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15 Vereinsleben

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<strong>15</strong> <strong>Vereinsleben</strong><br />

<strong>15</strong>.1 Lebendige Vereinstätigkeiten<br />

Hellmut Weber<br />

In einem gesunden und lebendigen Gemeinwesen entwickelt sich ein vielfältiges<br />

und reges <strong>Vereinsleben</strong>. Nicht anders war es in unserer Region. Menschen<br />

mit gleichartigen Interessen fanden sich in loser oder mehr oder weniger<br />

reglementierter Form zusammen, um ihre Freizeit zum eigenen Nutzen und für<br />

das Gemeinwohl sinnvoll zu gestalten oder auch nur, um ihrem Hobby, ihren<br />

Neigungen und Fähigkeiten nachzugehen oder Unterhaltung zu suchen. Diese<br />

Betätigungen liegen sowohl auf politischem, kulturellem, religiösem wie auch<br />

auf gewerblichem oder sportlichem Gebiet. Der zeitliche und nicht selten auch<br />

erhebliche finanzielle Einsatz wurde von den Mitgliedern und deren Familienangehörigen<br />

mit Engagement und Selbstverständlichkeit getragen.<br />

Da waren nicht nur die Gewerbetreibenden und der Handel, die in ihren<br />

strengen Zunft- und Innungsordnungen ihre wirtschaftliche Bedeutung nach<br />

außen hin dokumentierten. Andere Interessengruppen versuchten, ihre Gedanken<br />

und Bestrebungen der Öffentlichkeit verständlich und zugänglich zu<br />

machen, vor allem jene Gruppen, deren erklärtes Ziel es war, Seele, Geist und<br />

Körper mit Gleichgesinnten freiwillig weiterzubilden, zu pflegen und zu<br />

stärken.<br />

Die Verbindungen, die wohl am weitesten verbreitet waren und den größten<br />

Mitgliederbestand aufzuweisen hatten, waren zweifellos die Turnvereine.<br />

Das Turnen als Körperertüchtigung und -schulung hat seinen Ursprung schon<br />

in grauer Vorzeit. Dazu können ebenso die Olympischen Spiele wie die<br />

Turniere des Mittelalters gezählt werden. Getreu der Devise »Mens sana in<br />

corpore sano« (Eine gesunde Seele in einem gesunden Körper) hat Friedrich<br />

Ludwig Jahn, der Vorkämpfer für das »altdeutsche« Wesen mit nationalen und<br />

demokratischen Ideen, das Turnen in all seinen vielfältigen Formen zu einem<br />

naturnahen und naturverbundenen Volkssport gemacht. Einer der Höhepunkte<br />

seiner Bewegung war die Eröffnung des 1. Turnplatzes auf der Hasenheide in<br />

Berlin im Jahre 1811.<br />

Vor ihm hatten bereits Johann Bernhard Basedow (1723–1790) in Dessau und<br />

Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811) und Guths-Muths 1759–1839) in<br />

Schnepfenthal Gymnastikschulen eingerichtet, in denen nicht nur die Körperertüchtigung<br />

durch Freiübungen oder an Geräten betrieben wurde, sondern sie<br />

bezogen auch Schwimmen, den Wintersport und das Tanzen in ihr Gesamtpro-<br />

Turnbezirk Schatzlar: Bestläufe 1938 in Bernsdorf, am 22. und 23. Eismond<br />

gramm ein. GUTHS-MUTHS’ »Gymnastik für die Jugend« (1793) wurde zur<br />

Grundlage der leiblichen Erziehung, und seine körperlichen Ertüchtigungsvorschläge<br />

wurden über die Grenzen Deutschlands hinaus in Frankreich und<br />

DD Dänemark gern aufgenommen.<br />

Bald entstanden allerorten in ganz Europa, vornehmlich in Deutschland und in


der Schweiz, Turnvereine, die sich nicht nur um eine Körperertüchtigung allein<br />

bemühten, sondern versuchten, das politische Geschehen zu beeinflußen und<br />

mitzugestalten. So geschah es, daß wegen des Breslauer Turnerstreites und der<br />

Ermordung Kotzebues (1819) durch einen fanatischen Turnerburschenschaftler<br />

bis 1842 das Turnen in Preußen verboten wurde, danach aber nicht nur wieder<br />

zugelassen, sondern sogar staatliche Förderung und Unterstützung erfuhr.<br />

1860 erfolgte auf dem Ersten Deutschen Turn- und Jugendfest in Coburg der<br />

Zusammenschluß aller deutschen Turnvereine in der »Deutschen Turnerschaft«.<br />

1<br />

Heutigentags verlagert sich der ursprüngliche Allgemeinsport Turnen zum<br />

gezielten Leistungssport.<br />

Der Deutsche Turnerbund (DTB) mit Sitz in Frankfurt ist der oberste Verband<br />

des deutschen Turnens; er überwacht die Einhaltung der Turnordnung und der<br />

Wettkampfregeln, führt Meisterschaften durch und ist Mitglied des Internationalen<br />

Turnverbandes (F.I.G) in Genf. 2<br />

Wen wundert’s, daß sich auch in unserer Heimat bald eine bezirks- und<br />

kreisumspannende Turnerbewegung bildete, die zu den mitgliederstärksten<br />

Vereinigungen gehörte.<br />

Nach letzten Aufzeichnungen gehörten zum Turnbezirk Schatzlar die Turnvereine<br />

der Ortschaften Bernsdorf, Goldenöls, Königshan, Lampersdorf,<br />

Potschendorf, Schatzlar, Trautenbach sowie die Turnriegen Bober, Krinsdorf,<br />

Schwarzwasser und die Arbeiterturnvereine von Bernsdorf und Schatzlar.<br />

386<br />

<strong>15</strong>.2 Turnvereine<br />

<strong>15</strong>.2.1 Der deutsche Turnverein »Berggeist« Schatzlar<br />

Rudi Schmidt<br />

Der »Deutsche Turnverein Schatzlar«, der den Beinamen »Berggeist« erhielt,<br />

wurde bereits vor dem Jahre 1882 gegründet. Er hatte sich, wie alle Turnvereine,<br />

zum Ziel gesetzt – getreu der Devise des Turnvaters Jahn: frisch, fromm,<br />

fröhlich, frei –, seine Mitglieder an Körper und Geist zu bilden und zu stählen.<br />

Zu seinen Gründern und engagierten Förderern zählte unter anderen der<br />

Apotheker und Bürgermeister Josef Scheithauer. Der Schatzlarer »Berggeist«<br />

gehörte, ebenso wie die Turnvereine in den umliegenden Ortschaften, zum<br />

Dachverband des Riesengebirgs-Turngaus.<br />

Neben den in fast jedem Ortsverein bestehenden Herren-, Damen- und Jugendriegen<br />

gab es besondere Sparten, die sich speziellen Aufgaben der körperlichen<br />

und geistigen Ertüchtigung widmeten. In Schatzlar gab es die Abteilungen<br />

Schwimmen, Wandern, Theater und Wintersport. Ja selbst eine Feuerwehr<br />

gründeten die Mitglieder des Turnvereins, die sich »Freiwillige Turnfeuerwehr<br />

Schatzlar« nannte, aber später in »Freiwillige Feuerwehr« umbenannt wurde.<br />

Deutscher Turnverein Berggeist, Schatzlar 1912<br />

1. Reihe (sitzend, v.l.): Erben Adolf, Domke Josef, Scharm Karl;<br />

2. Reihe: Lahmer Franz, Fischer Ferdinand, Etrich Rudolf, Tamm Franz,<br />

NN, NN;<br />

3. Reihe: Reichstein Franz, NN, Baier, NN, Nowotny Alfons;<br />

4. Reihe: Kirsch Edwin, NN, Hanke Robert, NN, Miksch Franz


Deutscher Turnverein »Berggeist«, Schatzlar 1929<br />

Aktive der männlichen Turner im »Berggeist« Schatzlar<br />

1. Reihe (liegend, v.l.): Reis Josef, Braun Emanuel, Patzak Franz,<br />

Kohl Rudolf, Tamm Hans;<br />

2. Reihe (knieend): Just Karl, Pfeifer Robert, Lorenz Franz,<br />

Frieß Anton;<br />

3. Reihe (stehend): Lorenz Wenzel, Just Gustav, Miksch Franz,<br />

Steidler Franz, Kluge Emil, Weber Josef, Bergmann Josef,<br />

Weber Oswald, Salwender Rudolf, Efler Rudi, Hampel Bernhard<br />

Im Jahre 1889 bereits erfolgte der Kauf eines alten Badehauses in der Hofgasse,<br />

das man zu einer Turnhalle umbaute. Regelmäßig wurden fast täglich<br />

Turnstunden für Kinder, Schüler, Männer und Frauen aller Altersstufen<br />

abgehalten.<br />

Schatzlar konnte sich des einzigen im Riesengebirgs-Turngau zugelassenen<br />

und staatlich geprüften Turnlehrers, des Oberlehrers und späteren Altbürgermeisters<br />

Roman Illner, rühmen. Der völkisch gesinnte und bei der<br />

hiesigen Bevölkerung angesehenste Bürger widmete seine Freizeit überwiegend<br />

dem Deutschvölkischen Turnverein Schatzlar. Als Turnlehrer hat er<br />

entscheidend dazu beigetragen, daß viele Schatzlarer Wettkämpfer bei Bezirks-,<br />

Gau- und Verbandsturnfesten beachtliche Erfolge erzielten.<br />

Von 1898 leitete Turnwart Adolf Erben den Verein, der seiner Verdienste<br />

wegen 1934 im Rahmen einer Veranstaltung im Saale des Gasthofes »Zum<br />

Bär« zum Ehrenturnwart ernannt wurde. Er verstarb am 10. Oktober 1946.<br />

Als im Jahr 1934 das vom Turnverein »Berggeist« in Schatzlar ausgerichtete<br />

Bezirksturnfest durchgeführt wurde, nahmen nicht nur 258 aktive Turner,<br />

Turnerinnen, Schüler und Schülerinnen teil – fast 10 % der Bevölkerung<br />

unseres Bergstädtchens –, sondern es war auch das Jahr mit dem größten<br />

Mitgliederzuwachs.<br />

Anläßlich eines im selben Jahr in Schatzlar abgehaltenen Bezirks-Jugendfestes<br />

wurden vom Turnverein »Berggeist« 440 teilnehmende Kinder aus<br />

anderen Orten des Turnbezirks volle drei Tage beherbergt und verpflegt.<br />

Eines der eindruckvollsten Turnfeste war wohl die Veranstaltung des<br />

Turnvereins »Berggeist« am 19. Juni 1932 mit weit über 100 aktiven Teilnehmern<br />

allein aus Schatzlar.<br />

Unter der Führung des Turnwarts Franz Lorenz erzielte der Turnverein<br />

»Berggeist« einen weiteren gewaltigen Aufschwung. Lorenz turnte nicht nur<br />

bis ins hohe Alter selbst, sondern vermittelte seine Leidenschaft auch seinen<br />

Söhnen weiter, die in Gundelfingen um 1950 Gaumeister wurden.<br />

Im Jahr 1920 verpachtete die Vereinsleitung die Turnhalle über die<br />

Wochenendtage und an Feiertagen für Kinovorstellungen an die Städtischen<br />

Lichtspiele; das erbrachte dem Turnverein eine willkommene Mieteinnahme.<br />

1935 entschloß man sich zu einem Um- und Erweiterungsbau des Hauses: Es<br />

wurden ein dringend notwendiger Aufbewahrungsraum für Geräte und Bänke<br />

geschaffen, die Sanitäranlagen erneuert und die Wohnung des Turnhallenwartes<br />

ausgebaut. Diese Baumaßnahmen, die der Baumeister Ernst Günter aus<br />

Schatzlar ausführte, kosteten stattliche 1<strong>15</strong>.000 Kč. Das Geld wurde von<br />

