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18 Nationen – eine Sprache

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Mario Venzago<br />

Chefdirigent des Berner Symphonieorchesters<br />

Musik ist <strong>eine</strong> fl üchtige Kunst. Kaum erklungen,<br />

ist sie verhallt und nur noch Erinnerung – kürzer<br />

als ein Gespräch, schneller als <strong>eine</strong> Berührung.<br />

Wie oft wünsche ich mir, <strong>eine</strong>n Klang aufbewahren<br />

zu können.<br />

Und so müssen wir uns stets von neuem dem<br />

Musikmachen und dem Zuhören stellen, uns immer<br />

wieder berühren lassen und die Sehnsucht<br />

aushalten, die die Musik in uns auslöst. Es ist<br />

uns Beruf und Leidenschaft. Unser Medium sind<br />

die Kompositionen in ihrer vielfältigsten Gestalt.<br />

Davon legt Ihnen dieses Programm beredtes<br />

Zeugnis ab.<br />

Klassische Musik hat auch etwas mit tradierten<br />

und feierlichen Riten zu tun. Wie können wir<br />

heute Feierliches formulieren? Noch vor wenigen<br />

Jahren dehnten die alten Dirigenten die Musik<br />

zu solchem Zwecke: je feierlicher, desto<br />

langsamer. Seither dauert der Parsifal über<br />

fünf Stunden und kann zur Qual werden. Mit unseren<br />

Bruckner-, Brahms- und Schumann-Interpretationen<br />

möchten wir Ihnen <strong>eine</strong> Alternative<br />

anbieten. Begeisterung – kommt von ‹Geist›! –<br />

und Diff erenzierung sollen das Pathos der Langsamkeit<br />

ersetzen. «Sagen Sie es uns, wenn es Ihnen<br />

nicht gefällt!», bat ich Sie unlängst in <strong>eine</strong>m<br />

Interview und fordere Sie erneut dazu auf!<br />

Braucht Feierliches auch <strong>eine</strong>n feierlichen Rahmen?<br />

Festliche Kleidung zum Beispiel? Wir spielen<br />

gerne im Frack. Er ist <strong>eine</strong> Art Uniform für<br />

<strong>eine</strong>n Dienst, der uns erfüllt. Sie als Publikum<br />

hingegen sind frei. Alles ist erlaubt, was Ihnen<br />

das geistige Fliegen erleichtert. Ein farbiger Konzertsaal,<br />

wo glitzernde Abendroben von Jeans<br />

und T-Shirts synkopiert werden, macht mich froh.<br />

Freude macht mir auch unser diesjähriges Programm<br />

– m<strong>eine</strong> erste volle Saison in Bern. Einiges<br />

setzten wir auf’s Programm, damit das Orchester<br />

und ich uns noch besser kennen lernen.<br />

Schweizerisches und Modernes haben wir in<br />

Anbetracht der schwierigen politischen Lage<br />

(vorderhand) ein wenig ausgespart. Wir warten<br />

auf die ausstehende Konsolidierung der strukturellen<br />

Verhältnisse und die damit zu erwartende<br />

planerische und fi nanzielle Sicherheit.<br />

Besonders freue ich mich darüber, dass an <strong>eine</strong>m<br />

Konzertabend unser Orchester ohne Solisten<br />

im Fokus steht – mit Beethovens Fünfter<br />

und Nielsens «Unauslöschlicher». «Schon wieder<br />

die Fünfte», werden einige von Ihnen anmerken.<br />

Ja, schon wieder! Die wichtigsten Werke des<br />

Repertoires müssen wir ständig in den Fingern<br />

haben, sonst gehen sie uns verloren. Und: Neues<br />

misst sich am Urgestein unserer Meisterwerke.<br />

Wieder haben wir die Ehre, <strong>eine</strong>n einstigen Pionier<br />

und nun Doyen der Mahler-Interpretation bei<br />

uns empfangen zu dürfen: Eliahu Inbal. Solisten<br />

vom Feinsten – wie Maria João Pires und Lars<br />

Vogt – sitzen an unserer reichen Tafel. Dies ist<br />

zwar nicht der Ort sie alle einzeln aufzuzählen,<br />

aber der richtige Moment, sie von Herzen bei<br />

uns willkommen zu heissen.<br />

Begrüssen möchte ich nun aber unsere wichtigsten<br />

Gäste überhaupt: Sie, unser Publikum! Sie<br />

ALLE, Klein und Gross, Alt und Jung, treten Sie<br />

ein! Fühlen Sie sich wohl bei uns! Ich wünsche<br />

mir nichts mehr, als dass Sie ohne UNS genau<br />

so wenig glücklich werden können wie wir<br />

ohne SIE.<br />

Vorhang auf!<br />

Die Musik beginnt!<br />

Ihr<br />

Mario Venzago<br />

Chefdirigent Berner Symphonieorchester

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