200207 radfeld v58.4
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200207 radfeld v58.4
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Universität Innsbruck - Institut für EntwerfenStudio2<br />
Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege<br />
<strong>radfeld</strong><br />
d o r f r a u m g e s t a l t u n g
adfeld<br />
d o r f r a u m g e s t a l t u n g
impressum<br />
Für den Inhalt verantwortlich Institut für Baugeschichte und Denlmalpflege und Institut für Entwerfen / Studio2<br />
an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck<br />
Projektleitung Horst Hambrusch und Joachim Moroder<br />
Graphik und Layout Ingomar Hafele, Studio2<br />
Herstellung dip--druck, Bruneck<br />
Schrift Futura Book, DIN Mittelschrift<br />
© Oktober 2002, Universität Innsbruck und bei den Projektverfassern<br />
ISBN 3-902334-05-3
Architekturprojekte von Studierenden der Universität Innsbruck<br />
verfasst im Rahmen des Semesterprogramms<br />
im Wintersemester 2001/02<br />
Universität Innsbruck - Institut für EntwerfenStudio2<br />
Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege<br />
<strong>radfeld</strong><br />
d o r f r a u m g e s t a l t u n g
4<br />
Grußwort des Bürgermeisters<br />
Dorfplatzgestaltung Radfeld<br />
Unser Dorf war nach dem Krieg ein kleiner, traditionsbewusster Unterinntaler Ort mit ca. 500<br />
Einwohnern. Die Bevölkerung lebte hauptsächlich von der Landwirtschaft.<br />
Die wenigen Arbeiter die hier wohnten, mussten in die Gewerbe- und Industrieorte Kundl, Brixlegg<br />
und Jenbach auspendeln. Erst in den Sechziger- und verstärkt in den Siebzigerjahren entwickelte<br />
sich Radfeld zu einem Standort für viele Gewerbebetriebe, und gleichzeitig wurde auch der<br />
Tourismus zu einem eigenen Erwerbszweig. Der private Wohnungsbau, das Einfamilienhaus<br />
genauso wie die Wohnanlagen, nahmen ebenfalls stark zu.<br />
So kam es, dass Radfeld zwischen 1951 und 1981 eine wahre Bevölkerungsexplosion erlebte,<br />
und bei der Volkszählung im Jahre 1981 fast 1500 Einwohner lebten. Dieser Trend hat sich fortgesetzt,<br />
und heute wohnen in unserem Dorf über 2100 Bewohner. Dieser Entwicklung angepasst,<br />
war auch die Bautätigkeit der Gemeinde dementsprechend groß.<br />
Anhand folgender Chronologie soll aufgezeigt werden, wann die einzelnen öffentlichen Gebäude<br />
errichtet wurden:<br />
1913 Bau des Schul- und Gemeindehauses (jetziges Gemeindeamt)<br />
1954 Bau des (alten) Feuerwehrhauses mit Gemeindeamt und der Bankstelle<br />
1968 Bau der Volksschule<br />
1992 Die Feuerwehr bekommt ein neues Gebäude bei der Dorfeinfahrt<br />
1993 Der Kindergarten wird gebaut<br />
1998 Die Volksschule und der Sporttrakt werden vergrößert bzw. modernisiert
Schon seit Jahren ist das Thema "Gestaltung des Dorfzentrums" auf den Tagesordnungen der verschiedensten<br />
Gemeinderatssitzungen. Die völlige Neugestaltung des Zentrums, verbunden mit den<br />
Neubauten oder Sanierungen bestehender Gebäude stehen im Mittelpunkt dieser Überlegungen.<br />
Bei den Architekten Dr. Horst Hambrusch und Dr. Joachim Moroder vom Institut für Baugeschichte<br />
und Denkmalpflege und vom Institut für Raumgestaltung und Entwerfen der Universität Innsbruck<br />
wurde eine Studie in Auftrag gegeben, die für die Entscheidungsträger der Gemeinde richtungsweisend<br />
sein sollte. In der Folge konnte erreicht werden, dass sich Studenten in verschiedenen<br />
Gruppen mit diesem Thema befassten und dazu im Sommer Modelle zur Gestaltung des<br />
Dorfzentrums von Radfeld abgaben. Pläne und Fotos dieser Arbeiten und die dazugehörigen<br />
Erklärungen wurden in der vorliegenden Broschüre zusammengefasst.<br />
Welche Gemeindeverwaltung hat bisher den Mut gezeigt, ein so sensibles Thema durch ein<br />
Universitätsinstitut erforschen zu lassen, um sich mit einer Vielfalt an freien Vorschlägen der öffentlichen<br />
Diskussion zu stellen?<br />
Welche andere Gemeinde hat sich die Mühe gemacht, so viele verschieden Facetten eines<br />
"Anliegens der Allgemeinheit", wie jenes einer Dorfzentrumsgestaltung, mit der die nächsten<br />
Generationen leben müssen, bildhaft und inhaltlich zu erkunden?<br />
Und dies in einer Zeit, in der Entscheidungen über Projekte oft allzu schnell und unüberlegt getroffen<br />
werden. Mit diesem Weg hat der Gemeinderat von Radfeld Neuland beschritten und<br />
Beschlüsse gefasst, die für andere Gemeinden nachahmenswert sein könnten.<br />
Ins diesem Sinne darf ich dem Gemeinderat für diese Entscheidungen aufrichtig danken.<br />
Für die Studenten, die diese Entwürfe ausgearbeitet haben, war dies mit Sicherheit eine reizvolle,<br />
aber auch eine aufwendige und schwierige Aufgabe. Es wurden Lösungen für eine zeitgemäße<br />
Anforderung an ein modernes Ortszentrum gefunden. Man muss als Einheimischer staunen, wie<br />
Außenstehende an diese Aufgabe herangegangen sind.<br />
Natürlich können nicht alle Vorschläge verwirklicht werden. Manche Ideen sind einfach nicht realisierbar,<br />
zeugen jedoch von Ideenreichtum und der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten.<br />
Die Jugend braucht gerade im Bereich der Architektur die Möglichkeit Illusionen und Visionen auf<br />
Papier zu bringen.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass von den vielen guten Vorschlägen möglichst viel umgesetzt werden kann.<br />
Das wäre der Dank und die Anerkennung für die mühevolle und intensive Arbeit der verschiedenen<br />
Gruppen. Die einzelnen Projektvorschläge sollen der Radfelder Bevölkerung auch als<br />
Diskussionsgrundlage dienen.<br />
5
6<br />
Radfeld in den 50ern
Auf der Spur des Dorfes - die Suche nach der Zukunft?<br />
Nicht das Dorf von früher soll wieder hergestellt werden! Selbst wenn man es könnte, es würde<br />
nicht mehr funktionieren. Das Dorf, in dem sich alle hier Wohnenden wohlfühlen, soll gestaltet<br />
werden.<br />
Dazu bedarf es der Mithilfe der Bevölkerung.<br />
Wenn nur etliche von euch anhand dieser Broschüre Vorschläge einbringen, kann das<br />
Unternehmen "Dorfplatzgestaltung" erfolgreich abgeschlossen werden.<br />