Mitgliedern und Bürgern unseres Bergstädtchens gesammelt und kreditiert.<br />

Zuletzt umfaßte das Turnhallengebäude: Vorraum, Kinokasse, Geräteraum,<br />

Umkleideraum, Dusch- und Waschanlagen, Wohnung für den Turnhallenwart,<br />

Raum zur Aufbewahrung der Kinobänke, Anbau für die Kinogeräte,<br />

387


Die große Sprungschanze in Schatzlar<br />

Schaugymnastik einer Damenriege<br />

einen Versammlungsraum für etwa 60 Personen. Hinter dem Gebäude lag der<br />

etwa 4000 m 2 große Turnplatz. Nach dem II. Weltkrieg mußte der Turnhallenbau<br />

– gegenüber der Bürgerschule – der neuen Wohnsiedlung in der Hofgasse<br />

weichen.<br />

388<br />

Besonders hervorzuheben ist der sehr rege Zuspruch, dessen sich die Wandergruppen<br />

und die Theaterabteilung in der Turnerschaft des »Berggeist«<br />

erfreuten. Für ihre häufigen Bühnenveranstaltungen gab es für diese<br />

Gruppe einen reichhaltigen Fundus, der in Schränken der 1935 erweiterten<br />

Turnhalle untergebracht war.<br />

Aber auch die Stadtväter taten das ihre zur Förderung der Körperertüchtigung<br />

und Gesunderhaltung der Bewohner, als sie Anfang der 20er Jahre eine große<br />

Sportanlage mit Sportplatz – der zur Hälfte aus einem Rasenteil (84 m x<br />

34 m) und einem Spielplatz (84 m x 21 m) bestand – und einen Schwimmteich


Eine Wandergruppe der Turnerschaft vor der Schneekoppe:<br />

1. Reihe (sitzend, v.l.): Bönsch Herbert, Erben Rosl, Menzel Mariechen,<br />

Mojschisch Franz, Menzel Hilde, Honsa Ludwig;<br />

2. Reihe: Hopf Mizzi Helga Helene, Ascherl Hedwig, Ohnrich Anna,<br />

Frau Menzel, Scharm Hildegard (Bo), Scharm Herta;<br />

3. Reihe: Pohl Karl, Demuth Adolf, Chott Adolf, Scharm Karl,<br />

Erben Adolf, Mojschisch Franz, Ascherl Franz, Pfeiffer Robert<br />

Turnerinnen der Theaterabteilung des Turnvereins »Berggeist« bei einer<br />

Bühnenaufführung im Gasthaus Püschel (»Zum Bär«) an Silvester 1935<br />

Eine Theatergruppe stellt sich dem Fotografen<br />

1. Reihe (sitzend, v.l.): Lath Franz, Pohl Karl, Marr Josef, Hruby Josef,<br />

Bönisch Herbert;<br />

2. Reihe: Zást ra Arthur, Rumler Erwin, NN aus Leitmeritz,<br />

Efler Frieda, Bönsch Herbert, Nyvlt Steffi, Efler Lena,<br />

Schubert Mariechen, Wick Mariechen;<br />

3. Reihe: Baier Josef, Reuß Anna, Schmidt Rudi, NN, Slawisch Josef,<br />

Baier Anni, Dorfmeister Ernst<br />

389


Freiübungen auf dem neuen Sportplatz in Schatzlar 1932 Die Schatzlarer Schwimmanlage vor der Uferbefestigung ...<br />

Die Fußballmannschaft von Schatzlar in den zwanziger Jahren ... und nachher<br />

390


Skispringen um 1930 in Schatzlar<br />

Wintersportwettkämpfe der Schüler im Feber 1940<br />

(37 m x 16,80 m) nördlich der neuen Glashütte auf ihren Hutungen anlegen<br />

ließen. 1926 wurde der für Schwimmer zugelassene Teich um ein geräumiges<br />

Kinderbecken erweitert, eine Steinplattenbewehrung befestigte den<br />

Beckenrand, und zwei Umkleidekabinen machten die Anlage attraktiver. Der<br />

Sportplatz stand zugleich als Festplatz bei der Gestaltung großer Feiern zur<br />

Verfügung. 3<br />

Als der Wintersport eine immer größere Zahl von Anhängern bekam,<br />

wurde im November 1920 in Schatzlar ein Zweigverein des Wintersportvereins<br />

»Aupatal – Zweig Schatzlar« gebildet, der sich vor allem um eine<br />

Ausbreitung des volkstümlichen Schisports bemühte.<br />

Im Jahre 1920 tauschte der Wintersportverein die von ihm schon früher<br />

erworbene »Rosenbergwiese« in Brettgrund gegen eine der Herrschaft Schatzlar<br />

gehörende Parzelle hinter der Porzellanfabrik ein und errichtete dort eine<br />

große Sprungschanze, auf der Weiten bis zu 50 m erreicht werden konnten. Am<br />

19. Feber 1921 fand das Eröffnungsspringen auf der neuen Schanze an der<br />

»Boberlehne« bei herrlichstem Winterwetter statt, an dem sich 27 Springer und<br />

mehr als 3000 Zuschauer beteiligten.<br />

Und schon am 22. März 1922 – wie auch in den folgenden Jahren – zeichnete<br />

die Schatzlarer Wintersportsektion für die Austragung des ersten Langlauf-<br />

Wettkampfes und in Rehorn für das erste Preisrodeln verantwortlich.<br />

Am 19./20. Jänner 1924 fanden die Verbandsläufe des Verbandes deutscher<br />

Wintersportvereine im Riesengebirge als Großveranstaltung statt. Es wurden<br />

Lang- und Sprungläufe in allen Altersklassen für Männer, Frauen und Kinder<br />

ausgetragen, an welchen sich an die 200 Schiläufer und etwa 5000 Zuschauer<br />

beteiligten.<br />

Auf dem Rehorn, rund um die Maxhütte bis ins Quintental und nach Brettgrund<br />

fanden die Anhänger des weißen Sports ideale Abfahrts- und Langlaufbedingungen.<br />

Am 6. Feber 1936 wurden in Schatzlar die Gaubestläufe im Schifahren unter<br />

der verantwortlichen Leitung des Schilaufwartes Rudi Schmidt ausgetragen.<br />

Ausrichter war die Sparte Wintersportverein im »Berggeist« (HDW).<br />

Kinder-Maskenrodeln in Schatzlar<br />

391


Als »Abendgebet« sprach jeder zünftige Wintersportler:<br />

Lieber Petrus mein,<br />

laß es tüchtig schnei’n<br />

in den Tälern, auf den Höh’n;<br />

Schneeschuhlaufen ist so schön!<br />

Dann woll’n wir dir bringen,<br />

dann woll’n wir dir singen,<br />

wir dir alleweil<br />

ein kräftiges: »Schiheil, Schiheil«!<br />

Nur wenigen Heimatfreunden wird noch bekannt sein, daß der Löschteich der<br />

Glashütte zur Verwendung als Eislaufplatz durch den Turnverein gepachtet<br />

worden war und ihm alle Geräte zur Pflege dieses Platzes gehörten.<br />

Neben den Deutschen Turnvereinen gab es noch je einen »Deutschen Arbeiter-<br />

Turn- und Sportverein« in Schatzlar und Bernsdorf.<br />

Die letzten Amtsträger des »Berggeist« waren:<br />

Obmann Josef Weber (über 25 Jahre Vorturner)<br />

Turnwart Josef Patzak,<br />

Dietwart (Zeugwart) Peter Wenzel,<br />

Schriftwart Rudi Schmidt,<br />

Zu Ehrenmitgliedern ernannte man:<br />

Apotheker Josef Scheithauer,<br />

Rechnungsführer Adolf Erben,<br />

Oberbuchhalter Josef Domke,<br />

Kaufmännischer Angestellter Josef Weber,<br />

Viele Jahrzehnte war Turnbruder Adolf Miksch Turnhallenwart.<br />

Am 19.10.1933 stellte der DTV »Berggeist« Schatzlar seine Tätigkeit ein. –<br />

Die Vereinsfahne hat die tschechische Staatspolizei 1938 vernichtet. 4<br />

<strong>15</strong>.2.2 Turnvereine in den Bezirksgemeinden<br />

In den übrigen Ortsgemeinden des Gerichtsbezirks Schatzlar wurden selbstverständlich<br />

ebenfalls Turnvereine gegründet, die alle zum Turnbezirk Schatzlar<br />

gehörten, so 1889 in BERNSDORF.<br />

Dank der heimatgeschichtlichen Arbeiten des Bernsdorfer Realschullehrers<br />

Franz Wohlang sind uns die Namen der Gründer des Deutschen Turnvereins<br />

bekannt: Franz Adelt, Josef Demuth, Hermann Herrmann, Josef und Heinrich<br />

Hampel, Karl Kuhn, Ignaz Mayer, Josef Menzel, Anton Scharm, Theodor<br />

Strecker, Anton Tatsch.<br />

Zum Sprechwart (Vorsitzenden) wählte man Hermann Herrmann, dem nach<br />

einigen Jahren Franz Adelt folgte, der den Verein über 30 Jahre leitete und sich<br />

sehr um die Anerkennung der turnerischen Belange bemühte. Ihm zur Seite<br />

stand lange Jahre der Säckelwart (Kassierer) und Dietwart (Zeugwart) Anton<br />

392<br />

Turner von Bernsdorf<br />

Das »Deutsche Haus« in Bernsdorf war das Vereinsheim des Deutschen<br />

Turnvereins. Im Saal wurden die Turnstunden abgehalten<br />

Glaser, der zudem eine sehr aktive Theatergruppe führte; auch die Namen der<br />

drei Kleinert – Emil, Vinzenz und Alfred – müssen als langjährig wirkende<br />

Turnwarte genannt werden.<br />

Bereits 1896 konnte – gleichzeitig mit der Ausrichtung eines imposanten<br />

Turnfestes, an dem sich nicht nur viele Nachbarvereine, sondern auch alle<br />

Ortsvereine in einem prachtvollen Festzug beteiligten – die Vereinsfahne<br />

eingeweiht werden.<br />

Besonders zu erwähnen sind die eifrigen Mädchen- und Damenriegen, die sich<br />

als Teilformationen des Turnvereins bildeten.<br />

Das Vereinshaus war der Gasthof »Deutsches Haus«, das dem Besitzer der<br />

Erla-Mühle, Karl Winkler, gehörte. Nach dessen Tode übernahm sein Schwie-


gersohn Johann Wimmer das Gasthaus und baute nach dem I. Weltkrieg einen<br />

großen Saal, der als Turnsaal entsprechend eingerichtet und benutzt werden<br />

durfte.<br />

Im Jahr 1913 richtete der Bernsdorfer Turnverein ein Bezirksturnfest aus, an<br />

welchem sich die Turnvereine der Umgebung und alle Ortsvereine beteiligten.<br />

