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Kapitel 12: Die Verkehrssituation vor 150 Jahren

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<strong>12</strong> <strong>Die</strong> <strong>Verkehrssituation</strong> <strong>vor</strong> <strong>150</strong> <strong>Jahren</strong><strong>12</strong>.1 Straßenbau im Schatzlarer BezirkEmanuel BaudischNeben dem sich stetig ausweitenden Kohlenbergbau nahm seit 1848 diegesamte Industrie in Böhmen einen mächtigen Aufschwung, und es entstandin vielen Orten und Städten unserer Heimat <strong>vor</strong> allem eine große Anzahl vonFlachsgarn-Maschinen-Spinnereien und Papierfabriken. <strong>Die</strong>se Entwicklungist besonders auf das Patent Sr. k.k. apostolischen Majestät des KaisersFerdinand I. vom 7. September 1848 zurückzuführen, durch welches dieUntertänigkeit aufgehoben wurde und Grund und Boden von allen gutsherrlichenRoboten, Zinsungen und Naturalabgaben an die Geistlichkeit undSchullehrer befreit waren.Durch die rasante Entwicklung der Industrie steigerte sieh auch zwangsläufigder Bedarf an Steinkohlen und anderen Industriegütern, und der Ruf nachbequemeren und schnelleren - und damit preisgünstigeren - Verkehrswegenwurde immer lauter.Bis dahin mußten die Schatzlarer Steinkohlen und andere Güter auf den äußerststeilen Landwegen durch den »Hohlweg« nach Brettgrund über die Reißenhöhemühsam in das Landesinnere verfrachtet werden. Besonders schwieriggestaltete sich verständlicherweise der Transport <strong>vor</strong> allem in den Wintermonaten.Aus diesem Grunde und der Tatsache, daß bereits alle wichtigen Städte undOrte des Landes, insbesondere aber alle Bezirksstädte, über gut ausgebauteStraßen verfügten, regte der erste k.k. Bezirks<strong>vor</strong>steher Josef Stehlik, Rittervon Czenkow und Treustätt, den Bau einer Verbindungsstraße an, welchesich bei Trübenwasser-Altstadt mit der Trautenau-Hohenelber Straße vereinigenwürde, dann über Trautenbach durch die Stadt Schatzlar nach Königshanführen und dort in die Trautenau-Landeshuter Straße einmünden sollte.Der Bau einer solchen Verbindungsstraße erforderte aber bedeutende Geldmittel,die nicht zur Verfügung standen. Deshalb veranstalteten die VerantwortIichen,an der Spitze Bürgermeister Johann Breuer, eine Spendenaktion,die von namhaften Männern unterstützt und gefördert wurde.Nachdem die Straßenbaukosten errechnet waren und die gesammelten Gelderden Bau gesichert hatten, wurde die Ausführung der Strecke von Schatzlar biszur Trautenbacher Grenze, mit einer Gesamtlänge von 1426 Klaftern (etwa2,75 km), begonnen. Den Bauauftrag erhielt Emanuel Fiedler, Schölzereibesitzerund Baumeister in Adersbach, für den veranschlagten Betrag von20.055,00 f. öW. Der Bau wurde 1858 begonnen und 1859 vollendet.<strong>Die</strong> Abschlußrechnung ergab folgendes Bild:Entschädigungen für angekaufte GrundstückeAbriß des Hauses Friedrich Böhnisch (Nr. 115)Zuschuß an die Gemeinde Trautenbach für denWeiterbau der StraßeBaukostenGesamtkosten1.250,00 f. öW.840,00 f. öW.3.920,00 f. öW.20.000,00 f. öW.26.010,00 f. öW.<strong>Die</strong>se Summe wurde in erster Linie durch bereitwillige Spenden Interessierter,der Zunftvereinigungen und der Stadtgemeinde getragen.Als diese für unsere aufstrebende heimatliche Wirtschaft äußerst wichtigeStraße fertiggestellt war, fehlte noch der Ausbau der Hauptstraße durch dieStadt. Deshalb beauftragte die Gemeindevertretung unter dem BürgermeisterWillibald Czerwenetz den Emanuel Fiedler, den Weiterbau der Straße bis fastzur Einmündung des Boberer Fahrweges in einer Länge von 442 Klaftern(etwa 850 m) durchzuführen. (Vom