has certainly contributed<br />

to a crisis in the governance regime of<br />

the concession. The problems facing the concession,<br />

however, are rooted in the myths of<br />

whatmarket oriented service delivery solutions<br />

purport to offer. First, local authorities are<br />

drawn to the conceptual idea of concessions<br />

because of the promise that the private sector<br />

will take the commercial risk through its fi nancial<br />

investment. In practice, however, the local authority<br />

is not immune from bearing the fi nancial<br />

burden of these commercial risks should the<br />

conditions of the service delivery agreement<br />

no longer be favourable to the concessionaire.<br />

The introduction of a concession in a fl edgling<br />

democracy undermines the building of an already<br />

weak local authority. (…)<br />

The lessons learnt in this process to date<br />

have taught both the concessionaire and the<br />

local authority that technical solutions do not<br />

solve the political problems of poverty. The<br />

payment for services is not simply a technical<br />

matter of getting clear bills out to service users<br />

and establishing kiosks for customer care within<br />

township areas. The payment for services is a<br />

political issue when it comes to poor people’s<br />

ability to pay. The history of apartheid and<br />

the historically abysmal context of service<br />

delivery to townships matter in shaping an<br />

understanding of how to resolve the nonpayment<br />

problem. A starting point is to involve<br />

communities more widely in the service delivery<br />

process so that they can better understand how<br />

service delivery works, what it means to be a<br />

responsible ‘customer’ and how to hold their<br />

provider accountable. These steps are part of<br />

democratising service delivery and must be<br />

steered by the local authority and its political<br />

representatives.<br />

A concession claims to be a useful service<br />

delivery alternative in offering much needed<br />

fi nancial services and technical expertise but not<br />

if is at the cost of eroding the governance of the<br />

local authority and undermining the ability of<br />

low income communities to access water.<br />

Here is where the concession presents a<br />

paradox as a service delivery model. As a service<br />

delivery model set out to meet the needs of the<br />

poor, the logic of profi t and effi ciency that drive<br />

the management of concessions does not lend<br />

itself to the patience and fl exibility required to<br />

deliver services to poor people. Furthermore,<br />

the management style of concessions is to<br />

concentrate power and the decision making<br />

processes of water distribution into a ring fenced<br />

business unit <strong>–</strong> a trend that moves counter to<br />

the democratisation processes that are vital if<br />

services are to be delivered in a socially just<br />

manner. In appraising whether the concession<br />

was the appropriate service delivery model for<br />

Nelspruit, the evidence suggests that this model<br />

is not suitable for the delivery of an essential<br />

service like water in areas with high levels of<br />

poverty.<br />

(From: Dr. Laïla Smith, Testing the limits of<br />

market-based solutions to the delivery of essential<br />

services: the Nelspruit Water Conces sion, Centre for<br />

Policy Studies, Johannesburg 2003).<br />

Aufgaben<br />

Bitte lesen Sie den Text, ohne jedes Wort zu<br />

übersetzen. Versuchen Sie den Sinn zu verstehen<br />

und beantworten Sie kurz folgende Fragen:<br />

1. Nennen Sie bitte drei Gründe für das<br />

Scheitern der Privatisierung.<br />

2. Welche Auswirkungen hat die Privatisierung<br />

auf die Demokratisierung?<br />

3. Welches Paradox b<strong>ein</strong>haltet die Privatisierung?<br />

4. Wie lautet die abschließende<br />

Schlussfolgerung?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 6<br />

Macht GATS den Umweltschutz<br />

zum Handelshemmnis?<br />

66<br />

GATS-Prinzipien Prinzipien des deutschen Umweltrechtes<br />

Notwendigkeitsklausel:<br />

Regierungen müssen aufgrund der Notwendigkeitsklausel<br />

(Art. VI, GATS) nachweisen, dass<br />

alle national getroffenen Maßnahmen und<br />

Regulierungen „die am wenigsten handelsverzerrende<br />

Option darstellen.<br />

<strong>Wasser</strong>-Dienstleistungsnorm:<br />

Eine <strong>Wasser</strong>-Dienstleistungsnorm verpfl ichtet<br />

alle im <strong>Wasser</strong>sektor aktiven Unternehmen, ihre<br />

Dienstleistungen nach festgeschriebenen Qualitätskriterien<br />

zu erbringen.<br />

Vorsorgeprinzip:<br />

Das Vorsorgeprinzip schreibt <strong>ein</strong>en vorsichtigen<br />

und nachhaltigen Umgang mit dem <strong>Wasser</strong>haushalt<br />

vor. Regierungen sind demnach verpfl<br />

ichtet, vorsichtig und zum Wohle des Bürgers<br />

sowie der Umwelt zu handeln, und zwar besonders<br />

dann, wenn über <strong>ein</strong>e Frage noch nicht<br />

genügend gesicherte Erkenntnisse verfügbar<br />

sind.<br />

Minimierungsgebot:<br />

Im deutschen Umweltrecht gilt das Minimierungsgebot.<br />

Es b<strong>ein</strong>haltet, dass <strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>betrieb<br />

auch bei Einhaltung der Grenzwerte ständig<br />

bemüht s<strong>ein</strong> muss, den Schadstoffgehalt im<br />

Trinkwasser zu minimieren.<br />

Aufgabe in Partnerarbeit<br />

Suchen sie sich je <strong>ein</strong>e der beiden folgenden Positionen aus und diskutieren Sie kontrovers:<br />

Das<br />

Vorsorge prin zip ist als<br />

wichtigste Errungenschaft des<br />

Umweltrechts sowie des Verbraucherschutzes<br />

zu sehen. Sie dient den<br />

Menschen und der Umwelt. Die Notwendigkeitsklausel<br />

des GATS da gegen<br />

dient den Interessen internationaler<br />

Konzerne. Sie sorgt für <strong>ein</strong>en Standard,<br />

der sich an den Staaten mit<br />

den geringsten Umweltaufl agen<br />

orientiert.<br />

Bei <strong>ein</strong>em globalen<br />

Handelssystem<br />

müssen für alle Unternehmen<br />

gleiche Bedingungen herrschen,<br />

sonst kann es k<strong>ein</strong>en funktionierenden<br />

Wettbewerb geben. Daher sind<br />

Normen für alle Staaten sinnvoll und<br />

notwendig. Das Minimierungsgebot<br />

führt dazu, dass Staaten mit besonders<br />

sorgfältigen Umweltschützern<br />

im globalen Wettbewerb<br />

benachteiligt werden.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 7<br />

Deutscher Bundestag,<br />

15. Wahlperiode<br />

Drucksache 15/576<br />

Drucksache 15/1317<br />

67<br />

Antrag der Fraktionen SPD und<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

GATS-Verhandlungen <strong>–</strong><br />

Transparenz und Flexibilität<br />

sichern<br />

(…) Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung<br />

auf,<br />

1. auf die EU-Kommission nachdrücklich <strong>ein</strong>zuwirken,<br />

dass diese die Zeitabläufe der nationalen<br />

Parlamente stärker berücksichtigt,<br />

damit die Regierungen der Mitgliedstaaten<br />

ihre Parlamente früher und umfassender informieren.<br />

So können diese die komplexen<br />

Vertragsangebote angemessen beraten. Auf<br />

Vertraulichkeit kann dabei weitgehend verzichtet<br />

werden;<br />

2. alle betroffenen Fachausschüsse des Deutschen<br />

Bundestages frühzeitig, regel mäßig,<br />

umfassend und detailliert über den Fortgang<br />

der GATS-Verhandlungen zu informieren, damit<br />

der Deutsche Bundes tag rechtzeitig vor<br />

grundsätzlichen Stellung nahmen zu Liberalisierungsangeboten<br />

der EU an die WTO-Mitgliedstaaten<br />

s<strong>ein</strong> Votum abgeben kann;<br />

3. die betroffenen und interessierten Organisationen<br />

und Verbände, insbesondere die<br />

Sozialpartner frühzeitig und im Detail zu informieren<br />

und ihnen offi ziell Gelegenheit zur<br />

Stellungnahme geben;<br />

4. durch die EU-Kommission darauf hinzuwirken,<br />

geeignete Formen der Transparenz der<br />

GATS-Verhandlungen für <strong>ein</strong>e breitenwirksame<br />

Partizipations- und Diskussionsmöglichkeit zu<br />

fi nden, zum Beispiel, indem alle rele van ten<br />

Verhandlungsangebote und Verhandlungsforderungen<br />

auf der entsprechenden Internetseite<br />

<strong>ein</strong>gestellt werden, und so auch <strong>ein</strong>er<br />

breiteren Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme<br />

gegeben wird. (…)<br />

Berlin, den 12. März 2003<br />

Franz Müntefering und Fraktion/ Katrin Dagmar<br />

Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion<br />

Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/<br />

DIE GRÜNEN<br />

Sicherung <strong>ein</strong>es fairen und nachhaltigen<br />

Handels durch <strong>ein</strong>e umfassende<br />

entwicklungsorientierte<br />

Welthandelsrunde<br />

Der Bundestag wolle beschließen:<br />

(…) Widersprüchlich ist, dass die EU <strong>ein</strong>erseits<br />

die eigenen <strong>Wasser</strong>märkte nicht im Rahmen des<br />

GATS-Abkommens liberalisieren möchte, andererseits<br />

aber Forderungen zur Öffnung der Märkte<br />

im <strong>Wasser</strong>sektor an viele Entwicklungsländer<br />

gestellt hat. <strong>Wasser</strong> kann nicht wie <strong>ein</strong>e beliebige<br />

Ware, <strong>ein</strong> beliebiges Handelsgut betrachtet werden.<br />

Deshalb sollte k<strong>ein</strong> Druck erzeugt werden,<br />

diesen Bereich im Rahmen des GATS-Abkommens<br />

regulieren zu wollen. Viele Entwicklungsländer<br />

verfügen nicht über die institutionellen Voraussetzungen<br />

für sozial und ökonomisch sinnvolle<br />

Marktöffnung. Deshalb ist im weiteren Verlauf der<br />

GATS-Verhandlungen verstärkte Transparenz und<br />

Sicherung der Flexibilität geboten. (…)<br />

III. Der Deutsche Bundestag fordert die<br />

Bundesregierung auf,<br />

(…) sich dafür <strong>ein</strong>zusetzen, dass die EU k<strong>ein</strong>en<br />

Druck erzeugt, den Bereich <strong>Wasser</strong> im Rahmen<br />

des GATS-Abkommens zu regeln. Die EU sollte<br />

auf Forderungen bei der <strong>Wasser</strong>versorgung an die<br />

Entwicklungsländer verzichten. (…)<br />

Berlin, den 1. Juli 2003<br />

Franz Müntefering und Fraktion/<br />

Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion<br />

Aufgabe<br />

Obwohl diese beiden Anträge durch den Bundestag<br />

beschlossen wurden, hat die EU im Rahmen<br />

des GATS an 65 Entwicklungsländer die Forderung<br />

nach Öffnung ihrer <strong>Wasser</strong>märkte gestellt. Wie<br />

die Bundesregierung sich in den Verhandlungen<br />

mit der EU verhielt, ist unbekannt, da „vertraulich“.<br />

Wie beurteilen Sie diesen Vorgang unter<br />

dem Gesichtspunkt der Demokratie? Welche Forderungen<br />

wären an <strong>ein</strong> demokratisches Verhandlungsverfahren<br />

zu stellen?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />

☞ MIII <strong>–</strong> 8<br />

Hoher Preis für<br />

leere Versprechungen<br />

68<br />

Pressemitteilung <strong>–</strong> Frankfurt, 30. Juli 2004<br />

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac und<br />

die Nichtregierungsorganisation Weed haben<br />

anlässlich der Verhandlungen um <strong>ein</strong> WTO-Rahmenabkommen<br />

scharfe Kritik an der Politik von<br />

EU und Bundesregierung geübt. „Die angeblich<br />

weitreichenden Zugeständnisse der EU im Agrarbereich<br />

entpuppen sich beim Blick ins Detail als<br />

leere Versprechungen“, sagte Pia Eberhardt von<br />

der Attac AG Welthandel & WTO. „Dass Herr Clement<br />

für dieses Nicht-Zugeständnis <strong>ein</strong>e radikale<br />

Öffnung der Märkte für Dienstleistungen und Industriegüter<br />

in Entwicklungsländern <strong>ein</strong>fordert,<br />

ist <strong>ein</strong> schlechter Scherz.“<br />

So fehle der Zusage zum Abbau von Subventionen<br />

die Substanz. „Statt sich auf <strong>ein</strong>e<br />

schnelle Abschaffung aller Exportsubventionen<br />

zu verpfl ichten, hantiert die EU mit Formulierungen,<br />

die ihr erlauben, diesen Schritt auf den<br />

Sanktnimmerl<strong>ein</strong>stag zu verschieben“, kritisierte<br />

Pia Eberhardt. Es gebe daher k<strong>ein</strong>en Grund, über<br />

die Vorschläge im Agrarbereich in Jubelschreie<br />

auszubrechen.<br />

Mit der Liberalisierung ihrer Dienstleistungs-<br />

und Industriesektoren würden Entwicklungsländer<br />

für die leeren Versprechen im<br />

Agrarbereich <strong>ein</strong>en hohen Preis zahlen. „Die<br />

Aufgabe<br />

Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen und<br />

notieren sie dazu Stichworte:<br />

• Welches Zugeständnis hat die EU in den<br />

WTO-Rahmenverhandlungen gegenüber der<br />

Entwicklungsländern gemacht?<br />

• Was fordert die EU im gegenzug von den<br />

Entwicklungsländern?<br />

Attac und Weed kritisieren Position der<br />

Bundesregierung und Druck auf Entwicklungsländer<br />

in WTO-Verhandlungen<br />

Marktöffnungsforderungen der EU würden wichtige<br />

wirtschaftspolitische Spielräume in Entwicklungsländern<br />

beschneiden und ihre Armutskrise<br />

weiter verschärfen“, kritisierte Peter Fuchs,<br />

Referent für Handelspolitik bei Weed (Weltwirtschaft,<br />

Ökologie & Entwicklung). „Es geht EU<br />

und Bundesregierung all<strong>ein</strong> um den freien Durchmarsch<br />

transnationaler Konzerne auf die Märkte<br />

der Welt“, so Fuchs. „Dass diese Politik unter dem<br />

Banner <strong>ein</strong>er `Entwicklungsrunde´ verfolgt wird,<br />

ist der Gipfel der Tatsachenverdrehung.“<br />

Eine Ablehnung des geplanten Abkommens<br />

durch die Entwicklungsländer wäre daher gerechtfertigt.<br />

Allerdings sei zu befürchten, dass<br />

sie den Druckmechanismen von Seiten der Industrieländer<br />

nicht länger standhalten können.<br />

Schon bei früheren Verhandlungen war mit der<br />

Streichung von Entwicklungshilfe oder Krediten<br />

gedroht worden. „Es wäre <strong>ein</strong> Skandal, wenn<br />

auch diesmal wieder mit undemokratischen Mitteln<br />

<strong>ein</strong>e ‚Koalition der Willigen‘ geschaffen würde“,<br />

sagte Peter Fuchs.<br />

Für Rückfragen:<br />

Pia Eberhardt, attac, 0221-923 6861<br />

Peter Fuchs, Weed, 0177 - 633 4900<br />

• Was kritisieren Attac und Weed an den<br />

Zugeständnissen und Forderungen?<br />

• Welche Motive werden der EU und der<br />

Bundesregierung unterstellt?<br />

• Was befürchten die Autoren für die<br />

Entwicklungsländer?


