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Claudia Pechstein Teil 5 - St. Marien-Krankenhaus Siegen

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<strong>Claudia</strong> <strong>Pechstein</strong> <strong>Teil</strong> 5:<br />

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6. November 2010<br />

Blut-Doping-Verfahren – Literatur-Zusammenstellung<br />

gekürzte Fassung<br />

Seite<br />

1 Einleitung 2<br />

2 Gesamt-Einordnung 3<br />

3 Blut-Doping-Konzepte – Grundvoraussetzungen: Rechnerisch in einem<br />

unphysiologisch-statischen Modell<br />

5<br />

4 Blut-Doping-Konzepte 6<br />

4.1 Epo einmalig hoch-dosiert 6<br />

4.2 Epo einmalig hoch-dosiert mit oder ohne Eisen 7<br />

4.3 Epo hoch-dosiert zwei Gaben plus Eisen 8<br />

4.4 Epo niedrig-dosiert täglich gegeben für 4 Wochen + Eisen 9<br />

4.5 Epo niedrig-dosiert 3 x pro Woche für 4 Wochen + Eisen 10<br />

4.6 Epo Mikrodosis-Konzept plus Eisen (Ashenden) 11<br />

4.7 Hematide einmalig gegeben plus Eisen 12<br />

4.8 Androgene/Anabolika 13<br />

4.9 Wachstumshormone und verwandte Substanzen IGF-1 19<br />

4.10 G-CSF – Wachstumsfaktoren für die <strong>St</strong>imulierung der weißen<br />

Blutkörperchen nach Chemotherapie<br />

22<br />

4.11 Eigenblut-Entnahme plus Eisen und Retransfusion 22<br />

5 Zu Manipulationsmöglichkeiten bei den Blutparametern<br />

Retikulozytenzahl, Hämoglobinwert und Hämatokrit<br />

24<br />

5.1 Natürliche Schwankungen von Erythrozytenzahl, Hämoglobinwert und<br />

Hämatokrit<br />

24<br />

5.2 Manipulationsmöglichkeiten für Erythrozytenzahl, Hämoglobinwert und<br />

Hämatokrit (die mir bekannten)<br />

25<br />

6 Hinweis 26


1 Einleitung<br />

Frau <strong>Pechstein</strong> wurde wegen Blutdopings zu einer 2-jährigen Sperre verurteilt. Für solches<br />

Doping stehen unbegrenzt viele Möglichkeiten zur Verfügung: Erythropoetin und seine<br />

unzähligen verwandten und analogen Substanzen sowie viele andere Substanzen mit blutstimulierenden<br />

Eigenschaften.<br />

Neben klassischem Erythropoetin und seinen Varianten stehen folgende Epo-analoge<br />

Substanzen oder Verfahren zur Verfügung:<br />

1. Unzählige Epo-Mimetics wie Hematide; sie wirken wie Epo (ahmen Epo nach)<br />

haben aber eine ganz andere <strong>St</strong>ruktur<br />

2. Vielfältige gentherapeutische Ansätze. Als Beispiel sei „Repoxygen“ genannt,<br />

das im Kontext „Springstein“ aufgefallen ist. Mit einem „adenoviralen genshuttle“<br />

(ich habe das auch noch nie gemacht) wird das Epo-Gen von Adenoviren in<br />

Muskelzellen eingeschleust und produziert dann dort Epo.<br />

3. Zahlreiche Induktoren der Epo-Sythese. Es handelt sich dabei um sehr<br />

unterschiedlich in die Epo-Biologie eingreifende Substanzen. Dabei funktioniert<br />

das Wirkprinzip in einigen Fällen um mehrere Ecken. Zum Beispiel inhibiert die<br />

Substanz „FG-2216“ die Funktion des Enzyms Prolylhydroxylase, das für den<br />

Abbau des so genannten „Hypoxie-induzierten Faktors“ verantwortlich ist. Durch<br />

die so erreichte HIF-<strong>St</strong>abilisierung wird das EPO-Gen überexprimiert.<br />

4. Chimäre Epo-Proteine und Kombinationssubstanzen<br />

Im Kontext Blutdoping wird oft über den Hämoglobingehalt des Blutes, den Hämatokritwert<br />

und die Zahl der Retikulozyten gesprochen. Der Hämatokrit gibt den Prozentsatz an, den<br />

rote Blutkörperchen am Blut einnehmen; ein Wert von 45% bedeutet, dass die Erythrozyten<br />

45% des Blutes ausmachen; der Rest ist Flüssigkeit. Die weißen Blutkörperchen und die<br />

Blut-Plättchen nehmen nur einen ganz geringen Volumenanteil ein und können beim<br />

Hämatokrit vernachlässigt werden.<br />

Auch wenn der Hämoglobin-Gehalt des Blutes im Dopingkontext oft diskutiert wird, ist die<br />

Vergrößerung der Gesamtmasse des Hämoglobins des Körpers auch von großer<br />

Wichtigkeit. Die Leistungsfähigkeit eines Ausdauer-Sportlers steigt, wenn er mehr<br />

Hämoglobin pro ml Blut hat. Sie steigt in gewissem Rahmen aber auch, wenn er bei<br />

gleichem Hämoglobingehalt 6 statt 5 Liter Blut hat. Jede Form von Blut-Doping vergrößert<br />

beide Parameter: Es ist umstritten, welcher der beiden Effekte wichtiger ist. Wenn Herzkraft<br />

und Lungen die Leistung limitieren, ist es wichtig, dass pro Herzschlag möglichst viel<br />

Sauerstoff transportiert wird. Eine höhere Hämoglobinkonzentration (pro 100ml) bedeutet,<br />

dass bei gleicher mechanischer Arbeit mehr Sauerstoff pro Herzaktion gefördert wird. Das<br />

vergrößerte Blutvolumen ist bei dieser Problematik nur dahingehend von Bedeutung, dass je<br />

mehr Blut vorhanden ist, dieses umso besser von der arbeitenden und damit pumpenden<br />

Muskulatur zum Herz zurück transportiert wird.<br />

Problematisch ist, dass die Gesamtmasse des Hämoglobins nur indirekt z. B. durch CO-<br />

Rückatmungstechniken gemessen werden kann, wie von Prof. Dr. Schmidt, Bayreuth,<br />

beschrieben.<br />

2


In dieser <strong>St</strong>ellungnahme sollen folgende Themen behandelt werden.<br />

1. Gesamt-Einordnung des Blutdoping-Problems<br />

2. Blut-Doping rechnerisch in einem unphysiologischen-statischen Modell<br />

3. Welche Verfahren des Blut-Dopings stehen zur Verfügung?<br />

4. Durch welche Verdünnungsmaßnahmen kann Blutdoping verdeckt werden?<br />

2 Gesamt-Einordnung<br />

Dr. Pöttgen, Darmstadt – Medizinischer Leiter IRONMAN GERMANY<br />

Ski-Langläufer Wie weit verbreitet Blut-Doping ist oder zumindest war, kann u.a. in<br />

der Arbeit von Dr. Pöttgen nachgelesen werden. So lagen 1999 bei<br />

der Ski-Langlauf-WM alle männlichen Medaillengewinner mit ihrem<br />

Hämoglobinwert über 17 g/dl. Heute erhielten alle diese Sportler eine<br />

„Schutzsperre“ und hätten an den Wettbewerben nicht teilnehmen<br />

können. Heute gibt es nicht mehr viele Langläufer mit solchen<br />

Werten. In Wikipedia kann man nachschauen, wer damals die<br />

Medaillengewinner waren („WM 1999“ eingeben und dann nach<br />

„nordische Ski-WM“ suchen): u.a. Dählie, Hjelmeset, <strong>St</strong>adlober, die<br />