Gerade die Radfelderinnen und Radfelder, die noch nicht lange hier bei uns wohnen, möchte ich<br />
ersuchen, an diesem großen und wichtigen Projekt für die Zukunft unseres Dorfes mitzuarbeiten.<br />
Ein Vorhaben wie dieses ist auch die Chance für eine geistige Dorferneuerung, eine Möglichkeit,<br />
dass sich die Bevölkerung wieder näher kommt, sich kennenlernt und sich gegenseitig achtet und<br />
respektiert.<br />
So wächst Dorfgemeinschaft!<br />
Dorferneuerung braucht auch Träumer, die sich Gedanken über eine gute Zukunft machen und die<br />
bestrebt sind, Ideen durchzusetzen, auch wenn jemand dagegen ist.<br />
Dazu braucht es Mut zur Zukunft.<br />
Die Feinde jeder Dorferneuerung, egal ob baulicher oder geistiger Natur, sind Skepsis,<br />
Resignation und Überheblichkeit.<br />
Viel Freude beim Studieren dieser Broschüre wünscht euch<br />
Euer Bürgermeister<br />
Erich Laiminger<br />
7
8<br />
Dorfraumgestaltung Radfeld<br />
Zum Bestand<br />
Die Dorfstraße von Radfeld verläuft in leichten Kurven zwischen Inn, bzw. Autobahn und<br />
Bahndamm in der Ebene des Tals. Wo die alte Kirche, das Gemeindeamt und das Feuerwehrhaus<br />
liegen, ist die alte historische Mitte der Marktgemeinde Radfeld zu finden.<br />
Der s-förmige Verlauf der Dorfstraße erinnert an die Uferlinie eines Wasserlaufs. Weithin sichtbar<br />
ist der schlanke Kirchturm, er weist auf das Zentrum des Ortes hin.<br />
Im Bereich des alten Friedhofs und der Kirche liegt das Gemeindeamt, das im Jahre 1913 als<br />
Schulhaus errichtet wurde. Das alte Feuerwehrhaus, das bis1956 das Gemeindeamt beherbergte,<br />
liegt östlich dieser Baugruppe. Der Platz zwischen diesen Gebäuden und die westlich orientierte<br />
Festwiese bilden die Freiflächen und den Lebensraum der Ortsgemeinschaft. Der Vorbereich zum<br />
Friedhof, einschließlich des Zuganges zum Friedhof mit den zwei flankierenden mächtigen Linden,<br />
sowie der davor liegende Dorfbrunnen sind mit Jahr 2001 gefaßt und gepflastert worden. Die<br />
Freiflächen und die Gebäude sollen in Zukunft im Konzept der Dorfstruktur eine bedeutende Rolle<br />
spielen.<br />
Problemstellung<br />
Die Bebauung aus den letzten Jahrzehnten hat zu einer Zersiedelung geführt, die nicht im Sinne<br />
einer ganzheitlichen Ortsstruktur mit menschengerechtem Lebensraum ist.
Um zielführende Konzepte für die räumliche Ortsentwicklung zu erstellen, wurden im<br />
Wintersemester 2001/02 Studierende der Architekturabteilung der Leopold-Franzens-Universität<br />
Innsbruck beauftragt, im Rahmen des Fachs Entwerfen der Studienrichtung Architektur alternative<br />
Modelle zum Dorfgebiet zu erarbeiten.<br />
Die Ergebnisse dieser Ideenfindung sind als Grundlage für eine breite Diskussion unter den<br />
Gemeindebürgern und den für die Planung zuständigen Stellen in einer Präsentation öffentlich<br />
diskutiert worden. Dabei haben sich, ausgehend von einer Untersuchung der allgemeinen<br />
Verkehrslösung für das Ortsgebiet selbst, drei räumliche Schwerpunkte btzw. Pole herauskristallisiert:<br />
- erstens das alte Ortszentrum um Kirche, Gemeindeamt und altes Feuerwehrhaus<br />
- zweitens der Bereich um die Volksschule<br />
- drittens die Zone an der Autobahn im Umfeld der Gewerbeansiedlung (DATACON).<br />
Die Verbindung zwischen diesen Ortsteilen wurde durch unterschiedliche Wege und Freiräume<br />
hergestellt. Ein wichtiger Bereich der Studien umfasste die planliche Darstellung von Baugebieten<br />
für den kommenden Wohnbau. Dabei wurde größter Wert auf einen schonungsvollen Umgang mit<br />
Grund und Boden gelegt. Die Vorschläge reichen von Doppelhaustypen über Hofhäuser bis zu<br />
den individuellen Verdichtungen im Bereich der Freiflächen bei den einzelen Hofstellen. Es wird<br />
im Hinblick auf die zu erwartende Zuwanderung und den Bau von Wohn- und Gewerbebetrieben<br />
eine starke Verkehrsdichte zu erwarten sein. Erst nach genauer Bewertung der endgültigen<br />
Nutzung sowohl des Gemeinde- als auch des alten Feuerwehrhauses können eindeutige Aussagen<br />
über weitere bauliche Maßnahmen getroffen werden. Dafür ein endgültiges Projekt zu erarbeiten<br />
wäre ein geladener Architektenwettbewerb auf der Grundlage der Diskussion der Studentenprojekte<br />
und der befaßten Planungsstellen (Gemeinde, Dorferneuerung, usw. ) geeignet.<br />
Die vorliegende Zusammenfassung soll für die befaßten Stellen und die betroffenen<br />
Gemeindebürger als Grundlage zur Ideenfindung dienen.<br />
Joachim Moroder, Horst Hambrusch<br />
Universität Innsbruck<br />
Zukunftsentwicklung und Studien<br />
9
10<br />
Rahmenbedingungen<br />
1 Nach einer eingehenden Analyse wurde die<br />
Erschließungsproblematik und die Neuformulierung der<br />
Dorfstraße in Zusammenhang mit dem zukünftigen<br />
Ortszentrum ausgearbeitet.<br />
2 Nachdem ein Ort von Bezügen und Wechselbeziehungen<br />
lebt, wurde der räumliche Zusammenschluß von Ortszentrum,<br />
Schulzentrum und Gewerbegebiet (DATACON) gesucht.<br />
3 Jedes der erarbeiteten Entwurfsprojekte wurde 2-stufig aufgebaut:<br />
Zentrumsentwicklung und künftige Wohnbebauung.<br />
4 Die Untersuchung der städtischen Struktur zwischen Bahn,<br />
Autobahn und Inn zeigt, dass der westliche Ortsteil stark nach<br />
der Stadt Rattenberg orientiert ist. Somit wird der mittlere<br />
Bereich (Kirche, Gemeindeamt, altes Feuerwehrhaus) durch<br />
eine verstärkte Verbindung der drei Pole Schule - Dorfzentrum -<br />
Gewerbegebiet die neuformulierte Ortsmitte von Radfeld-Neu.<br />
5 Entlang der oben angeführten Entwicklungsachsen kann<br />
durch eine sinnvolle Verdichtung unter Berücksichtigung der<br />
bestehenden Bebauung die Dorfstruktur planvoll zu einer<br />
neuen Einheit mit optimaler Lebensqualität werden<br />
(Identität, Privatheit, Gemeinschaftsbereich, Grünraum,<br />
Nahversorgung, ...).<br />
6 Aus den Entwürfen leitet sich deutlich ab, dass der verdichtete<br />
Flachbau gegenüber den einzeln verstreuten<br />
Wohnhäusern zu einem besseren und qualitätsvolleren<br />
Wohnumfeld führt.<br />
7 Vier grundsätzliche Lösungsvorschläge für die<br />