Politische und infrastrukturelle Perspektiven<br />

<strong>Wasser</strong> für alle<br />

Zielgruppe: Klassen 11/13<br />

Giederung<br />

I. Ein nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong><br />

1. „Nachhaltige Entwicklung“ <strong>–</strong> <strong>ein</strong>e Zielvorstellung mit Zielkonfl ikten<br />

2. Was wäre <strong>ein</strong> „nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ bei uns?<br />

3. Beispiel für <strong>ein</strong>en „nachhaltigen Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ in Uganda.<br />

II. „<strong>Wasser</strong> für alle“ <strong>–</strong> das Jahrtausendziel<br />

1. Das „Milleniumsziel“: Die Zahl der Menschen ohne <strong>Wasser</strong>zugang halbieren<br />

2. So wird das Milleniumsziel verfehlt.<br />

3. Wie das Milleniumsziel erreicht werden könnte<br />

III. Die neue UN-<strong>Wasser</strong>dekade <strong>–</strong> Eine Verlogenheit?<br />

IV. Das fi nale <strong>Wasser</strong>quiz<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

69


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ 1<br />

„Das Recht auf Entwicklung<br />

muss so erfüllt werden, dass<br />

den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen<br />

heutiger<br />

und künftiger Generationen in<br />

gerechter Weise entsprochen<br />

wird“.<br />

(Erklärung von Rio 1992)<br />

☞ 2<br />

Es sch<strong>ein</strong>t an dieser Stelle<br />

sinnvoll, die Zielvorstellung<br />

<strong>ein</strong>er „nachhaltigen Entwicklung“<br />

in den Unterricht<br />

<strong>ein</strong>zubringen. Das Leitbild soll<br />

dabei helfen, ökonomische,<br />

ökologische und soziale Belange<br />

„zusammenzudenken“<br />

und sich der Zielkonfl ikte<br />

bewusster zu werden. Noch<br />

komplizierter wird das Ganze,<br />

wenn wir es auch noch hinsichtlich<br />

der Auswirkungen auf<br />

die kommenden Generationen<br />

refl ektieren sollen.<br />

<strong>Wasser</strong> für alle<br />

70<br />

Themenfelder und<br />

didaktischer Hintergrund<br />

<strong>Wasser</strong>mangel und <strong>Wasser</strong>verschmutzung bedrohen<br />

Leben und Gesundheit von vielen Menschen<br />

in Ländern des Südens. „<strong>Wasser</strong> für alle“ gehört<br />

daher zu den wichtigsten Entwicklungszielen der<br />

Menschheit. Ein „nachhaltiger Umgang“ mit <strong>Wasser</strong><br />

ist aber auch <strong>ein</strong>e Zukunftsfrage der gesamten<br />

Menschheit. Auch wir in den reichen <strong>–</strong> meist<br />

auch regenreichen <strong>–</strong> Ländern des Nordens müssen<br />

<strong>ein</strong> Interesse daran haben, dass alle Menschen<br />

Zugang zu sauberem <strong>Wasser</strong> haben, wollen<br />

wir nicht auf <strong>ein</strong>e Zukunft zusteuern, in welcher<br />

der Kampf um das Lebensmittel <strong>Wasser</strong> weltweit<br />

zu Kriegen und Katastrophen führt.<br />

Was <strong>ein</strong> „nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong>“<br />

für den Norden und für den Süden bedeutet,<br />

soll an dieser Stelle refl ektiert werden. Dabei<br />

werden die verschiedenen, durchaus auch im<br />

Widerstreit stehenden Dimensionen <strong>ein</strong>er „nachhaltigen<br />

Entwicklung“ aufgezeigt: Ökonomie,<br />

Ökologie und Gerechtigkeit. Das Aufbringen der<br />

ökonomischen Investitionen, <strong>ein</strong>e angemessene<br />

Versorgung aller Menschen mit Trinkwasser, <strong>ein</strong>e<br />

langfristige Erhaltung der Ressource <strong>Wasser</strong>, die<br />

aufwendige Klärung der Abwässer <strong>–</strong> all dies wäre<br />

immer wieder gegen<strong>ein</strong>ander abzuwägen und zu<br />

entscheiden.<br />

<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong> Ökosystem, das regional<br />

genutzt wird. Dies bedeutet auch, dass <strong>ein</strong><br />

„nachhaltiger Umgang mit dem <strong>Wasser</strong>“ nur im<br />

jeweiligen (regionalen) Kontext gefunden werden<br />

kann. So mag <strong>Wasser</strong>sparen als Postulat für niederschlagsarme<br />

Regionen sinnvoll s<strong>ein</strong>; als kategorischer<br />

Imperativ für Deutschland ist es aber<br />

mehr als fragwürdig.<br />

Wenn das Ziel „<strong>Wasser</strong> für alle“ tatsächlich<br />

erreicht werden soll, sind neue und zusätzliche<br />

Anstrengungen notwendig. Das von den Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen verkündete Milleniumsziel, die Zahl<br />

der Menschen ohne sichere Trinkwasserversorgung<br />

bis 2015 zu halbieren, wird nicht erreicht<br />

werden, wenn die Anstrengungen nicht vermehrt<br />

werden und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit<br />

weiter stagnieren.<br />

I. Ein nachhaltiger<br />

Umgang mit <strong>Wasser</strong><br />

1. „Nachhaltige Entwicklung“<br />

<strong>–</strong> <strong>ein</strong>e Zielvorstellung mit<br />

Zielkonfl ikten<br />

Spätestens seit der Rio-Konferenz 1992 ist die<br />

Forderung nach <strong>ein</strong>er „nachhaltigen Entwicklung“<br />

auf der Tagesordnung der Weltpolitik. Sie b<strong>ein</strong>haltet<br />

<strong>ein</strong>e Vorstellung von „Entwicklung“, welche<br />

die Grenzen der Ökosysteme ebenso beachtet<br />

wie die Lebensbedürfnisse aller Menschen. ☞ 1<br />

Die Integration von Ökonomie (Bereitstellung<br />

der Mittel), Ökologie (Erhaltung der Ökosysteme)<br />

und Gerechtigkeit (angemessene Lebensbedingungen<br />

für alle Menschen und zukünftige<br />

Generationen) ist der wesentliche Fortschritt<br />

dieses „Modells“, das Entwicklung nicht länger<br />

lediglich als Erfolgsziffer für Wirtschaftswachstum<br />

ansieht. Doch die Einbeziehung dieser drei<br />

Dimensionen bringt <strong>ein</strong>e Reihe von Zielkonfl ikten<br />

mit sich, die jeweils konkret in Abwägung aller<br />

Faktoren entschieden werden müssen. ☞ 2<br />

Dies soll hier am Beispiel des <strong>Wasser</strong>s konkretisiert<br />

werden ☞ MIV <strong>–</strong> 1.<br />

<strong>Wasser</strong> muss zunächst als ökonomischer Faktor<br />

in Ersch<strong>ein</strong>ung treten, <strong>ein</strong>en Preis haben. Die<br />

kostenlose, unbeschränkte Verfügung über <strong>Wasser</strong><br />

ist kaum sinnvoll, setzt sie doch voraus, dass<br />

die Ressource <strong>Wasser</strong> im Überfl uss vorhanden ist.<br />

Zudem müssten die Kosten für die Bereitstellung<br />

(und Verschwendung) von <strong>Wasser</strong> von der Allgem<strong>ein</strong>heit<br />

(etwa durch Steuern) getragen werden.<br />

Wenn <strong>Wasser</strong> stattdessen <strong>ein</strong>en Preis hat, in<br />

dem sich die tatsächlichen Kosten widerspiegeln,<br />

ist <strong>ein</strong> Anreiz zum kostenbewussten Umgang<br />

gegeben.<br />

Die Versorgung der Bevölkerung mit dem<br />

Lebensmittel <strong>Wasser</strong> ist aber nicht nur <strong>ein</strong>e Frage<br />

des Marktes, sondern sie bedarf politischer<br />

Vorgaben (etwa der Verpfl ichtung, die gesamte<br />

Bevölkerung in die <strong>Wasser</strong>versorgung <strong>ein</strong>zubeziehen<br />

und die Preise sozialverträglich zu gestalten,<br />

damit gerade auch die Armen <strong>ein</strong>en bezahlbaren<br />

Zugang zu sauberem <strong>Wasser</strong> haben). Auch das<br />

<strong>Wasser</strong>management muss entsprechend so gestaltet<br />

werden, dass es diese Zielsetzung erfüllen<br />

kann.


Das Leitbild <strong>ein</strong>er „nachhaltigen Entwicklung“<br />

Ökonomie<br />

Ziel: Bereitstellung der<br />

Mittel zur verantwortlichen<br />

Befriedigung<br />

der Bedürfnisse<br />

Gerechtigkeit<br />

Ziel: Angemessene Lebensbedingungen<br />

für alle<br />

Menschen und für zukünftige<br />

Generationen<br />

Ökologie<br />

Ziel: Erhaltung der<br />

Okosysteme<br />

Die soziale Dimension (Gerechtigkeit) zielt<br />

vor allem darauf, endlich allen Bevölkerungsgruppen<br />

<strong>ein</strong>en sicheren Zugang zu sauberem<br />

<strong>Wasser</strong> zu gewähren. Dies bedeutet nicht, dass<br />

die Haushalte aller Menschen an <strong>ein</strong> Leitungsnetz<br />

angeschlossen werden. Es soll aber als Minimum<br />

gewährleistet s<strong>ein</strong>, dass alle Menschen täglich<br />

in <strong>ein</strong>em Umkreis von maximal <strong>ein</strong>em Kilometer<br />

mindestens 20 Liter sauberes <strong>Wasser</strong> erhalten<br />

können <strong>–</strong> aus <strong>ein</strong>er öffentlichen Leitung, <strong>ein</strong>em<br />

vor Verunr<strong>ein</strong>igung geschützten Brunnen o.ä.<br />

(vgl. UN Water Report 2003, S. 113).<br />

Offen ist hierbei, wie die Kosten für die <strong>Wasser</strong>-Investitionen<br />

getragen werden, ob <strong>Wasser</strong> für<br />

alle gleich billig s<strong>ein</strong> soll, ob arme Bevölkerungsgruppen<br />

Subventionen erhalten oder ob durch<br />

Kontingentierungen (mengenmäßige Zuweisung)<br />

sichergestellt wird, dass <strong>ein</strong>e Basisversorgung für<br />

alle tatsächlich erreicht wird.<br />

„Nachhaltige Entwicklung“ fragt auch nach<br />

den Auswirkungen des <strong>Wasser</strong>verbrauchs auf die<br />

anderen, auf Bevölkerungsgruppen beispielsweise,<br />

deren Brunnen deshalb versiegen, weil anderenorts<br />

zuviel <strong>Wasser</strong> mit moderner Technologie<br />

dem Grundwasser entnommen wird. Und sie muss<br />

den Blick auf zukünftige Generationen richten<br />

und deren <strong>Wasser</strong>versorgung mit in die Planungen<br />

<strong>ein</strong>beziehen. ☞ 3<br />

Hier kommt dann auch die ökologische<br />

Dimension der Nachhaltigkeit zum Tragen. Die<br />

Entnahme aus Grundwasser oder Oberfl ächengewässern<br />

soll „nachhaltig“ s<strong>ein</strong>, muss sich an der<br />

natürlichen Regenerationsrate orientieren. Wenn<br />

mehr <strong>Wasser</strong> entnommen wird als sich im <strong>Wasser</strong>kreislauf<br />

wieder erneuert, führt dies langfristig<br />

zur Erschöpfung der Vorräte. Oft versanden dann<br />

Brunnen oder <strong>–</strong> in Ländern nahe der Meere <strong>–</strong><br />

Salzwasser dringt in Grundwasserbecken <strong>ein</strong> und<br />

macht diese unbrauchbar. Eine solche Nutzung<br />

wäre nicht nachhaltig.<br />

Diese Beurteilung trifft auch für <strong>ein</strong>en Umgang<br />

mit Abwässern zu, der zu <strong>ein</strong>er dauerhaften<br />

Schädigung von Ökosystemen führt. Mindestanforderungen<br />

an die Aufbereitung der Abwässer<br />

von Industrie und Haushalte sind <strong>ein</strong>zuhalten.<br />

Für weite Teile der „Dritten Welt“ geht es hier<br />

vor allem um die Entsorgung der Fäkalien. Diese<br />

muss so geschehen, dass nicht Krankheitserreger<br />

auf Menschen übertragen werden und auf Felder<br />

und Nahrungsmittel oder gar ins Trinkwasser<br />

gelangen können. Als Mindeststandard nennt die<br />

WHO geschlossene Latrinen jeweils für <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>ere<br />

