Wasser – ein globales Gut - Koordination Südliches Afrika
Wasser – ein globales Gut - Koordination Südliches Afrika
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OSA<br />
<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong> e.V.<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />
Vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten für Sek. I/II
KOSA e.V. und Welthaus Bielefeld e.V. (Hrsg.)<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />
Vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten für Sek. I/II
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 3<br />
Bitte kopieren Sie das Arbeitsblatt<br />
MI <strong>–</strong> 1 für alle SchülerInnen<br />
und lassen Sie die<br />
Arbeitsaufgaben paarweise<br />
bearbeiten.<br />
Die hier angeführten Kriterien<br />
zur Beurteilung der „<strong>Wasser</strong>situation“<br />
<strong>ein</strong>es Landes sollen<br />
an zwei konkreten Länderbeispielen<br />
„durchgespielt“<br />
werden.<br />
Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1 enthält<br />
statistische Angaben über<br />
<strong>Wasser</strong>dargebot, <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />
und über den Zugang<br />
der Bevölkerung zu Trinkwasser<br />
und zu den Abwassersystemen<br />
in den beiden Ländern<br />
Mosambik und Libyen.<br />
Der Ländervergleich macht<br />
deutlich, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
<strong>ein</strong>es Landes nicht<br />
nur vom <strong>Wasser</strong>dargebot (der<br />
Menge des verfügbaren, sich<br />
erneuernden Süßwassers)<br />
abhängt. Wesentlich sind auch<br />
<strong>ein</strong>e effi ziente Nutzung und<br />
<strong>ein</strong>e nachhaltige <strong>Wasser</strong>entnahme.<br />
☞ 4<br />
Das Arbeitsblatt enthält zahlreiche<br />
statistische Angaben<br />
und soll gleichzeitig den<br />
Umgang mit Statistiken <strong>–</strong> die<br />
Deutung und Interpretation<br />
statistischer Parameter <strong>–</strong> <strong>ein</strong>üben.<br />
10<br />
erneuerbares Süßwasserdargebot zwischen 1.000<br />
und 1.700 Kubikmeter pro Kopf der Bevölkerung<br />
und Jahr. Von <strong>Wasser</strong>mangel spricht man, wenn<br />
weniger als 1.000 Kubikmeter Süßwasser zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Im Jahre 2050 werden nach <strong>ein</strong>er mittleren<br />
Schätzung 9,3 Mrd. Menschen auf unserem Globus<br />
s<strong>ein</strong>. 42 % davon leben dann in Ländern mit<br />
<strong>Wasser</strong>knappheit oder <strong>Wasser</strong>mangel. Im Jahre<br />
2000 betrug dieser Prozentsatz gerade <strong>ein</strong>mal 8 %.<br />
Umso wichtiger wäre es, die <strong>Wasser</strong>nutzung<br />
dem heutigen Stand der Technik anzupassen und<br />
dafür zu sorgen, dass <strong>Wasser</strong> effi zient genutzt<br />
wird. Viel <strong>Wasser</strong> geht verloren, weil Bewässerungssysteme<br />
den größten Teil des <strong>Wasser</strong>s verdunsten<br />
lassen, weil <strong>Wasser</strong>leitungen viele Lecks<br />
aufweisen oder weil die Art der Bewässerung<br />
nur ungenügend an die Wurzeln der Pfl anzen<br />
erreicht.<br />
Für die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation<br />
<strong>ein</strong>zelner Länder ist schließlich auch die Nachhaltigkeit<br />
der <strong>Wasser</strong>nutzung von Bedeutung.<br />
„Nachhaltig“ ist die <strong>Wasser</strong>entnahme dann, wenn<br />
sie das erneuerbare Oberfl ächenwasser, die Zufl<br />
üsse der Gewässer und diejenigen Grundwasserreservoirs<br />
nutzt, die durch Regen wieder aufgefüllt<br />
werden. Einige Länder (z.B. China, aber auch<br />
die USA) verwenden in bestimmten Regionen für<br />
ihre <strong>Wasser</strong>versorgung in hohem Maße Grundwasservorräte,<br />
die in Jahrtausenden entstanden<br />
sind und sich nicht mehr regenerieren. Es ist<br />
absehbar, dass die Erschöpfung dieser <strong>Wasser</strong>vorräte<br />
zu Krisen in der Landwirtschaft führen wird.<br />
Das gilt auch für viele Beispiele unangepasster<br />
<strong>Wasser</strong>nutzung in der Landwirtschaft so vieler<br />
Länder. Falsche Bewässerung kann zu Versalzung<br />
und zur Erosion der Böden führen <strong>–</strong> und ist damit<br />
ebenso wenig zukunftsfähig.<br />
3. Ländervergleich:<br />
Mosambik und Libyen<br />
☞ 3 + MI <strong>–</strong> 1<br />
Mosambik<br />
Das Land Mosambik gehört zu den ärmsten<br />
Ländern der Erde. Trotz <strong>ein</strong>iger wirtschaftlicher<br />
Verbesserungen in den letzten Jahren (nach dem<br />
jahrelangen Bürgerkrieg) ist die soziale Situation<br />
der Menschen noch immer sehr schlecht. Mosambik<br />
verzeichnet <strong>ein</strong>e hohe Kindersterblichkeit<br />
(Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1, Ziffer 13). Unterernährung<br />
ist bei <strong>ein</strong>em Großteil der Bevölkerung an der<br />
Tagesordnung (Ziffer 10). ☞ 4<br />
Das <strong>Wasser</strong>-Potential des Landes ist erheblich<br />
(Ziffer 3). Mit rund 11.800 Kubikmeter<br />
erneuerbarem <strong>Wasser</strong> (Gesamtmenge des zur<br />
Nutzung zugänglichen und auch erneuerbaren<br />
Süßwassers) pro Einwohner (Ziffer 5) gehört Mosambik<br />
nicht zu den Ländern mit <strong>Wasser</strong>knappheit<br />
oder gar <strong>Wasser</strong>mangel.<br />
Doch die Nutzung dieses <strong>Wasser</strong>s ist unzureichend.<br />
Nur 3 % der landwirtschaftlichen<br />
Fläche (Ziffer 9) werden als Bewässerungsland<br />
genutzt. Viel Potential bleibt hier ungenutzt. Die<br />
sichere Versorgung der Menschen mit sauberem<br />
Trinkwasser ist ebenfalls mangelhaft. 43 % der<br />
Menschen können ihr Menschenrecht auf sauberes<br />
<strong>Wasser</strong> nicht wahrnehmen (Ziffer 11). Noch<br />
mehr Menschen (57 % der Bevölkerung) sind<br />
nicht an <strong>ein</strong>e Abwasserentsorgung angeschlossen<br />
(Ziffer 12). Beides sind wesentliche Faktoren für<br />
die hohe Kindersterblichkeit (197 Kinder von<br />
1.000 Lebendgeburten sterben bis zu ihrem<br />
5. Geburtstag <strong>–</strong> vgl. Ziffer 13).<br />
Fazit: Mosambik hat große, wenn auch regional<br />
unterschiedlich verteilte <strong>Wasser</strong>reserven;<br />
die Nutzung dieses Potentials ist aber wegen der<br />
Armut des Landes unzureichend. Eine Verbesserung<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung gehört zu den wichtigsten<br />
Entwicklungsprioritäten des Landes.<br />
Libyen<br />
Die arabische Republik Libyen gehört zu den<br />
reichsten Staaten des afrikanischen Kontinents<br />
<strong>–</strong> dank der Erdöl<strong>ein</strong>nahmen. Die soziale Situation<br />
der Menschen ist daher nicht von Hunger (Ziffer<br />
10) oder absoluter Armut geprägt. Allerdings ist<br />
die relative Armut bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />
unübersehbar. 28 % der Bevölkerung sind<br />
nur unzureichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt (Ziffer 11).<br />
Libyen ist <strong>ein</strong>es der wasserärmsten Länder<br />
der Erde (Ziffer 3). 95 % des Landes bestehen<br />
aus Wüste. Mit nur 113 Kubikmeter <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
(Gesamtmenge des zur Nutzung zugänglichen<br />
und erneuerbaren Süßwassers) pro Einwohner<br />
(Ziffer 5) ist das Land sehr niederschlagsarm.<br />
Libyen nutzt dennoch in erheblichem Maße<br />
<strong>Wasser</strong> für die Landwirtschaft. Dieses wird aber<br />
weitgehend (rund 90 %) aus fossilen Grundwasserbecken<br />
entnommen, die sich im Laufe<br />
des Quartärs (vor rund 1 Mio. Jahren) gebildet<br />
haben. Diese Nutzung ist nicht nachhaltig, weil<br />
sich diese <strong>Wasser</strong>vorräte nicht mehr erneuern.<br />
Der Grundwasserspiegel sinkt also beständig. Es<br />
wird geschätzt, dass Libyen 8mal mehr <strong>Wasser</strong><br />
verbraucht als durch Niederschläge oder Zufl üsse<br />
erneuert wird (Ziffer 7). Außerdem dringt<br />
Meerwasser in die Grundwasserbecken und<br />
macht erhebliche Teile der Süßwasserbestände
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 3<br />
Bitte kopieren Sie das Arbeitsblatt<br />
MI <strong>–</strong> 1 für alle SchülerInnen<br />
und lassen Sie die<br />
Arbeitsaufgaben paarweise<br />
bearbeiten.<br />
Die hier angeführten Kriterien<br />
zur Beurteilung der „<strong>Wasser</strong>situation“<br />
<strong>ein</strong>es Landes sollen<br />
an zwei konkreten Länderbeispielen<br />
„durchgespielt“<br />
werden.<br />
Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1 enthält<br />
statistische Angaben über<br />
<strong>Wasser</strong>dargebot, <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />
und über den Zugang<br />
der Bevölkerung zu Trinkwasser<br />
und zu den Abwassersystemen<br />
in den beiden Ländern<br />
Mosambik und Libyen.<br />
Der Ländervergleich macht<br />
deutlich, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
<strong>ein</strong>es Landes nicht<br />
nur vom <strong>Wasser</strong>dargebot (der<br />
Menge des verfügbaren, sich<br />
erneuernden Süßwassers)<br />
abhängt. Wesentlich sind auch<br />
<strong>ein</strong>e effi ziente Nutzung und<br />
<strong>ein</strong>e nachhaltige <strong>Wasser</strong>entnahme.<br />
☞ 4<br />
Das Arbeitsblatt enthält zahlreiche<br />
statistische Angaben<br />
und soll gleichzeitig den<br />
Umgang mit Statistiken <strong>–</strong> die<br />
Deutung und Interpretation<br />
statistischer Parameter <strong>–</strong> <strong>ein</strong>üben.<br />
10<br />
erneuerbares Süßwasserdargebot zwischen 1.000<br />
und 1.700 Kubikmeter pro Kopf der Bevölkerung<br />
und Jahr. Von <strong>Wasser</strong>mangel spricht man, wenn<br />
weniger als 1.000 Kubikmeter Süßwasser zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Im Jahre 2050 werden nach <strong>ein</strong>er mittleren<br />
Schätzung 9,3 Mrd. Menschen auf unserem Globus<br />
s<strong>ein</strong>. 42 % davon leben dann in Ländern mit<br />
<strong>Wasser</strong>knappheit oder <strong>Wasser</strong>mangel. Im Jahre<br />
2000 betrug dieser Prozentsatz gerade <strong>ein</strong>mal 8 %.<br />
Umso wichtiger wäre es, die <strong>Wasser</strong>nutzung<br />
dem heutigen Stand der Technik anzupassen und<br />
dafür zu sorgen, dass <strong>Wasser</strong> effi zient genutzt<br />
wird. Viel <strong>Wasser</strong> geht verloren, weil Bewässerungssysteme<br />
den größten Teil des <strong>Wasser</strong>s verdunsten<br />
lassen, weil <strong>Wasser</strong>leitungen viele Lecks<br />
aufweisen oder weil die Art der Bewässerung<br />
nur ungenügend an die Wurzeln der Pfl anzen<br />
erreicht.<br />
Für die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation<br />
<strong>ein</strong>zelner Länder ist schließlich auch die Nachhaltigkeit<br />
der <strong>Wasser</strong>nutzung von Bedeutung.<br />
„Nachhaltig“ ist die <strong>Wasser</strong>entnahme dann, wenn<br />
sie das erneuerbare Oberfl ächenwasser, die Zufl<br />
üsse der Gewässer und diejenigen Grundwasserreservoirs<br />
nutzt, die durch Regen wieder aufgefüllt<br />
werden. Einige Länder (z.B. China, aber auch<br />
die USA) verwenden in bestimmten Regionen für<br />
ihre <strong>Wasser</strong>versorgung in hohem Maße Grundwasservorräte,<br />
die in Jahrtausenden entstanden<br />
sind und sich nicht mehr regenerieren. Es ist<br />
absehbar, dass die Erschöpfung dieser <strong>Wasser</strong>vorräte<br />
zu Krisen in der Landwirtschaft führen wird.<br />
Das gilt auch für viele Beispiele unangepasster<br />
<strong>Wasser</strong>nutzung in der Landwirtschaft so vieler<br />
Länder. Falsche Bewässerung kann zu Versalzung<br />
und zur Erosion der Böden führen <strong>–</strong> und ist damit<br />
ebenso wenig zukunftsfähig.<br />
3. Ländervergleich:<br />
Mosambik und Libyen<br />
☞ 3 + MI <strong>–</strong> 1<br />
Mosambik<br />
Das Land Mosambik gehört zu den ärmsten<br />
Ländern der Erde. Trotz <strong>ein</strong>iger wirtschaftlicher<br />
Verbesserungen in den letzten Jahren (nach dem<br />
jahrelangen Bürgerkrieg) ist die soziale Situation<br />
der Menschen noch immer sehr schlecht. Mosambik<br />
verzeichnet <strong>ein</strong>e hohe Kindersterblichkeit<br />
(Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1, Ziffer 13). Unterernährung<br />
ist bei <strong>ein</strong>em Großteil der Bevölkerung an der<br />
Tagesordnung (Ziffer 10). ☞ 4<br />
Das <strong>Wasser</strong>-Potential des Landes ist erheblich<br />
(Ziffer 3). Mit rund 11.800 Kubikmeter<br />
erneuerbarem <strong>Wasser</strong> (Gesamtmenge des zur<br />
Nutzung zugänglichen und auch erneuerbaren<br />
Süßwassers) pro Einwohner (Ziffer 5) gehört Mosambik<br />
nicht zu den Ländern mit <strong>Wasser</strong>knappheit<br />
oder gar <strong>Wasser</strong>mangel.<br />
Doch die Nutzung dieses <strong>Wasser</strong>s ist unzureichend.<br />
Nur 3 % der landwirtschaftlichen<br />
Fläche (Ziffer 9) werden als Bewässerungsland<br />
genutzt. Viel Potential bleibt hier ungenutzt. Die<br />
sichere Versorgung der Menschen mit sauberem<br />
Trinkwasser ist ebenfalls mangelhaft. 43 % der<br />
Menschen können ihr Menschenrecht auf sauberes<br />
<strong>Wasser</strong> nicht wahrnehmen (Ziffer 11). Noch<br />
mehr Menschen (57 % der Bevölkerung) sind<br />
nicht an <strong>ein</strong>e Abwasserentsorgung angeschlossen<br />
(Ziffer 12). Beides sind wesentliche Faktoren für<br />
die hohe Kindersterblichkeit (197 Kinder von<br />
1.000 Lebendgeburten sterben bis zu ihrem<br />
5. Geburtstag <strong>–</strong> vgl. Ziffer 13).<br />
Fazit: Mosambik hat große, wenn auch regional<br />
unterschiedlich verteilte <strong>Wasser</strong>reserven;<br />
die Nutzung dieses Potentials ist aber wegen der<br />
Armut des Landes unzureichend. Eine Verbesserung<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung gehört zu den wichtigsten<br />
Entwicklungsprioritäten des Landes.<br />
Libyen<br />
Die arabische Republik Libyen gehört zu den<br />
reichsten Staaten des afrikanischen Kontinents<br />
<strong>–</strong> dank der Erdöl<strong>ein</strong>nahmen. Die soziale Situation<br />
der Menschen ist daher nicht von Hunger (Ziffer<br />
10) oder absoluter Armut geprägt. Allerdings ist<br />
die relative Armut bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />
unübersehbar. 28 % der Bevölkerung sind<br />
nur unzureichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt (Ziffer 11).<br />
Libyen ist <strong>ein</strong>es der wasserärmsten Länder<br />
der Erde (Ziffer 3). 95 % des Landes bestehen<br />
aus Wüste. Mit nur 113 Kubikmeter <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
(Gesamtmenge des zur Nutzung zugänglichen<br />
und erneuerbaren Süßwassers) pro Einwohner<br />
(Ziffer 5) ist das Land sehr niederschlagsarm.<br />
Libyen nutzt dennoch in erheblichem Maße<br />
<strong>Wasser</strong> für die Landwirtschaft. Dieses wird aber<br />
weitgehend (rund 90 %) aus fossilen Grundwasserbecken<br />
entnommen, die sich im Laufe<br />
des Quartärs (vor rund 1 Mio. Jahren) gebildet<br />
haben. Diese Nutzung ist nicht nachhaltig, weil<br />
sich diese <strong>Wasser</strong>vorräte nicht mehr erneuern.<br />
Der Grundwasserspiegel sinkt also beständig. Es<br />
wird geschätzt, dass Libyen 8mal mehr <strong>Wasser</strong><br />
verbraucht als durch Niederschläge oder Zufl üsse<br />
erneuert wird (Ziffer 7). Außerdem dringt<br />
Meerwasser in die Grundwasserbecken und<br />
macht erhebliche Teile der Süßwasserbestände
Impressum<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />
Vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten für Sek. I/II<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> AfriKa (KOSA e.V.)<br />
und Welthaus Bielefeld e.V.<br />
August-Bebel-Str. 62<br />
D-33602 Bielefeld<br />
Tel.: ++49-(0)5 21- 9 86 48-51/52<br />
Fax: ++49-(0)5 21-6 37 89<br />
kosa@kosa.org<br />
www.kosa.org<br />
Autoren:<br />
Georg Krämer und Monika Scheffl er<br />
Redaktion:<br />
Monika Scheffl er<br />
Druck:<br />
Druckerei Strothmann, Bielefeld<br />
Gestaltung:<br />
www.crossmedia-design.de<br />
Preis:<br />
5 EUR zuzgl. Versandkosten<br />
Wir danken der Nordrh<strong>ein</strong>-Westfälischen Stiftung<br />
für Umwelt und Entwicklung sowie dem Evangelischen<br />
Entwicklungsdienst (EED) durch den ABP<br />
für die fi nanzielle Unterstützung des Projektes.<br />
© KOSA Bielefeld, September 2004<br />
ISBN: 3-934645-12-7
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I:<br />
Lebensmittel <strong>Wasser</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Zielgruppe: Klassen 8 -10<br />
Globale Probleme und Perspektiven rund um das <strong>Wasser</strong><br />
Unterrichtsmaterialien zu Einheit I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II:<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Menschenrecht oder Ware? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
Zielgruppe: Klassen 10-12<br />
Globale Perspektiven für <strong>ein</strong> „öffentliches <strong>Gut</strong>“<br />
Unterrichtsmaterialien zu Einheit II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III:<br />
Globalisierungsgut <strong>Wasser</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
Zielgruppe: Klassen 11-13<br />
Privatisierung, Globalisierung, GATS und weltweiter Widerstand<br />
Unterrichtsmaterialien zu Einheit III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV:<br />
<strong>Wasser</strong> für alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />
Zielgruppe: Klassen 11-13<br />
Politische und infrastrukturelle Perspektiven<br />
Unterrichtsmaterialien zu Einheit IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
3
Einführung<br />
4<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>ein</strong> <strong>globales</strong><br />
<strong>ein</strong> <strong>globales</strong> <strong>Gut</strong>?<br />
<strong>Gut</strong>?<br />
Sich in <strong>ein</strong>em wasserreichen Land wie Deutschland<br />
mit dem Thema <strong>Wasser</strong> und s<strong>ein</strong>er weltweiten<br />
Verfügbarkeit zu beschäftigen, ist nicht<br />
unmittelbar <strong>ein</strong>sichtig. Erst <strong>ein</strong>e Beschäftigung<br />
mit den globalen Zusammenhängen zeigt, dass<br />
das <strong>Wasser</strong>thema auch für unsere Zukunft lebenswichtig<br />
ist. „Globales Lernen“ als kritische Aus<strong>ein</strong>andersetzung<br />
sowohl mit Interdependenzen als<br />
auch mit Widersprüchen eröffnet hier Lernchancen,<br />
die über die Rekapitulation gängiger „Wahrheiten“<br />
weit hinausgehen.<br />
Weltweit haben rund 1,1 Milliarden Menschen<br />
<strong>–</strong> fast jeder Fünfte <strong>–</strong> k<strong>ein</strong>en Zugang zu<br />
sauberem <strong>Wasser</strong> und mehr als 2,4 Milliarden<br />
sind nicht an <strong>ein</strong>e minimale Sanitärversorgung<br />
angeschlossen. <strong>Wasser</strong>mangel und <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />
sind wesentliche Kennzeichen für<br />
Armut und Unterentwicklung. Die Folgen dieser<br />
Missstände für Leben und Gesundheit der Menschen<br />
sind verheerend. <strong>Wasser</strong>knappheit bedeutet<br />
auch geringere landwirtschaftliche Erträge,<br />
während andererseits unangepasste Bewässerung<br />
Versalzung und Erosion zur Folge haben kann und<br />
damit langfristig noch größeren <strong>Wasser</strong>mangel.<br />
Zudem trifft auch der Überfl uss an <strong>Wasser</strong> gerade<br />
die Armen hart. Überschwemmungen bedrohen<br />
Leben und Gesundheit vor allem der armen Bevölkerung,<br />
die wenig Mittel haben, sich vor den<br />
Fluten zu schützen.<br />
In unseren nördlichen Regionen ist <strong>Wasser</strong><br />
zwar in überreichem Maße verfügbar, doch bereitet<br />
die <strong>Wasser</strong>verschmutzung Probleme. Wenig<br />
refl ektiert wird auch, dass wir in beträchtlichem<br />
Maße <strong>Wasser</strong> aus anderen Ländern importieren.<br />
Mit den Einfuhren von Waren importieren wir aus<br />
den exportierenden Ländern <strong>ein</strong>en Teil ihrer <strong>Wasser</strong>vorräte,<br />
die diese für ihre Exportproduktion<br />
aufwenden. Deutschland gehört hierbei zu den<br />
zehn größten Importeuren von so genanntem<br />
„virtuellen“ <strong>Wasser</strong>.<br />
Einfl uss auf die langfristige Versorgung der<br />
Menschheit mit <strong>Wasser</strong> nehmen wir auch durch<br />
unseren Lebensstil und Energieverbrauch. Denn<br />
die fortschreitende Klimaerwärmung der Erde<br />
droht die <strong>Wasser</strong>versorgung der Menschen gerade<br />
in der „Dritten Welt“ dramatisch zu verschlechtern.<br />
Die Verschiebung der Vegetationszonen<br />
bedroht die Lebensgrundlagen vieler Millionen<br />
Menschen.<br />
Das alles macht deutlich: <strong>Wasser</strong>probleme<br />
sind komplexe Entwicklungsprobleme. Aus diesem<br />
Grunde sind <strong>ein</strong>fache Lösungen nicht in Sicht;<br />
doch können technische, ökologisch angepasste<br />
Innovationen und <strong>ein</strong> verbessertes <strong>Wasser</strong>management<br />
die Situation verbessern. Notwendig<br />
ist <strong>ein</strong>e umfassende <strong>Wasser</strong>politik, die alle Akteure<br />
und die Bevölkerung <strong>ein</strong>bezieht. Dies setzt den<br />
politischen Willen der Verantwortlichen voraus,
Prioritäten zugunsten <strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
gerade der Armen zu setzen.<br />
Im Jahre 2000 beschlossen die Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen so genannte Milleniumsziele, die auf<br />
<strong>ein</strong>e Halbierung der Armut bis zum Jahr 2015 abzielen.<br />
Dazu zählt auch die Absicht, bis zu diesem<br />
Zeitpunkt die Zahl der Menschen ohne sicheren<br />
Trinkwasserzugang und ohne ausreichende Sanitärausstattung<br />
zu halbieren. Es sieht so aus, als<br />
würden diese Ziele verfehlt, wenn nicht die politischen<br />
und fi nanziellen Anstrengungen deutlich<br />
erhöht werden.<br />
Doch es gibt auch Entwicklungen, die hoffen<br />
lassen. So wird <strong>Wasser</strong> zunehmend als <strong>ein</strong><br />
Menschenrecht anerkannt. <strong>Wasser</strong> ist eben k<strong>ein</strong>e<br />
normale Ware, sondern <strong>ein</strong> <strong>Gut</strong>, das jedem Menschen<br />
unabhängig von s<strong>ein</strong>er Zahlungsfähigkeit<br />
gewährt werden sollte. Relativ neu ist auch <strong>ein</strong>e<br />
Debatte auf internationaler Ebene über „global<br />
public goods“. Immer offensichtlicher lassen sich<br />
überlebenswichtige Güter ausmachen, die sich<br />
nur durch internationale gem<strong>ein</strong>same Anstrengungen<br />
erhalten bzw. realisieren lassen.<br />
Globalisierung und Privatisierung im<br />
<strong>Wasser</strong>bereich sind seit <strong>ein</strong>igen Jahren heiß<br />
umstrittene Themen. Nach wie vor setzen auch<br />
viele Entwicklungspolitiker, u. a. die deutsche<br />
Entwicklungsministerin, viele Hoffnungen in die<br />
Privatwirtschaft. Sie versprechen sich <strong>ein</strong>en zusätzlichen<br />
Schub bei der Verwirklichung des Milleniumziels,<br />
die Zahl der Menschen ohne Zugang<br />
zu sauberem Trinkwasser bis zum Jahr 2015 zu<br />
halbieren. Globalisierungsgegner bekämpfen dagegen<br />
die Privatisierung des <strong>Wasser</strong>s vehement:<br />
Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> sei bei privaten,<br />
auf Rendite und Gewinne ausgerichteten Firmen,<br />
in völlig falschen Händen. Auch dieser teils sehr<br />
überspitzt geführte Konfl ikt wird in der vorliegenden<br />
Sammlung von vier Unterrichts<strong>ein</strong>heiten<br />
rund um das <strong>Wasser</strong> aufgegriffen. Eine differenzierte<br />
Betrachtungsweise der Konfl iktpunkte soll<br />
die Kritikfähigkeit der Schüler und Schülerinnen<br />
schärfen.<br />
Eine grundsätzliche Bemerkung muss an<br />
dieser Stelle noch gemacht werden: Die Versorgung<br />
der Menschen mit minimalen sanitären Anlagen<br />
ist im Grunde genauso wichtig wie der Zugang<br />
zu Trinkwasser. Hier ist die Größenordnung<br />
des Problems noch gigantischer: Rund 2,4 Mrd.<br />
Menschen waren im Jahre 2000 ohne ausreichende<br />
sanitäre Ausstattung <strong>–</strong> und auch diese Zahl<br />
soll laut Millenium-Gipfel der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />
bis 2015 halbiert werden. Aus Platzgründen beschränken<br />
wir uns in diesen Unterrichts<strong>ein</strong>heiten<br />
aber weitgehend auf das Trinkwasserproblem.<br />
Die vorliegende Unterrichts<strong>ein</strong>heit ist Teil<br />
des Projektes „Imagine… Sauberes Trinkwasser<br />
für alle?“, das die <strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong><br />
KOSA e.V. mit fi nanzieller Unterstützung der<br />
Nordrh<strong>ein</strong>-Westfälischen Stiftung für Umwelt<br />
und Entwicklung und des Evangelischen Entwicklungsdienstes<br />
durchführt.<br />
5<br />
Einführung
6<br />
Des Menschen Seele<br />
gleicht dem <strong>Wasser</strong>.<br />
Vom Himmel kommt es,<br />
zum Himmel steigt es<br />
und wieder nieder zur<br />
Erde muss es <strong>–</strong><br />
ewig wechselnd …<br />
aus „Gesang der Geister über den <strong>Wasser</strong>n“<br />
von Johann Wolfgang von Goethe (1779)
Globale Probleme und Perspektiven<br />
rund um das <strong>Wasser</strong><br />
Lebensmittel <strong>Wasser</strong><br />
Zielgruppe: Klassen 8/9<br />
Gliederung<br />
I. Wie viel <strong>Wasser</strong> ist genug?<br />
1. Wie viel <strong>Wasser</strong> braucht der Mensch?<br />
2. Wie beurteile ich die „<strong>Wasser</strong>situation“ <strong>ein</strong>es Landes?<br />
3. Ländervergleich Mosambik - Libyen<br />
II. <strong>Wasser</strong>probleme<br />
1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Fluch und Segen<br />
2. Filmbeschreibung: Kampf ums <strong>Wasser</strong><br />
3. <strong>Wasser</strong>knappheit und <strong>Wasser</strong>mangel<br />
4. <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />
5. Überschwemmungen und Starkniederschläge<br />
6. Der Handel mit „virtuellem <strong>Wasser</strong>“<br />
III. Wege aus der <strong>Wasser</strong>krise<br />
1. Was können wir tun?<br />
2. Königsweg Privatisierung?<br />
3. <strong>Wasser</strong>management und technische Lösungen<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
7
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
Lebensmittel<br />
<strong>Wasser</strong><br />
8<br />
Themenfelder und<br />
didaktischer Hintergrund<br />
Sich in <strong>ein</strong>em regenreichen Land wie Deutschland,<br />
das nur rund <strong>ein</strong> Viertel des erneuerbaren<br />
<strong>Wasser</strong>dargebotes nutzt, mit dem Thema <strong>Wasser</strong><br />
und s<strong>ein</strong>er weltweiten Verfügbarkeit zu beschäftigen,<br />
bedarf der Begründung. Dass die globale<br />
<strong>Wasser</strong>frage auch für unsere Zukunft höchst bedeutsam<br />
s<strong>ein</strong> soll, ist nicht von vorneher<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>sichtig<br />
und braucht die Bereitschaft zur selbstkritischen<br />
Refl exion, ohne die „Globales Lernen“<br />
nicht möglich ist.<br />
Weltweit haben rund 1,1 Milliarden Menschen<br />
<strong>–</strong> mehr als jeder Fünfte <strong>–</strong> k<strong>ein</strong>en Zugang<br />
zu sauberem <strong>Wasser</strong> und mehr als 2,4 Milliarden<br />
sind nicht an <strong>ein</strong>e minimale Sanitärversorgung<br />
angeschlossen. Die Folgen dieser Missstände<br />
für Leben und Gesundheit der Menschen sind<br />
bekannt. So stirbt beispielsweise laut Unicef alle<br />
15 Sekunden <strong>ein</strong> Kind an den Folgen unsauberen<br />
Trinkwassers. <strong>Wasser</strong>mangel und <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />
sind wesentliche Indikatoren für Armut<br />
und verweisen auf die Verwobenheit sozialer,<br />
ökologischer und ökonomischer Dimensionen. Es<br />
sind vor allem die Armen, die auf unzureichende<br />
Brunnen und Zapfstellen zurückgreifen müssen<br />
und oft viel Geld an Händler und Zulieferer für<br />
ihre (unzureichende) <strong>Wasser</strong>versorgung bezahlen.<br />
Auch fehlende Abwasserentsorgung und<br />
Toiletten machen gerade die Armen und deren<br />
Kinder krank.<br />
<strong>Wasser</strong>knappheit bedeutet aber auch geringere<br />
landwirtschaftliche Erträge, während andererseits<br />
unangepasste Bewässerung Versalzung<br />
und Erosion zur Folge haben kann, vielleicht auch<br />
sinkende Grundwasserbestände und damit langfristig<br />
noch größeren <strong>Wasser</strong>mangel. Zudem trifft<br />
auch der Überfl uss an <strong>Wasser</strong> gerade die Armen<br />
hart. Starkniederschläge und Überschwemmungen<br />
bedrohen Leben und Gesundheit vor allem<br />
derjenigen, die wenig Mittel haben, sich vor derartigen<br />
Gefahren zu schützen.<br />
Bei uns dagegen ist <strong>Wasser</strong> in überreichem<br />
Maße verfügbar, sofern wir der <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />
Einhalt gebieten. Trotzdem importieren<br />
wir in beträchtlichem Maße <strong>Wasser</strong> aus anderen<br />
Ländern. Mit den Einfuhren von Weizen, Reis,<br />
Bananen, Orangensaft oder Jeans entnehmen wir<br />
den exportierenden Ländern <strong>ein</strong>en Teil ihrer <strong>Wasser</strong>vorräte,<br />
die diese für ihre Exportproduktion<br />
aufwenden. Deutschland gehört hierbei zu den<br />
10 größten <strong>Wasser</strong>importeuren. Auch dies ist Teil<br />
der Globalisierung.<br />
Einfl uss auf das langfristige <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
nehmen wir aber auch von <strong>ein</strong>er ganz anderen<br />
Warte aus. Die fortschreitende Klimaerwärmung<br />
der Erde droht, die <strong>Wasser</strong>versorgung der Menschen<br />
gerade in der „Dritten Welt“ dramatisch<br />
zu verschlechtern. Die Verschiebung der Vegetationszonen,<br />
längere Dürrezeiten, häufi gere<br />
Starkniederschläge und andere Wetterextrema<br />
werden die Lebensbedingungen vieler Menschen<br />
verschlechtern oder zerstören, nicht zuletzt, weil<br />
sauberes Süßwasser knapper wird. So nehmen<br />
wir mit unserem Lebensstil und Energieverbrauch<br />
Einfl uss auf die zukünftige globale <strong>Wasser</strong>-Situation.<br />
Das alles macht deutlich: <strong>Wasser</strong>probleme<br />
sind komplexe Entwicklungsprobleme. Aus diesem<br />
Grunde sind <strong>ein</strong>fache Lösungen nicht in Sicht,<br />
was nicht bedeutet, dass technische, ökologisch<br />
angepasste Innovationen und <strong>ein</strong> verbessertes<br />
<strong>Wasser</strong>management nicht die Situation verbessern<br />
können. Notwendig ist <strong>ein</strong>e umfassende<br />
<strong>Wasser</strong>politik, die alle Akteure und die Bevölkerung<br />
<strong>ein</strong>bezieht. Dies setzt den politischen Willen<br />
der Verantwortlichen voraus, Prioritäten zugunsten<br />
<strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung gerade<br />
der Armen zu setzen.<br />
Für all dies sind Investitionen, d.h. viel<br />
Geld notwendig. Die hierfür erforderlichen Mittel<br />
aufzubringen, kann nur durch Privatisierung<br />
gelingen, behauptet <strong>ein</strong> Teil der Experten und<br />
Politiker. Andere kritisieren die Kommerzialisierung<br />
des <strong>Wasser</strong>s und verweisen zu Recht darauf,<br />
dass sich Investitionen und Beteiligungen von<br />
Privaten auf diejenigen Bereiche konzentriert<br />
haben, die entsprechende Gewinne versprechen<br />
und eben nicht der <strong>Wasser</strong>versorgung der armen<br />
Bevölkerungsteile zugute kommen. So führt das<br />
<strong>Wasser</strong>-Thema direkt in die kontroversen Aus<strong>ein</strong>andersetzungen<br />
über Globalisierung und Freihandel<br />
und über den Beitrag, den Wirtschaft, Politik<br />
oder Entwicklungszusammenarbeit hier leisten<br />
sollten.<br />
Im Jahre 2000 beschlossen die Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen sogenannte Milleniumsziele, die auf<br />
<strong>ein</strong>e Halbierung der Armut bis zum Jahr 2015 abzielen.<br />
Dazu zählt auch die Absicht, bis zu diesem<br />
Zeitpunkt die Zahl der Menschen ohne sicheren<br />
Trinkwasserzugang und ohne ausreichende Sanitärausstattung<br />
zu halbieren. Es sieht so aus, als<br />
würden diese Ziele verfehlt, wenn nicht die poli-
tischen und fi nanziellen Anstrengungen deutlich<br />
erhöht werden.<br />
Am Ende steht <strong>–</strong> wieder <strong>ein</strong>mal <strong>–</strong> die Frage,<br />
ob wir Armutsbekämpfung und die hierfür notwendige<br />
Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung als<br />
Zukunftsaufgabe begreifen, die auch in unserem<br />
eigenen Interesse liegt. Niemand kann erwarten,<br />
dass wir auf Dauer in <strong>ein</strong>er friedlichen Oase überleben<br />
werden, wenn um uns herum Armut und<br />
Verelendung weiter zunehmen und soziale, ökologische<br />
und ökonomische Verwerfungen auslösen.<br />
Jenseits aller ethischen Verpfl ichtung sollte<br />
<strong>ein</strong>e Beschäftigung mit dem „Lebensmittel <strong>Wasser</strong>“<br />
auch dieses Eigeninteresse verdeutlichen.<br />
I. Wie viel <strong>Wasser</strong><br />
ist genug?<br />
1. Wie viel <strong>Wasser</strong> braucht der<br />
Mensch?<br />
Wie kann man entscheiden, wie viel <strong>Wasser</strong> jeder<br />
Mensch zum Leben braucht? Die Schwierigkeit,<br />
diese Frage zu beantworten, führt direkt in die<br />
weltweite <strong>Wasser</strong>problematik, zeigt die Verwobenheit<br />
des <strong>Wasser</strong>themas mit Fragen nach Armut,<br />
Entwicklungsstand und Umwelt.<br />
Zunächst kann man bei der Frage „Wie viel<br />
<strong>Wasser</strong> ist genug?“ vom unmittelbaren Trinkwasserbedarf<br />
ausgehen. Täglich ca. 2 Liter <strong>Wasser</strong><br />
sollte jeder Mensch trinken. Darüber hinaus brauchen<br />
wir aber auch <strong>Wasser</strong> zum Kochen und zur<br />
Körperr<strong>ein</strong>igung, für das Säubern der Kleidung,<br />
der Wohnung und des Geschirrs oder auch für<br />
die Toilette. Wie viel <strong>Wasser</strong> dies im Einzelnen<br />
ist, hängt stark von den Lebensbedingungen der<br />
Menschen ab. ☞ 1<br />
In Deutschland verfügt jeder Mensch im<br />
statistischen Durchschnitt über 127 Liter <strong>Wasser</strong><br />
pro Tag (2001), das er in s<strong>ein</strong>em Haushalt<br />
verbraucht. Davon werden nur ca. 4 Liter für das<br />
unmittelbare Trinken und das Kochen verwendet.<br />
In weiten Teilen <strong>Afrika</strong>s ist die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
der Menschen weitaus schlechter. Vor<br />
allem auf dem Land verfügen viele <strong>Afrika</strong>ner und<br />
<strong>Afrika</strong>nerinnen über weniger als 20 Liter pro<br />
Tag, mit dem sie ihren Trinkwasserbedarf decken<br />
müssen, aber auch das Kochen, Körper- und Kleiderr<strong>ein</strong>igung<br />
bewerkstelligen sollen. Ein solches<br />
Angebot kann den Bedarf nicht decken. Die UN<br />
setzen 40 <strong>–</strong> 50 Liter pro Mensch als das tägliche<br />
Minimum an, um ausreichend mit <strong>Wasser</strong><br />
versorgt zu s<strong>ein</strong>.<br />
2. Wie beurteile ich die<br />
<strong>Wasser</strong>situation <strong>ein</strong>es Landes?<br />
Die weltweite <strong>Wasser</strong>problematik wird am häufi<br />
gsten wie folgt beschrieben:<br />
Rund 1,1 Mrd. Menschen haben k<strong>ein</strong>en<br />
Zugang zu sauberem Trinkwasser <strong>–</strong> und mindestens<br />
2,4 Mrd. Erdbewohner sind nicht an<br />
<strong>ein</strong>e Abwasser-Entsorgung angeschlossen.<br />
<strong>Wasser</strong> kann aber nicht nur in den Kategorien<br />
des unmittelbaren Verbrauchs durch die<br />
Menschen gemessen werden. Zur <strong>Wasser</strong>situation<br />
<strong>ein</strong>es Landes gehören <strong>ein</strong>e Reihe von Faktoren,<br />
die zusammen jene Indikatoren liefern, die für<br />
die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation von Bedeutung<br />
sind ☞ 2.<br />
Zunächst ist das „<strong>Wasser</strong>dargebot“ des<br />
Landes von Bedeutung. Wie viel Vorkommen an<br />
erschließbarem Süßwasser ist überhaupt vorhanden?<br />
Hier gibt es natürlich enorme Schwankungen<br />
in den verschiedenen Regionen. Das<br />
<strong>Wasser</strong>dargebot in Grönland (bezogen auf die<br />
Einwohner) ist um mehr als <strong>ein</strong>e Million mal höher<br />
als dasjenige in Kuwait, um zwei Extrempunkte<br />
zu benennen.<br />
Danach ist zu fragen, welche Menschen<br />
Zugang zu diesen <strong>Wasser</strong>quellen haben. In vielen<br />
Ländern der „Dritten Welt“ sind gerade die Armen<br />
in den Slums (Favelas, Bariadas) nicht an das<br />
Leitungsnetz angeschlossen und auf dem Land<br />
müssen die Armen weite Wege zu unzureichenden<br />
Brunnen zurücklegen, um ihren <strong>Wasser</strong>bedarf zu<br />
stillen.<br />
Dieses <strong>Wasser</strong> ist dabei häufi g auch von sehr<br />
schlechter Qualität. Verschmutztes, mit Bakterien<br />
und Parasiten verseuchtes <strong>Wasser</strong> ist die Ursache<br />
von Durchfall, Bilharziose und vielen anderen<br />
Krankheiten. Laut UN-Welt-<strong>Wasser</strong>-Entwicklungsbericht<br />
sterben jedes Jahr rund 2,2 Mio. Menschen<br />
an den Krankheitsfolgen verschmutzten<br />
Trinkwassers oder fehlender Abwassersysteme.<br />
<strong>Wasser</strong> wird nicht nur unmittelbar im Haushalt<br />
verwendet. Auch die <strong>Wasser</strong>nutzung durch<br />
Landwirtschaft, Industrie oder Kraftwerke sind<br />
<strong>ein</strong> wichtiger Indikator für die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
<strong>ein</strong>es Landes, für die Produktivität dieser Sektoren<br />
und ihre Zukunftsaussichten.<br />
In Zukunft wird die Zahl derjenigen Menschen<br />
deutlich zunehmen, die in Ländern mit<br />
<strong>Wasser</strong>knappheit oder mit <strong>Wasser</strong>mangel leben.<br />
Für das Jahr 2050 sagen die UN voraus, dass jeder<br />
vierte Erdbewohner (= 2,2 Mrd. Menschen) in<br />
<strong>ein</strong>em Lande leben wird, dass von <strong>Wasser</strong>knappheit<br />
gekennzeichnet ist. 1,674 Mrd. Menschen<br />
(18 %) werden sogar in Ländern mit <strong>Wasser</strong>mangel<br />
leben. <strong>Wasser</strong>knappheit ist defi niert als<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 1<br />
Wie viel <strong>Wasser</strong> brauchst Du<br />
täglich?<br />
Lassen Sie die Schülerinnen<br />
und Schüler raten, wie hoch<br />
ihr täglicher <strong>Wasser</strong>konsum<br />
ist (127 l).<br />
Welche Mutmaßungen gibt<br />
es über die Verwendungszwecke?<br />
Baden/Duschen 45l<br />
Toilette 40l<br />
Wäsche 17l<br />
Geschirr 8l<br />
Wohnung 6l<br />
Garten 3l<br />
Trinken/Kochen 3l<br />
Sonstiges 5l<br />
Summe 127 Liter<br />
☞ 2 Tafelbild<br />
Wie beurteile ich die <strong>Wasser</strong>situation<br />
<strong>ein</strong>es Landes?<br />
◆ <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
des Landes:<br />
Wie viel Süß-<strong>Wasser</strong> gibt<br />
es?<br />
◆ Zugang zu <strong>Wasser</strong>:<br />
Haben alle Menschen<br />
ausreichend Zugang zu<br />
<strong>Wasser</strong>?<br />
◆ <strong>Wasser</strong>qualität:<br />
Ist <strong>ein</strong>e saubere und sichere<br />
Trinkwasserversorgung<br />
gewährleistet?<br />
◆ Abwasser:<br />
Ist die sanitäre Entsorgung<br />
des Abwassers sichergestellt?<br />
◆ <strong>Wasser</strong>-Nutzung:<br />
Wie und in welchem<br />
Ausmaß nutzen Landwirtschaft,<br />
Industrie, Kraftwerke<br />
und Haushalte das<br />
<strong>Wasser</strong>?<br />
◆ Stand der Technik:<br />
Wird das <strong>Wasser</strong> effektiv<br />
und sparsam genutzt?<br />
◆ Nachhaltigkeit der<br />
<strong>Wasser</strong>nutzung:<br />
Werden nur die erneuerbaren<br />
<strong>Wasser</strong>vorräte genutzt?<br />
Werden die Umweltfolgen<br />
der <strong>Wasser</strong>nutzung mitbedacht?<br />
9
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 3<br />
Bitte kopieren Sie das Arbeitsblatt<br />
MI <strong>–</strong> 1 für alle SchülerInnen<br />
und lassen Sie die<br />
Arbeitsaufgaben paarweise<br />
bearbeiten.<br />
Die hier angeführten Kriterien<br />
zur Beurteilung der „<strong>Wasser</strong>situation“<br />
<strong>ein</strong>es Landes sollen<br />
an zwei konkreten Länderbeispielen<br />
„durchgespielt“<br />
werden.<br />
Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1 enthält<br />
statistische Angaben über<br />
<strong>Wasser</strong>dargebot, <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />
und über den Zugang<br />
der Bevölkerung zu Trinkwasser<br />
und zu den Abwassersystemen<br />
in den beiden Ländern<br />
Mosambik und Libyen.<br />
Der Ländervergleich macht<br />
deutlich, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
<strong>ein</strong>es Landes nicht<br />
nur vom <strong>Wasser</strong>dargebot (der<br />
Menge des verfügbaren, sich<br />
erneuernden Süßwassers)<br />
abhängt. Wesentlich sind auch<br />
<strong>ein</strong>e effi ziente Nutzung und<br />
<strong>ein</strong>e nachhaltige <strong>Wasser</strong>entnahme.<br />
☞ 4<br />
Das Arbeitsblatt enthält zahlreiche<br />
statistische Angaben<br />
und soll gleichzeitig den<br />
Umgang mit Statistiken <strong>–</strong> die<br />
Deutung und Interpretation<br />
statistischer Parameter <strong>–</strong> <strong>ein</strong>üben.<br />
10<br />
erneuerbares Süßwasserdargebot zwischen 1.000<br />
und 1.700 Kubikmeter pro Kopf der Bevölkerung<br />
und Jahr. Von <strong>Wasser</strong>mangel spricht man, wenn<br />
weniger als 1.000 Kubikmeter Süßwasser zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Im Jahre 2050 werden nach <strong>ein</strong>er mittleren<br />
Schätzung 9,3 Mrd. Menschen auf unserem Globus<br />
s<strong>ein</strong>. 42 % davon leben dann in Ländern mit<br />
<strong>Wasser</strong>knappheit oder <strong>Wasser</strong>mangel. Im Jahre<br />
2000 betrug dieser Prozentsatz gerade <strong>ein</strong>mal 8 %.<br />
Umso wichtiger wäre es, die <strong>Wasser</strong>nutzung<br />
dem heutigen Stand der Technik anzupassen und<br />
dafür zu sorgen, dass <strong>Wasser</strong> effi zient genutzt<br />
wird. Viel <strong>Wasser</strong> geht verloren, weil Bewässerungssysteme<br />
den größten Teil des <strong>Wasser</strong>s verdunsten<br />
lassen, weil <strong>Wasser</strong>leitungen viele Lecks<br />
aufweisen oder weil die Art der Bewässerung<br />
nur ungenügend an die Wurzeln der Pfl anzen<br />
erreicht.<br />
Für die Beurteilung der <strong>Wasser</strong>situation<br />
<strong>ein</strong>zelner Länder ist schließlich auch die Nachhaltigkeit<br />
der <strong>Wasser</strong>nutzung von Bedeutung.<br />
„Nachhaltig“ ist die <strong>Wasser</strong>entnahme dann, wenn<br />
sie das erneuerbare Oberfl ächenwasser, die Zufl<br />
üsse der Gewässer und diejenigen Grundwasserreservoirs<br />
nutzt, die durch Regen wieder aufgefüllt<br />
werden. Einige Länder (z.B. China, aber auch<br />
die USA) verwenden in bestimmten Regionen für<br />
ihre <strong>Wasser</strong>versorgung in hohem Maße Grundwasservorräte,<br />
die in Jahrtausenden entstanden<br />
sind und sich nicht mehr regenerieren. Es ist<br />
absehbar, dass die Erschöpfung dieser <strong>Wasser</strong>vorräte<br />
zu Krisen in der Landwirtschaft führen wird.<br />
Das gilt auch für viele Beispiele unangepasster<br />
<strong>Wasser</strong>nutzung in der Landwirtschaft so vieler<br />
Länder. Falsche Bewässerung kann zu Versalzung<br />
und zur Erosion der Böden führen <strong>–</strong> und ist damit<br />
ebenso wenig zukunftsfähig.<br />
3. Ländervergleich:<br />
Mosambik und Libyen<br />
☞ 3 + MI <strong>–</strong> 1<br />
Mosambik<br />
Das Land Mosambik gehört zu den ärmsten<br />
Ländern der Erde. Trotz <strong>ein</strong>iger wirtschaftlicher<br />
Verbesserungen in den letzten Jahren (nach dem<br />
jahrelangen Bürgerkrieg) ist die soziale Situation<br />
der Menschen noch immer sehr schlecht. Mosambik<br />
verzeichnet <strong>ein</strong>e hohe Kindersterblichkeit<br />
(Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 1, Ziffer 13). Unterernährung<br />
ist bei <strong>ein</strong>em Großteil der Bevölkerung an der<br />
Tagesordnung (Ziffer 10). ☞ 4<br />
Das <strong>Wasser</strong>-Potential des Landes ist erheblich<br />
(Ziffer 3). Mit rund 11.800 Kubikmeter<br />
erneuerbarem <strong>Wasser</strong> (Gesamtmenge des zur<br />
Nutzung zugänglichen und auch erneuerbaren<br />
Süßwassers) pro Einwohner (Ziffer 5) gehört Mosambik<br />
nicht zu den Ländern mit <strong>Wasser</strong>knappheit<br />
oder gar <strong>Wasser</strong>mangel.<br />
Doch die Nutzung dieses <strong>Wasser</strong>s ist unzureichend.<br />
Nur 3 % der landwirtschaftlichen<br />
Fläche (Ziffer 9) werden als Bewässerungsland<br />
genutzt. Viel Potential bleibt hier ungenutzt. Die<br />
sichere Versorgung der Menschen mit sauberem<br />
Trinkwasser ist ebenfalls mangelhaft. 43 % der<br />
Menschen können ihr Menschenrecht auf sauberes<br />
<strong>Wasser</strong> nicht wahrnehmen (Ziffer 11). Noch<br />
mehr Menschen (57 % der Bevölkerung) sind<br />
nicht an <strong>ein</strong>e Abwasserentsorgung angeschlossen<br />
(Ziffer 12). Beides sind wesentliche Faktoren für<br />
die hohe Kindersterblichkeit (197 Kinder von<br />
1.000 Lebendgeburten sterben bis zu ihrem<br />
5. Geburtstag <strong>–</strong> vgl. Ziffer 13).<br />
Fazit: Mosambik hat große, wenn auch regional<br />
unterschiedlich verteilte <strong>Wasser</strong>reserven;<br />
die Nutzung dieses Potentials ist aber wegen der<br />
Armut des Landes unzureichend. Eine Verbesserung<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung gehört zu den wichtigsten<br />
Entwicklungsprioritäten des Landes.<br />
Libyen<br />
Die arabische Republik Libyen gehört zu den<br />
reichsten Staaten des afrikanischen Kontinents<br />
<strong>–</strong> dank der Erdöl<strong>ein</strong>nahmen. Die soziale Situation<br />
der Menschen ist daher nicht von Hunger (Ziffer<br />
10) oder absoluter Armut geprägt. Allerdings ist<br />
die relative Armut bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />
unübersehbar. 28 % der Bevölkerung sind<br />
nur unzureichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt (Ziffer 11).<br />
Libyen ist <strong>ein</strong>es der wasserärmsten Länder<br />
der Erde (Ziffer 3). 95 % des Landes bestehen<br />
aus Wüste. Mit nur 113 Kubikmeter <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
(Gesamtmenge des zur Nutzung zugänglichen<br />
und erneuerbaren Süßwassers) pro Einwohner<br />
(Ziffer 5) ist das Land sehr niederschlagsarm.<br />
Libyen nutzt dennoch in erheblichem Maße<br />
<strong>Wasser</strong> für die Landwirtschaft. Dieses wird aber<br />
weitgehend (rund 90 %) aus fossilen Grundwasserbecken<br />
entnommen, die sich im Laufe<br />
des Quartärs (vor rund 1 Mio. Jahren) gebildet<br />
haben. Diese Nutzung ist nicht nachhaltig, weil<br />
sich diese <strong>Wasser</strong>vorräte nicht mehr erneuern.<br />
Der Grundwasserspiegel sinkt also beständig. Es<br />
wird geschätzt, dass Libyen 8mal mehr <strong>Wasser</strong><br />
verbraucht als durch Niederschläge oder Zufl üsse<br />
erneuert wird (Ziffer 7). Außerdem dringt<br />
Meerwasser in die Grundwasserbecken und<br />
macht erhebliche Teile der Süßwasserbestände
unbrauchbar. Die nicht-nachhaltige Nutzung der<br />
Süßwasserbestände gefährdet in erheblichem<br />
Maße die zukünftige Versorgung des Landes und<br />
s<strong>ein</strong>er Menschen. Das geringe <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
macht mehr Investitionen in die Wiederaufbereitung<br />
des <strong>Wasser</strong>s notwendig <strong>–</strong> z.B. in Technologien<br />
zur Entsalzung von Meerwasser.<br />
Fazit: Wann sind <strong>ein</strong> Land und s<strong>ein</strong>e Menschen<br />
ausreichend mit <strong>Wasser</strong> versorgt? Was ist <strong>ein</strong>e<br />
nachhaltige Nutzung des <strong>Wasser</strong>s? Die Antwort<br />
bedarf der Einbeziehung vieler Faktoren und macht<br />
damit schon deutlich, dass in vielen verschiedenen<br />
Bereichen angesetzt werden muss, wenn die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
verbessert werden soll.<br />
II. <strong>Wasser</strong>probleme<br />
1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Fluch und Segen<br />
☞ 5 + MI <strong>–</strong> 2 <strong>Wasser</strong> ist Leben <strong>–</strong> aber gleichzeitig<br />
kann <strong>Wasser</strong> auch Leben bedrohen. Zu wenig<br />
<strong>–</strong> zu viel <strong>–</strong> zu schmutzig <strong>–</strong> die Gefährdungen<br />
sind nicht nur theoretischer Natur. Wie <strong>ein</strong>erseits<br />
<strong>Wasser</strong>knappheit und <strong>Wasser</strong>mangel Lebensmöglichkeiten<br />
beschränken oder sogar zum Tode<br />
führen, so ist andererseits <strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>überfl uss<br />
etwa durch Überschwemmungen lebensbedrohlich.<br />
Hinzu kommen die schlimmen Folgen der<br />
<strong>Wasser</strong>verschmutzung. Alle 15 Sekunden stirbt<br />
<strong>ein</strong> Kind laut Unicef an <strong>Wasser</strong>-bedingten Krankheitsfolgen,<br />
das sind mehr als 2 Millionen Kinder<br />
im Jahr.<br />
Während diese Folgen weitgehend in der sogenannten<br />
Dritten Welt auftreten, ist die Gewalt<br />
des <strong>Wasser</strong>s etwa durch Überschwemmungen oder<br />
Starkniederschläge auch bei uns zu beobachten.<br />
Die Häufi gkeit dieser extremen Wetterphänomene<br />
wird zunehmen, als Folge der menschengemachten<br />
Klimaveränderungen. ☞ 6<br />
2. Filmbeschreibung<br />
„Der Kampf ums <strong>Wasser</strong>“<br />
Film „Kampf ums <strong>Wasser</strong>“ (A Guerra da Água).<br />
Dokumentarspielfi lm, 31 Min., Mosambik 1999<br />
(mit deutschen Untertiteln). Gestaltung: Licínio<br />
Azevedo. Zielgruppe: Ab Klasse 8/9. ☞ 7<br />
Beschreibung: Der Dokumentarspielfi lm zeigt<br />
den alltäglichen Einsatz von Frauen in Mosambik<br />
für <strong>ein</strong>en Eimer <strong>Wasser</strong>, für das Überleben ihrer<br />
Familien. Die Kamera begleitet die Frauen auf<br />
dem langen Weg zum Brunnen. Fällt die Pumpe<br />
dort aus, weil sie defekt oder weil der Brunnen<br />
leer ist, müssen die Frauen weiterziehen zum<br />
nächsten Brunnen, wo sie sich erneut in <strong>ein</strong>e lange<br />
Schlange wartender Frauen <strong>ein</strong>reihen müssen.<br />
Bei der <strong>Wasser</strong>vergabe leiden die Frauen unter<br />
der Willkür von Männern, welche die Brunnen<br />
verwalten und entscheiden, wann und für wen es<br />
<strong>Wasser</strong> gibt. Manchmal muss am Brunnen übernachtet<br />
werden, damit der vordere Platz in der<br />
Reihe nicht verloren geht und am nächsten Morgen<br />
die Chance auf <strong>ein</strong>en Eimer <strong>Wasser</strong> besteht.<br />
Und wenn der Weg zurück bei Dunkelheit zurückgelegt<br />
werden muss, lauern im Busch Gefahren<br />
durch Schlangen oder Skorpione.<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 5<br />
Das Schaubild MI <strong>–</strong> 2 „<strong>Wasser</strong>probleme“<br />
kann auf Folie<br />
gezogen oder als Arbeitsblatt<br />
kopiert werden. Eventuell ist<br />
auch <strong>ein</strong>e Nutzung als Tafelbild<br />
sinnvoll.<br />
Nähere Hintergründe zu<br />
den drei hier dargestellten<br />
Problembereichen können<br />
Sie den Ziffern 3 <strong>–</strong> 5 dieses<br />
Kapitels entnehmen.<br />
☞ 6<br />
Die SchülerInnen können<br />
auch nach den ambivalenten<br />
Eigenschaften von <strong>Wasser</strong><br />
für das Leben befragt werden<br />
<strong>–</strong> <strong>Wasser</strong> als Lebenselexier<br />
und als Lebensbedrohung.<br />
☞ 7<br />
Der Film „Kampf ums <strong>Wasser</strong>“<br />
ist als VHS-Video ausleihbar<br />
bei vielen evangelischen<br />
Medienzentralen und bei<br />
<strong>ein</strong>igen katholischen Diözesanfi<br />
lmstellen.<br />
Anschriften und Telfonnummern<br />
fi nden Sie im Internet:<br />
• www.evangelischemedienzentralen.de<br />
(unter<br />
„Übersichtskarte).<br />
• www.<strong>ein</strong>e-welt-medien.de<br />
Unter „Datenbank“ muss der<br />
Film <strong>ein</strong>gegeben werden.<br />
Dort fi nden Sie auch Details<br />
zum Film.<br />
11
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 8<br />
Aktion <strong>Wasser</strong>marsch<br />
Was es bedeutet, täglich zwei<br />
Kilometer mit <strong>ein</strong>em 10 Liter<br />
Eimer unterwegs zu s<strong>ein</strong>, um<br />
den <strong>Wasser</strong>bedarf zu decken<br />
kann man durch die „Aktion<br />
<strong>Wasser</strong>marsch“ erfahrbar<br />
machen.<br />
Die SchülerInnen legen<br />
<strong>–</strong> möglichst an <strong>ein</strong>em heißen<br />
Sommertag <strong>–</strong> <strong>ein</strong>en 1 km<br />
langen Weg zurück, der z.B.<br />
durch die Fußgängerzone der<br />
Stadt führt. Auf dem Kopf<br />
tragen sie <strong>ein</strong>en 10 Liter Eimer<br />
mit <strong>Wasser</strong> (mit <strong>ein</strong>em Handtuch<br />
polstern).<br />
Das <strong>Wasser</strong> wird in zwei Bottiche<br />
geschüttet, die in ca. 1 km<br />
Entfernung aufgebaut sind.<br />
Der <strong>ein</strong>e Bottich trägt die<br />
Aufschrift „20 Liter <strong>–</strong> Tagesverbrauch<br />
in <strong>Afrika</strong> (Land)“,<br />
der zweite ist mit <strong>ein</strong>em Schild<br />
versehen „127 Liter <strong>–</strong> Tagesverbrauch<br />
in Deutschland“.<br />
Die <strong>Wasser</strong>träger werden von<br />
SchülerInnen begleitet, die<br />
Zettel an die Passanten verteilen,<br />
über die Hintergründe<br />
informieren und ggfs. für <strong>ein</strong><br />
<strong>Wasser</strong>projekt sammeln.<br />
Über die Aktion sollten die<br />
Presse informiert werden.<br />
Die Erfahrungen können<br />
später im Klassengespräch<br />
ausgetauscht werden.<br />
☞ 9<br />
20 Liter pro Tag<br />
Viele Menschen in den ländlichen<br />
Gebieten weiter Teile von<br />
<strong>Afrika</strong> oder auch von Asien<br />
müssen mit rund 20 Litern<br />
<strong>Wasser</strong> am Tag auskommen.<br />
Wie viel oder wie wenig dies<br />
ist, kann man ebenfalls am<br />
eigenen Leib erfahren. Zwei<br />
Eimer (á 10 Liter) werden<br />
morgens abgefüllt <strong>–</strong> und dann<br />
k<strong>ein</strong> weiteres <strong>Wasser</strong> mehr<br />
entnommen.<br />
Mit dieser <strong>Wasser</strong>menge muss<br />
dann jeder und jede versuchen,<br />
s<strong>ein</strong>en Durst zu stillen<br />
(sonstige Getränke gibt es<br />
12<br />
Währenddessen versucht der Mann, durch<br />
Ausgraben von Wurzeln <strong>ein</strong> wenig „Lebenssaft“<br />
zu gewinnen. ☞ 8<br />
Kommentar: Der Film verzichtet auf Kommentierung<br />
und Erklärungen und dokumentiert lediglich<br />
die alltäglich Mühsal des <strong>Wasser</strong>holens. Die Frauen<br />
spielen ihr eigenes Leben. Gerade durch diese<br />
Dokumentation ohne Erklärungen, Anklagen oder<br />
Beschwichtigungen be<strong>ein</strong>druckt der Film.<br />
Themen des Films:<br />
• <strong>Wasser</strong>mangel;<br />
• Unzureichende technische Ausstattung der<br />
Brunnen;<br />
• Willkür bei der <strong>Wasser</strong>verteilung;<br />
• Besondere Belastung der Frauen;<br />
• Leben der Kinder <strong>–</strong> weitgehend auf sich all<strong>ein</strong><br />
gestellt.<br />
3. <strong>Wasser</strong>knappheit und<br />
<strong>Wasser</strong>mangel<br />
☞ MI <strong>–</strong> 3 Rund 1,1 Millionen Menschen haben<br />
k<strong>ein</strong>en sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser.<br />
Das bedeutet, dass sie in maximal <strong>ein</strong>em Kilometer<br />
Entfernung k<strong>ein</strong>en sauberen <strong>Wasser</strong>anschluss,<br />
Brunnen, Quelle oder Regenwassersammler fi nden,<br />
aus dem sie mindestens täglich 20 Liter (pro<br />
Kopf) sauberen Trinkwassers entnehmen können.<br />
☞ 9<br />
Ähnlich gravierend ist die Tatsache, dass<br />
rund 2,4 Mrd. Menschen (4 von 10) nicht an ausreichende<br />
sanitäre Abwassersysteme angeschlossen<br />
sind.<br />
Hinter diesen Zahlen verbergen sich lebensgefährdende<br />
und lebensbelastende Zustände, wie<br />
sie auch im o.a. Film deutlich werden.<br />
Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 3 will <strong>ein</strong>e Beschäftigung<br />
mit <strong>ein</strong>zelnen Aspekten des <strong>Wasser</strong>mangels<br />
anstoßen und kombiniert diese mit mathematischen<br />
Aufgaben (Umrechnungen, Dreisatz, Prozentrechnung).<br />
Lösungen des Arbeitsblattes MI <strong>–</strong> 3<br />
1 Zuordnung zu den <strong>ein</strong>zelnen Kategorien:<br />
Land Erneuerbares<br />
<strong>Wasser</strong>dargebot<br />
pro Einwohner/<br />
Jahr<br />
Kategorie<br />
China 2259 m3 I<br />
Deutschland 1878 m3 I<br />
Libyen 113 m3 III<br />
Mosambik 11814 m3 I<br />
Rep. Südafrika 1154 m3 II<br />
2 Berechnungsweg<br />
Die 14.000 km 2 <strong>Wasser</strong> ergeben umgerechnet<br />
14.000 Milliarden m 2 ; diese geteilt durch 6,1<br />
Mrd. Menschen macht <strong>ein</strong>e Menge von 2295<br />
m 2 pro Jahr <strong>–</strong> oder auch 2.295.000 Liter. Diese<br />
Zahl dividiert durch 365 Tage ergibt 6288<br />
Liter, die jedem Erdbewohner pro Tag (statistisch)<br />
an Süßwasser zur Verfügung stehen.<br />
Statistisch stehen jedem Erdbewohner pro Tag<br />
6288 Liter <strong>Wasser</strong> zur Verfügung.<br />
3 Berechnungsweg<br />
100 Liter Wochenbedarf der Familie ergibt 10<br />
<strong>Wasser</strong>wege á 2 Kilometer (Hin- und Rückweg)<br />
pro Woche. Im Jahr (x 52) ist dies <strong>ein</strong>e<br />
Wegstrecke von 1040 Kilometern.<br />
Die Frau legt all<strong>ein</strong> für das <strong>Wasser</strong>holen <strong>ein</strong>e<br />
Wegstrecke von 1040 km im Jahr zurück.<br />
4 Berechnungsweg:<br />
Im Jahre 2015 werden ca. 7,197 Mrd. Menschen<br />
auf der Erde leben. Wenn bis dahin<br />
maximal nur noch 9 % der Weltbevölkerung<br />
ohne sicheren Trinkwasseranschluss leben<br />
sollen, würde dies <strong>ein</strong>e Anzahl von 647 Mio.<br />
Menschen bedeuten. Im Jahre 2000 lag die<br />
Anzahl der Menschen ohne sichere Trinkwasserversorgung<br />
noch bei 1094 Mio.<br />
Gemäß der Zielvorgabe dürften 2015 nur<br />
noch maximal 647 Mio. Menschen ohne sichere<br />
Trinkwasserversorgung s<strong>ein</strong>.<br />
4. <strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />
Der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />
und fehlende Abwasserentsorgung sind die<br />
Ursache für viele Erkrankungen und Todesfälle in<br />
den Ländern der „Dritten Welt“. Der Weltwasserentwicklungsbericht<br />
der UN (2003) gibt an, dass<br />
mindestens 2,2 Millionen Menschen jedes Jahr an<br />
den Folgen der durch diese beiden Mängel verursachten<br />
Krankheiten sterben. Der Verlust an Lebensjahren<br />
liegt bei mehr als 82 Millionen Jahren<br />
(diese Kennziffer berechnet, wie viele Lebensjahre<br />
durch den frühzeitigen Tod gemessen an<br />
der durchschnittlichen Lebenserwartung verloren<br />
gehen). Schon die hohe Zahl (82 Mill. Jahre/2,2<br />
Mill. Menschen) deutet darauf hin, dass sehr<br />
viele Kinder hiervon betroffen sind: Laut Unicef<br />
sind es mehr als 1 Million Kinder.