Boberer Weg bis zum Haus Nr. 143 hattedie Stadt bereits 1851 ein Straßenfragment von 170 Klaftern (knapp 350 m)unter der bauaufsichtlichen Leitung des Oberförsters Josef Polzer fertigstellenlassen.)Zur Komplettierung des Straßenverkehrsringes von Trautenau bis Königshan-Liebau,fehlte noch die Strecke von Schatzlar nach Königshan in einerLänge von 2700 Klaftern, die etwa 5,<strong>150</strong> km entsprechen. Auch diese Streckekonnte dank großzügiger Spenden in Angriff genommen und 1861 vollendetwerden.Damit war der Ringverkehr geschlossen, und die gesamte Strecke von Altstadt-Trübenwasserbis Königshan wurde zur Bezirksstraße erhoben.Wie wichtig diese Verbindung war, belegt die sich in kurzer Zeit ständigsteigende Frequenz, so daß schon im Jahre 1864 die Erlaubnis zur Erhebungeiner Straßenmaut an Vinzenz Richter in Schatzlar für 3<strong>150</strong> fl. vergebenwerden konnte. Auch die Steinkohlenförderung im Schatzlarer Kohlenrevierwar beträchtlich gewachsen und erreichte im Jahre 1863 schon 1.000.000 Ztr.,während sie 20 Jahre zu<strong>vor</strong> noch bei etwa 100.000 Ztr. gelegen hatte 1 .<strong>Die</strong> ökonomische Gewichtigkeit dieses und anderer Wirtschaftszweige machendie Beschäftigtenzahlen deutlich: 20 Jahre zu<strong>vor</strong> fanden etwa 100311


Bergleute Arbeit, im Jahr 1863 dagegen bereits 800 Männer. Aber nicht nur derBergbau steigerte das Industriepotential, sondern ebenso die Schatzlarer mitüber 400 und wenige Jahre später auch die Bernsdorfer Flachsgarn Spinnereimit knapp 200 Beschäftigten.<strong>12</strong>.2 Bahnlinie Königshan-Schatzlar<strong>12</strong>.2.1 VorgeschichteJosef WanderIn den Präliminarverhandlungen in Nikolsburg und im Friedensvertrag zu Pragim Jahre 1866 wurde u. a. festgelegt, die projektierte Eisenbahnlinie, die bereitsbis Schwadowitz bestand, nach Josefstadt-Parschnitz baldmöglichst weiterzubauenund den Anschluß an die Strecke der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn(SNDVB) nach Hirschberg (Schlesien) und Breslau zu schaffen. Mit demBau sollte sofort begonnen werden.<strong>Die</strong> Streckenführung war ursprünglich entlang der rechten Litscheseite überKrinsdorf, Brettgrund nach Schatzlar, dann an den Kohlenwerken <strong>vor</strong>bei nachHirschberg-Schmiedeberg bis Breslau geplant. Gegen diese Trasse legteneinige Gemeinden und <strong>vor</strong> allem bestimmte Interessengruppen der SchatzlarerBürgerschaft bei den Behörden und Ämtern in Trautenau und Prag mitEingaben und Beschwerden erfolgreich Revision ein. In der Hauptsache mitder Begründung, daß dann einigen Gewerbezweigen, besonders den Frächtern,ihre Existenz genommen und das zu einer hohen Arbeitslosigkeit und damitauch zu einer beträchtlichen Einnahmeverminderung für den Stadtsäekelführen würde.Bisher mußten nämlich die für die Industrie im Aupatal benötigten Kohlenvon den Schatzlarer Gruben durch Pferdegespanne auf dem steilen Hohlwegan der Kirche <strong>vor</strong>bei nach Brettgrund und dann auf der anderen Seite denebenso schwierigen Weg aufwärts zur Reißenhöhe gefahren werden. Für dieBergfahrten stellte der Schatzlarer Frächter Willibald Czerwenetz eine Anzahlvon Pferden als Vorgespanne bereit.