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1. Die Niederlande und das Wasser - Deltawerken

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WATER<br />

NATURE<br />

PEOPLE<br />

TECHNOLOGY<br />

Language: German<br />

Copyright Stichting <strong>Deltawerken</strong> Online 2009


<strong>1.</strong> <strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong><br />

www.deltaworks.org<br />

<strong>1.</strong> <strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong><br />

<strong>Wasser</strong> hat in der niederländischen Geschichte schon immer eine zentrale Rolle gespielt. Einerseits brachte es den <strong>Niederlande</strong>n<br />

Reichtum durch Handel <strong>und</strong> Fischerei, andererseits brachte es auch große Verluste auf Gr<strong>und</strong> der vielen Überflutungen.<br />

Auch heute ist <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong> in den <strong>Niederlande</strong>n von übergeordneter Wichtigkeit. <strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> liegen geografisch gesehen,<br />

als Dreieck zwischen der Nordsee <strong>und</strong> dem Mündungsdelta vier großer Flüsse, in einer sehr günstigen Position.<br />

Im Laufe der Jahrh<strong>und</strong>erte hat sich die Oberfläche der <strong>Niederlande</strong> durch <strong>das</strong> Eindeichen <strong>und</strong> Einpoldern von Binnenseen <strong>und</strong><br />

Teilen der Nordsee verdoppelt. Durch <strong>das</strong> Einpoldern liegen fast 40% des Landes unter dem Meeresspiegel, darunter auch<br />

große Teile des dicht bevölkerten <strong>und</strong> wirtschaftlich starken Westens, mit den Städten Amsterdam <strong>und</strong> Rotterdam. Um diese<br />

Gebiete trocken zu halten, wird <strong>das</strong> überschüssige <strong>Wasser</strong> kontinuierlich aus den Poldern gepumpt <strong>und</strong> somit werden die<br />

<strong>Niederlande</strong> mit Hilfe der Kombination von Deichen, Dünen, Staudämmen <strong>und</strong> Stauanlagen geschützt. Nach der letzten<br />

großen Überschwemmung im Jahre 1953 entschloss man sich zum Bau der Deltawerke, eines der größten wasserk<strong>und</strong>igen<br />

Projekte der Welt, die je vollbracht wurden.<br />

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2. <strong>Wasser</strong>notkatastrophe im Jahr 1953<br />

www.deltaworks.org<br />

2. <strong>Wasser</strong>not-<br />

katastrophe im<br />

Jahr 1953<br />

In der Nacht vom <strong>1.</strong> Februar 1953 sorgte eine Springflut<br />

zusammen mit einem Sturm aus nordwestlicher<br />

Richtung auf der Nordsee in Großbritannien, Belgien<br />

<strong>und</strong> den <strong>Niederlande</strong>n für eine Überflutungskatastrophe.<br />

Dabei kamen insgesamt 2.167 Menschen<br />

ums Leben, darunter <strong>1.</strong>835 in den <strong>Niederlande</strong>n.<br />

<strong>Die</strong> Katastrophe war so schwerwiegend, <strong>das</strong><br />

man in den <strong>Niederlande</strong>n ab sofort <strong>und</strong> in der<br />

Zukunft andere Mittel finden musste um sich<br />

gegen <strong>das</strong> Meer zu schützen.<br />

2.1 Warften, Deiche <strong>und</strong> Polder<br />

In den <strong>Niederlande</strong>n gab es früher viel öfter Überschwemmungen, bei denen Tausende Menschen ums Leben kamen. Um sich<br />

selbst gegen <strong>das</strong> Meer zu schützen, begann man mit dem Bau von Warften, sogenannten „Fluchtbergen”. Als diese Warften<br />

stets weiter an Umfang zunahmen, wurden kleine Dörfer auf den Hügeln angelegt. Um diese untereinander zu verbinden, baute<br />

man zwischen den kleinen Dörfern wiederum kleine Deiche. Es entstanden die Polder. Durch <strong>das</strong> Anlegen von Deichen <strong>und</strong><br />

Windmühlen, die mit Windkraft angetrieben wurden, sind die Polder trocken gehalten worden <strong>und</strong> die <strong>Niederlande</strong> wurden somit<br />

Stück für Stück größer.<br />

2.2 Geschwächte Deiche<br />

Schon in den Jahren vor der <strong>Wasser</strong>katastrophe wurde deutlich, <strong>das</strong>s die Deiche nicht hoch genug waren, um hohen <strong>Wasser</strong>ständen<br />

trotzen zu können. <strong>Die</strong> gesamte Länge der Deiche war durch fehlende<br />