Das Jahr der Gründung des »Arbeiter-Turn- und Sportvereins« von Bernsdorf<br />

ist leider nicht mehr zu ermitteln, doch muß es lange vor dem I. Weltkrieg<br />

gewesen sein. Zu dieser Zeit führten Hans Hunt und Walter Walsch diese<br />

Vereinsgruppe.<br />

Nach dem Ende des Weltkrieges wurden der »Deutsche Turnverein« und der<br />

»Arbeiter-Turnverein« zusammengeschlossen, und diese Zwangsverbindung<br />

nannte sich fortan nur »Turnverein«. Aber schon um 1922 trennten sich die<br />

Mitglieder, und die »alte Garde« belebte wieder den »Deutschen Turnverein«.<br />

Nach der Eingliederung ins Deutsche Reich wurden die »Deutschen Turnvereine«<br />

in den »Deutschen Sportbund« überführt. 5<br />

Im Jahre 1901 entstanden Turnvereine in POTSCHENDORF und LAM-<br />

PERSDORF. Während uns aus der Vereinsgeschichte des TV Potschendorf<br />

nichts bekannt ist, hat Josef KUHN aus Lampersdorf die Entstehung und<br />

Entwicklung des »Deutschvölkischen Turnvereins Lampersdorf« aufgezeichnet.<br />

Die Gründer des »Deutschvölkischen Turnvereins« waren: August Anders,<br />

Josef Babel, Birkner, Hermann Bischof, Reinhold Bischof, Rudolf Jirasek,<br />

Franz Petschenka, Ferdinand Reyland, Josef Salwender, Johann Slawisch,<br />

Struckel, Hugo Weber, Josef Weber. In den Turnrat wurden gewählt: Hugo<br />

Weber (Obmann), Josef Salwender (Turnwart), Ferdinand Reyland (Schriftführer)<br />

und Josef Weber (Kassierer).<br />

Als 1906 Franz Petschenka die Obmannstelle übernahm, erfuhr der Verein<br />

einen deutlichen Aufschwung. Ihm folgte Struckel als Vorsitzender. Josef<br />

Jirasek rief eine Schülerriege ins Leben, der gleich zu Beginn zehn Jugendliche<br />

beitraten.<br />

Zum 10jährigen Gründungsfest wurde eine seidenbestickte Fahne eingeweiht.<br />

Während der Jahre des I. Weltkrieges kam der Turnbetrieb fast zum Erliegen,<br />

doch belebte er sich nach 1920 unter den Obleuten Franz Wünsche und<br />

Engelbert Seidel wieder. Schulturnsaal und den dazugehörenden Turnplatz<br />

stellte die Gemeinde kostenlos zur Verfügung, während Reparaturen, Stromund<br />

Heizungskosten zu gleichen Teilen mit dem »Arbeiter-Turnverein Lichtstrahl«<br />

getragen werden mußten. Turngeräte waren ausreichend vorhanden,<br />

und die große Bühne im Vereinshaus des Gasthauses Heinrich Rudolf wurde<br />

für Theateraufführungen genutzt.<br />

Jahn-Denkmal<br />

am Lampersdorfer<br />

Sportplatz<br />

Nach dem Ausscheiden von Obman Wünsche übernahm Berthold Tatsch die<br />

Leitung des Turnvereins, unter dessen Führung die Jugendarbeit einen kräftigen<br />

Aufschwung erlebte.<br />

Als 1930 das Schwimmen für Wettkämpfe verpflichtend wurde, erwarb<br />

der Verein 1934 ein etwa 1 ha großes Grundstück, auf dem ein vereinseigener<br />

Turnplatz und ein Schwimmbad angelegt werden sollten. Ein Bauauschuß<br />

wurde gebildet, zur Finanzierung verkaufte man Anteilscheine und bald wurde<br />

393


mit den Vorarbeiten begonnen. Das Gesamtvorhaben konnte wegen der<br />

politischen Ereignisse 1938 jedoch nicht mehr vollendet werden; lediglich der<br />

Turnplatz wurde fertiggestellt.<br />

Zum Gedenken an den Gründer des deutschen Turnwesens, Friedrich Ludwig<br />

Jahn, stellte der Turnverein einen Gedenkstein an der Stirnseite des neuen<br />

Turnplatzes auf.<br />

1910 fand die Gründung des »Deutschvölkischen Turnvereins Vater Jahn« in<br />

KÖNIGSHAN statt, der bis 1933 zum Turnbezirk Parschnitz und dann zum<br />

Turnbezirk Schatzlar – als siebter Bezirk im Riesengebirgs-Turngau – gehörte.<br />

Mitbegründer Johann Illner bekleidete zehn Jahre lang die Stelle des Vereinsobmannes<br />

und seine Verdienste wurden 1928 mit der Ernennung zum Ehrenobmann<br />

(Ehrensprechwart) mit Sitz und Stimme auf Lebenszeit gewürdigt. Er<br />

gehört zu den Opfern des Deutschenhasses und starb 1945 in der AEG in<br />

Oberaltstadt.<br />

Neben den Turnvereinen bildeten sich in kleineren Orten Turnriegen.<br />

So entstand 1933 in BOBER eine besonders rührige Ski-Abteilung.<br />

Am 4. Mai 1934 lud der äußerst engagierte Turnbruder Johann Erben einige<br />

sportbegeisterte junge Leute von KRINSDORF zur Gründungsversammlung<br />

einer Turnriege ins Gasthaus Herrmann ein. Er wurde ihr erster Turnwart.<br />

Waren es bei der Riegengründung nur sieben Leute, zu denen die Männer der<br />

Familie Gall, die Gebrüder Pasler, Anders,Fichtner und Simmich gehörten,<br />

Arbeiter-Turn- und Sportverein Potschendorf-Teichwasser<br />

394<br />

zählte die Mitgliederzahl im September desselben Jahres bei einem öffentlichen<br />

Schauturnen bereits 56 Aktive.<br />

Wie schwierig der Anfang ohne Geldmittel war, schildert der Gründer selbst:<br />

»Keine Geräte ... Geld gab es auch keins, also mußte gebettelt werden. Einen<br />

Barren konnten wir geliehen bekommen ... Das Trautenauer Bräuhaus hatte<br />

uns auf unsere Bitte einige Hopfensäcke für Matratzen geschenkt. Ein Sattler<br />

hat sie uns gefüllt. ... Reck und andere Geräte haben wir uns selbst gebaut.«<br />

1914 schlossen sich in SCHWARZWASSER turnbegeisterte junge Männer<br />

zusammen. Zu ihrem Obmann wählten sie Josef Hanel. Weitere Mitarbeiter<br />

und Turner waren Rudolf König, Alfons Buchmann, Weidlich, Rudolf<br />

Effenberger, Josef Schremmer, Rudolf Ohnrich.<br />

Nach der Vertreibung fanden sich die Mitglieder der ehemaligen Turnvereine<br />

in ihren neuen Heimatorten zu sportlichen Aktivitäten. So steht in »Aus der<br />

neuen Heimat«: »Helmut Müller, Sohn des Franz Müller aus Bernsdorf,<br />

wohnhaft ab 1950 in Göppingen, sprang auf einer Sprungschanze in Hirzenach<br />

im Westerwald am 20. Feber 1952 42 Meter.« 6<br />

Mit einem ehrenden Wort wird in einer Zeitschrift des Turnbruders Franz<br />

Wohlang in seinem 75. Lebensjahr gedacht. Dort heißt es: »Geboren am<br />

14. August 1902 in Bernsdorf, Kreis Trautenau, wurde er 1911 in der Knabenriege<br />

des DTV Lampersdorf ... mit dem Turnen vertraut; als sich dann im Jahre<br />

1912 die Eltern in seinen Geburtsort Bernsdorf zurückzogen, trat der Zehnjährige<br />

in die Knabenriege des TV Bernsdorf ein.« 7<br />

Turnbruder Franz Wohlang war mit Leib und Seele ein treues Mitglied und<br />

Aktiver bis ins hohe Alter. Das beweist er seiner Turnerschaft, indem er seit<br />

Anfang des Jahres 1968 die Mitglieder des »Riesengebirgs-Turngaus« zu<br />

erfassen sucht und sie im Rahmen der Gegebenheiten in der neuen Heimat<br />

weiterhin betreut.<br />

Mit insgesamt 86 Turnvereinen und 9 Turnerriegen war der Riesengebirgsturngau<br />

im Jahre 1937/38 der fünftstärkste »Gau« des Deutschen Turnverbandes.


<strong>15</strong>.3 Feuerwehren<br />

<strong>15</strong>.3.1 Feuerwehr in Schatzlar<br />

Hellmut Weber<br />

Welche Ortschaft – und sei sie noch so klein – könnte auf eine eigene<br />

Feuerwehr verzichten? Diese Einsicht wurde leider oft erst durch zwangvoll<br />

schmerzliche Erkenntnis zu einer besonderen Form der Nachbarschaftshilfe,<br />

wenn die Feuersbrunst nur durch lange Eimerketten bekämpft werden konnte.<br />

Dieses Unterfangen war dazu in den meisten Fällen nur eine ohnmächtige<br />

Hilflosigkeit, da die meisten Häuser aus Holz, eng aneinandergebaut waren<br />

und ein ausbrechendes Feuer sich mit Windeseile über ganze Häuserzeilen und<br />

Stadtteile ausbreitete (siehe Kap. 17: »Katastrophen«).<br />

Größere Privatbetriebe erkannten ebenfalls die Bedeutung und die beinahe<br />

unabdingbare Notwendigkeit einer eigenen Werksfeuerwehr, die in vielen<br />

Fällen allerdings erst nach einer verheerenden Brandkatastrophe aufgestellt<br />

wurde.<br />

Nicht nur Männer, die sich in ihrem selbstlosen Einsatz nicht selten lebensbedrohenden<br />

Situationen aussetzten, wurden gebraucht, sondern es gehörte auch<br />

die erforderliche Ausrüstung dazu, für die die öffentliche Hand sorgen mußte.<br />

Dazu zählte neben Schutzanzügen und Spritzen auch die Versorgung mit dem<br />

nötigen Löschwasser; deshalb wurden im Schatzlarer Stadtgebiet und ebenso<br />

in anderen Orten ohne fließende Gewässer an verschiedenen Stellen »Bieten« 8<br />

als Löschwasserbehälter aufgestellt, die heute noch zu den »Sehenswürdigkeiten«<br />

für Besucher zählen. In Schatzlar waren es die Ring-, die Löwit-, die<br />

Baudisch- und die Hirtenhausbiete, benannt nach ihrem jeweiligen Standort<br />

bzw. nach dem nächstliegenden Hausbesitzer.<br />

Der seit 1894 zu Löschzwecken dienende Gemeindeteich (Löwitteich) unterhalb<br />

des Feuerwehrschuppens wurde 1921 zugeschüttet.<br />

Ob tatsächlich bereits 1871 erstmalig eine einsatzfähige Feuerwehr in Schatzlar<br />

aufgestellt werden konnte, ist nicht mehr eindeutig nachprüfbar, jedenfalls<br />

beging man am 4./5. Juli 1931 das 60jährige Bestehen der Schatzlarer Freiwilligen<br />

Feuerwehr mit einem festlichen Umzug und anschließendem Volksfest<br />

auf dem Sportplatz. Gleichzeitig hatte man das 6. Gaufest des Feuerwehrgauverbandes<br />

nach Schatzlar gelegt.<br />

Im Jahre 1887 wurde von der Stadtgemeinde Schatzlar eine neue Feuerspritze<br />

bei der Firma Fr. Kernreuter in Hernals bei Wien bestellt; sie kostete »loco<br />