Krankheiten<br />
durch <strong>Wasser</strong>verschmutzung verursacht<br />
Bakterien Durchfall, Typhus, Cholera<br />
Viren Gelbfi eber, Denguefi eber<br />
Parasiten Malaria, Amöbenruhr<br />
Würmer Bilharziose, Guinea-Wurm,<br />
Flussblindheit<br />
chemische Stoffe Arsen-Vergiftung<br />
Alle diese mit <strong>Wasser</strong> in Beziehung stehenden<br />
Krankheiten verursachen namenloses Leid. Zumal<br />
die meisten Menschen ohne ärztliche Hilfe und<br />
Medikamente auskommen müssen. In den meisten<br />
„armen Ländern“ hat vor allem die Landbevölkerung<br />
kaum Zugang zu <strong>ein</strong>schlägigen Medikamenten<br />
<strong>–</strong> und auch die Prioritäten medizinischer<br />
Forschung sind auf die Krankheiten des weißen,<br />
kaufkräftigen Teils der Menschheitsfamilie ausgerichtet.<br />
☞ 10<br />
Wesentlich ist jedoch, dass die Voraussetzungen<br />
für <strong>ein</strong> gesundes Leben fehlen: Sauberes<br />
<strong>Wasser</strong> und funktionierende Sanitärversorgung.<br />
Exemplarisch für die Erkrankungen durch<br />
unsauberes <strong>Wasser</strong> steht der Durchfall (Diarrhöe).<br />
Sie ist die häufi gste Todesursache bei<br />
Kindern in der „Dritten Welt“. Diese „Allerweltskrankheit“<br />
verursacht den Tod von rund <strong>ein</strong>er<br />
Million Kindern im Jahr (Unicef) vornehmlich in<br />
<strong>Afrika</strong> und in Asien <strong>–</strong> jede Minute sterben daran<br />
zwei Kinder. Sie sterben durch Flüssigkeitsverlust<br />
(Austrocknung) oder durch den Verlust an<br />
Nährstoffen (Auszehrung). Sicher gibt es Therapien<br />
(nicht unbedingt nur Medikamente), die<br />
den Flüssigkeitsverlust stoppen und die weitere<br />
Auszehrung verhindern könnten (etwa die Gabe<br />
<strong>ein</strong>es Salz-Zucker-Getränkes). Auch dafür muss<br />
jedoch sauberes <strong>Wasser</strong> (ausreichend) zur Verfügung<br />
stehen, damit ständige Re-Infekte verhindert<br />
werden. ☞ 11<br />
Auch <strong>ein</strong> Hygienebewussts<strong>ein</strong> ist wichtig.<br />
Wie die Übertragung von Durchfall-Bazillen verhindert<br />
werden kann, soll der Bevölkerung u.a.<br />
durch <strong>ein</strong>fache Plakate nähergebracht werden.<br />
☞ MI <strong>–</strong> 4 Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 4 („Durchfall<br />
tötet“) zeigt <strong>ein</strong> Plakat der WHO (Weltgesundheitsorganisation).<br />
Es verweist zunächst auf die<br />
verschiedenen Infektionswege, durch die Durchfall-Bakterien<br />
in den Mund gelangen. Eine zentrale<br />
Rolle spielen dabei die menschlichen Exkremente,<br />
deren Bazillen weitergegeben werden<br />
• durch schmutzige Finger,<br />
• durch Fliegen,<br />
• durch Verunr<strong>ein</strong>igung von Nahrungsmitteln auf<br />
den Feldern<br />
• oder dadurch, dass Kot in <strong>Wasser</strong>ressourcen<br />
gerät, aus denen Menschen ihr Trinkwasser<br />
schöpfen.<br />
Der Bau von Toiletten kann Leben retten, denn<br />
wenn die Exkremente <strong>ein</strong>fach auf dem Feld hinterlassen<br />
werden, ist die Infektionsgefahr am<br />
größten. Die traditionelle Grubentoilette verhindert<br />
zwar <strong>ein</strong>e Verschmutzung der Nahrungsmittel<br />
auf dem Felde oder des <strong>Wasser</strong>s, kann aber<br />
die Übertragung durch Fliegen nicht verhindern.<br />
Das <strong>Wasser</strong>klo (Spültoilette) macht die Fäkalien<br />
für Fliegen und Insekten unzugänglich, verbraucht<br />
aber andererseits viel <strong>Wasser</strong>. Und ohne<br />
ausreichendes <strong>Wasser</strong> für Hygiene <strong>–</strong> die Chance,<br />
sich die Finger nach der Toilette gründlich zu<br />
r<strong>ein</strong>igen <strong>–</strong> sind auch die aufwendigeren Toiletten<br />
wenig effektiv im Kampf gegen den Durchfall.<br />
5. Überschwemmungen und<br />
Starkniederschläge<br />
Gefahren, die vom <strong>Wasser</strong> ausgehen, drohen den<br />
Menschen aber auch jenseits von <strong>Wasser</strong>mangel<br />
oder <strong>Wasser</strong>verschmutzung. Auch zu viel <strong>Wasser</strong><br />
kann lebensgefährlich s<strong>ein</strong>. In den Jahren<br />
1990 bis 2001 zählten die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />
mindestens 2.200 Katastrophen (disasters),<br />
die mit <strong>Wasser</strong> zu tun hatten. Hierzu gehören<br />
Überschwemmungen (50 % der Fälle), aber auch<br />
Epidemien, Erdrutsche und Lawinen u.a.m. Die<br />
meisten dieser Katastrophen ereigneten sich<br />
in Asien und <strong>Afrika</strong> <strong>–</strong> und auch hier sind es vor<br />
allem die Armen, die sich kaum schützen können<br />
und den Gefahren weitgehend schutzlos ausgeliefert<br />
sind.<br />
Überfl utungen und Hochwasser haben<br />
verschiedene Ursachen. <strong>Wasser</strong> ist immer dann<br />
bedrohlich, wenn es in zu großen Mengen auf<br />
unangepasste Systeme trifft. Unangepasste<br />
Landwirtschaft oder Bebauung, Flussbegradigungen,<br />
Bodenversiegelung, Abholzung von Wäldern,<br />
die vorher als <strong>Wasser</strong>speicher dienten <strong>–</strong> alle<br />
diese Faktoren tragen dazu bei, dass fruchtbares<br />
Land zerstört und weggeschwemmt wird (Erosion),<br />
Ernten zerstört werden und Menschen und<br />
Tiere durch Ertrinken umkommen.<br />
Eine Ursache für die deutlich gestiegene<br />
Häufi gkeit derartiger Schadensereignisse <strong>–</strong> so die<br />
meisten Wissenschaftler <strong>–</strong> liegt jedoch im Klimawandel.<br />
Weil das Klima der Erde sich erwärmt,<br />
verstärken sich Windströmungen, verändern sich<br />
Wolkenbildung und Niederschläge. Im Ergebnis<br />
häufen sich sowohl längere Trockenzeiten <strong>ein</strong>erseits<br />
als auch Stark-Niederschläge andererseits<br />
(Wetterextrema). ☞ 12<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
nicht), das Essen zu kochen,<br />
sich mindestens zweimal am<br />
Tag zu waschen und mindestens<br />
zwei Kleidungsstücke zu<br />
r<strong>ein</strong>igen.<br />
Die Erfahrungen sollten in<br />
<strong>ein</strong>er Tagebuchnotiz aufgeschrieben<br />
und später besprochen<br />
werden.<br />
☞ 10<br />
Die durch schlechtes Trinkwasser<br />
bzw. durch mangelnde<br />
Sanitär<strong>ein</strong>richtungen übertragenden<br />
Krankheiten sind<br />
hier nur kurz aufgelistet<br />
(darunter auch die Malaria,<br />
die stehende Gewässer <strong>–</strong><br />
nicht unbedingt verschmutztes<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> als Brutstätte<br />
benötigt.<br />
☞ 11<br />
Ob und ggfs. welche der<br />
<strong>ein</strong>zelnen Krankheiten Sie im<br />
Unterricht näher ansprechen<br />
wollen, wäre zu entscheiden.<br />
Sie fi nden ausführlichere<br />
Informationen zu den <strong>ein</strong>zelnen<br />
Krankheiten u.a. im<br />
Internet: http://<br />
www.who.int/water_sanitation_health/diseases/<br />
diseasefact/en/<br />
http://www.helvetas.ch/<br />
deutsch/pdf/wasserkrankheiten.PDF<br />
☞ 12<br />
Die UNO warnt:<br />
Der Verbrauch von zu viel<br />
Energie führt zu Klima veränderun<br />
gen und zu Überschwemmungen!<br />
Zum Einstieg in das Thema<br />
„Überschwemmungen“ können<br />
Sie den o.a. Warnhinweis<br />
abschreiben oder kopieren<br />
und (mit Tesafi lm) auf Lichtschalter,<br />
Steckdosen, Autotanks<br />
etc. aufkleben.<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
kommentieren,<br />
13
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
• wie sie derartige<br />
Warnhinweise persönlich<br />
beurteilen,<br />
• ob sie diese für sachlich<br />
gerechtfertigt halten<br />
• und ob Sie glauben, dass<br />
derartige Warnhinweise<br />
Wirkung erzielen.<br />
☞ 13<br />
Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 5 kann<br />
auf Folie kopiert und dann<br />
in der Klasse gezeigt werden<br />
oder als Kopie <strong>ein</strong>gesetzt<br />
werden.<br />
Eine ausführliche Darstellung<br />
von Treibhauseffekt und<br />
Klimawandel kann an dieser<br />
Stelle nicht erfolgen. Es ist<br />
hier ausreichend, wenn der<br />
grobe Wirkzusammenhang<br />
verstanden ist.<br />
☞ 14<br />
Die Kategorie des „virtuellen<br />
<strong>Wasser</strong>s“ ist sicher weithin<br />
unbekannt, öffnet aber den<br />
Blick für die Tatsache, dass<br />
der internationale Handel<br />
<strong>ein</strong> wichtiger Faktor ist für<br />
die <strong>Wasser</strong>situation in vielen<br />
Ländern.<br />
☞ 15<br />
Wie viel <strong>Wasser</strong> verbirgt sich<br />
hinter den <strong>ein</strong>zelnen Produkten?<br />
Stellen Sie z.B. <strong>ein</strong>e Flasche<br />
Orangensaft (1 Liter) auf das<br />
Pult und lassen Sie die SchülerInnen<br />
raten, wie viel <strong>Wasser</strong><br />
notwendig war, um diesen<br />
Liter O-Saft herzustellen.<br />
Fragen Sie, für welche Zwecke<br />
<strong>Wasser</strong> bei der Orangensaftproduktion<br />
benötigt wird.<br />
• Bewässerung der Bäume<br />
• Waschen der Früchte Herstellung<br />
des Konzentrats<br />
• Verdünnen des Konzentrats<br />
bei der Endherstellung in<br />
Deutschland.<br />
14<br />
Die Stark-Niederschläge können oft von<br />
Böden oder Gewässern nicht mehr aufgenommen<br />
werden. Fruchtbares Land wird überschwemmt<br />
und zerstört, Menschen und Tiere sind in Gefahr.<br />
Im Februar 2000 verloren im Südlichen <strong>Afrika</strong><br />
durch <strong>ein</strong>e „Jahrhundertfl ut“ mehr als 1.000<br />
Menschen ihr Leben; 850.000 Menschen wurden<br />
obdachlos; der ökonomische Schaden betrug<br />
mindestens 660 Millionen Dollar.<br />
☞ MI <strong>–</strong> 5 Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 5 (Autofahren<br />
verursacht Überschwemmungen) zeigt den<br />
Zusammenhang zwischen derartigen Überschwemmungen<br />
in fernen Ländern“ und unserem<br />
Lebensstil auf. ☞ 13 Denn es sind die reichen<br />
Länder des Nordens, die für mehr als die Hälfte<br />
der Treibhausgase verantwortlich sind, obwohl<br />
in ihnen nur <strong>ein</strong> Fünftel der Weltbevölkerung<br />
lebt. Die Behauptung „Autofahren verursacht<br />
Überschwemmungen“ weist auf diesen Zusammenhang<br />
hin und bringt ihn auf <strong>ein</strong>e knappe<br />
Formel. Weil Nordamerika und Europa durch<br />
Energieverbrauch inkl. Verkehr ganz wesentlich<br />
zum sogenannten Treibhauseffekt beitragen, sind<br />
wir indirekt mitverantwortlich für Wetterextrema<br />
und Überschwemmungen, die als Folge der Erderwärmung<br />
häufi ger auftreten. Sicher ist dieser<br />
Zusammenhang nur vermittelt richtig, weil mehrere<br />
Faktoren für das Zustandekommen von Überschwemmungen<br />
von Bedeutung sind. Die Einsicht<br />
aber, dass unsere Lebensweise (z.B. unser Energieverbrauch)<br />
derartige globale Auswirkungen<br />
hat, ist von großer Bedeutung und soll hier im<br />
Vordergrund stehen.<br />
Ausführlicher zum Thema Klimawandel/<br />
Treibhauseffekt:<br />
• U. Graf: Der Treibhauseffekt. Sind wir auf dem<br />
Weg in <strong>ein</strong>e Klimakatastrophe? 175 S. Bremen<br />
2001 (Unterrichtsmaterialien mit didaktischen<br />
Hinweisen und Kopiervorlagen, eher für Oberstufe).<br />
Kostenloser Bezug über die Bundeszentrale<br />
für politische Bildung.<br />
http://www.bpb.de<br />
• Schaubilder aus „Atlas der Weltverwicklungen“,<br />
Wuppertal 2001.<br />
Bezug: Welthaus Bielefeld.<br />
http://www.welthaus.de<br />
• Buch „Herausforderung Klimawandel“, BMBF<br />
2003. Kostenlos als download unter http://<br />
www.bmbf.de/pub/klimawandel.pdf<br />
• Bei der Münchener Rückversicherung kann <strong>ein</strong><br />
leicht verständlich formuliertes Papier zum<br />
globalen Klimawandel <strong>–</strong> geeignet für die Oberstufe<br />
<strong>–</strong> herunter geladen werden.<br />
http://www.munichre.com/publications/302-<br />
03570_de.pdf<br />
6. Der Handel mit virtuellem<br />
<strong>Wasser</strong><br />
Die <strong>Wasser</strong>situation <strong>ein</strong>es Landes wird nicht<br />
unwesentlich bestimmt vom <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />
derjenigen Produkte, die ausgeführt oder <strong>ein</strong>geführt<br />
werden. Denn quasi unsichtbar hinter dem<br />
Export von Nahrungsmitteln, landwirtschaftlichen<br />
Gütern, aber auch von Industrieprodukten<br />
steht <strong>ein</strong>e oft nicht unerhebliche Aufwendung<br />
von <strong>Wasser</strong>, das zur Herstellung dieser Produkte<br />
notwendig war. Diese Menge <strong>Wasser</strong> wird gleichsam<br />
exportiert <strong>–</strong> während andererseits durch die<br />
Importe von Produkten, deren Erstellung sehr<br />
wasseraufwendig ist, die eigenen <strong>Wasser</strong>vorräte<br />
geschont werden können. ☞ 14<br />
Wissenschaftler (vor allem Tony Allan, London<br />
und A.Y. Hoekstra, Delft) haben diese Kategorie<br />
des „virtuelles <strong>Wasser</strong>“ <strong>ein</strong>geführt. Sie<br />
plädieren dafür, den zunächst nicht sichtbaren<br />
<strong>Wasser</strong>verbrauch für Export- und Importprodukte<br />
zu berechnen, damit Handelsentscheidungen<br />
getroffen werden, die das aufgewendete <strong>Wasser</strong><br />
nicht als unsichtbaren Faktor ignorieren.<br />
Die <strong>Wasser</strong>aufwendung für die Herstellung<br />
von Produkten ist häufi g erheblich. Das Augenmerk<br />
soll hier auf Nahrungsmitteln liegen.<br />
Doch auch bei Industrieprodukten werden große<br />
Mengen <strong>Wasser</strong> verbraucht. So werden z.B. zur<br />
Herstellung <strong>ein</strong>es Autos ca. 400.000 Liter <strong>Wasser</strong><br />
aufgewendet. ☞ 15<br />
Bei den Nahrungsmitteln gibt es natürlich<br />
Pfl anzen mit eher hohem und solche mit eher<br />
niedrigem <strong>Wasser</strong>bedarf. Hinzu kommt, dass in<br />
verschiedenen Regionen mit unterschiedlichen<br />
Anbau- und Bewässerungsmethoden und abhängig<br />
von den Jahreszeiten der <strong>Wasser</strong>bedarf sehr<br />
stark differiert. So sind die Zahlen über das „virtuelle<br />
<strong>Wasser</strong>“ in den verschiedenen Produkten<br />
lediglich Durchschnittszahlen, die zudem noch je<br />
nach Quellen differieren.<br />
Nach <strong>ein</strong>er neueren Statistik (vgl. die Zahlen<br />
im Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 6) muss gerade bei Reis oder<br />
Weizen erheblicher <strong>Wasser</strong>aufwand <strong>ein</strong>rechnet<br />
werden. Für die Produktion von <strong>ein</strong>em Kilogramm<br />
Reis sind ca. 2.700 Liter <strong>Wasser</strong> notwendig; bei<br />
<strong>ein</strong>em Kilogramm Weizen kommen diese Berechnungen<br />
auf 1.200 Liter. Noch wasseraufwendiger<br />
ist die Produktion von Fleisch. Für <strong>ein</strong> Kilogramm<br />
Rindfl eisch berechnen A.Y. Hoekstra 16.000 Liter<br />
<strong>Wasser</strong>. Auch beim <strong>Wasser</strong> gilt also wie bei der<br />
Energie, dass <strong>ein</strong> hoher Fleischkonsum <strong>ein</strong>e erhebliche<br />
ökologische Belastung unseres Globus<br />
verursacht. Die 22 Liter für <strong>ein</strong>en Liter O-Saft<br />
sind im Vergleich dazu geradezu bescheiden.
Quelle für die Berechnungen des “virtuellen<br />
<strong>Wasser</strong>s” in verschiedenen Nahrungsmitteln: A.Y.<br />
Hoekstra: Virtual water trade between nations: a<br />
global mechanism affecting regional water systems<br />
(2003). Die Berechnungen zum O-Saft sind von<br />
1993 und stammen aus dem Wuppertal-Institut.<br />
Die Aufstellung der Länderlisten (<strong>Wasser</strong>-Importeure<br />
vs. Exporteure) ist der Homepage der UN<br />
zum internationalen Süßwasserjahr 2003 entnommen<br />
und wurde von A.Y. Hoekstra und P.Q. Hung<br />
berechnet.<br />
Bedenklich ist dieser virtuelle <strong>Wasser</strong>handel<br />
dann, wenn die „virtuelle <strong>Wasser</strong>-Bilanz“ deutlich<br />
macht, dass <strong>ein</strong> Land mit <strong>Wasser</strong>knappheit oder<br />
gar <strong>Wasser</strong>mangel durch s<strong>ein</strong>e Exporte s<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>problem<br />
noch verschärft. So ist Syrien, das<br />
zu den wasserärmsten Ländern gehört, wegen<br />
s<strong>ein</strong>er Baumwollexporte unter den Top 30 der<br />
Netto-<strong>Wasser</strong>exporteure. In Indien und in Brasilien<br />
<strong>–</strong> beide unter den Top 10 der Netto-<strong>Wasser</strong>exporteure<br />
(vgl. Schülerarbeitsblatt MI<strong>–</strong> 6 ☞<br />
7) gibt es zumindest regional oder auch saisonal<br />
<strong>Wasser</strong>knappheiten und dennoch exportieren beide<br />
Länder viel „virtuelles <strong>Wasser</strong>“. Auch sollte die<br />
Tatsache bewertet werden, dass das wasserreiche<br />
Deutschland auf Platz 9 der <strong>Wasser</strong>-Nettoimporteure<br />
steht. Hier müsste im Detail (z.B. bei den<br />
Orangensaftimporten aus Brasilien) untersucht<br />
werden, ob dieser Handel nicht zu <strong>Wasser</strong>problemen<br />
(beispielsweise in Brasiliens Orangen-Region<br />
des Bundesstaates Sao Paulo) führt und von<br />
daher kritisch zu bewerten wäre. Sicher ist aber,<br />
dass wir uns über derartige „ökologische Rucksäcke“<br />
unserer Konsumwaren nur selten im Klaren<br />
sind. ☞ 16<br />
Das Wissen um die „virtuelle <strong>Wasser</strong>-Handelsbilanz“<br />
könnte die Basis für <strong>ein</strong>e internationale<br />
Zusammenarbeit s<strong>ein</strong>. Mit der Aufstellung<br />
<strong>ein</strong>er Handelsbilanz über virtuelles <strong>Wasser</strong> wäre<br />
die Grundlage für <strong>ein</strong>e internationale Politik<br />
gelegt, die über den Handel <strong>Wasser</strong>-Engpässe in<br />
anderen Ländern zu lindern versucht. So kann<br />
<strong>ein</strong> Land sich ganz bewusst für Weizen-Importe<br />
(Beispiel Ägypten) entscheiden, weil der eigene<br />
Anbau von Weizen die knappen <strong>Wasser</strong>vorräte<br />
allzu sehr strapazieren würde. Ebenso wäre denkbar,<br />
dass Dürreperioden durch die Ausweitung<br />
des Importvolumens von wasserintensiven Produkten<br />
in ihren Auswirkungen begrenzt werden<br />
könnten. Sri Lanka hat 1996-1998 <strong>ein</strong>e solche<br />
Dürrezeit gezielt durch derartige Nahrungsmittelimporte<br />
überbrückt. Aller Voraussicht nach<br />
wird der Handel mit „virtuellem <strong>Wasser</strong>“ in Zukunft<br />
zunehmen. Schon heute fl ießen 26 % des<br />
<strong>Wasser</strong>s, das weltweit für den Anbau von Nah-<br />
rungsmitteln verwendet wird, in diesen virtuellen<br />
Außenhandel.<br />
Ausführlicheres zum Thema „virtuelles <strong>Wasser</strong>“<br />
fi nden Sie im Internet.<br />
Siehe z.B.: Chr. Studer: <strong>Wasser</strong> im Essen, Zollikofen<br />
2003 (http://www.infoagrar.ch/wassersymposium/images/referat_studer.pdf.<br />
III. Wege aus der<br />
<strong>Wasser</strong>krise<br />
1. Was können wir tun?<br />
☞ MI <strong>–</strong> 7 Im Sinne der Didaktik des „Globalen<br />
Lernens“ ist es sinnvoll, die Frage ehrlich zu<br />
stellen, ob wir etwas für die Verbesserung der<br />
<strong>Wasser</strong>situation in den Ländern des Südens tun<br />
können und welche Reichweite unsere Handlungen<br />
haben können.<br />
Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 7 listet <strong>ein</strong>ige Handlungsmöglichkeiten<br />
in diesem Zusammenhang<br />
auf. ☞ 17 Die Reichweite aller vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen ist begrenzt ist. Die Vorschläge A<br />
(eigenen <strong>Wasser</strong>verbrauch senken) und D (Tankschiffe<br />
mit <strong>Wasser</strong> schicken) sind kaum geeignet,<br />
die <strong>Wasser</strong>probleme in der „Dritten Welt“ zu<br />
lindern. Ein reduzierter Verbrauch bei uns führt<br />
nicht dazu, dass an anderen Orten der Welt mehr<br />
<strong>Wasser</strong> zur Verfügung steht. Tankschiffe können<br />
die benötigten Volumina selbstverständlich<br />
nicht bereitstellen und <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
per Tankschiff wäre weder fi nanzierbar noch für<br />
den größten Teil der Menschheit (jenseits der<br />
Küstenstaaten) machbar. Mehr positive Wirkung<br />
wäre da schon von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit<br />
zu erwarten, die auf <strong>ein</strong>e direkte<br />
Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung (Vorschlag<br />
C) oder auf entsprechende Beratungs- und Bildungsprogramme<br />
(Vorschlag B) abzielen. Allerdings<br />
sind auch diese Vorschläge ambivalent. Das<br />
durch die Entwicklungszusammenarbeit forcierte<br />
Anlegen von neuen Brunnen kann <strong>–</strong> wie die<br />
Erfahrungen im Sahel zeigen <strong>–</strong> zu <strong>ein</strong>em nichtnachhaltigen<br />
<strong>Wasser</strong>verbrauch (Erschöpfung der<br />
Grundwasserbestände, Überweidung durch zuviel<br />
Vieh, Erosion und Versalzung durch unangepasste<br />
Bewässerung) führen. Beratungsprogramme für<br />
die Bauern können nur dann nützlich s<strong>ein</strong>, wenn<br />
auch <strong>ein</strong> Zugang zu <strong>Wasser</strong> und <strong>ein</strong>e entsprechende<br />
Ausstattung zur Verfügung stehen. Unrealistisch<br />
weil kaum fi nanzierbar ist ferner der<br />
Vorschlag E, alle Menschen in der Welt an Was-<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 16<br />
Entscheidend ist hier nicht<br />
die Vermittlung von Detailwissen.<br />
Vielmehr sollen die<br />
SchülerInnen begreifen, in<br />
welch hohem Maße Güter<br />
unseres täglichen Konsums<br />
ökologische Belastungen<br />
in sich bergen: Durch den<br />
aufgewendeten <strong>Wasser</strong>verbrauch,<br />
durch Energieverbrauch<br />
u.a.m. Diese „ökologischen<br />
Rucksäcke“ genau zu<br />
berechnen ist schwer, aber<br />
dass sie existieren sollte uns<br />
allen klar s<strong>ein</strong>.<br />
Ausführlicher hierzu das<br />
Wuppertal-Institut (http:<br />
//www.wupperinst.org) und<br />
die Unterrichtsmaterialien<br />
„MIPS für Kids“.<br />
☞ 17<br />
Das Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 7 ist<br />
für die Kl<strong>ein</strong>gruppenarbeit<br />
konzipiert. In der Kl<strong>ein</strong>gruppe<br />
sollte das Pro und Kontra<br />
der <strong>ein</strong>zelnen Vorschläge<br />
diskutiert werden. Die SchülerInnen<br />
sollen Sinn und<br />
Unsinn der vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen, aber auch deren<br />
Reichweite refl ektieren.<br />
Das Aufstellen <strong>ein</strong>er Rangfolge<br />
dient lediglich dem Zweck,<br />
diesen Refl exionsprozess zu<br />
unterstützen.<br />
15
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 18<br />
Nähere Einzelheiten zum<br />
Themenfeld „Privatisierung<br />
des <strong>Wasser</strong>s“ werden in Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />
III (Oberstufe) in<br />
dieser Broschüre behandelt.<br />
An dieser Stelle sollen nur<br />
<strong>ein</strong>ige grundlegende Konfl iktfelder<br />
angesprochen werden.<br />
Nur am Rande sei vermerkt,<br />
dass „Privatisierung“ <strong>ein</strong><br />
weiteres Feld öffentlicher und<br />
privater Kooperation m<strong>ein</strong>en<br />
kann. Zwischenstufen können<br />
von <strong>ein</strong>er ausschließlichen<br />
Regierungsverwaltung bis zu<br />
<strong>ein</strong>em vollständigen Verkauf<br />
an Private reichen.<br />
☞ 19<br />
Beim Beantworten des Arbeitsblattes<br />
MI <strong>–</strong> 8 geht es<br />
nicht um richtige oder falsche<br />
Antworten, sondern um das<br />
Gegenüber von kontroversen<br />
Positionen, die allesamt <strong>ein</strong>e<br />
gewisse Berechtigung haben.<br />
Vielleicht kann <strong>ein</strong>e solche<br />
kontroverse Diskussion an<br />
dieser Stelle geübt werden.<br />
16<br />
serleitungssysteme anzuschließen. Die Erschließungskosten<br />
gerade in den ländlichen Gebieten<br />
würden alle nationalen wie internationalen Geldgeber<br />
überfordern. Hier sind dezentrale (auch<br />
kollektive) Versorgungssysteme wie öffentliche,<br />
sichere Zapfstellen <strong>ein</strong>e realistischere Perspektive.<br />
Ein Beitrag zur Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
können aber jene Vorschläge s<strong>ein</strong>,<br />
die auf den ersten Blick nichts mit dem Thema<br />
<strong>Wasser</strong> zu tun zu haben sch<strong>ein</strong>en. So könnte<br />
<strong>ein</strong> Schuldenerlass (Vorschlag F) den fi nanziellen<br />
Spielraum für die Länder der Dritten Welt<br />
erhöhen, ihre Gelder für <strong>ein</strong>e Verbesserung der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung gerade des ärmeren Teils der<br />
Bevölkerung auszugeben. Es ist allerdings k<strong>ein</strong>eswegs<br />
garantiert, dass <strong>ein</strong> Schuldenerlass ohne<br />
Aufl agen positive Folgen für die Bevölkerungen<br />
der betroffenen Schuldnerländer hätten. Aus<br />
diesem Grund versucht die Weltbank, aber auch<br />
Geberländer, den Schuldenerlass mit Aufl agen zu<br />
<strong>ein</strong>em Armutsbekämpfungsprogramm zu verbinden.<br />
Die Einsparung von Treibhausgasemissionen<br />
hier bei uns (Vorschlag H) bremst den sogenannten<br />
Treibhauseffekt, der zu Starkniederschlägen,<br />
Überschwemmungen und vermehrten Dürren<br />
führen wird. Wie im Teil II.5 dieser Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />
ausgeführt, wäre also <strong>ein</strong>e Reduzierung<br />
der Treibhausgase durchaus <strong>ein</strong> positiver Beitrag<br />
für die ökologische Stabilität und damit auch für<br />
die <strong>Wasser</strong>versorgung auf der Erde.<br />
Bleibt als letzter Vorschlag (G) die Priva ti sierung<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung, <strong>ein</strong> heftig umstrittener<br />
Plan, der in der internationalen Politik diskutiert<br />
wird. Die Bereitstellung zusätzlicher Gelder,<br />
die den Regierungen häufi g fehlen, durch private<br />
Firmen ist dabei die Triebfeder der Befürwortung.<br />
Kritiker verweisen aber zu Recht darauf, dass die<br />
bisherigen Erfahrungen kaum hoffen lassen, dass<br />
ausgerechnet private Firmen die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
der an Kaufkraft armen Bevölkerungsteile<br />
übernehmen wird. Näheres dazu wird im nächsten<br />
Teil der Unterrichts<strong>ein</strong>heit (III.2) ausgeführt.<br />
2. Königsweg Privatisierung?<br />
Zu den am heftigsten geführten Debatten über<br />
die Globalisierung gehört die Frage, ob es<br />
sinnvoll ist, wichtige Dienstleistungen wie <strong>Wasser</strong>-<br />
oder Energieversorgung zu privatisieren.<br />
☞ 18 Eine internationale vertragliche Ver<strong>ein</strong>barung<br />
(GATS <strong>–</strong> General agreement on trade in<br />
services) soll im Rahmen der WTO (world trade<br />
organisation) diesen Bereich regeln. Geht es<br />
nach dem Willen der USA oder der EU, so soll<br />
die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen<br />
voranschreiten, der globale Wettbewerb eröffnet<br />
werden. Die ersten Erfahrungen zeigen aber,<br />
dass die Gewinne weit hinter den Erwartungen<br />
zurückblieben und dass <strong>ein</strong>e Privatisierung der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung gerade in armen Regionen<br />
kaum lukrativ ist.<br />
☞ MI <strong>–</strong> 8 Soll die <strong>Wasser</strong>versorgung privatisiert<br />
werden? Das fragt das Arbeitsblatt<br />
MI <strong>–</strong> 8 und bietet für <strong>ein</strong>e Beantwortung kontroverse<br />
Wahlmöglichkeiten an. ☞ 19 Am Anfang<br />
sollte zunächst die Feststellung stehen, (Aussagen<br />
1 ) dass die öffentliche <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
in vielen Teilen der Welt heute unzureichend<br />
ist und dass gerade die Armen diese oft nicht<br />
nutzen können. Stattdessen zahlen die Ärmsten<br />
die relativ höchsten Preise an Händler und private<br />
Zulieferer (vgl. World Development Report<br />
2004). Insofern kann niemand mit dem Status<br />
quo zufrieden s<strong>ein</strong>. Ob allerdings die Übernahme<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung durch private Firmen hier<br />
weiterhilft, kann mit Fug und Recht bezweifelt<br />
werden. Entweder kommen nur kaufkräftige Verbraucher<br />
als Kunden der Privaten in Frage oder<br />
aber die „öffentliche Hand“ muss subventionieren,<br />
damit auch die Ärmsten in die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
<strong>ein</strong>bezogen werden. Auch sollte bedacht<br />
werden, dass kostenloses <strong>Wasser</strong> wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />
weniger effi zient genutzt wird. Insofern macht<br />
„Preiswahrheit“ Sinn. Auf der anderen Seite wären<br />
sozialverträgliche <strong>Wasser</strong>preise unabdingbar,<br />
damit <strong>Wasser</strong> nicht den ärmeren Bevölkerungsgruppen<br />
vorenthalten wird.<br />
Dass Städte, Provinz- oder Landesregierungen<br />
in vielen Ländern oft nicht das notwendige<br />
Geld haben, die erforderlichen Investitionen im<br />
<strong>Wasser</strong>sektor zu tätigen, kann kaum bezweifelt<br />
werden (Aussagen 2 ). Doch wenn das zusätzliche<br />
Feld von den Privaten kommen soll, bleibt es bei<br />
dem Problem, dass bestimmte Länder oder auch<br />
bestimmte Gebiete als Investitionsanreiz für Private<br />
kaum in Frage kommen.<br />
Wettbewerb unter privaten Firmen könnte<br />
dazu beitragen, dass die Preise niedrig bleiben<br />
und Investitionen kostengünstig getätigt werden.<br />
Auch dies wäre (vgl. Aussagen 3 ) <strong>ein</strong> Argument<br />
für <strong>ein</strong>e Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />
Entscheidend ist aber, ob <strong>ein</strong> solcher Wettbewerb<br />
sich organisieren lässt. Auch müssen für die Qualität<br />
der Versorgung verbindliche Standards politisch<br />
vorgegeben werden können. Dies ist immer<br />
dann schwierig, wenn der Staat zu schwach ist,<br />
derartige Aufl agen durchzusetzen, oder wenn<br />
Korruption und Vetternwirtschaft diese Funktionsteilung<br />
aufheben (vgl. Aussagen 4 ).