<strong>Die</strong> Stadtväter von Schatzlar konnten von diesem Einnahmeverlust überzeugtwerden und entschieden sich gegen die <strong>vor</strong>gesehene Bahnlinienführung.Sie wäre aber auch für die im Brettgrunder Tal beheimatete Papierindustrievon eminenter Wichtigkeit gewesen, mußte diese doch ihre Erzeugnisse.jetztmit Gespannen den Hohlweg hinauf nach Schatzlar und andererseits dieRohmaterialien und Kohlen den nicht ungefährlichen Weg wieder abwärtsbringen. Zusätzlich hätte zweifellos der Tourismus starke Aufwärtsimpulseerhalten.Als Ersatz erhoffte man sich eine bessere Erschließung dieses Gebietes vonder <strong>vor</strong>gesehenen Autobahnstraße Trautenau- Schatzlar-Schmiedeberg, dienach dem Anschluß des Sudetenlandes an das Deutsche Reich gebaut werdensollte.Blick von Schatzlar gegen die Reißenhöhe mit der Landstraße nachTrautenbach<strong>Die</strong>sem Plan stand jedoch das starke Interesse der Stadt Liebau entgegen, diedie Bahnstrecke durch ihre Stadt geführt haben wollte. Deshalb bot die Stadtdie für die Bahnanlage benötigten Grundstücke an und versprach auch anderweitigweitestgehende Unterstützungen. Man einigte sich schließlich auf3<strong>12</strong>


<strong>Die</strong> Bauunternehmung akzeptierte diese Bitte mit der Bedingung, ihr diesenHutungsgrund unentgeltlich zu überlassen.Am 9. Februar 1882 begannen die Verhandlungen mit den betroffenen Grundbesitzernüber die von der Eisenbahngesellschaft zu zahlende Entschädigung,und es wurde der Betrag von 1000 fl. für das Joch (1 Wiener Joch = 5754,6 m 2 )Grund als Entschädigung vereinbart.In den nächsten Tagen folgten die Verhandlungen mit den Grundbesitzern deranderen Gemeinden, welche sich zum größten Teil den Verhandlungsergebnissender Stadtgemeinde Schatzlar anschlossen. Lediglich einige wenigeGrundbesitzer aus Lampersdorf und Königshan waren nicht einverstandenund wollten es auf eine Expropriation (Enteignung) ankommen lassen,weshalb bald darauf eine gerichtliche Schätzung der Grundstücke erfolgte.Im Monat März 1882 wurde mit dem Bau der Eisenbahn längs der ganzenStrecke begonnen und am 30. März der Grundstein zum Stationsgebäude inSchatzlar gelegt. Nach den Pfingstfeiertagen wurden die ersten Schienenverlegt, auf welchen zuerst mit Handwagen, später mit einer »Dampfmaschine«und Lastwagen der Schotter zum Auffüllen der Bahntrasse vomJulienschachte der Gebrüder Müller herbeigeschafft werden konnte.Emanuel Baudisch, zu damaliger Zeit Bürgermeister von Schatzlar und engagierterInteressenvertreter am Bau der Eisenbahnstrecke, beendet seinenhandgeschriebenen Bericht mit den Worten:»Am 5. Oktober (1882) fand nach <strong>vor</strong>hergegangener Collaudierungskommission(Kollaudierung: Prüfung und Abnahme, d. Hrsg.) Nachmittags dieEröffnungsfahrt statt; der Zug gieng unter großer Beteiligung der hiesigengeladenen und ungeladenen Bevölkerung vom Schatzlarer Bahnhofe nachKönigshan ab, und Abends wieder zurück.314Schatzlar im Dezember 1882.E. Baudisch« 3Zu dieser Eröffnungsfahrt waren die Schulkinder eingeladen worden, für dienicht nur der schulfreie Tag, sondern <strong>vor</strong> allem der neuartige Ausflug mit derBahn zu einem unvergeßlichen Erlebnis wurde, zudem gab es noch für alleFahrgäste einen kostenlosen Imbiß in Königshan.<strong>12</strong>.2.3 Leistungen der LokalbahnJosef Wander<strong>Die</strong> Lokalbahn Königshan-Schatzlar hatte die »Österreichische-Lokal-Eisenbahngesellschaft(ÖLEG)« gebaut und unterhalten. Sie besaß bei Inbetriebnahme1 <strong>Die</strong>nstwagen, 1 Personenwagen 3. Klasse und 2 Personenwagen 3.Klasse mit je einem 2. Klasse Abteil, 5 vierachsige geschlossene Güterwagen,Lokomotive mit offenem Güterwagen. Auffällig der große Funkenfänger,um den sonst dicke Rauchwolken ausstoßenden Schornstein des »Pockel«30 (wenig später 50) Kohlenwagen mit je 10 t Ladegewicht und 1 (später 2)Lokomotiven, die man scherzhafterweise »Pockel« und »Asthmachristel«nannte. <strong>Die</strong> Züge fuhren bis zum Lokalbahnhof Königshan, und da keinedirekte Schienenverbindung mit der