Wohnbebauung stehen zur Diskussion: Hofhaus, Reihenhaus,<br />
Doppelhaus, Verdichtung im Nahbereich der Hofstellen.<br />
projektübersicht<br />
G<br />
Manfred Heiss<br />
zur geschichtlichen Entwicklung
01 02 03 04 05 06 07 ><br />
Ivan Bocchio<br />
Tanja Canz<br />
Max Wolsfeld<br />
Brit Fiedrich<br />
Matthias Schelosky<br />
Manfred Heiss<br />
Olaf Hüttenberger<br />
Bernhard Sunitsch<br />
Günther Schwarz<br />
Ivo Clara<br />
Thomas Willeit<br />
11
12<br />
I. Zur Besiedelung von Radfeld<br />
In schriftlichen Aufzeichnungen begegnet uns der Name Radfeld erstmals<br />
in einer Urkunde aus dem Jahre 790, einem Güterverzeichnis des<br />
Bischofs Arno von Salzburg, in der mit dem Vermerk "ad Ratfeld ecclesia<br />
cum territorio" die Schenkung einer Kirche samt Grundbesitz genannt<br />
wird.<br />
Überlieferungen zufolge lässt sich der Name des Ortes jedoch in frühere<br />
Zeit zurückverfolgen, wo ein reich begüterter Besitzer namens Rato, eine<br />
Kurzform von Ratbold oder Rapoto, als Stifter der Kirche erwähnt wird.<br />
Er soll ein Angehöriger des bayrischen Adelsgeschlechts der Aribonen<br />
gewesen sein. Nicht eindeutig sind die Erkenntnisse der Besiedelung vor<br />
dieser Zeit. Einzig der Name "Ratfeld" im Sinne der Schreibweise und<br />
das Wissen einer bayuwarischen Besiedelung des Inntals zu Beginn des<br />
6.Jhdts. lassen darüber vermuten.<br />
Konnte in mehreren Orten Nordtirols aus dem Flurbild heraus der Bestand<br />
römischer Siedlungen nachgewiesen werden, wobei dies meist durch<br />
geschichtliche Grabungsfunde bestätigt wurde, so zeigt sich das Flurbild<br />
Radfelds schon auf den ersten Blick als gänzlich verschieden.<br />
Sowohl die charakteristischen Merkmale der quadratischen Flurteilung fehlen<br />
ebenso wie das typische Maß von 6 actus (=220m) in der Längenund<br />
Breitenerstreckung der Felder, wie z.B. in Wörgl, Erl oder Wilten.<br />
Siedlungsprägende Merkmale, wie die Anordnung der Höfe, deren<br />
Größe, die Verteilung der Besitzflächen in den einzelnen Fluranteilen und<br />
ihre Formgebung lassen sich nur in Verbindung mit der einstigen<br />
Flurkarte, die alle diese Eigenschaften in anschaulichster Weise aufzeigt,<br />
und in Verbindung mit den schriftlichen Zeugnissen der Vergangenheit,<br />
erklären.<br />
Auf diesen Seiten - zwischen den Projekten -<br />
folgt ein von Manfred Heiss verfasster kurzer<br />
geschichtlicher Abriss über die räumliche<br />
Entwicklung von Radfeld
Ivan Bocchio<br />
projekt 01
Maßnahmen<br />
• verkehrsfreier Dorfplatz<br />
• Parkplätze unmittelbar in der Nähe<br />
• neues Gebäude fürs Gemeindezentrum<br />
• Errichtung eines Seminarhotels<br />
• Fuß- und Radwege zwischen den Sub-<br />
Zentren<br />
14<br />
verkehr<br />
Der wirtschaftliche Charakter von Radfeld wird zur Zeit im Wesentlichen von zwei Merkmalen<br />
geprägt: Landwirtschaft und Informationstechnolgie. Erstere ist durch im Dorfverband angesiedelte<br />
Bauernhöfe mit dem Schwerpunkt Vieh- und Milchwirtschaft präsent, letztere durch das<br />
Softwareunternehmen DATACON mit 400 Beschäftigten, ein Großteil davon Einpendler.<br />
Ziel des Projektes ist es nun, die vorhanden Qualitäten zu einem neuen Ganzen zu verbinden.<br />
Unmittelbar umgesetzt wird dieser Gedanke durch eine Verkehrsberuhigung des Dorfplatzes bei<br />
der Kirche und Verbindung der derzeit drei Zentren Kirche/Gemeindeamt, Schule/Sportplatz und<br />
Gewerbegebiet durch neu zu errichtende Fuß- und Radwege mit Anbindung an den existierenden<br />
Inntal-Radweg.<br />
Dem Umstand Rechnung tragend, dass Radfeld im Bereich der Informationstechnolgie einen<br />
Vorzeigebetrieb aufzuweisen hat (dem auch weitere folgen sollen) und dem daraus entstehenden<br />
vermehrten Bedarf nach Meinungs- und Wissensaustausch wird vorgeschlagen, mittelfristig auf<br />
dem Areal nördlich des derzeitigen Dorfzentrums ein Kongress- und Seminarhotel zu errichten.<br />
Für weitere Wohnbauten und zur Verdichtung des Ortskerns wird das Areal zwischen<br />
Gewerbegebiet, Autobahn und Schule vorgeschlagen.
RATTENBERG<br />
Haupterschließung<br />
Fuß- und Radweg, Dorfplatz<br />
Wohnbebauung, neu<br />
Hotel- und Kongresszentrum, neu<br />
Parken<br />
Grünfläche, neu<br />
A12<br />
ÖBB<br />
INN<br />
RADFELD<br />
200 m NORDEN<br />
15
Das Projekt sieht die Errichtung<br />
eines neuen<br />
Mehrzweckgebäudes an der<br />
Stelle des derzeitigen<br />
Gemeindehauses vor, in dem<br />
neben der Gemeindeverwaltung<br />
infrastrukturelle Einrichtungen<br />
wie Bank, Geschäfte und<br />
Gastronomie Platz finden. Im<br />
besonderen wird geraten die<br />
örtliche Landwirtschaft durch<br />
die Einrichtung eines<br />
Bauernladens hier einzubinden.<br />
16<br />
gemeindezentrum<br />
Das neue Gemeindezentrum am Kirchplatz besteht aus einem langgestreckten, geschwungenen,<br />
eingeschossigen Baukörper dessen zarte Konstruktion aus Holz und Glas, durchlässig und einladend,<br />
das nördliche Platzende bildet. Der zur Kirche hin orientierte erdgeschossige<br />
Arkadengang und das weit ausladende Vordach machen hier eine Nutzung für Gastronomie<br />
und Marktaktivitäten möglich, bilden das Rückgrat eines belebten Platzes.<br />
Auf diesen geschwungenen Körper ist ein hölzener, leicht konisch zugeschnittener Kubus aufgesetzt,<br />
in dem die Gemeindeverwaltung untergebracht ist. Sitzungszimmer und Bürgermeisterbüro<br />
orientieren sich zum Platz hin.<br />
1<br />
3<br />
2<br />
UNTERGESCHOSS<br />
neues Gemeindeamt<br />
1 Archiv<br />
2 Lager<br />
3 Technik
1 Eingang<br />
2 Aufzug<br />
3 Information<br />
4 Fremdenverkehrsverband<br />
5 Parkplatz<br />
6 Bank<br />
7 Apotheke<br />
8 Gastronomie<br />
9 Cafe<br />
10 Bauernladen<br />
11 Spielplatz<br />
4<br />
10 m<br />
2<br />
1<br />
3<br />
5<br />
6<br />
ANSICHT<br />
Gemeindeamt Arkadengang mit Geschäften und Gastronomie<br />
11<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
10<br />
10<br />
NORDEN
Eine transparente<br />
Erdgeschosszone gibt<br />
dem Platz gleichzeitig<br />
Begrenzung und Weite.