Wartung <strong>und</strong> Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg stark geschwächt. Ein Plan für<br />

die strukturelle Verbesserung der Deiche <strong>und</strong> <strong>das</strong> Verkürzen der Küstenlinie kam nur<br />

mühsam zu Stande. Nur kleine einzelne Projekte wurden ausgeführt. Erst Ende Januar<br />

1953 stellte die Sturmflutkommission einen ersten Bericht vor, der Isolierungspläne für die<br />

größeren Meeresarme enthielt. Jedoch schlug <strong>das</strong> Schicksal ein paar Tage später schon<br />

zu.<br />

2.3 Meteorologische Ursache der Überflutungskatastrophe<br />

Der sehr schlechte Zustand von vielen Deichen im Deltagebiet wird am Morgen des <strong>1.</strong> Februars<br />

1953 schmerzlich deutlich. Am Vortag dem 30. Januar entstand im Süden von Island<br />

ein Sturmgebiet mit einem direkt dahinter liegenden großen Tiefdruckgebiet. <strong>Die</strong>ses zog<br />

aus dem Nordwesten in Richtung <strong>Niederlande</strong> <strong>und</strong> trieb große Mengen <strong>Wasser</strong> in die<br />

Enge von Calais. Der schmale Durchgang fungierte als Trichter <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong> wurde<br />

stets weiter aufgestaut. Durch den Einfluss eines Orkans in der Höhe von Schottland<br />

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2. <strong>Wasser</strong>notkatastrophe im Jahr 1953<br />

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wurde die Flut weiter verstärkt. An einigen Stellen der <strong>Niederlande</strong> strömte <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong> schon über die Deiche. In der Nacht vom<br />

3<strong>1.</strong> Januar 1953 wurde der Sturm über der Nordsee immer stärker. An der Küste der <strong>Niederlande</strong> maß man Windstärke 10. Hinzu<br />

kam, <strong>das</strong>s der Sturm auch noch mit einer Springflut zusammen traf. Unter dem Einfluss des Standes von Sonne <strong>und</strong> Mond war der<br />

<strong>Wasser</strong>stand viel höher als normal. In dieser Nacht wurde um 03.24 Uhr der höchste <strong>Wasser</strong>stand erreicht: 4,55 Meter über dem<br />

normalen Amsterdammer Pegel. <strong>Die</strong> Deiche waren für diesen hohen <strong>Wasser</strong>stand nicht konstruiert, <strong>und</strong> noch bevor der höchste<br />

<strong>Wasser</strong>stand erreicht wurde, brachen die ersten Deiche. Insgesamt waren es 89 Deiche, die zerstört wurden.<br />

2.4 Verwüstende Kraft des Meeres<br />

Viele Menschen wurden in dieser Nacht durch <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong> aus ihrem Schlaf gerissen. Durch die Kraft des strömenden <strong>Wasser</strong>s<br />

<strong>und</strong> dem wütenden Sturm stürzten die ersten Häuser ein. Der Ernst der Situation im Krisengebiet war für die Außenwelt allerdings<br />

noch nicht deutlich. <strong>Die</strong> Situation verschlimmerte sich weiter, als am Mittag des <strong>1.</strong> Februars 1953 die Flut aufkam. <strong>Die</strong>se Flut<br />

sollte die meisten Leben fordern. Dadurch, <strong>das</strong>s die Deiche schon gebrochen waren, stieg <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong> in den Poldern noch<br />

weiter an. Viele Häuser, die die erste Flut überstanden hatten, stürzten nachträglich ein. Für viele kam so die Hilfe zu spät.<br />

2.5 Hilfeleistung<br />

Durch <strong>das</strong> Wegfallen der (Verkehrs-) Verbindungen dauerte es viel zu lange bis groß angelegte Rettungsaktionen durchgeführt<br />

werden konnten. Erst am Montag, dem 2. Februar 1953 wurde der Ernst der Situation deutlich. <strong>Die</strong> Einwohner der<br />

betreffenden Gebiete wurden evakuiert <strong>und</strong> mit Flugzeugen wurden Hilfsgüter <strong>und</strong> Sandsäcke abgeworfen. Schnell kam ein<br />

enormer Hilfsgüterstrom zustande- aus den <strong>Niederlande</strong>n, aber auch aus dem nahen <strong>und</strong> fernen Ausland.<br />