Insgesamt bleiben Zweifel, ob die neuen<br />
Abhängigkeiten (von internationalen <strong>Wasser</strong>konzernen)<br />
das Risiko <strong>ein</strong>er Privatisierung gerade für<br />
Entwicklungsländer kalkulierbar machen.<br />
3. <strong>Wasser</strong>management und<br />
technische Lösungen<br />
Die <strong>Wasser</strong>versorgung in der Welt hängt nicht nur<br />
an der Frage nach den Eigentumsverhältnissen<br />
oder nach den politischen Machtverhältnissen. Es<br />
geht auch darum, die gegebenen Möglichkeiten<br />
besser zu nutzen als bisher. Die <strong>Wasser</strong>situation<br />
könnte deutlich verbessert werden, wenn <strong>ein</strong><br />
intelligentes <strong>Wasser</strong>management für <strong>ein</strong>en effi -<br />
zienten Umgang mit der begrenzten Ressource<br />
<strong>Wasser</strong> sorgte und wenn die technischen Potentiale<br />
für <strong>ein</strong>en sparsameren <strong>Wasser</strong>verbrauch genutzt<br />
würden. Besseres <strong>Wasser</strong>management und<br />
technische Verbesserungen stehen deshalb auch<br />
auf der Agenda für das Recht auf <strong>Wasser</strong>.<br />
An erster Stelle steht die Forderung nach <strong>ein</strong>em<br />
verbesserten <strong>Wasser</strong>-Management. Damit sind<br />
umfassend alle Maßnahmen gem<strong>ein</strong>t, die den<br />
Verbrauch oder die Verschmutzung des <strong>Wasser</strong>s<br />
be<strong>ein</strong>fl ussen können. <strong>Wasser</strong>management setzt<br />
im politisch-administrativen wie auch im technischen<br />
Bereich an.<br />
☞ MI <strong>–</strong> 9 Das Arbeitsblatt MI<strong>–</strong>9 enthält <strong>ein</strong>e<br />
(leicht veränderte) Stellenausschreibung für<br />
<strong>Wasser</strong>management in Marokko. Wenn die Schülerinnen<br />
und Schüler sich diese Ausschreibung<br />
näher ansehen, werden wesentliche Dimensionen<br />
von <strong>Wasser</strong>management deutlich. ☞ 20<br />
Was <strong>Wasser</strong>management erreichen soll:<br />
• Reduzierung des <strong>Wasser</strong>verbrauchs (z.B. durch<br />
Verringerung der Lecks; Verwendung von<br />
Brauchwasser in der Industrie;);<br />
• Beachtung der Kosten bei allen Investitionen<br />
und Maßnahmen im <strong>Wasser</strong>bereich;<br />
• Kontrolle des Verbrauchs bei allen Nutzern;<br />
• Anreize zum Einsparen für Haushalte und für<br />
Großverbraucher.<br />
• Schutz der Ökosysteme vor falscher Bewässerung<br />
und vor Schmutzwasser.<br />
<strong>Wasser</strong>management zielt also darauf ab, den<br />
gesamten <strong>Wasser</strong>kreislauf zu kontrollieren und<br />
positiv zu be<strong>ein</strong>fl ussen. Dabei gilt es, die verschiedenen<br />
Akteure (Zentralregierung, Regionalregierungen,<br />
Gem<strong>ein</strong>den, lokale Bevölkerungsgruppen<br />
sowie private Firmen) <strong>ein</strong>zubinden und<br />
sie in sinnvoller Weise kooperieren zu lassen.<br />
Mehr Effi zienz bei der <strong>Wasser</strong>nutzung ist<br />
aber ohne Kosten- und Verbrauchsberechnungen<br />
nicht zu erwarten. Daher steht am Anfang des<br />
<strong>Wasser</strong>managements der Abschied von der Ver-<br />
heißung, <strong>Wasser</strong> sei <strong>ein</strong> „kostenloses“ <strong>Gut</strong>. Tatsächlich<br />
ist <strong>Wasser</strong> in weiten Teilen der Welt <strong>ein</strong>e<br />
begrenzte, wertvolle Ressource, mit der sparsam<br />
zu wirtschaften ist. Dieses Sparsamkeitssignal<br />
kann durch den Preis zum Ausdruck kommen. Die<br />
Höhe der Verbraucherpreise wäre allerdings zu<br />
diskutieren.<br />
Technische Verbesserungen, welche die<br />
„<strong>Wasser</strong>produktivität“ verbessern, sind sowohl<br />
in der Landwirtschaft als auch in der Industrie<br />
und in den Haushalten geboten. In der Landwirtschaft<br />
(ca. 70 % des <strong>Wasser</strong>s werden hier<br />
verbraucht) verdunstet mindestens die Hälfte des<br />
<strong>ein</strong>gesetzten <strong>Wasser</strong>s, bevor es die Wurzeln der<br />
Pfl anzen erreicht. Hier würde etwa der Einsatz<br />
der Tropfbewässerungsmethode (im Vergleich zur<br />
üblicherweise angewandten offenen Bewässerung,<br />
bei der die Pfl anzen von oben mit <strong>Wasser</strong><br />
begossen werden) erhebliche Verbesserungen<br />
erbringen.<br />
☞ MI <strong>–</strong> 10 Bei der Tropfbewässerung (drip irrigation)<br />
wird <strong>ein</strong> Leitungsnetz auf der Boden-Oberfl<br />
äche oder auch in 20 <strong>–</strong> 60 cm Tiefe unter der<br />
Oberfl äche installiert, aus dem tröpfchenweise<br />
<strong>Wasser</strong> abgegeben wird. Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 10<br />
erläutert diese Methode, durch die das <strong>Wasser</strong><br />
direkt die Pfl anzenwurzeln erreicht, so dass es<br />
erheblich effi zienter genutzt wird.<br />
In Israel wird die Methode der Tröpfchenbewässerung<br />
angewendet. Innerhalb von 15 Jahren<br />
konnte Israel den spezifi schen <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />
für bestimmte Pfl anzen um bis zu 60 % senken<br />
(Kartoffeln: -60 %; Äpfel: - 55 %, Baumwolle:<br />
-29 % <strong>–</strong> jeweils im Zeitraum 1970 bis 1984 (Quelle:<br />
Schwarz, Israel Sector Water Study, 1991). Die<br />
Einsparpotentiale dieser Präzisionsbewässerung<br />
sind also erheblich. ☞ 21<br />
Eine effi zientere Nutzung ist aber häufi g<br />
auch beim industriellen Verbrauch möglich. So<br />
könnte für viele industrielle Zwecke (vor allem<br />
zur Kühlung) Brauchwasser statt aufbereiteten<br />
Trinkwassers genutzt werden. Außerdem lassen<br />
sich viele Fertigungsmethoden auf weniger wasserintensiven<br />
Verbrauch umstellen. Auch dies<br />
setzt allerdings <strong>ein</strong>e entsprechende Kostenkalkulation<br />
voraus, bei der das <strong>Wasser</strong> nicht (fast)<br />
umsonst zu haben ist. Letztlich ist auch in den<br />
Haushalten <strong>ein</strong> Einsparpotential vorhanden. Dieses<br />
Potential ist in der „Dritten Welt“ weniger in<br />
der spezifi schen Einsparung beim Verbrauch von<br />
<strong>Wasser</strong> für Körperpfl ege, R<strong>ein</strong>igung oder Haushaltsgeräte<br />
zu suchen als in <strong>ein</strong>er Minderung der<br />
Verluste, die durch undichte <strong>Wasser</strong>leitungen<br />
entstehen. Verschiedene Schätzungen geben an,<br />
dass rund die Hälfte des <strong>Wasser</strong>s aus den städtischen<br />
Leitungsnetzen in der „Dritten Welt“ dank<br />
undichter Stellen versickert (UN: Water for people,<br />
2003). ☞ 22<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ 20<br />
Das Arbeitsblatt MI<strong>–</strong>9<br />
macht deutlich, dass die<br />
politische Einbindung der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung (Aufbau<br />
<strong>ein</strong>es Verbandes, Kooperation<br />
mit Regierung und örtlicher<br />
Bevölkerung) <strong>ein</strong>en hohen<br />
Stellenwert hat. Diese strategische<br />
Organisation der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung ist ganz<br />
wesentlich für <strong>ein</strong> erfolgreiches<br />
<strong>Wasser</strong>management.<br />
Das Arbeitsblatt sollte in<br />
Kl<strong>ein</strong>gruppenarbeit behandelt<br />
werden.<br />
☞ 21<br />
Ein Experiment zu den<br />
Vorteilen <strong>ein</strong>er Präzisionsbewässerung:<br />
Stellen Sie zwei (verschiedenfarbige)<br />
Primeln in<br />
die Klasse. Für jede Blume<br />
steht <strong>ein</strong> Liter <strong>Wasser</strong> zur<br />
Verfügung. Die <strong>ein</strong>e Blume<br />
wird konventionell von oben<br />
bewässert; bei der anderen<br />
Blume sollte die Erde über<br />
den Wurzeln freigelegt<br />
werden. Das <strong>Wasser</strong> wird<br />
dann mit <strong>ein</strong>er Tropfpinzette<br />
(Nasentropfen) direkt auf die<br />
Wurzeln gegeben.<br />
Testen Sie, wie viel länger die<br />
Pfl anze B mit der gleichen<br />
<strong>Wasser</strong>menge überleben<br />
kann.<br />
☞ 22<br />
Zu den Perspektiven für <strong>ein</strong>e<br />
globale Verbesserung der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung vgl. auch<br />
die anderen drei Einheiten<br />
dieses Unterrichtsmaterials.<br />
17
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 1<br />
Genug <strong>Wasser</strong>?<br />
Ein Ländervergleich<br />
zwischen Libyen und Mosambik<br />
18<br />
Libyen<br />
Mosambik<br />
Mosambik Libyen<br />
1 Landfl äche (km 2 ) 799.380 km 2 1.775.500 km 2<br />
2 Einwohnerzahl 18,3 Mio. 5,3 Mio.<br />
3 Gesamtes erneuerbares <strong>Wasser</strong>dargebot (km 3 /Jahr) 216 km 3 0,6 km 3<br />
4 Davon: Zufl üsse aus dem Ausland ‹54 % 0 %<br />
5 Verfügbares <strong>Wasser</strong> pro Einwohner/Jahr 11.814 m 3 113 m 3<br />
6 <strong>Wasser</strong>verbrauch insgesamt pro Jahr 0,64 km 3 4,81 km 3<br />
Verhältnis <strong>Wasser</strong>entnahme <strong>–</strong><br />
7<br />
erneuerbares <strong>Wasser</strong>dargebot (6/3)<br />
0,3 % 801 %<br />
8 davon: <strong>Wasser</strong>verbrauch durch die Landwirtschaft 87 % 89 %<br />
Anteil Bewässerungslandwirtschaft an der<br />
9<br />
gesamten landwirtschaftlichen Fläche<br />
3 % 22 %<br />
10 Anteil der Unterernährten an der Gesamtbevölkerung 54 % 0%<br />
11 Bevölkerung ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser 43 % 28 %<br />
12 Bevölkerung ohne Anschluss an Abwassersysteme 57 % 3%<br />
13 Kindersterblichkeit (es sterben bis zum 5. Lebensjahr) 19,7 % 1,9 %<br />
Quellen: 1 <strong>–</strong> 6, 8: FAO Aquastat (Bezugsjahr: 2000). 7, 9, 10: UN World Water Development Report 2003<br />
(Bezugsjahr: 1998). 11 <strong>–</strong> 13: UNDP: Human Development Report 2003 (Bezugsjahr: 2001).<br />
Aufgaben<br />
1. Untersucht die <strong>ein</strong>zelnen Kategorien dieser Tabelle (1 <strong>–</strong> 13). Was sagen die <strong>ein</strong>zelnen Kategorien<br />
aus? Was bedeutet es, wenn die Zahlen höher oder niedriger als im anderen Land sind?<br />
2. Beschreibt mit fünf Stichworten die <strong>Wasser</strong>situation in Libyen und in Mosambik.<br />
3. Was sagt die Tabelle <strong>–</strong> jeweils im Vergleich zwischen Mosambik und Libyen <strong>–</strong> aus<br />
a) über die Nutzung des <strong>Wasser</strong>s für die Landwirtschaft?<br />
b) über die langfristigen Perspektiven der <strong>Wasser</strong>versorgung?<br />
c) über die soziale Situation der Menschen heute?<br />
4. Wie würdet Ihr die Zukunftsaussichten in Bezug auf das <strong>Wasser</strong> in Mosambik und in Libyen<br />
beurteilen?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 2<br />
<strong>Wasser</strong>probleme<br />
19<br />
<strong>Wasser</strong>mangel<br />
Folgen:<br />
Geringe langwirtschaftliche Erträge<br />
• Unzureichendes Nahrungsangebot vor allem in<br />
Trockenzeiten (Hunger)<br />
• Geringere Exporte und Export<strong>ein</strong>nahmen aus<br />
landwirtschaftlichen Rohstoffen/Gütern<br />
Schlechtere Bedingungen für industrielle Produktionen,<br />
für Tourismus u.a.<br />
<strong>Wasser</strong>verschmutzung<br />
Folgen:<br />
Verschmutztes, nicht abgekochtes Trinkwasser<br />
überträgt Bakterien und Parasiten<br />
Fäkalien und Abwasser sowie mangelnde<br />
Hygiene verursachen ebenfalls Infektionen<br />
Viele Erkrankungen (besonders bei Kindern):<br />
Durchfall, Bilharziose, Ruhr, Cholera u.a.<br />
ca. 2,2 Mio. Tote pro Jahr<br />
<strong>Wasser</strong>überfl uss<br />
Folgen:<br />
Hochwasser und Überschwemmungen durch<br />
Starkniederschläge<br />
• Zerstörung der Ernten<br />
• Bodenerosion<br />
(fruchtbarer Boden wird weggeschwemmt)<br />
• Zerstörung von Lebensraum
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 3<br />
<strong>Wasser</strong>mangel<br />
Berechne mit Hilfe <strong>ein</strong>es Taschenrechners:<br />
20<br />
1 Wissenschaftler haben die Länder der Erde<br />
nach dem <strong>Wasser</strong>dargebot (dem verfügbaren,<br />
sich wieder erneuernden Süßwasser) in drei<br />
Kategorien <strong>ein</strong>geteilt. Messzahl ist das pro<br />
Einwohner/Einwohnerin verfügbare <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
pro Jahr <strong>–</strong> gemessen in Kubikmetern.<br />
Kategorie I: Ausreichendes <strong>Wasser</strong>dargebot<br />
<strong>–</strong> über 1.700 m 3 pro Kopf.<br />
Kategorie II: <strong>Wasser</strong>knappheit <strong>–</strong> zwischen 1.000<br />
und 1.700 m 3 pro Kopf.<br />
Kategorie III: <strong>Wasser</strong>mangel <strong>–</strong> unter 1.000 m 3<br />
pro Kopf.<br />
Bitte tragt die jeweils zu wählende Kategorie in<br />
die Liste <strong>ein</strong>:<br />
Land<br />
Erneuerbares<br />
<strong>Wasser</strong>dargebot<br />
pro Einwohner/Jahr<br />
China 2259 m 3<br />
Deutschland 1878 m 3<br />
Libyen 113 m 3<br />
Mosambik 11814 m 3<br />
Rep. Südafrika 1154 m 3<br />
Kategorie<br />
2 Wenn man davon ausgeht, dass auf der Erde<br />
rund 14.000 Kubikkilometer erneuerbaren<br />
Süßwasser pro Jahr zur Verfügung stehen<br />
<strong>–</strong> wie viel Liter könnte jeder der 6,1 Mrd.<br />
Erdbewohner pro Tag verbrauchen <strong>–</strong> natürlich<br />
nur r<strong>ein</strong> statistisch?<br />
Zur Umrechnung: 1 km 3 = 1.000.000.000 m 3 ;<br />
1 m 3 = 1.000 Liter.<br />
Statistisch stehen jedem Erdbewohner pro Tag<br />
____________ Liter <strong>Wasser</strong> zur Verfügung.<br />
3 Eine Frau in Mosambik muss ihre Familie mit<br />
<strong>Wasser</strong> versorgen und dafür zu <strong>ein</strong>em Brunnen<br />
gehen, der <strong>ein</strong>en Kilometer entfernt ist.<br />
Der Eimer, den Sie auf dem Kopf trägt, fasst<br />
10 Liter <strong>Wasser</strong>. Wie viel Kilometer legt die<br />
Frau im Jahr zurück, wenn ihre Familie <strong>ein</strong>en<br />
<strong>Wasser</strong>bedarf von 100 Litern pro Woche hat?<br />
Die Frau legt im Jahr all<strong>ein</strong> für das <strong>Wasser</strong>holen<br />
<strong>ein</strong>e Wegstrecke von _____________ km zurück.<br />
4 Die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen haben beschlossen,<br />
sich für Maßnahmen <strong>ein</strong>zusetzen, die bis zum<br />
Jahr 2015 die Zahl der absolut Armen gegenüber<br />
2000 um die Hälfte verringern. Auch der<br />
Anteil der Menschen, die ohne sichere und<br />
saubere Trinkwasserversorgung leben, soll bis<br />
2015 halbiert werden. Bitte berechnen:<br />
Jahr<br />
Weltbevölkerung<br />
Anzahl der<br />
Menschen<br />
ohne sicheren<br />
Trinkwasserzugang<br />
Anteil<br />
2000 6070 Mio. ca. 1.094 Mio. 18%<br />
2015 7197 Mio. 9%<br />
Gemäß der Zielvorgabe dürften 2015 nur noch<br />
maximal __________ Menschen ohne sichere<br />
Trinkwasserversorgung s<strong>ein</strong>.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 4<br />
Durchfall tötet<br />
21<br />
Durch schmutziges <strong>Wasser</strong> oder durch fehlende<br />
Abwassersysteme sind viele Menschen in den<br />
„Dritte-Welt-Ländern“ in ihrer Gesundheit gefährdet.<br />
Zu den gefährlichsten und häufi gsten Krankheiten<br />
gehört der Durchfall. Das Kinderhilfswerk<br />
Unicef geht davon aus, dass jedes Jahr rund 1<br />
Millionen Kinder an den Folgen des Durchfalls<br />
Kot<br />
Traditionelle Grubentoilette<br />
Spültoilette, <strong>Wasser</strong>klo<br />
Finger<br />
Fliegen<br />
Felder<br />
<strong>Wasser</strong><br />
Aufgaben<br />
1. Erläutere mit eigenen Worten das, was diese<br />
Zeichnung aussagt.<br />
2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen<br />
der Art und Weise der Entsorgung unserer<br />
Fäkalien (Kot) auf der <strong>ein</strong>en Seite und<br />
(Austrocknung und Auszehrung) sterben, das<br />
sind zwei Kinder in jeder Minute.<br />
Wie kann man sich und vor allem die Kinder vor<br />
Durchfall schützen?<br />
Die Weltgesundheitsorganisation hat <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>faches<br />
Plakat herausgegeben, auf dem die wichtigsten<br />
Verhaltensweisen dargestellt werden:<br />
Handr<strong>ein</strong>igung<br />
Nahrung<br />
der Ansteckungsgefahr mit Krankheiten<br />
andererseits.<br />
3. Welche Vorteile hat <strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>klo gegenüber<br />
<strong>ein</strong>er Grubentoilette (siehe Zeichnung)?<br />
Gibt es auch Nachteile?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 5<br />
Autofahren verursacht<br />
Überschwemmungen<br />
22<br />
Energieverbrauch<br />
Kohlendioxid (CO 2 ) entsteht beim Verbrennen von<br />
Benzin, Öl oder Kohle und steigt in die Atmosphäre.<br />
Erwärmung der Erde<br />
Das Kohlendioxid und andere Treibhausgase verhindern,<br />
dass die Sonnenstrahlen ausreichend<br />
von der Erde zurückstrahlen können. Die Folge:<br />
Das Klima wird aufgeheizt.<br />
Starkniederschläge, Stürme<br />
u.a.m.<br />
Die Klimaerwärmung führt zu mehr Trockenzeiten,<br />
aber auch zu mehr Stürmen und zu mehr<br />
Starkniederschlägen.<br />
Die Folge: Häufi gere Überschwemmungen.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 6<br />
Der Handel mit<br />
„virtuellem <strong>Wasser</strong>“<br />
23<br />
Virtuelles <strong>Wasser</strong><br />
In den Einfuhr- und Ausfuhrstatistiken der Länder<br />
werden verschiedenste Rohstoffe oder Waren<br />
aufgeführt, aber tatsächlich sind dies auch Statistiken<br />
über den Import oder den Export von<br />
<strong>Wasser</strong>. Denn viele Güter können nur produziert<br />
werden, wenn vorher in erheblichem Maße <strong>Wasser</strong><br />
für deren Herstellung aufgewendet wurde.<br />
Dies soll am Beispiel von Nahrungsmitteln deutlich<br />
gemacht werden.<br />
Wenn beispielsweise 1 kg Weizen geerntet und<br />
ausgeführt wird, so sind in dieses Kilogramm<br />
(im statistischen Durchschnitt) rund 1.200 Liter<br />
<strong>Wasser</strong> enthalten, denn so viel <strong>Wasser</strong> war notwendig,<br />
damit diese Menge Weizen wachsen und<br />
sich entwickeln konnte. Das Land, das Weizen<br />
ausführt, exportiert damit unsichtbar auch diese<br />
Menge <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> wie auch umgekehrt <strong>ein</strong> Land,<br />
das Weizen <strong>ein</strong>führt (importiert), sich diesen<br />
Top 10:<br />
Virtuelle Exporteure von <strong>Wasser</strong><br />
(1995-1999)<br />
Land<br />
Netto <strong>Wasser</strong>export<br />
Umfang in Mrd.<br />
Kubikmetern<br />
USA 758.3<br />
Kanada 272.5<br />
Thailand 233.3<br />
Argentinien 226.3<br />
Indien 161.1<br />
Australien 145.6<br />
Vietnam 90.2<br />
Frankreich 88.4<br />
Guatemala 71.7<br />
Brasilien 45.0<br />
Aufgaben<br />
1. Erläutert mit maximal 35 Worten, was der<br />
Begriff „virtuelles <strong>Wasser</strong>“ m<strong>ein</strong>t. Schreibt<br />
diese Erklärung bitte auf.<br />
2. Wie beurteilt Ihr diesen „virtuellen <strong>Wasser</strong>handel“.<br />
Welche Vorteile und Nachteile seht<br />
Ihr.<br />
<strong>Wasser</strong>verbrauch erspart, der nämlich notwendig<br />
gewesen wäre, wenn das Land selbst diesen Weizen<br />
angebaut hätte. So kann das Land die eigenen<br />
<strong>Wasser</strong>vorräte schonen.<br />
Wissenschaftler nennen dieses <strong>Wasser</strong>, was sich<br />
hinter dem Handel mit bestimmten Produkten<br />
verbirgt, „virtuelles <strong>Wasser</strong>“.<br />
<strong>Wasser</strong>aufwand für Nahrungsmittel<br />
Produkt <strong>Wasser</strong>aufwand<br />
1 Liter Orangensaft 22 Liter<br />
1 kg Weizen 1.200 Liter<br />
1 kg Reis 2.700 Liter<br />
1 kg Rindfl eisch 16.000 Liter<br />
Top 10:<br />
Virtuelle Importeure von <strong>Wasser</strong><br />
(1995-1999)<br />
Land<br />
Netto <strong>Wasser</strong>export<br />
Umfang in Mrd.<br />
Kubikmetern<br />
Sri Lanka 428.5<br />
Japan 297.4<br />
Niederlande 147.7<br />
Rep. Korea 112.6<br />
China 101.9<br />
Indonesien 101.7<br />
Spanien 82.5<br />
Ägypten 80.2<br />
Deutschland 67.9<br />
Italien 64.3<br />
3. Wie bewertet Ihr die Tatsache, dass<br />
Deutschland <strong>–</strong> <strong>ein</strong> eher wasserreiches Land<br />
<strong>–</strong> großer virtueller <strong>Wasser</strong>importeur ist?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 7<br />
Verbesserung der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung<br />
24<br />
Was können wir zur Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
in der Welt tun?<br />
Welche Schritte sind möglich und sinnvoll?<br />
A Wir verbrauchen bei uns weniger <strong>Wasser</strong><br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
H<br />
Wir beraten Bauern in der<br />
„Dritten Welt“ über neue wassersparende<br />
Bewässerungssysteme<br />
Wir unterstützen/fi nanzieren Entwicklungsprojekte<br />
(z.B. Bau von Brunnen)<br />
Wir schicken Tankschiffe mit <strong>Wasser</strong> in<br />
die wasserarmen Länder<br />
Wir fi nanzieren neue <strong>Wasser</strong>leitungen in<br />
alle Häuser und Wohnungen<br />
Wir erlassen den Entwicklungsländern<br />
ihre Schulden<br />
Wir privatisieren die <strong>Wasser</strong>versorgung,<br />
beauftragen private Firmen damit.<br />
Wir verringern unseren Energieverbrauch<br />
und Kohlendioxidausstoß<br />
Aufgaben<br />
In dieser Liste sind 8 Vorschläge (A bis H)<br />
aufgeschrieben.<br />
• Bitte lest Euch diese Vorschläge durch.<br />
• Überlegt, welche Auswirkungen diese Maßnahme<br />
für die wasserarmen Länder hätte<br />
(Bitte Stichworte dazu in die rechte Spalte).<br />
Rang Nr. Stichworte für Begründung<br />
• Welche Maßnahmen wären die sinn vollsten<br />
und wichtigsten, um die <strong>Wasser</strong> situ ation zu<br />
verbessern?<br />
Bringt diese Aussagen in <strong>ein</strong>e Rangfolge<br />
(1 <strong>–</strong> 8) Bitte Spalte „Rang-Nr. verwenden).
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 8<br />
Soll die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
privatisiert werden?<br />
Was aber ist Eure M<strong>ein</strong>ung? In der untenste-<br />
25<br />
In vielen Teilen der Welt <strong>–</strong> das gilt für Europa wie<br />
für viele „Entwicklungsländer“ gleichermaßen <strong>–</strong><br />
wird darüber diskutiert, ob man mit öffentlichen<br />
Dienstleistungen wie <strong>Wasser</strong>- oder Energieversorgung<br />
nicht besser private Firmen beauftragen<br />
sollte. Die Welthandelsorganisation (World Trade<br />
Organisation) unterstützt diese Forderung.<br />
1 Staatliche <strong>Wasser</strong>versorgung bedeutet,<br />
dass vielerorts die Armen<br />
am schlechtesten versorgt sind<br />
und die höchsten Preise zahlen.<br />
2 Weil viele Regierungen fast<br />
pleite sind, braucht man in vielen<br />
Ländern private Firmen, die das<br />
notwendige Geld in die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
investieren.<br />
3 Wenn private Firmen sich bewerben,<br />
die <strong>Wasser</strong>versorgung zu<br />
übernehmen, bedeutet dies, dass<br />
sie im Wettbewerb unter<strong>ein</strong>ander<br />
stehen <strong>–</strong> und Wettbewerb ist gut<br />
für die Leistung.<br />
4 Staatliche <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
bedeutet, dass in vielen Ländern<br />
oftmals korrupte Politiker das Sagen<br />
über das Lebensmittel <strong>Wasser</strong><br />
haben. Das kann nicht im Interesse<br />
der Bevölkerung s<strong>ein</strong>.<br />
A B C D E<br />
henden Tabelle sind zu vier Aspekten jeweils zwei<br />
Aussagen (links und rechts) formuliert. In den<br />
mittleren Spalten (in den Spalten A bis E) könnt<br />
Ihr <strong>ein</strong> Kreuz machen und damit andeuten, welcher<br />
der beiden Aussagen Ihr eher zustimmt. Je<br />
näher Euer Kreuz der <strong>ein</strong>en oder anderen Aussage<br />
ist, desto mehr stimmt Ihr dieser zu.<br />
Bitte nachher Eure Entscheidung begründen!<br />
Privatisierung bedeutet, dass nur<br />
noch diejenigen <strong>Wasser</strong> erhalten,<br />
die dafür auch ausreichend zahlen<br />
können.<br />
Private Firmen haben Geld, investieren<br />
ihr Geld aber nur da,<br />
wo sie Gewinne machen können.<br />
Die <strong>Wasser</strong>versorgung der Armen<br />
gehört wohl kaum dazu.<br />
Privatisierung bedeutet: Möglichst<br />
hohe Verbraucherpreise<br />
und möglichst wenig Kosten (etwa<br />
für das Leitungsnetz). So kann<br />
man k<strong>ein</strong>e gute <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
gewährleisten.<br />
Die Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
bedeutet, dass man sich<br />
in Abhängigkeiten gegenüber<br />
privaten (ausländischen) Firmen<br />
begibt <strong>–</strong> und dies bei <strong>ein</strong>em<br />
lebenswichtigen <strong>Gut</strong>. Das ist zu<br />
gefährlich.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 9<br />
<strong>Wasser</strong>managerIn gesucht!<br />
26<br />
Wir sind <strong>ein</strong>e Organisation der Entwicklungszusammenarbeit,<br />
die sich seit vielen Jahren in Marokko engagiert.<br />
Wir suchen ab sofort<br />
<strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>manager/<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>managerin<br />
für Marokko.<br />
Aufgabengebiete<br />
• Aufbau <strong>ein</strong>es <strong>Wasser</strong>wirtschaftsverban es in der<br />
Region in Zusammenarbeit mit Regie rungsstellen<br />
und mit der örtlichen Bevölkerung;<br />
• Reform der bestehenden <strong>Wasser</strong>wirtschaft für <strong>ein</strong>e<br />
Verbesserung der <strong>Wasser</strong>versorgung in städtischen<br />
und ländlichen Gebieten;<br />
• Einführung von Präzisions-Bewässe rungs systemen<br />
in der Landwirtschaft;<br />
• Umfassende Restaurierung der bestehenden<br />
Leitungssysteme;<br />
• Kommerzialisierung des Verbrauchs;<br />
• Einführung von <strong>Wasser</strong>aufbereitung und<br />
Abwassersystemen.<br />
Aufgaben (für Kl<strong>ein</strong>gruppen)<br />
1. Beschreibt bitte stichwortartig, welche<br />
Aufgaben <strong>ein</strong>er <strong>Wasser</strong>manager/<br />
<strong>Wasser</strong>managerin zu bewältigen hat. Welche<br />
Aufgaben erfordern technisches Wissen (z.B.<br />
über <strong>Wasser</strong>leitungssysteme), welche Aufgaben<br />
erfordern politisches Fingerspitzengefühl oder<br />
organisatorische Fähigkeiten?<br />
2. Welche Bedingungen müssten erfüllt s<strong>ein</strong>,<br />
damit der <strong>Wasser</strong>manger/die <strong>Wasser</strong>managerin<br />
die Aufgaben gut bewältigen kann? An welchen<br />
Stellen ist er oder sie auf die Zusammenarbeit<br />
mit anderen angewiesen?<br />
3. Welche der angeforderten Qualifi kationen<br />
fi ndet Ihr am schwierigsten? Würdet Ihr<br />
für diesen Job <strong>ein</strong>e Frau oder <strong>ein</strong>en Mann<br />
<strong>ein</strong>stellen? Warum?<br />
Ihre Qualifi kationen<br />
• Sie sind Ingenieur(in) oder Ökonom(in) mit dem<br />
Schwerpunkt <strong>Wasser</strong>wirtschaft;<br />
• sie haben mehrjährige Erfahrungen im <strong>Wasser</strong>management<br />
und mit der Organisation von <strong>Wasser</strong><br />
wirtschaftsverbänden;<br />
• sie kennen sich aus im Bereich Bewässe rungssysteme,<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung und Abwasserentsorgung;<br />
• sie haben das notwendige Fingerspitzen ge fühl im<br />
Umgang mit Behörden und in der Zusammenarbeit<br />
mit <strong>ein</strong>heimischen Bevölkerungsgruppen;<br />
• sie besitzen sehr gute Französisch-Kenntnisse;<br />
• sie sind Stress-erprobt und belastbar und bereit,<br />
mindestens drei Jahre in diesem Projekt zu<br />
arbeiten.<br />
Kontakt<br />
Bitte schicken Sie Ihre Bewerbungen (zusammen mit Referenzen) möglichst bald<br />
an die Chiffre 16745-5-2004 dieser Zeitung.<br />
Marokko
Unterrichts<strong>ein</strong>heit I<br />
☞ MI <strong>–</strong> 10<br />
Steter Tropfen<br />
spart <strong>Wasser</strong><br />
27<br />
seitlich<br />
nasse Wurzelzone<br />
Mit modernen Technologien kann in erheblichem<br />
Maße <strong>Wasser</strong> gespart werden. Dies soll hier am<br />
Beispiel der Landwirtschaft gezeigt werden. Die<br />
Landwirtschaft ist weltweit der größte <strong>Wasser</strong><br />
- Verbrauchsbereich. Ca. 70% des verfügbaren<br />
<strong>Wasser</strong>s fl ießen in die Landwirtschaft. Wenn es<br />
hier zu Einsparungen kommen könnte, ohne dass<br />
der Nutzen für Bewässerung und Erträge abnehmen<br />
muss, wäre dies für die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
der Zukunft von großer Bedeutung.<br />
Üblicherweise werden Pfl anzen (Bäume,<br />
Sträucher) durch Oberfl ächenbewässerung ernährt.<br />
Man gießt <strong>Wasser</strong> auf die Erdoberfl äche,<br />
wo die Pfl anzen stehen. Das <strong>Wasser</strong> sickert in<br />
den Boden und erreicht dann die Wurzeln der<br />
Pfl anzen, wo es aufgenommen und in den Stoffwechsel<br />
der Pfl anze <strong>ein</strong>bezogen wird. Für diese<br />
Oberfl ächenbewässerung wird <strong>Wasser</strong> entweder<br />
durch Leitungen oder in Behältern herangeführt<br />
oder aber durch offene Gräben transportiert.<br />
Bei der Tropfen-Bewässerung wird <strong>Wasser</strong><br />
durch Leitungen an die Wurzeln der Pfl anzen<br />
herangeführt und tropfenweise abgegeben.<br />
<strong>Wasser</strong>spender oder Tropfer<br />
Manchmal liegen die Leitungen oberfl ächlich,<br />
manchmal aber auch 20 <strong>–</strong> 60 cm tief im Erdreich,<br />
um möglichst nahe an die Wurzeln heranzukommen.<br />
Die Vorteile der Tropfen-Bewässerung<br />
• <strong>Wasser</strong> wird direkt herangeführt dorthin, wo es<br />
gebraucht wird, nämlich an die Wurzeln.<br />
• Das befeuchtete Erdreich ist nur noch das, was<br />
unmittelbar im Wurzelbereich liegt.<br />
• Die Verdunstung des <strong>Wasser</strong>s wird erheblich<br />
reduziert.<br />
• K<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong> versickert in <strong>Wasser</strong>gräben oder<br />
Oberfl ächenbassins.<br />
In der Summe kann durch die Tropfenbewässerung<br />
<strong>Wasser</strong> in der Größenordnung <strong>ein</strong>es Drittels<br />
oder gar der Hälfte im Vergleich zur üblichen<br />
Oberfl ächenbewässerung <strong>ein</strong>gespart werden. Die<br />
Einsparungen hängen auch von der Beschaffenheit<br />
der Böden und der Art der Pfl anzen ab.<br />
Aber: Tropfenbewässerung kostet viel Geld, das<br />
für <strong>ein</strong> entsprechendes Leitungsnetz investiert<br />
werden muss.
Das Beste aber<br />
ist das <strong>Wasser</strong>!<br />
Der altgriechische Dichter<br />
Pindar
Globale Perspektiven für <strong>ein</strong> „öffentliches <strong>Gut</strong>“<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />
Menschenrecht oder Ware?<br />
Zielgruppe: Klassen 11/12<br />
Gliederung<br />
I. Wem gehört das <strong>Wasser</strong>?<br />
1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Gabe der Natur oder Ware?<br />
2. Wem gehört das saubere, wem das verschmutzte <strong>Wasser</strong>?<br />
II. Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong><br />
1. Rechtsgrundlagen des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
2. Die Verwirklichung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
3. Die Finanzierung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
III. Öffentliche Güter <strong>–</strong> lokal und global<br />
1. Ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Ware oder <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />
2. Die Bereitstellung öffentlicher Güter <strong>–</strong> privat oder öffentlich?<br />
3. Die Verteilung von <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Preis und Regulierung<br />
4. Beispiel: <strong>Wasser</strong>preise in Südafrika<br />
5. Globale Öffentliche Güter<br />
IV. Fazit: <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Menschenrecht oder Ware?<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
29
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 1<br />
Fragen Sie die SchülerInnen,<br />
welche Sprüche oder<br />
Geschichten sie kennen, in<br />
denen <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e große<br />
Bedeutung hat. Arbeiten Sie<br />
im Klassengespräch heraus,<br />
welche Bedeutung es hat?<br />
Alternativ: Lassen Sie die<br />
SchülerInnen frei assoziieren,<br />
was ihnen bei <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>fällt.<br />
☞ 2<br />
Bitten Sie die SchülerInnen<br />
zu recherchieren: Welche<br />
Kosten entstehen dem örtlichen<br />
<strong>Wasser</strong>lieferanten, bevor<br />
das <strong>Wasser</strong> die Verbraucher<br />
erreicht? Die örtlichen <strong>Wasser</strong>betriebe<br />
haben meist Material<br />
verfügbar, das Sie ggfs. im<br />
Klassensatz bestellen können.<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />
Menschenrecht<br />
oder Ware?<br />
30<br />
Themenfelder und<br />
didaktischer Hintergrund<br />
Mit der Frage, ob der Zugang zu <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong><br />
Menschenrecht ist oder ob <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e normale<br />
Ware ist, lassen sich Schlüsselfragen <strong>ein</strong>er jeden<br />
Gesellschaft verbinden: Gibt es Güter, die jedem<br />
Menschen unabhängig von s<strong>ein</strong>er Zahlungsfähigkeit<br />
gewährt werden sollten? Wie werden<br />
lebenswichtige Güter innerhalb <strong>ein</strong>er Gesellschaft<br />
verteilt? Wann ist die Verteilung gerecht?<br />
Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> ist inzwischen<br />
weitgehend als solches anerkannt. Um die<br />
Bedeutung des Menschenrechtsinstrumentariums<br />
herauszuarbeiten, wird in der vorliegenden Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />
<strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong>e explizit rechtliche<br />
Perspektive <strong>ein</strong>genommen. Mit der Frage, nach<br />
der Durchsetzung des Rechtes auf <strong>Wasser</strong>, lassen<br />
sich exemplarisch die Probleme bei der Durchsetzung<br />
der Menschenrechte überhaupt verknüpfen?<br />
Didaktisches Ziel wäre, die Kluft zwischen<br />
Anspruch und Realität aufzuzeigen, ohne den<br />
Wert des Ideals als verpfl ichtendes Ziel für alle zu<br />
negieren.<br />
In engem Zusammenhang mit den Menschenrechten<br />
steht die Diskussion um öffentliche<br />
Güter. Gerechtigkeit und Gem<strong>ein</strong>wohl sind<br />
hier zentrale Begriffe. Ob öffentliche Güter von<br />
privatwirtschaftlichen Unternehmen oder von<br />
öffentlichen Betrieben bereitgestellt werden sollten,<br />
ist <strong>ein</strong>e kontrovers diskutierte Frage - auch<br />
in Deutschland. Für viele Entwicklungsländer<br />
stellt sich die Frage jedoch schärfer. Denn wirtschaftlich<br />
kann <strong>ein</strong> Betrieb nur s<strong>ein</strong>, wenn die<br />
erzielten Gewinne zumindest die Kosten decken.<br />
Jedoch: Können für öffentliche Güter kostendeckende<br />
Preise erzielt werden, wenn die Mehrheit<br />
der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt?<br />
Relativ neu ist <strong>ein</strong>e Debatte auf internationaler<br />
Ebene über „global public goods“. Denn<br />
immer offensichtlicher lassen sich Güter ausmachen,<br />
die Überlebensfragen der Menschheit<br />
berühren, die sich jedoch nur durch internationale<br />
gem<strong>ein</strong>same Anstrengungen erhalten bzw.<br />
realisieren lassen.<br />
I. Wem gehört<br />
das <strong>Wasser</strong>?<br />
1. <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> Gabe oder Ware?<br />
<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong> ganz besonderes Element. Wie die<br />
Luft ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Grundvoraussetzung für Leben.<br />
Für die meisten Menschen ist <strong>Wasser</strong> daher<br />
auch spirituell bedeutsam. Wer religiös ist, wird<br />
vielleicht sagen: „<strong>Wasser</strong> ist heilig“. Dem Satz<br />
„<strong>Wasser</strong> ist Leben“ stimmt wohl b<strong>ein</strong>ahe jeder<br />
Mensch zu. Um <strong>Wasser</strong> ranken sich viele Mythen.<br />
Die Quelle, der Brunnen, das Meer, der Regen,<br />
die Flut <strong>–</strong> all das sind Themen, die die Menschen<br />
seit jeher bewegen. ☞ 1 Die Bibel, die uns neben<br />
ihrer religiösen Botschaft auch viel über das<br />
Leben und Denken unserer kulturellen Ahnen vermittelt,<br />
ist voller <strong>Wasser</strong>bezüge. ☞ MII - 1 Die<br />
kulturelle bzw. spirituelle Bedeutung des <strong>Wasser</strong>s<br />
wird hier besonders deutlich. Die Zitate lassen<br />
auf die Lebensbedingungen der Menschen in biblischen<br />
Zeiten schließen. Es handelte sich z.B.<br />
offensichtlich meist um Völker in wasserarmen,<br />
ländlichen Regionen.<br />
Dass <strong>Wasser</strong> noch heute <strong>ein</strong>e große spirituelle<br />
Bedeutung hat, wird auch durch die Betroffenheit<br />
deutlich, die der fehlende Zugang der 1,1<br />
Milliarden Menschen zu sauberem <strong>Wasser</strong> auslöst.<br />
Das Fehlen sanitärer Anlagen <strong>–</strong> für das Überleben<br />
vieler Menschen ebenso wichtig <strong>–</strong> erregt die Gemüter<br />
dagegen wesentlich weniger.<br />
Andererseits ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong> Wirtschaftsgut.<br />
Im Privathaushalt als Trinkwasser aus der Leitung,<br />
als wichtiges Produktionsgut für Industrie<br />
und Landwirtschaft oder als Flaschenware im<br />
Supermarkt hat <strong>Wasser</strong> in der Regel <strong>ein</strong>en Preis.<br />
Stadtwerke oder private Konzerne liefern <strong>Wasser</strong><br />
an Haushalte und Industrie; sie haben dabei<br />
hohe Kosten für Aufbereitung, Infrastruktur und<br />
Dienstleistungen. ☞ 2 Insbesondere die Einrichtung<br />
und Erhaltung der Infrastruktur erfordert<br />
häufi g große Investitionen. Egal ob es sich um<br />
<strong>ein</strong>en privaten Dienstleistungskonzern oder <strong>ein</strong>en<br />
kommunalen <strong>Wasser</strong>betrieb handelt, irgendwer<br />
muss die Kosten tragen. Und dies ist in der<br />
Regel der Verbraucher.<br />
Fazit: <strong>Wasser</strong> hat also zwei Dimensionen:<br />
Einerseits ist es Symbol für Leben, voller verschiedenartiger<br />
kultureller und spiritueller Bedeutungen.<br />
Andererseits ist es heute für die Menschen in<br />
Industriestaaten <strong>ein</strong> banales Konsum- und Produktionsgut<br />
geworden. Als Trinkwasser aus der Leitung<br />
wird es häufi g verschwendet, als Flaschenwasser<br />
im Supermarkt verkauft und mit großem Aufwand<br />
vermarktet. Auch für Industrie und Landwirtschaft
ist es unverzichtbar. Ein großes Problem ist auch<br />
die Verschmutzung des <strong>Wasser</strong> durch unökologische<br />
Nutzungsarten. ☞ 3<br />
2. Wem gehört das saubere, wem<br />
das verschmutzte <strong>Wasser</strong>?<br />
In unserer Gesellschaft schöpft wohl niemand<br />
s<strong>ein</strong> Trinkwasser noch direkt aus dem Fluss. In<br />
den Ländern des Südens ist das für viele Menschen<br />
gefährlicher Alltag. In vielen Regionen<br />
fehlt die Infrastruktur: Es gibt k<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>werk,<br />
k<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>aufbereitung, k<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>leitungen,<br />
die das <strong>Wasser</strong> in die Haushalte transportieren<br />
könnten. Doch auch wenn die Infrastruktur<br />
vorhanden ist, stellt sich häufi g die Frage: Was<br />
geschieht, wenn die Verbraucher so arm sind,<br />
dass sie den Preis für das lebensnotwendige<br />
<strong>Wasser</strong> nicht zahlen können. Dies ist in vielen<br />
Ländern des Südens der Fall. 1,2 Milliarden<br />
Menschen haben k<strong>ein</strong>en Zugang zu sauberem<br />
Trinkwasser. Dies sind in der Regel genau die<br />
Menschen, deren Einkommen weit unter der<br />
Armutsgrenze liegt. Die Frage stellt sich, ob<br />
Menschen, die nicht in der Lage sind, <strong>ein</strong>en kostendeckenden<br />
Preis zu zahlen, geschweige denn<br />
<strong>ein</strong>en Preis, der auch noch <strong>ein</strong>e Rendite für die<br />
privaten Investoren b<strong>ein</strong>haltet, von der Versorgung<br />
mit sauberem Trinkwasser ausgeschlossen<br />
werden dürfen? Zu bedenken ist, dass etwa 80%<br />
aller Krankheiten in den Entwicklungsländern<br />
Folgen von verschmutztem <strong>Wasser</strong> sind. Der Zugang<br />
zu sauberem <strong>Wasser</strong> für alle Menschen muss<br />
erst noch verwirklicht werden.<br />
Die Lebensverhältnisse in den so genannten<br />
Entwicklungsländern sind sehr verschieden von<br />
den unseren. Klischeehafte Vorstellungen von<br />
dürstenden Menschen prägen häufi g das Bild. Um<br />
die Realität in den Ländern des Südens konkret<br />
begreifbar zu machen, ist es daher sinnvoll mit<br />
Beispielen zu arbeiten. ☞ 4 + MII-2<br />
II. Das Menschenrecht<br />
auf <strong>Wasser</strong><br />
1. Rechtsgrundlagen des<br />
Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
☞ 5 In der Erklärung der Menschenrechte sucht<br />
man das explizite Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> vergeblich.<br />
Die Menschenrechte waren ursprünglich<br />
in erster Linie darauf ausgerichtet, das Individu-<br />
um vor Übergriffen des Staates zu schützen. Vor<br />
allem die schrecklichen Verbrechen des nationalsozialistischen<br />
Staates im Zweiten Weltkrieg führten<br />
zu dem anspruchsvollen Vorhaben, den Menschenrechten<br />
weltweit Geltung zu verschaffen.<br />
Was vorgefallen war, sollte sich nie mehr wiederholen.<br />
Dies war <strong>ein</strong>e der wichtigsten Triebkräfte<br />
zur Gründung der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen. Durch den<br />
Zusammenschluss aller Staaten sollten die Menschenrechte<br />
zur Angelegenheit der internationalen<br />
Staatengem<strong>ein</strong>schaft werden. Die Mitglieder<br />
der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen, und das sind heute so<br />
gut wie alle Länder der Erde, verpfl ichteten sich,<br />
die Menschenrechte zu achten. Diese wurden in<br />
der „Allgem<strong>ein</strong>e Erklärung der Menschenrechte“<br />
festgelegt, die am 10. Dezember 1948 von der<br />
UN-Generalversammlung angenommen wurde.<br />
Auch wenn das Recht auf <strong>Wasser</strong> nicht explizit<br />
in der Menschenrechtserklärung genannt<br />
wird, so ergibt es sich doch zwingend als Voraussetzung<br />
für die Wahrnehmung verschiedener<br />
dort beschriebener Rechte. So ist der Zugang zu<br />
ausreichendem sauberen <strong>Wasser</strong> unabdingbar für<br />
<strong>ein</strong> Leben in Würde. ☞ 6<br />
Artikel 1 beginnt: Alle Menschen sind frei<br />
und gleich an Würde und Rechten geboren.<br />
Artikel 3 lautet: Jeder hat das Recht auf<br />
Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.<br />
Artikel 25 wird dann relativ konkret: Jeder<br />
hat das Recht auf <strong>ein</strong>en Lebensstandard,<br />
der s<strong>ein</strong>e und s<strong>ein</strong>er Familie Gesundheit und<br />
Wohl gewährleistet, <strong>ein</strong>schließlich Nahrung<br />
…<br />
Artikel 28 bestätigt dann: Jeder hat Anspruch<br />
auf <strong>ein</strong>e soziale und internationale<br />
Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten<br />
Rechte und Freiheiten voll verwirklicht<br />
werden können.<br />
Wie alle Beschlüsse der UN-Generalversammlung<br />
hat die Menschenrechtserklärung jedoch<br />
nur empfehlenden Charakter. Doch seitdem<br />
wurde an <strong>ein</strong>er verbindlichen Menschenrechts≠<br />
konvention gearbeitet. Da es sich als schwierig<br />
erwies, alles in <strong>ein</strong>er Konvention unterzubringen,<br />
entstanden zwei Verträge. Am 19.12.1966<br />
wurden dann der Internationale Pakt über<br />
bürgerliche und politische Rechte und der Internationale<br />
Pakt über wirtschaftliche, soziale<br />
und kulturelle Rechte verabschiedet. Aus dem<br />
letztgenannten Pakt, der erst 1976 nach der notwendigen<br />
Ratifi zierung durch 35 Mitgliedstaaten,<br />
in Kraft trat, wird das Recht auf <strong>Wasser</strong> abgeleitet.<br />
Auch in ihm taucht das Wort <strong>Wasser</strong> nicht<br />
auf. Jedoch wird in Artikel 11 das Recht auf <strong>ein</strong>en<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 3<br />
Tipp für Projekttage: Lassen<br />
Sie Gruppen von 4-6 SchülerInnen<br />
jeweils <strong>ein</strong>e Collage<br />
herstellen, entweder zum<br />
Thema „<strong>Wasser</strong> als Wirtschaftsgut“<br />
oder zum Thema<br />
„<strong>Wasser</strong> ist Leben“<br />
☞ 4<br />
Zum Arbeitsblatt MII - 2<br />
sollte vor allem die Frage<br />
aufgeworfen werden, wie die<br />
Preise für sauberes Trinkwasser<br />
im Verhältnis zum Einkommen<br />
zu bewerten sind?<br />
Doch auch das Verhalten der<br />
Personen im Hinblick auf die<br />
Konsequenzen, die sich aus<br />
ihrem Verhalten ergeben,<br />
kann unter dem Aspekt der<br />
Wahrung der Menschenwürde<br />
thematisiert werden.<br />
☞ 5<br />
Bevor das Recht auf <strong>Wasser</strong><br />
thematisiert wird, sollte <strong>ein</strong>e<br />
kurze Erläuterung der Entstehung<br />
und Bedeutung der<br />
Menschenrechte erfolgen.<br />
☞ 6<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
recherchieren: Welche<br />
Menschenrechte gibt es,<br />
die etwas mit dem Zugang<br />
zu <strong>Wasser</strong> zu tun haben<br />
könnten.<br />
31
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 7<br />
Arbeitsblatt MII - 3 soll helfen<br />
die verschiedenen Dimensionen<br />
des Menschenrechts auf<br />
<strong>Wasser</strong> zu erfassen.<br />
Zur weiteren Vertiefung<br />
bzw. als Hilfe bei der Recherche<br />
fi nden Sie den<br />
„Allgem<strong>ein</strong>en Kommentar Nr.<br />
15: Das Recht auf <strong>Wasser</strong>“<br />
unter: www.menschen-rechtwasser.de/downloads/4_2_<br />
un_comment.pdf<br />
☞ 8<br />
Die Kriterien können auch<br />
anhand der im Arbeitsblatt<br />
MII - 2 ausgeführten Beispiele<br />
überprüft werden.<br />
Eine interessante Frage wäre<br />
z.B.: Ist Frau Nkosis Wunsch<br />
nach <strong>ein</strong>em ordentlichen Begräbnis<br />
<strong>ein</strong> soziales Recht, das<br />
für ihre Würde und die freie<br />
Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />
unentbehrlich ist?<br />
☞ 9<br />
Die unbefriedigende Wirklichkeit<br />
wird auch von den SchülerInnen<br />
wahrgenommen. Evtl<br />
wird die Frage gestellt, welchen<br />
Sinn es macht, sich mit<br />
Menschenrechten zu befassen.<br />
Es muss deutlich gemacht<br />
werden, dass Menschenrechte<br />
wichtig und hilfreich sind, um<br />
eigenes und fremdes Handeln<br />
daran zu messen und darauf<br />
ausrichten.<br />
32<br />
angemessenen Lebensstandard näher defi niert,<br />
nämlich „<strong>ein</strong>schließlich angemessener Ernährung“.<br />
In Artikel 12 wird außerdem das Recht auf<br />
den höchsten erreichbaren Gesundheits-Standard<br />
formuliert.<br />
Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale<br />
und kulturelle Rechte hat schließlich im<br />
November 2002 in <strong>ein</strong>em ausführlichen Rechtkommentar<br />
noch <strong>ein</strong>mal ausführlich das Recht<br />
auf <strong>Wasser</strong> bestätigt und in allen Einzelheiten<br />
erläutert, was damit gem<strong>ein</strong>t ist. Dieser UN-<br />
Rechtskommentar gilt als Meilenst<strong>ein</strong>, denn in<br />
ihm wird klar defi niert: „Das Menschenrecht auf<br />
<strong>Wasser</strong> berechtigt jedermann zu ausreichendem,<br />
ungefährlichem, sicherem, annehmbarem, physisch<br />
erreichbarem und erschwinglichem <strong>Wasser</strong>.“<br />
Drei Kriterien müssen demnach unbedingt erfüllt<br />
s<strong>ein</strong>, bevor das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> als<br />
verwirklicht gilt:<br />
Dies sind Verfügbarkeit, Qualität und Erreichbarkeit.<br />
Die Erreichbarkeit wird noch <strong>ein</strong>mal unterschieden<br />
in physische Erreichbarkeit, wirtschaftliche<br />
Erreichbarkeit und Gleichbehandlung.<br />
☞ 7 + MII - 3<br />
2. Die Verwirklichung des<br />
Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
☞ 9 + MII - 4<br />
In der Präambel der allgem<strong>ein</strong>en Erklärung der<br />
Menschenrechte werden die Menschenrechte als<br />
<strong>ein</strong> „gem<strong>ein</strong>sames Ideal“ bezeichnet, das in der<br />
Zukunft Gültigkeit erlangen soll. Trotz verbindlicher<br />
internationaler Konventionen muss heute<br />
<strong>ein</strong>gestanden werden, dass die Welt diesem<br />
Ideal in den Jahren nach 1948 nicht sehr nahe<br />
gekommen ist: Die Kluft zwischen Arm und Reich<br />
wächst; täglich sterben Menschen an Hunger,<br />
Durst und Krankheit. Das Ziel, das die Allgem<strong>ein</strong>e<br />
Erklärung der Menschenrechte gesetzt hat,<br />
ist noch nicht erreicht; die Wirklichkeit sieht<br />
anders aus. Trotzdem sch<strong>ein</strong>t es nicht beliebig<br />
zu s<strong>ein</strong>, ob Staaten <strong>ein</strong>en Internationalen Pakt<br />
unterzeichnen oder nicht. Immerhin 10 Jahre hat<br />
es gedauert, bis der 1966 verabschiedete Internationale<br />
Pakt über wirtschaftliche, soziale und<br />
kulturelle Rechte von der für die Ratifi zierung<br />
notwendigen Anzahl von 35 Staaten unterzeichnet<br />
wurde. Bis Ende 2003 haben inzwischen 145<br />
Staaten diesen Pakt unterzeichnet.<br />
Verfügbarkeit: Die WHO hat 20 Liter pro Person und Tag als Existenz-Minimum defi niert.<br />
Der Rechtskommentar unterscheidet aber das Menschenrecht auf ausreichend <strong>Wasser</strong> vom<br />
Existenzminimum. Es heißt dort:“…alle Rechte müssen befriedigt oder zumindest auf der Ebene<br />
des Existenzminimums gewährt werden“ In Deutschland verbraucht <strong>ein</strong>e Person 127 Liter am Tag.<br />
Qualität: Die Gesundheit gefährdet <strong>Wasser</strong> v. a. aufgrund von Krankheitserregern (z.B. Malaria),<br />
von Verunr<strong>ein</strong>igung durch Abwasser (z.B. Cholera), aber auch von chemischen Abfällen der<br />
Industrie (Vergiftungen).<br />
Physische Erreichbarkeit: Auch hier gibt es unterschiedliche Vorgaben, was <strong>ein</strong>e<br />
annehmbare Entfernung ist und was als Minimalforderung (basic need) gilt. Während die<br />
Menschenrechtsvorgabe von „in jedem Haushalt … oder in unmittelbarer Nachbarschaft“ ausgeht,<br />
wird als Minimalforderung „1km im Umkreis des Haushalts“ angesehen.<br />
Wirtschaftliche Erreichbarkeit: Was unter „erschwinglich“ zu verstehen ist, wird nicht genau<br />
benannt. Als Anhaltspunkt gilt nur, dass andere soziale Rechte durch <strong>Wasser</strong>kosten nicht<br />
<strong>ein</strong>geschränkt werden dürfen, dies sind vor allem Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche<br />
Versorgung, Bildung, Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben. Oberster Maßstab für die<br />
sozialen Menschenrechte ist der Satz „was für s<strong>ein</strong>e Würde und freie Entfaltung der Persönlichkeit“<br />
unentbehrlich“ ist. ☞ 8<br />
Gleichbehandlung: Der Zugang zu <strong>Wasser</strong> ist oft besonders für Frauen, Kinder, alte und kranke<br />
Menschen, Minderheiten, indigene Völker, Flüchtlinge etc. schwierig. Obwohl es meist Frauen sind,<br />
die lange Wege zurücklegen müssen, um das <strong>Wasser</strong> für die Familie zu holen, werden die Brunnen<br />
häufi g von Männern betrieben. Auch die Hautfarbe spielt <strong>ein</strong>e Rolle: In Südafrika ist der Zugang<br />
zu sauberem Trinkwasser auch 10 Jahre nach Ende der Apartheid für Menschen mit schwarzer<br />
Hautfarbe schwieriger als für Weiße. Außerdem gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land.<br />
Statistisch gesehen haben arme, schwarze Frauen auf dem Land den schlechtesten Zugang zu<br />
<strong>Wasser</strong>.