Hauptstrecke bestand, mußten hier dieKohlen umgeladen werden.Im Jahre 1900 übernahm die Süd-Norddeutsche Verbindungsbahn (SNDVB)die Verwaltung der Lokalstrecke und stellte sofort die fehlende Schienenverbindungher, so daß die Kohlen ohne Umladung weitertransportiert werdenkonnten.1910 verstaatlichte man die k.k. private Österreichische Nordwestbahn (ÖNWB)sowie die private Süd-Norddeutsche Verbindungsbahn (SNDVB) und wurdevon der Verwaltung der k.k. Staatsbahn (k.k.St.B.) übernommen. <strong>Die</strong>Österreichische-Lokal-Eisenbahn-Gesellschaft (ÖLEG) wurde als staatseigenePrivatbahn geführt.Der Bahnhof Schatzlar hatte einen regen Güterverkehr. Rohmaterialien wieKaolin, Tonerde, Kohle für die Porzellanfabrik Pohl; Sand, Glasscherben,Pottasche, Glaubersalz für die Glasfabrik Riedel; Flachs und Flachswerg fürdie mechanische Flachsgarnspinnerei Buhl; Hadern, Zellulose und Altpapierfür die Rohpappenfabrik Reimann in Brettgrund; Baumaterialien, Ziegel,Bausand, Kalk, Zement für die verschiedenen Bauunternehmungen und allerleiGebrauchsgüter für die Kaufleute brachte die Bahn nach Schatzlar. Abgefahrenwurden Porzellanwaren, Isolatoren, Flaschenverschlüsse, Rohglas inStengeln, Leinengarn und Rohdachpappe. All diese Güter gingen zum großenTeil nicht nur nach Deutschland, sondern auch in den Export nach Schweden,Holland, Belgien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Ungarn, Polen und inüberseeische Länder wie nach Afrika und in die USA.


Das ansehenswerte Bahnhofsgebäude in SchatzlarDer sich stetig steigernde Kohlenverkehr bedingte eine Verstärkung desOberbaues und der Schienen, so daß jetzt Waggons bis zu 20 Ladetonnenfahren konnten.Der Bahnhof Lampersdorf war direkt durch ein <strong>12</strong>00 m langes Anschlußgleismit den Kohlenwerken des »Elisabethschachtes« (1943 eingestellt) und dem»Marienschachte« verbunden.<strong>Die</strong> geschätzte Förderung mit der Bahn betrug 1907 bis 1910 täglich 100 bis<strong>12</strong>0 Waggons à 10-<strong>12</strong> t Ladegewicht; dies ergibt eine Jahresbeförderung vonetwa 400.000t.Jubiläumsfeier »50 Jahre Lokalbahn Schatzlar - Königshan«Der Personen- und Warenverkehr betrug (schätzungsweise):1920 1939an ab an abPersonen 200.000 200.000 900.000 900.000Gepäck 30 t 30 t 100 t <strong>150</strong> tExpreßgtiter – – 100 t <strong>150</strong>Eilguter <strong>150</strong> t 200 t 600 t 800Frachtstückgut 600 t 1.000 t 2.000 t 4.000Wagenladungen 8.000 t 6.000 t 25.000 t 35.000Nach dem Kriege 1918 setzte die Autokonkurrenz ein, und es wurden anfangsKohlen mit Lastwagen bis Königgrätz und Pardubitz, ja selbst bis Gablonz undReichenberg verfrachtet. <strong>Die</strong> spätere Regelung, daß Kohlen nur bis zu einerEntfernung von maximal 50 km mit Autos transportiert werden durften,brachten dem Lastwagenverkehr keine Einbußen. Der Bahn blieb somit derFernverkehr und die Beförderung der »<strong>Die</strong>nstkohlen«, die zum Beheizen derLokomotiven und auf den Bahnhöfen als Hausbrand gebraucht wurden.<strong>Die</strong>nstellenleiter des Bahnhofes Schatzlar:Rudolf Götz Revident und Betriebsleiter 05.10.82 - 1898Josef <strong>Die</strong>tz Stationsmeister 1898 - 31.<strong>12</strong>.09Franz Jannausch Oberoffizial 01.05.10 - 22.04.23Josef Wander Oberoffizial 23.04.23 - 31.01.36Josef Prohl Offizial 01.02.36 - 31.03.36Josef Vrba Offizial 01.04.36 - 02.10.38Hans Jendrausch Inspektor 09.10.38 - 28.02.39Hans Meier RB-Assistent 28.02.39 - 09.04.39Ewald Hutfilz RB-Sekretär 10.04.39 - 09.05.39Josef Wander RB-Obersekretär 10.05.39 - 09.05.45315