2.6 Wiederherstellung der betreffenden Gebiete<br />

Am 4. Februar 1953 kündigte Minister Drees in der Zweiten Kammer an, <strong>das</strong>s die Wiederherstellung der Deiche höchste Priorität<br />

bekommen sollte. <strong>Die</strong> Deltakommission wurde, mit dem Generaldirektor, der obersten Straßen- <strong>und</strong> <strong>Wasser</strong>baubehörde<br />

(Rijkswaterstaat), Herrn Maris, ins Leben<br />

gerufen. Inzwischen waren Freiwillige <strong>und</strong><br />

Deicharbeiter bei der Arbeit die Löcher in den<br />

Deichen so gut wie möglich zu stopfen. Wo<br />

die Löcher zu groß waren, wurden sie mit<br />

sogenannten Einheitssenkkästen abgedichtet.<br />

Ende 1953 konnte <strong>das</strong> Gebiet offiziell<br />

für trocken erklärt werden.<br />

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2. <strong>Wasser</strong>notkatastrophe im Jahr 1953<br />

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<strong>Die</strong> Folgen der Katastrophe<br />

waren katastrophal.<br />

• <strong>1.</strong>835 Menschen starben als Folge der Katastrophe • 200.000 Stück Vieh ertranken •<br />

• 200.000 Hektar Gr<strong>und</strong> versank• 3.000 Wohnungen <strong>und</strong> 300 Bauernhöfe wurden vernichtet<br />

• 40.000 Wohnungen <strong>und</strong> 3.000 Bauernhöfe wurden beschädigt • 72.000 Menschen wurden<br />

evakuiert • 91 km Deich wurde in Südholland auf maximalen Längen von 1 km schwer beschädigt<br />

• 10 km Deich wurde in Nord-Brabant schwer beschädigt • 38 km Deich wurde in Seeland<br />

mit Längen von bis zu 3,5 km schwer beschädigt •<br />

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3. <strong>Die</strong> Deltawerke<br />

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3. <strong>Die</strong> Deltawerke<br />

3.1 <strong>Die</strong> Deltakommission<br />

Am 2<strong>1.</strong> Februar 1953, zwanzig Tage nach der Überflutungskatastrophe, wurde die Deltakommission gegründet. <strong>Die</strong>se Kommission<br />

gab Ratschläge um die Sicherheit in dem Deltagebiet nachhaltig zu erhöhen. Unabhängig davon wie sicher <strong>das</strong> Gebiet<br />

auch werden musste, der Nieuwe Waterweg <strong>und</strong> die Westerschelde mussten aufgr<strong>und</strong> der wirtschaftlichen Interessen der<br />

Häfen von Rotterdam <strong>und</strong> Antwerpen offen bleiben. <strong>Die</strong> Deltakommission veröffentlichte letztendlich fünf Ratschläge, die am<br />

18. Oktober zum Deltaplan führten. Der Plan sollte innerhalb von 25 Jahren ausgeführt werden, allerdings wurden die Kosten<br />

auf ungefähr 1,5 bis 2 Milliarden Gulden (ungefähr 680 bis 900 Millionen Euro) beschränkt. Um den Bau von Dämmen gut<br />

zu regeln, ist im Jahr 1959 <strong>das</strong> Deltagesetz verabschiedet worden. Da die verschiedenen Abschnitte der Deltawerke nicht<br />

gleichzeitig fertig gestellt werden konnten, entschied sich die oberste Straßen- <strong>und</strong> <strong>Wasser</strong>baubehörde um eine logische<br />

Abfolge beizubehalten: von klein nach groß, von leicht nach schwer.<br />

Veerse Gatdamm<br />

Brouwersdamm<br />

Oosterschelde Wehr<br />

Haringvlietdamm<br />

Zeelandbrücke<br />

Zandkreekdamm<br />

Oesterdamm<br />

Maeslant Wehr<br />

Hartel Wehr<br />

Grevelingendamm<br />

Philipsdamm<br />

Holländischer IJssel Wehr<br />

Volkerakdamm<br />

Bathse<br />

Entwässerungskanal<br />

<strong>und</strong> Schleuse<br />

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3. <strong>Die</strong> Deltawerke<br />