Die Fortentwicklung der Mittel, mit denen<br />
Menschenrechte <strong>ein</strong>gefordert oder gar <strong>ein</strong>geklagt<br />
werden können, ist daher wichtig. So geben z.B.<br />
die im vorigen Kapitel ausführlich behandelten<br />
Kriterien des UN-Rechtskommentar zum Recht auf<br />
<strong>Wasser</strong> der Zivilgesellschaft <strong>ein</strong> Instrument in die<br />
Hand, ihre Regierung zur Verantwortung zu ziehen,<br />
wenn das Recht auf <strong>Wasser</strong> nicht verwirklich<br />
wurde. Arbeitsblatt MII - 4 zeigt, wie Menschenrechts-<br />
und Hilfsorganisationen sich mit Hilfe<br />
dieses Instrumentes für Menschen <strong>ein</strong>setzen,<br />
deren Recht auf <strong>Wasser</strong> verletzt wird. ☞ 10<br />
Das Recht auf <strong>Wasser</strong> holt die Menschen<br />
aus der Rolle der Bittsteller und bringt den Staat<br />
auf die Anklagebank. Das stärkt die Rolle der<br />
Opfer. Auch betroffene Menschen in den Ländern<br />
des Südens können jetzt ihre Regierungen in<br />
die Pfl icht nehmen: So ist der Staat nach dem<br />
Allgem<strong>ein</strong>en Kommentar Nr. 15 der Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen z.B. verpfl ichtet „das Höchstmaß s<strong>ein</strong>er<br />
Mittel“ (§ 41) für die Verwirklichung des Rechts<br />
auf <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>zusetzen. ☞ 11<br />
Auch zu internationaler Hilfe besteht <strong>ein</strong>e<br />
Pfl icht: „Vertragstaaten und anderen Akteuren,<br />
die zu helfen in der Lage sind, obliegt, internationale<br />
Hilfe zur Verfügung zu stellen.“(§ 38) Auch<br />
unser Land ist also gegenüber den Menschen,<br />
die k<strong>ein</strong>en Zugang zu <strong>Wasser</strong> haben, völkerrechtlich<br />
in der Pfl icht. Dies gilt auch für die Rolle<br />
Deutschlands in internationalen Organisationen<br />
wie Weltbank und Internationalem Währungsfonds.<br />
So dürfen „Verträge über die Liberalisierung<br />
des Handels“ (§ 35) oder die „Kreditvergabepolitik“<br />
(§ 36) das Recht auf <strong>Wasser</strong> nicht<br />
gefährden.<br />
Internationale Rechtswege für Opfer von<br />
Menschenrechtsverletzungen sind bisher erst<br />
schwach entwickelt. Auf UN-Ebene gibt es bisher<br />
noch k<strong>ein</strong> formelles Beschwerdeverfahren für<br />
Opfer von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />
Menschenrechts≠verletzungen. Es wird<br />
jedoch zurzeit über die Einführung <strong>ein</strong>es internationalen<br />
Beschwerderechtes verhandelt. Ein<br />
Zusatzprotokoll zum Pakt soll in Zukunft Opfern<br />
von Verletzungen sozialer Menschenrechte die<br />
Möglichkeit geben, ihre Regierung international<br />
zur Verantwortung zu ziehen. Im Jahr 2003 hat<br />
die UN-Menschenrechtskommission <strong>ein</strong>e Arbeitsgruppe<br />
<strong>ein</strong>gesetzt, die mit den Verhandlungen<br />
über dieses Zusatzprotokoll begonnen hat.<br />
Insbesondere die USA haben aber versucht, den<br />
Verhandlungsprozess zu stoppen <strong>–</strong> ohne Erfolg!<br />
Die USA haben die sozialen Menschenrechte nicht<br />
anerkannt und den Internationalen Pakt nicht<br />
unterzeichnet. Sie sind auch der stärkste Gegner<br />
<strong>ein</strong>es Beschwerdeverfahrens. Seit 1999 besteht<br />
dagegen z.B. <strong>ein</strong> solches Verfahren im Rahmen<br />
der Frauenrechtskonvention. Frauen können sich<br />
seitdem auch international über Diskriminierung<br />
beschweren. ☞ 12<br />
Ein zwischenzeitlicher Erfolg im Kampf für<br />
das Recht auf <strong>Wasser</strong> ist auch die Ernennung<br />
<strong>ein</strong>es UN-Sonderberichterstatters zum Recht auf<br />
<strong>Wasser</strong>. S<strong>ein</strong> erster Bericht wird 2004 vorgelegt<br />
und wird alle Staaten unter Druck setzen, die<br />
nicht genügend getan haben, um das Recht auf<br />
<strong>Wasser</strong> zu verwirklichen.<br />
3. Die Finanzierung des<br />
Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
Die Erfüllung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
erfordert <strong>ein</strong>e massive weltweite Verbesserung<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung <strong>–</strong> und dies wiederum erfordert<br />
große fi nanzielle Anstrengungen. Gerade<br />
die armen Länder des Südens sind kaum in der<br />
Lage, die notwendigen Investitionen im <strong>Wasser</strong>bereich<br />
all<strong>ein</strong> aufzubringen. Wie bereits erwähnt,<br />
besteht jedoch nach dem UN-Rechtskommentar<br />
zum Recht auf <strong>Wasser</strong> die Pfl icht zu internationaler<br />
Hilfeleistung: „Vertragstaaten und anderen<br />
Akteuren, die zu helfen in der Lage sind, obliegt,<br />
internationale Hilfe zur Verfügung zu stellen.“(§<br />
38) Hier ist also auch die internationale Entwicklungshilfe<br />
in der Pfl icht. In den 90er Jahren<br />
wurden etwa 3 Milliarden US$ öffentliche Entwicklungshilfe<br />
pro Jahr für <strong>Wasser</strong>- und Sanitärprojekte<br />
bereitgestellt. Durch Kredite vor allem<br />
der Weltbank kamen noch <strong>ein</strong>mal 1,5 Milliarden<br />
hinzu. Doch diese Mittel reichen nicht aus. Viele<br />
Länder lösen ihre Verpfl ichtung nur ungenügend<br />
<strong>ein</strong>. ☞ MII - 5<br />
Arbeitsblatt MII - 5 zitiert aus dem Bericht<br />
der Enquetekommission des Deutschen Bundestages<br />
und geht auf den Investitionsbedarf <strong>ein</strong> und<br />
auf die Leistungen der Geberländer. Ergänzend<br />
folgende Informationen: Deutschland ist nach<br />
Japan zweitgrößter Geber mit 350 Mill. Euro<br />
jährlich für <strong>Wasser</strong>projekte, erfüllt aber trotzdem<br />
s<strong>ein</strong>e Selbstverpfl ichtung nicht, 20% der ODA<br />
(Offi cial Development Aid = öffentliche Endwicklungshilfe)<br />
für soziale Grunddienste auszugeben.<br />
☞ 13<br />
Aber auch <strong>ein</strong>e effi ziente Verwendung der<br />
begrenzten Mittel muss gefordert werden. Doch<br />
der größte Teil der Hilfe fl ießt in so genannte<br />
„große Systeme“. Damit gem<strong>ein</strong>t ist der Bau von<br />
<strong>Wasser</strong>werken und Leitungssystemen nach dem<br />
Vorbild reicher Länder. Die Zahl der geförderten<br />
Projekte, die sich auf preisgünstige Technologie<br />
stützen, ist dagegen nur gering. Bei der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
umfassen Technologien auf niedrigem<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 10<br />
Sie können die SchülerInnen<br />
auch bitten, selber <strong>ein</strong>e Pressemitteilung<br />
zu schreiben,<br />
die sich auf das Menschenrecht<br />
auf <strong>Wasser</strong> bezieht. Geben<br />
Sie ihnen <strong>ein</strong>ige Fakten<br />
vor. Z.B.: In Manila beschuldigen<br />
NGO’s <strong>ein</strong>en privaten<br />
<strong>Wasser</strong>konzern, den Druck in<br />
den Leitungen zu den Vierteln<br />
der Armen so gesenkt zu<br />
haben, dass sich dort immer<br />
wieder Krankheitserreger<br />
ausbreiten können.<br />
☞ 11<br />
Bitten Sie <strong>ein</strong>ige SchülerInnen<br />
<strong>ein</strong> Rollenspiel vorzuführen,<br />
<strong>ein</strong>mal als Bittsteller<br />
um <strong>Wasser</strong>, dann als Kläger<br />
für das Recht auf <strong>Wasser</strong>.<br />
Je drei Betroffene und drei<br />
Regierungsvertreter sollten<br />
beteiligt s<strong>ein</strong>.<br />
☞ 12<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
mutmaßen, warum es <strong>ein</strong>facher<br />
ist, <strong>ein</strong> internationales<br />
Beschwerderecht über Diskriminierung<br />
von Frauen durchzusetzen<br />
als über soziale<br />
Menschenrechte. Wesentlich<br />
wäre, auf die Bedeutung der<br />
Stärke <strong>ein</strong>er Lobby hinzuweisen.<br />
☞ 13<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
im Internet recherchieren,<br />
inwieweit Deutschland s<strong>ein</strong>e<br />
Verpfl ichtung <strong>ein</strong>löst. Folgende<br />
Seiten sind interessant:<br />
www.Bundestag.de/gremien<br />
/welt/glob-end/7-5.html<br />
und<br />
www.bmz.de/themen/<br />
wasser/wasser310.html sowie<br />
http://www.gkke.org/cms/<br />
upload/pdf/dritter_bericht_<br />
2015.pdf<br />
33
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 14<br />
Fragen Sie die Schülerinnen,<br />
warum wohl eher teure Systeme<br />
durch Entwicklungshilfegelder<br />
gefördert werden.<br />
Die Verquickung von Entwicklungshilfe<br />
mit Wirtschaftsförderung<br />
wäre als <strong>ein</strong> Grund zu<br />
benennen.<br />
☞ 15<br />
Mit dem Arbeitsblatt MII <strong>–</strong> 6<br />
soll vor allem verdeutlicht<br />
werden, dass trotz unbefriedigender<br />
Umsetzung und beschränkter<br />
Mittel auch große<br />
Erfolge zu verzeichnen sind.<br />
☞ 16<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
aufzählen, welche Leistungen<br />
vom Staat oder der Kommune<br />
angeboten werden. Warum engagiert<br />
sich der Staat bzw. die<br />
Kommune in diesen Fällen?<br />
Welche dieser Dienstleistungen<br />
werden nicht als „Waren“<br />
gesehen? (Feuerwehr, Polizei,<br />
Schulbildung, Gesundheitsamt<br />
etc.)<br />
34<br />
technischem und kostengünstigem Niveau vor allem<br />
öffentliche Steigrohre, Regenwassersammel-<br />
Becken, Handpumpen und geschützte Quellen<br />
und Brunnen. Diese Technologien sind bei weitem<br />
besser als z.B. in Flaschen abgefülltes <strong>Wasser</strong><br />
oder <strong>Wasser</strong>tanklastzüge. Denn diese sind entweder<br />
für viele Menschen nicht erschwinglich oder<br />
unhygienisch. Einfache Technologien bieten die<br />
größten Chancen für <strong>ein</strong>e verbesserte Versorgung<br />
der armen Bevölkerung. Das Ungleichgewicht hin<br />
zu teuren Lösungen muss daher geändert werden.<br />
☞ 14<br />
Auch andere Maßnahmen, wie die Entschuldung<br />
der Entwicklungsländer oder auch verbesserte<br />
Handelsbedingungen für die Länder des<br />
Südens sind notwendig, um die Staats<strong>ein</strong>nahmen<br />
dieser Länder zu erhöhen und sie in die Lage zu<br />
versetzen, das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> tatsächlich<br />
verwirklichen zu können.<br />
Doch lassen sich mit entsprechendem<br />
politischen Willen, das Recht auf <strong>Wasser</strong> zu verwirklichen,<br />
trotz beschränkter Mittel auch große<br />
Erfolge erzielen. Selbst wenn das Menschenrecht<br />
auf <strong>Wasser</strong> auch in Südafrika noch längst nicht<br />
für alle Menschen Wirklichkeit ist, so sprechen<br />
die Bemühungen der Regierung doch für sich. Am<br />
Ende des Apartheidregimes 1994 hatten mehr<br />
als 15 Millionen Südafrikaner k<strong>ein</strong>en Zugang zu<br />
25 Litern sauberen <strong>Wasser</strong>s am Tag. Bis heute ist<br />
diese Zahl nach Angaben der Südafrikanischen<br />
Regierung auf weniger als 5 Millionen gesunken.<br />
Südafrika hat zudem das Recht auf <strong>Wasser</strong> in der<br />
Verfassung verankert. Aber auch in den Ländern,<br />
in denen die Bedingungen, die für das Erreichen<br />
des Menschenrechtes vorausgesetzt werden, noch<br />
nicht gegeben sind, sind Fortschritte erzielt worden.<br />
☞ 15 + MI - 6<br />
III. Öffentliche<br />
Güter <strong>–</strong> lokal und<br />
global<br />
1. Ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Ware oder <strong>ein</strong><br />
öffentliches <strong>Gut</strong><br />
In engem Zusammenhang mit den Menschenrechten<br />
steht der begriff der Öffentlichen Güter,<br />
denn von ihnen sollte niemand ausgeschlossen<br />
werden. ☞ 16<br />
Öffentliche Güter, oder der in internationalen<br />
Zusammenhängen verwendete englische<br />
Begriff „public goods“, bezeichnet im allgem<strong>ein</strong>en<br />
Sprachgebrauch alle öffentlich angebotenen<br />
Güter und Dienstleistungen, z.B. Bildung, Elektrizität,<br />
Abfallbeseitigung, Gesundheitsleistungen,<br />
Militär etc. Diese Güter werden unterschieden<br />
von den privaten Gütern, die man auch als Ware<br />
bezeichnen kann. Private Güter oder Waren werden<br />
von privaten Firmen produziert und auf dem<br />
freien Markt angeboten. Der Preis der Ware ergibt<br />
sich dann aus dem jeweils bestehenden Angebot<br />
und der Nachfrage. Die klassischen Wirtschaftstheoretiker,<br />
wie etwa Adam Smith, begründeten<br />
die heute vorherrschende neoliberale These, dass<br />
der freie Markt am besten in der Lage ist, die<br />
Produktion und Verteilung von Waren in <strong>ein</strong>er<br />
Gesellschaft zu regeln. Gibt es etwa <strong>ein</strong> großes<br />
Angebot auf dem Markt, aber nur wenige Käufer,<br />
sinkt der Preis und damit die Produktion, das<br />
Angebot verringert sich, bis <strong>ein</strong> Gleichgewicht<br />
von Angebot und Nachfrage erreicht ist. Dieser<br />
Mechanismus übertreffe an Effi zienz alle anderen<br />
Modelle, wie etwa die Planwirtschaft.<br />
Doch sogar Adam Smith, der als Befürworter<br />
des freien Handels und der Zurückhaltung des<br />
Staates in Wirtschaftsfragen berühmt wurde,<br />
sagte deutlich, dass es die Pfl icht <strong>ein</strong>es Staates<br />
sei, „diejenigen öffentlichen Institutionen und<br />
Dienste <strong>ein</strong>zurichten und zu erhalten, die für die<br />
Gesellschaft in hohem Maße vorteilhaft sind,<br />
obwohl sie von <strong>ein</strong>er Natur sind, dass der Nutzen<br />
den Kosten aus Sicht des Individuums nicht entspricht“<br />
(zitiert nach Christoph Scherer, Markt<br />
über alles? In: Achim Brunnengräber Hg., Globale<br />
Öffentliche Güter unter Privatisierungsdruck,<br />
Münster 2003) Es gibt also Güter und Dienste,<br />
die von hohem öffentlichen Interesse sind, die<br />
für den Handel auf dem freien Markt jedoch nicht<br />
geeignet sind <strong>–</strong> die also nicht als Waren zu betrachten<br />
sind.<br />
Häufi g wird dieser Umstand auch damit<br />
beschrieben, dass bei öffentlichen Gütern das<br />
Marktgeschehen versagt.<br />
Im strengen Sinn sind öffentliche Güter nur<br />
solche, die sich durch zwei Eigenschaften von<br />
privaten Gütern unterscheiden (vgl. auch: Jens<br />
Martens, Roland Hain: Globale Öffentliche Güter,<br />
Hrsg. H<strong>ein</strong>r. Böll-Stiftung und WEED, 2002):<br />
Einmal die Nicht-Rivalität im Konsum, d.h. dass<br />
<strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong> gem<strong>ein</strong>schaftlich nutzbar<br />
ist, ohne dass die Nutzung durch <strong>ein</strong>e Person, die<br />
Nutzung durch <strong>ein</strong> andere be<strong>ein</strong>trächtigt. Klassisches<br />
Beispiel wäre etwa der Leuchtturm, an<br />
dem sich <strong>ein</strong> Schiff orientieren kann, ohne dass<br />
dies andere Schiffe be<strong>ein</strong>trächtigt, sich ebenfalls<br />
an demselben Leuchtfeuer zu orientieren. Die<br />
andere Eigenschaft von öffentlichen Gütern ist<br />
die Nichtanwendbarkeit des Ausschlussprinzips.<br />
Dem zugrunde liegt die These, dass die
Bereitschaft für <strong>ein</strong> <strong>Gut</strong> etwas zu zahlen, nur<br />
dann besteht, wenn ansonsten der Ausschluss<br />
von der Nutzung droht. Besteht k<strong>ein</strong>e Zahlungsbereitschaft<br />
oder Zahlungsfähigkeit, macht der<br />
private Handel k<strong>ein</strong>en Sinn. Der Markt versagt als<br />
Instrument der Güterverteilung. Wirtschaftstheoretisch<br />
ist das Ausschlussprinzip nur dann nicht<br />
anwendbar, wenn es technisch nicht möglich<br />
oder ökonomisch oder sozial nicht sinnvoll ist,<br />
Menschen, die nicht bereit oder in der Lage sind,<br />
für dieses <strong>Gut</strong> zu zahlen, von der Nutzung dieses<br />
<strong>Gut</strong>es auszuschließen. In solch <strong>ein</strong>em Falle <strong>–</strong> da<br />
sind sich alle <strong>ein</strong>ig <strong>–</strong> soll der Staat die zwangsweise<br />
Finanzierung über Steuern, Abgaben und<br />
Beiträge vornehmen.<br />
Dass es technisch nicht möglich ist, Menschen<br />
von der Nutzung des Sonnenlichts, der<br />
Luft oder ökonomischer Stabilität auszuschließen<br />
ist <strong>ein</strong>deutig. Un<strong>ein</strong>igkeit herrscht jedoch darüber,<br />
wann dies „ökonomisch oder sozial“ nicht<br />
sinnvoll ist. ☞ 17 Ob es z.B. ökonomisch sinnvoll<br />
ist, Teile der Bevölkerung von höherer Bildung<br />
auszuschließen, ist schon <strong>ein</strong>e Frage, die von politischen<br />
und sozialen Überzeugungen abhängt.<br />
So sind auch die meisten „öffentlichen Güter“<br />
aufgrund bewusster politischer und sozialer Entscheidungen<br />
als solche defi niert worden. So gilt<br />
z.B. in Deutschland Bildung als öffentliches <strong>Gut</strong>.<br />
Privatschulen sind eher die Ausnahme, in den<br />
USA haben dagegen Privatschulen <strong>ein</strong>e große<br />
Bedeutung. Es hängt eben vom gesellschaftlichen<br />
Konsens ab, wie öffentliche Güter defi niert<br />
werden. ☞ MII - 7<br />
Das „r<strong>ein</strong>e“ öffentliche <strong>Gut</strong> ist <strong>ein</strong> wirtschaftstheoretisches<br />
Konstrukt, in der Realität<br />
dominieren Mischformen, die sowohl Eigenschaften<br />
von privaten als auch von öffentlichen Gütern<br />
haben. Beim <strong>Wasser</strong> handelt es sich um <strong>ein</strong>e solche<br />
Mischform. Eine Nicht-Rivalität besteht <strong>ein</strong>deutig<br />
nicht. Ein <strong>ein</strong>mal getrunkenes Glas <strong>Wasser</strong><br />
kann nicht noch <strong>ein</strong>mal getrunken werden. Auch<br />
technisch ist es in den meisten Fällen ohne weiteres<br />
möglich, jemanden von der <strong>Wasser</strong>nutzung<br />
auszuschließen. Ob der Ausschluss von sauberem<br />
Trinkwasser dagegen ökonomisch sinnvoll ist, ist<br />
schon fragwürdig. Die Seuchengefahr, die vom<br />
Verzehr verschmutzen <strong>Wasser</strong>s ausgeht, und die<br />
z.B. durch Cholera-Epidemien große Teile der Bevölkerung<br />
bedrohen und dadurch <strong>ein</strong>en schweren<br />
gesamtwirtschaftlichen Schaden anrichten kann,<br />
ist auch als ökonomisches Argument zu betrachten.<br />
Ob es sozial vertretbar ist, <strong>ein</strong>en Menschen<br />
von der <strong>Wasser</strong>nutzung auszuschließen, dürfte<br />
<strong>ein</strong>deutig vern<strong>ein</strong>t werden. Hierbei ist die Anerkennung<br />
als Menschenrecht von großer Bedeutung.<br />
Zur Vertiefung dient Arbeitsblatt MI - 7.<br />
2. Die Bereitstellung öffentlicher<br />
Güter <strong>–</strong> privat oder öffentlich?<br />
Die Frage, ob öffentliche Güter und Dienstleistungen<br />
durch private oder öffentliche Unternehmen<br />
bereitgestellt werden sollten, ist umstritten.<br />
Die heute dominanten neoliberalen Wirtschaftstheorien<br />
gehen davon aus, dass grundsätzlich<br />
private Unternehmen den öffentlichen Betrieben<br />
überlegen seien, da diese effi zienter arbeiten.<br />
Eine staatliche Regulierung solle möglichst<br />
gering gehalten werden, da sie die Kosten und<br />
das Unternehmensrisiko erhöhen. Andere gesellschaftliche<br />
Akteure, etwa die Gewerkschaften<br />
oder auch Umweltschutzverbände, plädieren für<br />
die Beibehaltung der öffentlichen Unternehmen,<br />
da diese eher dem Gem<strong>ein</strong>wohl als dem Gewinninteresse<br />
verpfl ichtet seien und leichter demokratisch<br />
kontrolliert werden können. Aspekte wie<br />
die Erhaltung von Arbeitsplätzen, Umweltschutz<br />
und soziale Gerechtigkeit könnten so besser<br />
durchgesetzt werden. ☞ 18<br />
Allgem<strong>ein</strong> lässt sich sagen, dass es k<strong>ein</strong>en<br />
Königsweg gibt: Jedoch belegen viele Beispiele,<br />
dass öffentliche Unternehmen durchaus in der<br />
Lage sind, effi zient zu arbeiten und niedrigere<br />
Preise anzubieten als private Unternehmen. Andererseits<br />
gibt es auch Beispiele korrupter und<br />
undemokratischer Staatsunternehmen, in denen<br />
von öffentlicher Kontrolle kaum die Rede s<strong>ein</strong><br />
kann. Unbestritten ist der Bedarf an starken und<br />
unabhängigen staatlichen Regulierungsinstanzen<br />
für öffentliche und private <strong>Wasser</strong>versorger. (Siehe<br />
zum Thema Privatisierung auch Unterrichts<strong>ein</strong>heit<br />
III)<br />
3. Die Verteilung von <strong>Wasser</strong><br />
<strong>–</strong> Preis und Regulierung<br />
Die Frage, ob <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e Ware, wie jede andere<br />
ist, oder ob das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> unabhängig<br />
von der Zahlungsfähigkeit der Menschen<br />
gewährt werden sollte, ist eng verknüpft mit der<br />
Frage, ob bzw. welchen Preis <strong>Wasser</strong> haben sollte.<br />
Diese Frage beschäftigte vor allem das zweite<br />
Welt <strong>Wasser</strong> Forum im Jahr 2000 in Den Haag.<br />
Dort wurde das Prinzip der vollen Kostendeckung<br />
für <strong>Wasser</strong>dienstleistungen propagiert. Es hieß:<br />
Um <strong>Wasser</strong> als ökonomischen, sozialen, ökologischen<br />
und kulturellen Wert zu würdigen, müsse<br />
<strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>en Preis haben, der den Kosten für die<br />
Bereitstellung entspricht. ☞ 19<br />
Eine volle Kostendeckung für die Bereitstellung<br />
öffentlicher Güter, auch Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />
genannt, ist nicht selbstverständlich. Unter Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />
werden allgem<strong>ein</strong> Dienste verstan-<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 17<br />
Diskutieren Sie mit den<br />
SchülerInnen, ob es richtig<br />
s<strong>ein</strong> kann, r<strong>ein</strong> technisch<br />
oder ökonomisch zu argumentieren.<br />
Sollten nicht auch<br />
soziale Argumente zählen?<br />
Es sollte deutlich werden,<br />
dass die Frage, ob <strong>ein</strong> <strong>Gut</strong> als<br />
öffentliches <strong>Gut</strong> gilt, abhängig<br />
ist von ethischen Werten,<br />
deren Durchsetzung von<br />
gesellschaftlichen Diskursen<br />
und Kräfteverhältnissen<br />
abhängt.<br />
☞ 18<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
bei verschiedenen Interessensgruppen<br />
(BUND, Ver.Di,<br />
RWE, Parteien etc.) recherchieren,<br />
welche Positionen<br />
zur Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
jeweils vertreten<br />
werden<br />
☞ 19<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
die Unterschiede zwischen<br />
Bildung und <strong>Wasser</strong> herausarbeiten,<br />
Fragestellung: Warum<br />
wird Schulbildung über<br />
Steuern fi nanziert, warum<br />
<strong>Wasser</strong> über Gebühren?<br />
35
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
Lösungen zu Arbeitsblatt<br />
MII - 9: Fragen 1 und 3:<br />
Anteil der Armen und (Anteil<br />
der Menschen mit Infrastruktur)<br />
in %:<br />
Western Cape: 37,9 (97,3)<br />
Eastern Cape: 74,5 ( 53,2)<br />
Northern Cape: 58,2 (89,9)<br />
Free State: 66,6 (82,7)<br />
KwaZulu-Natal: 66,2 (60,0)<br />
North West: 64,2 (80,2)<br />
Gauteng: 48,5 (94,0)<br />
Mpumalanga: 68,7 (94,6)<br />
Limpopo: 78,1 (78,4)<br />
Frage 2: Das Gegenteil ist<br />
eher richtig, so erhält in den<br />
drei ärmsten Provinzen, der<br />
geringste Anteil der Armen<br />
kostenloses <strong>Wasser</strong>. Aber: In<br />
Free State ist der Versorgungsgrad<br />
am höchsten trotz hoher<br />
Armutsrate.<br />
Frage 4: Es lässt sich kaum <strong>ein</strong><br />
Zusammenhang herstellen,<br />
siehe vor allem Mpumalanga<br />
Frage 5: Vergleicht man die<br />
Prozentzahlen der mit kostenfreiem<br />
<strong>Wasser</strong> versorgten<br />
Gesamtbevölkerung mit denen<br />
der armen Bevölkerung,<br />
so ergibt sich, dass nur in<br />
Eastern und Northern Cape<br />
verhältnismäßig mehr Arme<br />
profi tieren.<br />
☞ 20<br />
Wenn die Frage der Umsetzung<br />
vertieft werden soll, macht<br />
das Südafrikanische <strong>Wasser</strong>ministerium<br />
sehr detaillierte<br />
Angaben: www.DWAF.gov.za/<br />
FreeBasicWater<br />
☞ 21<br />
Evtl. wollen Sie die Frage<br />
aufwerfen, warum nicht nur<br />
die Armen in den Genuss von<br />
kostenfreiem <strong>Wasser</strong> gelangen.<br />
Dann kann anhand dieses<br />
Beispiels aus Mbombela darauf<br />
<strong>ein</strong>gegangen werden.<br />
36<br />
den, die im Interesse der Allgem<strong>ein</strong>heit erbracht<br />
werden und aus diesem Grund vom Staat mit spezifi<br />
schen Gem<strong>ein</strong>wohlverpfl ichtungen verbunden<br />
werden. Was als Leistungen der Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />
angesehen wird, ist in verschiedenen Ländern allerdings<br />
unterschiedlich defi niert <strong>–</strong> entsprechend<br />
deren soziokulturellen, gesellschaftspolitischen<br />
und ökonomischen Entwicklungen und Traditionen.<br />
So wird in Deutschland Schulbildung vorwiegend<br />
als staatliche Aufgabe der Das<strong>ein</strong>vorsorge<br />
begriffen, die unentgeltlich angeboten wird.<br />
Die Kosten werden über Steuergelder getragen.<br />
Anders bei <strong>Wasser</strong>. Auch hier sieht der Staat die<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung als Aufgabe der Das<strong>ein</strong>svorsorge<br />
für s<strong>ein</strong>e Bürger an. Er überlässt die konkrete<br />
Dienstleistung jedoch teilweise privaten Firmen.<br />
Allerdings reguliert er diese über Verordnungen<br />
zu Qualität, Preisen und Versorgungssicherheit<br />
und übernimmt die Kontrolle über spezielle Aufsichtsbehörden.<br />
Gebühren für die Nutzung von <strong>Wasser</strong> werden<br />
unabhängig davon erhoben, ob es sich um<br />
<strong>ein</strong>en öffentlichen oder privaten Versorger handelt.<br />
Die Forderung nach voller Kostendeckung<br />
ist jedoch gerade für arme Länder problematisch<br />
<strong>–</strong> und sie wird aus Sicht der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />
„ungenügend umgesetzt“. (UN World Water Development<br />
Report 2003, S. 342)<br />
Das Hauptargument für die volle Kostendeckung<br />
lautet, dass der Wert des <strong>Wasser</strong>s ansonsten<br />
nicht gewürdigt werde. ☞ MII <strong>–</strong> 8 Das<br />
knappe <strong>Gut</strong>e <strong>Wasser</strong> werde verschwendet, wenn<br />
es nichts kostet. Arbeitsblatt MII <strong>–</strong> 8 dient der<br />
Überprüfung dieser These.<br />
4. Beispiel: Menschenrecht und<br />
<strong>Wasser</strong>preise in Südafrika<br />
Als Südafrika 1994 die Apartheid überwunden<br />
hatte, blieb die soziale Ungleichheit im Lande.<br />
Bis heute steht <strong>ein</strong>er Minderheit weißer wohlhabender<br />
BürgerInnen die Mehrheit der schwarzen<br />
armen BürgerInnen gegenüber. Lediglich <strong>ein</strong>e<br />
kl<strong>ein</strong>e schwarze Elite hat den Sprung in die<br />
Mittelschicht geschafft. Auch um die sozialen<br />
Konfl ikte in den Griff zu bekommen, hat der<br />
Staat be<strong>ein</strong>druckende soziale Anstrengungen<br />
unternommen. U. a. hat Südafrika das Recht auf<br />
<strong>Wasser</strong> in die Verfassung aufgenommen. Zudem<br />
wurde im Jahr 2000 nach <strong>ein</strong>er Cholera-Epidemie<br />
<strong>ein</strong>e konkrete Umsetzung dieses Rechts beschlossen:<br />
Alle südafrikanischen BürgerInnen erhalten<br />
unentgeltlich das für die menschliche Existenz<br />
als Minimum benötigte <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong> 25 Liter pro<br />
Person und Tag. Dieser Beschluss sollte innerhalb<br />
von zwei Jahren in die Praxis umgesetzt werden.<br />
Der südafrikanische Staat zahlt den privaten oder<br />
öffentlichen kommunalen <strong>Wasser</strong>betrieben <strong>ein</strong>e<br />
Entschädigung für die unentgeltliche Versorgung<br />
aller Haushalte (durchschnittlich 8 Personen)<br />
mit 6000 Litern im Monat. ☞ 20 Die Free-Basic-<br />
Water Initiative wird jedoch kritisiert, da sie vor<br />
allem auch der wohlhabenden Bevölkerung zugute<br />
kommt. Zur Umsetzung der Free-Basic-Water<br />
Initiative und ihrer bisherigen Auswirkung auf die<br />
Armen: ☞ MII - 9.<br />
Vor der Einführung dieser Initiative konnten<br />
z.B. in Mbombela arme Familien <strong>ein</strong>en <strong>Gut</strong>sch<strong>ein</strong><br />
für den Bezug von 19.000 Litern erhalten, wenn<br />
sie als arm anerkannt wurden. Das System funktionierte<br />
jedoch nicht gut, da von Seiten der<br />
armen Bevölkerung <strong>ein</strong>e große Barriere bestand,<br />
sich als arm registrieren zu lassen. Auch bedeutete<br />
die Prüfung der Einkommensverhältnisse, die<br />
sich unter der armen Bevölkerung permanent ändern,<br />
<strong>ein</strong>en enormen Verwaltungsaufwand. Erst<br />
nach <strong>ein</strong>er Kampagne für die Beantragung der<br />
<strong>Gut</strong>sch<strong>ein</strong>e erhöhte sich die Zahl der <strong>Gut</strong>sch<strong>ein</strong>bezieher<br />
von 17% auf 51% der Anspruchsberechtigten.<br />
(Quelle: Vulamazi! Beteiligung privater<br />
Unternehmen an öffentlichen <strong>Wasser</strong>werken und<br />
die Rechte armer Verbraucher, Hrsg. <strong>Koordination</strong><br />
<strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong> KOSA e.V., Bielefeld, 2004.)<br />
☞ 21 War dieses Verfahren den Verhältnissen<br />
angemessen?<br />
Anspruchsberechtigt waren Familien mit <strong>ein</strong>em<br />
Einkommen unter 800 Rand pro Monat (Armutsgrenze<br />
1996, heute: 1000 Rand = ca. 130 Euro)<br />
Diese Familien mussten folgendes Verfahren<br />
durchlaufen: Ein Antrag an den Rat musste gestellt<br />
werden, Belege des monatlichen Einkommen<br />
mussten beigefügt werden, <strong>ein</strong> Hausbesuch<br />
<strong>ein</strong>es Verwaltungsbeamten zur Überprüfung der<br />
Angaben musste erfolgen.<br />
Zu Bedenken ist: 13,6% der Südafrikaner<br />
sind Analphabeten, die Rate unter der armen<br />
schwarzen Bevölkerung ist entsprechend höher,<br />
die Behörde ist in der Stadt; die Fahrtkosten<br />
sind hoch. Die MitarbeiterInnen der Behörde<br />
sind in aller Regel weiß.<br />
5. Globale Öffentliche Güter<br />
Die Debatte um „globale öffentliche Güter“ ist<br />
relativ neu. In der internationalen Debatte wird<br />
von “Global Public Goods“ (GPGs) gesprochen.<br />
Das Konzept der Global Public Goods hat sich<br />
innerhalb weniger Jahre zu <strong>ein</strong>em Schlüsselbe-
griff in der Aus<strong>ein</strong>andersetzung über globale<br />
Umwelt- und Entwicklungspolitik entwickelt.<br />
MitarbeiterInnen des Entwicklungsprogramms der<br />
Ver<strong>ein</strong>ten Nationen (UNDP) haben die Debatte<br />
1999 mit <strong>ein</strong>em Buch entfacht (Inge Kaul, Isabelle<br />
Grunberg, Marc A. Stern: Global Public Goods.<br />
International Cooperation in the 21st Century“,<br />
1999). Sie defi nieren GPGs:<br />
Globale Öffentliche Güter sind solche Güter,<br />
deren Nutzen über Landesgrenzen und Regionen,<br />
Bevölkerungsgruppen und Generationen<br />
hinaus reicht.<br />
Unter diese breite Defi nition fallen die klassischen<br />
öffentlichen Güter Frieden und Sicherheit<br />
ebenso wie <strong>ein</strong>e intakte Umwelt, Gesundheit, das<br />
kulturelle Erbe, aber auch fi nanzielle Stabilität,<br />
Wissen und Information und selbst Fairness und<br />
Gerechtigkeit.<br />
Im Gegenzug wird auch von „Global Public<br />
Bads“ gesprochen, wenn z.B. von Krieg oder Terrorismus<br />
geredet wird.<br />
Dass heute verstärkt über GPGs diskutiert<br />
wird, hängt mit der Globalisierung zusammen.<br />
Es wird immer deutlicher, dass viele öffentliche<br />
Güter nur durch globale Anstrengungen gewährt<br />
und geschützt werden können. Da es weltweit<br />
unterschiedliche Konzepte gibt, was als öffentliches<br />
<strong>Gut</strong> anzusehen ist, wird der Begriff<br />
unterschiedlich weit gefasst. So zählt der Zedillo-<br />
Report, der im Auftrag von UN-Generalsekretär<br />
Kofi Anan erstellt wurde, Frieden, den Erhalt der<br />
Umwelt, Schutz vor ansteckenden Krankheiten<br />
dazu. Andere Autoren nennen zusätzlich Wissen,<br />
internationale Finanzstabilität etc. GPGs werden<br />
im wesentlichen politisch defi niert. ☞ 22<br />
GPG TOP 10-Liste<br />
Vom Menschen geschaffene GPGs<br />
• Frieden und internationale Sicherheit<br />
• Internationale Rechtstaatlichkeit/<br />
Völkerrecht<br />
• Schutz der Menschenrechte<br />
• Chancengleichheit und internationale<br />
Gerechtigkeit<br />
• Gesundheit, insb. der Schutz vor Infektionskrankheiten<br />
• Wissen und Information<br />
Natürliche GPGs (Globale Gem<strong>ein</strong>schaftsgüter)<br />
• Schutz der Erdatmosphäre/des Klimas<br />
• Schutz der Biodiversität<br />
• Schutz der Wälder<br />
• Schutz der Meere<br />
Im Interesse <strong>ein</strong>er Verbesserung der Durchsetzungschancen,<br />
ersch<strong>ein</strong>t es sinnvoll, von<br />
bereits gültigen, international anerkannten<br />
Konventionen und Erklärungen der Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen auszugehen und die Zahl der GPGs nicht<br />
ausufern zu lassen. Die Millenium-Entwicklungsziele<br />
bieten hierfür <strong>ein</strong>e gute Basis. Ausgehend<br />
von diesen anerkannten Zielen könnte <strong>ein</strong>e Prioritätenliste<br />
folgendermaßen aussehen:<br />
Unabhängig von verschiedenen Defi nitionsvorschlägen<br />
gehören auch nach enger Auslegung der<br />
Schutz der natürlichen <strong>Wasser</strong>ressourcen (Erhalt<br />
der Umwelt) und der Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />
(Voraussetzung für den Schutz vor ansteckenden<br />
Krankheiten) zu den GPGs. <strong>Wasser</strong> ist<br />
<strong>ein</strong> natürliches <strong>globales</strong> Gem<strong>ein</strong>schaftsgut. S<strong>ein</strong><br />
Nutzen reicht zweifelsfrei über Landesgrenzen<br />
und Generationen hinweg. Fluss<strong>ein</strong>zugsgebiete<br />
berühren teilweise viele Nationen und <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>mal<br />
erschöpftes Grundwasserreservoir steht auch für<br />
kommende Generationen nicht mehr zur Verfügung.<br />
☞ 23<br />
GPGs sind aber k<strong>ein</strong>eswegs unumstritten.<br />
Auf der UN-Konferenz über Entwicklungsfi nanzierung<br />
in Monterrey und dem Rio+10-Gipfel 2002<br />
in Johannesburg wurde über die Defi nition und<br />
über die Finanzierung von GPGs heftig gestritten.<br />
Auf Druck der USA wurde das Thema aus dem Abschlussdokument<br />
von Monterrey vollständig gestrichen.<br />
International ist vor allem die Finanzierung<br />
von GPGs weiter in der Debatte. Auch in der<br />
Zivilgesellschaft wird der Ansatz der Globalen Öffentlichen<br />
Güter unterschiedlich beurteilt. Viele<br />
sehen in ihm <strong>ein</strong>e theoretische Grundlage für<br />
die Neubegründung internationaler Kooperation.<br />
Kritiker m<strong>ein</strong>en, das Konzept führe zu <strong>ein</strong>er<br />
weiteren „Ökonomisierung“ politischer Ziele und<br />
gesellschaftlicher Werte; selbst Frieden und Gerechtigkeit<br />
werde zu wirtschaftlichen Gütern degradieren.<br />
Im Unterschied zu den nationalen öffentlichen<br />
Gütern, bei deren Bereitstellung und Schutz<br />
der Staat immer noch <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle<br />
spielt, gibt es international k<strong>ein</strong>e gleichwertige<br />
Institution, die GPGs wirksam schützen könnte.<br />
Eben weil es k<strong>ein</strong>e Macht gibt, die mit Erzwingungsgewalt<br />
ausgestattet ist, kommt es eher selten<br />
zu globalen Kooperationen, es sei denn alle<br />
Kooperationspartner versprechen sich vom gem<strong>ein</strong>samen<br />
Vorgehen <strong>ein</strong>en klaren Nutzen. So<br />
werden z.B. gem<strong>ein</strong>same Anstrengungen zum<br />
Schutz der Ozonschicht auch durch die Zunahme<br />
von Hautkrebs in den Industrieländern befl ügelt.<br />
Studien über internationale Beziehungen<br />
verweisen auf das enorme Machtgefälle zwischen<br />
den Verhandlungsparteien, die kaum faire Verhandlungen<br />
zulassen. So werden GPGs, die vor al-<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 22<br />
Welche Global Public Goods<br />
und Public Bads fallen Ihren<br />
SchülerInnen <strong>ein</strong>?<br />
☞ 23<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
recherchieren: Wie viele<br />
Länder gibt es z.B. im <strong>Wasser</strong><strong>ein</strong>zugsgebiet<br />
des Sambesi?<br />
(Sambia, Angola, Namibia,<br />
Botswana, Simbabwe, Tansania,<br />
Mosambik)<br />
37
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ 24<br />
Dass die Verwirklichung des<br />
Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
auch vom zivilgesellschaftlichen<br />
Engagement abhängt, ist<br />
<strong>ein</strong> wesentliches Lernziel.<br />
☞ 25<br />
Hängen Sie zum Abschluss der<br />
Einheit zwei Wandzeitungen<br />
auf „<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong> Menschenrecht,<br />
weil …“ und „<strong>Wasser</strong> ist<br />
<strong>ein</strong>e Ware, weil …“ und bitten<br />
Sie die SchülerInnen ihre<br />
M<strong>ein</strong>ung aufschreiben. Erörtern<br />
Sie dann, wie und wo die<br />
geäußerten M<strong>ein</strong>ungen zum<br />
Ausdruck gebracht werden<br />
könnten.<br />
38<br />
lem für schwache Entwicklungsländer <strong>ein</strong> Problem<br />
darstellen, wie etwa der Zugang zu sauberem<br />
Trinkwasser, nur durch starken öffentlichen Druck<br />
geschützt werden können. ☞ MII - 10<br />
Das GPG-Konzept kann jedoch als öffentlichkeitswirksame<br />
Legitimationsgrundlage für<br />
<strong>ein</strong>e dauerhafte Erhöhung staatlicher Mittel für<br />
internationale Umwelt- und Entwicklungsbelange<br />
dienen.<br />
Die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen oder auch die Welthandelsorganisation<br />
stellen Foren dar, auf denen<br />
Zugeständnisse verhandelt und getauscht werden.<br />
Ein internationaler Konsens über die Anerkennung<br />
<strong>ein</strong>es Global Public Good, ist bedeutend<br />
für die fi nanziellen Ressourcen, die dafür bereitgestellt<br />
werden. Der Finanzbedarf zum Schutz der<br />
GPGs ist enorm. Die Kosten des Nichthandelns<br />
bzw. der „Global Public Bads“ ist jedoch gigantisch.<br />
All<strong>ein</strong> die jährlichen Kosten der globalen<br />
Klimaveränderung werden von der UNEP auf<br />
mindestens 300 Mrd. US$ geschätzt. Erhebliche<br />
fi nanzielle Anstrengungen zum Schutz der GPGs<br />
sind daher dringend geboten. Da die Entwicklungsländer<br />
kaum in der Lage sind, hierzu <strong>ein</strong>en<br />
wesentlichen Beitrag zu leisten, sind zu ihrer<br />
Unterstützung neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />
notwendig, wie z.B. internationale Fonds.<br />
IV. Fazit: <strong>Wasser</strong> <strong>–</strong><br />
Menschenrecht oder<br />
Ware?<br />
Der Zugang zu <strong>Wasser</strong> wurde <strong>ein</strong>deutig als Menschenrecht<br />
anerkannt. Die Frage ist also nicht so<br />
sehr, ob es sich um <strong>ein</strong> Menschenrecht handelt,<br />
sondern wie dieses Menschenrecht realisiert werden<br />
kann und ob dafür genügend fi nanzielle Mittel<br />
bereitgestellt werden. Dies hängt wesentlich<br />
von politischen Entscheidungen ab, die durch<br />
zivilgesellschaftliches Engagement be<strong>ein</strong>fl usst<br />
werden können. ☞ 24<br />
Auch die Anerkennung und Verteidigung<br />
(globaler) öffentlicher Güter, für deren Bereitstellung<br />
der Staat verantwortlich ist, ist das<br />
Ergebnis gesellschaftlicher Diskussion und Aus<strong>ein</strong>andersetzung.<br />
Es gilt, sich <strong>ein</strong>zumischen und<br />
Stellung zu beziehen, um die gesellschaftlichen<br />
Aus<strong>ein</strong>andersetzungen mitzugestalten, die in den<br />
letzten Jahren um die Frage nach der Erhaltung<br />
öffentlicher Dienstleistungen wie der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
entbrannt sind. ☞ 25 Gewerkschaften<br />
wie „Ver.di“, Entwicklungsorganisationen wie<br />
„Brot für die Welt“ und die „<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong><br />
<strong>Afrika</strong>“ und Globalisierungskritiker wie „Attac“,<br />
aber auch kommunale <strong>Wasser</strong>betriebe und<br />
Stadtwerke engagieren sich in dieser Frage.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 1<br />
Die kulturelle<br />
und spirituelle<br />
Bedeutung von<br />
<strong>Wasser</strong><br />
39<br />
• Lesen Sie die folgenden Bibelzitate zum<br />
Thema <strong>Wasser</strong>. Welches der Zitate spricht Sie<br />
an? Welches sagt Ihnen nichts?<br />
• Versuchen Sie, die kulturelle bzw. spirituelle<br />
Bedeutung, die dem <strong>Wasser</strong> in den jeweiligen<br />
Zitaten gegeben wird, möglichst auf <strong>ein</strong>en<br />
<strong>ein</strong>zigen Begriff zu bringen. Denken Sie dabei<br />
nicht lange nach, sondern assoziieren Sie frei!<br />
Bibelzitat M<strong>ein</strong>e Assoziation<br />
1. Mose 1,2: Und die Erde war wüst und leer,<br />
und es war fi nster auf der Tiefe; und der Geist<br />
Gottes schwebte auf dem <strong>Wasser</strong>.<br />
Ri 1,15: Sie sprach: Gib mir <strong>ein</strong>e Segensgabe!<br />
Denn du hast mich nach dem dürren Südland<br />
gegeben; gib mir auch <strong>Wasser</strong>quellen!<br />
2. Sam 22,17: Er streckte s<strong>ein</strong>e Hand aus von<br />
der Höhe und fasste mich und zog mich aus<br />
großen <strong>Wasser</strong>n.<br />
Hiob 14,19: <strong>Wasser</strong> wäscht St<strong>ein</strong>e weg,<br />
und s<strong>ein</strong>e Fluten schwemmen die Erde weg:<br />
so machst du die Hoffnung des Menschen<br />
zunichte.<br />
Ps 65,10: Du suchst das Land heim und<br />
bewässerst es und machst es sehr reich;<br />
Gottes Brünnl<strong>ein</strong> hat <strong>Wasser</strong> die Fülle.<br />
Ps 107,35: Er machte das Trockene wieder<br />
wasserreich und gab dem dürren Lande<br />
<strong>Wasser</strong>quellen<br />
Jes 41,17: Die Elenden und Armen suchen<br />
<strong>Wasser</strong>, und es ist nichts da, ihre Zunge<br />
verdorrt vor Durst.<br />
Jer 17,8: Der ist wie <strong>ein</strong> Baum, am <strong>Wasser</strong><br />
gepfl anzt, der s<strong>ein</strong>e Wurzeln zum Bach hin<br />
streckt. Denn obgleich die Hitze kommt,<br />
fürchtet er sich doch nicht.<br />
Mk 1,8: Ich taufe euch mit <strong>Wasser</strong>; aber er<br />
wird euch mit dem heiligen Geist taufen.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 2<br />
<strong>Wasser</strong>preise<br />
und Armut in<br />
Südafrika<br />
40<br />
Fall 1 Fall 2<br />
Frau Msesi Nkosi,<br />
62 Jahre alt,<br />
Rentnerin, bezieht<br />
<strong>ein</strong>e Rente<br />
von 700 Rand<br />
(ca. 90 Euro).<br />
Sie lebt all<strong>ein</strong><br />
in ihrem kl<strong>ein</strong>en<br />
Haus, das an die<br />
<strong>Wasser</strong>leitung<br />
angeschlossen<br />
ist, seitdem <strong>ein</strong>e<br />
private Firma die<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung<br />
im Auftrag<br />
der Kommune<br />
übernommen hat. Ihre <strong>Wasser</strong>rechnung beläuft sich<br />
im Durchschnitt auf 121 Rand im Monat, <strong>ein</strong>schließlich<br />
Abwassergebühr. Außerdem muss sie monatlich <strong>ein</strong>e<br />
Grundstücksgebühr von 21 Rand und für die Beseitigung<br />
des Abfalls noch <strong>ein</strong>mal 40 Rand an die Kommune<br />
zahlen. Sie muss also mehr als <strong>ein</strong> Viertel ihres Einkommens<br />
für öffentliche und private Dienstleistungen<br />
zahlen. Über die Hälfte ihres Einkommens braucht Frau<br />
Nkosi all<strong>ein</strong> für Grundnahrungsmittel wie Mais und Reis.<br />
Gemüse oder gar Fleisch kosten mehr. Außerdem muss<br />
Brennmaterial zum Kochen gekauft werden und das<br />
elektrische Licht bezahlt werden. Frau Nkosi hat große<br />
Angst, nicht „anständig“ begraben zu werden, daher<br />
hat sie <strong>ein</strong>e Versicherung abgeschlossen, für die sie<br />
200 Rand im Monat zahlen muss. Frau Nkosi hat daher<br />
seit vielen Monaten ihre <strong>Wasser</strong>rechnung nicht bezahlt.<br />
Sie hat Schulden von 9.440 Rand, die sie unmöglich<br />
abstottern kann. Sie muss Angst haben, dass ihr Haus<br />
zwangsversteigert wird, wenn die private <strong>Wasser</strong>fi rma<br />
auf der Zahlung der Schulden besteht.<br />
Aufgaben<br />
Bilden Sie <strong>ein</strong>e Zweiergruppe. Wählen Sie sich<br />
<strong>ein</strong>en Fall aus und führen Sie dann <strong>ein</strong>es der<br />
folgenden Rollenspiele aus:<br />
Fall 1: Frau Nkosi erhält <strong>ein</strong>en Zahlungsbefehl<br />
über die ausstehenden Schulden für das bezogene<br />
<strong>Wasser</strong>. Wenn Sie nicht begründen könne,<br />
warum Sie nicht zahlen könne, werde ihr Haus<br />
zwangsversteigert. Wählen Sie jeweils die Rolle<br />
<strong>ein</strong>es „Anwaltes“ von Frau Nkosi und die <strong>ein</strong>es<br />
„Firmenvertreters“ und versuchen Sie, den Fall<br />
zu lösen.<br />
Die beiden im Arbeitsblatt beschriebenen Beispiele<br />
sind real. Sie wurden zusammengefasst<br />
und der folgenden Studie entnommen: „Vulamazi!<br />
Beteiligung privater Unternehmen an<br />
öffentlichen <strong>Wasser</strong>werken und die Rechte armer<br />
Verbraucher“, Hrsg. <strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong><br />
KOSA e.V., Bielefeld, 2004.<br />
Frau Sophie Mlazi, 48 Jahre alt, ist sehr krank und<br />
daher arbeitsunfähig. Sie lebt in ihrem kl<strong>ein</strong>en aus<br />
Zementblöcken gebauten Häuschen gem<strong>ein</strong>sam mit<br />
ihrer Tochter, ihrem arbeitslosen Schwiegersohn und<br />
ihrem Enkelkind. Die Arbeitslosenquote in der Region<br />
beträgt über 40%. Die Tochter hat jedoch <strong>ein</strong>en Teilzeitjob<br />
ergattert und verdient 300 Rand (ca. 39 Euro)<br />
im Monat. Davon muss die vierköpfi ge Familie leben.<br />
Das Haus hat k<strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>anschluss. Der Anschluss<br />
an das Leitungsnetz kostet 483 Rand, dazu <strong>ein</strong>e Gebühr<br />
von 33 Rand und die Materialkosten für die Leitung<br />
vom Haus zur Hauptleitung. Das kann die Familie nicht<br />
aufbringen, daher hat Frau Mlazi k<strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>anschluss<br />
beantragt. Also schöpft die Familie <strong>Wasser</strong> aus<br />
<strong>ein</strong>em Bach. Das kostet nichts. Allerdings ist das <strong>Wasser</strong><br />
verschmutzt. Frau Mlazi weiß, dass das gefährlich ist.<br />
Laut Weltwasserentwicklungsbericht der UN (2003)<br />
sterben jedes Jahr schätzungsweise 2,2 Millionen Menschen<br />
an Krankheiten, die auf verschmutztes <strong>Wasser</strong><br />
zurückzuführen sind. Die Familie streut etwas Zement<br />
in den <strong>Wasser</strong>eimer und hofft, dass dieser den Schmutz<br />
bindet. Die Mlazis schöpfen dann das <strong>Wasser</strong> von oben<br />
ab und kochen es, bevor sie es trinken.<br />
Fall 2: In der Schule informiert <strong>ein</strong>e Entwicklungshelferin<br />
die Kinder, dass sie k<strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong><br />
aus dem Bach trinken dürfen. Sie erfährt vom<br />
Enkel von Frau Mlazi, dass die Familie stark<br />
verschmutztes <strong>Wasser</strong> trinkt. Wählen Sie jeweils<br />
die Rolle der Entwicklungshelferin und die Rolle<br />
<strong>ein</strong>er „Firmenvertreterin“ und versuchen Sie, der<br />
Familie zu helfen.<br />
Schreiben Sie im Anschluss auf, welche Lösungen<br />
Sie sehen bzw. was geschehen müsste, um den<br />
betroffenen Menschen in den beiden Fallbeispielen<br />
zu helfen.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 3<br />
Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong><br />
41<br />
Das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> hat verschiedene Bedingungen<br />
als Voraussetzung.<br />
Kriterien für die Verwirklichung des<br />
Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
Verfügbarkeit<br />
(ständig und ausreichend für Trinken, Entsorgung<br />
der Abwässer, Nahrungszubereitung,<br />
körper-, Wäsche und Haushaltshygiene)<br />
Qualität<br />
(frei von gesundheitsgefährdenden Organismen<br />
und Stoffen und von annehmbaren Geruch und<br />
Geschmack)<br />
Physische Erreichbarkeit<br />
(innerhalb <strong>ein</strong>er angemessenen Entfernung<br />
sicher zu erreichen)<br />
Wirtschaftliche Erreichbarkeit<br />
(für alle erschwinglich, d.h. die Kosten dürfen<br />
andere Menschenrechte nicht be<strong>ein</strong>trächtigen)<br />
Gleichbehandlung<br />
(für alle Bevölkerungsgruppen, auch für Randgruppen<br />
müssen <strong>Wasser</strong>/<strong>Wasser</strong>versorgungs<strong>ein</strong>r<br />
ichtungen zugänglich s<strong>ein</strong>)<br />
Aufgaben<br />
• Versuchen Sie zunächst die Aufgaben eigenständig<br />
zu lösen. Bestimmen Sie, was Sie für<br />
angemessen halten! Schreiben Sie auf, was<br />
Ihnen <strong>ein</strong>fällt!<br />
Nähere Bestimmung<br />
Wie viel <strong>Wasser</strong> pro Person und Tag ist<br />
ausreichend?<br />
Welche gesundheitsgefährdenden Organismen<br />
und Stoffe gibt es, die im <strong>Wasser</strong> auftreten<br />
können?<br />
Was ist <strong>ein</strong>e annehmbare Entfernung?<br />
Was muss demnach bezahlt werden, bevor<br />
<strong>Wasser</strong> etwas kosten darf?<br />
Welche Gruppen innerhalb der Gesellschaft<br />
könnten diskriminiert werden?<br />
• Recherchieren Sie im Anschluss, ob es dazu<br />
nähere Bestimmungen gibt.<br />
• Vergleichen Sie ihre Interpretation mit den<br />
allgem<strong>ein</strong>en Bestimmungen. Wie beurteilen Sie<br />
letztere?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 4<br />
42<br />
Pressemitteilung<br />
Bericht über Verletzung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong> fi ndet Unterstützung in Genf<br />
Ver<strong>ein</strong>te Nationen übersenden Bericht von „Brot für die Welt“ und FIAN an die indische<br />
Regierung<br />
Genf, 01. April 2004.<br />
Der erste Untersuchungsbericht zu Verletzungen des Rechts auf <strong>Wasser</strong>, den die evangelische<br />
Hilfsaktion „Brot für die Welt“ und die internationale Menschenrechtsorganisation „FIAN“ in Genf<br />
vorgelegt haben, ist bei den Ver<strong>ein</strong>ten Nationen auf große Resonanz gestoßen. Der Bericht wurde<br />
am Rande der Sitzung der Menschenrechtskommission in Genf den Sonderberichterstattern der<br />
Ver<strong>ein</strong>ten Nationen zum Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, und zum Recht auf angemessenes Wohnen,<br />
Miloon Kothari übergeben.<br />
Beide Sonderberichterstatter hoben die große Bedeutung von solchen Berichten zivilgesellschaftlicher<br />
Organisationen hervor. Ziegler wird den Bericht an die indische Regierung mit der<br />
Bitte um Stellungnahme weiterleiten. Beide Sonderberichterstatter wollen die Informationen in<br />
ihrer weiteren Arbeit verwenden.<br />
Der Untersuchungsbericht schildert die Ergebnisse <strong>ein</strong>er Recherchereise in Indien, bei der<br />
zahlreiche Verstöße gegen das Recht auf <strong>Wasser</strong> dokumentiert und analysiert wurden. Dazu zählt<br />
unter anderem die Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung in Neu Delhi, die Auswirkungen des Bauxitabbaus<br />
auf die <strong>Wasser</strong>versorgung in Orissa sowie die Gefährdung des Trinkwassers durch industrielle<br />
Produktionsanlagen.<br />
Gem<strong>ein</strong>sam mit „Brot für die Welt“ und FIAN machten Ziegler und Kothari deutlich, dass das<br />
Engagement für das Recht auf <strong>Wasser</strong> gestärkt werden muss. Zentrales Instrument hierfür ist der<br />
Kommentar zum Recht auf <strong>Wasser</strong>, den das UN-Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle<br />
Rechte im November 2002 angenommen hat. Die Untersuchungsmission von „Brot für die Welt“<br />
und FIAN hatte ihn als Grundlage für ihre Dokumentation benutzt.<br />
Aufgaben<br />
• Wie wird die eigene Lobby-Arbeit von den<br />
beiden Organisationen <strong>ein</strong>geschätzt?<br />
• Welche Rolle spielt dabei der UN-Kommentar<br />
zum Recht auf <strong>Wasser</strong>?<br />
• Welche Wirkung könnte es ihrer M<strong>ein</strong>ung<br />
nach haben, wenn die indische Regierung<br />
gezwungen ist, gegenüber den Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen <strong>ein</strong>e Stellungnahme zu den<br />
erwähnten Menschenrechtsverletzungen<br />
abzugeben?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 5<br />
Das Menschenrecht<br />
auf <strong>Wasser</strong><br />
fi nanzieren<br />
43<br />
Auszug aus dem Bericht<br />
der Enquetekommission<br />
Globalisierung<br />
Deutscher Bundestag <strong>–</strong><br />
14. Wahlperiode Drucksache<br />
14/9200<br />
7.5 <strong>Wasser</strong><br />
7.5.1 Hintergrund und Herausforderungen (…)<br />
Grundversorgung mit sauberem <strong>Wasser</strong><br />
Um die Ziele der Armuts-Halbierung und der<br />
Halbierung des Anteils derjenigen, die hungern<br />
und k<strong>ein</strong>en ausreichenden Zugang zu Trinkwasser<br />
haben (Ziel der Millenniums-Deklaration 2000) zu<br />
erreichen, muss bis 2015 weiteren 1,6 Milliarden<br />
Menschen Zugang zu ausreichender <strong>Wasser</strong>-Infrastruktur<br />
und -Diensten verschafft werden. (…)<br />
„Prioritäre Ziele der internationalen Umwelt- und<br />