4x10-km-<strong>St</strong>affel aus Österreich, die üblichen Finnen, die norwegische<br />

<strong>St</strong>affel, die italienische <strong>St</strong>affel und so weiter.<br />

Abbildung von Dr. Pöttgen:<br />

3


Die Schwankungen des mittleren Hämoglobinwertes der Ski-<br />

Langläufer sind durch keine biologische Gegebenheit erklärbar.<br />

Einzelne Sportler haben von Natur aus hohe Blutwerte. Wenn sich<br />

jedoch die Mittelwerte eines ganzen Kollektivs mit der Veränderung<br />

der Grenzwerte für Sperren verändert, ist dies nur durch Manipulation<br />

erklärbar. Im Einzelfall mag es sich um Effekte von Höhen-<br />

Trainingslagern handeln. Für die in der Abbildung dargestellten Werte<br />

muss man sehr, sehr lange in Höhentrainingslagern und auf sehr<br />

großer Höhe sein – und zwar alle Ski-Langläufer.<br />

K. Pöttgen: Biomonitoring Blut beim Athleten als indirekter<br />

Manipulationsnachweis. Medical Triathlon World 2008: Seiten 5-9<br />

Eisschnell-Läufer Während bei Ski-Langläufern Blut-Doping zumindest zeitweise<br />

zumindest häufig wenn nicht flächendeckend von Spitzenathleten<br />

eingesetzt wurde, war es bei den Eisschnell-Läufern zumindest in der<br />

Olympia-Saison 2006 keinesfalls weit verbreitet. Das wird aus der<br />

Publikation von Kuipers et al deutlich, nach der die<br />

Olympiateilnehmer in dieser Disziplin eine normal verteilte<br />

Hämoglobinwert-Kurve wie die altersgleiche Normalbevölkerung<br />

hatten. Das heißt, die Spitzensportler hatten Hämoglobinwerte wie<br />

alle anderen auch. Es gab auch keine Asymmetrie der Kurve mit<br />

vielen Werten in der Nähe der Spergrenzen.<br />

Allerdings muss man hier etwas vorsichtig sein, denn Prof. Dr.<br />

Kuipers ist einerseits der Erstautor dieser <strong>St</strong>udie und andererseits der<br />

Doping-Kontrolleur der International Skating Union. Er hat somit in<br />

dieser Publikation die Qualität seiner eigenen Doping-Kontroll-Arbeit<br />

überprüft. Wie aus meiner <strong>St</strong>ellungnahme „<strong>Pechstein</strong> 3 – die Arbeit<br />

der Doping-Kontrolleure“ zeigt, sind hier Zweifel angebracht, ob er<br />

wirklich mit letzter Konsequenz Dopingsünder sucht.<br />

Kuipers H, Moran J, Mitchell DW, Shobe J, Dubravcic-Simunjak S,<br />

Sakai H, Ambartsumov R: Hemoglobin levels and athletic<br />

performance in elite speed skaters during the olympic season 2006.<br />

Clin J Sport Med 17: 135-139, 2007.<br />

4


3 Blut-Doping-Konzepte – Grundvoraussetzungen<br />

Blut-Doping Was auch immer zur <strong>St</strong>imulation der Bildung roter Blutkörperchen<br />

eingesetzt wird, an der Biologie der Erythropoese kommt es nicht<br />

vorbei. Drei Gesetzmäßikeiten beherrschen diese Biologie.<br />

1. Diese Biologie besteht darin, dass eine Vermehrung der<br />

Erythrozyten sich über eine zumindest temporäre Vermehrung<br />

der Retikulozyten verrät. Diese Vermehrung kann durchaus unter<br />

der Grenze der Doping-Kontrolleure von 2.4% bleiben.<br />

2. Der Retikulozytenanstieg kommt immer mit Verzögerung so wie<br />

bei einer Automobil-Fabrik eine beschlossenene Verdopplung<br />

der Produktion nicht am gleichen Tag zu einer doppelten<br />

Auslieferung von Neu-Fahrzeugen führt. Die Latenzzeit zwischen<br />

dem Befehl „Verdopplung der Ery-Produktion“ und dem Anstieg<br />

der Retikulozytenzahl liegt systembedingt bei 3-4 Tagen. Es ist<br />

wie in einer Automobilfabrik: Was auch immer die<br />

Produktionssteigerung auslöst, die firmen-internen Abläufe<br />

bleiben prinzipiell gleich, nur das Tempo kann sich steigern.<br />

So ist kein Dopingverfahren bekannt, bei dem eine schnellere<br />

Verdopplung der Retikulozytenzahl erzielt wird als mit sehr<br />

hohen Dosen Erythropoetin.<br />

3. Unabhängig von der eingesetzten Substanz gibt es eine<br />

charakteristische Sequenz aus Retikulozytenanstieg und erst<br />

nachfolgendem Anstieg des Hämoglobinwertes.<br />

Verhielten sich die roten Blutkörperchen wie ein einfaches<br />

mathematisches Modell mit 100-tägiger Lebensdauer der Erys,<br />

exakt 24-stündiger Reifungszeit der Retikulozyten bei<br />

konstantem Blutvolumen, könnte man Dauer und Dosierung<br />

eines Blut-Dopings mit den Fingern abzählen. Dann ergäbe sich,<br />

dass täglich etwa 1% der Erythrozyten abgebaut und durch neue<br />

Zellen ersetzt werden. Da die Retikulozyten einen Tag als solche<br />

nachweisbar wären, folgte daraus, dass die natürliche<br />

Retikulozytenzahl bei etwa 1% liegen muss. In Normwertstudien<br />

liegt der Mittelwert auch tatsächlich bei etwa 1%.<br />

5


4 Blut-Doping-Konzepte<br />

4.1 Epo einmalig hoch-dosiert<br />

Epo einmalig: Die nachfolgende Abbildung zeigt den Verlauf der Retikulozytenzahl<br />

nach einer einmaligen Applikation von (150 IU/kg) bzw. 300 IU/kg<br />

Erythropoetin. Die Retikulozytenzahl beginnt ab Tag (2) bis 3 deutlich<br />

zu steigen. Der mittlere Maximalwert liegt bei 2%. Sechs Tage nach<br />

der Applikation fällt der Wert wieder.<br />

Reti Prozent<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

Major A, Bauer C, Breymann C, Huch A, Huch R: rh-Erythropoietin<br />

stimulates immature reticulocyte release in man. British Journal of<br />

Haematology 87: 605-608, 1994<br />

0 2 4 6 8<br />

Tage nach 300 IU/kg Epo<br />

6


4.2 Epo einmalig hoch-dosiert mit oder ohne Eisen<br />

Epo einmalig: Die nachfolgende Abbildung zeigt den Verlauf der Retikulozytenzahl<br />

nach einer einmaligen Applikation von 300 IU/kg Erythropoetin<br />

intravenös. Zusätzlich wurden 200 mg Eisen intravenös gegeben<br />

parallel zur Epo-Gabe. Deutliche Unterschiede bei den<br />

Retikulozytenwerte sind nicht zu verzeichnen. Der mittlere<br />

Maximalwert liegt bei 2.8% bei der Gruppe, die zusätzlich Eisen<br />

erhalten hat. Acht Tage nach der Applikation fällt der Wert wieder.<br />

Reti Prozent<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

Major A, Mathez-Loic F, Rohling R, Gautschi K, Brugnara C: The<br />

effect of intravenous iron on the reticulocyte response to recombinant<br />

human erythropoetin. British Journal of Haematology 98: 292-294,<br />

1997<br />

ohne Eisen mit Eisen<br />

0 2 4 6 8 10<br />

Tage nach 300 U/kg Epo iv<br />

7


4.3 Epo hoch-dosiert zwei Gaben plus Eisen<br />

Epo hoch-dosiert: Die nachfolgende Abbildung zeigt den Verlauf der Retikulozytenzahl<br />