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<strong>Die</strong> oberste Straßen- <strong>und</strong> <strong>Wasser</strong>baubehörde berücksichtigte dabei, <strong>das</strong>s<br />

die Sicherheit gegen Sturmfluten so schnell wie möglich erreicht werden<br />

sollte.<br />

3.2 <strong>Die</strong> Dämme<br />

3.2.1 Senkkästen<br />

Das Schaffen von Deichen in den <strong>Wasser</strong>gräben war sehr problematisch,<br />

weil durch die hohe Stromgeschwindigkeit des <strong>Wasser</strong>s,<br />

Sand <strong>und</strong> Steine, die den Damm bilden mussten, wegströmen<br />

würden. Darum machte man von der neuesten Technik Gebrauch - die<br />

Phoenix-Einheitssenkkästen. <strong>Die</strong>se waren große hohle vorgefertigte<br />

Kästen aus Beton, die genau gegeneinander in den <strong>Wasser</strong>gräben<br />

platziert werden konnten <strong>und</strong> so einen Damm bildeten. Während des<br />

Transports zu den <strong>Wasser</strong>gräben wurden die Senkkästen mit Hilfe von<br />

hölzernen Trennwänden zeitweise abgeschlossen. Einmal am Bestimmungsort<br />

angekommen wurden die Senkkästen in den Boden eingebracht<br />

<strong>und</strong> die hölzernen Trennwände entfernt. Alle Senkkästen wurden auf diese<br />

Art <strong>und</strong> Weise einzeln nebeneinander gelegt <strong>und</strong> versenkt. Der Damm hatte<br />

anfangs noch einen offenen Charakter, wobei <strong>das</strong> Meerwasser nahezu<br />

ungehindert von Ebbe <strong>und</strong> Flut durch die hohlen Senkkästen hin <strong>und</strong> her<br />

strömen konnte. Nachdem der Raum zwischen den Senkkästen mit Sand<br />

<strong>und</strong> Kies aufgefüllt wurde <strong>und</strong> die Senkkästen weiter mit Steinen <strong>und</strong><br />

Sand beschwert wurden, wurden die Kästen geschlossen. Mit dem<br />

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3. <strong>Die</strong> Deltawerke<br />

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Schließen wurde mit einem Mal der Meeresarm abgesperrt <strong>und</strong> damit konnte man den Damm fertig stellen. Der Veersegatdamm,<br />

<strong>und</strong> Teile des Grevelingendamms, Volkerakdamms <strong>und</strong> Brouwersdamms sind mit dieser Technik fertig gestellt<br />

worden.<br />

3.2.2 Seilbahn<br />

Für manche Dammabschnitte schienen die Senkkästen nicht die geeignete Methode um die <strong>Wasser</strong>graben abzudichten.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dessen wurde eine revolutionäre Technik eingesetzt. Mit Hilfe einer Seilbahn wurden große Betonblöcke<br />

von 2,5 Tonnen ins <strong>Wasser</strong> gestürzt. Man entwickelte Gondeln die 15 Tonnen Material mitnehmen<br />

konnten. Mit Hilfe von Greifern konnten die Betonblöcke unter die Führerkabine gehängt werden. Nach<br />

dem Sturz der Betonblöcke wurde der Damm mit Sand aufgefüllt, so <strong>das</strong>s kein <strong>Wasser</strong> durchströmen konnte.<br />

skypictures.nl<br />

<strong>Die</strong>se Technik wurde bei dem Grevelingendamm, Haringvlietdamm <strong>und</strong> dem Brouwersdamm angewandt.<br />

3.3 Von salzig nach süß<br />

Wo <strong>das</strong> Meerwasser erst noch ungehindert hin <strong>und</strong> her strömen konnte, kam <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong> hinter den Dämmen jetzt zum Stillstand.<br />

<strong>Die</strong> Gezeitenwirkung verschwand, Salzwasser entwickelte sich zu Süßwasser. Das hatte große Folgen für die Natur.<br />

Salzwasserfische <strong>und</strong> – Pflanzen starben ab, Vögel zogen weg. Bestimmte Abschnitte, die sonst immer unter <strong>Wasser</strong> gestanden<br />

hatten, trockneten aus. Andere Abschnitte, die bei Ebbe trocken waren, standen jetzt unter <strong>Wasser</strong>.<br />

3.4 Oosterschelde wird Speerwerk<br />

Ursprünglich plante man die Oosterschelde einzudämmen. Das <strong>Wasser</strong> hinter dem Damm sollte dann langsam süß werden.<br />

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3. <strong>Die</strong> Deltawerke<br />