Entwicklungspolitik sollten die Sicherstellung<br />
<strong>ein</strong>er Grundversorgung mit <strong>Wasser</strong> sowie die<br />
Konkretisierung <strong>ein</strong>es Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
s<strong>ein</strong>. (…)<br />
Die derzeitig <strong>ein</strong>gesetzten Finanzressourcen<br />
sind zur Erreichung der oben genannten Ziele<br />
nicht ausreichend. Schätzungen der Investitionen,<br />
die für <strong>ein</strong>e erforderliche <strong>Wasser</strong>-Infrastruktur<br />
notwendig sind, gehen bis zu 180Milliarden<br />
US-Dollar jährlich. … All<strong>ein</strong> für die Befriedigung<br />
der Grundbedürfnisse nach <strong>Wasser</strong> sind 20 Milliarden<br />
US-Dollar nötig, verglichen mit <strong>ein</strong>em<br />
heutigen Niveau von 10 Milliarden US-Dollar .<br />
Allerdings wird die Basis dieser Schätzungen<br />
auch in Zweifel gezogen, insofern sie auf den<br />
Lösungskonzepten und Kostenkalkulationen der<br />
<strong>Wasser</strong>konzerne beruhen und die Option kostengünstigerer<br />
Lösungen nicht in Betracht ziehen.<br />
„Auf dem Weltsozialgipfel 1995 <strong>ein</strong>igte sich<br />
die Staatengem<strong>ein</strong>schaft auf das 20:20-Ziel.<br />
Hiernach sollen jeweils 20% der offi ziellen Entwicklungsleistungen<br />
der Geberländer und 20%<br />
des nationalen Budgets der Empfängerländer für<br />
soziale Grunddienste (Trinkwasser und Sanitäranlagen,<br />
Basisgesundheitsdienste <strong>ein</strong>schließlich<br />
reproduktiver Gesundheitsversorgung, Grundbildung,<br />
Beseitigung der Mangelernährung bei<br />
Kindern und Müttern) aufgewendet werden. Die<br />
aktuellen Zahlen auf beiden Seiten verfehlen<br />
diese Vorgabe deutlich. So liegt der Durchschnitt<br />
auf Geberseite derzeit bei rund 11% der gesamten<br />
Leistungen“ … Allerdings werden auch<br />
in Deutschland nur 12 Prozent der gesamten<br />
ODA für soziale Grunddienste <strong>–</strong> unter denen die<br />
Versorgung mit Trinkwasser und Sanitäranlagen<br />
ohne Zweifel essenziell ist <strong>–</strong> aufgewendet. (…)<br />
„Der immense Investitionsbedarf, den die<br />
Weltbank mit jährlich 60 Milliarden US-Dollar<br />
veranschlagt, ist <strong>ein</strong> zentrales Argument für die<br />
Beteiligung des privaten Sektors: Nur so seien<br />
die erforderlichen Mittel aufzubringen. Diese<br />
Schätzungen basieren jedoch weitgehend auf<br />
den Lösungskonzepten, Kostenkalkulationen und<br />
Gewinnerwartungen der ‚Global Players‘ selbst.<br />
Damit nimmt die Argumentation der Weltbank ihr<br />
Ergebnis implizit vorweg. Und der Blick auf die<br />
Alternative, nämlich Lösungen und damit Akteure<br />
zu suchen, die kostengünstiger sind, wird damit<br />
verstellt“. (2.640 Zeichen)<br />
Aufgabe<br />
Untersuchen Sie den Text daraufhin, welche der<br />
Informationen am wichtigsten sind. Kennzeichnen<br />
Sie die entsprechenden Textstellen mit Ziffern<br />
nach ihrer Relevanz.<br />
Bitte schreiben Sie dann auf der Grundlage des<br />
obigen Berichtes <strong>ein</strong>e Zeitungsmeldung von ca.<br />
800 Zeichen, in der die wichtigsten Informationen<br />
in der entsprechenden Reihenfolge enthalten<br />
sind.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 6<br />
Anstrengungen<br />
im <strong>Wasser</strong>bereich<br />
von Südafrika<br />
und Namibia<br />
44<br />
Zum Beispiel Südafrika<br />
In Südafrika sind die <strong>Wasser</strong>vorräte zwar nicht<br />
so knapp wie in Namibia, jedoch sind die Bevölkerungszahl<br />
und der Verbrauch höher, so dass<br />
<strong>Wasser</strong>mangel herrscht. Obwohl Südafrika das<br />
reichste Land im Südlichen <strong>Afrika</strong> ist, herrscht<br />
dort viel Armut: 14,5% der Bevölkerung hat dort<br />
weniger als 2$ pro Tag zur Verfügung. 14% der<br />
Bevölkerung war im Jahr 2001 noch ohne Zugang<br />
zu mindestens 25 Litern sauberem Trinkwasser im<br />
Umkreis von 1000 Metern. Doch auch hier war die<br />
Regierung nicht untätig. Das Recht auf <strong>Wasser</strong><br />
wurde in der Verfassung verankert. Seit Ende der<br />
Apartheid 1994 bis Mitte 2004 ist die Anzahl der<br />
Menschen ohne Zugang zu 25 Litern <strong>Wasser</strong> im<br />
Umkreis von 200 Metern (nationale Vorgabe) von<br />
15 Millionen Menschen auf 5 Millionen gesenkt<br />
worden. Seit dem Jahr 2000 haben außerdem<br />
alle Haushalte Anspruch auf die kostenlose Lieferung<br />
des Mindestbedarfs von 25 Litern pro Person.<br />
Der Staat fi nanziert dies über Steuern. Allerdings<br />
hapert es mit der Umsetzung: Im August<br />
2003 erhielten erst 42% der Armen tatsächlich<br />
kostenlose 25 Liter am Tag.<br />
Zum Beispiel Namibia<br />
<strong>Wasser</strong> ist knapp in Namibia. Es ist das trockenste<br />
Land im Südlichen <strong>Afrika</strong>. Namibia ist auch arm.<br />
Über 55 % der Bevölkerung in Namibia haben <strong>ein</strong><br />
Einkommen von unter 2 $ pro Tag. 23% der Bevölkerung<br />
waren im Jahr 2001 noch ohne Zugang<br />
zu mindestens 20 Liter sauberem Trinkwasser<br />
im Umkreis von 1.000 Metern. Doch die Regierung<br />
war nicht untätig. Seit der Unabhängigkeit<br />
hat die Namibische Regierung bemerkenswerte<br />
Anstrengungen unternommen, um über 6.000<br />
<strong>Wasser</strong>stellen vor allem in den zuvor vernachlässigten<br />
Regionen zu schaffen. Heute gibt es dort<br />
sauberes und sicheres <strong>Wasser</strong> für mehr als <strong>ein</strong>e<br />
Millionen Menschen <strong>–</strong> allerdings innerhalb <strong>ein</strong>er<br />
Entfernung von zwei<strong>ein</strong>halb Kilometern. Vor<br />
1990 waren dort jedoch nur 50.000 Menschen<br />
versorgt.<br />
(Quellen: Vulamanzi! Fallbeispiele aus Südafrika,<br />
Namibia und Deutschland, Hg. <strong>Koordination</strong><br />
Südliche <strong>Afrika</strong> (KOSA) Bielefeld 2004. Das<br />
Gold der Zukunft, Nachhaltige <strong>Wasser</strong>nutzung<br />
im Südlichen <strong>Afrika</strong> und in Deutschland, KOSA,<br />
Bielefeld 2003. Bericht über die menschliche<br />
Entwicklung 2003, UNDP, Deutsche Gesellschaft für<br />
die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen, Berlin 2003)<br />
Aufgabe<br />
Vergleichen und deuten Sie die Anstrengungen<br />
und Erfolge dieser beiden Staaten im Bemühen,<br />
das Menschenrecht auf <strong>Wasser</strong> zu verwirklichen<br />
aufgrund der oben genannten Fakten. Welchen<br />
zusätzlichen Handlungsbedarf erkennen Sie<br />
jeweils?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 7<br />
Öffentliche Güter?<br />
45<br />
Ist Bildung <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />
Besteht <strong>ein</strong>e Rivalität im Konsum?<br />
Ist es technisch möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist es ökonomisch sinnvoll, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist es sozial vertretbar, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist <strong>ein</strong>e nationale Armee <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />
Besteht <strong>ein</strong>e Rivalität im Konsum?<br />
Ist es technisch möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist es ökonomisch sinnvoll, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist es sozial vertretbar, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong>?<br />
Besteht <strong>ein</strong>e Rivalität im Konsum?<br />
Ist es technisch möglich, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist es ökonomisch sinnvoll, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Ist es sozial vertretbar, jemanden von der Nutzung auszuschließen?<br />
Aufgabe<br />
Entscheiden Sie anhand der Kriterien, ob die<br />
jeweiligen Güter <strong>ein</strong> öffentliches <strong>Gut</strong> sind und<br />
kreuzen Sie entsprechend „ja“ oder „n<strong>ein</strong>“ an.<br />
ja n<strong>ein</strong><br />
ja n<strong>ein</strong><br />
ja n<strong>ein</strong><br />
Fällen Sie jeweils <strong>ein</strong> abschließendes Urteil und<br />
begründen Sie dieses kurz. Was spricht jeweils<br />
dafür und was dagegen.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 8 Gruppenarbeit<br />
Knappes <strong>Gut</strong> <strong>–</strong><br />
arme Bevölkerung:<br />
46<br />
Sauberes Trinkwasser ist <strong>ein</strong> knappes, zumindest<br />
<strong>ein</strong> endliches natürliches <strong>Gut</strong>, das sparsam genutzt<br />
werden sollte. „Wenn <strong>Wasser</strong> nichts kostet,<br />
wird es verschwendet“, lautet <strong>ein</strong>e These.<br />
Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitglied in <strong>ein</strong>em<br />
parlamentarischen Ausschuss in <strong>Afrika</strong>. Das Parlament<br />
hat den Ausschuss beauftragt, <strong>ein</strong> Instrument<br />
zu fi nden, das gewährleistet, dass <strong>Wasser</strong><br />
sparsam verwendet wird. Doch mehr als die Hälfte<br />
der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze.<br />
Ein funktionierendes Sozialsystem existiert nicht.<br />
Der armen Bevölkerung soll der Zugang zu <strong>Wasser</strong><br />
nicht verwehrt werden. Überlegen Sie gem<strong>ein</strong>sam,<br />
welches Instrument der Regulierung das<br />
beste Ergebnis hätte.<br />
Art der Regulierung<br />
Es wird <strong>ein</strong> Preis erhoben, der alle Kosten für<br />
die Bereitstellung des <strong>Wasser</strong>s <strong>ein</strong>schließt,<br />
und den alle Bürger zahlen müssen<br />
Der Preis liegt über den Kosten der Bereitstellung.<br />
Mit dem Gewinn wird die unentgeltliche<br />
Abgabe der absolut lebensnotwendigen<br />
Menge für alle Bürger fi nanziert.<br />
Der Staat fi nanziert die <strong>Wasser</strong>≠versorgung<br />
komplett über Steuern. Es wird jedoch pro<br />
Verbraucher nur <strong>ein</strong>e Menge zugeteilt, die<br />
<strong>ein</strong>e sparsame Nutzung voraussetzt. Wer<br />
mehr verbraucht, muss sehr hohe Kosten<br />
tragen.<br />
Der Staat fi nanziert die gesamte <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
über Steuern. Eine Aufklärungskampagne<br />
informiert die Bevölkerung über die<br />
Notwendigkeit sparsam mit dem knappen<br />
<strong>Gut</strong> <strong>Wasser</strong> umzugehen.<br />
Aufgabe<br />
Diskutieren Sie in der Gruppe, welche Form der<br />
Regulierung (oder welche Mischform) Sie nach<br />
Abwägung der verschiedenen Auswirkungen wäh-<br />
Auswirkung auf die<br />
verbrauchte<br />
<strong>Wasser</strong>menge<br />
Soziale<br />
Auswirkungen<br />
len würden? Oder haben Sie noch andere Ideen?<br />
Begründen Sie Ihre Lösung in <strong>ein</strong>er kurzen Rede<br />
(1 Minute) vorm Parlament.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 9<br />
Free Basic Water<br />
47<br />
National Summary Stand: 30.06.2004<br />
Wird das Menschenrecht auf<br />
<strong>Wasser</strong> in Südafrika umgesetzt?<br />
Total Population Served By Free Basic Water<br />
Total Population<br />
Province<br />
Total served by FBW % served (Total)<br />
Western Cape 4,402,436 3,918,376 89 %<br />
Eastern Cape 7,353,937 2,838,562 39 %<br />
Northern Cape 901,405 594,682 66 %<br />
Free State 2,934,118 2,845,595 97 %<br />
KwaZulu-Natal 9,503,017 5,820,107 61 %<br />
North West 3,751,150 2,361,338 63 %<br />
Gauteng 8,362,716 8,007,114 96 %<br />
Mpumalanga 3,286,858 1,441,094 44 %<br />
Limpopo 6,057,659 2,792,139 46 %<br />
Totals 46,553,296 30,619,007 65.8 %<br />
Poor Population Served By Free Basic Water<br />
Total Poor Population<br />
Province<br />
Total served by FBW % served (Total)<br />
Western Cape 1,671,093 1,429,131 86 %<br />
Eastern Cape 5,481,547 2,219,687 40 %<br />
Northern Cape 524,831 402,316 77 %<br />
Free State 1,951,829 1,801,350 92 %<br />
KwaZulu-Natal 6,297,337 3,597,503 57 %<br />
North West 2,406,752 1,130,691 47 %<br />
Gauteng 4,055,972 3,532,075 87 %<br />
Mpumalanga 2,257,622 295,083 13 %<br />
Limpopo 4,731,809 887,260 19 %<br />
Totals 29,378,792 15,295,096 52.1 %<br />
Population with Infrastrukture Served By Free Basic Water<br />
Total Population with Infrastrukture<br />
Province<br />
Total served by FBW % served (Total)<br />
Western Cape 4,285,271 3,908,506 91 %<br />
Eastern Cape 3,913,338 2,134,753 55 %<br />
Northern Cape 810,508 586,676 72 %<br />
Free State 2,427,863 2,389,870 98 %<br />
KwaZulu-Natal 5,508,581 4,117,107 75 %<br />
North West 3,011,126 1,795,280 60 %<br />
Gauteng 7,861,897 7,764,327 99 %<br />
Mpumalanga 3,108,516 1,321,948 43 %<br />
Limpopo 4,753,579 2,327,962 49 %<br />
Totals 35,680,679 26,346,429 73.8 %<br />
Quelle: www.DWAF.gov.za/FreeBasicWater<br />
Aufgaben<br />
Rechnen Sie bitte nach und beantworten Sie<br />
folgende Fragen:<br />
1. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der armen<br />
Bevölkerung in den <strong>ein</strong>zelnen Provinzen?<br />
2. Kann man feststellen, dass dort wo die<br />
meisten Armen leben, der Anteil der Armen,<br />
die mit kostenfreiem <strong>Wasser</strong> versorgt werden,<br />
am höchsten ist?<br />
3. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der<br />
Bevölkerung mit <strong>Wasser</strong>-Infrastruktur in den<br />
<strong>ein</strong>zelnen Provinzen?<br />
4. Gibt es <strong>ein</strong>en Zusammenhang zwischen<br />
Anteil der Infrastruktur-Anschlüsse und<br />
Versorgungsgrad mit freiem <strong>Wasser</strong>?<br />
5. Kann man behaupten, die Free-Basic-<br />
Water-Initiative nütze in erster Linie den<br />
Wohlhabenden?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit II<br />
☞ MII <strong>–</strong> 10 Gruppenarbeit<br />
Global Public<br />
Goods (GPGs)?<br />
48<br />
Globale Öffentliche Güter sind solche<br />
Güter, deren Nutzen über Landesgrenzen<br />
und Regionen, Bevölkerungsgruppen und<br />
Generationen hinaus reicht.<br />
Diskutieren Sie die Fragen und beantworten Sie<br />
sie mit „ja“ oder „n<strong>ein</strong>“. Entscheiden Sie anhand<br />
der Defi nition für folgende Güter, ob es sich um<br />
<strong>ein</strong> GPG handelt?<br />
Öffentliches <strong>Gut</strong> Klimaschutz<br />
Reicht der Nutzen über<br />
Landesgrenzen hinaus?<br />
Reicht der Nutzen über<br />
Generationen hinaus?<br />
Handelt es sich um <strong>ein</strong> GPG?<br />
Schutz vor<br />
Terrorismus<br />
Internationale<br />
Finanzstabilität<br />
Zugang zu<br />
sauberem<br />
Trinkwasser<br />
Schätzen Sie danach die Aussichten dafür <strong>ein</strong>, dass es von der internationalen Gem<strong>ein</strong>schaft gewährt<br />
bzw. geschützt wird. Begründen Sie ihre Einschätzung kurz.<br />
Starke Interessen der<br />
Industrieländer?<br />
Starke Interessen der<br />
Entwicklungsländer ?<br />
Starker öffentlicher Druck?<br />
Chancen für <strong>ein</strong>e globale Kooperation zum Schutz des GPG?<br />
Klimaschutz<br />
Schutz vor<br />
Terrorismus<br />
Internationale<br />
Finanzstabilität<br />
Zugang zu<br />
sauberem<br />
Trinkwasser
Privatisierung, Globalisierung,<br />
GATS und weltweiter Widerstand<br />
Globalisierungsgut <strong>Wasser</strong><br />
Zielgruppe: Klassen 11<strong>–</strong>13<br />
Gliederung<br />
I. Privatisierung des <strong>Wasser</strong>s<br />
1. Weltweite Tendenz zur Privatisierung?<br />
2. Unterschiedliche Formen der Privatisierung<br />
3. Privatisierung des <strong>Wasser</strong>sektors in Entwicklungsländern<br />
4. Privatisierungsbeispiele: Erfolg oder Misserfolg?<br />
II. Globalisierungsgut <strong>Wasser</strong><br />
1. Was ist GATS?<br />
2. GATS, <strong>Wasser</strong>, Entwicklungsländer und die Rolle der EU<br />
3. Demokratie und GATS<br />
4. Die Rolle der Weltbank und sonstiger Geldgeber<br />
5. Weltweiter Widerstand und Forderungen der Globalisierungsgegner<br />
6. Exkurs: Flaschenwasser<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
49
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
Globalisierungsgut<br />
<strong>Wasser</strong><br />
50<br />
Themenfelder und<br />
didaktischer Hintergrund<br />
Die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen<br />
ist seit <strong>ein</strong>igen Jahren <strong>ein</strong> heftig umstrittenes<br />
Thema. Nach wie vor setzen auch viele EntwicklungspolitikerInnen,<br />
(u.a. das deutsche Bundesministerium<br />
für Wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung, Hoffnungen in die Privatwirtschaft.<br />
Sie versprechen sich Hilfe bei der Verwirklichung<br />
des Milleniumziels, die Zahl der Menschen<br />
ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser bis<br />
zum Jahr 2015 zu halbieren (siehe Einheit IV).<br />
Globalisierungsgegner bekämpfen dagegen die<br />
Privatisierung des <strong>Wasser</strong>s vehement: Das Menschenrecht<br />
auf <strong>Wasser</strong> sei bei privaten Firmen,<br />
deren erklärtes Ziel die Profi tmaximierung sei, in<br />
völlig falschen Händen.<br />
Die folgende Unterrichts<strong>ein</strong>heit versucht,<br />
den teils sehr überspitzt geführten Konfl ikt<br />
aufzugreifen und zu <strong>ein</strong>er differenzierten Betrachtungsweise<br />
anzuregen. Die Konfl iktpunkte<br />
sollen dabei nicht aufgelöst oder „weichgespült“<br />
werden, vielmehr soll <strong>ein</strong>e eigene Sicht<br />
erarbeitet und die Kritikfähigkeit der Schüler<br />
und Schülerinnen geschärft werden<br />
Zunächst wird geklärt, welche unterschiedlichen<br />
Privatisierungsformen es gibt. Die zentrale<br />
Frage ist jedoch, inwieweit Entwicklungsländer<br />
betroffen sind. Anhand von Beispielen<br />
von Privatisierungen können deren Folgen<br />
selber bewertet werden. Die übergreifende<br />
Frage ist, welche Chancen und Risiken für <strong>ein</strong>e<br />
Versorgung der Ärmsten bestehen.<br />
Schließlich wird die Globalisierung des<br />
<strong>Wasser</strong>marktes betrachtet. Hier spielen die<br />
WTO und insbesondere das Welthandelsabkommen<br />
GATS <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle. Für viele<br />
Entwicklungsländer sind auch die Strategien<br />
internationaler Finanzinstitutionen, wie der<br />
Weltbank von entscheidender Bedeutung.<br />
Schließlich wird der globale Widerstand<br />
gegen die Privatisierung vorgestellt und die<br />
Frage aufgeworfen, was die Globalisierungsgegner<br />
wollen. Hier können die bisher getroffenen<br />
Einschätzungen noch <strong>ein</strong>mal verglichen und<br />
überprüft werden.<br />
Schließlich soll noch <strong>ein</strong> kurzer Blick auf<br />
die Globalisierung des Marktes für Flaschenwasser<br />
geworfen werden.
I. Privatisierung<br />
des <strong>Wasser</strong>s<br />
1. Weltweite Tendenz zur<br />
Privatisierung?<br />
Nur rund fünf % der Weltbevölkerung, dies sind<br />
etwa 300 Millionen Menschen, beziehen ihr <strong>Wasser</strong><br />
von privaten Unternehmen (UNDP Bericht<br />
über die menschliche Entwicklung 2003). Weltweit<br />
ist die <strong>Wasser</strong>versorgung also auch heute<br />
noch ganz überwiegend <strong>ein</strong>e öffentliche Aufgabe.<br />
Sie wird vom Staat, von Kommunen oder öffentlichen<br />
Unternehmen wahrgenommen. ☞ 1<br />
Trotz der bisher relativ geringen Bedeutung<br />
privatwirtschaftlichen Engagements kann aber<br />
von <strong>ein</strong>er globalen Tendenz zur Privatisierung im<br />
<strong>Wasser</strong>bereich gesprochen werden. Nach Schätzungen<br />
der Weltbank wird der Privatisierungsgrad<br />
im <strong>Wasser</strong>bereich in den Industrieländern in den<br />
kommenden 20 Jahren auf bis zu 85% ansteigen.<br />
In den Entwicklungsländern wird jedoch nur in<br />
Lat<strong>ein</strong>amerika <strong>ein</strong> Anstieg auf 70% erwartet.<br />
In den übrigen Regionen wird der Anstieg auf<br />
maximal 20% geschätzt. Das größte <strong>Wasser</strong>unternehmen<br />
weltweit (der französische Konzern<br />
Veolia), rechnet für 2010 sogar schon mit <strong>ein</strong>em<br />
privaten Marktanteil von 60% in Lat<strong>ein</strong>amerika,<br />
von bis zu 35% in Westeuropa und <strong>Afrika</strong> und<br />
lediglich ca. 20% in Nordamerika und Asien (Bericht<br />
der Enquete-Kommission „Globalisierung<br />
der Weltwirtschaft“ 2002). ☞ 2 Auch wenn diese<br />
Zahlen mit Vorsicht zu betrachten sind, da sie<br />
wirtschaftliche Interessen widerspiegeln, so gibt<br />
die Umsatzsteigerung um 50% von Veolia in den<br />
Jahren 1998-2001(damals führte der Konzern<br />
noch den Namen Vivendi) <strong>ein</strong>en Hinweis darauf,<br />
wie dynamisch sich dieser Markt entwickelt: 14<br />
Milliarden Euro betrug der Umsatz von Vivendi im<br />
<strong>Wasser</strong>geschäft im Jahr 2001.<br />
Inzwischen ist jedoch in den Entwicklungsländern<br />
<strong>ein</strong>e Ernüchterung bezüglich der Gewinnchancen<br />
im <strong>Wasser</strong>bereich <strong>ein</strong>getreten. Zwar<br />
ist auch hier <strong>ein</strong> Anstieg privater Verträge über<br />
<strong>Wasser</strong>- und Abwasserprojekte in den 90er Jahren<br />
zu verzeichnen, jedoch ist die private Investitionsbereitschaft<br />
seit Ende der 90er Jahre wieder<br />
gesunken. Die Konzerne haben die Probleme offensichtlich<br />
unterschätzt, die bei der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
in den Ländern auftreten, in denen <strong>ein</strong><br />
Großteil der Menschen unter der Armutsgrenze<br />
lebt. Aber auch Wirtschaftskrisen, wie z.B. Mitte<br />
der 90er Jahre in Asien, haben gezeigt, dass die<br />
wirtschaftlichen Risiken von Großinvestitionen in<br />
den Ländern des Südens beträchtlich sind. Insbesondere<br />
Währungsschwankungen machen den<br />
Konzernen zu schaffen. Wurden Kredite für Investitionen<br />
in US$ aufgenommen, die Währung,<br />
in der die Einnahmen aus der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
erzielt werden, danach abgewertet, können entweder<br />
die Kredite nicht zurückgezahlt werden<br />
<strong>–</strong> oder der <strong>Wasser</strong>preis muss steigen. Dies verschärft<br />
dann wieder das Problem der mangelnden<br />
Zahlungsfähigkeit der armen Bevölkerung.<br />
2. Unterschiedliche Formen der<br />
Privatisierung<br />
Da häufi g Missverständnisse im Zusammenhang<br />
mit dem Begriff der „Privatisierung“ auftreten,<br />
soll im Folgenden <strong>ein</strong> kurzer Überblick über<br />
die verschiedenen Formen der Beteiligung der<br />
Privatwirtschaft bei der <strong>Wasser</strong>ver- und Abwasserentsorgung<br />
gegeben werden. Die vollständige<br />
Privatisierung von staatlichen Unternehmen ist<br />
im <strong>Wasser</strong>sektor eher die Ausnahme. Stattdessen<br />
gibt es <strong>ein</strong>e ganze Reihe von Beteiligungs- und<br />
Kooperationsformen, bei denen die Verantwortung<br />
zwischen öffentlichen und privaten Partnern<br />
ganz unterschiedlich verteilt ist. ☞ 3<br />
Die <strong>ein</strong>fachste Form der Beteiligung des<br />
privaten Sektors ist der Dienstleistungsvertrag.<br />
Meist handelt es sich um <strong>ein</strong>en begrenzten Auftrag,<br />
z.B. den Gebühren<strong>ein</strong>zug.<br />
Im Rahmen von Management-Verträgen<br />
verbleiben das Eigentum an den Anlagen und<br />
die Einnahmen aus <strong>Wasser</strong>gebühren bei der öffentlichen<br />
Hand. Dem privaten Betreiber werden<br />
lediglich bestimmte Aspekte des Betriebs und<br />
der Wartung des Systems für <strong>ein</strong>en begrenzten<br />
Zeitraum (meist 4<strong>–</strong>5 Jahre) übertragen. Die Bezahlung<br />
des Betreibers wird von der Erreichung<br />
der gesetzten Ziele abhängig gemacht.<br />
Etwas weiter gehen Leasing- oder Pacht-<br />
Verträge, bei denen der Betreiber über <strong>ein</strong>en<br />
längeren Zeitraum (meist 8<strong>–</strong>10 Jahre) <strong>ein</strong>en<br />
bestimmten Anteil der Betriebskosten trägt und<br />
<strong>ein</strong>en Teil der Einnahmen erhält, so dass er stärker<br />
am betrieblichen Erfolg und Risiko beteiligt<br />
wird.<br />
Konzessionen gehen noch <strong>ein</strong>en Schritt<br />
weiter. In ihrem Rahmen muss der Betreiber<br />
auch die Investitionen fi nanzieren, wofür ihm die<br />
gesamten Gebühren<strong>ein</strong>nahmen für <strong>ein</strong>en längeren<br />
Zeitraum (meist 25<strong>–</strong>30 Jahre) zugestanden<br />
werden.<br />
Eine besondere Form der Konzession für<br />
<strong>ein</strong>zelne Anlagen sind so genannte BOT-Verträge<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 1<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
recherchieren: Ist der lokale<br />
<strong>Wasser</strong>anbieter noch <strong>ein</strong><br />
öffentlicher oder bereits <strong>ein</strong><br />
(teilweise) privater Betrieb?<br />
Gibt es auf kommunaler<br />
Ebene Debatten über <strong>ein</strong>e<br />
künftige Privatisierung?<br />
☞ 2<br />
Sie fi nden den vollständigen<br />
Bericht der Enquete-Kommission<br />
„Globalisierung der<br />
Weltwirtschaft“ mit vielen<br />
Daten und Fakten auch zum<br />
Thema <strong>Wasser</strong> unter http://<br />
www.bundestag.de/gremien/<br />
welt/glob end/7 5 3 2.html<br />
☞ 3<br />
Fragen Sie die SchülerInnen,<br />
was sie unter Privatisierung<br />
verstehen und ob sie verschiedenePrivatisierungsarten<br />
kennen.<br />
51
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 4<br />
Da die Materie komplex ist,<br />
empfehlen wir, das Arbeitsblatt<br />
MIII - 1 im gem<strong>ein</strong>samen<br />
Unterrichtsgespräch auszufüllen.<br />
Die anschließende<br />
Diskussion über den Regulierungsbedarf<br />
sollte dagegen in<br />
Kl<strong>ein</strong>gruppen erfolgen.<br />
☞ 5<br />
Die Weltbank sieht das Geschäftsrisiko<br />
bei Konzessionen<br />
und BOT-Verträgen all<strong>ein</strong> beim<br />
privaten Partner. Privatisierungskritiker<br />
bestreiten dies:<br />
Konzerne haben wiederholt<br />
mit dem Ausstieg aus Verträgen<br />
gedroht, wenn ihre Geschäftserwartungen<br />
sich nicht<br />
erfüllten. Öffentliche Partner<br />
werden sehr häufi g in Nachverhandlungen<br />
zu erheblichen<br />
fi nanziellen Zugeständnissen<br />
gezwungen. Es ist daher auch<br />
hier vertretbar, von <strong>ein</strong>em<br />
geteilten Risiko zu sprechen.<br />
☞ 6<br />
Bei der Besprechung sollte<br />
deutlich werden, dass der<br />
Regulierungsbedarf in Entwicklungsländern<br />
enorm<br />
ist, da mehr als 2/3 der<br />
Verträge (Konzessionen und<br />
BOT-Verträge) den privaten<br />
Konzernen viel Verantwortung<br />
überlassen.<br />
52<br />
(Build-Operate-Transfer). In diesen Projekten<br />
steht der Betreiber in k<strong>ein</strong>em direkten Kontakt<br />
mit den Endverbrauchern, sondern er schließt<br />
<strong>ein</strong>en Vertrag mit <strong>ein</strong>em städtischen <strong>Wasser</strong>unternehmen<br />
ab, z.B. für den Bau, Betrieb und die<br />
Übergabe <strong>ein</strong>es Klärwerkes nach <strong>ein</strong>er ver<strong>ein</strong>barten<br />
Zeit (BOT).<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 1 Arbeitsblatt MIII <strong>–</strong> 1 stellt verschiedene<br />
Optionen für <strong>ein</strong>e Privatisierung dar und<br />
stellt die Frage nach <strong>ein</strong>er wirksamen Regulierung.<br />
☞ 4<br />
Option<br />
Quelle: Weltbank<br />
Eigentum<br />
der<br />
Anlagen<br />
Außer bei den Dienstleistungsverträgen übernimmt<br />
der private Betreiber mehr oder weniger<br />
die staatliche Monopolstellung. Da es unökonomisch<br />
wäre, teure Leitungssysteme doppelt<br />
zu verlegen, und die Einspeisung verschiedenen<br />
<strong>Wasser</strong>s in <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>ziges Leitungssystem mit großen<br />
Problemen verbunden ist, ist für <strong>ein</strong> Gebiet<br />
immer nur <strong>ein</strong>en Anbieter zuständig.<br />
Um <strong>ein</strong>en Missbrauch dieses Monopols zu<br />
verhindern, wird allgem<strong>ein</strong> gefordert, dass <strong>ein</strong>e<br />
funktionsfähige Kontroll- und Regulierungsbehörde<br />
vorhanden s<strong>ein</strong> muss. Diese soll den<br />
Vertrag überwachen, also dafür sorgen, dass<br />
der Betreiber s<strong>ein</strong>e zugesagten Leistungen auch<br />
erbringt. Sehr wichtig ist auch, dass sie die <strong>Wasser</strong>qualität<br />
kontrolliert und sicherstellt. Last not<br />
least soll sie dafür sorgen, dass k<strong>ein</strong>e unangemessenen<br />
Preise verlangt werden.<br />
Betrieb<br />
und<br />
Instandhaltung<br />
Sind Zielvorstellungen sozialer (z.B. Preisstaffelungen)<br />
und umweltpolitischer Art (z.B.<br />
Klärung des Abwassers) im Vertrag festgelegt<br />
worden, müssen auch diese überprüft werden.<br />
Die Frage ist jedoch, welche Sanktionsmöglichkeiten<br />
staatliche Stellen letztendlich haben,<br />
wenn Verträge nicht <strong>ein</strong>gehalten werden. Große<br />
multinationale Konzerne stehen bei Streitigkeiten<br />
oft schlecht ausgestatteten kommunalen<br />
Vertretungen gegenüber. Insbesondere in Entwicklungsländern<br />
ist das Machtgefälle eklatant.<br />
Investitionen<br />
Risiko Dauer<br />
Öffentliche Versorgung öffentlich öffentlich öffentlich unbegrenzt<br />
Dienstleistungsvertrag öffentlich<br />
öffentlich<br />
und privat<br />
öffentlich öffentlich 1-2 Jahre<br />
Managementvertrag öffentlich privat öffentlich öffentlich 3-5 Jahre<br />
Leasing/Pachtvertrag öffentlich privat öffentlich geteilt 8-15 Jahre<br />
Konzessionsvertrag öffentlich privat privat privat ☞ 5 25-30 Jahre<br />
BOT-Vertrag privat privat privat privat ☞ 5 20-30 Jahre<br />
Vollständige<br />
Privatisierung<br />
privat privat privat privat unbegrenzt<br />
Projekte mit Privatsektorbeteiligung in Entwicklungsländern<br />
mittleren + niedrigen Einkommens<br />
☞ 6<br />
34%<br />
7%<br />
3% 3%<br />
Management-<br />
14%<br />
35%<br />
4%<br />
Vertrag<br />
Leasing/Pacht-<br />
Verträge<br />
BOT-Verträge<br />
Konzessions-<br />
Verträge<br />
Teilverkäufe<br />
Voll-<br />
Privatisierung<br />
Voll-<br />
Privatisierung<br />
(Quelle: Franceys, PPI database, nach Brugger:<br />
„Stimmt die Richtung der Finanzströme im <strong>Wasser</strong>sektor?“,<br />
Hrsg.: Brot für die Welt, 2004)<br />
Als Zusatzinformation mag dienen, dass<br />
nur zehn internationale Konzerne sich über 80%<br />
dieser Verträge gesichert haben. Ein aus entwicklungspolitischer<br />
Perspektive fragwürdiger<br />
Umstand.
3. Privatisierung des <strong>Wasser</strong>sektors<br />
in Entwicklungsländern<br />
Welche Motive der Konzerne hinter den verstärkten<br />
Privatisierungsbestrebungen des vergangenen<br />
Jahrzehnts stehen, kann nur vermutet werden.<br />
Mit Sicherheit spielen aber folgende Gründe<br />
<strong>ein</strong>e Rolle:<br />
Die globale <strong>Wasser</strong>knappheit schafft Anreize<br />
für privatwirtschaftliche Unternehmen. <strong>Wasser</strong><br />
wird zum kostbaren Wirtschaftsgut, zum „Öl des<br />
21. Jahrhunderts“.<br />
Der Investitionsbedarf vor allem der Schwellen-<br />
und Entwicklungsländer, aber auch vieler osteuropäischer<br />
Staaten im <strong>Wasser</strong>sektor ist groß. Im<br />
Zeitalter der Globalisierung sind das potentielle<br />
neue Märkte für transnationale Konzerne.<br />
Der weltweite Trend zur Privatisierung und Liberalisierung<br />
trifft auf <strong>ein</strong>en Sektor, der noch zu<br />
95% in öffentlicher Hand liegt. Das verspricht<br />
<strong>ein</strong>en riesigen Wachstumsmarkt.<br />
Doch nicht nur die Privatwirtschaft, auch<br />
die Entwicklungspolitik setzt große Hoffnungen<br />
auf die Privatsektorbeteiligung. Public-privatepartnership<br />
(auch PPP) bezeichnet die staatliche<br />
Unterstützung von privat-wirtschaftlichem Engagement<br />
in den Ländern des Südens. Die Sorge<br />
der EntwicklungspolitikerInnen gilt den 1,2 Milliarden<br />
Menschen, die heute noch k<strong>ein</strong>en Zugang<br />
zu sauberem Trinkwasser haben.<br />
Zwei Argumente für die Beteiligung des privaten<br />
Sektors werden am häufi gsten angeführt.<br />
Das erste lautet:<br />
Der im <strong>Wasser</strong>bereich sehr hohe Investitionsbedarf<br />
in den Entwicklungsländern kann<br />
nicht von der öffentlichen Hand all<strong>ein</strong> auf-<br />
☞ MIII - 2 Dass angesichts der leeren öffentlichen<br />
Kassen und des hohen Investitionsbedarfes<br />
im <strong>Wasser</strong>sektor auch PolitikerInnen auf die Finanzkraft<br />
der Privatwirtschaft hoffen, ist verständlich.<br />
Nach Schätzungen der Weltbank werden<br />
heute 60-70 Milliarden US Dollar pro Jahr im<br />
<strong>Wasser</strong>sektor der Entwicklungsländer investiert.<br />
Das reicht nicht, um die Milleniumsziele, also die<br />
Halbierung der Zahl der Menschen ohne Zugang<br />
zu sauberem Trinkwasser und Abwasserentsorgung,<br />
zu erreichen.<br />
Doch wie hoch ist der zusätzliche Investitionsbedarf<br />
tatsächlich? Je höher die Schätzung<br />
dieses Investitionsbedarfs, desto offensichtlicher<br />
sch<strong>ein</strong>t die Überforderung der öffentlichen<br />
Hand, desto unumgänglicher die Beteiligung des<br />
Privatsektors. Die Zahlen müssen daher genauer<br />
betrachtet werden: Zwischen 10 und 180 Mrd.<br />
US$ liegen die Schätzungen, je nach dem was<br />
genau als Bedarf zugrunde gelegt wird <strong>–</strong> und von<br />
welchen Interessen sie geleitet wurden. Während<br />
mit zusätzlichen 10 Mrd. US$ nur die absoluten<br />
Grundbedürfnisse nach sauberem Trinkwasser<br />
gesichert werden sollen, b<strong>ein</strong>halten die 180<br />
Mrd. US$ die volle Versorgung, inklusive Bewässerungslandwirtschaft<br />
und Deckung des Industriebedarfs.<br />
Zwischen 40 und 50 Mrd. US$ sind<br />
<strong>–</strong> nach Schätzungen <strong>–</strong> zusätzlich notwendig, um<br />
die Grundbedürfnisse nach <strong>Wasser</strong>- und Abwasserversorgung<br />
mit <strong>ein</strong>fachen Techniken sicherzustellen<br />
und zudem der städtischen Bevölkerung<br />
<strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>fache Abwasserr<strong>ein</strong>igung zu gewähren.<br />
(Fritz Brugger: Stimmt die Richtung? Analyse der<br />
aktuellen Finanzströme im <strong>Wasser</strong>sektor, Hrsg.:<br />
Brot für die Welt, 2004) ☞ 7<br />
Doch so wünschenswert angesichts dieser<br />
enormen Summe die Einsetzung des privaten<br />
Reichtums wäre, es gibt erhebliche Zweifel<br />
daran, ob die private Wirtschaft tatsächlich<br />
wesentliche Investitionen im Hinblick auf die<br />
Versorgung der ärmsten Bevölkerung tätigt. Auch<br />
das Entwicklungsprogramm der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen<br />
stellt in s<strong>ein</strong>em Bericht über die menschliche<br />
Entwicklung 2003 fest: „Es ist unwahrsch<strong>ein</strong>lich,<br />
dass Privatunternehmen daran Interesse haben<br />
könnten, in Ländern mit niedrigem Einkommen<br />
die <strong>Wasser</strong>versorgung in ländlichen Gegenden<br />
bereitzustellen.“ (S. 144)<br />
Arbeitsblatt MIII - 2 stellt Fakten und Argumente<br />
zusammen und fordert die Schülerinnen<br />
auf, Stellung zu beziehen.<br />
Das zweite Argument für die Privatsektorbeteiligung<br />
lautet:<br />
gebracht werden Der Privatsektor ist effi zienter und bringe<br />
dem Verbraucher daher niedrigere Preise.<br />
Das nützt auch den Armen in den Entwicklungsländern.<br />
Das Argument, dass private Unternehmen immer<br />
effi zienter arbeiten als öffentliche Betriebe, ist<br />
nicht bewiesen. Zwar gibt es viele Beispiele maroder<br />
öffentlicher Unternehmen. Eine Ursache<br />
in Entwicklungsländern ist häufi g Finanzmangel,<br />
um notwendige Investitionen tätigen zu können.<br />
Aber auch unterbezahlte Mitarbeiter, Misswirtschaft,<br />
Korruption etc. sind Gründe. Andererseits<br />
gibt es auch viele Korruptionsfälle bei privaten<br />
Unternehmen. Entgegen der häufi gen Annahme,<br />
dass dies vor allem <strong>ein</strong> Problem der politischen<br />
Kultur in Entwicklungsländern sei, sind heute<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 7<br />
Ausführlich zum Finanzierungsbedarf:<br />
Die Studie von<br />
Fritz Brugger ist erhältlich<br />
unter: www.menschen-rechtwasser.de/downloads/3_hintergrund11-fi<br />
nanzierung.pdf<br />
53
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 8<br />
Ein ausführlicherer Artikel<br />
zum Urteil des Umweltrates ist<br />
erhältlich unter:www.instituthalbach.de/politik/Privatis/<br />
privat7.htm#euwid<br />
☞ 9<br />
Bitte machen Sie deutlich,<br />
dass die Studie zwar Anhaltspunkte<br />
für Erklärungen<br />
bietet, jedoch aufgrund der<br />
beschränkten Auswahl von<br />
Projekten k<strong>ein</strong>e endgültigen<br />
Schlüsse erlaubt.<br />
☞ 10<br />
Regen Sie anhand des Arbeitsblattes<br />
MIII - 4 <strong>ein</strong>e Diskussion<br />
unter den SchülerInnen<br />
an. Kann anhand der Fakten<br />
festgestellt werden, ob die<br />
Privatisierung in Manila eher<br />
<strong>ein</strong> Erfolg oder <strong>ein</strong> Misserfolg<br />
ist?<br />
Es kann auch <strong>ein</strong>e ergänzende<br />
Internet-Recherche angeregt<br />
werden. Die Eingabe von<br />
„Manila <strong>Wasser</strong>privatisierung“<br />
wird mit fast 100 Treffern belohnt.<br />
Besonders lohnend der<br />
Artikel: www.zeit.de/2003/<br />
35/Manila_Cancun_Teil_2<br />
☞ 11<br />
Der Film „Troubled Waters“<br />
berichtet über den Konfl ikt<br />
in Nelspruit. Er gibt die verschiedenen<br />
Perspektiven des<br />
Unternehmens, der Kommune,<br />
der Vertreter der Boykottkampagne<br />
sowie der Bewohner<br />
wieder. Der Film ist als VHS<br />
und als DVD in englischer<br />
Sprache verfügbar (evtl. ab<br />
Frühjahr 2005 auch in deutscher<br />
Sprache).<br />
Ausleihe über KOSA im<br />
Welthaus Bielefeld, Tel.<br />
0521-98648-0/-11 oder<br />
kosa@kosa.org<br />
54<br />
auch Internationale Konzerne in Korruptionsfälle<br />
verwickelt. Der Infrastruktursektor und damit<br />
auch der <strong>Wasser</strong>sektor zeigt die höchste Intensität<br />
an Korruption und Betrug auf“. Viele der<br />
weltgrößten Unternehmen sind angeklagt oder<br />
sogar verurteilt wegen Bestechung oder Korruption.<br />
(BMU / BMZ (Hrsg.), Issue Paper for the<br />
International Conference on Freshwater, Bonn<br />
2001)<br />
Auch der Sachverständigenrat Umwelt hat<br />
in s<strong>ein</strong>em <strong>Gut</strong>achten 2002 bezweifelt, „dass <strong>ein</strong>e<br />
Privatisierung beziehungsweise Liberalisierung<br />
in den Infrastrukturbereichen der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
so ausgestaltet werden kann, dass <strong>ein</strong><br />
hinreichend hohes Ausmaß an Wettbewerb und<br />
Effi zienz gewährleistet ist. ☞ 8<br />
Welche Ergebnisse <strong>ein</strong> öffentliches Unternehmen<br />
im Vergleich zu <strong>ein</strong>em privaten erbringt,<br />
wenn die fi nanzielle Unterstützung für beide<br />
gleich ist, ist noch ungenügend untersucht. Einen<br />
Anhaltspunkt bietet <strong>ein</strong>e Untersuchung der<br />
Evaluationsabteilung der Weltbank, die 304 von<br />
der Weltbank geförderte <strong>Wasser</strong>projekte mit und<br />
ohne Privatwirtschaftsbeteiligung untersuchte.<br />
(OED Operation and Evaluation Department<br />
World Bank 2003, Report Nr. 26443, Effi cient,<br />
Sustainable Service for All?) Kriterien waren die<br />
Ausweitung der <strong>Wasser</strong>- und Abwasseranschlüsse,<br />
die Effi zienz und die Nachhaltigkeit.<br />
☞ MIII - 3 In Arbeitsblatt MIII - 3 werden die<br />
Ergebnisse der Studie dargestellt. Ergebnis: Die<br />
Erfolge bei der Ausweitung der Anschlüsse und<br />
bei der Effi zienz waren annähernd gleich. Es<br />
lassen sich k<strong>ein</strong>e aussagekräftigen Unterschiede<br />
ausmachen. Bei der Nachhaltigkeit lagen die<br />
r<strong>ein</strong> öffentlichen Unternehmen dagegen bei der<br />
Klärung der Abwässer deutlich vorn. Zur Frage<br />
nach den vermuteten Gründen: Im Bereich der<br />
Abwasserklärung lassen sich trotz großer Investitionen<br />
nur langfristig Gewinne erzielen. Der Nutzen<br />
für öffentliche Gesundheit und ökologisches<br />
Gleichgewicht ist jedoch enorm. <strong>Wasser</strong>verluste<br />
im Leitungssystem zu minimieren, erspart erhebliche<br />
Kosten. Hier lassen sich kurzfristig Gewinne<br />
erhöhen. ☞ 9<br />
4. Privatisierungsbeispiele:<br />
Erfolg oder Misserfolg?<br />
Privatisierungen der Trinkwasserversorgung können<br />
jedoch Erfolge aufweisen. So würdigt die UN-<br />
DP in ihrem durchaus kritischen Bericht über die<br />
menschliche Entwicklung 2003 die Erfolge privatöffentlicher<br />
Kooperation bei der Verbesserung<br />
der <strong>Wasser</strong>qualität in Südafrika. Privatisierungen<br />
können Erfolge haben, wenn der politische Wille<br />
zur Regulierung vorhanden ist und dieser auch<br />
durchgesetzt werden kann. (UNDP Bericht über<br />
die menschliche Entwicklung 2003, S. 145f) So<br />
wurde in Bolivien <strong>ein</strong>e Konzession für La Paz und<br />
El Alto an das Unternehmen vergeben, das versprach,<br />
den meisten Menschen neue Anschlüsse<br />
<strong>ein</strong>zurichten. Sogar <strong>ein</strong>e Erhöhung der <strong>Wasser</strong>gebühren,<br />
die meist mit <strong>ein</strong>er Privatisierung<br />
verbunden ist, kann durch Subventionierung für<br />
die Armen ausgeglichen werden. So wurde in<br />
Chile sichergestellt, dass k<strong>ein</strong> Haushalt mehr als<br />
5% s<strong>ein</strong>es Einkommens für <strong>Wasser</strong> zahlen muss.<br />
Länder, in denen die <strong>Wasser</strong>versorgung vor der<br />
Privatisierung befriedigend war, bleiben oft auch<br />
danach auf gutem Niveau. Eine funktionierende<br />
Regulierungsbehörde ist jedoch immer unverzichtbar.<br />
Die Voraussetzungen für erfolgreiche Privatisierungen<br />
sind jedoch gerade in Entwicklungsländern<br />
nur selten gegeben. Regulierungsbehörden<br />
sind hier meist schwach und soziale Netze<br />
kaum oder sogar gar nicht entwickelt.<br />
Die Frage, ob <strong>ein</strong>e Privatisierung als Erfolg<br />
oder Misserfolg zu bewerten ist, wird oft kontrovers<br />
diskutiert. ☞ MIII-4<br />
Sie ist auch nicht <strong>ein</strong>fach zu beantworten,<br />
wie das Beispiel Manila zeigt. Arbeitsblatt<br />
MIII - 4 beschreibt <strong>ein</strong>ige Fakten über die Privatisierung<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung in Manila. Es wird<br />
deutlich, dass sowohl Erfolge als auch Misserfolge<br />
zu verzeichnen sind. ☞ 10<br />
In Südafrika hat vor allem der Fall Nelspruit<br />
Aufsehen erregt. 1999 vergab die Kommune<br />
Nelspruit <strong>ein</strong>en Konzessionsvertrag mit<br />
<strong>ein</strong>er Laufzeit von 30 Jahren an den britischen<br />
Konzern BiWater. Doch trotz <strong>ein</strong>es gut ausgehandelten<br />
Vertrages wurden die Investitionen<br />
in Neuanschlüsse in den armen Stadtteilen bald<br />
gestoppt. Die Firma weigerte sich weiterhin zu<br />
investieren, denn nur ca. <strong>ein</strong> Drittel der Menschen<br />
in Nelspruit zahlten ihre <strong>Wasser</strong>rechnungen.<br />
BiWater drehte den säumigen Zahlern das<br />
<strong>Wasser</strong> ab. Illegale Anschlüsse wurden daraufhin<br />
in großer Anzahl installiert. Seitdem schwelt in<br />
Nelspruit der Konfl ikt um die <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />
☞ 11 Die Firma macht Verluste. Die ohnehin<br />
arme Kommune muss auf Teile der vertraglich<br />
festgelegten Konzessionsabgabe verzichten, um<br />
das Unternehmen zu halten. Die armen Bewohner<br />
der Gem<strong>ein</strong>de bekommen weiterhin k<strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>anschlüsse.<br />
Über die Gründe des Scheiterns wird<br />
gestritten. Die Vertreter der Kommune und die<br />
Firma machen die Initiatoren der Zahlungsboykottkampagne<br />
verantwortlich. Diese hätten die<br />
Bevölkerung gegen ihr eigenes Interesse aufgewiegelt.<br />
Studien kommen zum Ergebnis, dass die
Bewohner der Gem<strong>ein</strong>de schlicht zu arm sind, um<br />
die <strong>Wasser</strong>rechnungen zahlen zu können.<br />
☞ MIII - 5a und 5b Die Arbeitsblätter geben<br />
die Zusammenfassung der Ergebnisse <strong>ein</strong>er Studie<br />
wieder, welche die Ursachen des Scheiterns<br />
in Nelspruit beleuchtet. ☞ 12 Während die<br />
englische Fassung des Arbeitsblattes auf das<br />
Verstehen der Sinnzusammenhänge ausgerichtet<br />
ist, und die Beantwortung konkreter Fragen als<br />
Aufgabe stellt, ist die Aufgabe der deutschen<br />
Fassung offener gehalten, gibt den SchülerInnen<br />
daher größere Interpretationsspielräume.<br />
II. Globalisierungsgut<br />
<strong>Wasser</strong><br />
1. Was ist GATS?<br />
Derzeit werden wichtige Weichenstellungen<br />
für die Versorgung aller Menschen mit lebenswichtigen<br />
Gütern wie Bildung, Gesundheit und<br />
eben auch <strong>Wasser</strong>versorgung etc. verhandelt.<br />
Die Welthandelsorganisation WTO (World Trade<br />
Organisation) treibt die Verhandlungen über das<br />
so genannte GATS-Abkommen voran. Die vier<br />
Buchstaben GATS stehen für „General Agreement<br />
on Trade in Services“. Dieses Abkommen wurde<br />
von der Welthandelsorganisation WTO 1995<br />
geschlossen. Erstmals gelten seitdem weltweit<br />
verbindliche Regeln für den globalen Handel mit<br />
Dienstleistungen.<br />
Das Dienstleistungs-Abkommen GATS stützt<br />
sich auf dieselben Grundprinzipien, die für den<br />
Handel mit Waren festgelegt wurden. Diese Prinzipien<br />
betreffen den Marktzugang, die Inländerbehandlung<br />
und die Meistbegünstigung.<br />
Marktzugang: Handelshemmnisse sollen<br />
beseitigt und der <strong>ein</strong>heimische Markt soll für ausländische<br />
Anbieter geöffnet werden. Regierungen<br />
müssen nachweisen dass alle getroffenen Maßnahmen<br />
und Regulierungen „die am wenigsten<br />
handelsverzerrende Option darstellen“ (Notwendigkeitsklausel,<br />
Art. VI, GATS)<br />
Im weltweiten Handel mit Dienstleistungen<br />
können so private Unternehmen staatliche Regulierungen<br />
als Handelshemmnisse vor der WTO in<br />
Frage stellen. Subventioniert <strong>ein</strong> Staat z.B. die<br />
öffentliche <strong>Wasser</strong>versorgung, um der armen Bevölkerung<br />
den Zugang zu <strong>Wasser</strong> zu erleichtern,<br />
so könnte dieser Staat von privaten Konzernen<br />
vor der WTO verklagt werden <strong>–</strong> es sei denn, das<br />
private Unternehmen wird ebenfalls subventio-<br />
niert. Auch arbeitsrechtliche Regelungen werden<br />
nach GATS-Logik zu „wettbewerbsschädlichen<br />
Kosten“. Vertreter der Umweltverbände befürchten<br />
zudem die Einschränkung umweltpolitischer<br />
Regulierungen auf <strong>ein</strong> Minimum.<br />
☞ 13 + ☞ MIII <strong>–</strong> 6<br />
Die GATS-Vorstellungen gehen soweit, dass<br />
in Zukunft jede beabsichtigte staatliche Regelung,<br />
also jedes Gesetz, im Vorfeld bei der WTO<br />
angemeldet werden soll, um prüfen zu können,<br />
ob dadurch irgendwelche Handelshemmnisse<br />
entstehen könnten.<br />
Die Inländerbehandlung fordert, dass ausländische<br />
und inländische Unternehmen gleich<br />
behandelt werden müssen, also inländischen<br />
Firmen nicht bevorzugen werden dürfen. Damit<br />
verkl<strong>ein</strong>ert sich auch der Spielraum von Regierungen,<br />
Aufträge an soziale und ökologische<br />
Standards zu knüpfen.<br />
Die zwingende Gleichbehandlung von armen<br />
und reichen Ländern, die im GATS vorgesehen<br />
ist, macht entwicklungspolitische Zielsetzungen<br />
zunichte. Das GATS ebnet den Weg für <strong>ein</strong>e neue<br />
Kolonialisierungswelle. Multinationale Konzerne<br />
werden sich die Märkte in den armen Ländern<br />
aufteilen, bevor diese in der Lage sind, eigene<br />
Dienstleistungssektoren aufzubauen.<br />
Die Meistbegünstigung besagt, dass <strong>ein</strong><br />
Land die günstigsten Bedingungen, die sie <strong>ein</strong>em<br />
Dienstleistungserbringer <strong>ein</strong>es anderen Landes<br />
gewähren, auch allen anderen gewähren müssen.<br />
Der Aufbau regionaler Wirtschaftsräume, in denen<br />
sich Entwicklungsländer abseits des globalen<br />
Marktes durch gegenseitige Handelserleichterungen<br />
in ihrer Entwicklung unterstützen können,<br />
wird damit erschwert.<br />
Ausgenommen von den Verhandlungen sind<br />
„Dienstleistungen“, die „in Ausübung hoheitlicher<br />
Gewalt“ erbracht werden. Dies sind Dienste,<br />
die „weder zu kommerziellen Zwecken noch im<br />
Wettbewerb mit <strong>ein</strong>em oder mehreren Dienstleistungserbringern<br />
erbracht werden“. Dies ist nur<br />
für sehr wenige Sektoren der Fall, z.B. für Militär,<br />
Zentralbanken, Gesundheitsämter und Polizei.<br />
☞ 14<br />
Wie funktionieren die GATS-Verhandlungen?<br />
Zunächst verlangt jedes Land von anderen<br />
Ländern, bestimmte Dienstleistungssektoren<br />
dem Weltmarkt zu öffnen (Forderungen). Danach<br />
übermitteln die Länder geheim, welche Sektoren<br />
sie zu öffnen bereit sind (Angebote). Bei<br />
Unstimmigkeiten werden dann Verhandlungen<br />
in geschlossenen „Green-Room-Sitzungen“ geführt,<br />
zu denen nur wichtige Entwicklungsländer,<br />
wie Indien oder Brasilien geladen werden. Am<br />
Ende <strong>ein</strong>er Handelsrunde werden schließlich<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 12<br />
Die Studie ist als PDF-Datei<br />
verfügbar: www.cps.org.za/<br />
cps%20pdf/RR99.pdf<br />
Sie eignet sich auch zur<br />
Bearbeitung im Anschluss an<br />
den oben empfohlenen Film<br />
„Troubled Waters“.<br />
☞ 13<br />
Arbeitsblatt MIII - 6 stellt<br />
exemplarisch unterschiedliche<br />
Prinzipien von GATS und<br />
bisherigem deutschen Umweltrecht<br />
gegenüber.<br />
☞ 14<br />
Lassen sie die SchülerInnen<br />
nach Beispielen für solche<br />
Ausnahmen suchen: Selbst im<br />
Bereich Bildung (Privatschulen)<br />
besteht Wettbewerb.<br />
Ausgenommen, wäre nur (da<br />
hoheitliche Aufgabe) die<br />
Verleihung akademischer und<br />
staatlicher Abschlüsse.<br />
55
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 15<br />
Organisieren Sie <strong>ein</strong> Rollenspiel.<br />
Teilen Sie die Klasse<br />
auf: z.B. zwei große Industriestaaten<br />
(je 5 Personen),<br />
zwei Schwellenländer (je 2<br />
Personen) und etliche Entwicklungsländer<br />
(je 1 Person)<br />
und spielen entsprechend der<br />
GATS-Regeln Verhandlungen<br />
durch.<br />
☞ 16<br />
Durch <strong>ein</strong>e Indiskretion wurden<br />
die ansonsten geheimen<br />
Forderungen der EU <strong>ein</strong>er<br />
kanadischen NGO bekannt.<br />
Sie sind u. a. abrufbar unter:<br />
www.gatswatch.org<br />
☞ 17<br />
Ein Dossier zur derzeitigen<br />
WTO-Verhandlungsrunde<br />
(Stand Juli04) von WEED ist<br />
abzurufen unter: www2.weedonline.org/uploads/WEED_<br />
Dossier_WTOJuli2004.pdf<br />
☞ 18<br />
Der Evangelische Entwicklungsdienst,<br />
Brot für die<br />
Welt und WEED haben die<br />
Forderungen der EU analysiert.<br />
Das ausführliche Papier<br />
ist als Download verfügbar<br />
unter: www.menschenrecht-wasser.de/downloads/<br />
analyse_gats-forderungen.pdf<br />
56<br />
die noch offenen Punkte aller WTO-Abkommen<br />
(Agrarabkommen, GATS, Anti-Dumping, TRIPS)<br />
gegen<strong>ein</strong>ander ausgehandelt. Dies geschieht in<br />
<strong>ein</strong>em sehr schnellen Verhandlungsmarathon.<br />
Die Geheimverhandlungen sind in hohem Maße<br />
intransparent und werden nicht mit den Nationalparlamenten<br />
abgestimmt. ☞ 15<br />
Ziel der WTO ist es, durch immer neue<br />
Verhandlungsrunden, den weltweiten Handel<br />
zu erleichtern, indem Handelshemmnisse mehr<br />
und mehr beseitigt werden. Seit dem Jahr 2000<br />
laufen Neuverhandlungen über den Handel mit<br />
Dienstleistungen. Diese sollten bis 2005 abgeschlossen<br />
s<strong>ein</strong>. Doch die Verhandlungen verzögern<br />
sich. Anfang 2004 hatten erst 38 Länder<br />
ihre Angebote überhaupt <strong>ein</strong>gereicht. Experten<br />
rechnen mit <strong>ein</strong>em Abschluss der derzeitigen<br />
GATS-Handelsrunde frühestens im Jahr 2007.<br />
Die Europäische Kommission führt die Verhandlungen<br />
für alle EU-Staaten. Zuständig für<br />
die dortige Vertretung der deutschen Interessen<br />
sind Beamte des Bundeswirtschaftsministeriums.<br />
Der Bundestag hat während der Verhandlungen<br />
k<strong>ein</strong>en Einfl uss, stimmt nach deren Abschluss<br />
über die GATS-Ergebnisse jedoch als Paket ab.<br />
2. GATS, <strong>Wasser</strong>, Entwicklungsländer<br />
und die Rolle der EU<br />
Die Europäische Union forderte von 72 Staaten,<br />
darunter 65 Entwicklungsländer, die radikale<br />
Öffnung ihrer <strong>Wasser</strong>märkte. ☞ 16 Die EU selbst<br />
hat k<strong>ein</strong> Angebot in diesem Bereich unterbreitet.<br />
Trotzdem spielt sie <strong>ein</strong>e bedeutende und aggressive<br />
Rolle innerhalb der GATS-Verhandlungen um<br />
den <strong>Wasser</strong>bereich. Als Standort der größten<br />
<strong>Wasser</strong>konzerne ist die EU die treibende Kraft<br />
bei der Liberalisierung des <strong>Wasser</strong>sektors durch<br />
GATS. In der Zusammenfassung ihrer Forderungen<br />
an die WTO-Staaten bezeichnet die EU „Umweltdienstleistungen“<br />