Bevölkerungsgruppe, so dass Exkremente<br />

nicht mit der Hand entsorgt werden müssen.<br />

Die Zielkonfl ikte dieser Dimensionen liegen<br />

auf der Hand. ☞ 4 Soll <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>-Grundversorgung<br />

der Bevölkerung in ländlichen Gebieten<br />

<strong>Afrika</strong>s durch <strong>ein</strong>en schnellen Ausbau von Tiefbrunnen<br />

erreicht werden, deren Nutzung aber zu<br />

<strong>ein</strong>em Absinken des Grundwasserspiegels führt<br />

und damit ökologisch nicht nachhaltig wäre?<br />

Soll <strong>Wasser</strong> kostenlos an die Stadtbevölkerung<br />

abgegeben und dabei in Kauf genommen werden,<br />

dass sich auch die Reichen entsprechend üppig<br />

bedienen und <strong>Wasser</strong> verschwenden oder dass<br />

die Finanzmittel zum Ausbau der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

weiterhin fehlen werden? Oder soll <strong>Wasser</strong><br />

kostendeckend verkauft werden, auch wenn sich<br />

der ärmste Teil der Bevölkerung dies kaum wird<br />

leisten können? Oder aber würde <strong>ein</strong> Einheitspreis<br />

bei den <strong>Wasser</strong>gebühren vielleicht sogar<br />

den armen Bevölkerungsgruppen nützen, weil sie<br />

heute vielfach auf kommerzielle <strong>Wasser</strong>händler<br />

angewiesen sind und die relativ höchsten Preise<br />

für ihr <strong>Wasser</strong> zahlen?<br />

Einfache Antworten auf derartige Fragen<br />

kann es nicht geben <strong>–</strong> und doch kann <strong>ein</strong> „nachhaltiger<br />

Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ nur dann für die<br />

konkrete Situation formuliert werden, wenn diese<br />

Zielkonfl ikte abgewogen worden sind.<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ 3<br />

Fragen Sie die SchülerInnen,<br />

ob Sie den Terminus<br />

„nachhaltige Entwicklung“<br />

(sustainable development)<br />

schon <strong>ein</strong>mal gehört haben<br />

und was sie damit verbinden.<br />

(Nur 13% der deutschen<br />

Bevölkerung können damit<br />

etwas anfangen)<br />

☞ 4<br />

Die ökonomischen, ökologischen<br />

und sozialen Zielkonfl<br />

ikte können an dieser Stelle<br />

nur angedeutet und sicher<br />

nicht gelöst werden. Es geht<br />

aber darum, sich der Widersprüchlichkeit<br />

der verschiedenen<br />

Dimensionen bewusst<br />

zu werden und zu erkennen,<br />

dass <strong>ein</strong>dimensionale Lösungen<br />

wenig weiterhelfen.<br />

71


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ 5<br />

Das Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 2 gibt<br />

<strong>ein</strong>en älteren Artikel (1998)<br />

aus dem „fi fty:fi fty <strong>–</strong> Magazin“<br />

wieder. Dieser wurde<br />

ausgewählt, weil hier immerhin<br />

noch der Versuch <strong>ein</strong>er<br />

Begründung für die Notwendigkeit<br />

des <strong>Wasser</strong>sparens<br />

gemacht wird. In fast allen<br />

anderen Aufrufen genügt der<br />

Hinweis auf die knappe und<br />

kostbare Ressource <strong>Wasser</strong> als<br />

Begründung offenbar aus.<br />

Das andere (konträre) Arbeitsblatt<br />

MIV <strong>–</strong> 3 enthält<br />

die Aussage von zwei Umweltwissenschaftlern,<br />

dass<br />

<strong>Wasser</strong>-Sparen in Deutschland<br />

Unsinn sei.<br />

Beide Arbeitsblätter sollten<br />

als Kopien der SchülerInnen<br />

zugänglich gemacht werden.<br />

☞ 6<br />

Viele Schulen und Gruppen<br />

haben <strong>Wasser</strong>spar-Aktionen<br />

durchgeführt und die<br />

SchülerInnen zum <strong>Wasser</strong>sparen<br />

aufgefordert. Wenn<br />

hier mit bester Absicht und<br />

Engagement Einsparungen<br />

erzielt worden sind, die sich<br />

ja auch noch positiv auf der<br />

<strong>Wasser</strong>rechnung bemerkbar<br />

machen, bedeutet es schon<br />

<strong>ein</strong>e Provokation MIV <strong>–</strong> 3,<br />

die Behauptung aufzustellen,<br />

<strong>Wasser</strong>sparen sei Unsinn. Deshalb<br />

sollte man hier behutsam<br />

argumentieren.<br />

Jedoch eröffnet sich auch die<br />

Lernchance, Setzungen zu<br />

hinterfragen und Argumente<br />

gegen<strong>ein</strong>ander abzuwägen.<br />

Lassen Sie also wenn möglich<br />

<strong>ein</strong>e kontroverse Diskussion<br />

aufkommen. Eventuell können<br />

die beiden Seiten MIV <strong>–</strong> 2 und<br />

MIV <strong>–</strong> 3 arbeitsteilig bearbeitet<br />

werden.<br />

☞ 7<br />

Das Projekt „Frauen sammeln<br />

Regenwasser, Uganda“ ist nur<br />

<strong>ein</strong> Beispiel für <strong>ein</strong>en nach-<br />

72<br />

2. Was wäre <strong>ein</strong> „nachhaltiger<br />

Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ bei uns?<br />

In der BR Deutschland wird nur rund <strong>ein</strong> Viertel<br />

(23%) des verfügbaren, erneuerbaren <strong>Wasser</strong>s<br />

genutzt. Die Forderung nach Nachhaltigkeit sollte<br />

sich deshalb nicht auf die Aufforderung zum<br />

<strong>Wasser</strong>sparen konzentrieren, sondern vor allem<br />

die Vermeidung von Umweltbelastungen durch<br />

Abwässer und Schadstoffe in den Mittelpunkt<br />

stellen.<br />

Auch in der absehbaren Zukunft ist nicht<br />

damit zu rechnen, dass das <strong>Wasser</strong>dargebot in<br />

Deutschland unseren Verbrauch nicht decken<br />

könnte. Der Verbrauch in der Industrie ist zudem<br />

deutlich rückläufi g und auch in den Haushalten<br />

ging die Nachfrage in den letzten Jahren (1990<br />

bis 2000: - 12%) zurück. Vor diesem Hintergrund<br />

ist auffällig, dass viele gut-gem<strong>ein</strong>ten Umweltaktionen<br />

gerade im Bereich der Schulen das <strong>Wasser</strong>sparen<br />

in den Mittelpunkt stellen. Dies soll an<br />

dieser Stelle <strong>ein</strong>mal kritisch refl ektiert werden.<br />

☞ 5 Zwei Schülerarbeitsblätter, die in Kl<strong>ein</strong>gruppen<br />

arbeitsteilig bearbeitet werden sollten,<br />

stellen hierzu kontroverse Positionen vor:<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 2 fordert zum <strong>Wasser</strong>sparen auf und<br />

gibt dazu <strong>ein</strong>ige ökonomische und ökologische<br />

Argumente mit auf den Weg. Die hier gemachten<br />

Aussagen gelten sicher nicht nur für Hamburg.<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 3 gibt <strong>ein</strong>en gekürzten Artikel aus der<br />

FR wieder, in dem zwei Experten für Umweltrecht<br />

<strong>Wasser</strong>sparen in Deutschland als Unsinn bezeichnen<br />

und dagegen argumentieren. ☞ 6<br />

Es lohnt sich, die in beiden Artikel aufgestellten<br />

Argumente kritisch gegen<strong>ein</strong>ander zu<br />

stellen und zu bewerten. Die wichtigsten Argumente<br />

werden hier aufgelistet:<br />

3. Beispiel für <strong>ein</strong>en „nachhaltigen<br />

Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ in<br />

Uganda.<br />

„Nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ kann nur im<br />

ökonomischen, sozialen und ökologischen Kontext<br />

bestimmt werden. Deshalb kann hier auch<br />

nur anhand <strong>ein</strong>es Beispiels angedeutet werden,<br />

was <strong>ein</strong> nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong> in den<br />

Ländern des Südens bedeuten könnte.<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 4 Das Beispiel des Arbeitsblattes ist<br />

<strong>ein</strong>er Projektbeschreibung von Brot für die<br />

Welt entnommen. Es schildert, wie Frauen im<br />

Südwesten von Uganda durch den Bau von<br />

Regenwasserzisternen ihre <strong>Wasser</strong>situation<br />

nachhaltig verbessert haben. ☞ 7 Das auf den<br />

Wellblechdächern gesammelte Regenwasser<br />

wird in <strong>ein</strong>em verschlossenen Tank gesammelt<br />

und steht für den <strong>Wasser</strong>bedarf der Familie<br />

Argumente pro <strong>Wasser</strong>sparen Argumente contra <strong>Wasser</strong>sparen<br />

Regional ist es im Sommer an <strong>ein</strong>igen Orten<br />

auch in Deutschland immer wieder zu Engpässen<br />

in der <strong>Wasser</strong>versorgung gekommen.<br />

Die umfangreiche <strong>Wasser</strong>entnahme aus dem<br />

Grundwasser hat in <strong>ein</strong>igen Regionen bereits zu<br />

Austrocknung und zu <strong>Wasser</strong>stress für Flora und<br />

Fauna geführt.<br />

<strong>Wasser</strong>sparen macht den Bau umgangreicher<br />

Fernrohre zur <strong>Wasser</strong>versorgung überfl üssig.<br />

<strong>Wasser</strong>sparen erinnert an die Tatsache, dass für<br />

viele Menschen in der Welt <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e begrenzt<br />

verfügbare Ressource ist. <strong>Wasser</strong>sparen ist so<br />

Einüben in <strong>globales</strong>, ökologisches Denken.<br />

<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong>e bei uns im Überfl uss vorhandene<br />

Ressource. Auch regionale Engpässe ändern<br />

daran nichts.<br />

<strong>Wasser</strong> ist Teil <strong>ein</strong>es Kreislaufes und regeneriert<br />

sich ständig. Ein Ansparen für kommende Generationen<br />

ist ohnehin nicht möglich.<br />

Maßnahmen zum <strong>Wasser</strong>sparen wie die Regenwassernutzung<br />

durch <strong>ein</strong> separates Leitungssystem<br />

oder <strong>ein</strong> verkl<strong>ein</strong>ertes <strong>Wasser</strong>leitungsvolumen<br />

erfordern hohe ökonomische Investitionen<br />

und belasten die Umwelt durch Energieverbrauch<br />

und Stoffströme.<br />

Geht der <strong>Wasser</strong>verbrauch in Deutschland weiter<br />

zurück, so besteht die Gefahr von Korrosionsschäden<br />

und Verkeimung im Leitungsnetz.


zur Verfügung. Dadurch entfällt zunächst<br />

das mühsame <strong>Wasser</strong>holen in Fußmärschen<br />

von rund drei Stunden. Außerdem ist diese<br />

Art der <strong>Wasser</strong>versorgung ökonomischer und<br />

ökologischer als die Errichtung von Leitungssystemen<br />

in dünn-besiedelten Gebieten.<br />

Die Finanzierung der Zisternen erfolgt<br />

durch „Sparver<strong>ein</strong>e“, also durch das Ansparen<br />

kl<strong>ein</strong>er Beträge durch die Bedürftigen selbst<br />

(micro fi nancing). Die Menschen geben sich<br />

sozusagen selbst Kredit. 10 Personen schließen<br />

sich zusammen und sparen zusammen. Wenn<br />

das Geld für die Baumaterialien für <strong>ein</strong>e Zisterne<br />

zusammen ist, entscheidet das Los wer als erster<br />

in den Genuss <strong>ein</strong>er solchen Zisterne kommen<br />

soll. Durch diese Selbsthilfe ist garantiert, dass<br />

es sich wirklich um Projekte der Betroffenen<br />

handelt, deren Realisierung und zukünftige<br />

Wartung von den Nutzern selbst getragen wird<br />

(„ownership“).<br />

Finanzhilfe von außen gibt es seit <strong>ein</strong>iger<br />

Zeit dadurch, dass die Sparver<strong>ein</strong>e unterstützt<br />

werden: Wer bereits zwei Zisternen gebaut<br />

hat, erhält das Geld, um Baumaterialien für<br />

<strong>ein</strong>e dritte Zisterne zu kaufen. Dadurch soll die<br />

Verbreitung dieser Regenwassersammelstellen<br />

beschleunigt werden. Außerdem sch<strong>ein</strong>t jetzt<br />

auch die Distriktverwaltung daran interessiert,<br />

das „Modell Regenwasserzisterne“ zu fördern.<br />

☞ 8<br />

II. „<strong>Wasser</strong> für<br />

alle“ <strong>–</strong> das Jahrtausendziel<br />

1. Das „Milleniumsziel“:<br />

Die Zahl der Menschen ohne<br />

<strong>Wasser</strong>zugang halbieren.<br />

Im Jahre 2000 haben die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen die<br />

sogenannten Milleniumsziele beschlossen, die <strong>ein</strong>e<br />

drastische Reduzierung der Armut in der Welt<br />

bis zum Jahre 2015 vorsehen. Diese Zielsetzung<br />

wurde in quantifi zierbare Zielvorgaben übersetzt,<br />

deren Erreichen statistisch überprüfbar s<strong>ein</strong> soll.<br />

☞ 9<br />

Zu diesen Milleniumszielen gehört auch<br />

(Ziel 7, Zielvorstellung 10) <strong>ein</strong>e Halbierung der<br />

Zahl der Menschen, die ohne sichere Versorgung<br />

mit Trinkwasser leben. Der UN-<strong>Wasser</strong>report defi<br />

niert <strong>ein</strong>en sicheren Zugang zu <strong>Wasser</strong> so, dass<br />

in höchstens 1 Kilometer Entfernung täglich mindestens<br />

20 Liter (pro Kopf) sauberen <strong>Wasser</strong>s aus<br />

<strong>ein</strong>er sicheren Quelle (Leitung, Brunnen, Quelle,<br />

Regenwassersammler) entnommen werden können.<br />

Von 2000 bis 2015 soll die Zahl der Menschen<br />

ohne <strong>ein</strong>e solche minimale Trinkwasserversorgung<br />

von 1160 Mio. Menschen auf maximal<br />

580 Mio. Menschen reduziert werden MIV <strong>–</strong> 5.<br />

Diese Zielvorgabe ist wie alle Milleniumsziele<br />

durchaus ehrgeizig. Soll sie erreicht werden, so<br />

müsste bis zum Jahr 2015 laut UN jeden Tag rund<br />

274.000 Menschen <strong>ein</strong> neuer Zugang zu sauberem<br />

<strong>Wasser</strong> eröffnet werden. Diese Zahl berücksichtigt<br />

auch das Bevölkerungswachstum.<br />

2. So wird das Milleniumsziel<br />

verfehlt<br />

Schon <strong>ein</strong> Vergleich der Jahre 1990 und 2000<br />

macht deutlich, dass zusätzliche Anstrengungen<br />

notwendig sind, damit das Tempo der Verbesserungen<br />

beim Trinkwasserzugang mit dem Bevölkerungswachstum<br />

nicht nur Schritt hält sondern<br />

darüber hinausgeht. Im letzten Jahrzehnt des<br />

vergangenen Jahrhunderts nahm der Anteil der<br />

Weltbevölkerung ohne sicheren <strong>Wasser</strong>zugang<br />

um 5% ab, ganz offensichtlich zu wenig, um in<br />

<strong>ein</strong>em 15 Jahre <strong>–</strong> Zeitraum (Millieniumszielzeitrahmen<br />