nach einer hoch-dosierten Epo-Applikation von 300 Einheiten/kg. Die<br />

Gabe an den Tagen 1+2 kann praktisch als Einmal-Dosierung<br />

angesehen werden. Die Retikulozyten beginnen ab Tag vier nach<br />

der Applikation deutlich über 2 zu steigen, das Maximum liegt bei<br />

2.7%.<br />

Die gleiche Dosis aufgeteilt auf die Tage 1 und 4 zeigt einen<br />

deutlicheren Anstieg zeitgleich beginnend, aber bis auf Werte knapp<br />

unter 4% steigend.<br />

Der Hämoglobinwert stieg bei Beobachtung bis Tag 11 nur in der<br />

Tag-1-Tag-4-Gruppe um 0.8 g/dl. Exakte Hämoglobinwerte<br />

insbesondere zum Verlauf sind nicht angegeben.<br />

Reti-Werte aus Abbildungen entnommen und teils umgerechnet. Nur<br />

wenige Probanden, dadurch unsicherer Werteverlauf.<br />

Breymann C, Bauer C, Major A, Zimmermann R, Gautschi K, Huch A,<br />

Huch R: Optimal timing of repeated rh-erythropoietin administration<br />

improves its effectiveness in stimulating erythropoiesis in healthy<br />

volunteers. Br J Haematol.92: 295-301, 1996.<br />

Abbildung: Verlauf der Retikulozytenzahl nach hoch-dosiertem Erythropoetin: 300<br />

mg/kg/Tag zweimal an den Tagen 1+2 oder den Tagen 1+4<br />

Retikulozyten<br />

%<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Kontrolle 300 T1+2 300 T1+4<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

Tage<br />

8


4.4 Epo niedrig-dosiert täglich gegeben für 4 Wochen + Eisen<br />

Epo täglich: Die nachfolgende Abbildung zeigt den Verlauf von Hämoglobin und<br />

Retikulozytenzahl unter einer vierwöchigen täglichen Epo-Applikation.<br />

Bei diesem niedrig-dosierten Regime wird ein Anstieg um mehr als 1<br />

g/dl erst nach vier Wochen erreicht. Der Anstieg der Retikulozyten auf<br />

2.5 % geht diesem Anstieg um etwa 14 Tage voraus.<br />

Hb-Anstieg g/dl und Retis %<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

Audran et al: Effects of erythropoetin administration in training<br />

athletes and possible indirect detection in doping control. Med Sci<br />

Sports Exerc. 31:639-45, 1999: 50 IU/kg pro Tag für 26 Tage (die<br />

Zahlen sind Abbildungen entnommen und teils umgerechnet und<br />

somit unpräzise).<br />

50 IU/kg Epo täglich<br />

Hb-Anstieg Retis<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

Tage nach <strong>St</strong>art Epo<br />

9


4.5 Epo niedrig-dosiert 3 x pro Woche für 4 Wochen + Eisen<br />

Epo 3 x wöchentlich Wird mit einer niedrigeren Wochendosis von Erythropoetin gedopt (50<br />

IU/kg 3 x wöchentlich), steigen die Retikulozyten nur auf einen<br />

Mittelwert von 2.4 bis 2.6% erreicht 10 bis 17 Tage nach Epo-<strong>St</strong>art.<br />

Allerdings fehlen in dieser <strong>St</strong>udie Messpunkte zwischen den Tagen 3<br />

und 10.<br />

Hkt-Anstieg in % - Retis in %<br />

7.0<br />

6.0<br />

5.0<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

Der Hämatokrit steigt im Mittel bei diesem Regime bis zum Tag 15<br />

um 5% (z.B. von 45 auf 50%). Das dokumentierte Intervall zwischen<br />

Reti- und Hämoglobin-Anstieg beträgt in dieser <strong>St</strong>udie 5 Tage (bei<br />

allerdings fehlenden Messungen zwischen Tag 3 und 10). Das<br />

Intervall könnte dementsprechend theoretisch auch länger sein wie<br />

auch kürzer wegen fehlender Werte an den Tagen 11-14.<br />

Parisotto et al: A novel method utilizing markers of altered<br />

erythropoiesis for the detection of recombinant human erythropoietin<br />

abuse in athletes. Haematologica 85:564-572, 2000<br />

<strong>St</strong>art-Hkt 45%<br />

Hämatokrit-Anstieg Retis<br />

0 7 14 21 28 35 42 49 56<br />

50 IU/kg Epo 3 x wöchentlich für 4 Wochen Tage<br />

10


4.6 Epo Mikrodosis-Konzept plus Eisen (Ashenden)<br />

Dieses Regime besteht aus einer Booster-Phase mit sechs hochdosierten<br />

Epo-Gaben (260 Einheiten/kg) über 12 Tage plus Eisen.<br />

Danach wurde über drei Wochen hinweg jeden 2. bis 3. Tag<br />

Mikrodosen Epo nachgegeben. Die genaue Dosierung ist nicht<br />

angegeben (um kein Kochrezept für Doper zu bieten), sie lag aber<br />

pro Applikation unter 26 E/kg.<br />

Bei beiden Sportlern stieg der Hämoglobinwert innerhalb von 2<br />

Wochen deutlich von 14.0 auf 16.6 g/dl und von 14.8 auf 17 g/dl. Der<br />

Hämoglobinwert blieb unter der Epo-Mikrodosierung konstant hoch<br />

bei 16.4 bzw. 17 g/dl und lag eine Woche nach Ende der Epo-Gabe<br />

noch bei 16.4 und 16.2 g/dl. Dabei waren die Retikulozytenwerte in<br />

der Mikrodosis-Phase niedrig mit Werten zwischen 0.4 und 1.1%.<br />

In der Booster-Phase war das Epo-Doping natürlich problemlos<br />

nachweisbar. Während Epo-Gabe mit Mikrodosen war die<br />

Nachweisbarkeit deutlich eingeschränkt. Mehr als 24 <strong>St</strong>unden nach<br />

der letzten Applikation war das Doping in der Regel nicht mehr<br />

nachweisbar. Aber auch bei Messung 12 bis 18 <strong>St</strong>unden nach der<br />

letzten Gabe war in einigen Fällen der Urin doping-technisch<br />

unauffällig.<br />

Zusammenfassend geht der Sportler bei diesem Verfahren ein<br />

zeitlich befristetes großes Entdeckungsrisiko in der Booster-Zeit ein,<br />

danach hat er den positiven Effekt des Dopings und hat gute<br />

Chancen bei Tests (Retizahl und Epo im Urin) der Entdeckung zu<br />

entgehen. Allerdings verbleibt ein erhebliches Restrisiko, wenn die<br />

Dopingkontrollen nicht zu leicht ausrechenbaren Zeiten erfolgen.<br />

Die zeitliche Befristung der Mikrodosierung erfolgte hier nur, weil es<br />

sich um eine <strong>St</strong>udie handelte. In der realen Dopingwelt wird diese<br />