1 Foyer<br />
2 Aufzug<br />
3 Wartebereich<br />
4 Lager<br />
5 Sekretariat<br />
6 Sekretariat<br />
7 Vizebürgermeister<br />
8 Bürgermeister<br />
9 Sitzungszimmer<br />
10 Buchhaltung<br />
11 Archiv<br />
12 Meldeamt<br />
13 Amtsleiter<br />
5<br />
6<br />
7<br />
4<br />
1<br />
8 9 10<br />
10 m<br />
3<br />
2<br />
13<br />
12<br />
11<br />
SCHNITT<br />
durch das Gemeindeamt<br />
19
20<br />
II. Das Flurbild von Radfeld<br />
Das heutige Flurbild Radfelds, welches im Laufe der Zeit durch verschiedenste<br />
Umstände einem starken Wandel unterzogen war, findet seinen<br />
Ausgangspunkt im 15.Jahrhundert.<br />
Als ältestes Dokument zur vollständigen Erfassung und Beschreibung der<br />
Besitzgüter ist das "Rattenberger Salbuch" zu nennen. Diese Urkunde des<br />
herzoglich bayrischen Amtes in Rattenberg aus dem Jahre 1416, erwähnt<br />
in Radfeld drei Grundherrschaften, die zusammen über 44 Güter verwalteten:<br />
Die bayrischen Klöster Seeon und Ebersberg und das herzogliche<br />
Urbaramt selbst.<br />
All diese Güter verstanden sich als Teilgüter größerer Huben, die durch<br />
umfangreiche Teilungsprozesse entstanden sind und durch Lehen an die<br />
Bauern zur Bewirtschaftung weiterverpachtet wurden.<br />
Abb. I. Besitzverteilung der<br />
Radfelder Grundherrschaften<br />
im Jahre1416;<br />
(Quelle: Tiroler Heimat, Band<br />
XV,1951- Dr. Hans<br />
Bachmann)
Tanja Canz, Max Wolsfeld<br />
projekt 02
Maßnahmen<br />
• autofreier Dorfplatz<br />
• Anlegen eines Umfahrungsrings für die<br />
Haupt- und eines inneren Ringes für<br />
die Nebenerschließung<br />
• Wohnbebauung: Doppelhäuser entlang<br />
eines neuen Weges zwischen Schule und<br />
Kirche<br />
• Einkaufsmarkt an Stelle des bestehenden<br />
Gemeindehauses<br />
• Nutzung der beiden am Westrand des<br />
Dorfplatzes gelegenen landwirtschaftlichen<br />
Gebäude als Gemeindeamt mit Festsaal<br />
sowie als Vereinsheim<br />
22<br />
verkehr<br />
Generelles Thema dieses Projektes ist die Metamorphose, oder wie vorhandene Potentiale durch<br />
kleinteilige Maßnahmen und Verwandlungen besser genutzt werden können.<br />
Unter der Verwendung des vorhandenen Wegesystems kann die Haupterschließung auf einen<br />
äußeren Umfahrungsring zusammengefasst werden. Die Nebenerschließung erfolgt über einen<br />
sog. inneren Ring, das Ortszentrum selbst wird verkehrsfrei, Parkplätze werden an der Ost- und<br />
an der Westseite des Dorfplatzes vorgesehen.<br />
Die Auslagerung des Durchzugsverkehrs aus dem Dorfzentrum und das Anlegen eines<br />
Verbindungswegs von der Kirche zur Schule lässt im eigentlichen Dorfzentrum einen parkähnlichen<br />
Wegraum entstehen.<br />
An der Nordseite des Platzes wird an Stelle des Gemeindeamtes ein eingeschossiger, geschwungener<br />
Baukörper errichtet, in dem ein Lebensmittelmarkt und ein Cafe untergebracht sind.<br />
Die beiden an der Westseite des Platzes gelegenen Bauernhöfe werden zu Gebäuden mit öffentlicher<br />
Nutzung umgestaltet. Im größeren der beiden findet Gemeindeamt, Bibliothek und Festsaal<br />
– in der Scheune – Platz, im anderen wird das Vereinsheim eingerichtet.<br />
Entlang des neuen Verbindungsweges zur Schule wird vorgeschlagen, das Dorfgefüge durch<br />
Doppel-Wohnhäuser zu verdichten. Diese nehmen in ihren Ausmaßen den Maßstab der ländlichen<br />
Großbauten auf.
RATTENBERG<br />
Haupterschließung<br />
Nebenerschließung<br />
Fuß- und Radwege<br />
Neue Verbindung<br />
Parken<br />
A12<br />
NORDEN<br />
ÖBB<br />
INN<br />
RADFELD<br />
HAUPTERSCHLIEßUNG<br />
INNERER RING<br />
WOHNSTRAßEN<br />
WEG<br />
PARKEN<br />
0 50 100 200 m<br />
200 m<br />
NORDEN<br />
23
1 Einkaufsmarkt<br />
2 Anlieferung<br />
3 Bäckerei und Cafe<br />
4 Bank<br />
5 Lager<br />
6 Büro<br />
7 Tresor<br />
8 Archiv<br />
24<br />
einkaufsmarkt<br />
NORDEN<br />
A A<br />
5<br />
1<br />
+5,50<br />
+3,80<br />
–0,00<br />
10 m<br />
B<br />
+7,00<br />
–0,00<br />
-3,00<br />
B<br />
2<br />
-3,00<br />
–0,00<br />
6<br />
3<br />
C<br />
+5,50<br />
+3,80<br />
–0,00<br />
-3,00<br />
7<br />
4<br />
8<br />
C<br />
+7,00<br />
ERDGESCHOSS<br />
UNTERGESCHOSS
7<br />
1 Dorfplatz<br />
2 neuer Einkaufsmarkt<br />
3 Gemeindeamt, adaptiert<br />
4 Vereinsheim, adaptiert<br />
5 neuer Rad- und Fußweg<br />
6 Wohnbebauung<br />
7 bestehende Schule<br />
8 Parken<br />
6<br />
5<br />
6<br />
8<br />
3<br />
4<br />
1<br />
2<br />
8<br />
50 m<br />
NORDEN<br />
25
1 Foyer<br />
2 Garderobe<br />
3 Bauamt<br />
4 Büro<br />
5 Gemeindeamt<br />
6 Bürgermeister<br />
7 Festsaal<br />
8 Terrasse<br />
9 Luftraum<br />
10 Sitzungszimmer<br />
11 Teeküche<br />
12 Archiv<br />
26<br />
10 m<br />