2000 bis 2015) <strong>ein</strong>e Halbierung dieser<br />

Bevölkerungsgruppe zu erreichen. Für Schwarzafrika<br />

ist die Fortschrittsrate noch schlechter <strong>–</strong> bei<br />

gleichzeitig deutlich ungünstiger Ausgangslage.<br />

☞ 10 + MIV - 5<br />

So ist schon vier Jahre nach dem UN-Beschluss<br />

über die Milleniumsziele Skepsis darüber<br />

angebracht, ob das gesteckte Ziel <strong>ein</strong>er Halbierung<br />

der Zahl der Menschen ohne <strong>Wasser</strong>zugang<br />

tatsächlich erreicht werden kann. Nach Überzeugung<br />

von Weltbank und Währungsfonds wird das<br />

„<strong>Wasser</strong>ziel“ wegen erheblicher Lücken bei den<br />

Maßnahmen wie bei der Finanzierung verfehlt,<br />

vor allem in Schwarzafrika. Nur <strong>ein</strong> Fünftel der<br />

Länder waren im April 2004 „in der Spur“, d.h.<br />

ihre Zuwachsraten bei der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

waren so, dass man <strong>ein</strong> Erreichen des Milleniumssziels<br />

erwarten kann (vgl. Development Comitee:<br />

Global Monitoring Report 2004, näher ausgeführt<br />

auf dem Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 5.) ☞ 11<br />

3. Wie das Jahrtausendziel<br />

erreicht werden könnte.<br />

Welche Maßnahmen wären aber notwendig, um<br />

dieses „Milleniumsziel“ zu erreichen? Wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />

sind wir alle geneigt, dieses Vorhaben<br />

vor allem als <strong>ein</strong>e Frage des Geldes zu betrach-<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

haltigen Umgang mit <strong>Wasser</strong>.<br />

Weitere Beispiele können der<br />

Webseite www.menschenrechtwasser.de<br />

entnommen werden.<br />

Über das konkrete Beispiel<br />

hinaus ist beachtlich, dass die<br />

Eigeninitiative durch ausländische<br />

Finanzhilfe nicht erstickt<br />

wird. Ein Entwicklungsfi nanzier,<br />

der alle Kosten für den<br />

Bau von Regenwasserzisternen<br />

komplett übernimmt, würde<br />

die Verantwortlichkeit für<br />

das Vorhaben wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />

den betroffenen Menschen<br />

nehmen <strong>–</strong> mit entsprechenden<br />

Folgen für den Umgang mit<br />

den Zisternen.<br />

☞ 8<br />

Ein nachhaltiger Umgang<br />

mit <strong>Wasser</strong> ist nur im Kontext<br />

zu defi nieren und bedarf<br />

immer der Abwägung<br />

von Zielkonfl ikten. Andere<br />

Projektbeispiele für <strong>ein</strong>en<br />

nachhaltigen Umgang mit<br />

<strong>Wasser</strong> können sie der websitewww.menschenrechtwasser.de<br />

entnehmen.<br />

☞ 9<br />

Vielleicht lohnt es sich, die<br />

„Milleniumsziele“ im Unterricht<br />

näher zu analysieren.<br />

Einen Überblick über diese<br />

„millenium development<br />

goals“ fi nden Sie u.a. im<br />

Internet unter www.un.org/<br />

milleniumgoals (englisch) und<br />

unter www.aktionsprogramm2<br />

015.de (deutsch).<br />

Die Weltbank analysiert regelmäßig<br />

die Erfolge auf dem<br />

Weg zu diesen Zielen und<br />

weist entsprechende Statistiken<br />

aus www.developmentgo<br />

als.org.<br />

Die Bundesregierung hat <strong>ein</strong><br />

Aktionsprogramm 2015 verabschiedet,<br />

das überprüfbare<br />

politische Schritte der deutschen<br />

Politik zur Halbierung<br />

der Armut bis 2015 aufstellt.<br />

Näheres dazu unter www.aktio<br />

nsprogramm2015.de.<br />

73


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ 10<br />

Das Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 5 weist<br />

auf das Trinkwasser-bezogene<br />

„Milleniumziel“ hin und macht<br />

deutlich, dass dieses Ziel verfehlt<br />

werden wird, wenn nicht<br />

<strong>ein</strong>e deutliche Vergrößerung<br />

der Anstrengungen unternommen<br />

wird.<br />

Die SchülerInnen können<br />

die Fortschrittsraten bei der<br />

Trinkwasserversorgung zwischen<br />

1990 und 2000 analysieren<br />

und feststellen, dass<br />

sie nicht ausreichen, um das<br />

Milleniumsziel zu erreichen,<br />

wobei die regionalen Unterschiede<br />

aufschlussreich sind.<br />

☞ 11<br />

Eventuell können Sie Schülergruppen<br />

recherchieren lassen,<br />

inwieweit <strong>ein</strong>zelne Länder sich<br />

bei ihrer <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

dem Milleniumsziel nähern.<br />

Statistische Daten, die sich<br />

auf Fortschritte seit 2000<br />

beziehen, sind zur Zeit (Mai<br />

2004) nur zu <strong>ein</strong>zelnen Ländern<br />

zu fi nden. Recherchen<br />

unter www.undp.org/mdg/<br />

oder www.developmentgoals.<br />

org.<br />

Ausführlich mit der Entwicklung<br />

in Uganda befasst sich<br />

auch das Papier der Gem<strong>ein</strong>samen<br />

Konferenz Kirche und<br />

Entwicklung („Halbierung<br />

der extremen Armut“ vom<br />

April 2004. Download unter<br />

www.gkke.de).<br />

☞ 12<br />

Eventuell können Sie <strong>ein</strong>e<br />

Schülergruppe bitten, konkrete<br />

<strong>Wasser</strong>projekte im Rahmen<br />

der Entwicklungszusammenarbeit<br />

und deren Hintergrund<br />

zu beschreiben. Die Deutsche<br />

Gesellschaft für Technische<br />

Zusammenarbeit hat hierzu<br />

<strong>ein</strong>ige übersichtliche Informationen<br />

zusammengestellt<br />

(www.gtz.de unter Themen<br />

<strong>Wasser</strong>/Trinkwasser). Das<br />

katholische Hilfswerk Mise-<br />

74<br />

ten. Tatsächlich aber wären <strong>ein</strong>e Reform der politischen<br />

Institutionen und die Wahl neuer, effi -<br />

zienterer Technologien ebenso wichtig. Vor allem<br />

<strong>ein</strong>e Ausrichtung der gesamten <strong>Wasser</strong>politik und<br />

des <strong>Wasser</strong>managements auf die ärmeren Bevölkerungsgruppen<br />

wäre entscheidend. ☞ MIV - 6<br />

Das Arbeitsblatt MIV - 6 stellt <strong>ein</strong>zelne<br />

Maßnahmen im politischen, technischen und<br />

ökonomischen Bereich vor. Die SchülerInnen<br />

sollen die Maßnahmen den drei Rubriken<br />

zuordnen.<br />

Die Stichworte der Tabelle können nur andeuten,<br />

auf welchen Gebieten Regelungs- und<br />

Reformbedarf gegeben ist.<br />

Entscheidend ist zunächst aber die Erkenntnis,<br />

dass sowohl politische Reformen wichtig<br />

sind als auch neue, technische Lösungen und die<br />

ökonomische Mittelbereitstellung. Alle Faktoren<br />

bedingen sich gegenseitig und führen erst im<br />

Zusammenspiel zu <strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />

Im Bereich der politischen Reformen müssen<br />

die Kapazitäten von Verwaltung und Institutionen<br />

so ausgebaut werden, dass <strong>ein</strong> unabhängiges<br />

und effi zientes <strong>Wasser</strong>management betrieben<br />

werden kann. Die erforderlichen Umstellungen<br />

oder technischen Veränderungen bedürfen der<br />

Beratung und Bewussts<strong>ein</strong>sbildung der Bevöl-<br />

Politische Reformen<br />

Technische Lösungen<br />

Ökonomische Maßnahmen<br />

Maßnahmen<br />

kerung, aber auch fi nanzieller Anreize sowie der<br />

Bereitstellung von Investitionskrediten. Beides<br />

muss durch Institutionen geschehen, die dazu in<br />

der Lage sind, diese Aufgabe mit Autorität und<br />

ohne Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />

zu erledigen (Freiheit von Korruption).<br />

Die Bauern müssen dabei durch <strong>ein</strong>deutige<br />

Bodenrechtsauslegung die Sicherheit haben,<br />

dass ihre Investitionen und Anstrengungen sich<br />

lohnen und ihrem Land zugute kommen, was im<br />

Einzelfall Konfl ikte mit anderen Nutzern (z.B.<br />

Viehbesitzern) bedeuten kann. Die strategischen<br />

Ziele der <strong>Wasser</strong>politik sind natürlich abhängig<br />

vom jeweiligen Kontext. In manchen Ländern<br />

(Bewässerungslandwirtschaft) mag die Priorität<br />

auf der Effi zienzsteigerung der <strong>Wasser</strong>nutzungssysteme<br />

liegen. Andere Länder, die eher vom<br />

Regenfeldbau leben, müssen vielleicht vor allem<br />

gegen die Erosion der Böden vorgehen. Und Länder,<br />

die in stärkerem Maße Siedlungspolitik mit<br />

<strong>Wasser</strong>leitungssystemen betrieben haben, werden<br />

auf Klärung der Abwässer und <strong>ein</strong>e Mehrfachnutzung<br />

des <strong>Wasser</strong>s setzen.<br />

Entsprechend der strategischen Zielsetzung<br />

ergibt sich auch die Wahl der technischen Lösungen.<br />

Generell ist davon auszugehen, dass gerade<br />

in vielen Ländern, in den <strong>Wasser</strong> knapp ist, neue<br />

Technologien <strong>ein</strong> erhebliches Einsparpotential<br />

Finanzielle Zuschüsse für Bauern, die Investitionen zum<br />

<strong>Wasser</strong>sparen unternehmen<br />

Unabhängige und verlässliche Beratung und Zuschussgewährung<br />

Beratung zur Umstellung auf Produkte mit geringerem <strong>Wasser</strong>bedarf<br />

Beratung zur Vermeidung von Bodenerosion<br />

Eindeutige Bodenrechtsbestimmungen<br />

Tropf- statt Oberfl ächenbewässerung<br />

Nachtbewässerung<br />

Unterfolienbewässerung<br />

Mehrfachnutzung von geklärten Abwässern<br />

Einführung kostengünstiger Klärsysteme<br />

Maßnahmen zur Verringerung der Bodenerosion (St<strong>ein</strong>wälle,<br />

Bepfl anzung, Aufforstung)<br />

Staatliche Ausgabenprioritäten zugunsten <strong>ein</strong>er verbesserten<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung<br />

Internationale Geber unterstützen das verbesserte<br />

<strong>Wasser</strong>management<br />

Schuldenerleichterungen


mit sich bringen. So kann durch Umstellung von<br />

Oberfl ächen- auf Tropfbewässerung (vgl. dazu<br />

auch die Einheit I in dieser Broschüre) rund 50%<br />

des <strong>ein</strong>gesetzten <strong>Wasser</strong>s <strong>ein</strong>gespart werden.<br />