Bahnbedienstete vonKönigshan1. Reihe (v.l.): BraunAlexander, PurmannGustav, Schiller Hermann,Wondratscheck Josef, AmlerJosef, Kaulich Gustav,Anders Engelbert, NN;1. Reihe: NN, Raab Rudolf,Esch Rudolf, ZalderTheodor, Herrmann Josef,Zdársky Ferdinand;3. Reihe: NN, Rindt Franz,Rudolf Anton, Jindra Josef,Jeschke Vinzenz, NN, NN;Bahn<strong>vor</strong>stände in Königshan:Edler von Ciulach um 1895 - 1900Theodor Zalder Inspektor 1901 - 19<strong>12</strong>Eduard Kasper Revident 19<strong>12</strong> - 1919Josef Hartig Revident 1919 - 1923Josef Vlach Revident 1923 - 1938Herbert Uttikal RB-Inspektor 1938 - 1942Franz Kuhn 1942 - 1944Heinrich Schmidt 1944 - 1945Bahn<strong>vor</strong>stände in Lampersdorf:Franz Staude Revident 1899 - 1910Alois Jaruschka Oberoffizial 1910 - 1933Josef Hermann 1933 - 1938Gustav Seidel 1938 - 1945Bahnmeister Heinrich Geißler war vom Beginn des Bahnbaues bis zu seinerPensionierung im Jahre 1914 auf der Lokalbahn Königshan-Schatzlar tätig.Während der unruhigen Zeit 1938 wurde der Zugverkehr eingestellt und erstam 11. Oktober 1938 wieder aufgenommen. Da der Oberbau schadhaft undveraltet war, mußte er von Schatzlar-Königshan von Grund auf erneuertwerden, so daß jetzt 40tonnige - bisher nur 20tonnige - Waggons eingesetztwerden konnten.Aus der heutigen Zeit ist uns nur bekannt, daß gegenwärtig für den Personenverkehrvon Trautenau über Königshan nach Schatzlar zwei <strong>Die</strong>sel-Triebwageneingesetzt sind 4 .In Bernsdorf steht eine sehenswerte Eisenbahnbrücke, die in den <strong>Jahren</strong> 1867bis 1869 errichtet wurde. Ursprünglich war es eine »Schifkorn«-Eisenkonstruktion.<strong>Die</strong> Brücke ist mit ihren 24 m über der Talsohle die höchsteTalüberquerung der k.k. priv. Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn. <strong>Die</strong>Stützweite der Eisenkonstruktion betrug stolze 28 m. Bereits ein Jahr nach derIndienststellung wurde in die anfänglich ganz offen gelassene gewaltigeBrückenöffnung zur Sicherung gegen den enormen Dammdruck ein Mittelpfeilereingezogen. Danach entschloß man sich, das »Schifkorn«-Stahlgerippeabzubauen und durch eine neue Konstruktion zu ersetzen. <strong>Die</strong>s geschah 1874,und das ist die noch heute stehende Massivkonstruktion 5 .316


Der »Pockel« kapituliert <strong>vor</strong> den großen Schneewehen<strong>12</strong>.2.4 Erlebtes auf und mit der Schatzlarer Eisenbahn 6Be<strong>vor</strong> die Autobusse eingesetzt wurden, war die Eisenbahn die wichtigsteVerkehrsverbindung Schatzlars mit der Außenwelt. Leider liegt der Bahnhofam nördlichsten Ortsende, so daß die Bewohner der Vorderstadt und erst rechtdie Dörfler aus Brettgrund, Wernsdorf, Rehorn oder Bober einen weiten Wegzurückzulegen hatten. In Königshan mußte man immer umsteigen, ob man inRichtung Parschnitz-Trautenau oder aber nach Liebau fahren wollte.Josef WANDER<strong>Die</strong> 24 m hohe Eisenbahnbrücke (1867-69) mit einer Spannweite von 28 min Bernsdorf (in alter und neuer Ausführung)Nach einer Übersichtstabelle wurden um 1900 jährlich folgende Transportfrequenzen(geschätzte Werte) festgestellt:Personen Gepäck Eilgüter Frachtgut Anmerkungan und ab M e t e r c e n t n e rBernsdorf 30.000 140 170 -Königshan 30.000 140 850 250.000Lampersdorf 9.360 – 300 1.969.260 einschl.Schatzlar 23.940 – 502 266.081 Kohlen<strong>Die</strong> gute alte Dampflokomotive mit ihrem imposant verdickten Schornsteinzog pustend und schnaubend einen Postwagen und zwei bis drei Personenwagen.