ebook - Cecilien-Gymnasium

165schon vorher kennen gelernt hatte, das hatte mit dem Mauerfall auch nichtszu tun. Es hat sich dann weitläufig auf längere Sicht natürlich sehr vielgeändert, weil ich '92 durchs Engagement als Schauspielerin nach Düsseldorfgekommen bin und seitdem hier lebe. Das wäre ich sicher nicht, wenn dieMauer nicht gefallen wäre.Juliana: Und von der Einstellung, hat sich bei Ihnen irgendwas geändert,dass Sie jetzt die Freiheit viel mehr schätzen, oder so was?170175180Frau Rauca: Die innere Einstellung hat sich insgesamt schon gedreht, würd’ich sagen. Am Anfang gab es, was ich vorhin angesprochen hatte, diesegroße Hoffnung. Auch die ganzen Möglichkeiten, die plötzlich da waren. Weilviele Strukturen weggebrochen waren. Und es war ja so, dass vieleIntellektuelle und Künstler, auch die Bürgerrechtler, eigentlich nicht gleich dieEinheit haben wollten. Die wollten eigentlich erst mal die DDR demokratischermachen. Die wollten sie reformieren. Basisrechte, Grundfreiheiten,Reisefreiheit, Meinungsfreiheit. Die ganzen basisdemokratischen Rechte. Dahaben sie für gekämpft. Das Neue Forum, Demokratie Jetzt, die ganzeBürgerbewegung, die vielen Umweltgruppen, die leisteten richtig gute Arbeit.Viele Intellektuelle und Akademiker wollten auch nicht gleich die D-Mark. Siewollten keine sofortige Einheit, keinen schnellen Anschluss an dieBundesrepublik.185190Juliana: Ja, gut.Frau Rauca: Von daher brach die große Hoffnung, die am Anfang da war,zusammen, als die Einheit so schnell kam. Es kam bei uns das Gefühl auf,dass wir vereinnahmt werden. Es wurde vieles an Möglichkeiten wiederüberschüttet. Die Strukturen Ost waren gerade erst aufgebrochen, schonwaren sie weggebrochen. Uns wurden die westdeutschen Strukturenübergestülpt, diese ganze Bürokratie. So hab ich es empfunden und vieleandere auch, die ich kenne. Die Freude über die neue Reisefreiheit, die