Bahnhof Schatzlar 1370 fl.«. Zur Deckung dieses Betrages wurden 1113 fl.<br />

13 kr. dem ehemaligen Kontributionsfonds entnommen und der Rest aus den<br />

Gemeinderenten bezahlt. Diese Spritze kam am 10. Dezember 1887 am<br />

Bahnhof in Schatzlar an. Die Vorstellung und der erste Probeeinsatz erfolgten<br />

am Ostermontag, dem 2. April des folgenden Jahres, in Gegenwart der hiesigen<br />

und mehrerer auswärtiger Feuerwehren. Die Funktion der Feuerspritze fand<br />

überall ungeteilte Anerkennung. 9<br />

Freiwillige Jugendfeuerwehr Schatzlar<br />

Die neue Drehleiter<br />

Am 19. Juli 1931 traf endlich die lang ersehnte Motorspritze, die eine Firma in<br />

Weipert gebaut hatte, in Schatzlar ein.<br />

Ein schrecklicher Unfall ereignete sich bei einer Feuerwehrübung 1928, als die<br />

ausgefahrene neue Drehleiter eine Starkstromleitung berührte und dadurch der<br />

Feuerwehrmann Fischer zu Tode kam.<br />

395


396<br />

Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr<br />

Schatzlar 1913 (oben) und 1933 (unten)


<strong>15</strong>.3.2 Bernsdorf<br />

Ernst Kasper<br />

Das Gründungsjahr der »Freiwilligen Feuerwehr« von Bernsdorf ist nicht<br />

mehr festzustellen. Es muß etwa zwischen 1870 und 1880 gewesen sein. In<br />

Erinnerung sind noch folgende Gründungsmitglieder: Josef Illner, Josef Just,<br />

Anton Středa und Josef Středa.<br />

Als Ehrenmitglieder sind bekannt Dr. Josef Götz, Josef Pfeifer und Josef<br />

Rauch.<br />

Feuerwehrkommandanten waren Hermann Winkler, Josef Winkler, Johann<br />

Just. Als 1938 ein Kommandowechsel erfolgte, wurde Julius Kasper zum<br />

Leiter der Feuerwehr ernannt; Leopold Hampel war der Spritzenmeister.<br />

Ernst KASPER schreibt in seiner »Chronik der Gemeinde Bernsdorf – Berggraben«<br />

weiter: »Unsere Feuerwehr verfügte über 2 Spritzenhäuser, von denen<br />

eines im Niederdorf bei der Schule stand, das andere im Oberdorf beim<br />

Gasthaus Julius Kasper. In den frühen Jahren hatte die Wehr zwei Handdruckpumpen,<br />

die von Pferden gezogen werden mußten.<br />

Für die Alarmierung der Feuerwehr waren zu jener Zeit eine ganze Anzahl von<br />

Meldestellen in der etwa 4 km langgestreckten Gemeinde eingerichtet. Diese<br />

Meldestellen waren mit einem Horn ausgestattet. Bei einem Feuer mußte<br />

solange geblasen werden, bis die nächste Stelle antwortete.<br />

Bis in die 30er Jahre kontrollierte ein eigens bestellter Nachtwächter, der das<br />

Dorf durchwanderte und bei einem Feuerausbrauch sofort mit seinem Horn<br />

Alarm gab.«<br />

Lehrer Hilbert aus Krinsdorf beaufsichtigte als Präsident alle Wehren im<br />

Trautenauer Bezirk.<br />

Julius Kasper, der letzte<br />

Feuerwehrkommandant bis<br />

1945 in Bernsdorf<br />

<strong>15</strong>.3.3 Königshan<br />

Wie in anderen Orten bildete sich aus der Königshaner Turngemeinschaft 1887<br />

eine »Freiwillige-Turn-Feuerwehr«, wie es in ihrer »Stampiglie« (Stempelaufdruck)<br />

lautete.<br />

Auf ein Bittgesuch der Gemeinde Königshan stiftete Kaiser Franz-Josef I.<br />

von Österreich 200 Gulden für die Neuanschaffung einer Handdruckspritze<br />

mit Kugelventil, dazu Schlauchwagen mit Saug- und Druckschläuchen. Die<br />

alte Handspritze mußte unmittelbar am Brandherd stehen und der Wasserkasten,<br />

da sie keine Saugleitung hatte, durch eine Menschenkette mit Eimern<br />

gefüllt werden; in einer Parallelkette wurden die leeren Eimer zur Wasserentnahmestelle<br />

zurückgebracht. Zur Bedienung der Handdruckspritze waren<br />

zwölf Mann erforderlich. 1930 leistete sich die Ortsfeuerwehr eine<br />

dringend erforderliche Motorspritze mit Mannschaftswagen. Untergebracht<br />

war die neue Spritze im Spritzenhaus mit Steigerturm in der Fleischergasse.<br />

Der erste Kommandant war Karl Kleinwächter, sein Nachfolger ab 1889<br />

Eduard Grundmann, von 1919 bis 1924 Ignaz Birkner, ihm folgten Franz<br />

Weinelt, Franz Schubert und zuletzt Franz Jarausch. Als Jubiläumsfeste<br />

konnten das 25jährige, das 40jährige und 1937 das 50jährige, gekoppelt mit<br />

dem Gaufest, noch daheim gefeiert werden.<br />

Da Königshan unmittelbar an der preußisch-schlesischen Grenze lag, muß<br />

erwähnt werden, daß es bei Brandgefahr keine Grenzen gab. Die nächstliegenden<br />

Wehren auf »der anderen Seite« waren die Freiwillige Feuerwehr von<br />

Dittersbach, die Städtische Feuerwehr von Liebau und die Werkswehr der<br />

Firma Wihard, deren Männer auch gern bei festlichen Anlässen dem »biehmscha<br />

Biere« zusprachen.<br />

Freiwillige Turn-Feuerwehr Königshan<br />

(Quelle: »Riesengebirgsheimat«. Jg. 17, Kempten 1963, S. 138)<br />

397


Freiwillige Feuerwehr Berggraben (1924)<br />

1. Reihe (liegend, v. l.): Josef Bischof, Josef Strecker, Wenzel Kolmann jun., Heinrich Demuth, Franz Babel, Johann Kolmann, Anton Syblik;<br />

2. Reihe: Johann Bischof, Emanuel Pavel, Wenzel Weiß, Willi Bischof (Kommandant), Otto Bräuer, Johann Wimmer (Bernsdorf),<br />

Johann Breuer (Bernsdorf), Heinrich Rindt;<br />

3. Reihe: Gabriele Syblik, Josef Fiedler, Josef Strecker sen., Anton Illner, Franz Bräuer, Annl Kamitz;<br />

4. Reihe: Johann Illner, Adolf Jindra, Gustav Breuer, Wenzel Kolmann sen., Franz Breuer, Emil Schmidt;<br />

5. Reihe: Alfred Rindt, Franz Baudisch, Johann Kleinwächter, Johann Bischof, Wenzel Spěvák, Gustav Jindra, Julius Kamitz, Wenzel Kindler<br />

398


Freiwillige Feuerwehr Lampersdorf (aufgenommen 1910)<br />

1. Reihe, (liegend, v. l.): NN, NN, Schmidt, Umlauf, Kofranek Alfons (Lampersdorf), Wojesch, Forst Zděnko, Matzka, NN, Winkler;<br />

2. Reihe: NN, Schubert, Haselbach Albin, Kohl Hermann, Weber Josef, Kuhn Franz, Woska, NN, Kammel Franz, Gintschel, Bürgel Franz;<br />

3. Reihe: Bock Johann, Lauer, Efler Karl, NN, Zelfel, Bönsch Karl, Anders Gustav, Bock (Schuster), Demuth Karl, NN, NN, NN, NN, Hampel Heinrich;<br />

4. Reihe: NN, Schmidt, NN, Linkner Tobias, NN, NN, Bürgel Florian, Enthaler Vinzenz, Enthaler Gustav, NN, NN, NN;<br />

5. Reihe: Haselbach Hermann, Kammel Heinrich, NN, NN, Rudolf Heinrich, NN, NN, Pli til, Selinger Franz,<br />

Selinger Josef, Slawisch Ferdinand, Struckl Raimund, Ruse Stefan, Zinnecker Johann<br />

<strong>15</strong>.3.4 Lampersdorf<br />

Albert Müller<br />

Die Freiwillige Feuerwehr hatte in dem langgestreckten Dorf zwei Spritzenhäuser:<br />

eines in der Dorfmitte mit einem Schlauchturm unweit des Schulgebäudes<br />

und den Spritzenschuppen am »Hasenhübel«.<br />

Anfang der 30er Jahre wurde eine tragbare Motorspritze angeschafft, die eine<br />

viel wirksamere Brandbekämpfung als vorher ermöglichte. Bis dahin waren<br />

über die gesamte Dorflänge in regelmäßigen Abständen Hydranten zur Wasserentnahme<br />

aufgestellt. Der hohe Leitungsdruck erlaubte nicht nur lange Schlauchleitungen,<br />

sondern reichte selbst für Steigungen aus. Vor dem Bau der<br />

Wasserleitung (1912) stand der Wehr nur eine von einem Pferdegespann<br />

gezogene, handbediente Feuerspritze zur Verfügung, die von acht kräftigen<br />

Männern bedient werden mußte, wobei das Wasser dem Dorfbach entnommen<br />

wurde.<br />

Letzter Kommandant war der Tischlermeister Vinzenz Kasper.<br />

Der Stolz der Lampersdorfer<br />

Feuerwehr: das »Spritzenhaus«<br />

vor der Schule<br />

399


<strong>15</strong>.4 Musikvereine<br />

<strong>15</strong>.4.1 Schatzlar mit Stollen<br />

Hellmut Weber<br />

Zu den rührigsten Kulturvereinen gehörten zweifellos die Musikvereine.<br />

Musik und Gesang wurden in Schatzlar und den umliegenden Ortschaften sehr<br />

gepflegt. Es gab kaum ein Haus, in dem nicht wenigstens ein Musikinstrument<br />

gespielt oder gesungen wurde; Hausmusik wurde allenthalben praktiziert.<br />

Die Musiker bildeten bald mehrere Vereinigungen, die mit ihrem Können bei<br />

kirchlichen Feiern, wie dem Prokopi- und dem Floriansfest, an Fronleichnam<br />

und bei Beerdigungen, an weltlichen Veranstaltungen, während der Faschingszeit<br />

auf Tanzveranstaltungen u.ä. miteinander wetteiferten. Öffentliche Konzerte<br />

waren stets gut besuchte Treffen für jung und alt.<br />

Boberer Blaskapelle<br />

1. Reihe (liegend, v. l.): Krause, Haselbach Hermann, Haselbach Holdi, Kammel Engelbert, Kammel;<br />

2. Reihe: Patzak Adolf, Fiedler Josef, Reichstein Richard, NN, Haselbach Edmund, Dreßler Heinrich (Kapellmeister), Flegel Ferdinand, Reichelt Heinrich,<br />

NN, Schmidt Richard, Flegel Franz;<br />

3. Reihe: Patzak Heinrich, Efler Fritz, Scharm Heinrich, Patzak Emil, Flegel (Oppau), Illner Ernst, Kammel Alfred, Kammel Heinrich, Rücker Edwin,<br />

Haselbach Rudolf;<br />

4. Reihe: Haselbach Hermann, Demuth Ferdinand, Patzak, Demuth Engelbert, Meuer Josef, Schröfel Josef, Miksch Josef, Zieris Wenzel;<br />

5. Reihe: ohne Uniform: Haselbach Alfred, Jüptner Franz, Haselbach Emil<br />

400<br />

Schatzlarer Musikkapelle 1920 (Josef Rumler)