<strong>Die</strong> von Schatzlar nach Königshan ablaufende Bahnstrecke schaffte derZug spielend, der ansteigende Rückweg dagegen war schon schwieriger. Überdie Königshaner Wiesen bis Lampersdorf ging es mit dem Bähnchen ohnebesondere Kraftanstrengung, jedoch von dort bis zur »Schwarzwasser Drehe«prustete sie sich mit dicken schwarzen Rauchwolken hoch. Hatte sie esgeschafft, hörte man einen langgezogenen Pfiff, als freute sie sich über diegelungene Leistung und fuhr siegessicher auf der fast ebenen Strecke bis zumBahnhof, wo ein nochmaliger Pfiff ihre Ankunft signalisierte.Nicht immer gelang es, den Schatzlarer Bahnhof zu erreichen. Ende Februaroder Anfang März, wenn meterhohe Schneewehen die Strecke blockierten,blieb die Bahn unweigerlich stecken. Dann mußte der Schnee mit Schaufelnbeiseite geschafft werden, und da dies manchem Reisenden zu lange dauerte,ging er den Rest des Weges einfach zu Fuß nachhause.Als im Juli 1914 die wehrfähigen Männer zum Kriegsdienst gerufen wurden,begleiteten sie ihre Angehörigen bis zum Bahnhof. Unter Weinen und Wehkla-317


gen der Frauen kam der große Abschied. Doch da merkten die Daheimbleibenden,daß der letzte Wagen unbesetzt war. Flugs stiegen sie in denWaggon, denn sie wollten ihre Männer noch ein Stück begleiten. <strong>Die</strong> Lokomotivepfiff, und der Zug setzte sich langsam in Bewegung. Da merkten die Frauenund Bräute, daß der letzte Wagen stehen blieb; man hatte ihn <strong>vor</strong>sorglichabgekoppelt, und plötzlich verwandelte sich der Abschiedsschmerz in lautesGeschrei und Geschimpfe.Franz GROSSWie bei allen Ämtern und <strong>Die</strong>nstellen wurden auch bei der Bahn ab 1933 dieAngestellten mit weniger als zehn <strong>Die</strong>nstjahren entlassen, jene mit mehr<strong>Die</strong>nstjahren ins Landesinnere versetzt und als Ersatz Tschechen eingewiesen.weißen Dampfwolken tsch, tsch, tsch Richtung Schwarzwasser Drehe. Es gabkein Schimpfwort, keinen bösen Blick, nur lachende Gesichter an den Waggonfenstern.Damals war der alte Nezděra Lokomotivführer.Gemeinsam mit meinen Freundinnen, denen ich die Geschichte erzählt hatte,sangen wir:Schatzlar ist ein schönes Städtchen.Es hat auch eine Eisenbahn,die aber fährt sehr langsam, langsam,da braucht man keine Angst zu ham.Emmi SCHREIBEREin unserer <strong>Die</strong>nststelle zugewiesener Tscheche -wir nannten ihn »Frante«-hatte bisher noch keinen <strong>Die</strong>nst auf einem Bahnhof versehen, und ich mußteihn mit dem Hinweis am Güterboden einsetzen, daß er sich auch bald dieKenntnisse für den Rangierdienst aneignen müsse. Er war willig und strebsam.Nachdem er etwa sechs Wochen bei uns war, hieß ich ihn die Weichenschmieren, und so bekam er Öl, Pinsel und Putzwolle. Nach geraumer Zeit kamKarl Baudisch zu mir und sagte, ich solle mir mal ansehen, was der »Frante«treibe. Als ich zu ihm kam, sah ich, daß er die Schienen sauber mit Ölbestrichen, sie aber inzwischen wieder mit der Putzwolle fein säuberlichabgewischt hatte.Ein anderer, namens Duschek, der ebenfalls kein Wort deutsch sprach undverstand, hatte einmal mit mir zusammen abends den letzten <strong>Die</strong>nst beimeinlaufenden Zug. Von den Orten Bober, Schwarzwasser und Schatzlar,kamen zum Frühzug viele mit dem Fahrrad, das sie bis zu ihrem <strong>Die</strong>nstschlußam Bahnhof einstellten. Duschek, der die Fahrkarten am Ausgang einsammelte,wurde von einer Boberin mit den Worten angesprochen: »Ich will’s Rad!«Duschek deutete auf die Tür mit der Aufschrift »Für Damen« und antwortete:»Tam srát !