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als PDF - Ita Wegman Institut

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66. Todestag <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>s<strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>s Erinnerung an Rudolf Steiner | Peter SelgEin wunderbarer Mensch<strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> gehörte zu jenen Menschen, die eng mit Rudolf Steiner zusammenarbeiteten,insbesondere in den letzten Jahren seines Erdenlebens. 1 NachRudolf Steiners Tod war es ihr ein zentrales Anliegen, das Andenken beziehungsweisedas Bewusstsein für die geistige Gestalt des Lehrers innerhalb dermedizinisch-therapeutischen Bewegung aufrecht und lebendig zu halten. Anlässlichihres 66. Todestags am 4. März 2009 veröffentlicht Peter Selg bislangunpublizierte Aufzeichnungen <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>s über Rudolf Steiner.Es gehöre zu ihren Aufgaben, soschrieb <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> einmal in einemBrief, die «Erinnerung» an RudolfSteiner im Bereich der anthroposophischenMedizin, Heilpädagogik und Sozialtherapiezu «repräsentieren» – nicht imSinne eines Anspruchs, sondern <strong>als</strong> gültigesZeugnis.Rudolf Steiner hatte mehrere Male,auch in persönlichen Gesprächen, daraufhingewiesen, wie wichtig es sein würde,seinen Namen und sein Wesen mit seinemWerk in Verbindung zu halten. FürMenschen wie Marie Steiner und <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>(sowie andere Mitarbeiter aus RudolfSteiners nächster Nähe) war dies nichtschwer, sondern selbstverständlich, imRespekt vor Rudolf Steiner und seiner Lebensarbeit– und im Wissen darum, wietief, wesenhaft und notwendig diese Verbindungtatsächlich war.Rudolf Steiner hatte die Anthroposophieim 20. Jahrhundert in die mitteleuropäischeZivilisation gebracht, sie verantwortetund geradezu ‹verkörpert› – inseinem Menschsein. An Rudolf Steinerkonnte man erfahren, was Anthroposophietatsächlich war und ist. Er lebte sie,lebte mit ihr und aus ihr. Über Karl Schuberthatte Rudolf Steiner einmal gesagt, erwirke «überzeugend für die Wahrheit derWaldorfschule im Ganzen»; Rudolf Steinerselbst wirkte – in noch weitaus umfassenderemSinne – ‹für die Wahrheit derAnthroposophie im Ganzen›. Begegneteman Rudolf Steiner, so begegnete man derAnthroposophie.Das Wesen und das WerkDie Aufgabe, der jüngeren Generationder Ärzte, Therapeuten und Heilpädagogen,der Schwestern und Mitarbeiter ihrerArlesheimer Klinik – und anderer Heilstätten– Rudolf Steiners Gestalt zu vergegenwärtigen,ergriff <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> früh undim Bewusstsein ihrer absoluten Notwendigkeit.Er brauche «bei diesen ungeheurenWeltenbildern [der Anthroposophie]immer wieder die persönliche lebendigeBürgschaft Steiners selbst», hatte ChristianMorgenstern einst geschrieben. 2 Dervöllig veränderten Situation nach demTod Rudolf Steiners galt es nun, nach dem30. März 1925, Rechnung zu tragen. Einereale ‹Begegnung› mit Rudolf Steiner warweiterhin durch das Studium seinerSchriften und Vorträge, seiner Gedankenund seines Wortes möglich, das in Arlesheim(wie andernorts) intensiv betriebenwurde.Früh aber begann <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> ergänzenddamit, ihren Mitarbeitern von RudolfSteiner zu erzählen, von ihren Begegnungenmit ihm, von seiner Ausstrahlungund seiner Wesensart. Sie tat dies zumeistan den Geburtstagen (das war für sie immerder 27. Februar; siehe den Beitrag vonGünter Aschoff in diesem Heft) und Todestagendes Lehrers. «Uns in Gedankenmit ihm beschäftigen, unsere Erinnerungenan seine Person, an seine Gesten, anseine Taten lebendig zu machen», strebtesie an. 3 «Die Menschen, die auf Erden leben,die sich mit dem Werke des Totenverbunden haben, wollen von dem Menschenhören, wollen wissen, wie der Verstorbene<strong>als</strong> Mensch unter Menschen gelebthat, wollen von seinen Taten wissen.» 