Behandlung naturgemäß fortgeführt.<br />

Ashenden M, Varlet-Marie E, Lasne F, Audran M : The effects of<br />

microdose recombinant human erythropoietin regimens in athletes<br />

Haematologica 91:1143-1144, 2006<br />

11


4.7 Hematide einmalig gegeben plus Eisen<br />

Hematide Hematide ist ein kurkettiges Polypeptid, das ähnlich wie Erythropetin<br />

aber länger wirkt. Einmalig gegeben lässt es die Retikulozyten nach 3<br />

Tagen deutlich und nach 7 Tagen maximal auf 4.5% ansteigen. Am<br />

Tag 10 ist die Zahl wieder rückläufig und nach 13 Tagen wieder<br />

normalisiert. Der Hämoglobin-Anstieg um knapp 1 g/dl ist nach 10<br />

Tagen realisiert, sieben Tage nach Beginn des Reti-Anstiegs und drei<br />

Tage nach dem maximalen Reti-Wert. Die Latenzzeit zwischen dem<br />

Anstieg der jungen Erythrozyten und der Hämoglobin-Erhöhung<br />

beträgt in dieser <strong>St</strong>udie sieben Tage.<br />

Hb-Anstieg g/dl und Reti in<br />

%<br />

5.0<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

<strong>St</strong>ead et al: Evaluation of the safety and pharmacodynamics of<br />

Hematide, a novel erythropoetic agent, in a phase 1, double-blind,<br />

placebo-controlled, dose-escalation study in healthy volunteers.<br />

Blood 108: 1830-1834, 2006<br />

Hb-Anstieg Reti<br />

0 10 20 30<br />

Tage nach Hematide 0.1 mg/kg<br />

12


4.8 Anabolika/(Androgene)<br />

Anabolika-These Professor. Dr. Franke glaubt nicht mehr an Epo-Doping bei Frau<br />

<strong>Pechstein</strong>. Er geht davon aus, dass das für erwiesen gehaltene<br />

Blutdoping durch Anabolika oder Mischungen verschiedener<br />

Substanzen erfolgt ist. Prof. Dr. Sörgel vertritt eine ähnliche Position.<br />

FAZ-Interview Interview mit Prof. Dr. Franke geführt am 16. März 2010 nachlesbar<br />

im Internet.<br />

FAZ: „Die Experten haben Epo-Doping aber völlig ausgeschlossen.“<br />

Prof. Dr. Franke: „Das glaube ich sogar.“<br />

FAZ: „Wie bitte?“<br />

Prof. Dr. Franke: „Aus der Vergangenheit, etwa im Radsport, ist<br />

längst bekannt, dass niedrig dosierte Anabolika wie zum Beispiel<br />

Andriol auch zur Verbesserung der Blutbildung genommen werden<br />

können. Man schluckt sie abends – am nächsten Mittag sind sie<br />

schon nicht mehr nachweisbar.“<br />

Kommentar dazu: Nach meiner Kenntnis läuft der <strong>St</strong>imulationsmechanismus bei<br />

anabolen Substanzen über die Epo-Produktion. Anabolika sind somit<br />

nichts anderes als Epo-<strong>St</strong>imulantien. Erys werden vermehrt gebildet,<br />

weil mehr Epo vorhanden ist. Wir haben es also mit dem gleichen<br />

<strong>St</strong>imulationsprinzip zu tun wie bei direkter Epo-Applikation. Nur dass<br />

eine zusätzliche Verzögerung des Hämoglobinanstiegs von drei bis<br />

vier Tagen gegeben ist.<br />

Der Vorteil bezüglich des Blut-Dopings besteht ausschließlich darin,<br />

dass kein nachweisbares Fremd-Epo vorhanden ist. Zweiter Vorteil<br />

ist die <strong>St</strong>ärkung der Muskelkraft. Nachteil ist der Body-Builder-Aspekt,<br />

wenn man Body-Builder-Dosen verwendet. Für mich ist die<br />

Argumentationslinie des FAZ-Interviews dementsprechend nicht<br />

nachvollziehbar.<br />

Andriol Prof. Dr. Franke spricht ausdrücklich die Substanz „Andriol“ an. Ich<br />

habe deshalb die medizinische Datenbank Medline der<br />

amerikanischen Gesundheitsbehörde auf die <strong>St</strong>ichwörter „andriol and<br />

reticulocytes“, „andriol and hemoglobin“ sowie auf<br />

„androgenic/anabolic and reticulocytes“ und vielfältige andere<br />

Begriffe in diesem Kontext durchsucht. In dieser Datenbank sind<br />

Kurzfassungen aller medizinischen Zeitschriftenartikel der Welt (alle<br />

wichtigen und sehr viele unwichtige wissenschaftliche Zeitschriften)<br />

nachlesbar.<br />

Prostata-Carcinom Bei Patienten mit Prostatacarcinom wird oft die Produktion von<br />

Sexualhormonen medikamentös „ausgeschaltet“. Bei dieser<br />

Ausschaltung der Produktion von Sexualhormonen kommt es zum<br />

Rückgang des Hämoglobinwertes. Dabei sind Epo-Spiegel sowie der<br />

Wachstumshormon-Spiegel unverändert. Der IGF-1-Spiegel ist<br />

erhöht. Trotzdem fällt der Hämoglobinwert unter den klinischen<br />

Bedingungen leicht.<br />

13


Hara N, Nishiyama T, Takizawa I, Saito T, Kitamura Y, Takahashi K:<br />

Decline of the Red Blood Cell Count in Patients Receiving Androgen<br />

Deprivation Therapy for Localized Prostate Cancer: Impact of ADT on<br />

Insulin-like Growth Factor-1 and Erythropoiesis. Urology. 2010 Jan<br />

26. [Epub ahead of print]<br />

Alexanian Die Probanden erhielten einen Monat lang täglich Fluoxymesterone.<br />

Dadurch stieg der Hämatokritwert im Median um 5% (minimal 1%,<br />

maximal 8%). Auffällig ist, dass offenbar weniger die Zahl der<br />

Erythrozyten gestiegen ist, sondern überwiegend besonders große<br />

rote Blutkörperchen gebildet wurden. Denn das mittlere Volumen der<br />

Einzelzelle stieg um 15% (Bereich 7 bis 25%). Ob der<br />

Hämoglobinwert gestiegen ist, wird in der Arbeit nicht erwähnt. Dies<br />

ist aber anzunehmen, wenngleich der Anstieg geringer als der des<br />

Hämatokrits sein muss.<br />

Bei hypogonadalen Männern (Männer ohne Produktion von<br />

Sexualhormonen) war der Effekt deutlich größer.<br />

Erhöhte Retikulozytenzahlen sind nicht nachgewiesen worden; diese<br />

Untersuchung stammt aber noch aus der Zeit, in der die<br />

Retikulozytenzahl mit der alten schlecht reproduzierbaren<br />

mikroskopischen Methode bestimmt wurde.<br />

Der <strong>St</strong>imulationsmechanismus läuft über die Verstärkung der Epo-<br />

Sekretion. Die verstärkte Epo-Sekretion wurde in der Arbeit ab Tag 4<br />

nach Beginn der Therapie verzeichnet. An den Tagen 1-3 sind<br />

allerdings nur wenige Messungen erfolgt.<br />

R. Alexanian: „Erythropoietin and Erythropoiesis in Anemic Man<br />

Following Androgens“ Blood 33: 564, 1969.<br />

Wintrobe’s Tabelle Siehe nachfolgenden Abschnitt über Wachstumshormone. Bei den<br />

