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Danach suche ich die Alte Jatki auf. Hier standen seit dem Mittelalter Krambuden, in<br />
denen Fleisch verkauft wurde. Daraus wurden in der Gegenwart Kunstgalerien, die<br />
Schmuck, Bildhauerei, Glas- und Gewebewerke sowie Gemälde unter-schiedlicher Art<br />
anbieten. An die historische Aufgabe erinnert das Denkmal „Zur Ehre der Schlachttiere“<br />
(Tierskulpturen in natürlicher Größe). Ein Schäferhund traute dem Frieden nicht; er<br />
wollte sich nicht nähern ...<br />
Über den Ring zum Salzmarkt. 1453 trat hier der Bettelmönch Johannes Cape-strano<br />
fanatisch auf, ließ sich Schmuck geben, verbrannte ihn und – Türken-, Hussiten- und Judenhasser<br />
– ließ er vierzehn Juden vierteilen und 41 verbrennen. Für die entsetzlichen<br />
Nazi-Gräuel gab es schlimme mittelalterliche „Vorbilder“.<br />
Sonntag, 8. August. Die Christophori-Kirche füllt sich, u. a. ein Pfarrerehepaar aus<br />
Australien, junge Niederländer, dann erwarten wir noch Johanniter, die morgen eine Radtour<br />
durch Schlesien beginnen. Es ist der 10. Sonntag nach Trinitatis – der Israel-Sonntag.<br />
In der Predigt spreche ich die Nazi-Verbrechen gegenüber den Breslauer Juden an. Der<br />
Leiter der Johanniter spricht ein Grußwort. Mit Kindern und Jugendlichen werden sie in den<br />
nächsten Tagen unterwegs sein und ihnen Schlesien zeigen. Sie wollen nach Kreisau, wo<br />
sich Widerständler gegen Hitler trafen, und auf die Schneekoppe.<br />
Nachmittags lese ich im Pfarrgarten „Breslau - Die Biografie einer deutschen Stadt“.<br />
Spannend! Um Breslau haben sich die Mächtigen (oder die sich dafür hielten) immer wieder<br />
in der Geschichte gestritten. Gegen halb Sechs aus (fast) heiterem Himmel ein paar<br />
Regentropfen. Keine zwei Minuten später schüttet es aus Kübeln! Nach einer halben<br />
Stunde ist alles vorüber – der Erdboden ist erfrischt, und die Sonne lacht wieder.<br />
Dienstag, 10. August. Pfarrer Fober bringt mich zum deutschen Soldatenfriedhof Groß<br />
Nädlitz. Ich suche nach einem deutschen Soldaten, der seiner Familie als vermisst gemeldet<br />
wurde. Im Namensbuch des Friedhofes finde ich den Eintrag „1. Mai 1945 – Breslau“.<br />
Dazu „Vermisst“. Das bedeutet, der Gesuchte liegt nicht auf dem Friedhof.<br />
11. und 12. August. Mit dem Rad bin ich zur Dominsel gefahren. Später entdecke ich<br />
die Markthalle, die aus einem ungewöhnlichen Winkel – die beiden Türme dominieren – in<br />
meinem Malblock festgehalten<br />
wird. Auf dem<br />
Rückweg stoße ich an<br />
der Jahrhunderthalle<br />
auf eine deutsche<br />
Gruppe. Wir kommen<br />
ins Gespräch. „Kennen<br />
Sie Pastor Feige?“ Aus<br />
dieser zufälligen Begegnung<br />
wird eine Verabredung<br />
für den kommenden<br />
Tag um 11 Uhr<br />
an der Christophori-<br />
Kirche.<br />
12<br />
ressierte Männer waren wohl noch nie in der Küche zugegen gewesen, als aber nach<br />
dem Schmaus die Spülmaschine streikte, waren dann doch Frauenhände tätig. Während<br />
es aus den Öfen immer verheißungsvoller duftete, spielten wir gemeinsam mit den Kindern<br />
Monopoly, die polnische Variante, in der eine ganze Straße übrigens ab 25 EUR zu<br />
haben ist – viel weniger Null-Blasen als im (ver-)goldeten Westen. Die Senioren waren<br />
fröhlich mit Abba-Musik und Klönschnack, weniger in Zocker-Laune, da fehlte unser Motivator-Vikar.<br />
Allein der Probst bewies den Mut, sich mit einer sechsjährigen im Memory zu<br />
messen, worin die Kleinen ja meist Spezialisten sind. Glücklich in den ersten wärmeren<br />
Sonnenstrahlen spielend endete unser Beisammensein nach dem Genuss eines Berges<br />
von Berlinern.<br />
Annemarie von Kap-herr<br />
Ein halbes Jahrhundert und noch einige Jahre mehr<br />
Aus der Geschichte an der Friedenskirche zu Schweidnitz<br />
Es war der Ostermontag<br />
1936, als man mich<br />
zur Taufe in die Friedenskirche<br />
von Schweidnitz<br />
trug. Meine Paten (2<br />
Schwestern und 2 Brüder<br />
meiner Mutter) waren,<br />
festlich gekleidet, aus<br />
Breslau zu uns gekommen.<br />
Ich war nicht der<br />
einzige Täufling an diesem<br />
Tag. Wie auch – damals<br />
gehörten ja noch 70<br />
% der Bewohner unserer<br />
Stadt, sowie die umliegenden<br />
Dörfer, zu der ev.<br />
Gemeinde dieser Kirche und 5 Pastoren amtierten an ihr. Wer hätte an diesem Ostertag<br />
gedacht, dass das kleine Mädchen, welches sein Onkel über den Taufstein hielt, einmal<br />
jahrzehntelang die Organistin und der Gemeindeleiter von einer kleinen Anzahl von Gläubigen<br />
wird, denen man, nach dem 2. Weltkrieg, an diesem Gotteshaus noch das Evangelium<br />
in deutscher Sprache verkündete!<br />
Meine Mutter war schon 1930 ein aktives Gemeindeglied der Friedenskirche. Ein altes<br />
Foto, aus unserem Familienalbum, zeigt sie und meine ältere Schwester als Teilnehmer<br />
eines Krippenspiels im neu erbauten Gemeindehaus. In meinem Elternhaus war Nächstenliebe<br />
nicht nur ein christliches Gebot, sondern eine Selbstverständlichkeit. Das haben<br />
meine Eltern auch vor, im und nach dem schrecklichen Krieg bewiesen.<br />
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