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Es entstand jedoch schnell großer Widerstand gegen diesen Eingriff. Das einzigartige Salzwassermilieu in der Oosterschelde<br />

sollte <strong>das</strong> Opfer der weitverbreiteten Sicherheitsmaßnahmen sein. 1976 kam man mit einer Alternative: der „Oosterscheldedamm“<br />

sollte eine Stauanlage werden, die man nur bei extremen <strong>Wasser</strong>ständen schließen musste. Das einzigartige Salzwassermilieu,<br />

die Muschel- <strong>und</strong> Austernkultivierung <strong>und</strong> die Gezeitenwirkung sollten dadurch bestehen bleiben. Das Speerwerk mit<br />

einer totalen Länge von 3 km, sollte aus 65 vorgefertigten, Betonpfeilern bestehen, dazwischen sollten 62 Stahlschützen installiert<br />

werden. Der Boden, auf dem die Stauanlage gebaut wurde, war am Anfang viel zu weich. Um den Gr<strong>und</strong> zu festigen wurden<br />

einige Arbeiten ausgeführt, wobei an den Stellen, an denen die Stauanlage entstehen sollte, mit Kies gefüllte Kunststoffmatten<br />

ausgelegt wurden.<br />

<strong>Die</strong> Pfeiler waren die wichtigsten Elemente des Dammes. Jeder der Pfeiler war zwischen 30,25 <strong>und</strong> 38,75 Meter hoch <strong>und</strong><br />

wog maximal 18.000 Tonnen. Das Aufstellen der Pfeiler war Präzisionsarbeit <strong>und</strong> konnte nur stattfinden, wenn die Strömung<br />

so gering wie möglich war: nämlich während des Gezeitenwechsels. <strong>Die</strong> Pfeiler wurden mit Aufsätzen erhöht, an denen die<br />

Stahlschützen montiert wurden.<br />

Das Oosterschelde-Speerwerk wurde die<br />

größte Stauanlage der Welt. <strong>Die</strong> Kosten<br />

einer Stauanlage waren beachtlich höher als<br />

die eines Dammes: 2,5 Milliarden Euro waren<br />

nötig um <strong>das</strong> Speerwerk fertig zu stellen. Am 4.<br />

Oktober 1986 wurde <strong>das</strong> Oosterschelde-Speerwerk<br />

von Königin Beatrix feierlich eröffnet.<br />

3.5 Maeslant-Stauanlage<br />

Anfangs dachte man, <strong>das</strong>s mit dem Oosterschelde-Speerwerk<br />

die Deltawerke vollendet<br />

waren. Jedoch sollten die Deicherhöhungen<br />

entlang vom Nieuwe Waterweg keinen ausreichenden<br />

Schutz für die umliegenden Gebiete<br />

bieten, unter anderem auch nicht für<br />

Rotterdam. Darum schrieb <strong>das</strong> Ministerium<br />

für Verkehr <strong>und</strong> <strong>Wasser</strong>wirtschaft einen<br />

Wettbewerb für den Bau eines weiteren<br />

Speerwerks aus. <strong>Die</strong>se Sturmflut-Stauanlage sollte im Nieuwe Waterweg entstehen. Da es die wichtigste Zufahrtsstrecke<br />

in Richtung des Rotterdammer Hafens ist, durfte die Stauanlage die Schifffahrt nicht behindern <strong>und</strong> nur in Ausnahmefällen<br />

sollte die Stauanlage geschlossen werden dürfen. Der Sieger des Ausschreibungswettbewerbs umfasste zwei gebogene<br />

Stahltüren, die auf einer Schwelle in der Fahrrinne versenkt werden konnten. Kein anderes Speerwerk in der Welt hat so große<br />

bewegliche Arme wie die Maeslant-Stauanlage; die <strong>Wasser</strong> stauenden Tore sind je 240 Meter lang. Bei normalen Umständen<br />

stehen die Tore völlig offen, gelagert in einem Dock entlang des <strong>Wasser</strong>s, damit die Schifffahrt freien Zugang zum Rotterdammer<br />

Hafen hat. Bei einer Sturmflut werden die <strong>Wasser</strong> stauenden Tore geschlossen. <strong>Die</strong> r<strong>und</strong>e Form der Tore sorgt dafür, <strong>das</strong>s<br />

sie während eines Sturms der Kraft des <strong>Wasser</strong>s stand halten. Am Samstag, dem 10. Mai 1997 fand offizielle Inbetriebnahme<br />

der Sturmflut-Stauanlage Nieuwe Waterweg am Hoek van Holland statt. Dank dieser Stauanlage sind ungefähr eine Million Menschen<br />

in Südholland vor dem Meer geschützt.<br />

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3. <strong>Die</strong> Deltawerke<br />