Ursachen erhöhter Erythrozytenzahlen sind auch Eierstockstumoren<br />

aufgeführt, die männliche Sexualhormone produzieren und zu einer<br />

Vermännlichung der betroffenen Frauen führen.<br />

Urhausen et al Auch Anabolika haben einen gewissen aber kleinen Einfluss auf das<br />

Knochenmark. In einer <strong>St</strong>udie von Urhausen et al. von der Universität<br />

des Saarlandes haben 2003 bei mit anabol-androgenen Substanzen<br />

dopenden Bodybuildern um 5% höhere Hämoglobinwerte, um 33%<br />

höhere Leukozyten und um 38% höhere Thrombozyten gefunden als<br />

bei nicht-dopenden Bodybuildern oder Ex-Dopern. Wenn Frau<br />

<strong>Pechstein</strong> Blut-Doping mit anabol-androgenen <strong>St</strong>eroiden in<br />

Bodybuilder-Dosierung vorgenommen hätte, könnte sie nach diesen<br />

Daten ihren Hämoglobinwert um 0.7 g/dl steigern. Allerdings ist<br />

anzunehmen, dass solche Substanzen bei Frauen einen stärkeren<br />

Effekt haben dürften als bei Männern.<br />

Urhausen A, Torsten A, Wilfried K: “Reversibility of the effects on<br />

blood cells, lipids, liver function and hormones in former anabolic-<br />

14


androgenic steroid abusers”. J <strong>St</strong>eroid Biochem Mol Biol. 84:369-75,<br />

2003.<br />

Alén M. Androgene <strong>St</strong>eroide führten bei Kraftsportlern bei kleiner<br />

Probandenzahl zu einem Anstieg des Hämatokritwertes von 46 auf<br />

50% aber nicht zu einem des Hämoglobinwertes. Das bedeutet, es<br />

gibt hier keinen Hinweis auf gesteigerte Hämoglobinproduktion; es<br />

wurden nur besonders große Erythrozyten mit niedriger Hämoglobin-<br />

Konzentration (pro Volumeneinheit Ery) produziert. Die obere<br />

Abbildung zeigt den Hämatokritverlauf (hier PCV genannt) bei 26wöchiger<br />

Androgenbehandlung (durchgezogene Linien) im Vergleich<br />

zu Kontroll-Personen (auch Kraftsportler) (unterbrochene Linien).<br />

15


A. Alén: “Androgenic steroid effects on liver and red cells”. Br J<br />

Sports Med. 19: 15-20, 1985.<br />

Leistungsfähigkeit Anabol-androgene <strong>St</strong>eroide (AAS) (Testosterone-Undecanoat versus<br />

19-Norandrostenedion versus Placebo) wurden im Rahmen eines<br />

Ausdauer-Trainingsprogramm randomisiert und doppel-blind getestet.<br />

„Data from exercise testing on submaximal and maximal level did not<br />

reveal any performance differences between the three groups or their<br />

response to the treatment. In the present study, no effect of multiple<br />

oral doses of AAS on endurance performance or bioserum recovery<br />

markers was found.”<br />

Baume N, Schumacher YO, Sottas PE, Bagutti C, Cauderay M,<br />

Mangin P, Saugy M: Effect of multiple oral doses of androgenic<br />

anabolic steroids on endurance performance and serum indices of<br />

physical stress in healthy male subjects. Eur J Appl Physiol. 98: 329-<br />

340, 2006.<br />

Androgene/Impotenz Bei Männern mit Impotenz und erniedrigten Testosteronwerten wurde<br />

Testosterone-Undecanoat getestet. Der Hämoglobinwert stieg unter<br />

dieser Therapie, blieb aber im normalen Bereich. Einzelheiten, exakte<br />

Werte gehen aus dem Abstract nicht hervor. Diese <strong>St</strong>udie zeigt somit,<br />

dass zumindest bei Androgenmangel die Testosterongabe die<br />

Produktion roter Blutkörperchen stimuliert. Überhöhte Werte wurde<br />

nicht gesehen. Durchaus relevante Hämoglobinanstiege von z.B. 13<br />

auf 16 g/dl kann ich auch nicht ausschließen. Prinzipiell könnte ich<br />

meine Sekretärin bitten, mir die Publikation zu besorgen. Aber: Wer<br />

bestellt schon gern eine <strong>St</strong>udie über Impotenz?<br />

Androgene/Testosteronmangel<br />

Wörtlich: „On safety profile, TU (das ist das Testosteronpräparat)<br />

significantly elevated Hb, Hct, and PSA at 24 weeks but within normal<br />

range. Conclusions. In this prospective multicenter study, TU was<br />

effective, safe, and tolerable until 24 weeks in Korean TDS patients.”<br />

Moon DG, Park MG, Lee SW, Park K, Park JK, Kim SW, Park NC,<br />

Ahn TY, Paick JS, Seo JT, Yang DY, Lee JY, Kim JJ: The Efficacy<br />

and Safety of Testosterone Undecanoate (Nebido) in Testosterone<br />

Deficiency Syndrome in Korean: A Multicenter Prospective <strong>St</strong>udy. J<br />

Sex Med. 2010 Mar 15. [Epub ahead of print]<br />

Morgenthaler Bei Männern mit Testosteronmangel führte die Therapie mit<br />

Testosterone-Undecanoat über 24 Wochen zu einem Anstieg des<br />

mittleren Hämatokritwertes von 43.3% auf 45.7%. Der mittlere<br />

Hämoglobinwert stieg von 14.6 auf 15.5 g/dl. Auch hier bestätigt sich<br />

der positive Effekt der androgen-anabolen Substanzen auf die<br />

Blutbildung auch hier zumindest, wenn vorher ein Mangel bestanden<br />

hatte.<br />

16


Minnemann Siehe Morgenthaler<br />

Morgentaler A, Dobs AS, Kaufman JM, Miner MM, Shabsigh R,<br />

Swerdloff RS, Wang C: Long acting testosterone undecanoate<br />

therapy in men with hypogonadism: results of a pharmacokinetic<br />

clinical study. J Urol. 180:2307-2313, 2008<br />

Minnemann T, Schubert M, Freude S, Hübler D, Gouni-Berthold I,<br />

Schumann C, Christoph A, Oettel M, Ernst M, Mellinger U, Krone W,<br />

Jockenhövel F: Comparison of a new long-acting testosterone<br />

undecanoate formulation vs testosterone enanthate for intramuscular<br />

androgen therapy in male hypogonadism. Endocrinol Invest. 31:718-<br />

723, 2008.<br />

„Andriol Testcaps“ Alte Männer mit Testosteronmangel erhielten in einer randomisierten<br />

<strong>St</strong>udie sechs Monate lang zweimal täglich zwei Kapseln Andriol oder<br />