wie die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
als „Schlüsselsektoren für die EU“. ☞ 17<br />
Zwar fallen grundsätzlich alle Dienstleistungen<br />
unter das GATS. In der Praxis werden die<br />
Verhandlungen jedoch anhand <strong>ein</strong>er Liste zu verhandelnder<br />
Dienstleistungen geführt, die zwölf<br />
Dienstleistungssektoren mit 155 Subsektoren<br />
enthält. Bisher fehlt die <strong>Wasser</strong>versorgung in<br />
dieser Liste. Noch k<strong>ein</strong> Land ist Verpfl ichtungen<br />
im Bereich Trinkwasser <strong>ein</strong>gegangen. Die EU-<br />
Kommission hat daher bei der WTO den Vorschlag<br />
<strong>ein</strong>gebracht, den Sektor Umweltdienstleistungen<br />
weiter aufzufächern und <strong>ein</strong>en Subsektor „<strong>Wasser</strong><br />
für menschlichen Gebrauch und Abwassermanagement“<br />
<strong>ein</strong>zufügen. Dieser soll neben der<br />
Klärung von Abwässern auch Sammlung, R<strong>ein</strong>igung<br />
und Vertrieb von Trinkwasser b<strong>ein</strong>halten.<br />
Wenn Länder sich in der laufenden GATS-Runde<br />
dem Druck der Europäischen Union beugen und<br />
Liberalisierungsverpfl ichtungen im <strong>Wasser</strong>sektor<br />
übernehmen, wird auch die <strong>Wasser</strong>versorgung als<br />
Teil der GATS-Verhandlungen allgem<strong>ein</strong> etabliert.<br />
Die Aufnahme der <strong>Wasser</strong>versorgung in den zu<br />
verhandelnden GATS-Katalog wurde noch nicht<br />
offi ziell angenommen und stieß bei vielen WTO-<br />
Mitgliedern auf Kritik. Dennoch hat die EU mit<br />
ihren Forderungen den Trinkwasserbereich auf die<br />
Agenda der GATS-Verhandlungen gesetzt. ☞ 18<br />
Die Entwicklungsländer wollten k<strong>ein</strong>e<br />
neuen Liberalisierungsrunden innerhalb der<br />
WTO. Sie wurden von den Industrieländern durch<br />
Versprechungen, ihnen Verbesserungen im Agrar-Handel<br />
<strong>ein</strong>zuräumen, dazu gedrängt. In den<br />
meisten Dienstleistungssektoren haben die Entwicklungsländer<br />
im globalen Wettbewerb kaum<br />
Chancen. Auch Länder, die <strong>ein</strong>e Liberalisierung<br />
in <strong>ein</strong>zelnen Fällen zulassen, möchten dies nicht<br />
im Rahmen der GATS-Verhandlungen ver<strong>ein</strong>baren.<br />
Sie fürchten den Druck der WTO, der ihnen<br />
die politische Kontrolle entzieht. Mike Muller,<br />
Generaldirektor des südafrikanischen <strong>Wasser</strong>-<br />
Ministeriums hat wiederholt betont, wie wichtig<br />
der Unterschied zwischen <strong>ein</strong>er Entscheidung für<br />
die Beteiligung <strong>ein</strong>es multinationalen Konzerns<br />
in <strong>ein</strong>em bestimmten Fall ist und der generellen<br />
Öffnung des gesamten <strong>Wasser</strong>sektors <strong>ein</strong>es Landes<br />
durch GATS.<br />
GATS wird häufi g als entwicklungsfreundliches<br />
Abkommen bezeichnet, da es den Entwicklungsländern<br />
mehr Flexibilität erlaubt als viele<br />
andere WTO-Abkommen. So haben die Entwicklungsländer<br />
in Verhandlungen erwirkt, dass sie<br />
selbst defi nieren können, welche Dienstleistungen<br />
sie für den globalen Handel öffnen möchten<br />
<strong>–</strong> und unter welchen Bedingungen.<br />
Die Realität sieht jedoch anders aus: Entwicklungsländer<br />
haben zwar formal das Recht,<br />
selbst zu entscheiden, sie stehen in den Verhandlungen<br />
mit mächtigeren WTO-Mitgliedern<br />
jedoch unter starkem Druck. Die Tatsache, dass<br />
die Verhandlungen bilateral und geheim geführt<br />
werden, erleichtert den Industrieländern den<br />
Einsatz von Druckmitteln, wie die Aussicht auf<br />
den Verlust von Entwicklungshilfe und Handelsvergünstigungen<br />
etc.<br />
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt<br />
auch die extrem unterschiedliche Verhandlungskapazität<br />
der WTO-Mitglieder. Immerhin 20<br />
Entwicklungsländer haben k<strong>ein</strong>e ständige Vertretung<br />
bei der WTO in Genf, andere sind personell<br />
so unterbesetzt, dass sie in den Verhandlungen
kaum vorbereitet s<strong>ein</strong> können. Die reichen Länder<br />
agieren dagegen mit <strong>ein</strong>em ganzen Stab von<br />
Experten. Zudem „beraten“ Konzerne die Industrieländer.<br />
Es besteht die Befürchtung, dass als Folge<br />
des GATS im <strong>Wasser</strong>bereich staatliche Regulierungsmöglichkeiten<br />
aus der Hand gegeben werden.<br />
Insbesondere besteht die Gefahr, dass:<br />
• Preisvorgaben zum Schutz der armen<br />
Bevölkerung als Handelshemmnis beseitigt<br />
werden<br />
• andere Investitionsaufl agen, wie etwa die<br />
Versorgungspfl icht für Armenviertel, nicht<br />
mehr statthaft sind<br />
• der Gestaltungsspielraum für alternative<br />
Modelle der <strong>Wasser</strong>versorgung <strong>ein</strong>geschränkt<br />
werden (z.B. genossenschaftliche Projekte, die<br />
<strong>ein</strong>e Gem<strong>ein</strong>nützigkeit vorschreiben)<br />
• die Zunahme des Trends, dass mit dem<br />
verstärkten Engagement global agierender<br />
Konzerne lokal angepasste, technologisch<br />
wenig aufwändige, kostengünstige Alternativen<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung aus dem Blick geraten<br />
• Umweltstandards nach unten geschraubt<br />
werden<br />
• Privatisierungen endgültig nicht mehr durch<br />
Proteste der Bevölkerung rückgängig zu<br />
machen sind<br />
3. Demokratie und GATS<br />
Weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene<br />
haben die Parlamente <strong>ein</strong>en nennenswerten<br />
Einfl uss auf die GATS-Verhandlungen. Nicht nur<br />
die Zivilgesellschaft hat k<strong>ein</strong>en Anspruch auf Informationen<br />
über den Stand der Debatten, selbst<br />
ParlamentarierInnen erhalten kaum Zugang zu<br />
GATS-Dokumenten. Der deutsche Bundestag soll<br />
zwar nach Abschluss der Verhandlungen über die<br />
GATS-Ergebnisse als Paket abstimmen, auf deren<br />
Inhalt hat er jedoch kaum Einfl uss. Trotzdem hat<br />
sich der deutsche Bundestag mit Anträgen zum<br />
Thema GATS aus<strong>ein</strong>andergesetzt. Dabei wurde<br />
deutlich, dass Regierung und Parlament unterschiedliche<br />
Positionen vertreten.<br />
Das Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Arbeit tritt dagegen für <strong>ein</strong>e Liberalisierungen<br />
des <strong>Wasser</strong>sektors <strong>ein</strong>: Schon der frühere Bundesminister<br />
Werner Müller begründete die die Liberalisierungsbestrebungen<br />
mit der internationalen<br />
Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen <strong>Wasser</strong>wirtschaft.<br />
Es gehe nicht „…dass wir die Hände in<br />
den Schoß legen und die Weltmärkte und über<br />
mittlere Sicht auch den deutschen Markt all<strong>ein</strong><br />
ausländischen Unternehmen überlassen.“ (vgl.<br />
Nikolaus Geiler: Das 20-Milliarden-Euro-Spiel, Die<br />
Liberalisierung des <strong>Wasser</strong>- und Abwassermarktes,<br />
Stuttgart 2004, S. 26). Welche Positionen<br />
die deutschen Ministeriumsvertreter in dem<br />
Ausschuss der EU-Kommission vertraten, der die<br />
Forderungen der EU an die WTO verhandelte, gilt<br />
als „vertraulich“. ☞ 19<br />
Der Bundestag möchte die globale Öffnung<br />
der <strong>Wasser</strong>märkte zumindest im eigenen Land<br />
und für Entwicklungsländer <strong>ein</strong>schränken. Zwei<br />
umfangreiche Anträge wurden von den Fraktionen<br />
der SPD und der B90-Grünen 2003 gestellt<br />
und vom Bundestag mehrheitlich beschlossen.<br />
☞ MIII - 7 Arbeitblatt MIII - 7 stellt je <strong>ein</strong>en<br />
Auszug aus beiden Anträgen vor und stellt die<br />
Frage nach Demokratiedefi ziten im Verfahren<br />
der GATS-Verhandlungen. ☞ 20<br />
4. Die Rolle der Weltbank und<br />
sonstiger Geldgeber<br />
Die Weltbank ist der wichtigste öffentliche Geldgeber<br />
im <strong>Wasser</strong>sektor. Kredite zwischen 3 und<br />
3,5 Mrd. US-$ vergibt sie jährlich zur Finanzierung<br />
von <strong>Wasser</strong>projekten. Für viele verschuldete<br />
ärmere Länder ist sie der wichtigste Finanzier<br />
und größte Gläubiger. Seit Anfang der 90er Jahre<br />
folgt die Weltbank dem Trend der neoliberalen<br />
Wirtschaftspolitik und fordert gegenüber den<br />
Ländern des Südens die Privatisierung vormals<br />
öffentlicher Sektoren. Dies gilt auch für den <strong>Wasser</strong>sektor.<br />
Aufgrund ihrer Machtposition kann die Weltbank<br />
insbesondere arme, von weiteren Krediten<br />
abhängige Schuldnerländer zwingen, ihren <strong>Wasser</strong>sektor<br />
zu liberalisieren und zu privatisieren.<br />
Kredite für <strong>Wasser</strong>projekte werden nur unter<br />
bestimmten Konditionen vergeben. So fordert<br />
die Weltbank z.B. in ihrer Länderstudie für Ghana,<br />
dass die Voraussetzungen für die Beteiligung<br />
privater Investoren im <strong>Wasser</strong>sektor verbessert<br />
werden müssen. Schuldenerlass und neue Kredite<br />
wurden an Preiserhöhungen für <strong>Wasser</strong> gekoppelt,<br />
um die Privatisierung vorzubereiten. Zusammen<br />
mit dem IWF diktierte die Weltbank die vollständige<br />
Restrukturierung des <strong>Wasser</strong>sektors in<br />
Ghana. Vorgesehen ist, dass die profi table urbane<br />
Versorgung privatisiert werden soll, während die<br />
ländliche Versorgung weiterhin Staatsaufgabe<br />
bleibt. Um die ländlichen Gebiete versorgen zu<br />
können, wird Ghana bei der Weltbank <strong>ein</strong>en 80<br />
Millionen Dollar-Kredit aufnehmen müssen und<br />
damit s<strong>ein</strong>e Verschuldung erhöhen. Bereits im<br />
Mai 2001 kam es zu <strong>ein</strong>er Preiserhöhung des<br />
<strong>Wasser</strong>s um 95 %. Noch vor dem Verkauf der Was-<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 19<br />
Die Position des Wirtschaftsministeriums<br />
zur Liberalisierung<br />
der <strong>Wasser</strong>wirtschaft<br />
im Zusammengang mit dem<br />
globalen Wettbewerb fasst<br />
gut die Rede des Staatssekretärs,<br />
Dr. A. Tacke zusammen:<br />
www.bmwi.de/bmwa/<br />
generator/Navigation/<br />
Presse/reden-undstatements,did=5332.html<br />
☞ 20<br />
Die beiden Anträge sind<br />
ungekürzt als Download<br />
verfügbar unter: http://dip.<br />
bundestag.de/btd/15/005/<br />
1500576.pdf<br />
und http://dip.bundestag.<br />
de/btd/15/013/1501317.pdf<br />
57
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 21<br />
Informationen zum Fall Ghana<br />
fi nden Ihre SchülerInnen<br />
unter: www. swisscoalition.ch/<br />
deutsch/fi les/T EkDn.pdf<br />
Ein Interview ist verfügbar<br />
unter: www.menschen-rechtwasser.de/downloads/3<br />
1 1<br />
interview-kwesi-owusu.pdf<br />
Ausführliche Infos in<br />
engl. Sprache unter:<br />
www.afrol.com/News2002/<br />
gha015 water privat.htm und<br />
www.citizen.org/cmep/Water/<br />
cmep Water/reports/ghana/<br />
☞ 22<br />
Weitere Informationen zum<br />
Widerstand gegen Privatisierungen<br />
im Süden sind verfügbar<br />
unter:<br />
www.swisscoalition.ch/<br />
deutsch/fi les/T EkDn.pdf oder<br />
ausführlicher in englischer<br />
Sprache unter<br />
www.citizen.org/cmep/Water/<br />
cmep Water/reports<br />
☞ 23<br />
Eine Petition an das Internationale<br />
Zentrum zur Beilegung<br />
von Investitionsstreitigkeiten,<br />
die <strong>ein</strong>e Beteiligung der<br />
Betroffenen am Verfahren<br />
<strong>ein</strong>fordert fi nden Sie unter<br />
www.democracyctr.org/<br />
bechtel/international<br />
petition.htm<br />
☞ 24<br />
Lassen Sie die SchülerInnen<br />
recherchieren, was Globalisierungskritiker<br />
fordern und<br />
welche Mittel sie <strong>ein</strong>setzen:<br />
www.attac.de<br />
www.gerechtigkeit-jetzt.de<br />
www.weed-online.org<br />
www.menschen-rechtwasser.de<br />
www.kosa.org<br />
58<br />
serversorgung sollte <strong>ein</strong>e volle Kostendeckung<br />
erreicht werden <strong>–</strong> in <strong>ein</strong>em Land, in dem über<br />
50% der Menschen von weniger als <strong>ein</strong>em Dollar<br />
pro Tag leben. Da der Vertrag das private Unternehmen<br />
zu k<strong>ein</strong>en Investitionen verpfl ichtet,<br />
wird Ghana auch nach der Privatisierung hunderte<br />
Millionen Dollar in die Erneuerung der urbanen<br />
<strong>Wasser</strong>-Infrastruktur stecken müssen. ☞ 21<br />
Wichtige multilaterale Geber sind auch die<br />
Entwicklungsbanken Europas, Asiens, <strong>Afrika</strong>s und<br />
Lat<strong>ein</strong>amerikas. Vor allem die asiatische Entwicklungsbank<br />
engagiert sich stark im <strong>Wasser</strong>sektor.<br />
Sie alle orientieren sich mehr oder weniger an<br />
der Politik der Weltbank und deren Konditionalität<br />
für Kredite. Auch wenn nicht direkt Privatisierungen<br />
verlangt werden, so wird doch der Erhalt<br />
von Geldern der Entwicklungszusammenarbeit<br />
häufi g von Bedingungen abhängig gemacht,<br />
die in Richtung <strong>ein</strong>er Kommerzialisierung der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung in den Entwicklungsländern<br />
steuern. Eine spätere Privatisierung wird dadurch<br />
erleichtert. So ist z.B. geplant, dass der von der<br />
Europäischen Union für die Länder <strong>Afrika</strong>s und<br />
der Karibik aufgelegte <strong>Wasser</strong>fonds nur an Länder<br />
gehen soll, die <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>sektorreform vorweisen<br />
können. Auch bundesdeutsche Geber, wie<br />
etwa die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit<br />
(GTZ), die Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />
(KFW) und auch das Entwicklungshilfeministerium<br />
(BMZ), setzen auf solche Sektorreformen.<br />
5. Weltweiter Widerstand und die<br />
Forderungen der Globalisierungskritiker?<br />
Viele negative Beispiele belegen, die verheerenden<br />
Folgen, die <strong>ein</strong>e Privatisierung haben kann.<br />
Doch gerade auch im Süden engagieren sich viele<br />
Menschen mit Erfolg gegen <strong>ein</strong>e Verschlechterung<br />
ihrer Lebensbedingungen als Folge von<br />
Privatisierungen lebenswichtiger Dienstleistungen.<br />
☞ 22<br />
Als etwa in der argentinischen Provinz<br />
Tucumán der Konzern Vivendi 1993 die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
und Abwasserbeseitigung übernahm,<br />
wurden die Tarife sogleich um durchschnittlich<br />
100% erhöht. Die Betroffenen reagierten mit<br />
zivilem Ungehorsam, auch weil die <strong>Wasser</strong>qualität<br />
sich verschlechtert hatte und Keime im Leitungswasser<br />
entdeckt wurden. Ein Zahlungsboykott<br />
erreichte schließlich, dass der Verkauf 1998 rückgängig<br />
gemacht wurde. Das Unternehmen zog<br />
sich zurück, klagte aber bei der Weltbank. Diese<br />
entschied gegen das Unternehmen.<br />
Auch der Fall Cochabamba erreichte traurige<br />
Berühmtheit: Cochabamba ist die drittgrößten<br />
Stadt Boliviens. Mit dem Verkauf, des städtische<br />
<strong>Wasser</strong>unternehmens 1999 wurden die Preise für<br />
<strong>Wasser</strong> im Januar 2000 auf <strong>ein</strong>en Schlag verdoppelt.<br />
Bei <strong>ein</strong>em Durchschnitts<strong>ein</strong>kommen von 60-<br />
100 US$ pro Monat wirkte sich die Erhöhung für<br />
die ärmere Bevölkerung verheerend aus. Die <strong>Wasser</strong>rechnung<br />
verschlang bis zu 25% <strong>ein</strong>es Monatslohns.<br />
Eine Welle des Protests mündete im April<br />
2000 in <strong>ein</strong>en Volksaufstand. Die Regierung reagiert<br />
mit militärischer Gewalt. Eine Person wird<br />
erschossen, über 100 werden verletzt. Schließlich<br />
gab die Regierung nach und kündigt den Vertrag.<br />
Die <strong>Wasser</strong>versorgung ging zurück in staatliche<br />
Hände. Die Firma hat inzwischen <strong>ein</strong>en Prozess<br />
angestrengt gegen die bolivianische Regierung,<br />
von der sie 25 Millionen US Dollar Schadenersatz<br />
fordert. ☞ 23 Die Möglichkeit zu solchen Klagen<br />
besteht vor dem Internationalen Zentrum zur<br />
Lösung von Investitionsstreitigkeiten.<br />
Auch in Deutschland arbeiten viele globalisie<br />
rungskritische Gruppen zum Thema Privatisierung<br />
und Globalisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />
☞ 24 Sie haben sich teilweise zu Netzwerken<br />
zusam men geschlossen, um wie in der Kampagne<br />
„Gerechtigkeit jetzt“ ihre Kräfte zu bündeln.<br />
Besonders engagierte Kampagnenarbeit in der<br />
<strong>Wasser</strong>frage leisten Attac und „Brot für die Welt“.<br />
Der Ver<strong>ein</strong> WEED-Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung<br />
hat vor allem durch zahlreiche Studien<br />
und Arbeitspapiere viele inhaltliche Aspekte beigetragen.<br />
Der Arbeitskreis <strong>Wasser</strong> beim Forum<br />
Umwelt und Entwicklung versucht die Arbeit in<br />
Deutschland zu koordinieren. Die <strong>Koordination</strong><br />
<strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong> KOSA e.V. beschäftigen sich mit<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgung speziell im südlichen <strong>Afrika</strong>.<br />
Die Forderungen der NGO richten sich in<br />
erster Linie an die eigene Regierung. Die Hauptforderungen<br />
lauten:<br />
• Transparenz bei allen Verhandlungen und<br />
Entscheidungen<br />
• Partizipation der Zivilgesellschaft und der<br />
betroffenen Bevölkerung bei allen Planungen<br />
und Entscheidungen<br />
• Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammen<br />
arbeit im <strong>Wasser</strong>sektor<br />
• Anerkennung des Menschenrechts auf <strong>Wasser</strong><br />
• Konzentration der <strong>ein</strong>gesetzten Mittel auf die<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung der Ärmsten vor allem im<br />
ländlichen Raum<br />
• Effi zienter Einsatz der Mittel durch<br />
Bevorzugung kostengünstiger Techniken
• K<strong>ein</strong> Druck durch Geldgeber zur<br />
Privatsektorbeteiligung<br />
• Bevorzugte Unterstützung öffentlicher bzw.<br />
gem<strong>ein</strong>nütziger Lösungen<br />
• Beschränkung der Privatsektorbeteiligung auf<br />
Teilbereiche unter Aufsicht <strong>ein</strong>er effi zienten<br />
Regulierungsbehörde<br />
• K<strong>ein</strong>e Regelung für den <strong>Wasser</strong>bereich im GATS-<br />
Rahmen<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 8 Arbeitsblatt MIII <strong>–</strong> 8 zeigt zum Abschluss<br />
als Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements<br />
<strong>ein</strong>e Presseerklärung von WEED und Attac<br />
zur laufenden Welthandelrunde, in der <strong>ein</strong>ige<br />
der in dieser Unterrichts<strong>ein</strong>heit angesprochenen<br />
Themen noch <strong>ein</strong>mal angesprochen werden.<br />
6. Exkurs:<br />
Globaler Flaschenhandel<br />
Der Wettbewerb auf dem globalen <strong>Wasser</strong>markt<br />
berifft nicht nur um die Übernahme der so genannten<br />
leitungsgebundenen <strong>Wasser</strong>systeme.<br />
Auch andere transnationale Unternehmen werden<br />
im Zuge der Globalisierung im <strong>Wasser</strong>sektor ökonomisch<br />
aktiv. ☞ 25 Der Markt für Flaschenwasser<br />
in den Ländern des Südens, vor allem in<br />
den so genannten Schwellenländern boomt. Der<br />
globale Flaschenwassermarkt wird von großen<br />
Konzernen beherrscht. Nestlé, Danone, Coca-Cola<br />
und Pepsi vermarkten Flaschenwasser fast überall<br />
auf der Welt. Auch die französischen Konzerne<br />
Veolia und Suez/ONDEO, die primär im Bereich<br />
der <strong>Wasser</strong>versorgungssysteme tätig sind, vermarkten<br />
inzwischen auch Flaschenwasser. Kl<strong>ein</strong>e<br />
lokale Anbieter werden von den großen Konzernen<br />
vom Markt verdrängt oder aufgekauft. Vor<br />
allem Märkte mit <strong>ein</strong>er großen Bevölkerung sollen<br />
erobert werden, so in Indien und China.<br />
Als <strong>Wasser</strong> für die breite Bevölkerung in<br />
ärmeren Ländern hat Nestlé die Marke „Pure Life“<br />
kreiert. Sie wird in den <strong>ein</strong>zelnen Ländern abgefüllt<br />
und vermarktet. Auch bei ärmeren Schichten<br />
soll <strong>ein</strong> Markenbewussts<strong>ein</strong> geweckt werden.<br />
Mehr als 30 Millionen US$ pro Jahr werden für<br />
das Marketing dieses Produktes <strong>ein</strong>gesetzt (Flaschenwasser<br />
- der Markt boomt!, Frank Kürschner-Pelkmann,<br />
Hrsg.: Brot für die Welt, Stuttgart<br />
2003). ☞ 26<br />
In Pakistan wurde mit Seminaren zu Gesundheitsfragen,<br />
bei denen nicht direkt Werbung<br />
für „Pure Life“ betrieben wurde, die Qualität des<br />
Leitungswassers und von Flaschenwasser lokaler<br />
Anbieter aber negativ bewertet wurde. Angesichts<br />
globaler Kritik an solch fragwürdigen Formen<br />
der Werbung hat Nestlé diese Marketingform<br />
für „Pure Life“ inzwischen wieder <strong>ein</strong>gestellt.<br />
Auch in Indien besteht <strong>ein</strong> riesiger wachsender<br />
Markt für Flaschenwasser. Bisher beherrscht<br />
der indische Bisleri-Konzern das Geschäft in Indien.<br />
Angesichts der Konkurrenz der „global player“<br />
ist der Marktanteil von knapp 60% Mitte 2000<br />
auf 37,6 % im Februar 2002 gesunken. ☞ 27<br />
Flaschenwasser ist k<strong>ein</strong>e Alternative<br />
zum Leitungswasser. Flaschenwasser ist vor<br />
allem nicht nachhaltig. In den Ländern, in denen<br />
die Trinkwasserqualität unzureichend ist,<br />
erfordert die Verbesserung der Versorgung mit<br />
Leitungswasser sehr viel weniger Investitionen<br />
und laufende Kosten als die Versorgung mit Flaschenwasser.<br />
Flaschenwasser ist gerade für die<br />
ärmeren Menschen all<strong>ein</strong> wegen der hohen Preise<br />
k<strong>ein</strong>e wirkliche Alternative. Die Armen bezahlen<br />
dabei um <strong>ein</strong> Vielfaches höhere Preise als für alle<br />
anderen Formen der <strong>Wasser</strong>versorgung. Nicht<br />
nur fi nanzielle, auch ökologische Gesichtspunkte<br />
lassen den globalen Boom von Flaschenwasser<br />
fragwürdig ersch<strong>ein</strong>en. Denn das zentrale Abfüllen<br />
von Milliarden Flaschen <strong>Wasser</strong> bereiten große<br />
ökologische Probleme <strong>–</strong> zumal in Ländern, in<br />
denen <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong> knappes <strong>Gut</strong> ist.<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ 25<br />
Ein Hintergrund-Papier<br />
zum Thema Flaschenwasser<br />
ist als Download verfügbar<br />
unter: www.menschenrecht-wasser.de/downloads/3_1_5_hintergrundfl<br />
aschenwasser.pdf<br />
☞ 26<br />
Wie bewerten es ihre SchülerInnen,<br />
dass angesichts<br />
der <strong>Wasser</strong>misere in vielen<br />
ärmeren Ländern und den<br />
knappen öffentlichen Geldern<br />
Millionen für Marketing<br />
ausgegeben werden.<br />
☞ 27<br />
Fragen Sie die SchülerInnen,<br />
ob es <strong>ein</strong>en Unterschied<br />
macht, ob nationale Unternehmen<br />
oder internationale<br />
Konzerne den Flaschenmarkt<br />
in Entwicklungsländern<br />
beherrschen?<br />
59
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 1<br />
Privat oder öffentlich?<br />
60<br />
Optionen für Privatsektorbeteiligungen, Zuständigkeit und<br />
Verantwortung<br />
Option<br />
Öffentliche Versorgung<br />
Dienstleistungsvertrag<br />
Managementvertrag<br />
Leasing/Pachtvertrag<br />
Konzessionsvertrag<br />
BOT-Vertrag<br />
(Built-Operate-Transfer)<br />
Vollständige<br />
Privatisierung<br />
Eigentum<br />
der<br />
Anlagen<br />
öffentlich<br />
Betrieb<br />
und<br />
Instandhaltung<br />
öffentlich<br />
Investitionen<br />
öffentlich<br />
Geschäftsrisiko<br />
öffentlich<br />
privat privat privat privat<br />
Quelle: Weltbank; jedoch bearbeitet für Unterrichtszwecke<br />
Dauer<br />
Beteiligung<br />
der<br />
öffentlichen<br />
Hand<br />
unbegrenzt<br />
Maximum<br />
unbegrenzt<br />
Minimum<br />
Aufgabe<br />
• Bitte füllen Sie zunächst gem<strong>ein</strong>sam die Tabelle aus, indem Sie entscheiden, bei welchen der<br />
Vertragsarten das Eigentum, die Verantwortung für die genannten Aufgaben und das Risiko eher<br />
„öffentlich“ oder „privat“ bleiben. Füllen Sie auch für welche Zeiträume die Verträge in der Regel<br />
abgeschlossen werden.<br />
• Diskutieren Sie dann in der Gruppe, bei welchen Privatisierungsarten staatliche Kontrolle und<br />
Regulierung am notwendigsten sind. Vergeben Sie Ziffern von 0 <strong>–</strong> 5, wobei die 0 für k<strong>ein</strong>en Bedarf<br />
steht und die 5 für starken Regulierungsbedarf.<br />
• Diskutieren Sie dann, was staatliche Regulierungsbehörden im <strong>Wasser</strong>sektor vor allem<br />
kontrollieren sollten.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 2<br />
Wie lautet<br />
Ihre M<strong>ein</strong>ung?<br />
61<br />
Fakten und Argumente<br />
Pro oder Kontra Privatinvestitionen<br />
der Konzerne?<br />
In den Entwicklungsländern fi nanziert der öffentliche Sektor 65-70% der Infrastruktur in der<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung, Entwicklungshilfegelder fi nanzieren 10-15%, ebensoviel internationale private<br />
Unternehmen und etwa 5% die <strong>ein</strong>heimische Privatwirtschaft (World Panel on Financing<br />
Water Infrastructure, 2003).<br />
Pro: 10-15 % private Investitionen durch internationale<br />
Konzerne ist viel Geld. Immerhin<br />
schätzt die Weltbank die Gesamtinvestitionen<br />
auf 60 Mrd. US$. Durch private Investitionen<br />
fl ießt viel Geld in die <strong>Wasser</strong>versorgung der<br />
Entwicklungsländer.<br />
Kontra: Nur weil die Privatwirtschaft sich mit<br />
10-15% an der Finanzierung beteiligt, sollte<br />
man ihr die Versorgung der Bevölkerung mit <strong>ein</strong>em<br />
lebenswichtigen <strong>Gut</strong> nicht überlassen und<br />
lieber die demokratische Kontrolle über <strong>ein</strong>en<br />
lebenswichtigen Sektor verteidigen.<br />
Seit 1996 sind die Privatinvestitionen in Entwicklungsländern rückläufi g, da die Risiken offenbar<br />
zu groß und die Gewinne zu gering sind. Dort wo der größte Anteil der Menschen k<strong>ein</strong>en<br />
Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, etwa in ländlichen Regionen, besteht soundso kaum<br />
Hoffnung auf private Investoren.<br />
Pro: Dann sollte die Politik versuchen, den<br />
privaten Unternehmen zusätzliche Anreize zu<br />
geben, damit Privatinvestitionen sich wieder<br />
lohnen, z.B. durch Subventionen.<br />
Kontra: Nun sollte die Politik endlich die Wege<br />
<strong>ein</strong>schlagen, die notwendig sind, um die Armen<br />
zu versorgen. Auf k<strong>ein</strong>en Fall sollten öffentliche<br />
Gelder fl ießen, um Unternehmen Gewinne zu<br />
sichern.<br />
Auch dort, wo sich die private Wirtschaft im <strong>Wasser</strong>sektor engagiert, sind der größte Teil der<br />
investierten Gelder Kredite der Weltbank und anderer Entwicklungsbanken, es handelt sich<br />
also auch hier vorwiegend um öffentliche Gelder.<br />
Pro: Aber die Weltbank vergibt eben k<strong>ein</strong>e Kredite<br />
an öffentliche Unternehmen, wenn diese<br />
nicht kreditwürdig sind, daher muss der Weg<br />
über die Privatwirtschaft gehen.<br />
Kontra: Es muss <strong>ein</strong>e Regelung getroffen werden,<br />
damit auch fi nanzschwache Kommunen<br />
Kredite der Weltbank und der Entwicklungsbanken<br />
erhalten können.<br />
Investitionen des Privatsektors im <strong>Wasser</strong>bereich erreichen die Armen oft nicht. Die Konzerne<br />
suchen sich die „Filetstücke“ heraus und investieren in den lukrativen Metropolen der Schwellenländer.<br />
Die dort erzielten Gewinne werden nicht <strong>ein</strong>gesetzt zur Quersubventionierung unrentabler<br />
Gebiete, sondern fl ießen den Aktionären zu.<br />
Pro: Dass private Geldanleger <strong>ein</strong> Rendite haben<br />
wollen, ist nur fair.<br />
Kontra: Dass Anleger <strong>ein</strong>e Rendite erzielen,<br />
wenn Arme darunter leiden, ist unmoralisch.<br />
Werden private Investitionen mit Entwicklungshilfegeldern gefördert, fehlt das Geld für <strong>Wasser</strong>projekte<br />
in den Ländern, die es am nötigsten brauchen.<br />
Pro: Aber immerhin fl ießt mehr Geld in die großen<br />
Städte der Schwellenländer. Die Menschen<br />
dort profi tieren. Man muss die Prioritäten so<br />
setzen, dass insgesamt am meisten Geld mobilisiert<br />
wird.<br />
Kontra: Gelder der Entwicklungszusammen≠arb<br />
eit sollten mit Priorität dort <strong>ein</strong>gesetzt werden,<br />
wo die Menschen profi tieren, die unsere Unterstützung<br />
am nötigsten brauchen.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 3<br />
Private und öffentliche<br />
Unternehmen:<br />
Gibt es <strong>ein</strong>en Unterschied?<br />
62<br />
Folgende Zahlen ergaben sich bei der Überprüfung von 304 Weltbankprojekten im <strong>Wasser</strong>sektor durch<br />
die Evaluationsabteilung der Weltbank:<br />
Leistungskriterium Mit Privatsektorbeteiligung Ohne Privatsektorbeteiligung<br />
Anteil der Haushalte mit<br />
<strong>Wasser</strong>anschluss<br />
Anteil der Haushalte mit<br />
Abwasseranschluss<br />
Vor<br />
Projektbeginn<br />
„<strong>Wasser</strong> für alle“<br />
Nach<br />
Projektbeginn<br />
Vor<br />
Projektbeginn<br />
Nach<br />
Projektbeginn<br />
66% 80% 70% 86%<br />
38% 48% 32% 41%<br />
„Effi zienz der Dienstsleistung“<br />
<strong>Wasser</strong>verluste im System 53% 46% 40% 38%<br />
Zahl der Angestellten<br />
pro 1000 angeschlossene<br />
Haushalte<br />
Wirtschaftliche Nachhaltigkeit<br />
(Betriebskosten/<br />
Gebühren<strong>ein</strong>nahmen)<br />
Ökologische Nachhaltigkeit<br />
(Anteil des ger<strong>ein</strong>igten<br />
am gesamten<br />
Abwasser)<br />
8,2 4,2 7,6 4,4<br />
„Nachhaltigkeit der Dienstleistung“<br />
0.77 0.70 0.71 0.66<br />
7% 13% 9% 31%<br />
Quelle: OED (Operation and Evaluation Department, World Bank) 2003, Report Nr. 26443, Effi cient,<br />
Sustainable Service for All?<br />
Aufgaben<br />
1. Welche prozentuellen Steigerungen lassen sich bei privaten und öffentlichen Unternehmen ausmachen,<br />
bezüglich der Anschlüsse von Haushalten an <strong>Wasser</strong>ver- und Abwasserentsorgung? Sind<br />
die Unterschiede aussagekräftig?<br />
2. Die privaten Unternehmen waren erfolgreicher, die <strong>Wasser</strong>verluste im System zu verringern. Um<br />
wie viel Prozent? Ist der Unterschied aussagekräftig? Wenn ja, haben Sie <strong>ein</strong>e Vermutung, warum<br />
private Unternehmen sich hier mehr engagieren?<br />
3. Angenommen die privaten und öffentlichen Unternehmen versorgen jeweils 10 Mill. Haushalte,<br />
wie viele Arbeitsplätze gingen im Projektzeitraum bei den öffentlichen, wie viele bei den privaten<br />
verloren? Gibt es <strong>ein</strong>en relevanten Unterschied?<br />
4. Der Anteil der ger<strong>ein</strong>igten Abwässer ist bei den öffentlichen Unternehmen erheblich höher. Welche<br />
Gründe vermuten Sie?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 4<br />
Erfolg oder<br />
Misserfolg?<br />
63<br />
Das Beispiel: Manila<br />
1995 waren in der philippinischen Metropole<br />
Manila 3,6 Millionen Menschen nicht an die<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung angeschlossen. Sie waren<br />
darauf angewiesen, <strong>Wasser</strong> bei kl<strong>ein</strong>en privaten<br />
Straßenhändlern zu kaufen und gaben dafür <strong>ein</strong><br />
Vielfaches dessen aus, was diejenigen zahlten,<br />
die an <strong>ein</strong> Leitungsnetz angeschlossen waren. Mit<br />
der Privatisierung der <strong>Wasser</strong>versorgung im Jahr<br />
1997 wurden zwei Unternehmen im Konzessionsvertrag<br />
verpfl ichtet, den Großteil der Bevölkerung<br />
mit der öffentlichen <strong>Wasser</strong>versorgung zu<br />
verbinden.<br />
Innerhalb von fünf Jahren wurden tatsächlich<br />
rund zwei Millionen Menschen mehr an das<br />
System angeschlossen. Die Zahl der Neuanschlüsse<br />
stieg pro Jahr von ca. 17.000 auf 54.000.<br />
Doch die ver<strong>ein</strong>barten Zielvorgaben wurden bis<br />
Ende 2003 nicht erreicht. Auch die Berechnung<br />
der Erfolgszahlen wird bezweifelt, so dass diese<br />
möglicherweise nach unten korrigiert werden<br />
müssen. Das Ausmaß der <strong>Wasser</strong>verluste durch<br />
lecke Rohe und <strong>Wasser</strong>diebstahl hat sich im Gebiet<br />
<strong>ein</strong>er der beiden Unternehmen sogar erhöht,<br />
bei dem anderen stagnieren die Verluste. Bis zum<br />
Jahr 2003 waren in beiden Zonen die <strong>Wasser</strong>gebühren<br />
auf das Zwei- bis Fünffache angestiegen.<br />
Kinder in Manila spielen im Abfall am <strong>Wasser</strong><br />
Eine Befragung der Einwohner im Jahr 2000<br />
ergab <strong>ein</strong> gemischtes Bild: 33% fanden die Versorgung<br />
besser, 55% sahen k<strong>ein</strong>en Unterschied<br />
und 12 stellten sogar <strong>ein</strong>e Verschlechterung seit<br />
der Privatisierung fest (UNDP Bericht über die<br />
menschliche Entwicklung 2003, S. 149).<br />
Die Qualität der Versorgung wird vor allem<br />
in den Armenvierteln bemängelt. Der <strong>Wasser</strong>druck<br />
reiche nicht aus, um das Rohrsystem<br />
keimfrei zu halten. Cholera-Erkrankungen seien<br />
die Folge. Die Firma verteidigt sich: Bei dem<br />
großen Ausmaß der <strong>Wasser</strong>diebstähle durch illegale<br />
Anschlüsse sei es k<strong>ein</strong> Wunder, dass Keime<br />
ins <strong>Wasser</strong> geraten. Viele arme Haushalte ohne<br />
<strong>Wasser</strong>anschlüsse können sich jedoch das teure<br />
<strong>Wasser</strong> von privaten Händlern nicht leisten und<br />
sind angewiesen darauf, <strong>Wasser</strong> illegal zu zapfen.<br />
Aufgrund der vielen Probleme, haben die beiden<br />
Konzessionäre darum gebeten, die Konzession<br />
zurückgeben zu dürfen.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 5a<br />
Arme als Kunden?<br />
Funktioniert das?<br />
64<br />
(…)<br />
4.6 Schlussfolgerung<br />
Schwache Regulierungskapazitäten haben sicherlich<br />
zu den Problemen mit der Konzession beigetragen.<br />
Die Probleme haben jedoch ihre Wurzeln<br />
in den Mythen darüber, was markt-orientierte<br />
Lösungen der Dienstleistungsversorgung behaupten<br />
leisten zu können. Zuerst werden kommunale<br />
Verwaltungen zu der konzeptionellen Idee <strong>ein</strong>er<br />
Konzessionsvergabe verlockt mit dem Versprechen,<br />
dass der Privatsektor das wirtschaftliche<br />
Risiko bezüglich s<strong>ein</strong>er fi nanziellen Investitionen<br />
trägt. In der Praxis sind die Kommunalverwaltungen<br />
jedoch nicht davor gefeit, die fi nanzielle Last<br />
der wirtschaftlichen Risiken zu tragen, sollten<br />
die Konditionen der Ver<strong>ein</strong>barungen über die<br />
Erbringung der Dienstleistungen für den Konzessionär<br />
nicht mehr vorteilhaft s<strong>ein</strong>.<br />
Die Einführung von Konzessionen in <strong>ein</strong>er<br />
noch jungen Demokratie untergräbt den Aufbau<br />
<strong>ein</strong>er ohnehin schon schwachen lokalen Verwaltung.<br />
(…)<br />
Die Lektion, die bisher in diesem Prozess<br />
sowohl dem Konzessionär als auch der lokalen<br />
Verwaltung erteilt wurde, lautet, dass technische<br />
Lösungen die Probleme der Armut nicht lösen<br />
können. Die Bezahlung von Dienstleistungen ist<br />
nicht <strong>ein</strong>fach <strong>ein</strong>e technische Frage von klaren<br />
an die Kunden gerichteten Rechnungen und der<br />
Einrichtung von Kundenservice-Stellen in den<br />
Township-Gebieten. Die Bezahlung von Dienstleistungen<br />
ist <strong>ein</strong>e politische Frage, wenn sie<br />
die Zahlungsfähigkeit armer Menschen berührt.<br />
Die Geschichte der Apartheid und die historisch<br />
katastrophale Versorgung mit Dienstleistungen<br />
in den Townships machen verständlich, wie das<br />
Problem der Nicht-Zahlung gelöst werden könnte.<br />
Ein Beginn wäre, die Menschen in den Gem<strong>ein</strong>den<br />
in den Dienstleistungsprozess <strong>ein</strong>zubeziehen,<br />
damit sie besser verstehen, wie die Versorgung<br />
mit Dienstleistungen funktioniert, was es bedeutet<br />
<strong>ein</strong> verantwortlicher „Kunde“ zu s<strong>ein</strong>, und wie<br />
der Dienstleistungserbringer zur Verantwortung<br />
gezogen werden kann.<br />
Diese Schritte sind Teil <strong>ein</strong>er Demokratisierung<br />
der Dienstleistungen, sie müssen gesteuert<br />
werden von der kommunalen Verwaltung und den<br />
politischen Repräsentanten.<br />
Eine Konzession beansprucht <strong>ein</strong>e nützliche<br />
Versorgungsalternative für Dienstleistungen zu<br />
s<strong>ein</strong>, indem sie die dringend benötigten Finanzmittel<br />
und technisches Fachwissen anbietet<br />
<strong>–</strong> jedoch nicht auf Kosten der Aushöhlung der<br />
St eue rungsfähigkeit von kommunalen Vertretungen<br />
und indem die Fähigkeit gering verdienender<br />
Bevölkerungsgruppen unterhöhlt wird, Zugang zu<br />
<strong>Wasser</strong> zu bekommen.<br />
Hier b<strong>ein</strong>haltet die Konzession <strong>ein</strong> Paradox<br />
als Dienstleistungs-Versorgungs-Modell. Sie<br />
wurde zwar <strong>ein</strong>gerichtet, um die Bedürfnisse der<br />
Armen zu befriedigen, doch die Logik von Profi t<br />
und Effi zienz, die das Management der Konzession<br />
leitet, führt nicht zu der Geduld und Flexibilität,<br />
die die Versorgung der Armen erfordert.<br />
Außerdem ist der Management-Stil von privaten<br />
Unternehmen darauf ausgerichtet, Macht und<br />
Entscheidungsprozesse über die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
in abgeschotteten Wirtschaftunternehmen<br />
zu konzentrieren <strong>–</strong> <strong>ein</strong> Trend, der gegenläufi g zu<br />
Demokratisierungsprozessen verläuft, welche unbedingt<br />
notwendig sind, wenn Dienstleistungen<br />
in <strong>ein</strong>er sozial gerechten Weise erbracht werden<br />
sollen. Die Einschätzung, ob die Konzession <strong>ein</strong><br />
angemessenes Dienstleistungs-Versorgungs-Modell<br />
für Nelspruit ist, lautet, dass diese offensichtlich<br />
nicht geeignet ist, die Versorgung mit<br />
<strong>ein</strong>er lebenswichtigen Dienstleistung in Gebieten<br />
mit hohen Armutsraten zu gewährleisten.<br />
(Aus: Dr. Laïla Smith, Testing the limits of<br />
market-based solutions to the delivery of essential<br />
services: the Nelspruit Water Con ces sion, Centre for<br />
Policy Studies, Johannesburg 2003)<br />
Aufgabe<br />
Bitte schreiben Sie <strong>ein</strong>e kurze Zeitungsnotiz von<br />
ca. 100 Worten, in der die wichtigsten Ergebnisse<br />
der Untersuchung zusammengefasst sind.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IIII<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 5b<br />
The Poor as Customers?<br />
Does it work?<br />
65<br />
(…)<br />
4.6 Conclusion<br />
Poor regulatory capacity has certainly contributed<br />
to a crisis in the governance regime of<br />
the concession. The problems facing the concession,<br />
however, are rooted in the myths of<br />
whatmarket oriented service delivery solutions<br />
purport to offer. First, local authorities are<br />
drawn to the conceptual idea of concessions<br />
because of the promise that the private sector<br />
will take the commercial risk through its fi nancial<br />
investment. In practice, however, the local authority<br />
is not immune from bearing the fi nancial<br />
burden of these commercial risks should the<br />
conditions of the service delivery agreement<br />
no longer be favourable to the concessionaire.<br />
The introduction of a concession in a fl edgling<br />
democracy undermines the building of an already<br />
weak local authority. (…)<br />
The lessons learnt in this process to date<br />
have taught both the concessionaire and the<br />
local authority that technical solutions do not<br />
solve the political problems of poverty. The<br />
payment for services is not simply a technical<br />
matter of getting clear bills out to service users<br />
and establishing kiosks for customer care within<br />
township areas. The payment for services is a<br />
political issue when it comes to poor people’s<br />
ability to pay. The history of apartheid and<br />
the historically abysmal context of service<br />
delivery to townships matter in shaping an<br />
understanding of how to resolve the nonpayment<br />
problem. A starting point is to involve<br />
communities more widely in the service delivery<br />
process so that they can better understand how<br />
service delivery works, what it means to be a<br />
responsible ‘customer’ and how to hold their<br />
provider accountable. These steps are part of<br />
democratising service delivery and must be<br />
steered by the local authority and its political<br />
representatives.<br />
A concession claims to be a useful service<br />
delivery alternative in offering much needed<br />
fi nancial services and technical expertise but not<br />
if is at the cost of eroding the governance of the<br />
local authority and undermining the ability of<br />
low income communities to access water.<br />
Here is where the concession presents a<br />
paradox as a service delivery model. As a service<br />
delivery model set out to meet the needs of the<br />
poor, the logic of profi t and effi ciency that drive<br />
the management of concessions does not lend<br />
itself to the patience and fl exibility required to<br />
deliver services to poor people. Furthermore,<br />
the management style of concessions is to<br />
concentrate power and the decision making<br />
processes of water distribution into a ring fenced<br />
business unit <strong>–</strong> a trend that moves counter to<br />
the democratisation processes that are vital if<br />
services are to be delivered in a socially just<br />
manner. In appraising whether the concession<br />
was the appropriate service delivery model for<br />
Nelspruit, the evidence suggests that this model<br />
is not suitable for the delivery of an essential<br />
service like water in areas with high levels of<br />
poverty.<br />
(From: Dr. Laïla Smith, Testing the limits of<br />
market-based solutions to the delivery of essential<br />
services: the Nelspruit Water Conces sion, Centre for<br />
Policy Studies, Johannesburg 2003).<br />
Aufgaben<br />
Bitte lesen Sie den Text, ohne jedes Wort zu<br />
übersetzen. Versuchen Sie den Sinn zu verstehen<br />
und beantworten Sie kurz folgende Fragen:<br />
1. Nennen Sie bitte drei Gründe für das<br />
Scheitern der Privatisierung.<br />
2. Welche Auswirkungen hat die Privatisierung<br />
auf die Demokratisierung?<br />
3. Welches Paradox b<strong>ein</strong>haltet die Privatisierung?<br />
4. Wie lautet die abschließende<br />
Schlussfolgerung?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 6<br />
Macht GATS den Umweltschutz<br />
zum Handelshemmnis?<br />
66<br />
GATS-Prinzipien Prinzipien des deutschen Umweltrechtes<br />
Notwendigkeitsklausel:<br />
Regierungen müssen aufgrund der Notwendigkeitsklausel<br />
(Art. VI, GATS) nachweisen, dass<br />
alle national getroffenen Maßnahmen und<br />
Regulierungen „die am wenigsten handelsverzerrende<br />
Option darstellen.<br />
<strong>Wasser</strong>-Dienstleistungsnorm:<br />
Eine <strong>Wasser</strong>-Dienstleistungsnorm verpfl ichtet<br />
alle im <strong>Wasser</strong>sektor aktiven Unternehmen, ihre<br />
Dienstleistungen nach festgeschriebenen Qualitätskriterien<br />
zu erbringen.<br />
Vorsorgeprinzip:<br />
Das Vorsorgeprinzip schreibt <strong>ein</strong>en vorsichtigen<br />
und nachhaltigen Umgang mit dem <strong>Wasser</strong>haushalt<br />
vor. Regierungen sind demnach verpfl<br />
ichtet, vorsichtig und zum Wohle des Bürgers<br />
sowie der Umwelt zu handeln, und zwar besonders<br />
dann, wenn über <strong>ein</strong>e Frage noch nicht<br />
genügend gesicherte Erkenntnisse verfügbar<br />
sind.<br />
Minimierungsgebot:<br />
Im deutschen Umweltrecht gilt das Minimierungsgebot.<br />
Es b<strong>ein</strong>haltet, dass <strong>ein</strong> <strong>Wasser</strong>betrieb<br />
auch bei Einhaltung der Grenzwerte ständig<br />
bemüht s<strong>ein</strong> muss, den Schadstoffgehalt im<br />
Trinkwasser zu minimieren.<br />
Aufgabe in Partnerarbeit<br />
Suchen sie sich je <strong>ein</strong>e der beiden folgenden Positionen aus und diskutieren Sie kontrovers:<br />
Das<br />
Vorsorge prin zip ist als<br />
wichtigste Errungenschaft des<br />
Umweltrechts sowie des Verbraucherschutzes<br />
zu sehen. Sie dient den<br />
Menschen und der Umwelt. Die Notwendigkeitsklausel<br />
des GATS da gegen<br />
dient den Interessen internationaler<br />
Konzerne. Sie sorgt für <strong>ein</strong>en Standard,<br />
der sich an den Staaten mit<br />
den geringsten Umweltaufl agen<br />
orientiert.<br />
Bei <strong>ein</strong>em globalen<br />
Handelssystem<br />
müssen für alle Unternehmen<br />
gleiche Bedingungen herrschen,<br />
sonst kann es k<strong>ein</strong>en funktionierenden<br />
Wettbewerb geben. Daher sind<br />
Normen für alle Staaten sinnvoll und<br />
notwendig. Das Minimierungsgebot<br />
führt dazu, dass Staaten mit besonders<br />
sorgfältigen Umweltschützern<br />
im globalen Wettbewerb<br />
benachteiligt werden.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 7<br />
Deutscher Bundestag,<br />
15. Wahlperiode<br />
Drucksache 15/576<br />
Drucksache 15/1317<br />
67<br />
Antrag der Fraktionen SPD und<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
GATS-Verhandlungen <strong>–</strong><br />
Transparenz und Flexibilität<br />
sichern<br />
(…) Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung<br />
auf,<br />
1. auf die EU-Kommission nachdrücklich <strong>ein</strong>zuwirken,<br />
dass diese die Zeitabläufe der nationalen<br />
Parlamente stärker berücksichtigt,<br />
damit die Regierungen der Mitgliedstaaten<br />
ihre Parlamente früher und umfassender informieren.<br />
So können diese die komplexen<br />
Vertragsangebote angemessen beraten. Auf<br />
Vertraulichkeit kann dabei weitgehend verzichtet<br />
werden;<br />
2. alle betroffenen Fachausschüsse des Deutschen<br />
Bundestages frühzeitig, regel mäßig,<br />
umfassend und detailliert über den Fortgang<br />
der GATS-Verhandlungen zu informieren, damit<br />
der Deutsche Bundes tag rechtzeitig vor<br />
grundsätzlichen Stellung nahmen zu Liberalisierungsangeboten<br />
der EU an die WTO-Mitgliedstaaten<br />
s<strong>ein</strong> Votum abgeben kann;<br />
3. die betroffenen und interessierten Organisationen<br />
und Verbände, insbesondere die<br />
Sozialpartner frühzeitig und im Detail zu informieren<br />
und ihnen offi ziell Gelegenheit zur<br />
Stellungnahme geben;<br />
4. durch die EU-Kommission darauf hinzuwirken,<br />
geeignete Formen der Transparenz der<br />
GATS-Verhandlungen für <strong>ein</strong>e breitenwirksame<br />
Partizipations- und Diskussionsmöglichkeit zu<br />
fi nden, zum Beispiel, indem alle rele van ten<br />
Verhandlungsangebote und Verhandlungsforderungen<br />
auf der entsprechenden Internetseite<br />
<strong>ein</strong>gestellt werden, und so auch <strong>ein</strong>er<br />
breiteren Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme<br />
gegeben wird. (…)<br />
Berlin, den 12. März 2003<br />
Franz Müntefering und Fraktion/ Katrin Dagmar<br />
Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion<br />
Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN<br />
Sicherung <strong>ein</strong>es fairen und nachhaltigen<br />
Handels durch <strong>ein</strong>e umfassende<br />
entwicklungsorientierte<br />
Welthandelsrunde<br />
Der Bundestag wolle beschließen:<br />
(…) Widersprüchlich ist, dass die EU <strong>ein</strong>erseits<br />
die eigenen <strong>Wasser</strong>märkte nicht im Rahmen des<br />
GATS-Abkommens liberalisieren möchte, andererseits<br />
aber Forderungen zur Öffnung der Märkte<br />
im <strong>Wasser</strong>sektor an viele Entwicklungsländer<br />
gestellt hat. <strong>Wasser</strong> kann nicht wie <strong>ein</strong>e beliebige<br />
Ware, <strong>ein</strong> beliebiges Handelsgut betrachtet werden.<br />
Deshalb sollte k<strong>ein</strong> Druck erzeugt werden,<br />
diesen Bereich im Rahmen des GATS-Abkommens<br />
regulieren zu wollen. Viele Entwicklungsländer<br />
verfügen nicht über die institutionellen Voraussetzungen<br />
für sozial und ökonomisch sinnvolle<br />
Marktöffnung. Deshalb ist im weiteren Verlauf der<br />
GATS-Verhandlungen verstärkte Transparenz und<br />
Sicherung der Flexibilität geboten. (…)<br />
III. Der Deutsche Bundestag fordert die<br />
Bundesregierung auf,<br />
(…) sich dafür <strong>ein</strong>zusetzen, dass die EU k<strong>ein</strong>en<br />
Druck erzeugt, den Bereich <strong>Wasser</strong> im Rahmen<br />
des GATS-Abkommens zu regeln. Die EU sollte<br />
auf Forderungen bei der <strong>Wasser</strong>versorgung an die<br />
Entwicklungsländer verzichten. (…)<br />
Berlin, den 1. Juli 2003<br />
Franz Müntefering und Fraktion/<br />
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion<br />
Aufgabe<br />
Obwohl diese beiden Anträge durch den Bundestag<br />
beschlossen wurden, hat die EU im Rahmen<br />
des GATS an 65 Entwicklungsländer die Forderung<br />
nach Öffnung ihrer <strong>Wasser</strong>märkte gestellt. Wie<br />
die Bundesregierung sich in den Verhandlungen<br />
mit der EU verhielt, ist unbekannt, da „vertraulich“.<br />
Wie beurteilen Sie diesen Vorgang unter<br />
dem Gesichtspunkt der Demokratie? Welche Forderungen<br />
wären an <strong>ein</strong> demokratisches Verhandlungsverfahren<br />
zu stellen?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit III<br />
☞ MIII <strong>–</strong> 8<br />
Hoher Preis für<br />
leere Versprechungen<br />
68<br />
Pressemitteilung <strong>–</strong> Frankfurt, 30. Juli 2004<br />
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac und<br />
die Nichtregierungsorganisation Weed haben<br />
anlässlich der Verhandlungen um <strong>ein</strong> WTO-Rahmenabkommen<br />
scharfe Kritik an der Politik von<br />
EU und Bundesregierung geübt. „Die angeblich<br />
weitreichenden Zugeständnisse der EU im Agrarbereich<br />
entpuppen sich beim Blick ins Detail als<br />
leere Versprechungen“, sagte Pia Eberhardt von<br />
der Attac AG Welthandel & WTO. „Dass Herr Clement<br />
für dieses Nicht-Zugeständnis <strong>ein</strong>e radikale<br />
Öffnung der Märkte für Dienstleistungen und Industriegüter<br />
in Entwicklungsländern <strong>ein</strong>fordert,<br />
ist <strong>ein</strong> schlechter Scherz.“<br />
So fehle der Zusage zum Abbau von Subventionen<br />
die Substanz. „Statt sich auf <strong>ein</strong>e<br />
schnelle Abschaffung aller Exportsubventionen<br />
zu verpfl ichten, hantiert die EU mit Formulierungen,<br />
die ihr erlauben, diesen Schritt auf den<br />
Sanktnimmerl<strong>ein</strong>stag zu verschieben“, kritisierte<br />
Pia Eberhardt. Es gebe daher k<strong>ein</strong>en Grund, über<br />
die Vorschläge im Agrarbereich in Jubelschreie<br />
auszubrechen.<br />
Mit der Liberalisierung ihrer Dienstleistungs-<br />
und Industriesektoren würden Entwicklungsländer<br />
für die leeren Versprechen im<br />
Agrarbereich <strong>ein</strong>en hohen Preis zahlen. „Die<br />
Aufgabe<br />
Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen und<br />
notieren sie dazu Stichworte:<br />
• Welches Zugeständnis hat die EU in den<br />
WTO-Rahmenverhandlungen gegenüber der<br />
Entwicklungsländern gemacht?<br />
• Was fordert die EU im gegenzug von den<br />
Entwicklungsländern?<br />
Attac und Weed kritisieren Position der<br />
Bundesregierung und Druck auf Entwicklungsländer<br />
in WTO-Verhandlungen<br />
Marktöffnungsforderungen der EU würden wichtige<br />
wirtschaftspolitische Spielräume in Entwicklungsländern<br />
beschneiden und ihre Armutskrise<br />
weiter verschärfen“, kritisierte Peter Fuchs,<br />
Referent für Handelspolitik bei Weed (Weltwirtschaft,<br />
Ökologie & Entwicklung). „Es geht EU<br />
und Bundesregierung all<strong>ein</strong> um den freien Durchmarsch<br />
transnationaler Konzerne auf die Märkte<br />
der Welt“, so Fuchs. „Dass diese Politik unter dem<br />
Banner <strong>ein</strong>er `Entwicklungsrunde´ verfolgt wird,<br />
ist der Gipfel der Tatsachenverdrehung.“<br />
Eine Ablehnung des geplanten Abkommens<br />
durch die Entwicklungsländer wäre daher gerechtfertigt.<br />
Allerdings sei zu befürchten, dass<br />
sie den Druckmechanismen von Seiten der Industrieländer<br />
nicht länger standhalten können.<br />
Schon bei früheren Verhandlungen war mit der<br />
Streichung von Entwicklungshilfe oder Krediten<br />
gedroht worden. „Es wäre <strong>ein</strong> Skandal, wenn<br />
auch diesmal wieder mit undemokratischen Mitteln<br />
<strong>ein</strong>e ‚Koalition der Willigen‘ geschaffen würde“,<br />
sagte Peter Fuchs.<br />
Für Rückfragen:<br />
Pia Eberhardt, attac, 0221-923 6861<br />
Peter Fuchs, Weed, 0177 - 633 4900<br />
• Was kritisieren Attac und Weed an den<br />
Zugeständnissen und Forderungen?<br />
• Welche Motive werden der EU und der<br />
Bundesregierung unterstellt?<br />
• Was befürchten die Autoren für die<br />
Entwicklungsländer?