4Immer wieder erwog <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> eineNiederschrift ihrer Erlebnisse mit und anRudolf Steiner für künftige Zeiten undkommende Generationen. Wie viele andereaber erfuhr sie die Schwierigkeit einerentsprechenden Darstellung; viel eher gelanges, die Erinnerung in der Sphäre desmündlichen Berichtes zu entfalten, vorkonkreten Menschen, einem realen Gegenüber.Ihre Ansprachen bereitete <strong>Ita</strong><strong>Wegman</strong> häufig in schriftlicher Weise vorund hielt in ihrem Notizbuch wertvolleErinnerungen fest. Zu <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>s 66.Todestag am 4. März 2009 werden dieseAufzeichnungen erstm<strong>als</strong> publiziert; sietragen manches zum Bild Rudolf Steinersbei. 5 Obwohl <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> Rudolf Steinersehr gut kannte, studierte sie sein Lebenund Werk bis zu ihrem Tode weiter. Siereiste an die Orte seiner Kindheit und Jugendund vermerkte in ihrem Notizbuch,dass man Rudolf Steiner in seinem Wesen,seinem Charakter und seiner Entwicklungerst dann verstehen könne,«wenn man die Stätten, in denen er währendseiner Jugendzeit gelebt hat, auf sichwirken lässt». 6Fotos: <strong>Ita</strong>-<strong>Wegman</strong>-Archiv Arlesheim<strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>, Breslau 1928Sehr wahrscheinlich hatte Rudolf Steinerseiner Ärztin und Mitarbeiterin, dieihn im Oktober 1923 nach Österreich begleitete– zu seinen letzten Vorträgen inWien –, manches von seiner Kindheit undJugend auch persönlich berichtet. In ihrerAnsprache zum 27. Februar 1941 wollte <strong>Ita</strong><strong>Wegman</strong> auf diese Kindheit und Jugendnäher eingehen und notierte sich: «Es kamzu vielen geistigen Erlebnissen. Der Wegdurch eine wunderbare Allee von WienerNeustadt nach Neudörfl regte ihn an, sodasser öfters diesen Weg in einem andernBewusstseinszustand durchmachte, <strong>als</strong> dergewöhnliche ist. Es verschwand das Tagesbewusstsein,er wurde versetzt erst inDunkelheit, dann in Licht, geistiges Lichtanstatt Sonnenlicht kam über ihn, und sobegegnete er Menschen, Geistwesen undhierarchischen Wesen, Geistwesen, die etwasmit ihm zu tun hatten, in Kindergestalten,in Jünglings-, in Greisengestalten.Erst später erkannte er in den Menschenbegegnungendiese Geistgestalten wieder.»In dieser Weise berichtete <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> Einzelheitenvon Rudolf Steiners Entwicklung,soweit sie von ihnen wusste. An seinemLebensgang, seiner autobiographischenSchrift, hatte Rudolf Steiner bis kurzvor seinem Tode gearbeitet, in seinem Atelier,in dem ihn <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> betreute.«Geistige Geselligkeit»Insgesamt aber ging es <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> inihren Darstellungen nicht um Unbekanntes,Verborgenes und gänzlich ‹Neues›,sondern um das Bild Rudolf Steiners inden Seelen derjenigen, die nicht in seinerNähe gewesen waren oder gut daran taten,sich dieses Bild je neu zu vergegenwärtigen(zu den letzteren rechnete <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>auch sich selbst). Ein- und Hinführungenzur Gestalt des geistigen Lehrers strebtesie an, im Wissen darum, dass die Myste-6Schwerpunkt Lebenswege | Das Goetheanum | Nr. 9 · 09