B<br />
gemeindehaus<br />
+2,85<br />
+5,70<br />
SCHNITT A-A 1:200<br />
A A<br />
–0,00<br />
+8,55<br />
B<br />
–0,00<br />
ERDGESCHOSS OBERGESCHOSS DACHGESCHOSS<br />
2<br />
4<br />
1<br />
3<br />
B<br />
8<br />
7<br />
+2,85<br />
A A<br />
5 6<br />
B<br />
B<br />
11<br />
A A<br />
+5,70<br />
4<br />
9<br />
12<br />
10<br />
B<br />
NORDEN
ERDGESCHOSS OBERGESCHOSS DACHGESCHOSS<br />
A<br />
vereinsheim<br />
B<br />
3 3<br />
1<br />
–0,00<br />
2<br />
A<br />
B<br />
10 m<br />
B<br />
+2,75<br />
A A<br />
3<br />
B<br />
B<br />
4<br />
+5,50<br />
A A<br />
1 Eingang<br />
2 Proberaum<br />
3 Vereinsraum<br />
4 Lager<br />
NORDEN<br />
B<br />
27
28<br />
10 m<br />
min 20,00<br />
wohnbebauung<br />
NORDEN NORDEN<br />
3<br />
1<br />
min 15,00<br />
STRASSE<br />
EG OG<br />
Typ A<br />
NORDEN<br />
2<br />
4<br />
6 6 7<br />
5 5 5<br />
7,00 9,00 4,00<br />
NORDEN<br />
50 m
OG<br />
EG<br />
STRASSE<br />
Typ B<br />
7<br />
5<br />
1<br />
6<br />
1 Wohnen<br />
2 Essen<br />
3 Küche<br />
4 Büro / Wirtschaftsraum<br />
5 Schlafen<br />
6 Abstellraum<br />
7 Bad / WC<br />
5<br />
6<br />
2<br />
5<br />
3<br />
4<br />
NORDEN<br />
NORDEN<br />
OG<br />
EG<br />
STRASSE<br />
Typ C<br />
3<br />
5 5 5<br />
2<br />
6<br />
6<br />
1<br />
7<br />
NORDEN<br />
10 m<br />
29
Das durchaus charakteristische Flurbild der langen, verhältnismäßig<br />
schmalen Parzellen südlich der Dorfstraße deutet darauf hin, dass die<br />
Besiedlungsstruktur dem Konzept eines Straßendorfes entspricht – Gehöft<br />
mit dazugehörigem Obstanger und Ackerstreifen.<br />
Dies erklärt sich auch durch die Tatsache, dass die gesamte Flur nördlich<br />
der Dorfstraße Sumpfgebiet war und als solches unfruchtbar.<br />
Man spricht auch davon, dass der Verlauf der heutigen Dorfstraße dem<br />
ehemaligen Uferbereich des Innflusses entsprach.<br />
Die ständige Hochwasserbedrohung in den Sommermonaten und die<br />
Überschwemmungskatastrophen, die das Dorf in regelmäßigen Abständen<br />
heimsuchte, veranlasste die Gemeinde zu einer nachhaltigen<br />
Hochwasserregulierung. Im Zuge des Trockenlegungsverfahrens und dem<br />
Bau der Autobahntrasse 1968 wurde eine Grundzusammenlegung der<br />
Inn-nahen Parzellen beschlossen und letztlich durchgeführt.<br />
Gleichzeitig wurde von der Gemeinde eine gesamtörtliche<br />
Flächenwidmung in Auftrag gegeben; Bau- Wohn- und Industriegebiet<br />
wurden ausgewiesen und eine Grenzvermessung durchgeführt.<br />
30<br />
Diese Luftaufnahme aus dem Jahre 1965 zeigt noch deutlich das typische<br />
Flurbild vor der Trockenlegung des Sumpfgebietes zwischen Dorfstraße<br />
und Innufer. Quelle: Fotoarchiv Horst Duftner - Ortschronist
Brit Fiedrich, Matthias Schelosky<br />
projekt 03
32<br />
Maßnahmen:<br />
• verkehrsberuhigter Dorfplatz<br />
• Erweiterungsbau zum bestehenden Gemeindehaus<br />
• Abbruch der Feuerwehr, stattdessen Ärztehaus im<br />
Zentrum<br />
• Wohnbau: drei Erweiterungsstufen, beginnend mit einer<br />
Gartensiedlung entlang der Verbindung Kirche - Schule<br />
Haustypus: Hofhaus<br />
• Akzentuierung der Stadtkante des mittelalterlichen<br />
Rattenberg mittels Grünbereich<br />
verkehr<br />
Eines der zentralen raumplanerischen Anliegen im Großraum<br />
Radfeld / Rattenberg ist die Eindämmung der<br />
Zersiedelungstendenzen. Dies erfordert einerseits eine<br />
Herausarbeitung der bestehenden Zentren und andererseits die<br />
Nachverdichtung des vorhandenen Siedlungsraumes.<br />
Es wird vorgeschlagen die Stadtkante des mittelalterlichen<br />
Rattenberg klarer zu akzentuieren. Entlang der Stadtmauer und<br />
des alten Stadtgrabens im Osten soll ein durchgehender<br />
Grüngürtel geschaffen werden und das Neubaugebiet optisch<br />
vom Stadtkern ablösen.<br />
Durch Nutzung des vorhandenen Straßen- und Wegenetzes soll<br />
um Radfeld herum ein Ringsystem geschaffen werden, das das<br />
Dorfzentrum vom Verkehr entlastet. Der Dorfplatz bleibt für die<br />
Durchfahrt jedoch offen, Parkmöglichkeiten werden am Westrand<br />
des Platzes geschaffen.<br />
Die Verdichtung des Dorf-Raumes Radfeld soll in drei Abschnitten<br />
erfolgen: zuerst im Bereich zwischen Schule und Kirche, hier<br />
wird exemplarisch vorgeschlagen, eine verdichtete Flachbau-<br />
Siedlung zu errichten: zweigeschossige L-förmige Haustypen,<br />
welche einen Hof einschließen.<br />
In einem zweiten Abschnitt sollen die Freiflächen entlang der<br />
Verbindung Dorfzentrum – Gewerbegebiet an der Autobahn, im<br />
einem dritten Schritt das Areal im Süden zwischen Zentrum und<br />
ÖBB nachverdichtet und so der Siedlungsring um das bestehende<br />
Ortszentrum geschlossen werden.