Musikkapelle Krause (Schatzlar)<br />

Nach der Rückkehr vom Militärdienst in einem Musikkorps eines österreichischen<br />

Regimentes, organisierte Josef Rumler die bereits bestehende, aber nur<br />

schwach besetzte Musikkapelle neu und bemühte sich als »Vollblutmusiker«<br />

um die Erweiterung zu einer stattlichen Vereinigung von mehr<br />

als 30 Musikern. Er verstand es, nicht nur Bewohner aller Berufsschichten aus<br />

Schatzlar, sondern auch aus Bober – das übrigens die meisten Bläser stellte –,<br />

Brettgrund, Wernsdorf und Schwarzwasser für die Mitarbeit zu gewinnen. Aus<br />

der ursprünglich nur aus Bläsern bestehenden Gruppe formierte sich – vermutlich<br />

bereits vor 1895 – ein eigenes Streichorchester, das bei verschiedensten<br />

Veranstaltungen aufspielte.<br />

Daneben bestand nach 1900 ein gemischtes Salonorchester, das von<br />

den Fabrikanten Pohl und Löwit stark unterstützt wurde. Löwit wirkte als<br />

ausgezeichneter Klavierspieler selbst mit. Dieses Orchester hielt seine wöchentlichen<br />

Proben erst im Hotel »Zum Bürgermeister«, später im Gasthaus<br />

»Zur Krone« ab. Die etwa 20 Spieler zählende Gruppe wurde von dem<br />

jeweiligen Organisten geleitet und war ein sehr gefragtes Orchester. Dirigenten<br />

waren die Herren Kunze, Grünwald, Usler, Ratzka und zuletzt Heinrich<br />

Dressler. 10<br />

Diese Orchestergruppe löste sich während des I. Weltkrieges auf, und nach<br />

dem Kriege entstanden zwei Streichorchester. Das eine wurde vom<br />

Chorregenten Heinrich Dressler geleitet, das andere nannte sich »Orchester<br />

des deutschen Männnergesangvereins Schatzlar«. Es stand unter der Leitung<br />

von Engelbert Wenzel und probte in der »Stadt Wien«. Seine Gründung reicht<br />

in das Jahr 1925 zurück.<br />

Im Jahr 1905 baute der Sattlermeister Josef Patzak eine siebenköpfige Tanzkapelle<br />

auf, die nur mit Streichern besetzt war und vom katholischen<br />

Gesellenverein eine Dauerverpflichtung erhielt. Salonorchester Stollen 1926<br />

Am Stollen hatten die Bergbeamten der Steinkohlenwerke ein eigenes S a -<br />

lonorchester zusammengestellt, das sich durch seine öffentlichen Konzerte,<br />

vor allem zu den Bergmannsfeiern, einen sehr guten Namen machte. So<br />

gedachte es in einem Haydn-Konzert am 11.6.1932 des österreichischen<br />

Komponisten, während zur gleichen Zeit der deutsche Männergesangverein<br />

eine »Liedertafel« im Hotel »Quintenmühle« gab.<br />

Auf keinen Fall darf das Kinoorchester, das bis zur Einführung des<br />

Tonfilms um 1928 die Stummfilme musikalisch untermalte, vergessen wer-<br />

Tanzmusikkapelle Patzak<br />

401


Schatzlarer Kinoorchester 1930<br />

v. l.: Kraus Adolf (Klarinette), Dressler Heinrich (Geige),<br />

Dressler sen. (Klavier), Kmonicek Josef (Klarinette),<br />

Fink Friedrich (Geige), Lath Isidor (Flöte)<br />

Waldhornquartett Bernsdorf<br />

v. l.: Lauer Franz, Babel Johann, Babel Ferdinand, Abel Josef,<br />

Babel Franz<br />

402<br />

den. Gegründet und geleitet hatte es der Chorregens Heinrich Dressler, der<br />

viele Jahre im alten Bräuhaus wohnte.<br />

Nach 1945 fanden sich die in der Heimat verbliebenen Musiker wieder zu einer<br />

Vereinigung zusammen und spielten als Bergkapelle mit etwa 40 Mann<br />

unter der Leitung von Ernst Linder.<br />

<strong>15</strong>.4.2 Bernsdorf<br />

Auch Bernsdorf konnte sich mehrerer tüchtiger Musikkapellen rühmen. Die<br />

Gründungsmitglieder Ferdinand Babel sen., Ferdinand Babel jun., Babel<br />

Franz, Babel Johann, Babel Josef, Bayer Josef und Kasper Alois hoben 1922<br />

eine 8 bis 10 Mann starke Kapelle unter der Stabführung von Ferdinand<br />

Babel jun. aus der Taufe, die sich bald auf über 20 Aktive vergrößerte und dank<br />

ihres hohen Leistungsstandes weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt wurde.<br />

Ein eigenständiges Streichorchester und ein Waldhornquartett,<br />

ebenfalls unter der Leitung Ferdinand Babels, vervollständigten das Musikleben<br />

in Bernsdorf 11 .<br />

<strong>15</strong>.4.3 Original Riesengebirgler Blaskapelle<br />

Josef Bösel<br />

Die Liebe zur Musik ist nach unserer Vertreibung nicht verlorengegangen.<br />

Anläßlich des Heimattreffens der Riesengebirgler in Geislingen wurde die<br />

heute überaus erfolgreiche Bläser-Formation als Original Riesengebirgler<br />

Blaskapelle 1969 gegründet.<br />

Der Journalist Paul-Werner KEMPA schreibt in einem Bericht, der in verschiedenen<br />

Vertriebenenzeitungen veröffentlicht wurde, treffend folgendes:<br />

»Im Show-Geschäft ist es zur Masche geworden. Wer irgendwo Musik, die auf<br />

Volksgut basiert, im Repertoire hat, legt sich das Prädikat ‘original’ zu.<br />

Fernsehen und Rundfunk verkaufen publikumswirksam mit dieser Masche ein<br />

‘originales Heimatliedgut’, das der Qualität eines Chemie-Weines oft sehr<br />

nahe zu kommen scheint. ‘Original’ ist oft nur der originelle Name des<br />

jeweiligen Orchesters. Ein Beispiel aus Mainfranken: Hier hat eine sehr<br />

bekannte und von den beiden Medien außerordentlich geförderte Kapelle<br />

selbst ihr ‘Erkennungslied’ aus einer anderen deutschen Landschaft schlicht<br />

und ergreifend geklaut. ‘Original’ wurde das Lied allein durch das Auswechseln<br />

eines einzigen Wortes. Like Show-Business. Dabei gibt es überall im<br />

Lande Orchester, denen das Prädikat ‘original’ tatsächlich zusteht. Zu ihnen<br />

gehört ohne Zweifel die ‘Original Riesengebirgler Blaskapelle’ aus Geislingen<br />

an der Steige in Baden-Württemberg.<br />

Erstes Anliegen der 'Original Riesengebirgler' ist und bleibt es, Heimatlieder<br />

und Musik der alten Heimat zu spielen und zu erhalten. Die Zeit erforderte es<br />

aber, daß das Repertoire so erweitert werden mußte, daß die Kapelle für jeden


Bernsdorfer Blaskapelle<br />

1. Reihe (sitzend, v. l.): Hampel<br />

Franz, Babel Josef, Bayer Josef,<br />

Lauer Franz, Babel Ferdinand<br />

(Kapellmeister), Bischof Adolf,<br />

Kolmann Wenzel, Matausch Josef,<br />

Babel Franz;<br />

2. Reihe: Illner Franz, Ludwig Karl,<br />

Kasper Alois, Adelt Ernst,<br />

Babel Johann, Abel Josef,<br />

Kopper Josef, Illner Franz,<br />

Breuer Otto;<br />

3. Reihe: Ludwig Berthold,<br />

Kraus Willi, Sacherer Sebastian,<br />

Spěvák Josef, Just Franz<br />

Bernsdorfer Orchesterbesetzung<br />

1. Reihe (sitzend, v. l.):<br />

Ludwig Berthold, Matausch Josef,<br />

Illner Franz, Babel Ferdinand<br />

(Dirigent), Lauer Franz,<br />

Kolmann Wenzel, Kraus Willi,<br />

Adelt Ernst;<br />

2. Reihe: Hampel Franz,<br />

Illner Franz, Bayer Josef,<br />

Babel Johann, Abel Josef,<br />

Breuer Otto, Babel Franz,<br />

Spěvák Josef;<br />

3. Reihe: Babel Josef, Ludwig Karl,<br />

Kopper Josef, Sacherer Sebastian,<br />

Kasper Alois, Just Franz,<br />

Bischof Adolf<br />

403


Anlaß eingesetzt werden kann. Und heute ist das Ensemble europaweit gefragt:<br />

Es spielte mehrere Male in der Bundeshauptstadt Bonn, zweimal zu den 1.-<br />

Mai-Feiern in der österreichischen Kapitale Wien und selbstverständlich zu<br />

den vielen Heimattreffen in der gesamten Bundesrepublik. Bei vielen Bundestreffen<br />

des ‘Riesengebirgler Heimatkreises Trautenau e. V.’ waren sie für<br />

die musikalische Gestaltung verantwortlich, so auch beim Jubiläumsfest<br />

‘30 Jahre Patenschaft Würzburg-Trautenau’ in der Würzburger Carl-Diehm-<br />

Halle 1986.« 12<br />

Die »Original Riesengebirgler Blaskapelle«; kurz nach der Gründung 1969<br />

(oben) und 1988 (unten)<br />

404<br />

Durch die Initiative des gebürtigen Schatzlarers und Kommunalpolitikers<br />

Josef Bösel (✝ 1990), der sich selbstlos für die Heimatvertriebenen aus dem<br />

Kreis Trautenau in seiner neuen Heimat einsetzte, entstand 1969 während der<br />

Vorbereitungen zum Riesengebirgstreffen in Geislingen eine Heimatkapelle,<br />

die der Verbundenheit zur alten Heimat sichtbaren Ausdruck verleihen sollte.<br />

Der Beginn war nicht einfach: Es fehlte an Instrumenten und Noten. Bescheidenen<br />

Grundstock bildeten die wenigen Instrumente und Notenblätter, die die<br />

Schatzlarer Bergleute aus ihrer verlorenen Heimat retten und mitbringen<br />

konnten, als sie während der kurzen Dubček-Ära, dem »Prager Frühling« von<br />

1968, in die Bundesrepublik übersiedeln durften.<br />

Der erste Dirigent bis 1984 war Karlheinz Kolar aus Bober, ihm folgte bis<br />

heute Werner Russ aus Bernsdorf, gleichzeitig erster Trompeter und Solist.<br />

Glücklicherweise haben die »Original Riesengebirgler« keine Nachwuchssorgen;<br />

ausscheidende Musiker konnten bisher durch junge Nachwuchskräfte<br />

problemlos ersetzt werden. 1987 gehörten 17 aktive Musiker und 3 Sänger zu<br />

dieser Gruppe. Drei Heimatlieder wurden selbst komponiert und getextet:<br />

»Hinter den blauen Bergen«, »Wir sind lustige Riesengebirgler« und »Mein<br />

Bergstädtchen Schatzlar«.<br />

Die Riesengebirgler Blaskapelle übernahm bei 7 Bundestreffen der Vertriebenen<br />

in Geislingen jeweils den musikalischen Teil der Programmgestaltung. Bei<br />

den zahlreichen von Josef Bösel organisierten Veranstaltungen, bei denen er<br />

aktiv in der Kapelle mitspielte wurde das Programm entscheidend mitgestaltet.<br />

Die Kapelle hatte sich bereits einen derart guten Namen erarbeitet, daß sie auch<br />

zu überörtlichen Veranstaltungen verpflichtet wurde, so u. a. 1971 nach<br />

Rothenburg o. d. Tauber, 1976 und 1977 zum 1. Mai nach Wien, 1978 nach<br />

Bonn, 1987 nach Würzburg und Berlin, 1992 nach Teplitz-Schönau in der<br />

tschechischen Republik. Höhepunkt war zweifellos die Reise im Juli 1993 in<br />

die Heimat nach Bernsdorf zur Einweihung der Statuen vor der Bernsdorfer<br />

Kirche und zur Eröffnung des Begegnungszentrums in Trautenau.<br />

1985 gab Karlheinz Kolar den Dirigentenstab an Werner Russ weiter und<br />

dieser führte die Kapelle bis zu seinem Tode am <strong>15</strong>. 11. 1995. Unter dem<br />

Namen "Original Riesengebirgler führt sein Sohn Werner Russ die Kapelle in<br />

anderer Formation bis heute weiter.