Weitere Verbrauchsminderungen sind gegeben,<br />

wenn beispielsweise die Verdunstungsrate durch<br />

Nachtbewässerung oder Folienbewässerung gesenkt<br />

wird. Andere wenig aufwendige Technologien<br />

wie kl<strong>ein</strong>e St<strong>ein</strong>wälle oder gezielte Düngungen<br />

können die Degradierung der Böden stoppen und<br />

Bodenqualität wieder herstellen. Andere Technologien<br />

betreffen die Einführung von Klärsystemen,<br />

<strong>ein</strong>e Voraussetzung für die Mehrfachnutzung<br />

von <strong>Wasser</strong>, die für viele Länder zumindest<br />

mittelfristig <strong>ein</strong>e große Bedeutung erhalten wird.<br />

Denn <strong>ein</strong>e nachhaltige Nutzung des <strong>Wasser</strong>s bedeutet<br />

auch, gebrauchtes <strong>Wasser</strong> in den <strong>Wasser</strong>kreislauf<br />

so (geklärt) zurückzuspeisen, dass <strong>ein</strong>e<br />

erneute Nutzung möglich ist.<br />

All dies bedarf ökonomischer Maßnahmen,<br />

damit die notwendigen Mittel auch bereitgestellt<br />

werden können. Hier sind zunächst die nationalen<br />

Regierungen (inkl. Provinzregierungen und<br />

Kommunen) gefragt, ihre Ausgabenprioritäten<br />

entsprechend so zu setzen, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

der Bevölkerung (insbesondere der Armen)<br />

nachhaltig verbessert wird. Ergänzend dazu<br />

können bilaterale und multilaterale Geber diese<br />

<strong>Wasser</strong>politik durch Finanzhilfen unterstützen.<br />

☞ 12 Auch Schuldenerleichterungen zugunsten<br />

<strong>ein</strong>er Armutsbekämpfungsstrategie, wie sie<br />

Programme der Weltbank und des Währungsfonds<br />

vorsehen, wären für <strong>ein</strong>e Erweiterung des<br />

fi nanziellen Handlungsrahmens im <strong>Wasser</strong>sektor<br />

wichtig.<br />

III. <strong>Wasser</strong> für<br />

alle <strong>–</strong> wollen wir<br />

das wirklich?<br />

Abschließend soll noch <strong>ein</strong>mal der Stellenwert<br />

von „<strong>Wasser</strong> für alle“ refl ektiert werden, den<br />

diese Zielsetzung in der internationalen Politik<br />

wie auch im Bewussts<strong>ein</strong> der hiesigen Bevölkerung<br />

hat. ☞ MIV <strong>–</strong> 7 Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 7 enthält<br />

den empathischen Appell von Seiten der UN an<br />

alle Staaten, Gem<strong>ein</strong>schaften und auch an die<br />

Einzelnen, Verantwortung zu übernehmen für<br />

das Menschenrecht <strong>Wasser</strong> und das Erreichen der<br />

Milleniumsziele zur Armutsbekämpfung. Dieser<br />

eher moralische Appell steht für <strong>ein</strong>e Vielzahl<br />

ähnlicher Aufrufe. ☞ 13<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 8 Von <strong>ein</strong>er ganz anderen Position her<br />

argumentiert der fi ktive Leserbrief im Arbeitsblatt<br />

MIV <strong>–</strong> 8. Hier spricht sich der Schreiber (<strong>ein</strong><br />

<strong>Wasser</strong>bauexperte) gegen die von der UNO für<br />

2005 bis 2015 beschlossene neue <strong>Wasser</strong>dekade<br />

(„Water for life“) aus. Solche Programme seien<br />

an Verlogenheit nicht mehr zu überbieten, weil<br />

weder in der Politik (etwa Bereitstellung von<br />

fi nanziellen Mitteln für <strong>ein</strong>e verbesserte <strong>Wasser</strong>versorgung)<br />

noch im Verhalten der Einzelnen zu<br />

erkennen sei, dass <strong>ein</strong> solches Ziel irgendwelche<br />

verbindlichen Konsequenzen hätte.<br />

Diese pessimistische Sicht trifft sicher den<br />

Zeitgeist und das Empfi nden der meisten SchülerInnen,<br />

die den PolitikerInnen ohnehin k<strong>ein</strong>e<br />

Kompetenz für die Lösung dringender Probleme<br />

zubilligen und die gesamte globale Entwicklung<br />

als Bewegung hin auf die Katastrophe ansehen.<br />

☞ 14<br />

Stützen die Fakten diese Weltsicht? Weder in<br />

der nationalen Politik der meisten Staaten noch<br />

in der internationalen Zusammenarbeit hat das<br />

„Menschenrecht <strong>Wasser</strong>“ Priorität. Die externen<br />

Finanzmittel für den Ausbau der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

liegen laut Weltbank bei rund 3 Mrd.<br />

Dollar/Jahr. Hinzu kommen noch Kredite in Höhe<br />

von 1 bis 1,5 Mrd. Dollar. Seit 1996 sind die diesbezüglichen<br />

Ausgaben für diesen Bereich leicht<br />

rückläufi g (vgl. Studie von Fritz Brugger, Brot für<br />

die Welt 2004).<br />

Bei der deutschen Entwicklungszusammenarbeit<br />

ist seit 2000 sogar <strong>ein</strong> deutlicher Rückgang<br />

bei den Finanzmitteln für den <strong>Wasser</strong>sektor feststellbar,<br />

obwohl Deutschland hier weiterhin zu<br />

den größten Gebern gehört. Es wäre aber kritisch<br />

zu bemerken, dass laut „Gem<strong>ein</strong>same Konferenz<br />

Kirche und Entwicklung“ die Gelder zu sehr auf<br />

Großsysteme (etwa Ausbau städtischer Abwässersysteme)<br />

ausgerichtet sind.<br />

Trotz dieser Einwände und Bedenken: Es<br />

sind Fortschritte bei der <strong>Wasser</strong>versorgung erzielt<br />

worden. So hat zwischen 1990 und 2000 die Zahl<br />

der Menschen ohne ausreichenden <strong>Wasser</strong>zugang<br />

um ca. 5% abgenommen, trotz des gleichzeitigen<br />

Bevölkerungswachstums. Allerdings ist das Tempo<br />

dieser Abnahme zu gering, um das sogenannte<br />

„Milleniumsziel“ zu erreichen.<br />

Vielleicht ist diese Lücke zwischen Notwendigkeit<br />

und Tatsachen schon das stärkste Argument<br />

für <strong>ein</strong>e neue UN-<strong>Wasser</strong>dekade. Sie soll<br />

das Interesse der internationalen Gem<strong>ein</strong>schaft<br />

und nicht zuletzt auch der Bevölkerungen auf das<br />

wichtige Ziel hin orientieren, die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

zu verbessern. Gerade weil in diesem Sektor<br />

zu wenig geschieht, soll durch <strong>ein</strong>e solche Dekade<br />

die Aufmerksamkeit auf die <strong>Wasser</strong>versorgung,<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

reor beschreibt ebenfalls<br />

ausführlich <strong>Wasser</strong>projekte<br />

und Hintergründe für die<br />

schlechte <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

(www.misereor.de).<br />

☞ 13<br />

Der Appell der Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen liegt als Arbeitsblatt<br />

sowohl in Englisch<br />

MIV <strong>–</strong> 7a als auch in Deutsch<br />

MIV <strong>–</strong> 7b vor. Er verweist auf<br />

die Verantwortung aller, sich<br />

gegen die Armut zu engagieren.<br />

Die Berechtigung und<br />

die begrenzte Reichweite<br />

derartiger Appelle wäre zu<br />

diskutieren.<br />

☞ 14<br />

Welchen Stellenwert haben<br />

globale Weltprobleme angesichts<br />

<strong>ein</strong>er als unsicher<br />

oder gar als bedroht erlebten<br />

eigenen Situation? Wer ist<br />

bereit, sich über die „Zukunft<br />

der Menschheit“ Gedanken<br />

zu machen, wenn die eigene<br />

Zukunft derart ungesichert<br />

ist? Derartige Fragen stehen<br />

im Raum, seitdem Zukunftspessimismus<br />

in fast alle<br />

gesellschaftlichen Schichten<br />

Einzug gehalten hat.<br />

Mit diesen Fragen ist auch<br />

die Reichweite des Globalen<br />

Lernens angesprochen. Dabei<br />

geht es allerdings nicht nur<br />

vordergründig um Egoismus<br />

vs. Altruismus. Es stellt sich<br />

auf die Frage <strong>ein</strong>er Zukunftsorientierung,<br />

die auf <strong>ein</strong>e<br />

Welt hinsteuert, die unseren<br />

Kindern die Chance <strong>ein</strong>es<br />

friedlichen Zusammenlebens<br />

lässt <strong>–</strong> und die <strong>ein</strong>e Bekämpfung<br />

der globalen Armut<br />

auch aus <strong>ein</strong>em Eigeninteresse<br />

heraus versteht.<br />

All dies kann im Zusammenhang<br />

mit dem „Leserbrief“<br />

im Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 8 zur<br />

Sprache kommen.<br />

Die Frage steht im Raum:<br />

„<strong>Wasser</strong> für alle“ <strong>–</strong> wollen wir<br />

das wirklich und was sind wir<br />

bereit, dafür zu tun?<br />

75


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ 15<br />

Das „fi nale Quiz“ MIV <strong>–</strong> 9<br />

verweist auf die wichtigsten<br />

Problemfelder des weltweiten<br />

<strong>Wasser</strong>verbrauchs und die<br />

Perspektiven ihrer Überwindung.<br />

Auch wenn die Antworten<br />

größtenteils geraten oder<br />

durch intelligente Zuordnung<br />

beantwortet werden, so zwingen<br />

sie doch dazu, sich wichtige<br />

Kennziffern noch <strong>ein</strong>mal<br />

vor Augen zu führen. Wichtig<br />

ist, dass bei der Besprechung<br />

alle Gruppen die richtigen<br />

Antworten <strong>ein</strong>tragen!<br />

76<br />

<strong>ein</strong>en Schlüsselsektor für Armutsbekämpfung,<br />

gelenkt werden.<br />

Dies würde allerdings auch voraussetzen,<br />

dass die Menschen bei uns stärker <strong>ein</strong>e globale<br />

Perspektive <strong>ein</strong>nehmen und erkennen, dass weltweite<br />

Armut und <strong>Wasser</strong>knappheit auch unsere<br />

Zukunft bedrohen. „Wer heute nur an sich selber<br />

denkt, verspielt neben der Zukunft anderer<br />

auch s<strong>ein</strong>e eigene“ (Gustav H<strong>ein</strong>emann). Welche<br />

Konsequenzen <strong>ein</strong>e solche globale Sicht haben<br />

müsste, darüber wäre zu streiten, wie auch über<br />

Maßnahmen zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen,<br />

über Energieverschwendung und<br />

bewussteren Umgang mit knappen Ressourcen.<br />

Entscheidend aber wäre wohl der Entschluss,<br />

dass es sich lohnt, eigene Wohlstandsinteressen<br />

und <strong>ein</strong>e nachhaltige Entwicklung immer wieder<br />

gegen<strong>ein</strong>ander abzuwägen und Lebensstil-Entscheidungen<br />

immer wieder neu zu überdenken.<br />

Auf diese Zusammenhänge will der „Leserbrief“<br />

verweisen, ohne fertige Antworten geben zu<br />

können.<br />

IV. Das fi nale<br />

<strong>Wasser</strong>quiz<br />

☞ 15 + MIV <strong>–</strong> 9<br />

Abschließend kann das „Quiz“ auf Arbeitsblatt<br />

MIV <strong>–</strong> 9 als Kopie (z.B. an Kl<strong>ein</strong>gruppen oder<br />

Paargruppen) verteilt werden. Es resümiert <strong>ein</strong>ige<br />

zentrale statistische Daten rund um das<br />

Thema „<strong>Wasser</strong> für alle“. Die Aufgabenstellung<br />

besteht darin, die zehn Zahlen den jeweiligen<br />

Aussagen zuzuordnen. Die Antworten sind<br />

schwierig und müssen wohl größtenteils geraten<br />

werden.<br />

Das Quiz ist somit eher <strong>ein</strong> Hilfsmittel, diese<br />

wichtigen Daten zu transportieren. Für jede richtige<br />

Antwort erhält die Gruppe <strong>ein</strong>en Punkt <strong>–</strong> und<br />

die Siegergruppe vielleicht <strong>ein</strong>en kl<strong>ein</strong>en Preis.


Lösungen zum Arbeitsblatt<br />

MIV <strong>–</strong> 9<br />

40.000.000.000 <strong>–</strong> So viele Stunden im Jahr<br />

verbringen die Menschen all<strong>ein</strong> in <strong>Afrika</strong> damit,<br />

<strong>Wasser</strong> zu besorgen.<br />

Quelle: Diese Schätzzahl für die in <strong>Afrika</strong> zur <strong>Wasser</strong>beschaffung<br />

aufgewendeten Arbeitsstunden stammt von W.J. Crosgrove<br />

und F.R. Rijsberger. Creating a vision for water, life and<br />

environment, in: Policy 1 (1998).<br />

1.160.000.000 <strong>–</strong> So viele Menschen sind ohne<br />

ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung, das ist rund<br />

jeder 5. Erdbewohner/Erdbewohnerin.<br />

Quelle: UNDP: Human Development Report 2003.<br />

2.361.000.000 <strong>–</strong> So viele Menschen sind nicht an<br />

<strong>ein</strong>e ausreichende Sanitärversorgung angeschlossen,<br />

das sind rund 40% der Weltbevölkerung.<br />

Quelle: UNDP: Human Development Report 2003.<br />

5.000 <strong>–</strong> So viele Kinder sterben jeden Tag an<br />

den Folgen durch über das <strong>Wasser</strong> übertragenen<br />

Krankheiten. Das bedeutet, dass alle 15 Sekunden<br />

<strong>ein</strong> Kind durch verunr<strong>ein</strong>igtes <strong>Wasser</strong> stirbt.<br />

Quelle: Unicef (u.a. Weltkindertag 1998).<br />

127 <strong>–</strong> So viel Liter Trinkwasser verbraucht <strong>ein</strong><br />

Deutscher täglich. Es handelt sich um den Haushaltsverbrauch.<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt (Zahl für 2001).<br />

30 <strong>–</strong> So viel Liter Trinkwasser haben die Menschen<br />

in der Sahelzone pro Tag zur Verfügung.<br />

Quelle: R. Petrello, <strong>Wasser</strong> für alle <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> Manifest<br />

(2001).<br />

10.000.000.000 <strong>–</strong> So viel Dollar wären mindestens<br />

zusätzlich pro Jahr notwendig, um das Ziel<br />

zu erreichen, bis 2015 die Zahl der Menschen<br />

ohne ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung (gegenüber<br />

2000) zu halbieren. Die Zahl bezieht sich lediglich<br />

auf die Basiskosten für <strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>zugang,<br />

nicht etwa auf Anschlüsse an <strong>ein</strong> Leitungsnetz.<br />

Diese Summe müsste also jedes Jahr (zusätzlich<br />

zu den bereits investierten Mitteln) bereitgestellt<br />

werden, um das „Milleniumsziel“ zu erreichen.<br />

Quelle: „Camdessus-Report2003“, hier zitiert nach: F. Brugger,<br />

Some Water for alle or more water for some? Studie Brot für die<br />

Welt 2004.<br />

5 <strong>–</strong> So viel Prozent der Abwässer werden weltweit<br />

zur Zeit ger<strong>ein</strong>igt.<br />

Quelle: R. Petrello, <strong>Wasser</strong> für alle <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> Manifest<br />