Politische und infrastrukturelle Perspektiven<br />
<strong>Wasser</strong> für alle<br />
Zielgruppe: Klassen 11/13<br />
Giederung<br />
I. Ein nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong><br />
1. „Nachhaltige Entwicklung“ <strong>–</strong> <strong>ein</strong>e Zielvorstellung mit Zielkonfl ikten<br />
2. Was wäre <strong>ein</strong> „nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ bei uns?<br />
3. Beispiel für <strong>ein</strong>en „nachhaltigen Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ in Uganda.<br />
II. „<strong>Wasser</strong> für alle“ <strong>–</strong> das Jahrtausendziel<br />
1. Das „Milleniumsziel“: Die Zahl der Menschen ohne <strong>Wasser</strong>zugang halbieren<br />
2. So wird das Milleniumsziel verfehlt.<br />
3. Wie das Milleniumsziel erreicht werden könnte<br />
III. Die neue UN-<strong>Wasser</strong>dekade <strong>–</strong> Eine Verlogenheit?<br />
IV. Das fi nale <strong>Wasser</strong>quiz<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
69
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ 1<br />
„Das Recht auf Entwicklung<br />
muss so erfüllt werden, dass<br />
den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen<br />
heutiger<br />
und künftiger Generationen in<br />
gerechter Weise entsprochen<br />
wird“.<br />
(Erklärung von Rio 1992)<br />
☞ 2<br />
Es sch<strong>ein</strong>t an dieser Stelle<br />
sinnvoll, die Zielvorstellung<br />
<strong>ein</strong>er „nachhaltigen Entwicklung“<br />
in den Unterricht<br />
<strong>ein</strong>zubringen. Das Leitbild soll<br />
dabei helfen, ökonomische,<br />
ökologische und soziale Belange<br />
„zusammenzudenken“<br />
und sich der Zielkonfl ikte<br />
bewusster zu werden. Noch<br />
komplizierter wird das Ganze,<br />
wenn wir es auch noch hinsichtlich<br />
der Auswirkungen auf<br />
die kommenden Generationen<br />
refl ektieren sollen.<br />
<strong>Wasser</strong> für alle<br />
70<br />
Themenfelder und<br />
didaktischer Hintergrund<br />
<strong>Wasser</strong>mangel und <strong>Wasser</strong>verschmutzung bedrohen<br />
Leben und Gesundheit von vielen Menschen<br />
in Ländern des Südens. „<strong>Wasser</strong> für alle“ gehört<br />
daher zu den wichtigsten Entwicklungszielen der<br />
Menschheit. Ein „nachhaltiger Umgang“ mit <strong>Wasser</strong><br />
ist aber auch <strong>ein</strong>e Zukunftsfrage der gesamten<br />
Menschheit. Auch wir in den reichen <strong>–</strong> meist<br />
auch regenreichen <strong>–</strong> Ländern des Nordens müssen<br />
<strong>ein</strong> Interesse daran haben, dass alle Menschen<br />
Zugang zu sauberem <strong>Wasser</strong> haben, wollen<br />
wir nicht auf <strong>ein</strong>e Zukunft zusteuern, in welcher<br />
der Kampf um das Lebensmittel <strong>Wasser</strong> weltweit<br />
zu Kriegen und Katastrophen führt.<br />
Was <strong>ein</strong> „nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong>“<br />
für den Norden und für den Süden bedeutet,<br />
soll an dieser Stelle refl ektiert werden. Dabei<br />
werden die verschiedenen, durchaus auch im<br />
Widerstreit stehenden Dimensionen <strong>ein</strong>er „nachhaltigen<br />
Entwicklung“ aufgezeigt: Ökonomie,<br />
Ökologie und Gerechtigkeit. Das Aufbringen der<br />
ökonomischen Investitionen, <strong>ein</strong>e angemessene<br />
Versorgung aller Menschen mit Trinkwasser, <strong>ein</strong>e<br />
langfristige Erhaltung der Ressource <strong>Wasser</strong>, die<br />
aufwendige Klärung der Abwässer <strong>–</strong> all dies wäre<br />
immer wieder gegen<strong>ein</strong>ander abzuwägen und zu<br />
entscheiden.<br />
<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong> Ökosystem, das regional<br />
genutzt wird. Dies bedeutet auch, dass <strong>ein</strong><br />
„nachhaltiger Umgang mit dem <strong>Wasser</strong>“ nur im<br />
jeweiligen (regionalen) Kontext gefunden werden<br />
kann. So mag <strong>Wasser</strong>sparen als Postulat für niederschlagsarme<br />
Regionen sinnvoll s<strong>ein</strong>; als kategorischer<br />
Imperativ für Deutschland ist es aber<br />
mehr als fragwürdig.<br />
Wenn das Ziel „<strong>Wasser</strong> für alle“ tatsächlich<br />
erreicht werden soll, sind neue und zusätzliche<br />
Anstrengungen notwendig. Das von den Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen verkündete Milleniumsziel, die Zahl<br />
der Menschen ohne sichere Trinkwasserversorgung<br />
bis 2015 zu halbieren, wird nicht erreicht<br />
werden, wenn die Anstrengungen nicht vermehrt<br />
werden und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit<br />
weiter stagnieren.<br />
I. Ein nachhaltiger<br />
Umgang mit <strong>Wasser</strong><br />
1. „Nachhaltige Entwicklung“<br />
<strong>–</strong> <strong>ein</strong>e Zielvorstellung mit<br />
Zielkonfl ikten<br />
Spätestens seit der Rio-Konferenz 1992 ist die<br />
Forderung nach <strong>ein</strong>er „nachhaltigen Entwicklung“<br />
auf der Tagesordnung der Weltpolitik. Sie b<strong>ein</strong>haltet<br />
<strong>ein</strong>e Vorstellung von „Entwicklung“, welche<br />
die Grenzen der Ökosysteme ebenso beachtet<br />
wie die Lebensbedürfnisse aller Menschen. ☞ 1<br />
Die Integration von Ökonomie (Bereitstellung<br />
der Mittel), Ökologie (Erhaltung der Ökosysteme)<br />
und Gerechtigkeit (angemessene Lebensbedingungen<br />
für alle Menschen und zukünftige<br />
Generationen) ist der wesentliche Fortschritt<br />
dieses „Modells“, das Entwicklung nicht länger<br />
lediglich als Erfolgsziffer für Wirtschaftswachstum<br />
ansieht. Doch die Einbeziehung dieser drei<br />
Dimensionen bringt <strong>ein</strong>e Reihe von Zielkonfl ikten<br />
mit sich, die jeweils konkret in Abwägung aller<br />
Faktoren entschieden werden müssen. ☞ 2<br />
Dies soll hier am Beispiel des <strong>Wasser</strong>s konkretisiert<br />
werden ☞ MIV <strong>–</strong> 1.<br />
<strong>Wasser</strong> muss zunächst als ökonomischer Faktor<br />
in Ersch<strong>ein</strong>ung treten, <strong>ein</strong>en Preis haben. Die<br />
kostenlose, unbeschränkte Verfügung über <strong>Wasser</strong><br />
ist kaum sinnvoll, setzt sie doch voraus, dass<br />
die Ressource <strong>Wasser</strong> im Überfl uss vorhanden ist.<br />
Zudem müssten die Kosten für die Bereitstellung<br />
(und Verschwendung) von <strong>Wasser</strong> von der Allgem<strong>ein</strong>heit<br />
(etwa durch Steuern) getragen werden.<br />
Wenn <strong>Wasser</strong> stattdessen <strong>ein</strong>en Preis hat, in<br />
dem sich die tatsächlichen Kosten widerspiegeln,<br />
ist <strong>ein</strong> Anreiz zum kostenbewussten Umgang<br />
gegeben.<br />
Die Versorgung der Bevölkerung mit dem<br />
Lebensmittel <strong>Wasser</strong> ist aber nicht nur <strong>ein</strong>e Frage<br />
des Marktes, sondern sie bedarf politischer<br />
Vorgaben (etwa der Verpfl ichtung, die gesamte<br />
Bevölkerung in die <strong>Wasser</strong>versorgung <strong>ein</strong>zubeziehen<br />
und die Preise sozialverträglich zu gestalten,<br />
damit gerade auch die Armen <strong>ein</strong>en bezahlbaren<br />
Zugang zu sauberem <strong>Wasser</strong> haben). Auch das<br />
<strong>Wasser</strong>management muss entsprechend so gestaltet<br />
werden, dass es diese Zielsetzung erfüllen<br />
kann.
Das Leitbild <strong>ein</strong>er „nachhaltigen Entwicklung“<br />
Ökonomie<br />
Ziel: Bereitstellung der<br />
Mittel zur verantwortlichen<br />
Befriedigung<br />
der Bedürfnisse<br />
Gerechtigkeit<br />
Ziel: Angemessene Lebensbedingungen<br />
für alle<br />
Menschen und für zukünftige<br />
Generationen<br />
Ökologie<br />
Ziel: Erhaltung der<br />
Okosysteme<br />
Die soziale Dimension (Gerechtigkeit) zielt<br />
vor allem darauf, endlich allen Bevölkerungsgruppen<br />
<strong>ein</strong>en sicheren Zugang zu sauberem<br />
<strong>Wasser</strong> zu gewähren. Dies bedeutet nicht, dass<br />
die Haushalte aller Menschen an <strong>ein</strong> Leitungsnetz<br />
angeschlossen werden. Es soll aber als Minimum<br />
gewährleistet s<strong>ein</strong>, dass alle Menschen täglich<br />
in <strong>ein</strong>em Umkreis von maximal <strong>ein</strong>em Kilometer<br />
mindestens 20 Liter sauberes <strong>Wasser</strong> erhalten<br />
können <strong>–</strong> aus <strong>ein</strong>er öffentlichen Leitung, <strong>ein</strong>em<br />
vor Verunr<strong>ein</strong>igung geschützten Brunnen o.ä.<br />
(vgl. UN Water Report 2003, S. 113).<br />
Offen ist hierbei, wie die Kosten für die <strong>Wasser</strong>-Investitionen<br />
getragen werden, ob <strong>Wasser</strong> für<br />
alle gleich billig s<strong>ein</strong> soll, ob arme Bevölkerungsgruppen<br />
Subventionen erhalten oder ob durch<br />
Kontingentierungen (mengenmäßige Zuweisung)<br />
sichergestellt wird, dass <strong>ein</strong>e Basisversorgung für<br />
alle tatsächlich erreicht wird.<br />
„Nachhaltige Entwicklung“ fragt auch nach<br />
den Auswirkungen des <strong>Wasser</strong>verbrauchs auf die<br />
anderen, auf Bevölkerungsgruppen beispielsweise,<br />
deren Brunnen deshalb versiegen, weil anderenorts<br />
zuviel <strong>Wasser</strong> mit moderner Technologie<br />
dem Grundwasser entnommen wird. Und sie muss<br />
den Blick auf zukünftige Generationen richten<br />
und deren <strong>Wasser</strong>versorgung mit in die Planungen<br />
<strong>ein</strong>beziehen. ☞ 3<br />
Hier kommt dann auch die ökologische<br />
Dimension der Nachhaltigkeit zum Tragen. Die<br />
Entnahme aus Grundwasser oder Oberfl ächengewässern<br />
soll „nachhaltig“ s<strong>ein</strong>, muss sich an der<br />
natürlichen Regenerationsrate orientieren. Wenn<br />
mehr <strong>Wasser</strong> entnommen wird als sich im <strong>Wasser</strong>kreislauf<br />
wieder erneuert, führt dies langfristig<br />
zur Erschöpfung der Vorräte. Oft versanden dann<br />
Brunnen oder <strong>–</strong> in Ländern nahe der Meere <strong>–</strong><br />
Salzwasser dringt in Grundwasserbecken <strong>ein</strong> und<br />
macht diese unbrauchbar. Eine solche Nutzung<br />
wäre nicht nachhaltig.<br />
Diese Beurteilung trifft auch für <strong>ein</strong>en Umgang<br />
mit Abwässern zu, der zu <strong>ein</strong>er dauerhaften<br />
Schädigung von Ökosystemen führt. Mindestanforderungen<br />
an die Aufbereitung der Abwässer<br />
von Industrie und Haushalte sind <strong>ein</strong>zuhalten.<br />
Für weite Teile der „Dritten Welt“ geht es hier<br />
vor allem um die Entsorgung der Fäkalien. Diese<br />
muss so geschehen, dass nicht Krankheitserreger<br />
auf Menschen übertragen werden und auf Felder<br />
und Nahrungsmittel oder gar ins Trinkwasser<br />
gelangen können. Als Mindeststandard nennt die<br />
WHO geschlossene Latrinen jeweils für <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>ere<br />
Bevölkerungsgruppe, so dass Exkremente<br />
nicht mit der Hand entsorgt werden müssen.<br />
Die Zielkonfl ikte dieser Dimensionen liegen<br />
auf der Hand. ☞ 4 Soll <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>-Grundversorgung<br />
der Bevölkerung in ländlichen Gebieten<br />
<strong>Afrika</strong>s durch <strong>ein</strong>en schnellen Ausbau von Tiefbrunnen<br />
erreicht werden, deren Nutzung aber zu<br />
<strong>ein</strong>em Absinken des Grundwasserspiegels führt<br />
und damit ökologisch nicht nachhaltig wäre?<br />
Soll <strong>Wasser</strong> kostenlos an die Stadtbevölkerung<br />
abgegeben und dabei in Kauf genommen werden,<br />
dass sich auch die Reichen entsprechend üppig<br />
bedienen und <strong>Wasser</strong> verschwenden oder dass<br />
die Finanzmittel zum Ausbau der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
weiterhin fehlen werden? Oder soll <strong>Wasser</strong><br />
kostendeckend verkauft werden, auch wenn sich<br />
der ärmste Teil der Bevölkerung dies kaum wird<br />
leisten können? Oder aber würde <strong>ein</strong> Einheitspreis<br />
bei den <strong>Wasser</strong>gebühren vielleicht sogar<br />
den armen Bevölkerungsgruppen nützen, weil sie<br />
heute vielfach auf kommerzielle <strong>Wasser</strong>händler<br />
angewiesen sind und die relativ höchsten Preise<br />
für ihr <strong>Wasser</strong> zahlen?<br />
Einfache Antworten auf derartige Fragen<br />
kann es nicht geben <strong>–</strong> und doch kann <strong>ein</strong> „nachhaltiger<br />
Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ nur dann für die<br />
konkrete Situation formuliert werden, wenn diese<br />
Zielkonfl ikte abgewogen worden sind.<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ 3<br />
Fragen Sie die SchülerInnen,<br />
ob Sie den Terminus<br />
„nachhaltige Entwicklung“<br />
(sustainable development)<br />
schon <strong>ein</strong>mal gehört haben<br />
und was sie damit verbinden.<br />
(Nur 13% der deutschen<br />
Bevölkerung können damit<br />
etwas anfangen)<br />
☞ 4<br />
Die ökonomischen, ökologischen<br />
und sozialen Zielkonfl<br />
ikte können an dieser Stelle<br />
nur angedeutet und sicher<br />
nicht gelöst werden. Es geht<br />
aber darum, sich der Widersprüchlichkeit<br />
der verschiedenen<br />
Dimensionen bewusst<br />
zu werden und zu erkennen,<br />
dass <strong>ein</strong>dimensionale Lösungen<br />
wenig weiterhelfen.<br />
71
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ 5<br />
Das Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 2 gibt<br />
<strong>ein</strong>en älteren Artikel (1998)<br />
aus dem „fi fty:fi fty <strong>–</strong> Magazin“<br />
wieder. Dieser wurde<br />
ausgewählt, weil hier immerhin<br />
noch der Versuch <strong>ein</strong>er<br />
Begründung für die Notwendigkeit<br />
des <strong>Wasser</strong>sparens<br />
gemacht wird. In fast allen<br />
anderen Aufrufen genügt der<br />
Hinweis auf die knappe und<br />
kostbare Ressource <strong>Wasser</strong> als<br />
Begründung offenbar aus.<br />
Das andere (konträre) Arbeitsblatt<br />
MIV <strong>–</strong> 3 enthält<br />
die Aussage von zwei Umweltwissenschaftlern,<br />
dass<br />
<strong>Wasser</strong>-Sparen in Deutschland<br />
Unsinn sei.<br />
Beide Arbeitsblätter sollten<br />
als Kopien der SchülerInnen<br />
zugänglich gemacht werden.<br />
☞ 6<br />
Viele Schulen und Gruppen<br />
haben <strong>Wasser</strong>spar-Aktionen<br />
durchgeführt und die<br />
SchülerInnen zum <strong>Wasser</strong>sparen<br />
aufgefordert. Wenn<br />
hier mit bester Absicht und<br />
Engagement Einsparungen<br />
erzielt worden sind, die sich<br />
ja auch noch positiv auf der<br />
<strong>Wasser</strong>rechnung bemerkbar<br />
machen, bedeutet es schon<br />
<strong>ein</strong>e Provokation MIV <strong>–</strong> 3,<br />
die Behauptung aufzustellen,<br />
<strong>Wasser</strong>sparen sei Unsinn. Deshalb<br />
sollte man hier behutsam<br />
argumentieren.<br />
Jedoch eröffnet sich auch die<br />
Lernchance, Setzungen zu<br />
hinterfragen und Argumente<br />
gegen<strong>ein</strong>ander abzuwägen.<br />
Lassen Sie also wenn möglich<br />
<strong>ein</strong>e kontroverse Diskussion<br />
aufkommen. Eventuell können<br />
die beiden Seiten MIV <strong>–</strong> 2 und<br />
MIV <strong>–</strong> 3 arbeitsteilig bearbeitet<br />
werden.<br />
☞ 7<br />
Das Projekt „Frauen sammeln<br />
Regenwasser, Uganda“ ist nur<br />
<strong>ein</strong> Beispiel für <strong>ein</strong>en nach-<br />
72<br />
2. Was wäre <strong>ein</strong> „nachhaltiger<br />
Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ bei uns?<br />
In der BR Deutschland wird nur rund <strong>ein</strong> Viertel<br />
(23%) des verfügbaren, erneuerbaren <strong>Wasser</strong>s<br />
genutzt. Die Forderung nach Nachhaltigkeit sollte<br />
sich deshalb nicht auf die Aufforderung zum<br />
<strong>Wasser</strong>sparen konzentrieren, sondern vor allem<br />
die Vermeidung von Umweltbelastungen durch<br />
Abwässer und Schadstoffe in den Mittelpunkt<br />
stellen.<br />
Auch in der absehbaren Zukunft ist nicht<br />
damit zu rechnen, dass das <strong>Wasser</strong>dargebot in<br />
Deutschland unseren Verbrauch nicht decken<br />
könnte. Der Verbrauch in der Industrie ist zudem<br />
deutlich rückläufi g und auch in den Haushalten<br />
ging die Nachfrage in den letzten Jahren (1990<br />
bis 2000: - 12%) zurück. Vor diesem Hintergrund<br />
ist auffällig, dass viele gut-gem<strong>ein</strong>ten Umweltaktionen<br />
gerade im Bereich der Schulen das <strong>Wasser</strong>sparen<br />
in den Mittelpunkt stellen. Dies soll an<br />
dieser Stelle <strong>ein</strong>mal kritisch refl ektiert werden.<br />
☞ 5 Zwei Schülerarbeitsblätter, die in Kl<strong>ein</strong>gruppen<br />
arbeitsteilig bearbeitet werden sollten,<br />
stellen hierzu kontroverse Positionen vor:<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 2 fordert zum <strong>Wasser</strong>sparen auf und<br />
gibt dazu <strong>ein</strong>ige ökonomische und ökologische<br />
Argumente mit auf den Weg. Die hier gemachten<br />
Aussagen gelten sicher nicht nur für Hamburg.<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 3 gibt <strong>ein</strong>en gekürzten Artikel aus der<br />
FR wieder, in dem zwei Experten für Umweltrecht<br />
<strong>Wasser</strong>sparen in Deutschland als Unsinn bezeichnen<br />
und dagegen argumentieren. ☞ 6<br />
Es lohnt sich, die in beiden Artikel aufgestellten<br />
Argumente kritisch gegen<strong>ein</strong>ander zu<br />
stellen und zu bewerten. Die wichtigsten Argumente<br />
werden hier aufgelistet:<br />
3. Beispiel für <strong>ein</strong>en „nachhaltigen<br />
Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ in<br />
Uganda.<br />
„Nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong>“ kann nur im<br />
ökonomischen, sozialen und ökologischen Kontext<br />
bestimmt werden. Deshalb kann hier auch<br />
nur anhand <strong>ein</strong>es Beispiels angedeutet werden,<br />
was <strong>ein</strong> nachhaltiger Umgang mit <strong>Wasser</strong> in den<br />
Ländern des Südens bedeuten könnte.<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 4 Das Beispiel des Arbeitsblattes ist<br />
<strong>ein</strong>er Projektbeschreibung von Brot für die<br />
Welt entnommen. Es schildert, wie Frauen im<br />
Südwesten von Uganda durch den Bau von<br />
Regenwasserzisternen ihre <strong>Wasser</strong>situation<br />
nachhaltig verbessert haben. ☞ 7 Das auf den<br />
Wellblechdächern gesammelte Regenwasser<br />
wird in <strong>ein</strong>em verschlossenen Tank gesammelt<br />
und steht für den <strong>Wasser</strong>bedarf der Familie<br />
Argumente pro <strong>Wasser</strong>sparen Argumente contra <strong>Wasser</strong>sparen<br />
Regional ist es im Sommer an <strong>ein</strong>igen Orten<br />
auch in Deutschland immer wieder zu Engpässen<br />
in der <strong>Wasser</strong>versorgung gekommen.<br />
Die umfangreiche <strong>Wasser</strong>entnahme aus dem<br />
Grundwasser hat in <strong>ein</strong>igen Regionen bereits zu<br />
Austrocknung und zu <strong>Wasser</strong>stress für Flora und<br />
Fauna geführt.<br />
<strong>Wasser</strong>sparen macht den Bau umgangreicher<br />
Fernrohre zur <strong>Wasser</strong>versorgung überfl üssig.<br />
<strong>Wasser</strong>sparen erinnert an die Tatsache, dass für<br />
viele Menschen in der Welt <strong>Wasser</strong> <strong>ein</strong>e begrenzt<br />
verfügbare Ressource ist. <strong>Wasser</strong>sparen ist so<br />
Einüben in <strong>globales</strong>, ökologisches Denken.<br />
<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong>e bei uns im Überfl uss vorhandene<br />
Ressource. Auch regionale Engpässe ändern<br />
daran nichts.<br />
<strong>Wasser</strong> ist Teil <strong>ein</strong>es Kreislaufes und regeneriert<br />
sich ständig. Ein Ansparen für kommende Generationen<br />
ist ohnehin nicht möglich.<br />
Maßnahmen zum <strong>Wasser</strong>sparen wie die Regenwassernutzung<br />
durch <strong>ein</strong> separates Leitungssystem<br />
oder <strong>ein</strong> verkl<strong>ein</strong>ertes <strong>Wasser</strong>leitungsvolumen<br />
erfordern hohe ökonomische Investitionen<br />
und belasten die Umwelt durch Energieverbrauch<br />
und Stoffströme.<br />
Geht der <strong>Wasser</strong>verbrauch in Deutschland weiter<br />
zurück, so besteht die Gefahr von Korrosionsschäden<br />
und Verkeimung im Leitungsnetz.
zur Verfügung. Dadurch entfällt zunächst<br />
das mühsame <strong>Wasser</strong>holen in Fußmärschen<br />
von rund drei Stunden. Außerdem ist diese<br />
Art der <strong>Wasser</strong>versorgung ökonomischer und<br />
ökologischer als die Errichtung von Leitungssystemen<br />
in dünn-besiedelten Gebieten.<br />
Die Finanzierung der Zisternen erfolgt<br />
durch „Sparver<strong>ein</strong>e“, also durch das Ansparen<br />
kl<strong>ein</strong>er Beträge durch die Bedürftigen selbst<br />
(micro fi nancing). Die Menschen geben sich<br />
sozusagen selbst Kredit. 10 Personen schließen<br />
sich zusammen und sparen zusammen. Wenn<br />
das Geld für die Baumaterialien für <strong>ein</strong>e Zisterne<br />
zusammen ist, entscheidet das Los wer als erster<br />
in den Genuss <strong>ein</strong>er solchen Zisterne kommen<br />
soll. Durch diese Selbsthilfe ist garantiert, dass<br />
es sich wirklich um Projekte der Betroffenen<br />
handelt, deren Realisierung und zukünftige<br />
Wartung von den Nutzern selbst getragen wird<br />
(„ownership“).<br />
Finanzhilfe von außen gibt es seit <strong>ein</strong>iger<br />
Zeit dadurch, dass die Sparver<strong>ein</strong>e unterstützt<br />
werden: Wer bereits zwei Zisternen gebaut<br />
hat, erhält das Geld, um Baumaterialien für<br />
<strong>ein</strong>e dritte Zisterne zu kaufen. Dadurch soll die<br />
Verbreitung dieser Regenwassersammelstellen<br />
beschleunigt werden. Außerdem sch<strong>ein</strong>t jetzt<br />
auch die Distriktverwaltung daran interessiert,<br />
das „Modell Regenwasserzisterne“ zu fördern.<br />
☞ 8<br />
II. „<strong>Wasser</strong> für<br />
alle“ <strong>–</strong> das Jahrtausendziel<br />
1. Das „Milleniumsziel“:<br />
Die Zahl der Menschen ohne<br />
<strong>Wasser</strong>zugang halbieren.<br />
Im Jahre 2000 haben die Ver<strong>ein</strong>ten Nationen die<br />
sogenannten Milleniumsziele beschlossen, die <strong>ein</strong>e<br />
drastische Reduzierung der Armut in der Welt<br />
bis zum Jahre 2015 vorsehen. Diese Zielsetzung<br />
wurde in quantifi zierbare Zielvorgaben übersetzt,<br />
deren Erreichen statistisch überprüfbar s<strong>ein</strong> soll.<br />
☞ 9<br />
Zu diesen Milleniumszielen gehört auch<br />
(Ziel 7, Zielvorstellung 10) <strong>ein</strong>e Halbierung der<br />
Zahl der Menschen, die ohne sichere Versorgung<br />
mit Trinkwasser leben. Der UN-<strong>Wasser</strong>report defi<br />
niert <strong>ein</strong>en sicheren Zugang zu <strong>Wasser</strong> so, dass<br />
in höchstens 1 Kilometer Entfernung täglich mindestens<br />
20 Liter (pro Kopf) sauberen <strong>Wasser</strong>s aus<br />
<strong>ein</strong>er sicheren Quelle (Leitung, Brunnen, Quelle,<br />
Regenwassersammler) entnommen werden können.<br />
Von 2000 bis 2015 soll die Zahl der Menschen<br />
ohne <strong>ein</strong>e solche minimale Trinkwasserversorgung<br />
von 1160 Mio. Menschen auf maximal<br />
580 Mio. Menschen reduziert werden MIV <strong>–</strong> 5.<br />
Diese Zielvorgabe ist wie alle Milleniumsziele<br />
durchaus ehrgeizig. Soll sie erreicht werden, so<br />
müsste bis zum Jahr 2015 laut UN jeden Tag rund<br />
274.000 Menschen <strong>ein</strong> neuer Zugang zu sauberem<br />
<strong>Wasser</strong> eröffnet werden. Diese Zahl berücksichtigt<br />
auch das Bevölkerungswachstum.<br />
2. So wird das Milleniumsziel<br />
verfehlt<br />
Schon <strong>ein</strong> Vergleich der Jahre 1990 und 2000<br />
macht deutlich, dass zusätzliche Anstrengungen<br />
notwendig sind, damit das Tempo der Verbesserungen<br />
beim Trinkwasserzugang mit dem Bevölkerungswachstum<br />
nicht nur Schritt hält sondern<br />
darüber hinausgeht. Im letzten Jahrzehnt des<br />
vergangenen Jahrhunderts nahm der Anteil der<br />
Weltbevölkerung ohne sicheren <strong>Wasser</strong>zugang<br />
um 5% ab, ganz offensichtlich zu wenig, um in<br />
<strong>ein</strong>em 15 Jahre <strong>–</strong> Zeitraum (Millieniumszielzeitrahmen<br />
2000 bis 2015) <strong>ein</strong>e Halbierung dieser<br />
Bevölkerungsgruppe zu erreichen. Für Schwarzafrika<br />
ist die Fortschrittsrate noch schlechter <strong>–</strong> bei<br />
gleichzeitig deutlich ungünstiger Ausgangslage.<br />
☞ 10 + MIV - 5<br />
So ist schon vier Jahre nach dem UN-Beschluss<br />
über die Milleniumsziele Skepsis darüber<br />
angebracht, ob das gesteckte Ziel <strong>ein</strong>er Halbierung<br />
der Zahl der Menschen ohne <strong>Wasser</strong>zugang<br />
tatsächlich erreicht werden kann. Nach Überzeugung<br />
von Weltbank und Währungsfonds wird das<br />
„<strong>Wasser</strong>ziel“ wegen erheblicher Lücken bei den<br />
Maßnahmen wie bei der Finanzierung verfehlt,<br />
vor allem in Schwarzafrika. Nur <strong>ein</strong> Fünftel der<br />
Länder waren im April 2004 „in der Spur“, d.h.<br />
ihre Zuwachsraten bei der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
waren so, dass man <strong>ein</strong> Erreichen des Milleniumssziels<br />
erwarten kann (vgl. Development Comitee:<br />
Global Monitoring Report 2004, näher ausgeführt<br />
auf dem Arbeitsblatt MI <strong>–</strong> 5.) ☞ 11<br />
3. Wie das Jahrtausendziel<br />
erreicht werden könnte.<br />
Welche Maßnahmen wären aber notwendig, um<br />
dieses „Milleniumsziel“ zu erreichen? Wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />
sind wir alle geneigt, dieses Vorhaben<br />
vor allem als <strong>ein</strong>e Frage des Geldes zu betrach-<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
haltigen Umgang mit <strong>Wasser</strong>.<br />
Weitere Beispiele können der<br />
Webseite www.menschenrechtwasser.de<br />
entnommen werden.<br />
Über das konkrete Beispiel<br />
hinaus ist beachtlich, dass die<br />
Eigeninitiative durch ausländische<br />
Finanzhilfe nicht erstickt<br />
wird. Ein Entwicklungsfi nanzier,<br />
der alle Kosten für den<br />
Bau von Regenwasserzisternen<br />
komplett übernimmt, würde<br />
die Verantwortlichkeit für<br />
das Vorhaben wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />
den betroffenen Menschen<br />
nehmen <strong>–</strong> mit entsprechenden<br />
Folgen für den Umgang mit<br />
den Zisternen.<br />
☞ 8<br />
Ein nachhaltiger Umgang<br />
mit <strong>Wasser</strong> ist nur im Kontext<br />
zu defi nieren und bedarf<br />
immer der Abwägung<br />
von Zielkonfl ikten. Andere<br />
Projektbeispiele für <strong>ein</strong>en<br />
nachhaltigen Umgang mit<br />
<strong>Wasser</strong> können sie der websitewww.menschenrechtwasser.de<br />
entnehmen.<br />
☞ 9<br />
Vielleicht lohnt es sich, die<br />
„Milleniumsziele“ im Unterricht<br />
näher zu analysieren.<br />
Einen Überblick über diese<br />
„millenium development<br />
goals“ fi nden Sie u.a. im<br />
Internet unter www.un.org/<br />
milleniumgoals (englisch) und<br />
unter www.aktionsprogramm2<br />
015.de (deutsch).<br />
Die Weltbank analysiert regelmäßig<br />
die Erfolge auf dem<br />
Weg zu diesen Zielen und<br />
weist entsprechende Statistiken<br />
aus www.developmentgo<br />
als.org.<br />
Die Bundesregierung hat <strong>ein</strong><br />
Aktionsprogramm 2015 verabschiedet,<br />
das überprüfbare<br />
politische Schritte der deutschen<br />
Politik zur Halbierung<br />
der Armut bis 2015 aufstellt.<br />
Näheres dazu unter www.aktio<br />
nsprogramm2015.de.<br />
73
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ 10<br />
Das Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 5 weist<br />
auf das Trinkwasser-bezogene<br />
„Milleniumziel“ hin und macht<br />
deutlich, dass dieses Ziel verfehlt<br />
werden wird, wenn nicht<br />
<strong>ein</strong>e deutliche Vergrößerung<br />
der Anstrengungen unternommen<br />
wird.<br />
Die SchülerInnen können<br />
die Fortschrittsraten bei der<br />
Trinkwasserversorgung zwischen<br />
1990 und 2000 analysieren<br />
und feststellen, dass<br />
sie nicht ausreichen, um das<br />
Milleniumsziel zu erreichen,<br />
wobei die regionalen Unterschiede<br />
aufschlussreich sind.<br />
☞ 11<br />
Eventuell können Sie Schülergruppen<br />
recherchieren lassen,<br />
inwieweit <strong>ein</strong>zelne Länder sich<br />
bei ihrer <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
dem Milleniumsziel nähern.<br />
Statistische Daten, die sich<br />
auf Fortschritte seit 2000<br />
beziehen, sind zur Zeit (Mai<br />
2004) nur zu <strong>ein</strong>zelnen Ländern<br />
zu fi nden. Recherchen<br />
unter www.undp.org/mdg/<br />
oder www.developmentgoals.<br />
org.<br />
Ausführlich mit der Entwicklung<br />
in Uganda befasst sich<br />
auch das Papier der Gem<strong>ein</strong>samen<br />
Konferenz Kirche und<br />
Entwicklung („Halbierung<br />
der extremen Armut“ vom<br />
April 2004. Download unter<br />
www.gkke.de).<br />
☞ 12<br />
Eventuell können Sie <strong>ein</strong>e<br />
Schülergruppe bitten, konkrete<br />
<strong>Wasser</strong>projekte im Rahmen<br />
der Entwicklungszusammenarbeit<br />
und deren Hintergrund<br />
zu beschreiben. Die Deutsche<br />
Gesellschaft für Technische<br />
Zusammenarbeit hat hierzu<br />
<strong>ein</strong>ige übersichtliche Informationen<br />
zusammengestellt<br />
(www.gtz.de unter Themen<br />
<strong>Wasser</strong>/Trinkwasser). Das<br />
katholische Hilfswerk Mise-<br />
74<br />
ten. Tatsächlich aber wären <strong>ein</strong>e Reform der politischen<br />
Institutionen und die Wahl neuer, effi -<br />
zienterer Technologien ebenso wichtig. Vor allem<br />
<strong>ein</strong>e Ausrichtung der gesamten <strong>Wasser</strong>politik und<br />
des <strong>Wasser</strong>managements auf die ärmeren Bevölkerungsgruppen<br />
wäre entscheidend. ☞ MIV - 6<br />
Das Arbeitsblatt MIV - 6 stellt <strong>ein</strong>zelne<br />
Maßnahmen im politischen, technischen und<br />
ökonomischen Bereich vor. Die SchülerInnen<br />
sollen die Maßnahmen den drei Rubriken<br />
zuordnen.<br />
Die Stichworte der Tabelle können nur andeuten,<br />
auf welchen Gebieten Regelungs- und<br />
Reformbedarf gegeben ist.<br />
Entscheidend ist zunächst aber die Erkenntnis,<br />
dass sowohl politische Reformen wichtig<br />
sind als auch neue, technische Lösungen und die<br />
ökonomische Mittelbereitstellung. Alle Faktoren<br />
bedingen sich gegenseitig und führen erst im<br />
Zusammenspiel zu <strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />
Im Bereich der politischen Reformen müssen<br />
die Kapazitäten von Verwaltung und Institutionen<br />
so ausgebaut werden, dass <strong>ein</strong> unabhängiges<br />
und effi zientes <strong>Wasser</strong>management betrieben<br />
werden kann. Die erforderlichen Umstellungen<br />
oder technischen Veränderungen bedürfen der<br />
Beratung und Bewussts<strong>ein</strong>sbildung der Bevöl-<br />
Politische Reformen<br />
Technische Lösungen<br />
Ökonomische Maßnahmen<br />
Maßnahmen<br />
kerung, aber auch fi nanzieller Anreize sowie der<br />
Bereitstellung von Investitionskrediten. Beides<br />
muss durch Institutionen geschehen, die dazu in<br />
der Lage sind, diese Aufgabe mit Autorität und<br />
ohne Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen<br />
zu erledigen (Freiheit von Korruption).<br />
Die Bauern müssen dabei durch <strong>ein</strong>deutige<br />
Bodenrechtsauslegung die Sicherheit haben,<br />
dass ihre Investitionen und Anstrengungen sich<br />
lohnen und ihrem Land zugute kommen, was im<br />
Einzelfall Konfl ikte mit anderen Nutzern (z.B.<br />
Viehbesitzern) bedeuten kann. Die strategischen<br />
Ziele der <strong>Wasser</strong>politik sind natürlich abhängig<br />
vom jeweiligen Kontext. In manchen Ländern<br />
(Bewässerungslandwirtschaft) mag die Priorität<br />
auf der Effi zienzsteigerung der <strong>Wasser</strong>nutzungssysteme<br />
liegen. Andere Länder, die eher vom<br />
Regenfeldbau leben, müssen vielleicht vor allem<br />
gegen die Erosion der Böden vorgehen. Und Länder,<br />
die in stärkerem Maße Siedlungspolitik mit<br />
<strong>Wasser</strong>leitungssystemen betrieben haben, werden<br />
auf Klärung der Abwässer und <strong>ein</strong>e Mehrfachnutzung<br />
des <strong>Wasser</strong>s setzen.<br />
Entsprechend der strategischen Zielsetzung<br />
ergibt sich auch die Wahl der technischen Lösungen.<br />
Generell ist davon auszugehen, dass gerade<br />
in vielen Ländern, in den <strong>Wasser</strong> knapp ist, neue<br />
Technologien <strong>ein</strong> erhebliches Einsparpotential<br />
Finanzielle Zuschüsse für Bauern, die Investitionen zum<br />
<strong>Wasser</strong>sparen unternehmen<br />
Unabhängige und verlässliche Beratung und Zuschussgewährung<br />
Beratung zur Umstellung auf Produkte mit geringerem <strong>Wasser</strong>bedarf<br />
Beratung zur Vermeidung von Bodenerosion<br />
Eindeutige Bodenrechtsbestimmungen<br />
Tropf- statt Oberfl ächenbewässerung<br />
Nachtbewässerung<br />
Unterfolienbewässerung<br />
Mehrfachnutzung von geklärten Abwässern<br />
Einführung kostengünstiger Klärsysteme<br />
Maßnahmen zur Verringerung der Bodenerosion (St<strong>ein</strong>wälle,<br />
Bepfl anzung, Aufforstung)<br />
Staatliche Ausgabenprioritäten zugunsten <strong>ein</strong>er verbesserten<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung<br />
Internationale Geber unterstützen das verbesserte<br />
<strong>Wasser</strong>management<br />
Schuldenerleichterungen
mit sich bringen. So kann durch Umstellung von<br />
Oberfl ächen- auf Tropfbewässerung (vgl. dazu<br />
auch die Einheit I in dieser Broschüre) rund 50%<br />
des <strong>ein</strong>gesetzten <strong>Wasser</strong>s <strong>ein</strong>gespart werden.<br />
Weitere Verbrauchsminderungen sind gegeben,<br />
wenn beispielsweise die Verdunstungsrate durch<br />
Nachtbewässerung oder Folienbewässerung gesenkt<br />
wird. Andere wenig aufwendige Technologien<br />
wie kl<strong>ein</strong>e St<strong>ein</strong>wälle oder gezielte Düngungen<br />
können die Degradierung der Böden stoppen und<br />
Bodenqualität wieder herstellen. Andere Technologien<br />
betreffen die Einführung von Klärsystemen,<br />
<strong>ein</strong>e Voraussetzung für die Mehrfachnutzung<br />
von <strong>Wasser</strong>, die für viele Länder zumindest<br />
mittelfristig <strong>ein</strong>e große Bedeutung erhalten wird.<br />
Denn <strong>ein</strong>e nachhaltige Nutzung des <strong>Wasser</strong>s bedeutet<br />
auch, gebrauchtes <strong>Wasser</strong> in den <strong>Wasser</strong>kreislauf<br />
so (geklärt) zurückzuspeisen, dass <strong>ein</strong>e<br />
erneute Nutzung möglich ist.<br />
All dies bedarf ökonomischer Maßnahmen,<br />
damit die notwendigen Mittel auch bereitgestellt<br />
werden können. Hier sind zunächst die nationalen<br />
Regierungen (inkl. Provinzregierungen und<br />
Kommunen) gefragt, ihre Ausgabenprioritäten<br />
entsprechend so zu setzen, dass die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
der Bevölkerung (insbesondere der Armen)<br />
nachhaltig verbessert wird. Ergänzend dazu<br />
können bilaterale und multilaterale Geber diese<br />
<strong>Wasser</strong>politik durch Finanzhilfen unterstützen.<br />
☞ 12 Auch Schuldenerleichterungen zugunsten<br />
<strong>ein</strong>er Armutsbekämpfungsstrategie, wie sie<br />
Programme der Weltbank und des Währungsfonds<br />
vorsehen, wären für <strong>ein</strong>e Erweiterung des<br />
fi nanziellen Handlungsrahmens im <strong>Wasser</strong>sektor<br />
wichtig.<br />
III. <strong>Wasser</strong> für<br />
alle <strong>–</strong> wollen wir<br />
das wirklich?<br />
Abschließend soll noch <strong>ein</strong>mal der Stellenwert<br />
von „<strong>Wasser</strong> für alle“ refl ektiert werden, den<br />
diese Zielsetzung in der internationalen Politik<br />
wie auch im Bewussts<strong>ein</strong> der hiesigen Bevölkerung<br />
hat. ☞ MIV <strong>–</strong> 7 Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 7 enthält<br />
den empathischen Appell von Seiten der UN an<br />
alle Staaten, Gem<strong>ein</strong>schaften und auch an die<br />
Einzelnen, Verantwortung zu übernehmen für<br />
das Menschenrecht <strong>Wasser</strong> und das Erreichen der<br />
Milleniumsziele zur Armutsbekämpfung. Dieser<br />
eher moralische Appell steht für <strong>ein</strong>e Vielzahl<br />
ähnlicher Aufrufe. ☞ 13<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 8 Von <strong>ein</strong>er ganz anderen Position her<br />
argumentiert der fi ktive Leserbrief im Arbeitsblatt<br />
MIV <strong>–</strong> 8. Hier spricht sich der Schreiber (<strong>ein</strong><br />
<strong>Wasser</strong>bauexperte) gegen die von der UNO für<br />
2005 bis 2015 beschlossene neue <strong>Wasser</strong>dekade<br />
(„Water for life“) aus. Solche Programme seien<br />
an Verlogenheit nicht mehr zu überbieten, weil<br />
weder in der Politik (etwa Bereitstellung von<br />
fi nanziellen Mitteln für <strong>ein</strong>e verbesserte <strong>Wasser</strong>versorgung)<br />
noch im Verhalten der Einzelnen zu<br />
erkennen sei, dass <strong>ein</strong> solches Ziel irgendwelche<br />
verbindlichen Konsequenzen hätte.<br />
Diese pessimistische Sicht trifft sicher den<br />
Zeitgeist und das Empfi nden der meisten SchülerInnen,<br />
die den PolitikerInnen ohnehin k<strong>ein</strong>e<br />
Kompetenz für die Lösung dringender Probleme<br />
zubilligen und die gesamte globale Entwicklung<br />
als Bewegung hin auf die Katastrophe ansehen.<br />
☞ 14<br />
Stützen die Fakten diese Weltsicht? Weder in<br />
der nationalen Politik der meisten Staaten noch<br />
in der internationalen Zusammenarbeit hat das<br />
„Menschenrecht <strong>Wasser</strong>“ Priorität. Die externen<br />
Finanzmittel für den Ausbau der <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
liegen laut Weltbank bei rund 3 Mrd.<br />
Dollar/Jahr. Hinzu kommen noch Kredite in Höhe<br />
von 1 bis 1,5 Mrd. Dollar. Seit 1996 sind die diesbezüglichen<br />
Ausgaben für diesen Bereich leicht<br />
rückläufi g (vgl. Studie von Fritz Brugger, Brot für<br />
die Welt 2004).<br />
Bei der deutschen Entwicklungszusammenarbeit<br />
ist seit 2000 sogar <strong>ein</strong> deutlicher Rückgang<br />
bei den Finanzmitteln für den <strong>Wasser</strong>sektor feststellbar,<br />
obwohl Deutschland hier weiterhin zu<br />
den größten Gebern gehört. Es wäre aber kritisch<br />
zu bemerken, dass laut „Gem<strong>ein</strong>same Konferenz<br />
Kirche und Entwicklung“ die Gelder zu sehr auf<br />
Großsysteme (etwa Ausbau städtischer Abwässersysteme)<br />
ausgerichtet sind.<br />
Trotz dieser Einwände und Bedenken: Es<br />
sind Fortschritte bei der <strong>Wasser</strong>versorgung erzielt<br />
worden. So hat zwischen 1990 und 2000 die Zahl<br />
der Menschen ohne ausreichenden <strong>Wasser</strong>zugang<br />
um ca. 5% abgenommen, trotz des gleichzeitigen<br />
Bevölkerungswachstums. Allerdings ist das Tempo<br />
dieser Abnahme zu gering, um das sogenannte<br />
„Milleniumsziel“ zu erreichen.<br />
Vielleicht ist diese Lücke zwischen Notwendigkeit<br />
und Tatsachen schon das stärkste Argument<br />
für <strong>ein</strong>e neue UN-<strong>Wasser</strong>dekade. Sie soll<br />
das Interesse der internationalen Gem<strong>ein</strong>schaft<br />
und nicht zuletzt auch der Bevölkerungen auf das<br />
wichtige Ziel hin orientieren, die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
zu verbessern. Gerade weil in diesem Sektor<br />
zu wenig geschieht, soll durch <strong>ein</strong>e solche Dekade<br />
die Aufmerksamkeit auf die <strong>Wasser</strong>versorgung,<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
reor beschreibt ebenfalls<br />
ausführlich <strong>Wasser</strong>projekte<br />
und Hintergründe für die<br />
schlechte <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
(www.misereor.de).<br />
☞ 13<br />
Der Appell der Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen liegt als Arbeitsblatt<br />
sowohl in Englisch<br />
MIV <strong>–</strong> 7a als auch in Deutsch<br />
MIV <strong>–</strong> 7b vor. Er verweist auf<br />
die Verantwortung aller, sich<br />
gegen die Armut zu engagieren.<br />
Die Berechtigung und<br />
die begrenzte Reichweite<br />
derartiger Appelle wäre zu<br />
diskutieren.<br />
☞ 14<br />
Welchen Stellenwert haben<br />
globale Weltprobleme angesichts<br />
<strong>ein</strong>er als unsicher<br />
oder gar als bedroht erlebten<br />
eigenen Situation? Wer ist<br />
bereit, sich über die „Zukunft<br />
der Menschheit“ Gedanken<br />
zu machen, wenn die eigene<br />
Zukunft derart ungesichert<br />
ist? Derartige Fragen stehen<br />
im Raum, seitdem Zukunftspessimismus<br />
in fast alle<br />
gesellschaftlichen Schichten<br />
Einzug gehalten hat.<br />
Mit diesen Fragen ist auch<br />
die Reichweite des Globalen<br />
Lernens angesprochen. Dabei<br />
geht es allerdings nicht nur<br />
vordergründig um Egoismus<br />
vs. Altruismus. Es stellt sich<br />
auf die Frage <strong>ein</strong>er Zukunftsorientierung,<br />
die auf <strong>ein</strong>e<br />
Welt hinsteuert, die unseren<br />
Kindern die Chance <strong>ein</strong>es<br />
friedlichen Zusammenlebens<br />
lässt <strong>–</strong> und die <strong>ein</strong>e Bekämpfung<br />
der globalen Armut<br />
auch aus <strong>ein</strong>em Eigeninteresse<br />
heraus versteht.<br />
All dies kann im Zusammenhang<br />
mit dem „Leserbrief“<br />
im Arbeitsblatt MIV <strong>–</strong> 8 zur<br />
Sprache kommen.<br />
Die Frage steht im Raum:<br />
„<strong>Wasser</strong> für alle“ <strong>–</strong> wollen wir<br />
das wirklich und was sind wir<br />
bereit, dafür zu tun?<br />
75
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ 15<br />
Das „fi nale Quiz“ MIV <strong>–</strong> 9<br />
verweist auf die wichtigsten<br />
Problemfelder des weltweiten<br />
<strong>Wasser</strong>verbrauchs und die<br />
Perspektiven ihrer Überwindung.<br />
Auch wenn die Antworten<br />
größtenteils geraten oder<br />
durch intelligente Zuordnung<br />
beantwortet werden, so zwingen<br />
sie doch dazu, sich wichtige<br />
Kennziffern noch <strong>ein</strong>mal<br />
vor Augen zu führen. Wichtig<br />
ist, dass bei der Besprechung<br />
alle Gruppen die richtigen<br />
Antworten <strong>ein</strong>tragen!<br />
76<br />
<strong>ein</strong>en Schlüsselsektor für Armutsbekämpfung,<br />
gelenkt werden.<br />
Dies würde allerdings auch voraussetzen,<br />
dass die Menschen bei uns stärker <strong>ein</strong>e globale<br />
Perspektive <strong>ein</strong>nehmen und erkennen, dass weltweite<br />
Armut und <strong>Wasser</strong>knappheit auch unsere<br />
Zukunft bedrohen. „Wer heute nur an sich selber<br />
denkt, verspielt neben der Zukunft anderer<br />
auch s<strong>ein</strong>e eigene“ (Gustav H<strong>ein</strong>emann). Welche<br />
Konsequenzen <strong>ein</strong>e solche globale Sicht haben<br />
müsste, darüber wäre zu streiten, wie auch über<br />
Maßnahmen zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen,<br />
über Energieverschwendung und<br />
bewussteren Umgang mit knappen Ressourcen.<br />
Entscheidend aber wäre wohl der Entschluss,<br />
dass es sich lohnt, eigene Wohlstandsinteressen<br />
und <strong>ein</strong>e nachhaltige Entwicklung immer wieder<br />
gegen<strong>ein</strong>ander abzuwägen und Lebensstil-Entscheidungen<br />
immer wieder neu zu überdenken.<br />
Auf diese Zusammenhänge will der „Leserbrief“<br />
verweisen, ohne fertige Antworten geben zu<br />
können.<br />
IV. Das fi nale<br />
<strong>Wasser</strong>quiz<br />
☞ 15 + MIV <strong>–</strong> 9<br />
Abschließend kann das „Quiz“ auf Arbeitsblatt<br />
MIV <strong>–</strong> 9 als Kopie (z.B. an Kl<strong>ein</strong>gruppen oder<br />
Paargruppen) verteilt werden. Es resümiert <strong>ein</strong>ige<br />
zentrale statistische Daten rund um das<br />
Thema „<strong>Wasser</strong> für alle“. Die Aufgabenstellung<br />
besteht darin, die zehn Zahlen den jeweiligen<br />
Aussagen zuzuordnen. Die Antworten sind<br />
schwierig und müssen wohl größtenteils geraten<br />
werden.<br />
Das Quiz ist somit eher <strong>ein</strong> Hilfsmittel, diese<br />
wichtigen Daten zu transportieren. Für jede richtige<br />
Antwort erhält die Gruppe <strong>ein</strong>en Punkt <strong>–</strong> und<br />
die Siegergruppe vielleicht <strong>ein</strong>en kl<strong>ein</strong>en Preis.