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3.6 Bedeutung der Deltawerke<br />

Mit der Inbetriebnahme der Maeslant-Stauanlage wurden die Deltawerke letztendlich fertig gestellt. Das enorme Projekt hat<br />

jedoch viel mehr als den geschätzten Wert von 680 bis 900 Millionen Euro gekostet. Insgesamt beliefen sich die Kosten für den<br />

Bau der Deltawerke auf beinahe 5 Milliarden Euro. Außer einer Verkürzung der gesamten Länge an küstenbefestigten Deichen<br />

mit 700 km, haben die Deltawerke noch weitere Vorteile. <strong>Die</strong> <strong>Wasser</strong>ersorgung für die Landwirtschaft kann besser reguliert<br />

werden. Hinzu kommt, <strong>das</strong>s der <strong>Wasser</strong>haushalt für <strong>das</strong> gesamte Deltagebiet sich verbessert hat. <strong>Die</strong> Anlegung der Deltawerke<br />

fördert die Mobilität des Binnenschiffsverkehrs. Schließlich hatten die Deltawerke auch Einfluss auf die Wirtschaft,<br />

Erholung <strong>und</strong> die Natur. Einige Naturschutzgebiete sind unwiederbringlich angegriffen worden, aber an anderen Stellen sind<br />

andere Naturgebiete erhalten oder geschaffen worden.<br />

<strong>Die</strong> Deltawerke sind weltweit ein Vorbild für eine moderne, technologische Entwicklung, bei der die Sicherheit von Mensch<br />

<strong>und</strong> Natur im Vordergr<strong>und</strong> steht. Dabei hat sich in den <strong>Niederlande</strong>n der Horizont erweitert im Bezug auf <strong>Wasser</strong> <strong>und</strong> Sicherheit.<br />

<strong>Die</strong> Deltawerke formen einen einzigartigen Kompromiss zwischen Sicherheit, Wirtschaft, Erholung <strong>und</strong> Natur.<br />

<strong>Die</strong> Vollendung der Deltawerke bedeutet für die <strong>Niederlande</strong> jedoch nicht <strong>das</strong> Ende auf dem Gebiet des <strong>Wasser</strong>managements.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> stehen vor neuen Herausforderungen. Klimatische Veränderungen fordern die f<strong>und</strong>amentale Neuorientierung<br />

auf eine nachhaltige, für zukünftige Generationen, rentable Einrichtung des gesamten Landes. Durch Trockenheit,<br />

Versalzung, Erdsenkung, <strong>und</strong> strengeren Anforderungen an die <strong>Wasser</strong>qualität <strong>und</strong> Ökologie muss über neue Konzepte nachgedacht<br />

werden. Um mit diesen Herausforderungen verantwortlich umgehen zu können, werden die <strong>Niederlande</strong> in der Zukunft<br />

weiterhin in ein nachhaltiges Deltasystem investieren, <strong>das</strong> von der zukünftigen Gesellschaft finanziert werden kann.<br />

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4. Neues <strong>Wasser</strong>management in den <strong>Niederlande</strong>n<br />

www.deltaworks.org<br />

4.Neues <strong>Wasser</strong>management<br />

in den <strong>Niederlande</strong>n<br />

In den <strong>Niederlande</strong>n sorgt die <strong>Wasser</strong>verwaltung für einen kontinuierlichen Kampf,<br />

die die Kultur des Landes <strong>und</strong> die Sicht auf die Welt nachträglich beeinflusst hat. <strong>Die</strong><br />

<strong>Niederlande</strong> haben es verstanden die ständige Bedrohung, in diesem komplexen<br />

Deltagebiet, in neue Möglichkeiten umzusetzen <strong>und</strong> so eine Vielzahl Innovationen<br />

<strong>und</strong> neuer Lösungen zu entwickeln, die zu der niederländischen Deltatechnologie<br />

beitragen. <strong>Die</strong> Niederländische Deltatechnologie ist eine integrierende Herangehensweise,<br />

die es möglich macht, in dem Deltagebiet zu leben. Neben den traditionellen<br />

Kerndisziplinen, <strong>Wasser</strong>management <strong>und</strong> <strong>Wasser</strong>bau, umfasst diese<br />

Technologie, Expertisen als Raumplanung <strong>und</strong> Ökologie, die zu einer innovativen<br />