(2001).<br />

70 <strong>–</strong> So viel Prozent des weltweiten <strong>Wasser</strong>verbrauchs<br />

fl ießt in die Landwirtschaft. Die LW ist<br />

somit der wichtigste <strong>Wasser</strong>verbraucher. Die Zahl<br />

unterstreicht die Bedeutung des <strong>Wasser</strong>s (und<br />

s<strong>ein</strong>er nachhaltigen Nutzung) für die Ernährung<br />

der Menschheit.<br />

Quelle: UN-Report „Water for people, water for life“ (2003).<br />

1.000 <strong>–</strong> So viel Liter <strong>Wasser</strong> ist notwendig, um<br />

<strong>ein</strong> Kilogramm Weizen zu produzieren. Die Zahl<br />

ist <strong>ein</strong>e globale Durchschnittsziffer und verweist<br />

auf den versteckten <strong>Wasser</strong>gehalt („virtuelles<br />

<strong>Wasser</strong>“) vieler Produkt.<br />

Quelle: S. Neubert, <strong>Wasser</strong> und Ernährungssicherheit; aus<br />

Politik und Zeitgeschehen, B 48 (2001).<br />

Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

77


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 1<br />

Ein nachhaltiger Umgang<br />

mit <strong>Wasser</strong><br />

78<br />

9 1<br />

8 2<br />

7 3<br />

6<br />

5<br />

4<br />

m 3<br />

9 1<br />

8 2<br />

7 3<br />

6<br />

5<br />

4<br />

9 1<br />

8 2<br />

7 3<br />

6<br />

5<br />

4<br />

9 1<br />

8 2<br />

7 3<br />

6<br />

5<br />

4<br />

ökonomische Dimension<br />

<strong>Wasser</strong>preise<br />

Angemessene Entgelte (möglichst kostendeckend)<br />

für den Verbrauch von <strong>Wasser</strong>, aus denen<br />

die Knappheit der Ressource <strong>Wasser</strong> deutlich<br />

wird.<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Kostenbewusster Umgang mit dem <strong>Wasser</strong> durch<br />

Preisgestaltung, Wettbewerb und politische Kontrolle<br />

der Beteiligten.<br />

<strong>Wasser</strong>management<br />

Einbindung aller Beteiligten (Staat, private Firmen,<br />

Bevölkerung) in <strong>ein</strong> effi zientes, ökonomisch<br />

tragfähiges System der <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />

soziale Dimension<br />

<strong>Wasser</strong>versorgung<br />

sozialverträglicher Zugang aller Menschen zum<br />

Lebensmittel <strong>Wasser</strong> in ausreichendem Maße.<br />

Teilhabe/Mitbestimmung<br />

Mitwirkung der Bevölkerung an den Entscheidungen<br />

über Maßnahmen der <strong>Wasser</strong>versorgung und<br />

der Infrastruktur.<br />

Zukunftvorsorge<br />

Erhalt der <strong>Wasser</strong>-Ressourcen für kommende Generationen.<br />

ökologische Dimension<br />

Nachhaltige Nutzung<br />

<strong>Wasser</strong> darf dem Grundwasser, den Flüssen oder<br />

Seen, nur in dem Maße entnommen werden wie<br />

es sich wieder natürlich erneuert.<br />

<strong>Wasser</strong>kreisläufe<br />

Abwässer müssen so aufbereitet hinterlassen<br />

werden, dass sie nicht die Ökosysteme dauerhaft<br />

schädigen.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 2<br />

Steter Tropfen<br />

muss nicht s<strong>ein</strong>!<br />

79<br />

aus: fi fty:fi fty aktuell 9/1998<br />

... <strong>Wasser</strong>, soviel steht fest, ist zu kostbar, als<br />

dass es aus undichten Hähnen und Leitungen<br />

tropfen oder sonst wie verschwendet werden<br />

darf. Einzig die Feuerwehr sollte weder mit<br />

Treibstoff noch mit <strong>Wasser</strong> geizen - für uns Normalverbraucher<br />

darf das Kommando nicht lauten:<br />

„<strong>Wasser</strong> marsch!“. Denn der Überfl uss ist nur <strong>ein</strong><br />

sch<strong>ein</strong>barer, selbst in <strong>ein</strong>em solchen Feuchtgebiet<br />

wie Hamburg.<br />

... Der Preisanstieg für Frischwasser und<br />

Sielgebühren beläuft sich seit 1980 auf immerhin<br />

225 Prozent. Grund genug also, schon aus Kostengründen<br />

jetzt und in Zukunft sparsam damit<br />

umzugehen; und in der Tat ist der Preis der <strong>ein</strong>zige<br />

Hebel (oder besser gesagt: Eimer), mit dem<br />

sich Einsparpotentiale ausschöpfen lassen.<br />

In den Schulen geht das meiste Trinkwasser<br />

durch die Toilettenspülung. Duschen sch<strong>ein</strong>t<br />

demgegenüber bei SchülerInnen kaum noch<br />

angesagt zu s<strong>ein</strong>. Die Umweltbehörde hat ausgerechnet,<br />

dass circa 1,5 m 3 Trinkwasser pro PennälerIn<br />

an Hamburgs Schulen verbraucht werden<br />

- und dass der <strong>Wasser</strong>kostenanteil nur etwa 10<br />

Prozent der Gesamtkosten für den Bereich Energie,<br />

<strong>Wasser</strong> & Müll ausmacht.<br />

Lohnt es sich trotzdem auf Heller und Pfennig,<br />

das <strong>Wasser</strong>sparen, angesichts dieser Ausgangslage?<br />

...<br />

In vielen Gebieten Deutschlands, insbesondere<br />

den ländlichen (auch in der Nachbarschaft<br />

Hamburgs), sind Trinkwasserbrunnen durch Umweltgifte<br />

- vor allem Rückstände aus Dünge- und<br />

Pfl anzenschutzmitteln - gefährdet oder schon<br />

verunr<strong>ein</strong>igt, so dass die Trinkwassergewinnung<br />

immer aufwendiger und damit teurer wird. In<br />

Hamburg werden -zig Millionen Mark für die<br />

Sanierung oder Sicherung von Altlasten aufgewendet,<br />

um die Tiefwasserbrunnen von Verunr<strong>ein</strong>igungen<br />

freizuhalten. Präventiv wird auch an<br />

der Ausweisung zusätzlicher <strong>Wasser</strong>schutzgebiete<br />

gearbeitet, was vor Ort auf starke Widerstände<br />

stößt ...<br />

Weltweit steigt der <strong>Wasser</strong>verbrauch, während<br />

die Trinkwasservorräte knapper werden.<br />

„<strong>Wasser</strong> wird in vielen Städten bald wichtiger<br />

als Öl“, sagte der Generalsekretär der Habitat-<br />

Konferenz in Istanbul, der Gambier N‘Dow, 1996<br />

voraus. Und k<strong>ein</strong>eswegs ist das Problem „nur“<br />

<strong>ein</strong>es der wasserarmen Regionen. In Europa wird<br />

nach <strong>ein</strong>er aktuellen Untersuchung in 86 Prozent<br />

aller landwirtschaftlichen Gebiete der erlaubte<br />

Nitrat<strong>ein</strong>trag ins Grundwasser (gemäß Trinkwasserrichtlinie<br />

der EU) überschritten.<br />

Auch die Stadt Hamburg ist mit ihrem Grundwasserschatz<br />

in früheren Jahrzehnten nicht pfl eglich<br />

umgegangen. Dennoch hat sie den Kampf um<br />

qualitativ gutes Trinkwasser vorläufi g gewonnen,<br />

und auch die Verbrauchsreduzierung macht Fortschritte<br />

- in den Haushalten wie übrigens auch<br />

im Industriebereich, seit es <strong>ein</strong>e Grundwasserentnahmegebühr<br />

für die Industrie gibt.<br />

Es bleibt also dabei, dass weiteres Trinkwassersparen<br />

aus ökologischen und ökonomischen<br />

Gesichtspunkten sinnvoll ist... Die Umweltbehörde<br />

sagt zu dem Thema dies: „Man muss befürchten,<br />

dass weltweit die <strong>Wasser</strong>frage zu <strong>ein</strong>er<br />

Haupt-Überlebensfrage für ganze Regionen und<br />

Völker wird. Als Bewohner <strong>ein</strong>es hochentwickelten<br />

und -technisierten Industriestaats müssen<br />

wir an der Entwicklung wassersparender Produktions-<br />

und Bewässerungsmethoden mitarbeiten.<br />

Und wir müssen Beispiele geben für niedrigen<br />

Verbrauch und für den Schutz von Oberfl ächen-<br />

und Grundwasser. Dafür müssen alle Hamburgerinnen<br />

und Hamburger sensibilisiert werden.“<br />

Aufgabe<br />

Warum ist <strong>Wasser</strong>sparen in Hamburgs Schulen<br />

ökonomisch und ökologisch sinnvoll?<br />

Formulieren Sie <strong>ein</strong>e Zeitungsmeldung von 50<br />

Worten, welche die wichtigsten Argumente zusammenfasst!


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 3<br />

<strong>Wasser</strong>sparen<br />

in Deutschland<br />

ist Unsinn<br />

80<br />

Von Hans-Jürgen Leist und Georgios Magoulas.<br />

FR vom 22.3. 2002<br />

Satzanschlüsse nach Auslassungen wurden angepasst.<br />

... Die hoch entwickelten Industrieländer verbrauchen<br />

etwa 80 Prozent der weltweit umgesetzten<br />

Ressourcen, obwohl hier nur 20 Prozent<br />

der Weltbevölkerung leben. Die Ressource <strong>Wasser</strong><br />

bildet <strong>ein</strong>e Ausnahme: Ein Bürger der Bundesrepublik<br />

Deutschland verbraucht weniger <strong>Wasser</strong><br />

als der globale Durchschnitt ... Global werden<br />

jährlich etwa 646 Kubikmeter <strong>Wasser</strong> je Person<br />

genutzt; in der Bundesrepublik Deutschland<br />

hingegen nur 195 Kubikmeter, also lediglich 30<br />

Prozent des globalen Durchschnitts ... Auch der<br />

Haushaltsverbrauch ist in Deutschland mit etwa<br />

130 Liter pro Tag und Person sehr niedrig; von<br />

den Industrieländern verbrauchen nur die Belgier<br />

etwas weniger.<br />

<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong>e konstante Ressource<br />

Die global verfügbare <strong>Wasser</strong>menge bleibt weitgehend<br />

gleich. <strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong>e erneuerbare Ressource:<br />

Der Kreislauf des <strong>Wasser</strong>s führt zu <strong>ein</strong>er<br />

gewissen Selbstr<strong>ein</strong>igung <strong>–</strong> die Verdunstung lässt<br />

gelöste Stoffe zurück, der Boden fungiert als<br />

natürlicher Filter. Grundwasser ist Teil des Kreislaufs<br />

und fl ießt in der Regel nach <strong>ein</strong>igen Jahren<br />

oder Jahrzehnten Untergrundpassage in Bäche<br />

und Seen <strong>–</strong> etwa 80 Prozent des <strong>Wasser</strong>anteils<br />

der Fließgewässer stammen aus dem Grundwasser.<br />

Ein „Ansparen“ von Grundwasser für zukünftige<br />

Generationen ist deshalb nicht möglich ...<br />

Umfragen bestätigen immer wieder, dass „<strong>Wasser</strong><br />

sparen“ als Umweltschutzziel in k<strong>ein</strong>em anderen<br />

europäischen Land <strong>ein</strong>en so hohen Stellenwert<br />

<strong>ein</strong>nimmt wie in Deutschland. Wie ist das zu erklären?<br />

… Trinkwasser ist für den Menschen <strong>ein</strong>e<br />

existenzielle Ressource. Bilder des Mangels, wie<br />

ausgetrocknete und rissige Böden sowie verdurstende<br />

Tiere, sind in den Medien ständig präsent.<br />

<strong>Wasser</strong> und Trinkwasser sind in <strong>ein</strong>em hohen<br />

Grade emotional besetzt. Im Zusammenhang mit<br />

mangelnden hydrogeologischen Kenntnissen, mit<br />

der beständigen Wiederholung der Medien, Trinkwasser<br />

sei <strong>ein</strong>e kostbare und knappe Ressource,<br />

wird der erneuerbaren Ressource <strong>Wasser</strong> der<br />

Charakter <strong>ein</strong>er endlichen, nicht erneuerbaren<br />

Ressource zugeschrieben. ...<br />

Trinkwasser ist <strong>ein</strong> Lebensmittel.<br />

Wie alle Lebensmittel ist es mit <strong>ein</strong>em Verfallsdatum<br />

versehen. Deshalb sollte es möglichst rasch<br />

und zügig vom Gewinnungsgebiet zum Verbraucher<br />

gelangen. Niedrige Strömungsgeschwindigkeiten<br />

im Rohrnetz oder gar Stagnationsphasen<br />

sollten unter allen Umständen vermieden werden,<br />

da sie zu <strong>ein</strong>em Anstieg der Korrosionsraten<br />

im Rohrnetz führen. Infolgedessen kann es zu<br />

<strong>ein</strong>er Erhöhung der Konzentration unerwünschter<br />

Stoffe (Eisen, Zink, Kupfer) im Trinkwasser kommen,<br />

zu farblichen oder geruchlichen Be<strong>ein</strong>trächtigungen<br />

sowie zur Erhöhung der Gefahr <strong>ein</strong>er<br />

Verkeimung. Um die hohe Qualität ihres Produktes<br />

auch bei <strong>ein</strong>em rückläufi gen <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />

zu erhalten, sind die <strong>Wasser</strong>werke gezwungen,<br />

die Leitungen häufi ger zu spülen, d.h. an den<br />

Endsträngen Hydranten aufzudrehen, damit das<br />

<strong>Wasser</strong> schneller durchläuft ...<br />

Ein weiterer Rückgang des Trinkwasserverbrauchs<br />

birgt die Gefahr, dass die hygienischen und qualitativen<br />

Gütestandards der Trinkwasserversorgung<br />

be<strong>ein</strong>trächtigt werden ...<br />

Die Nutzung von Regenwasser<br />

Die häufi g öffentlich empfohlene Nutzung von<br />

Regenwasser wird oft mit der Schonung der<br />

„kostbaren“ Grundwasservorräte begründet.<br />

Zudem müsse das Grundwasser nicht aufwendig<br />

und teuer aufbereitet werden, um dann durch die<br />

Toilette zu fl ießen. Diese Kostenargumentation<br />

verkennt jedoch, dass die Aufbereitung des hochwertigen<br />

Grundwassers weniger als 10 Prozent,<br />

Bau und Unterhaltung des Rohrnetzes hingegen<br />

etwa zwei Drittel der fi nanziellen Aufwendungen<br />

der öffentlichen <strong>Wasser</strong>versorgung erfordern.<br />

Dem Einnahmeausfall der öffentlichen <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

steht also k<strong>ein</strong>e entsprechende Kostenreduzierung<br />

gegenüber; der Spülaufwand kann<br />

sogar ansteigen ...<br />

Aufgabe<br />

Warum ist „<strong>Wasser</strong>sparen in Deutschland“ ökologisch<br />

und ökonomisch fragwürdig?<br />

Formulieren Sie <strong>ein</strong>e Zeitungsmeldung von 50<br />

Worten, welche die wichtigsten Argumente zusammenfasst!