Placebo. Darunter stieg der mittlere Hämoglobinwert von 14.7 auf<br />

15.2 g/dl und der Mittelwert des Hämatokrits von 45 auf 46%.<br />

Publikation frei downloadbar.<br />

Emmelot-Vonk MH, Verhaar HJ, Nakhai Pour HR, Aleman A, Lock<br />

TM, Bosch JL, Grobbee DE, van der Schouw YT: Effect of<br />

testosterone supplementation on functional mobility, cognition, and<br />

other parameters in older men: a randomized controlled trial. JAMA<br />

299: 39-52, 2008<br />

Transsexuelle „Testosterone treatment is essential for the induction and<br />

maintenance of virilization of female-to-male transsexuals. This study<br />

tested the suitability of a novel testosterone preparation for this<br />

purpose. METHODS: Parenteral long-acting testosterone<br />

undecanoate (TU) was administered to 12 female-to-male<br />

transsexuals. Observations were made while subjects received<br />

treatment. MAIN OUTCOME MEASURES: Virilization of female-tomale<br />

transsexuals and side effects of testosterone administration.<br />

RESULTS: The testosterone levels were largely identical to those in<br />

hypogonadal men receiving testosterone treatment with TU. There<br />

were no side effects. There was a small but significant decrease in<br />

plasma cholesterol and low-density lipoprotein, but plasma highdensity<br />

lipoprotein did not change significantly. Both levels of<br />

hemoglobin and hematocrit rose upon administration but remained<br />

within the physiological range. CONCLUSIONS: TU is suited for<br />

induction of virilization in female-to-male transsexuals without<br />

significant side effects.”<br />

Jacobeit JW, Gooren LJ, Schulte HM. Long-acting intramuscular<br />

testosterone undecanoate for treatment of female-to-male<br />

transgender individuals. J Sex Med. 4:1479-84. 2007<br />

17


Schluss jetzt Jetzt habe ich genug <strong>St</strong>udien zum Effekt von Anabolika/Androgenen<br />

auf Blutwerte zusammengetragen. Es gibt Publikationen mit und ohne<br />

Anstieg des Hämoglobinwertes unter Anabolika. Ich gehe davon aus,<br />

dass dieser Effekt vorhanden aber klein ist, insbesondere bei<br />

Menschen mit Testosteronmangel. Dieser liegt bei Frauen ja<br />

sicherlich in der Regel vor. Man kann den Hämoglobinwert unter<br />

solchen Bedingungen bei Body-Builder-Dosierungen wahrscheinlich<br />

um bis zu 1 g/dl steigern. Wundermittel sind Anabolika sicherlich<br />

nicht.<br />

Fazit Anabolika/Androgene<br />

Ich habe gar nichts zur Wort-Kombination „Anabolika und<br />

Retikulozyten“ und „Androgene und Retikulozyten“ in der Datenbank<br />

Medline, in der alle Kurzfassungen fast aller medizinischer<br />

Zeitschriften der Welt zu finden sind, gefunden. Gefunden habe ich<br />

nur etwas zur erfolglosen Therapie bei aplastischer Anämie und<br />

etwas zu Rattenhirnen, aber absolut gar nichts, in dem Sinne, dass<br />

die Retis steigen.<br />

Entweder nennt mir jemand eine Publikation, in der nachlesbar<br />

ist, dass Anabolika die Retikulozytenzahl bei Frauen auf den<br />

<strong>Pechstein</strong>-Wert von 3.5% heben können oder die oben<br />

aufgeführte Behauptung von Prof. Dr. Franke ist offensichtlich<br />

an den Haaren herbeigezogen.<br />

18


4.9 Wachstumshormone und verwandte Substanzen IGF-1<br />

Die Frage, ob nicht Wachstumshormone oder IGF-1 als mögliche<br />

Ursache der erhöhten Retikulozytenwerte bei Frau <strong>Pechstein</strong> in<br />

Frage kommt, wird immer wieder diskutiert – zuletzt Anfang April in<br />

einem Artikel der Frankfurter Rundschau.<br />

Akromegalie Bei der Frage, welche Blut-Doping-Effekte mit Wachstumshormonen<br />

und dem in der Funktionskette nachfolgenden IGF-1 erzielbar sind,<br />

stellt sich die Frage nach den Hämoglobin- und Retikulozytenwerten<br />

von Menschen, die an einer Tumor-Erkrankung mit Überproduktion<br />

von Wachstumshormon leiden: von Patienten mit Akromegalie.<br />

Erkrankt ein Mensch in der Jugend daran, bevor das<br />

Längenwachstum abgeschlossen ist, wird er sehr groß. Hände,<br />

Finger, Nase, Zehen und Kopfumfang sind ganz auffällig riesenhaft.<br />

Bei späterem Auftreten des Tumors nach Abschluss des<br />

Längenwachstums ergibt sich prinzipiell das gleiche, nur die<br />

Körpergröße verändert sich nicht mehr relevant.<br />

Laut Lehrbüchern sind die Blutbild-Parameter bei dieser Erkrankung<br />

nicht auffällig verändert.<br />

Umgekehrt ist die Liste der Erkrankunken mit Vermehrung der<br />

Erythrozyten endlos lang, ohne dass darunter die Akromegalie<br />

aufgeführt wäre. Verwiesen sei auf die „virilizing ovarian tumors“<br />

(männlich machende, Hormon produzierende Tumoren der<br />

Eierstöcke), die primär nicht in diesen Abschnitt gehören, aber eine<br />

Zusatz-Evidenz sind für den möglichen Blut-Doping-Effekt von<br />

androgenen Substanzen.<br />

Tabelle 48.5 aus der neuesten Auflage des amerikanischen<br />

Hämatologie-Lehrbuchs Wintrobe’s (den Download-Fehler mit den<br />

vielen „a“ am Ende der Diagnosen bitte ich zu entschuldigen).<br />

19


Allein schon die Betrachtung der Menschen mit maximalem<br />

Wachstumshormon-„Doping“ schließt dramatische Effekte des<br />

Dopings mit Wachstumshormonen (sie veranlassen dann die erhöhte<br />

Produktion von IGF-1) auf die Blutbildung aus. Eine sehr deutliche<br />

<strong>St</strong>imulation der Blutbildung mit ausgeprägter Vermehrung der<br />

Hämoglobinmasse des Körpers ist ohne jede Hb-Erhöhung nicht<br />

vorstellbar.<br />

GH stimuliert Epo Bei nierenkranken Patienten mit Blutarmut stimulierte eine 3-tägige<br />

subkutane Dauerinfusion (144 µg/kg Gesamtdosis) mit<br />

Wachstumshormon die Epo-Produktion und führte zum Anstieg der<br />

Retikulozytenzahl um 52%. Dieser höchste Retikulozyten-Peak wurde<br />

5 Tage nach <strong>St</strong>art und 2 Tage nach Ende der Therapie verzeichnet.<br />

Vier Tage nach Ende der Infusion begann die Retikulozytenzahl<br />

wieder zu fallen. Innerhalb der sehr kurzen Beobachtungszeit wurde<br />

(naturgemäß) kein Anstieg des Hämoglobinwertes beobachtet.<br />

Sohmiya M, Ishikawa K, Kato Y: <strong>St</strong>imulation of erythropoietin<br />

secretion by continuous subcutaneous infusion of recombinant<br />

human GH in anemic patients with chronic renal failure. Eur J<br />

Endocrinol. 138:302-306, 1998.<br />

Substitution von Wachstumshormon bei Mangel-Patienten<br />

Bei 6-monatiger Substitution von Wachstumshormon bei Mangel-<br />

Patienten zeigten sich keine Effekte auf Retikulozyten- und<br />

Erythrozytenzahlen.<br />

Kotzmann H, Riedl M, Clodi M, Barnas U, Kaider A, Höcker P, Luger<br />

A: The influence of growth hormone substitution therapy on erythroid<br />

20


and myeloid progenitor cells and on peripheral blood cells in adult<br />

patients with growth hormone deficiency. Eur J Clin Invest. 26:1175-<br />

1181, 1996.<br />

IGF-1 bei Ratten Bei Ratten mit künstlich erzeugtem Mangel an Wachstumsfaktor-<br />