RATTENBERG<br />
A12<br />
Haupterschließung<br />
Erweiterungszone 1<br />
Erweiterungszone 2<br />
Erweiterungszone 3<br />
Parken<br />
Neuer Grünbereich<br />
Zentren und Verbindungen 1 Dorfzentrum<br />
2 Schule<br />
3 Gewerbegebiet<br />
ÖBB<br />
INN<br />
2<br />
3<br />
1<br />
RADFELD<br />
200 m<br />
NORDEN<br />
33
Am jetzigen Dorfplatz soll hinter<br />
dem Gemeindehaus ein länglicher<br />
zweigeschossiger<br />
Baukörper für den neuen Festsaal<br />
sowie anstelle des jetzigen<br />
Feuerwehrgebäudes ein dreigeschossiges<br />
Objekt für eine<br />
Nutzung als Ärztehaus errichtet<br />
werden. Beide Gebäude sind als<br />
Niedrigenergie-Häuser konzipiert<br />
und in Holzkonstruktion ausgeführt.<br />
34<br />
Zubau Festsaal<br />
gemeindezentrum<br />
Dorfplatz<br />
Ärztehaus<br />
vorher nachher
Schirmüberdachung am Platz Blick entlang des neuen Gemeindehauses<br />
2<br />
5<br />
4<br />
1 Tourismusinfo / Verkehrsamt<br />
2 Büro<br />
3 Jugendraum<br />
4 Bibliothek<br />
5 WC<br />
1<br />
3<br />
6 Bauernladen<br />
7 Lager<br />
8 Cafe<br />
9 überdachter Freiraum<br />
10 Durchgang<br />
11 Foyer<br />
ERDGESCHOSS<br />
Gemeindehaus<br />
9<br />
11 11<br />
10 m<br />
10<br />
8<br />
12 Bürgermeister<br />
13 Gemeindesekretär<br />
14 Sekretariat / Bürgerservice<br />
15 Sitzungszimmer<br />
16 Festsaal<br />
17 Garderobe<br />
2<br />
6<br />
7<br />
13<br />
14<br />
12<br />
15<br />
17<br />
7<br />
OBERGESCHOSS<br />
Gemeindehaus<br />
16<br />
NORDEN NORDEN<br />
35
A Bank / Poststelle<br />
B Zugang Ärztehaus<br />
1 Behandlungsräume<br />
2 Labor<br />
3 Zahntechnik<br />
4 Therapie<br />
5 Röntgen<br />
6 WC<br />
7 Foyer / Warten / Empfang<br />
8 Lager<br />
36<br />
ärztehaus<br />
Das alte Gemeindehaus erhält im Erdgeschoss neue Funktionen: Verkehrsamt, Tourismusbüro,<br />
Infocorner, Bibliothek und Jugendtreffraum. Im Obergeschoss werden die Gemeindefunktionen in<br />
offeneren Räumen angeboten. Im neuen Gemeindehaus entstehen im Erdgeschoss ein<br />
Bauernladen und ein kleines Cafe. Beide verfügen über bewegliche Wandelemente, um eine<br />
räumliche Verbindung mit dem Dorfplatz zu ermöglichen. Das ebenerdige großzügige Foyer bildet<br />
eine Verbindung zwischen Bibliothek, Cafe und Freiraum und kann für Ausstellungen u.ä.<br />
genutzt werden. Im Obergeschoss befindet sich ein Festsaal mit glasüberdachtem geräumigen<br />
Foyer, das als optische Trennung zwischen Alt und Neu dient.<br />
Im Ärztehaus befinden sich im Erdgeschoss eine Post- und Bankstelle, im 1. Obergeschoss die<br />
Praxis für den Sprengelarzt, im 2. Obergeschoss die für den Zahnarzt mit frei einteilbaren<br />
Grundrissen je nach Anforderung. Neues Gemeinde- und Ärztehaus bilden einen Winkel, der das<br />
alte Gemeindehaus einschließt, außerdem schaffen sie durch eine Engstelle ein Tor zum Dorfplatz<br />
mit Sichtachse zum Kirchturm. Die Pultdächer öffnen sich zum Dorfzentrum hin.<br />
B<br />
A<br />
ERDGESCHOSS OBERGESCHOSS 1<br />
6<br />
5<br />
8<br />
7<br />
4<br />
2<br />
1<br />
20 m
Zusammen verdichten diese Gebäude das Dorfzentrum und akzentuieren den Dorfplatz gegenüber<br />
der umliegenden Bebauung. Der bisher als Dorfplatz wahrgenommene Bereich - auf den Platz<br />
vor der Kirche beschränkt - wird so zu einem großzügigen Platzraum mit vielfältiger Nutzung<br />
umgestaltet.<br />
Der von Gemeindehaus und nördlichem Zubau umschlossene Teil des Dorfplatzes erhält eine flexible<br />
Überdachung aus mehreren einzeln stehenden Schirmen. Dies ermöglicht eine wetterunabhängige<br />
Nutzung als Markt- und Veranstaltungsplatz. Ein kleines Cafe soll diesen Platz zusätzlich<br />
beleben.<br />
Der Dorfplatz wird im Westen und Süden durch einen Grünstreifen begrenzt und soll vom<br />
Durchzugsverkehr einigermaßen befreit werden. Die Pflasterung des Platzes wird in großformatigen<br />
Granitplatten vorgeschlagen, die Zufahrtswege erhalten kleinteiliges Kopfsteinpflaster. Der<br />
Brunnen am neu gestalteten Dorfplatz liegt im Schnittpunkt der sich hier treffenden Wege, eine<br />
Wasserrinne führt entlang des neu angelegten Wegs zur Schule.<br />
6<br />
5<br />
3<br />
8<br />
7<br />
OBERGESCHOSS 2<br />
1<br />
2<br />
1<br />
NORDEN NORDEN<br />
37
38<br />
1 Eingang<br />
2 Wohnen<br />
3 Kochen / Essen<br />
4 Auto<br />
5 Bad / WC<br />
6 Zimmer<br />
L-Haus mit Garage<br />
L-Haus ohne Garage<br />
Gemeinschaftsgarage<br />
Private Gärten<br />
Öffentliche Grünflächen<br />
Wasserrinne, Teiche<br />
Parken<br />
Neues Gemeindehaus<br />
ÜBERSICHTSPLAN<br />
Gartensiedlung<br />
gartensiedlung<br />
ERDGESCHOSS<br />
NORDEN<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
6 6<br />
OBERGESCHOSS<br />
5<br />
6<br />
Dorfplatz<br />
NORDEN<br />
10 m<br />
50 m
INNEN<br />
Die Reihenhäuser bilden eine erste Verdichtung und Gestaltung<br />
des Weges zwischen Dorfplatz und Schule.<br />
Die verdichteten Flachbauten bestehen aus zweigeschossigen<br />
Holzhäusern im L-Typ nach skandinavischem Muster, die sämtlich<br />
nach Süd-West orientiert sind. Zur Auswahl stehen zwei<br />
Arten: mit Garage (ca. 125 m2) oder ohne (ca. 140 m2 - ein<br />
Raum mehr). Für diese stehen Gemeinschaftsgaragen zur<br />
Verfügung, damit das Wohngebiet möglichst verkehrsfrei<br />
bleibt. Weitere Lebensqualität bieten Grün- und Freiräume,<br />
Spielplatz und Teiche mit Wasserrinne bis zum Dorfplatz.<br />
39
40<br />
III. Radfeld und seine räumlichen Strukturen<br />
Dieser Abschnitt der Analyse befasst sich mit den räumlichen Strukturen<br />
des Orts-, Straßen- und Siedlungsbildes von Radfeld.<br />
Aufgrund der Vielfalt und Komplexität dieser Strukturen ist es notwendig,<br />
die im Laufe der Zeit aufgetretenen Veränderungen des Orts-, Straßenund<br />
Siedlungsbildes an ihren Ursprung im ganzheitlichen<br />
Funktionskreislauf zurückzuführen.<br />
Die im folgenden Abschnitt behandelten Punkte sollen einerseits einen<br />
Vergleich mit den historischen Begebenheiten des seinerzeitigen<br />
Dorflebens herstellen, und anderseits den gegenwärtigen Zustand kritisch<br />
behandeln.<br />
aktive landwirtschaftliche Betriebe<br />
kulturhistorisch wertvolle Gebäude
Manfred Heiss<br />
projekt 04
Maßnahmen<br />
• Durchfahrt am Dorfplatz bleibt<br />
• Erweiterungsbau nördlich des<br />
bestehenden Gemeindehaus mit<br />
Gemeindeverwaltung, Mehrzwecksaal<br />
und Cafe<br />
• bestehendes Gemeindehaus wird Bank<br />
und Bücherei<br />
• bestehendes Feuerwehrhaus wird<br />
Geschäft und Arztpraxis<br />
• Festplatz zwischen Bestand und<br />
Neubau<br />
42<br />
gemeindezentrum<br />
NORDEN<br />
20 m
Das neue Gebäude des neuen Gemeindeamtes, das<br />
an dem bestehenden anschließt, rahmt im Norden<br />
den Festplatz ein und antwortet städtebaulich auf<br />
den dominanten Baukörper der Kirche.<br />
Die Durchfahrt entlang der Dorfstraße bleibt erhalten,<br />
Parkplätze sind östlich des ehemaligen<br />
Feuerwehrhauses vorgesehen.
