50 Jahre - escme
50 Jahre - escme
50 Jahre - escme
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
REZENSIONEN<br />
Life-Coaching<br />
Über Sinn, Glück und<br />
Verantwortung in der Arbeit<br />
Ferdinand Buer/ Christoph Schmidt-Lelleck<br />
Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2008<br />
ISBN 978-3-525-40300-6<br />
Wozu ein weiteres Coaching-Buch? Was steckt hinter dem neuen Begriff? Antworten<br />
auf diese Eingangsfragen findet man sehr rasch: „Life-Coaching ist ein Coaching,<br />
das die eingebrachten Themen als Lebensthemen behandelt“ (S.24).<br />
Und: „Es betrachtet den ganzen Menschen und situiert die eingebrachten Arbeitsthemen<br />
in dessen gesamten Lebenszusammenhang (horizontale Amplifikation).<br />
Es sieht hinter den eingebrachten Themen existenzielle persönliche Fragen der<br />
Lebensführung (vertikale Amplifikation): der Sinn der Arbeit kann nur geklärt<br />
werden, wenn der Sinn des Lebens bedacht wurde“ (S.32/33).<br />
Sehr rasch wird auch klar (gemacht), dass die Herausgeber hohe Anforderungen<br />
an Coaches stellen und sich von „Rezeptologien“ in gängiger Coaching-Literatur<br />
abheben wollen: „Coaches also, die ihren KlientInnen anbieten wollen, sie auch in<br />
existenziellen Fragen zu begleiten, müssen (somit) gelernt haben, eigene Unsicherheiten<br />
zu ertragen. Sie müssen sich mit dem Sinn ihres eigenen Lebens beschäftigt<br />
haben, mit ihrem einstigen Nichtmehrdasein, mit dem Absurden, dem Unglück,<br />
dem Bösen in ihrer eigenen Lebenswelt…. Und eine solche Haltung müssen sie<br />
ihren Coaching-KlientInnen ebenfalls zumuten.“ (S. 23).<br />
Wird das Buch den hohen Anforderungen, die es stellt, selbst gerecht? Ein erstes<br />
Durchblättern der fast 400 Seiten beeindruckt: ein gut strukturiertes Konzept,<br />
gegliedert in 4 große Kapitel: Zur Lage der Fach- und Führungskräfte heute. Die<br />
Coaching-Themen. Die Coaching-Felder. Die Verfahren des Life-Coaching. Die<br />
angeführten Unterthemen machen neugierig, auch die Tatsache, dass neben den<br />
beiden renommierten Herausgebern eine Reihe von bekannten GastautorInnen<br />
eingeladen wurde. Der Blick ans andere Ende des Buches erfreut: ein sehr ausführliches<br />
Literaturverzeichnis und ein Stichwortverzeichnis werden durch ein Personenverzeichnis<br />
ergänzt: die wichtigsten im Text erwähnten Personen werden noch<br />
einmal gesondert mit Angaben zu ihrer Profession und Nationalität angeführt, ein<br />
durchaus nicht selbstverständliches Angebot zum Einsteigen oder Wieder finden.<br />
Das erste große Kapitel beleuchtet sehr verdichtet „Die Lage der professionellen<br />
Beziehungsarbeiter“ und „Die Lage der Führungskräfte“. Es wird zu Recht darauf<br />
hingewiesen, dass auch Beziehungs-arbeiterInnen Führungsaufgaben zu leisten<br />
haben, die Trennung ist sehr zu befürworten, zu oft wird dies in einschlägiger<br />
Literatur verabsäumt. Ein großes Wermutstropfen, der sich durch das ganze Buch<br />
zieht, fällt hier zum ersten Mal und besonders auf: wie allgemein bekannt, sind im<br />
Arbeitsfeld der „Beziehungsarbeiter“ Frauen überrepräsentiert, dem wird auch<br />
mit einem kleinen Abschnitt „Geschlechterverhältnisse“ Rechnung getragen. Die<br />
Schreibweise ist gerade hier allerdings nur in rudimentären Ansätzen geschlechtersensibel<br />
und wird im weiteren Verlauf des Buches auch unverständlich uneinheitlich<br />
gehandhabt. Positiv ist hervorzuheben, dass im zweiten Unterkapitel nicht nur von<br />
„Globalisierung und Internationalisierung“ die Rede ist, sondern (kulturübergreifende<br />
und zentrale deutsche) Kulturstandards angeführt und der Erwerb interkultureller<br />
Kompetenzen zur Einlösung dieser Standards eingefordert wird. Im Teil<br />
zwei werden die vier zentralen existenziellen Themen des Life-Coachings behandelt:<br />
Sinn suchen, Glücklich sein, Verantwortung übernehmen und Arbeit und Leben<br />
stilvoll gestalten, Anleitung zur Lebenskunst. Diese Kapitel sind, wie auch in der<br />
Einführung des Buches bereits angedeutet, keine „leichte Kost“. Hier findet sich<br />
sehr verdichtet viel Forschungs- und Reflexionswissen, es werden Definitionen von<br />
täglich umgangssprachlich gebrauchten Begriffen („Glück“, „Moral“, „Gelassenheit“<br />
u.v.a.) angeboten, die zum Nachdenken anregen. Hervorgehoben sei hier die<br />
sonst oft vermisste Ausdifferenzierung von „Macht und Herrschaft“. In Kreisen<br />
von BeziehungsarbeiterInnen sind beide Begriffe auch bei den ProfessionistInnen<br />
oft vermischt bzw. wird ihre Handhabung verurteilt. Sehr hilfreich sind gerade in<br />
diesem Teil des Buches die durchgängig vorhandenen Schlussteile jedes Kapitels:<br />
„Erträge für den Coach“ bietet eine Zusammenfassung, „Literatur zum Thema“<br />
lädt diejenigen ein, die sich in einen speziellen Bereich weiter vertiefen wollen. Teil<br />
drei stellt den Anspruch, die beiden ersten Großkapitel so zu verbinden „dass sie<br />
als Folien zum Verständnis dessen dienen können, was im Coaching selbst konkret<br />
verhandelt wird“ (S.201). Nicht zufällig steht sicherlich „Der Umgang von Fach-<br />
und Führungskräften mit sich selbst“ am Beginn. Zentral ist hier die These, dass<br />
„Selbstsorge und Fremdsorge, Selbstverantwortung und Fremdverantwortung“<br />
in einem Wechselverhältnis stehen (müssen) (S.205). Der viel strapazierte Begriff<br />
„Work-Life-Balance“ wird wohltuend hinterfragt, den auch immer wieder zitierten<br />
„5 Säulen der Identität“ wird mit dem von Martin Seel übernommenen Modell<br />
der „Vier Dimensionen des Tätigseins“ (Arbeit, Interaktion, Spiel, Betrachtung/<br />
Kontemplation) ein weniger bekanntes aber sehr hilfreiches Diagnoseinstrument<br />
52 FB 3/09 FB 3/09 53