Produktion erhöht die Infusion von Wachstumshormon (GH = growth<br />

hormone) sowie auch von IGF-1 die Retikulozytenzahl um 39% bei<br />

GH und um 70% bei IGF-1 am Tag 6. Hämoglobin und Hämatokrit<br />

ändern sich nicht. Das liegt offenbar daran, dass die zuvor<br />

wachstumsgestörten Tiere durch die Hormongabe schnell wachsen<br />

und sich die roten Blutkörperchen genau so vermehren, wie das Tier<br />

wächst. Die Autoren haben zusätzlich Hinweise dafür, dass IGF-1 die<br />

Blutbildung nicht nur durch verstärkte Epo-Produktion wirkt sondern<br />

auch einen direkten Effekt auf die Blutbildung stimuliert.<br />

Kurtz A, Zapf J, Eckardt KU, Clemons G, Froesch ER, Bauer C:<br />

Insulin-like growth factor I stimulates erythropoiesis in<br />

hypophysectomized rats. Proc Natl Acad Sci U S A. 85: 7825-7829,<br />

1988.<br />

Resümee IGF-1 Wachstumshormon und IGF-1 haben eine sehr begrenzte<br />

Wirkung auf die Produktion roter Blutkörperchen.<br />

Bei Patienten mit Akromegalie bildet ein Tumor übergroße<br />

Mengen von Wachstumshormon, das <strong>Teil</strong>e seiner Wirkung über<br />

die Produktion von IGF-1 vermittelt. Diese Patienten stellen ein<br />

„Experiment der Natur“ dar mit „Wachstumshormon-Maximal-<br />

Doping“ und haben keine erhöhten Hämoglobinwerte.<br />

21


4.10 G-CSF – Wachstumsfaktoren für die <strong>St</strong>imulierung der weißen<br />

Blutkörperchen nach Chemotherapie<br />

Diese Substanzgruppe wurde von Prof. Dr. Sörgel in die Diskussion<br />

eingeführt. G-CSF (granulocyte colony stimulating factor) wird<br />

eingesetzt, um nach Chemotherapie die Reifung der weißen<br />

Blutkörperchen zu beschleunigen. Ein zweites Einsatzgebiet ist bei<br />

Spendern für die Blut-<strong>St</strong>ammzell-Transplantation gegeben. Hier wird<br />

die Substanz dazu verwendet, die <strong>St</strong>ammzellen der Blutbildung vom<br />

Knochenmark ins Blut zu treiben. Dort können sie dann mit<br />

vergleichsweise einfachen Methoden gewonnen werden.<br />

Mir sind keine Daten zum Effekt dieser Substanzgruppe auf die<br />

Produktion von roten Blutkörperchen bekannt. Das mag aber ein<br />

Defizit meinerseits sein. Als Arzt habe ich mich naturgemäß bislang<br />

nicht für diese Frage interessiert. Einen solchen Effekt kann ich mir<br />

gut vorstellen, er kann aber nur marginal sein. Bei der speziellen<br />

Frage <strong>Pechstein</strong>-Hamar-2009 ist ein G-CSF-Doping ausgeschlossen,<br />