<strong>15</strong>.5 Anpflanzungs- und Verschönerungsverein<br />

Hellmut Weber<br />

Eine ebenso segensreiche wie auch erfolgreiche Vereinigung, wenn sie sich auch<br />

nur auf eine verhältnismäßig geringe Mitgliederzahl stützen konnte – die dafür<br />

aber umso rühriger und ernster ihre selbstauferlegten Pflichten übernahm –, war<br />

der Anpflanzungs- und Verschönerungsverein (AVV) in Schatzlar.<br />

Er hatte sich zur Aufgabe gestellt, dem Stadtbild ein freundliches und<br />

fremdenwirksames Gepräge zu geben, wobei der vorbildlichen Gestaltung und<br />

Besonderheit des dreieckigen Ringplatzes das vordringliche Augenmerk galt.<br />

Mit vielen werbewirksamen Ausstellungen, an denen sich auch andere Vereine<br />

beteiligten, trat der AVV fast in jedem Jahr an die Öffentlichkeit.<br />

1932 dehnte man die Verschönerungsmaßnahmen in den Nordteil der Stadt aus;<br />

so wurde in diesem Jahr mit der Gestaltung der Böschung zwischen der<br />

Hauptstraße und dem Fußweg ab dem Gasthaus »Zur Stadt« bis zum Kindergarten<br />

begonnen.<br />

In einer Großpflanzaktion setzte der AVV 1936 u.a. eine Blutbuche neben die<br />

Mariensäule, vier Schwarzlinden, auf dem Wege vom Brauhaus zur Sandhöhe<br />

Krimlinden, Silber- und Eschenahorn und Sommerlinden. 13<br />

Unterhalb des neuen Hochbehälters (Bernardquelle) legte der AVV 1930 ein<br />

Alpinum an.<br />

Hervorgehoben soll noch die ersprießliche Zusammenarbeit des Schatzlarer<br />

Verschönerungsvereins mit dem Riesengebirgsverein werden. Beide Arbeitsgruppen<br />

gaben nicht nur die Anregungen zur Verschönerung unseres Bergstädtchens,<br />

sondern waren unermüdlich tätig, Mittel und Kräfte aufzubringen,<br />

um den Besuchern von Schatzlar und seiner nächsten Umgebung den Aufenthalt<br />

so angenehm wie möglich zu gestalten. Beide Vereine waren gemeinnützige<br />

Einrichtungen unseres Städtchens, die zielgerichtete Arbeit im Dienste der<br />

Allgemeinheit leisteten. Zum Lob der Stadtväter muß gesagt werden, daß sie den<br />

Bestrebungen beider Arbeitsgruppen nicht nur großes Interesse entgegengebracht,<br />

sondern diese auch dauernd gefördert haben.<br />

"Der Heimat treu" war ihrem Tun und Handeln vorangestellt!<br />

<strong>15</strong>.6 Deutscher Riesengebirgsverein<br />

Hellmut Weber<br />

Die äußerst rege Ortsgruppe Schatzlar des Deutschen<br />

Riesengebirgsvereins (DRGV) wurde am<br />

21. Feber 1886 von vier Interessierten als<br />

»Österreichischer Riesengebirgsverein«<br />

(ÖRGV) – die Umbenennung erfolgte nach dem<br />

I. Weltkrieg – gegründet und zählte zum 40jährigen<br />

Bestehen, am 7. März 1926, 253 Mitglieder,<br />

die 1929 auf ihren Höchststand von 286 angestiegen<br />

waren. Die Festversammlung fand im<br />

Saale des Gasthauses »Zum Bär« unter großer<br />

Beteiligung der Ortsvereine und der Bewohner<br />

von Schatzlar statt. Hier wurde nicht nur die<br />

Einrichtung eines Stadtmuseums angeregt, sondern<br />

auch der Antrag an die Kommune gerichtet,<br />

Schatzlar zur Sommerfrische zu erklären.<br />

Das »Habmichlieb«<br />

(PRIMULA MINIMA):<br />

Wahrzeichen des<br />

Deutschen Riesengebirgsvereins<br />

Aus Anlaß des 40jährigen Vereinsbestehens vererbte an diesem Tage der<br />

ledige Fachlehrer Johann Ternetz der Ortsgruppe 1000 Kč. in bar und die<br />

Couponwerte von 10.000 K einer Kriegsanleihe.<br />

Bei der Gründungsversammlung wurden der Bezirksrichter Dr. Josef Welzl<br />

zum Obmann und der Apotheker Josef Scheithauer zum Säckelwart (Kassierer)<br />

gewählt. Die Namen der übrigen Gründungs- und Vorstandsmitglieder<br />

sind uns leider nicht überliefert. Von 1900 bis 19<strong>15</strong> bekleidete Bergdirektor<br />

Karl Wurst die Stelle des Obmannes, dem bis 1920 Josef Scheithauer folgte.<br />

Von ihm übernahm bis 1923 Notar Dr. Josef Reinwarth die Vereinsführung,<br />

die er dann an den Gerichtsoberoffizial Josef Rösner abgab; ihm folgte Alfred<br />

Gaberle bis 1927; in diesem Jahr übernahm Dr. J. Reimann wieder die<br />

Vereinsleitung. 1938 sind als Obmann A. Zugu und als Schriftführer Alfred<br />

Herrmann angegeben.<br />

Seine Hauptaufgaben sah der Verein in der Erhaltung und Markierung der<br />

Wanderwege und der Anbringung von Orientierungstafeln, in<br />

der Erstellung einer Wegekarte, der Aufstellung von Ruhebänken<br />

sowie der Kennzeichnung der Skiwanderwege und Pisten. Die<br />

Wanderstrecken bekamen farbige Kennzeichnungen: von Marschendorf über<br />

die Maxhütte nach Bernsdorf – Potschendorf (blau); Schatzlar – Bober –<br />

Grenze – Kunzendorf – Oppau (gelb); Schatzlar über Brettgrund – Reißenhöhe<br />

– Quintenmühle (blau); Krinsdorf – Goldenöls – Brünnl bis Petersdorf (rot);<br />

zwei Wege durch das Naturschutzgebiet am Höfelbusch (grün) u. v. a. Daneben<br />

war an die Herausgabe eines Jahrbuches mit wissenschaftlichen<br />

Beiträgen und an die Errichtung eines Schutzhauses auf der Geiergucke<br />

gedacht.<br />

Die Wegmarkierungen und das Anbringen von Wegweisern und Orientie-<br />

405


»Entwicklungsstufen« der Maxhütte:<br />

Das Original von der Wiener Weltausstellung ...<br />

(1891 erwirbt der Riesengebirgsverein im Rehorngebirge einen Baugrund<br />

für die Aufstellung des von dem Schlaner Fabrikanten Max Hirsch<br />

gespendeten Pavillons, der nach dem Spender »Maxhütte« benannt wird.)<br />

... nach den An- und Umbauten ...<br />

406<br />

... ihr letztes Aussehen<br />

rungstafeln gehörte zu den ersten Aufgaben, die die hiesige Ortsgruppe des<br />

DRGV bereits 1887 in ihrem Gebiet durchführte; das war auf dem Wanderweg<br />

Schatzlar – Schneekoppe – Marschendorf. 1890 bekam die Quelle des Bober<br />

eine Steinrosette, 1895 erfolgte die Pflanzung von Bäumen längs des Weges<br />

von der Kirche zum Heidelwald und 1905 die Wegmarkierungen Schatzlar –<br />

Adersbach – Wekelsdorf u. v. m.<br />

Seit 1923 hatte der Deutsche Riesengebirgsverein die Maxhütte für 480 K<br />

gepachtet und 1926 übernahm die Schatzlarer Ortsgruppe pachtweise die<br />

Bewirtschaftung in Eigenregie. 1930 finanzierte sie eine neue Bedachung, die<br />

Fensterverglasung und eine gründliche Innenrenovierung dieses beliebten und<br />

weithin bekannten Ausflugszieles im Rehorngebirge.<br />

Eine besondere Attraktion für die Bevölkerung war die alljährliche W a l p u r -<br />

gisfeier mit einem weithin leuchtenden Walpurgisfeuer, heiteren Sprechund<br />

Liedvorträgen, Tanz und einem frohen Treiben bei der Rehornbaude, die<br />

bis weit in den nächsten Morgen hinein dauerte und für deren ordnungsgemäße<br />

Durchführung der DRGV verantwortlich zeichnete.<br />

Bereits 1890 hatte der DRGV eine Studentenherberge eingerichtet,<br />

die sich eines lebhaften Zuspruchs erfreute, weil hier wandernde Studenten<br />

nicht nur kostenlos übernachten konnten, sondern zudem noch ein freies<br />

Frühstück bekamen. 1903 konnte die stolze Zahl von 202 Besuchern registriert<br />

werden. Im Jahresbericht des DRGV von 1924 zählte die Herberge im Vorjahr<br />

270 Übernachtungen, wovon 122 Besucher aus der Tschechoslowakei, 121 aus<br />

Deutschland und 27 aus Österreich kamen. 13<br />

»Zur Förderung der heimatkundlichen Bestrebungen wurde 1936 von der


Ortsgruppe ein Gedanke verwirklicht, der schon durch Jahre der Wunsch eines<br />

großen Teiles unserer Bevölkerung war: Es wurde der Grundstock zu einem<br />

Heimatmuseum geschaffen«, lesen wir im Jahrbuch des Deutschen<br />

Riesengebirgs-Vereines (Sitz Hohenelbe) und Braunauer Gebietsvereins (Sitz<br />

Braunau) Jg. 26, 1937, S. XXXVII. Die Stadtverwaltung stellte die erforderlichen<br />

Räume kostenlos zur Verfügung.<br />

Mitglieder des Österreichischen Riesengebirgs-Vereins, Ortsgruppe Schatzlar<br />

(1914):<br />

Vorstand: Obmann: Karl Wurst, Bergdirektor. Obmann-Stellv.: Theodor Pohl,<br />

Fabriksbesitzer. Schriftführer: Heinrich Schotola, Oberingenieur. Schriftführer-Stellv.:<br />

Rudolf Jirasek, Rechnungsführer. Zahlmeister: Eduard Niklas,<br />

Sekretär. Beisitzer: Franz Friedrich, Oberförster. Eduard Hallak, k.k. Oberrespizient<br />

i. R. Fritz Reimann, Fabriksbesitzer. Kaiserl. Rat G. Sandtner,<br />

Inspektor. M.U.Dr. Rudolf Schwertassek, Distriktsarzt.<br />

Mitglieder: Eugen Bauer, k.k. Bergrat. Franz Bernard, Obersteiger. Bezirksvertretung<br />