Lösungen zum Arbeitsblatt<br />
MIV <strong>–</strong> 9<br />
40.000.000.000 <strong>–</strong> So viele Stunden im Jahr<br />
verbringen die Menschen all<strong>ein</strong> in <strong>Afrika</strong> damit,<br />
<strong>Wasser</strong> zu besorgen.<br />
Quelle: Diese Schätzzahl für die in <strong>Afrika</strong> zur <strong>Wasser</strong>beschaffung<br />
aufgewendeten Arbeitsstunden stammt von W.J. Crosgrove<br />
und F.R. Rijsberger. Creating a vision for water, life and<br />
environment, in: Policy 1 (1998).<br />
1.160.000.000 <strong>–</strong> So viele Menschen sind ohne<br />
ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung, das ist rund<br />
jeder 5. Erdbewohner/Erdbewohnerin.<br />
Quelle: UNDP: Human Development Report 2003.<br />
2.361.000.000 <strong>–</strong> So viele Menschen sind nicht an<br />
<strong>ein</strong>e ausreichende Sanitärversorgung angeschlossen,<br />
das sind rund 40% der Weltbevölkerung.<br />
Quelle: UNDP: Human Development Report 2003.<br />
5.000 <strong>–</strong> So viele Kinder sterben jeden Tag an<br />
den Folgen durch über das <strong>Wasser</strong> übertragenen<br />
Krankheiten. Das bedeutet, dass alle 15 Sekunden<br />
<strong>ein</strong> Kind durch verunr<strong>ein</strong>igtes <strong>Wasser</strong> stirbt.<br />
Quelle: Unicef (u.a. Weltkindertag 1998).<br />
127 <strong>–</strong> So viel Liter Trinkwasser verbraucht <strong>ein</strong><br />
Deutscher täglich. Es handelt sich um den Haushaltsverbrauch.<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt (Zahl für 2001).<br />
30 <strong>–</strong> So viel Liter Trinkwasser haben die Menschen<br />
in der Sahelzone pro Tag zur Verfügung.<br />
Quelle: R. Petrello, <strong>Wasser</strong> für alle <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> Manifest<br />
(2001).<br />
10.000.000.000 <strong>–</strong> So viel Dollar wären mindestens<br />
zusätzlich pro Jahr notwendig, um das Ziel<br />
zu erreichen, bis 2015 die Zahl der Menschen<br />
ohne ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung (gegenüber<br />
2000) zu halbieren. Die Zahl bezieht sich lediglich<br />
auf die Basiskosten für <strong>ein</strong>en <strong>Wasser</strong>zugang,<br />
nicht etwa auf Anschlüsse an <strong>ein</strong> Leitungsnetz.<br />
Diese Summe müsste also jedes Jahr (zusätzlich<br />
zu den bereits investierten Mitteln) bereitgestellt<br />
werden, um das „Milleniumsziel“ zu erreichen.<br />
Quelle: „Camdessus-Report2003“, hier zitiert nach: F. Brugger,<br />
Some Water for alle or more water for some? Studie Brot für die<br />
Welt 2004.<br />
5 <strong>–</strong> So viel Prozent der Abwässer werden weltweit<br />
zur Zeit ger<strong>ein</strong>igt.<br />
Quelle: R. Petrello, <strong>Wasser</strong> für alle <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>globales</strong> Manifest<br />
(2001).<br />
70 <strong>–</strong> So viel Prozent des weltweiten <strong>Wasser</strong>verbrauchs<br />
fl ießt in die Landwirtschaft. Die LW ist<br />
somit der wichtigste <strong>Wasser</strong>verbraucher. Die Zahl<br />
unterstreicht die Bedeutung des <strong>Wasser</strong>s (und<br />
s<strong>ein</strong>er nachhaltigen Nutzung) für die Ernährung<br />
der Menschheit.<br />
Quelle: UN-Report „Water for people, water for life“ (2003).<br />
1.000 <strong>–</strong> So viel Liter <strong>Wasser</strong> ist notwendig, um<br />
<strong>ein</strong> Kilogramm Weizen zu produzieren. Die Zahl<br />
ist <strong>ein</strong>e globale Durchschnittsziffer und verweist<br />
auf den versteckten <strong>Wasser</strong>gehalt („virtuelles<br />
<strong>Wasser</strong>“) vieler Produkt.<br />
Quelle: S. Neubert, <strong>Wasser</strong> und Ernährungssicherheit; aus<br />
Politik und Zeitgeschehen, B 48 (2001).<br />
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
77
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 1<br />
Ein nachhaltiger Umgang<br />
mit <strong>Wasser</strong><br />
78<br />
9 1<br />
8 2<br />
7 3<br />
6<br />
5<br />
4<br />
m 3<br />
9 1<br />
8 2<br />
7 3<br />
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9 1<br />
8 2<br />
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9 1<br />
8 2<br />
7 3<br />
6<br />
5<br />
4<br />
ökonomische Dimension<br />
<strong>Wasser</strong>preise<br />
Angemessene Entgelte (möglichst kostendeckend)<br />
für den Verbrauch von <strong>Wasser</strong>, aus denen<br />
die Knappheit der Ressource <strong>Wasser</strong> deutlich<br />
wird.<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Kostenbewusster Umgang mit dem <strong>Wasser</strong> durch<br />
Preisgestaltung, Wettbewerb und politische Kontrolle<br />
der Beteiligten.<br />
<strong>Wasser</strong>management<br />
Einbindung aller Beteiligten (Staat, private Firmen,<br />
Bevölkerung) in <strong>ein</strong> effi zientes, ökonomisch<br />
tragfähiges System der <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />
soziale Dimension<br />
<strong>Wasser</strong>versorgung<br />
sozialverträglicher Zugang aller Menschen zum<br />
Lebensmittel <strong>Wasser</strong> in ausreichendem Maße.<br />
Teilhabe/Mitbestimmung<br />
Mitwirkung der Bevölkerung an den Entscheidungen<br />
über Maßnahmen der <strong>Wasser</strong>versorgung und<br />
der Infrastruktur.<br />
Zukunftvorsorge<br />
Erhalt der <strong>Wasser</strong>-Ressourcen für kommende Generationen.<br />
ökologische Dimension<br />
Nachhaltige Nutzung<br />
<strong>Wasser</strong> darf dem Grundwasser, den Flüssen oder<br />
Seen, nur in dem Maße entnommen werden wie<br />
es sich wieder natürlich erneuert.<br />
<strong>Wasser</strong>kreisläufe<br />
Abwässer müssen so aufbereitet hinterlassen<br />
werden, dass sie nicht die Ökosysteme dauerhaft<br />
schädigen.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 2<br />
Steter Tropfen<br />
muss nicht s<strong>ein</strong>!<br />
79<br />
aus: fi fty:fi fty aktuell 9/1998<br />
... <strong>Wasser</strong>, soviel steht fest, ist zu kostbar, als<br />
dass es aus undichten Hähnen und Leitungen<br />
tropfen oder sonst wie verschwendet werden<br />
darf. Einzig die Feuerwehr sollte weder mit<br />
Treibstoff noch mit <strong>Wasser</strong> geizen - für uns Normalverbraucher<br />
darf das Kommando nicht lauten:<br />
„<strong>Wasser</strong> marsch!“. Denn der Überfl uss ist nur <strong>ein</strong><br />
sch<strong>ein</strong>barer, selbst in <strong>ein</strong>em solchen Feuchtgebiet<br />
wie Hamburg.<br />
... Der Preisanstieg für Frischwasser und<br />
Sielgebühren beläuft sich seit 1980 auf immerhin<br />
225 Prozent. Grund genug also, schon aus Kostengründen<br />
jetzt und in Zukunft sparsam damit<br />
umzugehen; und in der Tat ist der Preis der <strong>ein</strong>zige<br />
Hebel (oder besser gesagt: Eimer), mit dem<br />
sich Einsparpotentiale ausschöpfen lassen.<br />
In den Schulen geht das meiste Trinkwasser<br />
durch die Toilettenspülung. Duschen sch<strong>ein</strong>t<br />
demgegenüber bei SchülerInnen kaum noch<br />
angesagt zu s<strong>ein</strong>. Die Umweltbehörde hat ausgerechnet,<br />
dass circa 1,5 m 3 Trinkwasser pro PennälerIn<br />
an Hamburgs Schulen verbraucht werden<br />
- und dass der <strong>Wasser</strong>kostenanteil nur etwa 10<br />
Prozent der Gesamtkosten für den Bereich Energie,<br />
<strong>Wasser</strong> & Müll ausmacht.<br />
Lohnt es sich trotzdem auf Heller und Pfennig,<br />
das <strong>Wasser</strong>sparen, angesichts dieser Ausgangslage?<br />
...<br />
In vielen Gebieten Deutschlands, insbesondere<br />
den ländlichen (auch in der Nachbarschaft<br />
Hamburgs), sind Trinkwasserbrunnen durch Umweltgifte<br />
- vor allem Rückstände aus Dünge- und<br />
Pfl anzenschutzmitteln - gefährdet oder schon<br />
verunr<strong>ein</strong>igt, so dass die Trinkwassergewinnung<br />
immer aufwendiger und damit teurer wird. In<br />
Hamburg werden -zig Millionen Mark für die<br />
Sanierung oder Sicherung von Altlasten aufgewendet,<br />
um die Tiefwasserbrunnen von Verunr<strong>ein</strong>igungen<br />
freizuhalten. Präventiv wird auch an<br />
der Ausweisung zusätzlicher <strong>Wasser</strong>schutzgebiete<br />
gearbeitet, was vor Ort auf starke Widerstände<br />
stößt ...<br />
Weltweit steigt der <strong>Wasser</strong>verbrauch, während<br />
die Trinkwasservorräte knapper werden.<br />
„<strong>Wasser</strong> wird in vielen Städten bald wichtiger<br />
als Öl“, sagte der Generalsekretär der Habitat-<br />
Konferenz in Istanbul, der Gambier N‘Dow, 1996<br />
voraus. Und k<strong>ein</strong>eswegs ist das Problem „nur“<br />
<strong>ein</strong>es der wasserarmen Regionen. In Europa wird<br />
nach <strong>ein</strong>er aktuellen Untersuchung in 86 Prozent<br />
aller landwirtschaftlichen Gebiete der erlaubte<br />
Nitrat<strong>ein</strong>trag ins Grundwasser (gemäß Trinkwasserrichtlinie<br />
der EU) überschritten.<br />
Auch die Stadt Hamburg ist mit ihrem Grundwasserschatz<br />
in früheren Jahrzehnten nicht pfl eglich<br />
umgegangen. Dennoch hat sie den Kampf um<br />
qualitativ gutes Trinkwasser vorläufi g gewonnen,<br />
und auch die Verbrauchsreduzierung macht Fortschritte<br />
- in den Haushalten wie übrigens auch<br />
im Industriebereich, seit es <strong>ein</strong>e Grundwasserentnahmegebühr<br />
für die Industrie gibt.<br />
Es bleibt also dabei, dass weiteres Trinkwassersparen<br />
aus ökologischen und ökonomischen<br />
Gesichtspunkten sinnvoll ist... Die Umweltbehörde<br />
sagt zu dem Thema dies: „Man muss befürchten,<br />
dass weltweit die <strong>Wasser</strong>frage zu <strong>ein</strong>er<br />
Haupt-Überlebensfrage für ganze Regionen und<br />
Völker wird. Als Bewohner <strong>ein</strong>es hochentwickelten<br />
und -technisierten Industriestaats müssen<br />
wir an der Entwicklung wassersparender Produktions-<br />
und Bewässerungsmethoden mitarbeiten.<br />
Und wir müssen Beispiele geben für niedrigen<br />
Verbrauch und für den Schutz von Oberfl ächen-<br />
und Grundwasser. Dafür müssen alle Hamburgerinnen<br />
und Hamburger sensibilisiert werden.“<br />
Aufgabe<br />
Warum ist <strong>Wasser</strong>sparen in Hamburgs Schulen<br />
ökonomisch und ökologisch sinnvoll?<br />
Formulieren Sie <strong>ein</strong>e Zeitungsmeldung von 50<br />
Worten, welche die wichtigsten Argumente zusammenfasst!
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 3<br />
<strong>Wasser</strong>sparen<br />
in Deutschland<br />
ist Unsinn<br />
80<br />
Von Hans-Jürgen Leist und Georgios Magoulas.<br />
FR vom 22.3. 2002<br />
Satzanschlüsse nach Auslassungen wurden angepasst.<br />
... Die hoch entwickelten Industrieländer verbrauchen<br />
etwa 80 Prozent der weltweit umgesetzten<br />
Ressourcen, obwohl hier nur 20 Prozent<br />
der Weltbevölkerung leben. Die Ressource <strong>Wasser</strong><br />
bildet <strong>ein</strong>e Ausnahme: Ein Bürger der Bundesrepublik<br />
Deutschland verbraucht weniger <strong>Wasser</strong><br />
als der globale Durchschnitt ... Global werden<br />
jährlich etwa 646 Kubikmeter <strong>Wasser</strong> je Person<br />
genutzt; in der Bundesrepublik Deutschland<br />
hingegen nur 195 Kubikmeter, also lediglich 30<br />
Prozent des globalen Durchschnitts ... Auch der<br />
Haushaltsverbrauch ist in Deutschland mit etwa<br />
130 Liter pro Tag und Person sehr niedrig; von<br />
den Industrieländern verbrauchen nur die Belgier<br />
etwas weniger.<br />
<strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong>e konstante Ressource<br />
Die global verfügbare <strong>Wasser</strong>menge bleibt weitgehend<br />
gleich. <strong>Wasser</strong> ist <strong>ein</strong>e erneuerbare Ressource:<br />
Der Kreislauf des <strong>Wasser</strong>s führt zu <strong>ein</strong>er<br />
gewissen Selbstr<strong>ein</strong>igung <strong>–</strong> die Verdunstung lässt<br />
gelöste Stoffe zurück, der Boden fungiert als<br />
natürlicher Filter. Grundwasser ist Teil des Kreislaufs<br />
und fl ießt in der Regel nach <strong>ein</strong>igen Jahren<br />
oder Jahrzehnten Untergrundpassage in Bäche<br />
und Seen <strong>–</strong> etwa 80 Prozent des <strong>Wasser</strong>anteils<br />
der Fließgewässer stammen aus dem Grundwasser.<br />
Ein „Ansparen“ von Grundwasser für zukünftige<br />
Generationen ist deshalb nicht möglich ...<br />
Umfragen bestätigen immer wieder, dass „<strong>Wasser</strong><br />
sparen“ als Umweltschutzziel in k<strong>ein</strong>em anderen<br />
europäischen Land <strong>ein</strong>en so hohen Stellenwert<br />
<strong>ein</strong>nimmt wie in Deutschland. Wie ist das zu erklären?<br />
… Trinkwasser ist für den Menschen <strong>ein</strong>e<br />
existenzielle Ressource. Bilder des Mangels, wie<br />
ausgetrocknete und rissige Böden sowie verdurstende<br />
Tiere, sind in den Medien ständig präsent.<br />
<strong>Wasser</strong> und Trinkwasser sind in <strong>ein</strong>em hohen<br />
Grade emotional besetzt. Im Zusammenhang mit<br />
mangelnden hydrogeologischen Kenntnissen, mit<br />
der beständigen Wiederholung der Medien, Trinkwasser<br />
sei <strong>ein</strong>e kostbare und knappe Ressource,<br />
wird der erneuerbaren Ressource <strong>Wasser</strong> der<br />
Charakter <strong>ein</strong>er endlichen, nicht erneuerbaren<br />
Ressource zugeschrieben. ...<br />
Trinkwasser ist <strong>ein</strong> Lebensmittel.<br />
Wie alle Lebensmittel ist es mit <strong>ein</strong>em Verfallsdatum<br />
versehen. Deshalb sollte es möglichst rasch<br />
und zügig vom Gewinnungsgebiet zum Verbraucher<br />
gelangen. Niedrige Strömungsgeschwindigkeiten<br />
im Rohrnetz oder gar Stagnationsphasen<br />
sollten unter allen Umständen vermieden werden,<br />
da sie zu <strong>ein</strong>em Anstieg der Korrosionsraten<br />
im Rohrnetz führen. Infolgedessen kann es zu<br />
<strong>ein</strong>er Erhöhung der Konzentration unerwünschter<br />
Stoffe (Eisen, Zink, Kupfer) im Trinkwasser kommen,<br />
zu farblichen oder geruchlichen Be<strong>ein</strong>trächtigungen<br />
sowie zur Erhöhung der Gefahr <strong>ein</strong>er<br />
Verkeimung. Um die hohe Qualität ihres Produktes<br />
auch bei <strong>ein</strong>em rückläufi gen <strong>Wasser</strong>verbrauch<br />
zu erhalten, sind die <strong>Wasser</strong>werke gezwungen,<br />
die Leitungen häufi ger zu spülen, d.h. an den<br />
Endsträngen Hydranten aufzudrehen, damit das<br />
<strong>Wasser</strong> schneller durchläuft ...<br />
Ein weiterer Rückgang des Trinkwasserverbrauchs<br />
birgt die Gefahr, dass die hygienischen und qualitativen<br />
Gütestandards der Trinkwasserversorgung<br />
be<strong>ein</strong>trächtigt werden ...<br />
Die Nutzung von Regenwasser<br />
Die häufi g öffentlich empfohlene Nutzung von<br />
Regenwasser wird oft mit der Schonung der<br />
„kostbaren“ Grundwasservorräte begründet.<br />
Zudem müsse das Grundwasser nicht aufwendig<br />
und teuer aufbereitet werden, um dann durch die<br />
Toilette zu fl ießen. Diese Kostenargumentation<br />
verkennt jedoch, dass die Aufbereitung des hochwertigen<br />
Grundwassers weniger als 10 Prozent,<br />
Bau und Unterhaltung des Rohrnetzes hingegen<br />
etwa zwei Drittel der fi nanziellen Aufwendungen<br />
der öffentlichen <strong>Wasser</strong>versorgung erfordern.<br />
Dem Einnahmeausfall der öffentlichen <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
steht also k<strong>ein</strong>e entsprechende Kostenreduzierung<br />
gegenüber; der Spülaufwand kann<br />
sogar ansteigen ...<br />
Aufgabe<br />
Warum ist „<strong>Wasser</strong>sparen in Deutschland“ ökologisch<br />
und ökonomisch fragwürdig?<br />
Formulieren Sie <strong>ein</strong>e Zeitungsmeldung von 50<br />
Worten, welche die wichtigsten Argumente zusammenfasst!
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 4<br />
Uganda: Frauen<br />
sammeln Regenwasser<br />
81<br />
Quelle: Brot für die Welt <strong>–</strong> Website<br />
„Menschenrecht <strong>Wasser</strong>“<br />
Wenn ihre vier Kinder abends<br />
im Bett sind, sitzt Specioza<br />
Nyakato (38) am liebsten<br />
frisch gewaschen auf dem Sofa<br />
und hört Radio. Die energische<br />
Frau war selbst am Kampf um<br />
die Absetzung des früheren<br />
Diktators Milton Obote beteiligt<br />
und hält sich über das<br />
politische Geschehen in Uganda<br />
auf dem Laufenden. Dank<br />
der neuen Regenwasserzisterne auf ihrem Gehöft<br />
hat sich der Tagesablauf von Specioza deutlich<br />
entspannt. Früher war sie abends verschwitzt<br />
und todmüde ins Bett gefallen, nach zwei fast<br />
dreistündigen Fußmärschen hinunter ins Tal,<br />
wo sie das Trinkwasser für ihre ganze Familie<br />
am Fluss Kagera holen musste. Die Pumpe des<br />
etwas näher gelegenen Bohrlochs war meistens<br />
kaputt und förderte ohnehin nur rostbraunes,<br />
übelriechendes <strong>Wasser</strong> zu Tage. Jetzt kann sie ihr<br />
<strong>Wasser</strong> direkt vor der Haustür aus der Zisterne<br />
zapfen und die gewonnene Zeit in die Feldarbeit<br />
stecken. Specioza erntet nun soviel Gemüse, das<br />
sie <strong>ein</strong>en Teil davon auf dem Markt verkaufen<br />
kann. Von den Erlösen hat sie das Haus renoviert<br />
und freut sich, ihre Kinder länger in die Schule<br />
schicken zu können.<br />
Gem<strong>ein</strong>sam mit anderen Vertreterinnen von<br />
Frauengruppen aus dem Oruchinga Valley im Südwesten<br />
Ugandas hatte Specioza die Regenwassernutzung<br />
in Kenia kennen gelernt, auf <strong>ein</strong>er von<br />
„Brot für die Welt“ fi nanzierten Studienreise. Die<br />
Erfolge der Frauengruppen dort, die durch den<br />
Bau von Regenwasserzisternen grüne Oasen im<br />
trockenen Hochland geschaffen hatten, gaben ihr<br />
den Mut, ihre Zukunft und <strong>ein</strong>e Maurerkelle in die<br />
eigenen Hände zu nehmen. Für die Organisation<br />
des Zisternenbaus bot sich an, die traditionellen<br />
Sparver<strong>ein</strong>e zu nutzen, in die Frauen in vielen<br />
afrikanischen Ländern regelmäßig kl<strong>ein</strong>e Geldbeträge<br />
<strong>ein</strong>zahlen, um von dem Ersparten größere<br />
Investitionen für Haus und Hof zu fi nanzieren.<br />
Sobald die 10 Mitglieder von Speciozas Sparver<strong>ein</strong><br />
das Geld für <strong>ein</strong>e Regenwasserzisterne zusammen<br />
haben, entscheidet das Los, in welchem<br />
Gehöft die neue Zisterne gebaut wird. Beim Bau<br />
des Zementtanks legen die Frauen selbst Hand<br />
an. Drei Jahre nach Speciozas Keniareise haben<br />
bereits fünf Mitglieder ihres Sparver<strong>ein</strong>s <strong>ein</strong>e<br />
Zisterne in ihren Gehöften, die solange von allen<br />
Frauen genutzt werden, bis jede über <strong>ein</strong>e eigene<br />
Zisterne verfügen wird. Jede Zisternenbesitzerin<br />
ist eifrig darauf bedacht, Wartungsarbeiten und<br />
kl<strong>ein</strong>e Reparaturen an ihrem Regenwasserspeicher<br />
regelmäßig und sorgfältig auszuführen.<br />
Gerade für dünn besiedelte Regionen, in<br />
denen der Aufbau <strong>ein</strong>es <strong>Wasser</strong>leitungssystems<br />
mit Pumpen und Zapfstellen nicht wirtschaftlich<br />
wäre, bietet die Regenwassernutzung <strong>ein</strong>e ideale<br />
Alternative. Im Oruchinga Valley haben die<br />
meisten Hütten <strong>ein</strong> Wellblechdach, die ideale<br />
Auffangfl äche für den Regen. Der sammelt sich in<br />
Dachrinnen und wird zu <strong>ein</strong>er Zisterne geleitet,<br />
die bis zu 10.000 Liter fasst. So können jährlich<br />
30.000 bis 40.000 Liter <strong>Wasser</strong> „geerntet“ werden,<br />
die <strong>ein</strong>er Familie über die trockenen Monate<br />
zum Trinken, Kochen und Waschen reichen. Die<br />
<strong>Wasser</strong>qualität verbessert sich sogar in den Zisternen,<br />
da k<strong>ein</strong> Tageslicht <strong>ein</strong>dringt und Bakterien<br />
so zugrunde gehen.<br />
Dank <strong>ein</strong>es Programms von „Brot für die<br />
Welt“ sollen bald mehr als 1.800 Familien im<br />
Oruchinga Valley <strong>ein</strong>e eigene Zisterne besitzen.<br />
Der lokale Projektträger ACORD bezahlt Frauengruppen,<br />
die bereits zwei Zisternen aus eigenen<br />
Mitteln gebaut haben, Baumaterialien für jede<br />
dritte Zisterne. Projektleiter Charles Rwabambari<br />
ist es außerdem gelungen, die Distriktverwaltung<br />
für die Regenwassernutzung zu interessieren. Im<br />
Rahmen der Dezentralisierung fördert die Regierung<br />
den Aufbau von <strong>Wasser</strong>versorgungssystemen<br />
auf Landkreisebene. Charles ermuntert die Frauengruppen,<br />
sich auf dieser Ebene als Ver<strong>ein</strong>igung<br />
zu organisieren und weitere Pläne für die Verbreitung<br />
der Regenwassernutzung <strong>ein</strong>zureichen. Die<br />
bisherigen Erfolge bei der Lösung ihres <strong>Wasser</strong>problems<br />
geben den Frauen das Selbstvertrauen,<br />
ihrer Stimme auch auf politischer Ebene Gehör zu<br />
verschaffen.<br />
Aufgaben<br />
1. „Ökologische Nachhaltigkeit“: Welche ökologischen<br />
Vorteile sehen Sie in diesem Projekt?<br />
Gibt es auch ökologische Belastungen, die aus<br />
dem Projekt resultieren?<br />
2. Wie kommt es zur Finanzierung der Zisternen?<br />
Welchen Bedeutung haben eigene Ersparnisse<br />
und die Finanzierung von außen (Brot für die<br />
Welt)?<br />
3. „Hilfe zur Selbsthilfe“ <strong>–</strong> Beschreiben Sie, an<br />
welchen Stellen dieser Grundgedanke zum<br />
Tragen gekommen ist.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 5<br />
Entwicklungsziel<br />
der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen:<br />
82<br />
Bis 2015 soll der Anteil der Menschen, die k<strong>ein</strong>en nachhaltigen Zugang<br />
zu sauberem Trinkwasser haben, um die Hälfte gesenkt werden.<br />
1160 Mio. Menschen<br />
ohne Trinkwasserzugang<br />
Weltbank und Währungsfonds:<br />
Das Milleniumsziel wird verfehlt.<br />
„Die Ziele im Gesundheitsbereich zu erreichen,<br />
muss wegen der erheblichen Lücken beim Zugang<br />
zu <strong>Wasser</strong> und bei der Sanitärversorgung<br />
als schwierig angesehen werden. Die Lücken<br />
sind am erheblichsten in Schwarzafrika bezüglich<br />
des <strong>Wasser</strong>s und in Südasien bezüglich der<br />
Sanitärversorgung. Das Ziel, bis 2015 den Anteil<br />
der Bevölkerung ohne Zugang zu sicherem Trinkwasser<br />
und zur Sanitärversorgung zu halbieren,<br />
bedeutet, für zusätzliche 1,5 Mrd. Menschen<br />
die <strong>Wasser</strong>versorgung und für 2 Mrd. Menschen<br />
die Sanitärversorgung sicherzustellen. Mit den<br />
gegebenen Fortschrittsraten, die ungefähr halb<br />
so groß sind, wie sie s<strong>ein</strong> müssten, werden die<br />
meisten Regionen der Erde das Ziel nicht erreichen.<br />
Bei diesen Zuwachsraten wird nur <strong>ein</strong><br />
Fünftel der Länder das Ziel beim <strong>Wasser</strong>zugang<br />
erreichen. Und unter den ärmsten Ländern (Ländern<br />
mit niedrigem Einkommen) sind es nur halb<br />
so viele“.<br />
(Quelle: Development Comitee IWF/Worldbank:<br />
Global Monitoring Report 2004 <strong>–</strong> Policies and<br />
actions for archieving the MDGs and related outcomes,<br />
April 2004.)<br />
Ziel:<br />
maximal 580 Mio. Menschen<br />
ohne Trinkwasserzugang<br />
Jahr 2000 Jahr 2015<br />
Was zwischen 1990 und 2000 erreicht wurde<br />
Anteil der Bevölkerung<br />
mit Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />
Region 1990 2000<br />
Welt 77% 82%<br />
Schwarzafrika 54% 58%<br />
Südasien 72% 85%<br />
Lat<strong>ein</strong>amerika 82% 86%<br />
Quelle: Implementation of the UN-Millenium goals<br />
<strong>–</strong> Report of the Secretary-General (2002)
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 6<br />
Wie die <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
in der „Dritten Welt“<br />
verbessert werden könnte<br />
83<br />
Wenn die <strong>Wasser</strong>versorgung der Menschen verbessert<br />
werden soll, sind verschiedene Maßnahmen<br />
notwendig: Technische Neuerungen, aber<br />
auch politische Weichenstellungen und die Bereitstellung<br />
der notwendigen fi nanziellen Mittel.<br />
Damit Sie <strong>ein</strong>e Vorstellung von diesen umfassenden<br />
Aufgaben erhalten, sind hier auf dieser Seite<br />
verschiedene Maßnahmen aufgelistet.<br />
1. Bitte ordnen Sie diese Maßnahmen den drei<br />
Rubriken zu. Welche gehören zu den „politischen<br />
Reformen“, welche zu den „technischen<br />
Lösungen“ oder zu den notwendigen „ökonomischen<br />
Maßnahmen“? Tragen Sie die Maßnahmen<br />
unten in die Tabelle <strong>ein</strong>.<br />
2. Wählen Sie drei Maßnahmen aus, die Sie für<br />
die wichtigsten halten. Begründen Sie den<br />
Stellenwert dieser Maßnahmen und warum Sie<br />
diese ausgewählt haben.<br />
3. Erläutern Sie den Nutzen, aber auch Kosten<br />
und Aufwand von <strong>ein</strong>er der hier aufgezählten<br />
„Maßnahmen“. Was ist notwendig, um diese<br />
Maßnahme umzusetzen?<br />
Politische Reformen<br />
Technische Lösungen<br />
Ökonomische Maßnahmen<br />
Maßnahmen<br />
Maßnahmen:<br />
• Finanzielle Zuschüsse für Bauern, die<br />
Investitionen zum <strong>Wasser</strong>sparen unternehmen<br />
• Unabhängige und verlässliche Beratung und<br />
Zuschussgewährung<br />
• Beratung zur Umstellung auf Produkte mit<br />
geringerem <strong>Wasser</strong>bedarf<br />
• Beratung zur Vermeidung von Bodenerosion<br />
• Eindeutige Bodenrechtsbestimmungen<br />
• Tropf <strong>–</strong> statt Oberfl ächenbewässerung<br />
• Nachtbewässerung<br />
• Unterfolienbewässerung<br />
• Mehrfachnutzung von geklärten Abwässern<br />
• Einführung kostengünstiger Klärsysteme<br />
• Maßnahmen zur Verringerung der<br />
Bodenerosion (St<strong>ein</strong>wälle, Bepfl anzung,<br />
Aufforstung)<br />
• Staatliche Ausgabenprioritäten zugunsten<br />
<strong>ein</strong>er verbesserten <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
• Internationale Geber unterstützen das<br />
verbesserte <strong>Wasser</strong>management<br />
• Schuldenerleichterungen
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 7a<br />
Aufruf<br />
der Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen<br />
84<br />
Es gibt <strong>ein</strong>e <strong>Wasser</strong>-Krise. Es ist <strong>ein</strong>e Krise der<br />
Regierungsfähigkeit und es ist <strong>ein</strong>e Krise, welche<br />
direkt das Leben, den Lebensunterhalt und das<br />
Wohlergehen betrifft, wie sie tagtäglich erfahren<br />
werden. Trotz mancher Aktion und mancher<br />
strategischen Planung ist es so, dass Tag für Tag<br />
und Jahr für Jahr das Alltagsleben von <strong>ein</strong>er<br />
alarmierenden Anzahl von Menschen sich beständig<br />
verschlechtert hat und es dies auch weiter so<br />
tut, wenn wir davon ausgehen, dass alles bleibt<br />
wie es ist. Es gilt die Tatsache festzuhalten, dass<br />
<strong>ein</strong> Erreichen der „Millenium-Ziele“ bis zum Jahr<br />
2015 das Alltagsleben von mehreren Milliarden<br />
Menschen verbessern wird, doch viele Länder<br />
sind noch nicht auf dem Weg, diese Ziele zu<br />
erreichen. Werden die Ziel ganz oder teilweise<br />
verfehlt, so werden viele Millionen Menschen in<br />
Armut leben.<br />
Wir wissen, wie schwierig der Weg zum<br />
Erreichen dieser Ziele s<strong>ein</strong> wird. Was wir nicht<br />
wissen ist, ob wir überhaupt in der Lage s<strong>ein</strong><br />
werden, diese zu erreichen. Aber es gibt <strong>ein</strong><br />
wichtiges Instrument, Fortschritt zu messen und<br />
mit dessen Hilfe man im Sinne <strong>ein</strong>er Verstärkung<br />
der Bemühungen handeln kann. Wenn die Mütter<br />
der Welt sehen, dass ihre Kinder gesünder und<br />
besser ernährt sind, werden sie wissen, dass es<br />
Fortschritt gegeben hat. Diese Dinge wären der<br />
beste Indikator.<br />
THE ROLE OF THE<br />
UNITED NATIONS<br />
Was auf dem Spiel steht ist die Frage, ob wir<br />
<strong>–</strong> die Familie der Nationen, der Länder, der lokalen<br />
Gem<strong>ein</strong>schaften und der Individuen <strong>–</strong> stolz<br />
sagen können, dass wir jede Möglichkeit genutzt<br />
und jedes Quentchen Talent und Energie aufgewendet<br />
haben, um in Richtung auf dieses angestrebte<br />
Ziel zu tätig zu werden. Obwohl es in der<br />
Tat <strong>ein</strong> entmutigend großes Vorhaben ist, das vor<br />
uns liegt, so muss doch jeder von uns s<strong>ein</strong>e Aufgabe<br />
wahrnehmen, unseren Planeten und unsere<br />
Menschen wieder gesund zu machen. Weil es <strong>ein</strong><br />
erweitertes Wissen über die Zusammenhänge gibt<br />
und weil dadurch jedermann in die Lage versetzt<br />
ist, etwas zu tun, gibt es <strong>ein</strong>e Verantwortung, die<br />
wir alle annehmen können und müssen. Wir sind<br />
alle beteiligt an dem, was mit der Erde geschieht,<br />
und erst das Zusammenführen der Aufgaben, die<br />
Regierungen, Institutionen, Gem<strong>ein</strong>schaften und<br />
Einzelne haben, kann all<strong>ein</strong> Fortschritte bringen.<br />
Wenn man das aufgibt, liefert man die Erde und<br />
ihre Bewohner <strong>ein</strong>er Welt ohne Hoffnung aus.<br />
Quelle: The United Nations World Water Development<br />
Report (2003).<br />
Aufgaben<br />
1. Unterstreichen Sie zwei Sätze, die Sie für die<br />
wichtigsten in diesem Text halten (warum?).<br />
2. Jeder muss s<strong>ein</strong>e Aufgabe wahrnehmen - wie<br />
könnte Ihre Rolle beim Kampf gegen die<br />
Armut und für <strong>ein</strong>e verbesserte <strong>Wasser</strong>versorgung<br />
aussehen?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IIV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 7b<br />
Aufruf<br />
der Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen<br />
85<br />
There is a water crisis. It is a crisis of governance,<br />
and it is a crisis directly impacting life,<br />
livelihoods and well-b<strong>ein</strong>g as these are experienced<br />
each day. Despite some action, despite<br />
some strategic planning, on a day-to-day basis<br />
and from year to year, the everyday lives of an<br />
alarming number of people have steadily worsened<br />
and will continue to do so if we assume<br />
buisiness as usual. The fact remains thought<br />
that reaching the Millenium targets by 2015 will<br />
improve the daily lives of several billion people,<br />
yet many countries are still not on track to reach<br />
those targets. If they are not reached, or are only<br />
partially achieved, many millions of people will<br />
subsist in poverty.<br />
We know how diffi cult the road to attaining<br />
these targets will be. What we do not know is<br />
whether or not we are even able to attain them.<br />
But they are an essential tool for gauging progress<br />
and act as incentives to push on. When the<br />
mothers of the world see that their children are<br />
healthier, that they are better fed, they will know<br />
that progress has been made. These are the best<br />
indicators.<br />
What is at stake is whether we <strong>–</strong> the family<br />
of nations, countries, local communities<br />
and individuals <strong>–</strong> can honestly say that we have<br />
seized every opportunity and mustered every bit<br />
of talent and energy to work towards the desired<br />
goal. Although it is indeed a daunting task<br />
THE ROLE OF THE<br />
UNITED NATIONS<br />
that faces us, every one of us has a role to play<br />
in bringing our planet and our people back to<br />
health. Ensuring a broader knowledge base and<br />
thus empowering everyone to act, is a responsibility<br />
we all can <strong>–</strong> and must <strong>–</strong> assume. We are all<br />
stakeholders in the Earth, and integrating the<br />
efforts of goverments, institutions, communities<br />
and individuals is the only way in which we press<br />
forward. To give up is to abondom the Earth and<br />
its inhabitants to a world without hope.<br />
Quelle: The United Nations World Water Development<br />
Report (2003).<br />
Vokabeln<br />
livelihood Lebensunterhalt<br />
to subsist hier: leben<br />
to gauge messen<br />
to be at stake auf dem Spiel stehen<br />
to muster aufbieten<br />
to daunt entmutigen<br />
to abandom überlassen<br />
Aufgaben<br />
1. Übersetzen Sie bitte den Text.<br />
2. Unterstreichen Sie zwei Sätze, die Sie für die<br />
wichtigsten in diesem Text halten (warum?).<br />
3. „Every one has a role to play“ <strong>–</strong> wie könnte<br />
Ihre Rolle im Kampf gegen Armut und für <strong>ein</strong>e<br />
verbesserte <strong>Wasser</strong>versorgung aussehen?
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 8<br />
Neue UN-<br />
<strong>Wasser</strong>dekade:<br />
Eine weltweite<br />
Verlogenheit?<br />
86<br />
Leserbrief aus der<br />
Rondsdorfer Allgem<strong>ein</strong>en Zeitung<br />
vom 6.1. 2004<br />
Die von den Ver<strong>ein</strong>ten Nationen ausgerufene<br />
Dekade „Water for life“ für die Jahre 2005 bis<br />
2015 (vgl. RAZ vom 27.12. 2003) ist <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige<br />
Heuchelei und an Verlogenheit nicht mehr zu<br />
überbieten. Jeder kann sich ausrechnen, dass<br />
die Menschheit in dieser Dekade dem Ziel, ausreichend<br />
Trinkwasser für alle zur Verfügung zu<br />
stellen, kaum näher kommen wird. Es gibt weder<br />
in der internationalen Politik noch in der Bevölkerung<br />
den ernsthaften Willen, dieses Ziel mit<br />
Nachdruck zu verfolgen.<br />
Deutlich wird dies schon durch die mangelhafte<br />
Bereitschaft der reichen Länder, für<br />
die <strong>Wasser</strong>dekade zusätzliche Finanzmittel aufzubringen.<br />
Im Gegenteil: Während immer neue<br />
gut klingende Beschlüsse gefasst werden, ist<br />
nirgendwo erkennbar, dass es mehr Mittel für<br />
Entwicklungszusammenarbeit geben wird. Diese<br />
stagnieren seit <strong>ein</strong>igen Jahren. All<strong>ein</strong> im <strong>Wasser</strong>sektor<br />
wären mindestens 10 Mio. Dollar pro Jahr<br />
zusätzlich notwendig, um das Ziel zu erreichen,<br />
bis 2015 die Zahl der Menschen ohne Trinkwasser<br />
zu halbieren. Doch die Menschen in Nordamerika<br />
und Europa rufen nach Steuererleichterungen<br />
und denken nicht im Traum daran, zusätzliche<br />
Mittel bereit zu stellen.<br />
Noch deutlicher wird diese Gleichgültigkeit<br />
an der Weigerung, etwas gegen die weitere<br />
Klimaerwärmung auf der Erde zu tun, die nach<br />
Überzeugung der Experten das <strong>Wasser</strong>problem<br />
massiv vergrößern wird. Die Treibhausgase<br />
nehmen weltweit zu <strong>–</strong> Deutschland gehört da<br />
zu den rühmlichen Ausnahmen. Doch wenn die<br />
Klimaerwärmung tatsächlich gestoppt werden<br />
soll, wäre <strong>ein</strong>e drastische Senkung unseres Energieverbrauchs<br />
und <strong>ein</strong> Umschwenken auf erneuerbare<br />
Energien notwendig. Wer bei uns aber ist<br />
bereit, s<strong>ein</strong>e Autofahrten zu reduzieren oder den<br />
Mehrpreis für Strom aus regenerativen Energien<br />
zu bezahlen?<br />
So ist die neue <strong>Wasser</strong>dekade der Ver<strong>ein</strong>ten<br />
Nationen nichts anderes als <strong>ein</strong>e Showveranstaltung,<br />
mit der wir so tun, als läge uns das Armutsthema<br />
<strong>Wasser</strong> am Herzen. Derartige Beschlüsse<br />
sind <strong>ein</strong> Alibi für unser Nichts-Tun. Wir sollten<br />
ehrlich s<strong>ein</strong> und lieber <strong>ein</strong>e Dekade für nationalen<br />
Egoismus, internationale Gleichgültigkeit und<br />
unterlassene Hilfeleistung ausrufen. Dies aber<br />
würden unsere Zeitgenossen genauso wenig zur<br />
Kenntnis nehmen wie die jetzt beschlossene UN-<br />
<strong>Wasser</strong>dekade.<br />
Dr. R. S.<br />
<strong>Wasser</strong>bauexperte<br />
Anfragen<br />
1. Teilen Sie die negative Auffassung in diesem<br />
Leserbrief über die neue UN-<strong>Wasser</strong>dekade?<br />
Was würde dafür sprechen, <strong>ein</strong>e solche Dekade<br />
auszurufen?<br />
2. Stimmt es, dass alle nur noch an sich denken<br />
und dass der nationale Egoismus triumphiert?<br />
Oder entdecken Sie doch in der internationalen<br />
Politik Anzeichen von Solidarität?<br />
3. Die Armut in der Welt <strong>–</strong> für uns k<strong>ein</strong> Thema?<br />
Hat für Sie dieses Thema irgend <strong>ein</strong>en Stellenwert?<br />
Was wären Sie persönlich an Engagement,<br />
Zeit, Nachdenken oder Geld bereit, für<br />
<strong>ein</strong>e Beseitigung der glbalen Armut zu „investieren“?<br />
4. Schreiben Sie <strong>ein</strong>en Leserbrief <strong>–</strong> <strong>ein</strong>e Antwort<br />
an den <strong>Wasser</strong>bauexperten Dr. R.S.
Unterrichts<strong>ein</strong>heit IV<br />
☞ MIV <strong>–</strong> 9<br />
Das fi nale<br />
<strong>Wasser</strong>quiz<br />
87<br />
40.000.000.000<br />
Ordnen Sie folgende Zahlen den Texten zu.<br />
30<br />
5 10.000.000.000 70<br />
2.361.000.000<br />
5.000<br />
1.000<br />
So viele Stunden im Jahr verbringen die Menschen all<strong>ein</strong> in<br />
<strong>Afrika</strong> damit, <strong>Wasser</strong> zu besorgen.<br />
So viele Menschen sind ohne ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung.<br />
So viele Menschen sind nicht an <strong>ein</strong>e ausreichende Sanitärversorgung<br />
angeschlossen.<br />
So viele Kinder sterben jeden Tag an den Folgen durch über das<br />
<strong>Wasser</strong> übertragenen Krankheiten.<br />
So viel Liter Trinkwasser verbraucht <strong>ein</strong> Deutscher täglich.<br />
So viel Liter Trinkwasser haben die Menschen in der Sahelzone<br />
pro Tag zur Verfügung.<br />
So viel Dollar wären mindestens zusätzlich pro Jahr notwendig,<br />
um das Ziel zu erreichen, bis 2015 die Zahl der Menschen ohne<br />
ausreichende <strong>Wasser</strong>versorgung (gegenüber 2000) zu halbieren.<br />
So viel Prozent der Abwässer werden weltweit zur Zeit ger<strong>ein</strong>igt.<br />
So viel Prozent des weltweiten <strong>Wasser</strong>verbrauchs fl ießt in die<br />
Landwirtschaft.<br />
127<br />
1.160.000.000<br />
So viel Liter <strong>Wasser</strong> ist notwendig, um <strong>ein</strong> Kilogramm Weizen zu<br />
produzieren.
Herausgeber:<br />
<strong>Koordination</strong> <strong>Südliches</strong> <strong>Afrika</strong><br />
in Kooperation mit dem Welthaus Bielefeld<br />
August-Bebel-Str. 62<br />
D-33602 Bielefeld<br />
Tel.: 0521-9 86 48-51/52<br />
Fax: 0521-6 37 89<br />
kosa@kosa.org<br />
www.kosa.org<br />
ISBN: 3-934645-12-7<br />
Gefördert durch:<br />
<strong>Wasser</strong><br />
ist nichts <strong>–</strong><br />
solange du es hast.<br />
Tuareg - Sprichwort