Lösung der <strong>Wasser</strong>verwaltung in den <strong>Niederlande</strong>n beitragen.<br />

Unsere Erfahrung<br />

<strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> sind nicht nur ein flaches, plattes Land. Ein erheblicher Teil des<br />

Landes ist dem Meer abgerungen! Ohne Deiche, Dünen <strong>und</strong> Dämme, würden 66%<br />

des Landes, mit unter anderem Städte wie Amsterdam, Den Haag <strong>und</strong> Rotterdam,<br />

regelmäßig unter <strong>Wasser</strong> stehen. Außerdem würde <strong>das</strong> Meer wirtschaftliche Gebiete,<br />

die gut 70% des niederländischen Bruttoinlandsproduktes ausmachen, komplett<br />

verwüsten. <strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> sind auch ein Land mit einer hohen Bevölkerungsdichte<br />

(465 Menschen pro km²). <strong>Die</strong>se Kombination mit einer Wirtschaft, die größtenteils<br />

auf Transport, Schifffahrt <strong>und</strong> den Häfen bezogen ist, führt zu einem enormen Druck<br />

auf Raumplanung <strong>und</strong> Umwelt, bei dem sorgfältig abgewogen werden muss. Darum<br />

beziehen die Niederländer wichtige Interessensverbände bei ihrer räumlichen Planung<br />

mit ein, damit nachhaltige, bauk<strong>und</strong>ige Lösungen <strong>und</strong> eine „schlaue“ Infrastruktur<br />

entwickelt werden für die komplexen, baulichen Herausforderungen.<br />

Unsere Herausforderung<br />

<strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> werden mit zwei Auswirkungen der Klimaerwärmung konfrontiert:<br />

<strong>das</strong> Steigen des Meeresspiegels <strong>und</strong> einer Veränderung des Niederschlagsmusters.<br />

Das Letztere resultiert in der Zunahme des Niederschlags,<br />

aber auch durch lokal auftretende trockene <strong>und</strong> nasse Perioden. Wie viele andere<br />

Deltagebiete sind die <strong>Niederlande</strong> auch anfällig für Bodenversenkungen.<br />

<strong>Die</strong> Herausforderungen der Umwelt sind jedoch nicht <strong>das</strong> einzige Problem, mit<br />

dem die Deltagebiete zu kämpfen haben. Der Druck wird auch durch <strong>das</strong><br />

Bevölkerungswachstum erhöht, <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Frage, nach Raum <strong>und</strong><br />

Ressourcen wie z.B. Trinkwasser. Da die Niederländer in den kommenden Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

in ihrem Deltagebiet leben bleiben, werden sie weiterhin innovative Lösungen<br />

für die Probleme entwickeln, die mit dem Leben im Delta verb<strong>und</strong>en sind.<br />

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4. Neues <strong>Wasser</strong>management in den <strong>Niederlande</strong>n<br />

www.deltaworks.org<br />

Unsere Vorgehensweise<br />

Um die genannten Probleme anzugehen, vertrauen die <strong>Niederlande</strong> auf ein hoch entwickeltes, institutionalisiertes System mit detaillierten<br />

Plänen für nachhaltiges <strong>Wasser</strong>management. Um passende Maßnahmen entwickeln zu können, sorgen die Niederländer<br />

erst dafür, <strong>das</strong>s sie <strong>das</strong> <strong>Wasser</strong>system, mit dem sie es zu tun haben, gründlich verstehen. <strong>Die</strong> <strong>Niederlande</strong> sind auf dem Wissensgebiet<br />

<strong>Wasser</strong>bau, Bodenabsenkung, Salzwasserintrusion <strong>und</strong> aquatische Ökologie weltweit führend. Man ist sich der Bedeutsamkeit<br />

dieses Wissens bewusst, <strong>und</strong> der Notwendigkeit die natürlichen Systeme so gut wie möglich zu integrieren. Darum orientiert man<br />

sich auf die sozioökonomischen Aspekte von größerer Gebiete (Flussbettungen) <strong>und</strong> Gebieten mit kleineren Maßstäben (städtische<br />

Gebiete).<br />

Unser Einsatz<br />

Zurzeit werden in den <strong>Niederlande</strong>n viele Projekte durchgeführt, um dafür Sorge zu tragen, <strong>das</strong>s „mehr Raum für <strong>Wasser</strong>“ entsteht.<br />