Schatzlar. Adalbert Bohač, Werkmeister. Franz Breit, Fabriksbesitzer.<br />

Josef Budil, Werkmeister. Anton Czerny, Expedient. Rudolf<br />

Effenberger, Kassier. Adolf Erben, Rechnungsführer. M.U.Dr. Jakob Götz,<br />

Distriktsarzt. Waldemar Hesse, Domänenbesitzer. Josef Jonasch, Fachlehrer.<br />

J.U.Dr. A. Knötgen, k.k. Notar. Heinrich Kuczej, Stadtpfarrer. Rudolf Kühnel,<br />

Kaufmann. Franz Legner, Werkmeister. Hugo Löwit, Fabrikant. Edwin Müller.<br />

Josef Peithner, Bergmeister. J.U.Dr. Otto Putz, k.k. Notar. Josef Rösel,<br />

k.k. Offizial. Kaiserl. Rat Josef Scheithauer, Apotheker. Robert Schicketanz,<br />

Fabrikant. Josef Schmidt, Grubensteiger. Sigmund Simon, Magazinsverwalter.<br />

Johann Struckl, Obersteiger, Eduard Thiemann, Rechnungsführer. Karl<br />

Wendler, Oberingenieur. Andreas Wreßnig, Markscheider. Melanie Wurst,<br />

Bergdirektorsgattin. 14<br />

<strong>15</strong>.7 Die Schatzlarer Segelfliegerschule<br />

Franz Gross<br />

1936 bekam Schatzlar eine Segelfliegerschule mit angegliederten Werkstätten.<br />

Das leerstehende Schulgebäude der Kolonieschule erwies sich für dieses<br />

Vorhaben als sehr günstig, zumal auf der nicht weit entfernten Schwarzwasser-<br />

Höhe die Flugversuche durchgeführt werden konnten.<br />

Die Segelfliegerschule leitete Ernst Menzel, sein Stellvertreter war Hugo Bock,<br />

Werkstattleiter für den Bau von Segelflugzeugen war Ernst Honsa, für den<br />

Modellbau Franz Groß. Mit dem Bau von Modellflugzeugen und den dazugehörigen<br />

Wettbewerbsflügen sollte die Lust zur Fliegerei bei der Jugend<br />

geweckt werden.<br />

Die Werkstatt baute den Schulgleiter »SG 38« als Schulungsmaschine und das<br />

»Grunau Baby« für die Fortgeschrittenen.<br />

Das Segelfliegen war die Vorstufe für das spätere Fliegen mit Motorflugzeugen.<br />

Es umfaßte die Prüfungsstufen A, B und C. Bei der A-Prüfung mußte<br />

eine bestimmte Strecke von mindestens 60 Sekunden Flugzeit im Geradeausflug<br />

geschafft werden. Bei der B-Prüfung mußte der Zögling eine S-Kurve<br />

fliegen und für die C-Prüfung waren zwei Kreise in bestimmter Höhe vorgeschrieben,<br />

wobei die Maschine durch einen Schleppmotor von den Königshaner<br />

Wiesen gestartet wurde.<br />

Der Schulgleiter wurde mit einem starken zweiteiligen Gummiseil gestartet,<br />

wobei vier Mann die Maschine am Heck festhielten und sechs bis acht Mann<br />

das Zugseil V-förmig nach vorn zogen. Der Pilot gab dazu das Kommando:<br />

»ausziehen – laufen – los!«<br />

Die Könner unter den Fliegern, dazu gehörten vor allem Ernst Menzel und<br />

Reinhold Hubert, zogen das Segelflugzeug mit einem Auto auf die Boberlehne<br />

und konnten bei gutem Ostwind oft stundenlang an der Kippe aufgrund der<br />

günstigen Aufwinde entlangsegeln.<br />

Zum letzten Flug vor der Sudetenkrise startete Ernst Menzel mit seinem<br />

»Grunau Baby II« am 28.9.36 von der Boberlehne, weil danach der Segelflug<br />

wegen der Grenznähe behördlicherseits untersagt worden war. Er landete<br />

wegen der inzwischen eingetretenen Dunkelheit und Kälte nach 1 Stunde und<br />

23 Minuten Flugzeit sicher vor der Glashütte.<br />

Zu den bekanntesten Segelfliegern aus Schatzlar, die ihre ersten Flugstunden<br />

in der Schatzlarer Segelfliegerschule absolvierten, dann aber im II. Weltkrieg<br />

als Jagdflieger ihr Leben lassen mußten, gehörten Reinhold Hubert, genannt<br />

»Mottel«, Walter Püschel und Adolf Fisch.<br />

407


Der Schulgleiter »G 38« im Bau bei der Glashütte<br />

Das Hochleistungssegelflugzeug »Grunau Baby« auf der<br />

Schwarzwasser-Höhe<br />

408<br />

<strong>15</strong>.8 Vielfältiges <strong>Vereinsleben</strong> in den<br />

Bezirksgemeinden<br />

<strong>15</strong>.8.1 Pfadfinder in Bernsdorf<br />

Ernst Kasper<br />

Besonders rührig war die Pfadfindergruppe von Bernsdorf, die im Jahr 1933<br />

von Kaplan Alfred Pauer und den Brüdern Ernst und Karl Adelt gegründet<br />

wurde.<br />

Dem Losungsspruch aller Pfadfinder getreu, »Allzeit bereit«, bemühten sich<br />

seine Mitglieder, danach zu handeln.<br />

Die Gruppenführer waren die oben genannten Brüder Adelt. Die Heimabende<br />

in der Wohnung ihrer Eltern gestalteten sie sehr lebendig mit völkischen<br />

Liedern zur Gitarre, übten sich im Gebrauch von Kompaß und dem Kartenlesen,<br />

im Freien kamen Fährtenlesen und Flaggenzeichen hinzu. In der Praxis<br />

konnte das theoretisch Erlernte bei Wanderungen und beim Zelten angewendet<br />

werden, wobei die Pfingstlager sehr beliebt waren.<br />

Zur Unterscheidung der Altersgruppen bekamen sie Tiernamen verliehen:<br />

Wölflinge hießen die Kleinen bis zu 10 Jahren, Bären nannten sich die 10- bis<br />

14jährigen und die Füchse waren die Älteren ab 14 Jahren.<br />

Vor der Aufnahme in eine nächst höhere Gruppe mußten die Bewerber<br />

»Mutproben« ablegen, dazu gehörten z.B. ein Nachtweg über den Friedhof zu<br />

einem bestimmten Grab oder ein Orientierungsgang durch dunkle Wälder. <strong>15</strong><br />

<strong>15</strong>.8.2 Bund gedienter Soldaten<br />

In Bernsdorf bestand auch ein Veteranenverein, dessen Mitglieder altgediente<br />

Soldaten waren und der sich »Bund gedienter Soldaten« nannte. Sein erster<br />

Vorsitzender war Josef Patzak, ihm folgte Berthold Kuhn, bis als letzter vor<br />

1945 Franz Illner an seine Stelle trat.<br />

Der Verein trat nur bei Festlichkeiten und kirchlichen Feiern an die Öffentlichkeit.<br />

Sein Auftreten wurde stets durch Böllerschüsse angezeigt. Die Mitglieder<br />

trugen bei den Festzügen oder dem Kirchenbesuch eine schmucke Uniform,<br />

und die Abholung und Rückgabe ihrer Vereinsfahne im Gasthaus Hampel war<br />

für alle Wißbegierigen eine eindrucksvolle Zeremonie. 16<br />

<strong>15</strong>.8.3 Gewerbegenossenschaft Lampersdorf<br />

Die seit 1908 bestehende Gewerbegenossenschaft für Lampersdorf wird von<br />

Hugo Weber geleitet. Ihr gehören alle Handwerker und Gewerbetreibenden,<br />

außer den Gastwirten, an.


