Mai 2011 - Der Neusser
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<strong>Neusser</strong> Kultur<br />
Ramon Jaffé spielt Friedrich Gulda zum dkn-Saisonausklang<br />
Genussvoller Sprung über Genre-Grenzen<br />
Es ist das letzte Konzert der Deutschen Kammerakademie<br />
Neuss für die Saison 2010/11. Es ist ein Abend<br />
unter der Orchesterleitung von Chefdirigent Lavard<br />
Skou-Larsen mit einem seltenen wie spannungsreichen<br />
Programm: Eine Welturaufführung vom jüdischen<br />
Musiker und Komponisten Don Jaffé und ein<br />
eigenwilliges „Konzert für Violoncello und Blasorchester“<br />
vom Wiener Pianisten Friedrich Gulda bildet den<br />
Abschluss am 15. <strong>Mai</strong> im <strong>Neusser</strong> Zeughaus.<br />
Marion Stuckstätte<br />
Friedrich Gulda war keiner, der sich gern festlegen ließ. Er hatte<br />
eine eigene, auch radikale Musiksprache, forderte sich und<br />
seine Rezensenten stets beharrlich heraus. Doch der, der den<br />
1930 in Wien geborenen Musiker spielen hörte, mochte nicht daran<br />
zweifeln, dass er einer der ganz großen Pianisten des 20. Jahrhunderts<br />
war. Seine intensiven, nuancenreichen Interpretationen von<br />
Mozart und Beethoven setzten Zeichen in eine Zeit, die durch hartes<br />
Spatendenken geprägt war. So ist es nicht verwunderlich, dass der<br />
Wiener Pianist und Komponist nicht nur Zuspruch erntete, sondern<br />
immer wieder verstand, die Gemüter zu spalten. Seine tiefe Leidenschaft<br />
für den Jazz und die ewig forsche Suche nach neuen Wegen<br />
ließen ihn die starren Grenzen der Klassik öffnen und ins Reich der<br />
Improvisation eintauchen. Er war ein Grenzgänger am Werk, einer,<br />
der mit Begeisterung bizarre musikalische und kulturelle Richtungen<br />
auslotete. Mit 23 Jahren bereits als einer der führenden Klassik-Inter-<br />
preten seiner Generation erkannt, versuchte er obendrein Mitte der<br />
Fünfziger Jahre sich in der Jazzszene zu etablieren. Ein Metier, das ihn<br />
intellektuell wie künstlerisch reizte, das sich auch fortan in seinen<br />
Klassikbearbeitungen niederschlug. Er spielte mit Größen wie Dizzy<br />
Gillespie und Phil Woods und jammte sich mit Begeisterung durch<br />
die New Yorker Clubs. Aber auch das konnte seinen Tatendrang nicht<br />
bremsen. Er erlernte neue Instrumente, spielte Saxophon und Flöte,<br />
komponierte in verschiedenen Stilen, begründete eine Improvisationsschule<br />
und organisierte große Konzerte und Wettbewerbe mit<br />
wechselndem Repertoire und multikulturellen Einflüssen. Er war ein<br />
umtriebiger Musikindividualist, der nach neuen Inspirationen suchte<br />
und starres Fächerdenken verpönte.<br />
Eine virtuose Herausforderung Guldas ans <strong>Neusser</strong> Orchester und an<br />
den Cellosolisten des Abends Ramon Jaffé. Und auch ein Sprung in<br />
den zu interpretierenden Werken. Daneben steht die klassische Sinfonie<br />
„Anni horribili“ von Don Jaffé, dem Vater des Violoncellisten,<br />
als Welturaufführung auf dem Programm. Die „Schrecklichen Jahre“<br />
und das Gesamtwerk des jüdischen Komponisten Jaffé sind stark<br />
von seinen Erlebnissen und der jüdischen Geschichte beeinflusst<br />
und bieten ein anspruchsvolles Kontrastprogramm; für Orchester,<br />
Solisten und Publikum gleichermaßen. (Konzert „Vater und Sohn“<br />
am 15.5. um 11 Uhr im <strong>Neusser</strong> Zeughaus; Konzerteinführung um<br />
10:15 Uhr mit Carsten Dürer; Infos unter www.deutsche-kammerakademie.de)<br />
Foto: Veranstalter<br />
<strong>Der</strong> <strong>Neusser</strong> 05.<strong>2011</strong>