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 4<br />

Uganda: Frauen<br />

sammeln Regenwasser<br />

81<br />

Quelle: Brot für die Welt <strong>–</strong> Website<br />

„Menschenrecht <strong>Wasser</strong>“<br />

Wenn ihre vier Kinder abends<br />

im Bett sind, sitzt Specioza<br />

Nyakato (38) am liebsten<br />

frisch gewaschen auf dem Sofa<br />

und hört Radio. Die energische<br />

Frau war selbst am Kampf um<br />

die Absetzung des früheren<br />

Diktators Milton Obote beteiligt<br />

und hält sich über das<br />

politische Geschehen in Uganda<br />

auf dem Laufenden. Dank<br />

der neuen Regenwasserzisterne auf ihrem Gehöft<br />

hat sich der Tagesablauf von Specioza deutlich<br />

entspannt. Früher war sie abends verschwitzt<br />

und todmüde ins Bett gefallen, nach zwei fast<br />

dreistündigen Fußmärschen hinunter ins Tal,<br />

wo sie das Trinkwasser für ihre ganze Familie<br />

am Fluss Kagera holen musste. Die Pumpe des<br />

etwas näher gelegenen Bohrlochs war meistens<br />

kaputt und förderte ohnehin nur rostbraunes,<br />

übelriechendes <strong>Wasser</strong> zu Tage. Jetzt kann sie ihr<br />

<strong>Wasser</strong> direkt vor der Haustür aus der Zisterne<br />

zapfen und die gewonnene Zeit in die Feldarbeit<br />

stecken. Specioza erntet nun soviel Gemüse, das<br />

sie <strong>ein</strong>en Teil davon auf dem Markt verkaufen<br />

kann. Von den Erlösen hat sie das Haus renoviert<br />

und freut sich, ihre Kinder länger in die Schule<br />

schicken zu können.<br />

Gem<strong>ein</strong>sam mit anderen Vertreterinnen von<br />

Frauengruppen aus dem Oruchinga Valley im Südwesten<br />

Ugandas hatte Specioza die Regenwassernutzung<br />

in Kenia kennen gelernt, auf <strong>ein</strong>er von<br />

„Brot für die Welt“ fi nanzierten Studienreise. Die<br />

Erfolge der Frauengruppen dort, die durch den<br />

Bau von Regenwasserzisternen grüne Oasen im<br />

trockenen Hochland geschaffen hatten, gaben ihr<br />

den Mut, ihre Zukunft und <strong>ein</strong>e Maurerkelle in die<br />

eigenen Hände zu nehmen. Für die Organisation<br />

des Zisternenbaus bot sich an, die traditionellen<br />

Sparver<strong>ein</strong>e zu nutzen, in die Frauen in vielen<br />

afrikanischen Ländern regelmäßig kl<strong>ein</strong>e Geldbeträge<br />

<strong>ein</strong>zahlen, um von dem Ersparten größere<br />

Investitionen für Haus und Hof zu fi nanzieren.<br />

Sobald die 10 Mitglieder von Speciozas Sparver<strong>ein</strong><br />

das Geld für <strong>ein</strong>e Regenwasserzisterne zusammen<br />

haben, entscheidet das Los, in welchem<br />

Gehöft die neue Zisterne gebaut wird. Beim Bau<br />

des Zementtanks legen die Frauen selbst Hand<br />

an. Drei Jahre nach Speciozas Keniareise haben<br />

bereits fünf Mitglieder ihres Sparver<strong>ein</strong>s <strong>ein</strong>e<br />

Zisterne in ihren Gehöften, die solange von allen<br />

Frauen genutzt werden, bis jede über <strong>ein</strong>e eigene<br />

Zisterne verfügen wird. Jede Zisternenbesitzerin<br />

ist eifrig darauf bedacht, Wartungsarbeiten und<br />

kl<strong>ein</strong>e Reparaturen an ihrem Regenwasserspeicher<br />

regelmäßig und sorgfältig auszuführen.<br />

Gerade für dünn besiedelte Regionen, in<br />

denen der Aufbau <strong>ein</strong>es <strong>Wasser</strong>leitungssystems<br />

mit Pumpen und Zapfstellen nicht wirtschaftlich<br />

wäre, bietet die Regenwassernutzung <strong>ein</strong>e ideale<br />

Alternative. Im Oruchinga Valley haben die<br />

meisten Hütten <strong>ein</strong> Wellblechdach, die ideale<br />

Auffangfl äche für den Regen. Der sammelt sich in<br />

Dachrinnen und wird zu <strong>ein</strong>er Zisterne geleitet,<br />

die bis zu 10.000 Liter fasst. So können jährlich<br />

30.000 bis 40.000 Liter <strong>Wasser</strong> „geerntet“ werden,<br />

die <strong>ein</strong>er Familie über die trockenen Monate<br />

zum Trinken, Kochen und Waschen reichen. Die<br />

<strong>Wasser</strong>qualität verbessert sich sogar in den Zisternen,<br />

da k<strong>ein</strong> Tageslicht <strong>ein</strong>dringt und Bakterien<br />

so zugrunde gehen.<br />

Dank <strong>ein</strong>es Programms von „Brot für die<br />

Welt“ sollen bald mehr als 1.800 Familien im<br />

Oruchinga Valley <strong>ein</strong>e eigene Zisterne besitzen.<br />

Der lokale Projektträger ACORD bezahlt Frauengruppen,<br />

die bereits zwei Zisternen aus eigenen<br />

Mitteln gebaut haben, Baumaterialien für jede<br />

dritte Zisterne. Projektleiter Charles Rwabambari<br />

ist es außerdem gelungen, die Distriktverwaltung<br />

für die Regenwassernutzung zu interessieren. Im<br />

Rahmen der Dezentralisierung fördert die Regierung<br />

den Aufbau von <strong>Wasser</strong>versorgungssystemen<br />

auf Landkreisebene. Charles ermuntert die Frauengruppen,<br />

sich auf dieser Ebene als Ver<strong>ein</strong>igung<br />

zu organisieren und weitere Pläne für die Verbreitung<br />

der Regenwassernutzung <strong>ein</strong>zureichen. Die<br />

bisherigen Erfolge bei der Lösung ihres <strong>Wasser</strong>problems<br />

geben den Frauen das Selbstvertrauen,<br />

ihrer Stimme auch auf politischer Ebene Gehör zu<br />

verschaffen.<br />

Aufgaben<br />

1. „Ökologische Nachhaltigkeit“: Welche ökologischen<br />

Vorteile sehen Sie in diesem Projekt?<br />

Gibt es auch ökologische Belastungen, die aus<br />

dem Projekt resultieren?<br />

2. Wie kommt es zur Finanzierung der Zisternen?<br />

Welchen Bedeutung haben eigene Ersparnisse<br />

und die Finanzierung von außen (Brot für die<br />

Welt)?<br />

3. „Hilfe zur Selbsthilfe“ <strong>–</strong> Beschreiben Sie, an<br />

welchen Stellen dieser Grundgedanke zum<br />

Tragen gekommen ist.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 5<br />

Entwicklungsziel<br />

der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen:<br />

82<br />

Bis 2015 soll der Anteil der Menschen, die k<strong>ein</strong>en nachhaltigen Zugang<br />

zu sauberem Trinkwasser haben, um die Hälfte gesenkt werden.<br />

1160 Mio. Menschen<br />

ohne Trinkwasserzugang<br />

Weltbank und Währungsfonds:<br />

Das Milleniumsziel wird verfehlt.<br />

„Die Ziele im Gesundheitsbereich zu erreichen,<br />

muss wegen der erheblichen Lücken beim Zugang<br />

zu <strong>Wasser</strong> und bei der Sanitärversorgung<br />

als schwierig angesehen werden. Die Lücken<br />

sind am erheblichsten in Schwarzafrika bezüglich<br />

des <strong>Wasser</strong>s und in Südasien bezüglich der<br />

Sanitärversorgung. Das Ziel, bis 2015 den Anteil<br />

der Bevölkerung ohne Zugang zu sicherem Trinkwasser<br />

und zur Sanitärversorgung zu halbieren,<br />

bedeutet, für zusätzliche 1,5 Mrd. Menschen<br />

die <strong>Wasser</strong>versorgung und für 2 Mrd. Menschen<br />

die Sanitärversorgung sicherzustellen. Mit den<br />

gegebenen Fortschrittsraten, die ungefähr halb<br />

so groß sind, wie sie s<strong>ein</strong> müssten, werden die<br />

meisten Regionen der Erde das Ziel nicht erreichen.<br />

Bei diesen Zuwachsraten wird nur <strong>ein</strong><br />

Fünftel der Länder das Ziel beim <strong>Wasser</strong>zugang<br />

erreichen. Und unter den ärmsten Ländern (Ländern<br />

mit niedrigem Einkommen) sind es nur halb<br />

so viele“.<br />

(Quelle: Development Comitee IWF/Worldbank:<br />

Global Monitoring Report 2004 <strong>–</strong> Policies and<br />

actions for archieving the MDGs and related outcomes,<br />

April 2004.)<br />

Ziel:<br />

maximal 580 Mio. Menschen<br />

ohne Trinkwasserzugang<br />

Jahr 2000 Jahr 2015<br />

Was zwischen 1990 und 2000 erreicht wurde<br />

Anteil der Bevölkerung<br />

mit Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />

Region 1990 2000<br />

Welt 77% 82%<br />

Schwarzafrika 54% 58%<br />

Südasien 72% 85%<br />

Lat<strong>ein</strong>amerika 82% 86%<br />

Quelle: Implementation of the UN-Millenium goals<br />

<strong>–</strong> Report of the Secretary-General (2002)


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 6<br />

Wie die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

in der „Dritten Welt“<br />

verbessert werden könnte<br />

83<br />

Wenn die <strong>Wasser</strong>versorgung der Menschen verbessert<br />

werden soll, sind verschiedene Maßnahmen<br />

notwendig: Technische Neuerungen, aber<br />

auch politische Weichenstellungen und die Bereitstellung<br />

der notwendigen fi nanziellen Mittel.<br />

Damit Sie <strong>ein</strong>e Vorstellung von diesen umfassenden<br />

Aufgaben erhalten, sind hier auf dieser Seite<br />

verschiedene Maßnahmen aufgelistet.<br />

1. Bitte ordnen Sie diese Maßnahmen den drei<br />

Rubriken zu. Welche gehören zu den „politischen<br />

Reformen“, welche zu den „technischen<br />

Lösungen“ oder zu den notwendigen „ökonomischen<br />

Maßnahmen“? Tragen Sie die Maßnahmen<br />

unten in die Tabelle <strong>ein</strong>.<br />

2. Wählen Sie drei Maßnahmen aus, die Sie für<br />

die wichtigsten halten. Begründen Sie den<br />

Stellenwert dieser Maßnahmen und warum Sie<br />

diese ausgewählt haben.<br />

3. Erläutern Sie den Nutzen, aber auch Kosten<br />

und Aufwand von <strong>ein</strong>er der hier aufgezählten<br />

„Maßnahmen“. Was ist notwendig, um diese<br />

Maßnahme umzusetzen?<br />

Politische Reformen<br />

Technische Lösungen<br />

Ökonomische Maßnahmen<br />

Maßnahmen<br />

Maßnahmen:<br />

• Finanzielle Zuschüsse für Bauern, die<br />

Investitionen zum <strong>Wasser</strong>sparen unternehmen<br />

• Unabhängige und verlässliche Beratung und<br />

Zuschussgewährung<br />

• Beratung zur Umstellung auf Produkte mit<br />

geringerem <strong>Wasser</strong>bedarf<br />

• Beratung zur Vermeidung von Bodenerosion<br />

• Eindeutige Bodenrechtsbestimmungen<br />

• Tropf <strong>–</strong> statt Oberfl ächenbewässerung<br />

• Nachtbewässerung<br />

• Unterfolienbewässerung<br />

• Mehrfachnutzung von geklärten Abwässern<br />

• Einführung kostengünstiger Klärsysteme<br />

• Maßnahmen zur Verringerung der<br />

Bodenerosion (St<strong>ein</strong>wälle, Bepfl anzung,<br />

Aufforstung)<br />

• Staatliche Ausgabenprioritäten zugunsten<br />

<strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

• Internationale Geber unterstützen das<br />

verbesserte <strong>Wasser</strong>management<br />

• Schuldenerleichterungen


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 7a<br />

Aufruf<br />

der Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen<br />

84<br />

Es gibt <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>-Krise. Es ist <strong>ein</strong>e Krise der<br />