Brief Rudolf Steiners an <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>, April 1924rien von Rudolf Steiners Leben und Wesen– trotz der Karmavorträge – noch immertief verborgen waren («Geheimnis, wassein Wesen betrifft» 7 ).<strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> wollte nicht lediglich vorund zu ‹Kennern› sprechen, sondern vorsuchenden, oft jungen Menschen, öffnendund einladend. So ging sie in ihren Darstellungenvon der direkten Begegnungmit Rudolf Steiner aus, von seiner unmittelbarenErscheinung: «Wer ihm dam<strong>als</strong>begegnete und seelenempfindlich war, derwusste sofort, dass eine bedeutende Persönlichkeitvor einem stand. Er war vonmittelgroßer Statur, hatte einen zartenKörperbau und einen federnden Gang.Sein Kopf war schön geformt und darinblickten einem ein paar gütig wohlwollendeAugen entgegen. Diese Augen warenmerkwürdig. Sie konnten auch Feuer sprühen,wenn er sich begeisterte und über dieGüte, die Schönheit und die Wahrheitsprach. Da konnte er die Herzen der Menschenentflammen, weil er dann <strong>als</strong> dieGüte, die Wahrheit selber da stand. Dannkonnten die Augen in die Weite schauen,<strong>als</strong> ob er durchdringen wollte die Ätherfernen,der beobachtende Zuhörer konntedann erahnen, dass er sein Bewusstseinerweiterte und aus einer Erinnerungsfähigkeitsprach, die viel größer war <strong>als</strong> diejenigeeines gewöhnlichen Menschen, dienur bis zum vierten oder dritten Jahr geht.Man fühlte, dass man einen Menschenvor sich hatte, der ‹anders› war <strong>als</strong> ein andererMensch und doch nicht den Eindruckmachte eines Sonderlings. Es wardie Erweiterung des Menschentums, daszunichte machte den Ausspruch von Du-Bois-Reymond: Ignorabimus, wir könnenes nicht wissen, wir wissen nur über dasjenige,was wir mit unseren Augen undOhren direkt um uns sehen und hören.Hier stand ein Mensch, der das deprimierendeIgnorabimus durchbrach undein Wissen über die letzten Dinge produzierte,<strong>als</strong>o ein Phänomen! Unddoch wieder kein Phänomen, wennman ihn unter den Menschen sah, gesellig,wohlwollend, liebenswürdig, ritterlichvoller Humor, ja er konnte herzlichlachen trotz seines tief ernstenWesens.» 8Ein «geselliger Mensch» sei RudolfSteiner gewesen – nach der Verbotsnachrichtder Anthroposophischen Gesellschaftim nation<strong>als</strong>ozialistischenDeutschland Ende 1935 notierte <strong>Ita</strong><strong>Wegman</strong> sich: «Geistige Geselligkeit istein Wort, das ein Korrespondent derNational-Zeitung prägte, <strong>als</strong> er die Nachrichtgab, dass der AnthroposophischenGesellschaft in Berlin verboten wordenist, zu wirken. Das dritte Reich, sodrückte er sich ungefähr aus, hat füreine geistige Geselligkeit keinen Raum. Nun,wenn man das Wort Geselligkeit näher betrachtet,dann muss man sagen, dass gesellignur Menschen sein können, die frei sind.Geistige Geselligkeit ist dann da, wo freieMenschen zusammenkommen, die sichdem Geiste widmen wollen, abhold sindtrivialen Klatschereien oder den alltäglichenInteressen. Das Füreinanderinteressierenmuss da sein, damit das lieblose Aneinandervorbeigehennicht stattfinden kann; esentsteht dann wirklich eine geistige Geselligkeit,die fruchtbar anregend sein kannund neue Ideen in den Menschen entzündenkann. Rudolf Steiner war ein geselligerMensch. Er beklagte sich immer, dass erdiese Geselligkeit nicht ausleben konnte.Die Menschen machen immer solche ernstentraurigen Gesichter, sagte er einmal.» 