« (Dort schei ... ). Das Fräulein kam empört zu mir in dasAmtszimmer und beklagte sich wortreich. Ich erklärte der Dame das sprachlicheMißverständnis und ließ ihr das Rad aushändigen. Josef WANDERZum Schatzlarer KirchenfestAn einem schönen Sonntag war meine Schwester bei uns zuhause auf Besuch.Ehe sie ging, wurde ihr natürlich einiges mitgegeben. <strong>Die</strong>smal war es einKarton voll Porzellanfigürchen. Als sie ging, begleiteten wir sie ein Stück, undals wir heimkamen, steht - o Schreck - der Karton noch auf dem Tisch. Ich, hupsdi wups di, schnapp mir das Geschenk und ab gehts zur Bahn. Als ich zumBahnhof kam, fährt der Zug gerade schön gemütlich am Magazine <strong>vor</strong>bei.Wart, dachte ich, dich krieg ich noch. Ich rannte, so schnell ich konnte undschrie aus vollem Halse: »Hallo, hallo! Du host die Schachtl vrgassa! <strong>Die</strong>Schachtl, die Schachtl!« Und was ich nicht zu hoffen gewagt hatte, geschah:Der Zug blieb stehen, hilfreiche Hände streckten sich mir entgegen undnahmen mir den Karton ab. Und weiter gings mit schwarzem Qualm und318


<strong>12</strong>.3 Wie die Schatzlarer Frächter den Bau einerEisenbahnstrecke verhindertenUnbekannter VerfasserUrsprünglich sollte die Bahnlinie am rechten Ufer der Litsche über Brettgrund-Scharzlar und die Kohlenwerke nach Schmiedeberg geführt werden. <strong>Die</strong>sesProjekt zerschlug sich aber am Widerstand einzelner Gemeinden, einemunzureichenden Verständnis und mangelndem Weitblick der Verantwortlichenund einer Gruppe von kontrainteressierten Gewerbetreibenden. <strong>Die</strong>Erzählungen unserer Großeltern über den Kampf, den die Schatzlarer um denStreckenverlauf führten, sind überaus interessant und sollen deshalb hierfestgehalten werden.So fürchteten insbesondere die damaligen Frächter der Stadt um ihre Existenz,deren Grundlage die Kohlenfracht nach Trautenau und für den Rückweg dieWarenbeförderung Trautenau-Schatzlar waren und verstanden es, den Stadtväternklarzulegen, welchen Schaden die Bahnlinie der Stadt und ihrenBewohnern bringen würde, wenn die Gelder für die Fuhren entfielen oder einerortsfremden Verwaltung zuflössen. Außerdem wiesen sie darauf hin, daß »diebraven Frächter und Kutscher um das täglich gewohnte Trinkgeld kämen - derOrt und seine lieben Mitbürger müßten verarmen!«Der nicht geringe Einfluß des damaligen Bürgermeisters -selbst Fuhrunternehmer-führte außerdem dazu, daß das Projekt »Bahnführung über Schatzlarnach Schmiedeberg-Hirschberg« nicht mehr zur Beratung zugelassen undfallengelassen worden ist, und »damit das Unglück von der Stadt abgewendetwurde!«<strong>Die</strong> Folgen dieses ökonomisch folgenschweren Fehlers ließen nicht lange aufsieh warten und wurden der Bevölkerung schon bald nach Fertigstellung derBahnstrecke überdeutlich bewußt. So hätte beispielsweise die Papierindustriein Brettgrund durch den Bahnanschluß zweifellos einen beachtlichen Aufschwungerlebt. Mußte doch das im Tal erzeugte Frachtgut jeweils täglich oderwöchentlich mehrmals der hochgelegenen Bahnstation in Schatzlar mit Fuhrwerkenzugefahren werden. Da brachte auch die gleichzeitige Rückladung anRohmaterialien vom Bahnhof keine wesentliche Kosten- und schon gar keineZeitersparnis.Nicht zuletzt hätte Schatzlar durch die Verbindung viel zur fremdenverkehrsmäßigenErschließung des östlichen Riesengebirges beitragen können, da sichder Tourismus zunehmend entwickelte.Um diesen für unsere wirtschaft offensichtlich so gravierenden Fehler einigermaßenwettzumachen, sollte im Dritten Reich der Bau der bereits projektiertenAutostraße Trautenau-Schatzlar-Schmiedeberg bzw. Landeshut als Teil derSudetenstraße Entlastung, Erleichterung und Öffnung bringen. Durch denKriegsausbruch kam es jedoch nicht mehr zur Ausführung dieses Vorhabens.Technisch und finanziell wäre der Streckenbau über Schatzlar ebenfallsleichter und günstiger gewesen, da die Schichtungen des Schiefergesteins vonoben