Regierungsfähigkeit und es ist <strong>ein</strong>e Krise, welche<br />

direkt das Leben, den Lebensunterhalt und das<br />

Wohlergehen betrifft, wie sie tagtäglich erfahren<br />

werden. Trotz mancher Aktion und mancher<br />

strategischen Planung ist es so, dass Tag für Tag<br />

und Jahr für Jahr das Alltagsleben von <strong>ein</strong>er<br />

alarmierenden Anzahl von Menschen sich beständig<br />

verschlechtert hat und es dies auch weiter so<br />

tut, wenn wir davon ausgehen, dass alles bleibt<br />

wie es ist. Es gilt die Tatsache festzuhalten, dass<br />

<strong>ein</strong> Erreichen der „Millenium-Ziele“ bis zum Jahr<br />

2015 das Alltagsleben von mehreren Milliarden<br />

Menschen verbessern wird, doch viele Länder<br />

sind noch nicht auf dem Weg, diese Ziele zu<br />

erreichen. Werden die Ziel ganz oder teilweise<br />

verfehlt, so werden viele Millionen Menschen in<br />

Armut leben.<br />

Wir wissen, wie schwierig der Weg zum<br />

Erreichen dieser Ziele s<strong>ein</strong> wird. Was wir nicht<br />

wissen ist, ob wir überhaupt in der Lage s<strong>ein</strong><br />

werden, diese zu erreichen. Aber es gibt <strong>ein</strong><br />

wichtiges Instrument, Fortschritt zu messen und<br />

mit dessen Hilfe man im Sinne <strong>ein</strong>er Verstärkung<br />

der Bemühungen handeln kann. Wenn die Mütter<br />

der Welt sehen, dass ihre Kinder gesünder und<br />

besser ernährt sind, werden sie wissen, dass es<br />

Fortschritt gegeben hat. Diese Dinge wären der<br />

beste Indikator.<br />

THE ROLE OF THE<br />

UNITED NATIONS<br />

Was auf dem Spiel steht ist die Frage, ob wir<br />

<strong>–</strong> die Familie der Nationen, der Länder, der lokalen<br />

Gem<strong>ein</strong>schaften und der Individuen <strong>–</strong> stolz<br />

sagen können, dass wir jede Möglichkeit genutzt<br />

und jedes Quentchen Talent und Energie aufgewendet<br />

haben, um in Richtung auf dieses angestrebte<br />

Ziel zu tätig zu werden. Obwohl es in der<br />

Tat <strong>ein</strong> entmutigend großes Vorhaben ist, das vor<br />

uns liegt, so muss doch jeder von uns s<strong>ein</strong>e Aufgabe<br />

wahrnehmen, unseren Planeten und unsere<br />

Menschen wieder gesund zu machen. Weil es <strong>ein</strong><br />

erweitertes Wissen über die Zusammenhänge gibt<br />

und weil dadurch jedermann in die Lage versetzt<br />

ist, etwas zu tun, gibt es <strong>ein</strong>e Verantwortung, die<br />

wir alle annehmen können und müssen. Wir sind<br />

alle beteiligt an dem, was mit der Erde geschieht,<br />

und erst das Zusammenführen der Aufgaben, die<br />

Regierungen, Institutionen, Gem<strong>ein</strong>schaften und<br />

Einzelne haben, kann all<strong>ein</strong> Fortschritte bringen.<br />

Wenn man das aufgibt, liefert man die Erde und<br />

ihre Bewohner <strong>ein</strong>er Welt ohne Hoffnung aus.<br />

Quelle: The United Nations World Water Development<br />

Report (2003).<br />

Aufgaben<br />

1. Unterstreichen Sie zwei Sätze, die Sie für die<br />

wichtigsten in diesem Text halten (warum?).<br />

2. Jeder muss s<strong>ein</strong>e Aufgabe wahrnehmen - wie<br />

könnte Ihre Rolle beim Kampf gegen die<br />

Armut und für <strong>ein</strong>e verbesserte <strong>Wasser</strong>versorgung<br />

aussehen?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IIV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 7b<br />

Aufruf<br />

der Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen<br />

85<br />

There is a water crisis. It is a crisis of governance,<br />

and it is a crisis directly impacting life,<br />

livelihoods and well-b<strong>ein</strong>g as these are experienced<br />

each day. Despite some action, despite<br />

some strategic planning, on a day-to-day basis<br />

and from year to year, the everyday lives of an<br />

alarming number of people have steadily worsened<br />

and will continue to do so if we assume<br />

buisiness as usual. The fact remains thought<br />

that reaching the Millenium targets by 2015 will<br />

improve the daily lives of several billion people,<br />

yet many countries are still not on track to reach<br />

those targets. If they are not reached, or are only<br />

partially achieved, many millions of people will<br />

subsist in poverty.<br />

We know how diffi cult the road to attaining<br />

these targets will be. What we do not know is<br />

whether or not we are even able to attain them.<br />

But they are an essential tool for gauging progress<br />

and act as incentives to push on. When the<br />

mothers of the world see that their children are<br />

healthier, that they are better fed, they will know<br />

that progress has been made. These are the best<br />

indicators.<br />

What is at stake is whether we <strong>–</strong> the family<br />

of nations, countries, local communities<br />

and individuals <strong>–</strong> can honestly say that we have<br />

seized every opportunity and mustered every bit<br />

of talent and energy to work towards the desired<br />

goal. Although it is indeed a daunting task<br />

THE ROLE OF THE<br />

UNITED NATIONS<br />

that faces us, every one of us has a role to play<br />

in bringing our planet and our people back to<br />

health. Ensuring a broader knowledge base and<br />

thus empowering everyone to act, is a responsibility<br />

we all can <strong>–</strong> and must <strong>–</strong> assume. We are all<br />

stakeholders in the Earth, and integrating the<br />

efforts of goverments, institutions, communities<br />

and individuals is the only way in which we press<br />

forward. To give up is to abondom the Earth and<br />

its inhabitants to a world without hope.<br />

Quelle: The United Nations World Water Development<br />

Report (2003).<br />

Vokabeln<br />

livelihood Lebensunterhalt<br />

to subsist hier: leben<br />

to gauge messen<br />

to be at stake auf dem Spiel stehen<br />

to muster aufbieten<br />

to daunt entmutigen<br />

to abandom überlassen<br />

Aufgaben<br />

1. Übersetzen Sie bitte den Text.<br />

2. Unterstreichen Sie zwei Sätze, die Sie für die<br />

wichtigsten in diesem Text halten (warum?).<br />

3. „Every one has a role to play“ <strong>–</strong> wie könnte<br />

Ihre Rolle im Kampf gegen Armut und für <strong>ein</strong>e<br />

verbesserte <strong>Wasser</strong>versorgung aussehen?


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 8<br />

Neue UN-<br />

<strong>Wasser</strong>dekade:<br />

Eine weltweite<br />

Verlogenheit?<br />

86<br />

Leserbrief aus der<br />

Rondsdorfer Allgem<strong>ein</strong>en Zeitung<br />

vom 6.1. 2004<br />

Die von den Ver<strong>ein</strong>ten Nationen ausgerufene<br />

Dekade „Water for life“ für die Jahre 2005 bis<br />

2015 (vgl. RAZ vom 27.12. 2003) ist <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige<br />

Heuchelei und an Verlogenheit nicht mehr zu<br />

überbieten. Jeder kann sich ausrechnen, dass<br />

die Menschheit in dieser Dekade dem Ziel, ausreichend<br />

Trinkwasser für alle zur Verfügung zu<br />

stellen, kaum näher kommen wird. Es gibt weder<br />

in der internationalen Politik noch in der Bevölkerung<br />

den ernsthaften Willen, dieses Ziel mit<br />

Nachdruck zu verfolgen.<br />

Deutlich wird dies schon durch die mangelhafte<br />

Bereitschaft der reichen Länder, für<br />

die <strong>Wasser</strong>dekade zusätzliche Finanzmittel aufzubringen.<br />

Im Gegenteil: Während immer neue<br />

gut klingende Beschlüsse gefasst werden, ist<br />

nirgendwo erkennbar, dass es mehr Mittel für<br />

Entwicklungszusammenarbeit geben wird. Diese<br />

stagnieren seit <strong>ein</strong>igen Jahren. All<strong>ein</strong> im <strong>Wasser</strong>sektor<br />

wären mindestens 10 Mio. Dollar pro Jahr<br />

zusätzlich notwendig, um das Ziel zu erreichen,<br />

bis 2015 die Zahl der Menschen ohne Trinkwasser<br />

zu halbieren. Doch die Menschen in Nordamerika<br />

und Europa rufen nach Steuererleichterungen<br />

und denken nicht im Traum daran, zusätzliche<br />

Mittel bereit zu stellen.<br />

Noch deutlicher wird diese Gleichgültigkeit<br />

an der Weigerung, etwas gegen die weitere<br />

Klimaerwärmung auf der Erde zu tun, die nach<br />

Überzeugung der Experten das <strong>Wasser</strong>problem<br />

massiv vergrößern wird. Die Treibhausgase<br />

nehmen weltweit zu <strong>–</strong> Deutschland gehört da<br />

zu den rühmlichen Ausnahmen. Doch wenn die<br />

Klimaerwärmung tatsächlich gestoppt werden<br />

soll, wäre <strong>ein</strong>e drastische Senkung unseres Energieverbrauchs<br />

und <strong>ein</strong> Umschwenken auf erneuerbare<br />

Energien notwendig. Wer bei uns aber ist<br />

bereit, s<strong>ein</strong>e Autofahrten zu reduzieren oder den<br />

Mehrpreis für Strom aus regenerativen Energien<br />

zu bezahlen?<br />

So ist die neue <strong>Wasser</strong>dekade der Ver<strong>ein</strong>ten<br />

Nationen nichts anderes als <strong>ein</strong>e Showveranstaltung,<br />

mit der wir so tun, als läge uns das Armutsthema<br />

<strong>Wasser</strong> am Herzen. Derartige Beschlüsse<br />

sind <strong>ein</strong> Alibi für unser Nichts-Tun. Wir sollten<br />

ehrlich s<strong>ein</strong> und lieber <strong>ein</strong>e Dekade für nationalen<br />

Egoismus, internationale Gleichgültigkeit und<br />

unterlassene Hilfeleistung ausrufen. Dies aber<br />

würden unsere Zeitgenossen genauso wenig zur<br />

Kenntnis nehmen wie die jetzt beschlossene UN-<br />

<strong>Wasser</strong>dekade.<br />

Dr. R. S.<br />

<strong>Wasser</strong>bauexperte<br />

Anfragen<br />

1. Teilen Sie die negative Auffassung in diesem<br />

Leserbrief über die neue UN-<strong>Wasser</strong>dekade?<br />

Was würde dafür sprechen, <strong>ein</strong>e solche Dekade<br />

auszurufen?<br />

2. Stimmt es, dass alle nur noch an sich denken<br />

und dass der nationale Egoismus triumphiert?<br />

Oder entdecken Sie doch in der internationalen<br />

Politik Anzeichen von Solidarität?<br />

3. Die Armut in der Welt <strong>–</strong> für uns k<strong>ein</strong> Thema?<br />

Hat für Sie dieses Thema irgend <strong>ein</strong>en Stellenwert?<br />

Was wären Sie persönlich an Engagement,<br />

Zeit, Nachdenken oder Geld bereit, für<br />

<strong>ein</strong>e Beseitigung der glbalen Armut zu „investieren“?<br />

4. Schreiben Sie <strong>ein</strong>en Leserbrief <strong>–</strong> <strong>ein</strong>e Antwort<br />

an den <strong>Wasser</strong>bauexperten Dr. R.S.


Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />

☞ MIV <strong>–</strong> 9<br />

Das fi nale<br />

<strong>Wasser</strong>quiz<br />

87<br />

40.000.000.000<br />

Ordnen Sie folgende Zahlen den Texten zu.<br />

30<br />

5 10.000.000.000 70<br />

2.361.000.000<br />

5.000<br />

1.000<br />

So viele Stunden im Jahr verbringen die Menschen all<strong>ein</strong> in<br />

<strong>Afrika</strong> damit, <strong>Wasser</strong> zu besorgen.<br />

So viele Menschen sind ohne ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />

So viele Menschen sind nicht an <strong>ein</strong>e ausreichende Sanitärversorgung<br />

angeschlossen.<br />

So viele Kinder sterben jeden Tag an den Folgen durch über das<br />

<strong>Wasser</strong> übertragenen Krankheiten.<br />

So viel Liter Trinkwasser verbraucht <strong>ein</strong> Deutscher täglich.<br />

So viel Liter Trinkwasser haben die Menschen in der Sahelzone<br />

pro Tag zur Verfügung.<br />

So viel Dollar wären mindestens zusätzlich pro Jahr notwendig,<br />

um das Ziel zu erreichen, bis 2015 die Zahl der Menschen ohne<br />

ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung (gegenüber 2000) zu halbieren.<br />

So viel Prozent der Abwässer werden weltweit zur Zeit ger<strong>ein</strong>igt.<br />

So viel Prozent des weltweiten <strong>Wasser</strong>verbrauchs fl ießt in die<br />

Landwirtschaft.<br />

127<br />

1.160.000.000<br />

So viel Liter <strong>Wasser</strong> ist notwendig, um <strong>ein</strong> Kilogramm Weizen zu<br />

produzieren.


Herausgeber:<br />

<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong><br />

in Kooperation mit dem Welthaus Bielefeld<br />

August-Bebel-Str. 62<br />

D-33602 Bielefeld<br />

Tel.: 0521-9 86 48-51/52<br />

Fax: 0521-6 37 89<br />

kosa@kosa.org<br />

www.kosa.org<br />

ISBN: 3-934645-12-7<br />

Gefördert durch:<br />

<strong>Wasser</strong><br />

ist nichts <strong>–</strong><br />

solange du es hast.<br />

Tuareg - Sprichwort

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