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Arturo Alape PORTRÄT DES KILLERS ALS JUNGER MANN Thriller ...

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sich verflüchtigen am fernen Horizont. Jeder Augenblick in<br />

einen Spiegel des nächsten verwandelt, Begebenheiten, die<br />

sich an Begebenheiten reihen. Reisen, um die Augen offen<br />

zu halten, so offen, dass selbst die Nacht die Konturen ihrer<br />

Geheimnisse nicht verbergen kann… «Das Reisen dient<br />

dazu», sagte er, «die Erinnerungen einzukäschern, sie dann<br />

abzurufen, um sich das Gefühl, dass man sie erlebt hat, noch<br />

einmal zu vergegenwärtigen. Danach bleiben sie im Gedächtnis<br />

verborgen.»<br />

Wir aßen gemeinsam zu Mittag. Fürsorglich gab er seiner<br />

Tochter das Fläschchen. Ich schlug vor, das nächste Gespräch<br />

in zwei Wochen zu führen, um dann die letzte Version seiner<br />

Geschichte zum Abschluss zu bringen. «Sie melden sich einfach»,<br />

meinte er, « und wir machen was aus.»<br />

Die Straße ist wie ein Lutscher, den man an der Ecke kriegt,<br />

dachte ich mit meinen kaum neun Jahren. Hingehen, sich<br />

ihn abholen und in den Mund stecken - kinderleicht. Und<br />

ich wollte die Straße kennen lernen, wollte weg von meiner<br />

Mutter mit ihren ewigen gutgemeinten Ratschlägen und<br />

Mahnungen. Für Nelson war die Straße längst zum Leben<br />

geworden. Er hatte sie zu dem Ort gemacht, wo er sich seine<br />

Kindheitsträume erfüllen konnte. Brüderchen Schrott, sagte<br />

er, meine Träume liegen auf der Straße wie die Muscheln im<br />

Meer, und ich werd sie mir holen, mit all den Geheimnissen,<br />

die darin verborgen sind. Mein knapp zwölf Jahre alter Bruder<br />

Nelson, den Kopf voller Vogelgezwitscher und zu jeder<br />

Gefahr bereit, um rechtzeitig auf die andere Seite zu kommen,<br />

hatte die Angst vor der Straße längst verloren, hatte sie bissenweise<br />

aufgefressen in den Nächten, wo er ausgesperrt geblieben<br />

war. Er hatte genug Mumm in den Knochen und genug<br />

Saft in den Adern, um in der Gosse zu bestehen. Er kriegte<br />

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