1 Eingang<br />
2 Foyer<br />
3 Seminarraum<br />
4 Mehrzwecksaal<br />
5 Bühne<br />
6 Technik<br />
7 Bankstelle<br />
8 Büro<br />
9 Lager<br />
10 WC<br />
11 Verkaufsfläche<br />
12 Büro<br />
13 Lager<br />
44<br />
gemeindezentrum<br />
5<br />
ERDGESCHOSS<br />
4<br />
2<br />
10 m<br />
6<br />
1<br />
3<br />
2<br />
7<br />
9<br />
10<br />
8<br />
best. Gemeindehaus<br />
NORDEN
11<br />
13<br />
12<br />
best. Feuerwehrhaus<br />
SCHNITT<br />
neues Gemeindezentrum<br />
Foyer des<br />
neuen Gemeindezentrums<br />
Bestand<br />
45
1 Foyer<br />
2 Sitzungszimmer<br />
3 Sekretariat<br />
4 Bürgermeister<br />
5 Archiv<br />
6 Büro<br />
7 Kopierraum<br />
8 Teeküche<br />
9 Eingang<br />
10 Warteraum<br />
11 Bücherei<br />
12 Beratungsraum<br />
13 Cafe<br />
14 Ordination<br />
46<br />
OBERGESCHOSS<br />
6<br />
4<br />
7 8<br />
5<br />
3<br />
10 m<br />
6<br />
1<br />
2<br />
9<br />
11<br />
10<br />
11<br />
12<br />
best. Gemeindehaus<br />
13<br />
NORDEN<br />
UNTERGESCHOSS<br />
neus Gemeindezentrum
14<br />
14<br />
best. Feuerwehrhaus
1 Eingang<br />
2 Küche / Essen<br />
3 Wohnen<br />
4 Zimmer<br />
5 Bad / WC<br />
6 Studio<br />
7 Terrasse<br />
8 Garten<br />
48<br />
4 Wohnungstypen<br />
A 5-Zimmerwohnung mit Garten<br />
EG/OG/DG<br />
121 m2 Wohnfläche<br />
280 m2 Grundstück<br />
B 4-Zimmerwohnung mit Garten<br />
EG/OG/DG<br />
121 m2 Wohnfläche<br />
210 m2 Grundstück<br />
C 3-Zimmerwohnung<br />
OG/DG<br />
68,5 m2 Wohnfläche<br />
D 2-Zimmerwohnung mit Garten<br />
EG<br />
44,5 m2 Wohnfläche<br />
220 m2 Grundstück<br />
wohnbebauung<br />
4<br />
3<br />
6<br />
7<br />
A<br />
A<br />
1<br />
4<br />
4<br />
2<br />
8 7<br />
5<br />
6<br />
7<br />
B<br />
4 4<br />
3<br />
5<br />
D<br />
B D C<br />
1 1 1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
3<br />
C<br />
2<br />
3<br />
4<br />
4<br />
4<br />
7 7<br />
8 8<br />
7<br />
5<br />
SCHNITT<br />
DACHGESCHOSS<br />
OBERGESCHOSS<br />
ERDGESCHOSS<br />
10 m
Die neuen Wohnhäuser bestehen aus zwei oder<br />
drei Hauszellen, um ein Volumen unter<br />
Rücksicht auf die Dorfstruktur zu entwickeln.<br />
Eine neu angelegte Parkanlage verbindet<br />
das alte Dorfzentrum (Kirche) mit der<br />
Schule und der Wohnanlage.<br />
50 m<br />
SCHULE<br />
PARK<br />
DORFPLATZ<br />
NORDEN
Von besonderer Bedeutung für den Ort sind die<br />
zwei aus dem 17.Jhd. stammenden Erbhöfe, "Gasteiger" und "Lantinger".<br />
Auffällig ist die nahe Anordnung der Höfe zueinander bzw. zur<br />
Dorfkirche am Lindenbühel, was auf einen besonders günstigen topographischen<br />
Standpunkt hinweist. Die häufigen Innhochwasser der vergangenen<br />
Jahrhunderte und deren zerstörerische Gewalt mögen Grund dafür<br />
sein, dass in Radfeld nur noch zwei Erbhöfe existieren.<br />
Mit dem Tiroler Erbhofgesetz von 1931 wurde ihnen öffentliche<br />
Anerkennung und gesetzliche Absicherung zugebilligt.<br />
50<br />
III.a. Landwirtschaftliche Betriebe im Wandel der Zeit<br />
Die hohe Bodenqualität und die besondere geographische Lage dürften<br />
mitunter der Grund für eine sehr frühe Besiedelung in dieser Gegend<br />
gewesen sein.<br />
Trotz der erst späten urkundlichen Erwähnung von der Erzeugung milchwirtschaftlicher<br />
Produkte im 13.Jhd. weiß man von einer Rinderhaltung im<br />
Unterinntal schon vor der Bronzezeit zu berichten. So galten auch in<br />
Radfeld die Milchwirtschaft und Viehzucht als Haupterwerbsquellen der<br />
Bauern. Nur sehr gering hingegen war der Anteil der Forstwirtschaft.<br />
Im Jahre 1986 verzeichnete Radfeld einen Stand von 17 Vollerwerbssowie<br />
27 Nebenerwerbsbetrieben - nicht mehr und nicht weniger als die<br />
im Jahre 1416 erwähnten 44 verzeichneten Anwesen. Noch heute,<br />
2002, sind in der Gemeinde 30 Betriebe mit landwirtschaftlicher Aktivität<br />
registriert. Jedoch sind im letzten Jahrhundert einige Hofanlagen durch<br />
den Abbruch und Wiederaufbau endgültig aus dem historischen<br />
Dorfgebilde verschwunden – mit ihnen auch ein Dokument ländlicher<br />
Kulturgeschichte.
Olaf Hüttenberger, Bernhard Sunitsch<br />
projekt 05
Maßnahmen<br />
• Durchfahrt am Dorfplatz bleibt<br />
• Abbruch von Gemeindehaus und<br />
Feuerwehr<br />
• Errichtung von zwei über Eck gestellten<br />
Baukörpern für Mehrzwecksaal,<br />
Gemeindeamt, Gasthaus, Ärztehaus<br />
• großzügiger zentraler Dorfplatz<br />
• Wohnbebauung zwischen Zentrum und<br />
Schule in Form von Reihenhaüsern über<br />
einer gemeinsamen Tiefgarage<br />
52<br />
übersicht<br />
Nach Abbruch von Gemeindehaus und Feuerwehrgebäude werden an der Nord- und Ostseite<br />
des Platzes zwei horizontal gegliederte dreigeschossige Gebäude errichtet, die zusammen mit der<br />
Kirche einen trapezförmigen Platz bilden.<br />
Im größeren der beiden wird das Gemeindeamt und der neue Mehrzwecksaal untergebracht, das<br />
kleinere Gebäude im Osten beherbergt im Erdgeschoss ein Gasthaus und in den oberen zwei<br />
Stockwerken Ordinationsräumlichkeiten.<br />
Der Bereich zwischen Zentrum und Schule soll durch eine Reihenhausbebauung verdichtet werden.<br />
Um die Siedlung verkehrsfrei zu halten wird die Errichtung einer Tiefgarage vorgeschlagen.