So war es bis vor kurzem die gängige Politik, die Deiche bis zu dem geforderten Niveau zu erhöhen, der Schutz bieten würde<br />

gegen Überströmungen. <strong>Die</strong>se jahrh<strong>und</strong>ertealte Politik ist im Jahr 2000 durch <strong>das</strong> Programm „Raum für den Fluss“ ersetzt<br />

worden. In dieser neuen Politik wird der Querschnitt des Flusses erweitert, durch <strong>das</strong> weiträumige Umlegen der Deiche vom<br />

Flusslauf, oder durch <strong>das</strong> Absenken des Deichvorlandes. Man versucht hierbei wertvolle Landschaften, Natur, <strong>und</strong> kulturelle<br />

Güter zu schützen. <strong>Die</strong>se neue Herangehensweise versucht ein Gleichgewicht zwischen den heutigen <strong>und</strong> zukünftigen,<br />

räumlichen Anforderungen zu schaffen, wobei Raum gelassen wird für jede Verbesserung der Sicherheit, der Landschaftsarchitektur,<br />

<strong>und</strong> der Verbesserung der gesamten Umweltbedingungen.<br />

Unsere Vision<br />

Um mit den zukünftigen Herausforderungen verantwortlich um gehen zu können, werden die <strong>Niederlande</strong> mit der Entwicklung<br />

innovativer Pläne, Produkte <strong>und</strong> Service fortfahren, <strong>und</strong> so selbst zur Eigenverbesserung beitragen. Nebenbei kann dies auch international<br />

einen Beitrag leisten. Durch die bessere Zusammenarbeit mit den Autoritäten, wissenschaftlichen Institutionen, Verbänden<br />

aus der Wirtschaft <strong>und</strong> sozialen Organisationen, <strong>und</strong> durch <strong>das</strong> Zusammenbringen von unterschiedlichen Expertisegebieten wird die<br />

Innovation noch mehr beschleunigt werden. Im Moment sind all diese interessanten Entwicklungen sichtbar, wie<br />

z.B. „Risk-Based-Design Lösungen“, innovativer Deiche <strong>und</strong> Deichverstärkungen, Techniken zur Deichinspektion, Überströmungsfrühwarnsystemen<br />

<strong>und</strong> Expertisen in verschiedensten Bereichen der Landnutzung. Damit sind die <strong>Niederlande</strong> ein Versuchsfeld für<br />

innovative Deltalösungen, die ein Delta-Leben möglich machen.<br />

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5. Information<br />

www.deltaworks.org<br />

Information about this initiative<br />

“<strong>Deltawerken</strong> Online - International Summaries” is an initiative of the Delta Works Online<br />

Fo<strong>und</strong>ation. It is our aim to translate the summaries into as many languages as possible<br />

to enable people to print, share and read information about the Delta Works and water<br />

management in the Netherlands in their own language.<br />

A team of students and professionals worked in close collaboration with many volunteers<br />

to prepare the various translations, create the pdf-documents and integrate the<br />

translations into the website.<br />

More language versions needed!<br />

Translations of the summaries are submitted, corrected and maintained through the<br />

use of a Wiki. For the latest developments you can visit our wiki at:<br />

http://www.deltaworks.org/wiki/<br />

We encourage each and every person to submit a translation of our text into their own<br />

language through the wiki! We will make sure your text is incorporated into the pdfs and<br />

website!<br />

Donate to, Support and Sponsor Us!<br />

This project is made possible thanks to the contribution of our sponsors the Netherlands<br />

Water Partnership as well as Waterland.Net. We welcome you to join them and become<br />

one of our donors and/or sponsors! Please check the following link to see the different<br />

possibilities: http://www.deltaworks.org/support/<br />

Jobs<br />

Occasionally we have job opportunities on a paid and voluntary basis. Please have a<br />

look at the following website for our most recent listing:<br />

http://www.deltaworks.org/jobs<br />

Creative Commons - Some Rights Reserved<br />

This work is licensed <strong>und</strong>er the Creative Commons Attribution-Noncommercial-No Derivative Works 3.0<br />

Netherlands License. To view a copy of this license, visit this link or send a letter to Creative Commons, 171<br />

Second Street, Suite 300, San Francisco, California, 94105, USA.<br />

Disclaimer<br />

Despite all the care devoted to the editing of the text, neither the volunteers, editors nor the Delta Works<br />

Online Fo<strong>und</strong>ation, can accept any liability for any damage which could arise as a result of any error in<br />

this publication.<br />

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