9«Durchchristete Kosmosweisheit»Der «wunderbare Mensch» Rudolf Steiner(<strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>) aber war zugleich einInitiat, Träger und Vermittler eines hohenMysterienwissens, das Eingang in das 20.Jahrhundert finden sollte. Viele Menschen,die der Anthroposophischen Gesellschaftangehörten, hatten in den erstenzwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Gelegenheitgehabt, die Menschlichkeit, die«geistige Geselligkeit» Rudolf Steinerswahrzunehmen. An entsprechendenAnekdoten, Erzählungen und Berichtenfehlte es nicht.<strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> jedoch gehörte zu demkleineren Kreis von Anthroposophen, dieauch die Mysteriendimension von RudolfSteiners Wesen und Wirken aus nächsterNähe miterlebt hatten, ja in dieses Geschehenmitverantwortlich einbezogenwaren. 10 Rudolf Steiner vertraute <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>vieles an, über das sie zeitlebensschwieg. Über manche Aspekte der Hochschuleund der Karmavorträge berichteteer ihr persönlich, in der letzten Zeit seinesErdenlebens, in Einzelheiten und in prinzipiellerWendung: «Auf Erden war es RudolfSteiners Aufgabe, wie er mir selbersagte, seine Geistaufgabe, eine Form zufinden, wodurch das durchchristete Mysterien-Wissenwieder Eingang findenkonnte auf Erden. Eine Form, in die hineinfließenkonnten alle schon einmal aufErden vorhanden gewesenen Geistesströmungen,sodass die verschiedensten Menschenin ihr sich selbst wiederfindenkonnten, jeder Mensch in seiner eigenenArt. Er sollte die Geistgemeinschaft, dieMichael im Übersinnlichen gegründet hat,auch auf Erden weiterführen, und Anthroposophieist, wie Rudolf Steiner sagte,der Lehrinhalt jener übersinnlichen Gemeinschaft.»11In den ersten Monaten nach RudolfSteiners Tod schrieb <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> im ‹Nachrichtenblatt›der Wochenschrift ‹Das Goetheanum›:«Das ganze Weisheitsgut derAnthroposophie ist durchchristete Kosmosweisheit,sie ist durch Vermittlung dermächtigen Geistwesenheit in Rudolf Steinerdurch ihn auf die Erde gekommen;Menschen haben sie empfangen. SchwacheMenschenhände hüten sie, stark werdendeMenschen-Intellektualität kann siein Gefahr bringen. Bis jetzt war RudolfSteiner inmitten dieser Menschen; seineErdenaufgabe war es, den von Intellektualitätergriffenen Menschen Christus-Weisheitzu bringen, um sie durch diese Weisheitin der Entwicklung so weit zu bringen,dass sie den Christus erkennen und ihmfolgen und den Ahriman bekämpfen können.Schritt für Schritt hat er sie geführt,Weisheit eintröpfelnd, während Michaeldie Intellektualität freigab Stück für Stück.Zusammen gingen sie, zum Heile derMenschheit, hütend und gebend.» 12 ó1 Johan Emanuel Zeylmans van Emmichoven:Wer war <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>. Eine Dokumentation,Band 1, Heidelberg 1 1990.2 Brief an Margareta Gosebruch von Liechtenstern,10. Juni 1909.3 Maschinenschriftliches Vortragstyposkript,London, 27. Februar 1931.4 Notizblatt, undatiert.5 Peter Selg (Hrsg.): <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong> – Erinnerungan Rudolf Steiner, Arlesheim 2009.6 Notizbuch Nr. 74, 27. Februar 1941.7 Notizblatt, undatiert.8 Notizbuch Nr. 68 (1937).9 Notizbuch Nr. 89 (undatiert).10Peter Selg: Rudolf Steiner und die Freie Hochschulefür Geisteswissenschaft. Die Begründungder ‹Ersten Klasse›, Arlesheim 2008.11 Vortragsmanuskript Dornach, 2. Oktober1928.12 Nachrichtenblatt, 17. Mai 1925.Hinweis:4. März 2009, 20 Uhr:<strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>s Erinnerungenan Rudolf Steiner,Vortrag von PeterSelg zum 66. Todestag <strong>Ita</strong> <strong>Wegman</strong>s, Goetheanum,Grundsteinsaal.Das Goetheanum | Nr. 9 · 09 | Schwerpunkt Lebenswege 7

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