<strong>15</strong>.9 Zusammenfassende Aufstellungen der Vereine<br />

Im Adreßbuch von 1911 für Schatzlar werden folgende Vereine aufgezählt:<br />

Arbeiter-, Lese- und Bildungsverein »Licht«<br />

Deutscher Frauen- und Jungfrauenhilfsverein »Treue«<br />

Deutschvölkischer Arbeiterverband »Krüger«<br />

Elisabeth-Agnesverein für Schatzlar und Umgebung<br />

Glücksverein »Ameise«<br />

Katholischer Arbeiterverein<br />

Militär-Veteranenverein<br />

Ortsgruppe des Deutschen Schulvereines<br />

Ortsgruppe des deutsch-nationalen Handlungsgehilfenverbandes<br />

Rauchklub<br />

Verein für Gesundheitspflege »Edelweiß«<br />

Werkmeister- und Industriebeamtenverein<br />

Wohlfahrtsverein »Fürsorge«<br />

Aus dem Jahre 1924 sind für das Stadtgebiet 51 Vereine nachgewiesen:<br />

Allgemeiner deutscher Jagdschutz- und Hundezuchtverband »St. Hubertus«<br />

Allgemeiner Industrie-Angestellten-Verband (Ortsgruppe)<br />

Anpflanzungs- und Verschönerungsverein (AVV)<br />

Arbeiter-Radfahrerverein<br />

Arbeiter-Turnverein »Freigeist«<br />

Bergarbeiterverein (Ortsgruppe)<br />

Bienenwirtschaftlicher Verein, Sektion Brettgrund und Umgebung<br />

Bund der Deutschen in Böhmen (Ortsgruppe)<br />

Bund der Kriegsverletzten, Witwen und Waisen (Ortsgruppe)<br />

Dělnická tělocvičná jednota<br />

Deutsche Bezirksjugendfürsorge<br />

Deutscher Hausbesitzerverein<br />

Deutscher Kasinoverein<br />

Deutscher Konsumverein »Selbsthilfe«<br />

Deutscher Kulturverband<br />

Deutscher Kulturverband (Frauenortsgruppe)<br />

Deutscher Männergesangverein mit Salonorchester<br />

Deutscher Riesengebirgsverein (DRGV)<br />

Deutscher Stenographenverein »Gabelsberger«<br />

Deutscher Turnverein »Berggeist«<br />

Freidenker (Ortsgruppe)<br />

Freiwillige Feuerwehr<br />

Fußballklub »Sparta«<br />

Fußballklub »Sportfreunde«<br />

Schatzlarer Tanzschüler 1932<br />

1. Reihe (sitzend, v.l.): Reis Liesl,<br />

Simmich Rudolf, Pasler Anni,<br />

Patzak Josef, Pasler Hilde,<br />

Schmekel Walter, Weber Hilde,<br />

Hepner Ferdinand (Tanzlehrer),<br />

Korda, Nowotny Rudolf<br />

2. Reihe: Schlesinger Franz,<br />

Kolessa Irene, Kuhn Franz,<br />

Kummert Reli, Walter Josef,<br />

Simmich Hildegard,<br />

Steidler Franz,<br />

Kirchschlager Helmut,<br />

Finger Mariechen, Basko Erwin;<br />

3. Reihe: Honsa Ludwig,<br />

Čersovsky Frieda,<br />

Haselbach Alfred, Kleinert Anni,<br />

Schmidt Rudi, Veith Gusti<br />

(Brettgrund), Kleinert<br />

(Kunzendorf), Wohlang<br />

409


410<br />

Gastwirtegenossenschaft<br />

Gemischte Gewerbegenossenschaft<br />

Gesangverein »Freier Sang«<br />

Katholischer Gesellenverein<br />

Kommunistische Partei<br />

Konsumverein »Glückauf«<br />

Konsumverein »Vlastní silou«<br />

Konsumverein »Vorwärts«<br />

Landwirtschaftlicher Verein<br />

Männergesangverein »Liederkranz«<br />

Odbor Národní jednoty severočeské<br />

Ortsgruppe der Glasarbeiter<br />

Ortsgruppe der Keramikarbeiter<br />

Ortsverband der Sozialdemokratischen Parteien<br />

Politická organisace čsl. soc. dem. strana dělnická<br />

Politische Gewerbepartei<br />

Salonorchester der Bergbeamten<br />

Skupina čsl. horníku<br />

Sozialdemokratische Partei Schatzlar (Frauenortsgruppe)<br />

Sozialdemokratischer Wahlverein (Zweigstelle)<br />

Spolek divadelních ochodníku<br />

Stavební družstvo Čech<br />

Sudetendeutsches Jungvolk (Ortsgruppe)<br />

Tschechische Bezirksjugendfürsorge<br />

Unterstützungsverein gedienter Soldaten<br />

Verband der Bergbau- und Hüttenangestellten, Revier Schatzlar<br />

Wintersportverein »Aupatal«, Zweig Schatzlar 17<br />

Hinzu kommen aus dem Adreßbuch von 1930:<br />

Katholischer Jugendbund<br />

Katholischer Mädchenbund<br />

Nach einem Gesellenball 1934 in Schatzlar<br />

Katholischer Gesellenverein von Schatzlar<br />

Musikkapelle Falge (1937), Schatzlar<br />

Verein Arbeiterheim<br />

In der Chronik von Schatzlar (Bd. II, S. 84 f.) führt WANDER für 1937<br />

zusätzlich noch folgende Vereine auf:<br />

Arbeiter-Gesangverein<br />

Arbeiterlese- und Bildungsverein »Licht«<br />

Arbeiter-Sportverein<br />

Beamtenkonsumverein Stollen<br />

Bergkapelle<br />

Bezirkskommission für Jugendfürsorge im Gerichtsbezirk Schatzlar<br />

Deutscher Arbeiterverband »Krüger«<br />

Deutscher Frauen- und Jungfrauenhilfsverein »Treue«


Ehemalige, Noch-Studenten und Schüler von Schatzlar<br />

1. Reihe (knieend, v. l.): Günter Erich, Salwender Gerfried,<br />

Dreßler Heinz, Dorschner Fritz, Pasler Herbert, Herrmann Norbert;<br />

2. Reihe: NN, NN, Zástěra Helmut, Günter Ernst, Hruschka Emil,<br />

Dr. Reinwarth, Nimsch Oskar, Illner Walter, Anders Adolf,<br />

Langer Raimund, Fischer Fritz;<br />

3. Reihe: Schwertassek Gerhard, NN, Schubert Kornelius,<br />

Kammel (Religionslehrer), Wenzel Peter, Bönsch Alfons, Groß Franz,<br />

Flegel, Bönsch Herbert, Chott Adolf, Mojschisch Franz,<br />

Schinkmann Richard, Domke Artur;<br />

4. Reihe: Wanschura Ernst, NN, NN, Wenzel Franz, Wenzel Engelbert,<br />

Salwender Rudolf, Fleischer, Herrmann Alfred, Sitka Josef,<br />

Ohnrich Rudolf (Bober), Bock Ferdinand<br />

Erinnerungsbild an den Opfertag der Ortsgruppe der Kriegsbeschädigten<br />

in Schatzlar vom 21. September 1919<br />

411


Lampersdorfer Jagdgenossenschaft am 28. Oktober 1932<br />

1. Reihe (sitzend, v.l.): Kleinwächter Emil, Hoder Wilhelm, Struckl Raimund, Leder Herbert, Grulich Rudolf;<br />

2. Reihe: Haselbach Rudolf, Kammel Josef, Slawisch Ferdinand;<br />

3. Reihe, stehend: Kuhn Josef, Kammel Franz, Tatsch Berthold, Schmidt Josef, Beyer Waldemar,<br />

Kleinwächter Josef, Bürgel Berthold, Beyer Rudolf, Nixdorf Emil, Honomichl Václav, Kuhn Johann,<br />

Siegel Josef, Kammel Emil, Illner Johann<br />

412<br />

Deutschnationaler Handlungsgehilfenverband (Ortsgruppe)<br />

Elisabeth-Agnesverein für Schatzlar und Umgebung<br />

Forst-, landwirtschaftlicher und Bienenzuchtverein<br />

Geselligkeitsverein »Kasino«<br />

Glücksverein »Ameise«<br />

Militär- und Veteranenverein<br />

Rauchklub<br />

Schatzlarer Marschmusik<br />

Schulverein (Ortsgruppe)<br />

Sportklub Schatzlar<br />

Tschechischer Fußballklub<br />

Verband der Kriegsversehrten (Ortsgruppe)<br />

Verein der Gesundheitspflege »Edelweiß«<br />

Verein der Hausbesitzer<br />

Werkmeister- und Industriebeamtenverein<br />

Wohlfahrtsverein »Fürsorge«<br />

Ernst KASPER aus Bernsdorf erinnert sich an 20 kulturelle Vereinigungen<br />

und sechs politische Zusammenschlüsse:<br />

Arbeiter-Turnverein<br />

Bauernverein<br />

Deutscher Turnverein<br />

Freiwillige Feuerwehr<br />

Gruppe christlicher Textilarbeiter<br />

Imkerverein<br />

Jägerverein<br />

Katholischer Frauen- und Mädchenbund<br />

Katholischer Gesellenverein<br />

Katholischer Kirchenchor<br />

Katholischer Kolpingverein<br />

Katholischer Volksbund


Konsumgenossenschaft »Eintracht«<br />

Konsumgenossenschaft »Vorwärts«<br />

Kulturverein<br />

Musikkapelle<br />

Raiffeisengenossenschaft<br />

Verein der Gewerbetreibenden<br />

Verschönerungsverein<br />

Veteranenverein<br />

Bund der Landwirte<br />

Deutsche Christlich-soziale Partei<br />

Kommunistische Partei der Tschechoslowakei<br />

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (ab 1938)<br />

Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei<br />

Sudetendeutsche Partei<br />

Die »Sudetendeutsche Heimatfront« unter Führung des Verbandsturnwartes<br />

Konrad Henlein wurde 1935 in »Sudetendeutsche Partei« umbenannt. Während<br />

der Sudetenkrise schlossen sich alle politischen Parteien – außer der<br />

Sozialdemokratischen und Kommunistischen Partei – in der Sudetendeutschen<br />

Partei zusammen. Nach 1938 gab es nur noch die Einheitspartei der<br />

NSDAP mit ihren Gliederungen. 18<br />

Aus Lampersdorf berichtet Albert MÜLLER:<br />

Vor dem I. Weltkrieg bestanden in Lampersdorf folgende Vereine:<br />

Arbeiter-Radfahrerverein<br />

Bund der Deutschen in Böhmen<br />

Deutscher Handwerkerbund (Ortsgruppe)<br />

Deutscher Männergesangverein<br />

Deutscher Turnverein<br />

Freiwillige Feuerwehr<br />

Lampersdorfer Kirchenbauverein<br />

Landwirtschaftlicher Verein<br />

Militär-Veteranenverein<br />

Deutscher Schulverein (Ortsgruppe)<br />

Prokopistollen Lampersdorf<br />

Sektion Lampersdorf des Deutschen bienenwirtschaftlichen Zentralvereins<br />

»Treue Wacht« Lampersdorf<br />

Volksbildungs- und Turnverein »Lichtstrahl«<br />

Nach dem I. Weltkrieg bestanden u. a.:<br />

Arbeiterturn- und Sportverein ATUS<br />

Bienenzüchterverein<br />

Deutscher Turnverein<br />

Freiwillige Feuerwehr<br />

Gewerbevereinigung<br />

Kirchenbauverein<br />

Landwirtschaftlicher Verein<br />

Militär-Veteranenverein<br />

Union der Bergarbeiter (Ortsgruppe)<br />

Politische Vereine:<br />

Bund der Landwirte<br />

Christlich-soziale Partei<br />

Kommunistische Partei<br />

Sozialdemokratische Partei<br />

Sudetendeutsche Heimatfront (1933) in Sudetendeutsche Partei (1935)<br />

umbenannt<br />

Bei den Gemeinderatswahlen in den 30er Jahren konnte die »Häuslerpartei«<br />

einige Mandate erringen.<br />

<strong>15</strong>.10 Quellen und Anmerkungen<br />

1 Der Große Herder. Freiburg 1956, Bd. 9, Sp. 361 f.<br />

2 Ebenda, Bd. 2, Sp. 1228<br />

3 In: »Turnbezirk Schatzlar«, S. 19, im Archiv der Heimatstube Würzburg<br />

4 Gemeindegedenkbuch von Schatzlar, S. 348<br />

5 KASPER, Ernst: Chronik der Gemeinde Bernsdorf-Berggraben, Kreis Trautenau.<br />

Selbstverlag Freiburg 1989, 2. Aufl. (ohne Seitenangaben)<br />

6 In: Riesengebirgsheimat, Jg. 1952<br />

7 Ebenda, Jg. 36, Nr. 12, Nürnberg 1982, S. 6<br />

8 »Biete«, abgeleitet von Bütte, Bottich. Die erste »Biete« auf dem Ringplatz in<br />

Schatzlar war ein Holzbottich, wie Alfred HERRMANN in seiner Bildbeschreibung<br />

»Schatzlar vor 100 Jahren« berichtet (siehe dort).<br />

9 BAUDISCH, Emanuel: Herrschaft Schazler Bedenkbuch (ohne Seitenangaben)<br />

10 WANDER, Josef: Chronik von Schatzlar. Bd. III, S. 179 ff.<br />

11 KASPER, a.a.O.<br />

12 KEMPA, Paul-Werner: Brief von 1987<br />

13 Gemeindegedenkbuch von Schatzlar, S. 114 ff., nach einemBericht von Franz<br />

WOHLANG<br />

14 Jahrbuch des Oesterreichischen Riesengebirgsvereins. Jg. 3 für 1914, Hohenelbe<br />

1914<br />

<strong>15</strong> KASPER, a.a.O.<br />

16 Ebenda<br />

17 Gemeindegedenkbuch, a.a.O., S. 114<br />

18 KASPER, a.a.O.<br />

413


Florianfeier der Feuerwehr Schatzlar mit neuer Drehleiter (oben)<br />

und Spritzenwagen (unten)<br />

414<br />

Studenten von Schatzlar und Umgebung mit ihren Tanzpartnerinnen<br />

1. Reihe (v. l.): NN, Bock Ferdinand, Simmich Hildegard, Simmich Alfred,<br />

Bock Hildegard, Scharm Leo, Kühnel Hildegard, Schwertassek Gerd,<br />

NN;<br />

2. Reihe: NN, NN (von Lampersdorf), Anders Helene, Zastera Helmut,<br />

Schmidt Liesl, Schinkmann Richard, Weber Hildegard, Chott Adolf,<br />

Hirschbach Edith, Günter Ernst;<br />

3. Reihe: Rücker, Fischer Fritz, Rücker, NN (von Lampersdorf), NN (von<br />

Lampersdorf), Dreßler Heinrich, Pasler Herbert

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