nach unten in Ost-West-Richtung führend, dem Bahndamm einen natürlichenHalt geboten hätten. Außerdem wären auf dieser Seite die hohenBrücken bei Gabersdorf, Krinsdorf und Bernsdorf weggefallen; es wäre nureine Überbrückung der Litsche in Gabersdorf nötig gewesen, und die Baukostenwären dadurch um ein gutes Stück gesenkt worden. <strong>Die</strong> Folgejahrezeigten die Mängel und Nachteile der jetzigen Bahntrasse überdeutlich auf.Erinnern wir uns nur an die jährlich mindestens zweimal durch Regen undSchneeschmelze verursachten Unterspülungen der Gleisstrecken.Obwohl in diesem Gelände die Gesteinsschichtung ebenfalls in Ost-West-Richtung verläuft - ähnlich dem am rechten Litscheufer, dem allerdings dieStufenbildung fehlt - führen die erstgenannten Schichten hangabwärts. <strong>Die</strong>Stützfunktion des Bahndamms reichte nicht aus, um dem zwischen denSchieferschichten eindringenden Wasser, das das Gestein zudem noch verseifte,genügend Widerstand zu leisten, so daß der Hang ständig abrutschte. Dahalfen auch die jährlich immer wieder neuangelegten Drainagen nichts, die dasWasser ableiten und eine Schadensbegrenzung bringen sollten.Wer auf dieser Strecke einmal im Frühjahr gefahren ist, wird sich nocherinnern, daß auf dem Abschnitt gegenüber der Woska-Mühle in Krinsdorf, <strong>vor</strong>der Krinsdorfer Brücke, zwischen dem sogenannten Reußen und KukserEinschnitt sowie zwischen dem Kukser und Bernsdorfer Einschnitt lange Zeitlangsam, an einzelnen Stellen nur im Schrittempo gefahren werden durfte.<strong>Die</strong>se ständigen Instandsetzungsarbeiten verschlangen natürlich Unsummenan Unterhaltungs- und Reparaturkosten.Bei all den Mängelerscheinungen ist aber nicht zu übersehen, daß auch derStreckenverlauf über Bernsdorf nach Königshan und weiter ins Schlesischeeine nicht geringe wirtschaftIiche Bedeutung hat. So wies Bernsdorf einenrelativ starken Personenverkehr durch das weitreichende Einzugsgebiet auf,das sich von Potschendorf, Teichwasser, dem oberen Teil von Goldenöls überLampersdorf, Krinsdorf bis zu bestimmten Teilen Schatzlars erstreckte.Nach der Errichtung der Fischfabriken Toryk im Jahre 19<strong>12</strong>, verbunden miteiner Kaffeerösterei, der Bernsdorfer Konservenfabrik Berko (1922) und derGetreiderösterei des Kaufmannes Ferdinand Kriegel, konnte der BahnhofBernsdorf trotz seiner verkehrstechnisch äußerst ungünstigen Berglage einenregen Eilgut- und ab 1920 auch Stückgutverkehr verzeichnen.Gleichfalls war die Bahnstation Königshan als Frachten-, Umschlag- undAbzweigbahnhof von größter ökonomischer Wichtigkeit für unsere Region.Bis dahin waren nämlich die von den Lampersdorf -Schatzlarer Bergwerkenmit Fuhrwerken angelieferten Kohlen dort von Hand in Waggons umgeladenworden. 7319


Bahnhofsplatz: Entladung der hydraulischen Presse für die Pozellanfabrik(1928)Quellen und Anmerkungen1 BAUDISCH, Emanuel: in: Herrschaft Schazler, Bedenkbuch. Verlegt imJahre 1806, Protocoll, Uiber merkwürdige Vorfalle inStaats-obrigkeitlichen-Gemein-und Privatangelegenheiten; dann übermerkwürdige Naturbegebenheiten. Anfangend vom Jahre 1758.»StraßenbauimSchatzlarerBezirke«. (Nach handschriftlichenAufzeichnungen vom 27. März 1869, ohne Seitennumerierung)2 WANDER, Josef. Chronik von Schatzlar. Bd. 11, S. 58 ff.3 BAUDISCH, a.a.0.4 WANDER, a.a.O., S.61 ff.5 DEMUTH, Josef: Trautenauer Bezirkskunde und KöniginhoferHeimatkunde. Verlag Helmut Preußler, Neuauflage Nürnberg 1983, S.1056 Handgeschriebene Aufzeichnungen von WANDER, GROSS,SCHREIBER7 Riesengebirgsheimat. Jg. <strong>12</strong>, März 1958320

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