weil die Zahl der weißen Blutkörperchen am 6. Februar 2009 mit<br />

5.300/µl gemessen worden war. Diese Information hätte Prof. Dr.<br />

Sörgel sich besorgen können, bevor er die G-CSF-Hypothese<br />

veröffentlichte.<br />

4.11 Eigenblut-Entnahme plus Eisen und Retransfusion<br />

Wie sich eine Eigenblutentnahme und anschließende Retransfusion<br />

auf die Blut-Parameter auswirken, zeigen die nachfolgenden 4<br />

Abbildungen nach Damsgaard und Mitarbeitern. Bei zehn Probanden<br />

wurden Aderlässe durchgeführt. Ziel war die Entnahme von 20% des<br />

Blutes (im Mittel 1.3 Liter). Der mittlere Hämoglobinwert sank danach<br />

von 14.8 auf 12.4 g/dl. Nach vier Wochen war der Ausgangs-<br />

Hämoglobinwert wieder annähernd erreicht. Die Retikulozyten<br />

stiegen auf den Höchstwert von im Mittel 3% am Tag 7. Am Tag 14<br />

waren die Retikulozyten noch im Mittel auf 2.7% erhöht.<br />

Durch die Retransfuison von 800 ml Erythrozytenkonzentrat stieg der<br />

Hämoglobinwert von 14.3 auf 16.0 g/dl, um in den folgenden Wochen<br />

um 15 g/dl zu verbleiben.<br />

Damsgaard R, Munch T, Mørkeberg J, Mortensen SP, González-<br />

Alonso J: Effects of blood withdrawal and reinfusion on biomarkers of<br />

erythropoiesis in humans: Implications for anti-doping strategies<br />

Haematologica 91:1006-1008, 2006<br />

22


Hb in g/dl<br />

Hb in g/dl<br />

Retis in Prozent<br />

Retis in Prozent<br />

16<br />

15<br />

14<br />

13<br />

12<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

16<br />

15<br />

14<br />

13<br />

12<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

0 7 14 21 28<br />

Tage nach Eigenblutentnahme 1.3 Liter<br />

0 7 14 21 28<br />

Tage nach Eigenblutentnahme<br />

1 8 15 22<br />

Tage ab Eigenblut-Retransfusion an Tag 1<br />

1 8 15 22<br />

Tage nach Eigenblut-Retransfusion an Tag 1<br />

23


5 Zu Manipulationsmöglichkeiten bei den Blutparametern<br />

Retikulozytenzahl, Hämoglobinwert und Hämatokrit<br />

Die Abwesenheit erhöhter Hämoglobin- bzw. Hämatokritwerte stellt<br />

keinen schlüssigen Beweis dar, der eine Blutmanipulation<br />

ausschließen würde. Die Retikulozytenzahl kann gegenwärtig nicht<br />

künstlich gesenkt werde. Bei Hämoglobin- und Hämatokritwerten gibt<br />

es natürliche Schwankungen. Zusätzlich sind Manipulationen durch<br />

eine Reihe von Verfahren möglich.<br />

5.1 Natürliche Schwankungen von Erythrozytenzahl, Hämoglobinwert<br />

und Hämatokrit<br />

Das Blut besteht aus einer eiweißreichen Flüssigkeit (Plasma), roten<br />

Blutkörperchen (Erythrozyten), weißen Blutkörperchen und<br />

Thrombozyten. Weiße Blutkörperchen und Thrombozyten machen<br />

nur einen kleinen Anteil am Blut aus und können hier vernachlässigt<br />

werden. Bei quantitativer Betrachtung haben wir es beim Blut also im<br />

Wesentlichen mit Erythrozyten und Plasma zu tun. Die Plasmamenge<br />

unterliegt deutlichen Schwankungen. Bei einer konstanten Zahl roter<br />

Blutkörperchen führt eine Verminderung der Plasmamenge z.B. durch<br />

starkes Schwitzen mit Flüssigkeitsverlust naturgemäß dazu, dass die<br />

unveränderte Erythrozytenzahl in einer kleineren Flüssigkeitsmenge<br />

gelöst ist; alle drei möglichen Messparameter: Hämoglobinwert,<br />

Erythrozytenzahl und Hämatokrit werden steigen. Der Hämatokrit in<br />

Prozent gibt an, wie groß der Anteil der Erythrozyten am Blut ist. Ein<br />

Hämatokritwert von z.B. 41% bedeutet, dass das Blut zu 41% aus<br />

Erythrozyten und zu 59% aus Flüssigkeit besteht.<br />

Umgekehrt werden bei Vergrößerung der Flüssigkeitsmenge im Blut<br />

durch Trinken die entsprechenden Werte fallen.<br />

Wichtigste natürliche Ursache für Schwankungen des Hämatokrits ist<br />

das nächtliche Liegen. So kommt es, dass alle Erythrozyten-<br />

Messwerte (mit Ausnahme der Retikulozyten) am Morgen nach dem<br />

Aufstehen niedriger sind als später im Verlauf des Tages. Das liegt<br />

daran, dass tagsüber Füße und Beine etc ein wenig anschwellen;<br />

nachts im Liegen wird das Wasser dann wieder in die Blutgefäße<br />

aufgenommen und das Blut somit verdünnt. Dieser Effekt ist<br />

naturgemäß bei einzelnen Menschen sehr unterschiedlich<br />

ausgeprägt. Nach Schmidt et al. sinkt der Hämatokrit über Nacht im<br />

Mittel um 2.4% (siehe unten). Gemeint ist damit die Senkung von<br />

45.3 auf 42.9%. Nach sportlichen Aktivitäten kann der Effekt noch<br />

größer sein.<br />

24


5.2 Manipulationsmöglichkeiten für Erythrozytenzahl, Hämoglobinwert<br />

und Hämatokrit (die mir bekannten)<br />

Liegen Das physiologische Phänomen der sinkenden Ery-Werte durch<br />

Liegen kann man sich auch für Zwecke des Verdeckens eines Blut-<br />

Dopings nutzbar machen.<br />

Durch Kopf-Tief-Beine-Hoch-Lagerung über 20 Minuten kann man<br />

diesen Effekt auch tagsüber erzielen.<br />

Trinken Eine begrenzte Senkung der Erythrozytenwerte ist möglich durch<br />

exzessives Trinken handelsüblicher Getränke. Wie jeder aus eigener<br />

Erfahrung z.B. mit Bier weiß, hält dies aus nahe liegenden Gründen<br />

nicht lange vor.<br />

Gibt man hingegen neun Gramm Kochsalz pro Liter Wasser hinzu,<br />

schmeckt das Getränk natürlich scheußlich. Aber wegen des hohen<br />

Salzgehaltes im Wasser verbleibt dieses über <strong>St</strong>unden hinweg im<br />

Körper und verdünnt die Erythrozyten.<br />

Kochsalz-Infusion Das gleiche ist möglich oder noch besser möglich mit Kochsalz-<br />

Infusionen.<br />

Siehe auch: Schmidt W, Biermann B, Winchenbach P, Lison S,<br />

Böning D.: How valid is the determination of hematocrit values to<br />

detect blood manipulations? Int J Sports Med. 2000 Feb;21(2):133-8.<br />

Entsprechende eventuell ”bessere” Verdünnungseffekte kann man<br />

sicherlich auch mit Plasmaexpandern erreichen.<br />

Desmopressin Die Substanz Desmopressin, Handelsname Minirin, kann man als<br />

Nasenspray zuführen und so ebenfalls das Blut verdünnen.<br />

Aderlass Aderlässe sind möglich, um einen durch Gebrauch von Blut-<br />

<strong>St</strong>imulantien wie Epo u. a. zu starken Hämoglobinanstieg zu<br />

verdecken.<br />

Zusammenfassung Natürlich kann man bei <strong>Claudia</strong> <strong>Pechstein</strong> nicht für eine einzelne<br />

Blutuntersuchung zum Beispiel am 6. Februar 2009 eine<br />

Blutmanipulation zum Zwecke der künstlichen Hämatokrit-Absenkung<br />

durch Verdünnung ausschließen. Es fällt jedoch auf, dass sie in dem<br />

gesamten Zeitraum seit dem Jahr 2000 immer normale Hämatokrit-<br />

und Hb-Werte hatte. Man kann insbesondere bei Welt- und<br />

Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen keine höheren<br />

Hämatokritwerte erkennen.<br />

Es ist nicht vorstellbar, Hämoglobin und Hämatokrit über 10 Jahre<br />

hinweg durch vorsorgliches exzessives Trinken von Salzlösung und<br />

Kopf-Tief-Legen oder durch Infusionen zu senken, weil die Doping-<br />

Kontrolle jederzeit vor der Tür stehen kann.<br />

Es ist auch erstaunlich, dass der Sportverband bei Kontrollen am Tag<br />

vor Wettbewerben offenbar nur wenige Maßnahmen ergreift, um die<br />

Chancen für eine künstliche Blutverdünnung zu verringern.<br />

25


6 Hinweis<br />

Für Frau <strong>Pechstein</strong> fällt bei der WM in Hamar auf, dass zu dem<br />

Zeitpunkt der angekündigten Kontrolle am 6. Februar der Hämatokrit<br />

höher war als bei der Nach-Wettkampf-Kontrolle am folgen Tag. Am<br />

Tag vor Beginn der Wettbewerbe hätte sie deutliche bessere Blut-<br />

Verdünnungsmöglichkeiten gehabt als am Wettkampf-Tag. Für<br />

Menschen, die mit dieser Thematik nicht vertraut sind, sei hier<br />

folgendes ergänzt: Bei intensivem Ausdauer-Sport sinkt der<br />

Hämatokrit in der Regel um einige Prozentpunkte, weil es zum<br />

verdünnenden Flüssigkeitseinstrom in das Gefäßsystem kommt. Dies<br />

bleibt allerdings aus, wenn der Sportler zu wenig trinkt.<br />

Der von Prof. Dr. Sörgel jetzt wieder in der Süddeutschen Zeitung in<br />

die Diskussion gebrachte hohe Hämoglobinwert von 16.5 g/dl am 6.<br />

Februar 2004 bei der angemeldeten Vor-Wettkampf-Kontrolle ist in<br />

der <strong>St</strong>ellungnahme „<strong>Pechstein</strong> 3 Die Arbeit der Dopingkontrolleure“<br />

umfassend diskutiert wie auch andere primär verdächtig wirkende<br />

Werte - download: www.marienkrankenhaus.com.<br />

Die Abbildungen dieser Zusammenstellung sind aus den Daten der entsprechenden<br />

Publikationen generiert. Sie sind oft aus Graphiken entnommen und damit unpräzise.<br />

Retikulozytenwerte sind in den Original-Publikationen oft in Zellen/µl angegeben. Ich habe<br />

sie in Prozent umgerechnet, da im Rahmen der aktuellen Doping-Diskussion um<br />

Prozentwerte und leider nicht in absoluten Zahlen gerungen wird. Da fast immer die<br />

Erythrozytenzahlen fehlten, habe ich als Rechnungsbasis eine Zahl von 4.5 x 10 6 /µl<br />

angenommen. Dies habe ich auch dann gemacht, wenn der Hämoglobinwert stieg und die<br />

Erythrozytenzahl mit Sicherheit noch stärker gestiegen ist.<br />

Ich weiß nicht, wie man ansonsten mit vertretbarem Aufwand die gegenwärtig viel<br />

diskutierten Blutdoping-<strong>St</strong>udien für die Allgemeinheit lesbar machen könnte.<br />

Ich versichere, alle Zahlen-Übertragungen nach bestem Wissen vorgenommen zu haben.<br />

Wer Fehler findet, täte mir und vielleicht einzelnen anderen einen großen Gefallen, wenn er<br />

sie mir zur Korrektur mitteilen könnte. Auch wäre ich an Informationen zu weiteren<br />

Blutdoping-Publikationen interessiert, die mir entgangen sind.<br />

Winfried Gassmann<br />

26

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