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Auf der Flucht vor dem Klima - Deutsche Gesellschaft für die ...

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Kapitel 4:Herkunft und Ziele <strong>der</strong> MigrantInnen»Ich bin an ihnen als Fremdling <strong>vor</strong>beigegangen, doch hatniemand bemerkt, dass ich ein solcher bin. So war ichden an<strong>der</strong>en gleich, ohne ihnen ähnlich zu sein, ein Bru<strong>der</strong>von ihnen allen, ohne doch zur Familie zu gehören.«Fernando Pessoa (portugiesischer Dichter und Schriftsteller)■Die Staaten, <strong>die</strong> große Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Folgenbewältigung des<strong>Klima</strong>wandels haben, sind auch <strong>die</strong>jenigen, in denen Binnenmigrationund <strong>Flucht</strong> aufgrund des <strong>Klima</strong>wandels stattfinden. Grenzüberschreitende o<strong>der</strong>interkontinentale Migration wird trotz aller populistischen Warnungen west -licher PolitikerInnen in aller Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nur in relativgeringem Maße <strong>vor</strong>kommen.Die Vorstellung einer »Völkerwan<strong>der</strong>ung aus <strong>dem</strong> armen Süden in den reichenNorden« entspricht nicht <strong>der</strong> Realität <strong>der</strong> letzten Jahrzehnte und ist auch künftignicht zu erwarten. Die Folgen des <strong>Klima</strong>wandels treffen mehrheitlich bereitsmarginalisierte, beson<strong>der</strong>s verletzliche Bevölkerungsgruppen, <strong>die</strong> selten über<strong>die</strong> notwendigen Mittel, sozialen Netzwerke und finanziellen Voraussetzungenverfügen, um ihr Herkunftsland verlassen zu können. Hinzu kommt, dass Schutz -suchende in <strong>der</strong> Regel im nahen Umfeld o<strong>der</strong> zumindest innerhalb ihres Herkunftslandesbleiben wollen. Familiäre Bindungen, individuelle Wünsche und<strong>die</strong> kulturelle Verortung innerhalb einer <strong>Gesellschaft</strong> stehen in Abwägung mitunbekannten Risiken in fremden Zielregionen.Beobachtungen <strong>der</strong> letzten Jahre belegen, dass sich Migration überwiegendvom ländlichen Raum in <strong>die</strong> Städte vollzieht, insbeson<strong>der</strong>e in <strong>die</strong> Slums undElendsviertel. In den Megastädten <strong>der</strong> armen Län<strong>der</strong> sind <strong>die</strong> Möglichkeitensehr begrenzt, <strong>die</strong> Infrastruktur an <strong>die</strong> wachsende Bevölkerung anzupassen und<strong>der</strong>en Versorgung zu sichern. Die neuen BewohnerInnen haben kaum Zugang zusauberem Wasser, Bildung und Gesundheitsfürsorge. Sie sind oft von Zwangsräumungenbedroht und staatlicher Willkür ausgesetzt.Dritte Erzählung: Die ersten BotenBangladesch ist bereits heute einer <strong>der</strong> Frontstaaten des <strong>Klima</strong>wandelgeschehens.Der Meeresspiegel steigt und bedroht den Lebensraum von Millionenarmen Menschen, <strong>die</strong> unmittelbar an <strong>der</strong> Flutkante leben. Das Schicksal desKleinbauern Rahula Amin, <strong>der</strong> durch <strong>die</strong> Folgen des <strong>Klima</strong>wandels beinahesein gesamtes Hab und Gut verloren hat, steht für <strong>die</strong> vielen ungezählten an<strong>der</strong>en,denen Ähnliches droht. Rahula lebt unter ärmlichen Verhältnissen mit seinerneunköpfigen Familie in Dhania, einem kleinen Dorf im Süden Bangladeschs.Als Tagelöhner ver<strong>die</strong>nt er gerade das Nötigste, um seine Familie versorgenzu können. Die Erträge eines kleinen Flecken Landes sichern zusätzlich denEigenbedarf. Früher lebte <strong>die</strong> Familie in einem an<strong>der</strong>en Dorf, besaß ein aus -reichend großes Haus und genug Land, um einen bescheidenen Wohlstand zuerwirtschaften. Doch durch wie<strong>der</strong>kehrende Fluten, <strong>die</strong> den Boden abtrugenund <strong>die</strong> Ernten zerstörten, verlor <strong>die</strong> Familie nach und nach alles. Neue Flutenzwangen sie siebenmal zum Umziehen, <strong>die</strong> Ersparnisse wurden verbraucht.Schlussendlich verließ <strong>die</strong> Familie ihr Heimatdorf, um in das benachbarte, <strong>vor</strong>den Fluten geschützte Dhania zu ziehen. Dies geschah <strong>vor</strong> 30 Jahren. In <strong>dem</strong>damals flutgeschützten Dorf wurde ein kleineres Stück Land und ein kleineresHaus erworben. Aber <strong>vor</strong> zehn Jahren erreichte <strong>die</strong> Flut auch <strong>die</strong>se Siedlung.Wie<strong>der</strong> waren es <strong>die</strong> Fluten und Landabtragungen, <strong>die</strong> den Amins ihren Besitzentrissen. Seit <strong>die</strong>ser Zeit kämpfen Rahula und seine Frau um das blanke Überleben<strong>der</strong> Familie. Auch wenn Rahula immer wie<strong>der</strong> an <strong>die</strong> weitere <strong>Flucht</strong> ineine <strong>der</strong> <strong>dem</strong> Wasser fernen Großstädte im Norden des Landes denkt, ist <strong>die</strong>skeine unmittelbare Lösung. We<strong>der</strong> besitzt <strong>die</strong> Familie genug Rücklagen für einenweiteren Umzug, noch möchte Rahula seine Mutter zurücklassen. Für <strong>die</strong>betagte Frau wäre ein weiterer Umzug mit Sicherheit einer zu viel.2223

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