RATTENBERG<br />
Hauptstraßen<br />
Nebenstraßen<br />
Neubauflächen<br />
A12<br />
ÖBB<br />
INN<br />
RADFELD<br />
200 m<br />
NORDEN<br />
53
54<br />
ERDGESCHOSS<br />
Dorfplatz<br />
gemeindezentrum<br />
1<br />
DORFPLATZ<br />
20 m<br />
4<br />
7<br />
2<br />
3<br />
5<br />
6<br />
P<br />
NORDEN
1 Einkaufsmarkt<br />
2 Bäckerei / Cafe<br />
3 Bank<br />
4 Aufgang Gemeindeamt<br />
5 Restaurant / Bar<br />
6 Küche<br />
7 Brunnen<br />
17<br />
18<br />
8 Foyer<br />
9 Bürgerservice<br />
10 Bürgermeister<br />
11 Sekretariat<br />
12 Büros<br />
17 Festsaal<br />
18 Galerie<br />
19 Sitzungszimmer<br />
20 Arztpraxis<br />
20 m<br />
10<br />
8<br />
12<br />
9<br />
19<br />
20<br />
20<br />
OBERGESCHOSS 1<br />
OBERGESCHOSS 2
56<br />
wohnbebauung<br />
1<br />
Grundstücksfläche<br />
9.799,57 m2<br />
5<br />
5<br />
4<br />
3<br />
6<br />
2<br />
4 3<br />
4<br />
5<br />
4<br />
NORDEN<br />
49 neue Reihenhäuser<br />
1 best. Schule<br />
2 neuer Weg<br />
3 Einfahrt zur Tiefgarage<br />
4 Ausgänge<br />
5 autofreie Höfe<br />
6 Besucherparkplätze<br />
50 m
SCHNITT<br />
ERDGESCHOSS<br />
8 8<br />
OBEN<br />
1 Tiefgarage<br />
2 Abfahrt<br />
3 Ausgang Tiefgarage<br />
4 Eingang<br />
5 Wohnen<br />
6 Küche<br />
7 Zimmer<br />
8 Garten<br />
10 m<br />
7<br />
7<br />
6 6<br />
5 5<br />
4<br />
7<br />
TIEFGARAGE<br />
3<br />
4<br />
3<br />
1<br />
3<br />
2<br />
2<br />
10 m<br />
NORDEN<br />
57
58<br />
III.d. Das Verkehrswegenetz<br />
Wie bereits die Konstruktion des Flurbildes bewiesen hat, handelt es sich<br />
bei Radfeld zweifelsohne um ein charakteristisches Straßendorf. Die<br />
durchwegs gerechte Verteilung der Bewirtschaftungsflächen samt ihren<br />
Hofanlagen längs der Straßenachse erklärt die Bedeutung der damaligen<br />
Funktion als Transport- und Verbindungskorridor. Als ursprüngliche<br />
Uferzone des Innflusses bestimmt, durchschneidet die fast 2 km lange<br />
Dorfstraße heute den Siedlungsbereich diagonal in zwei Hälften.<br />
Dort, wo die alte Straße seit jeher in das Stadtgebiet von Rattenberg einmündet,<br />
ergänzt heute zusätzlich eine Brücke die Verbindung nach<br />
Kramsach am anderen Innufer. Östlich hingegen verläuft sie ins Leere des<br />
Siedlungsrands und reduziert sich auf die Funktion eines Wirtschaftswegs.<br />
Das innerörtliche Straßennetz hingegen erweist sich als sehr komplex<br />
durch die vielen Zufahrts- und Sammelstraßen der Wohnquartiere.<br />
Das entstandene Gewerbegebiet im Norden der Siedlung bringt, in<br />
Erwartung der wirtschaftlich betrachtet, erwünschenswerten Verdichtung<br />
von Gewerbeansiedlungen, dauerhaft eine vermehrte Verkehrbelastung<br />
mit sich und könnte im örtlichen und überörtlichen Sinn bald erschöpft<br />
sein. So sind die Zu- und Abfahrtswege nur über bewohntes<br />
Siedlungsgebiet bzw. dem Ortskern erreichbar.<br />
Eine Neustrukturierung der Verkehrsordnung ist im Hinblick auf die zu<br />
erwartende Steigerung des Nutzverkehrs sicherlich zu überdenken, die<br />
"Hierarchie der Wege" neu zu definieren, die Schaffung von verkehrsberuhigten<br />
Zonen zu forcieren, um die Qualität des Ortes als naturnahen<br />
Wohn- und Erholungsraum auf Dauer nicht zu mindern.
Günther Schwarz<br />
projekt 06
Maßnahmen<br />
• Schrittweise Errichtung eines Ringsystems<br />
zur Verkehrsentlastung des<br />
Dorfkerns<br />
• Durchfahrt am Dorfplatz bleibt aber<br />
erhalten<br />
• Abbruch von Gemeindehaus und<br />
Feuerwehr<br />
• Errichtung eines horizontal gegliederten<br />
langgestreckten Mehrzweckebäudes<br />
entlang des Verlaufs der Dorfstraße<br />
• Beginnende Nachverdichtung des<br />
Wohnbaus im Bereich zwischen<br />
Zentrum und ÖBB in Form von<br />
Doppelhäusern entlang der bestehenden<br />
Parzellierung der Hofstellen.<br />
60<br />
Die derzeitige Wegstruktur zeigt eine<br />
Hauptstraße die sich durch das Dorf zieht.<br />
Von dieser Straße aus ästeln sich die<br />
Nebenstraßen nach Norden und Süden.<br />
Durch diese Anordnung bildet sich kein<br />
Zentrum sondern viele kleine Zentren entlang<br />
dieser Hauptverbindungsachse.<br />
Durch die Schaffung eines äußeren Rings<br />
soll der Hauptverkehr aus dem Dorf verlagert<br />
werden und im Inneren eine beruhigte<br />
Zentrumssituation entstehen.<br />
Die Wohnbebauung soll sich auf zwei<br />
Zentren konzentrieren und im umliegenden<br />
Bereich den Bestand punktuell konzentrieren.
Wohnbauten<br />
Öffentliche Gebäude<br />
Gewerbe und Industrie<br />
Gemischte Nutzung<br />
Eisenbahnlinie ÖBB<br />
Autobahn, Bundes- und Landesstraße<br />
Hauptstraßen innerorts<br />
Nebenstraßen innerorts<br />
Wohnstraßen, Fußgängerstraßen<br />
Gewässer<br />
Die ringförmige Verkehrsführung ermöglicht eine<br />
Verdichtung des Zentrums und dort die Entwicklung<br />
von (Wohn-)bauten ohne zusätzliche Straßen.<br />
200 m NORDEN<br />
61
1 Eingang<br />
2 Foyer<br />
3 Garderobe<br />
4 Mehrzwecksaal<br />
5 Bühne<br />
6 Küche<br />
7 Bar<br />
8 Aufgang Gemeindeamt<br />
9 Bank<br />
10 Geschäfte<br />
62<br />
B Brunnen<br />
ERDGESCHOSS<br />
gemeindezentrum<br />
NORDEN<br />
20 m<br />
B<br />
4<br />
5<br />
7<br />
6<br />
2<br />
8<br />
1<br />
3<br />
P<br />
9 10 10 10
11 Galerie<br />
12 Bürgerservice<br />
13 Gemeindeverwaltung<br />
14 Sitzungszimmer<br />
15 OG Geschäfte<br />
ANSICHT<br />
von Süden<br />
11<br />
12 13 14<br />
ANSICHT<br />
von Norden<br />
15<br />
OBERGESCHOSS<br />
20 m<br />
63
Eine Baukörpergruppe, angeordnet entlang der Dorfstraße, beinhaltet<br />
einen Veranstaltungssaal mit Schauräumen, das Gemeindeamt mit<br />
Sitzungszimmer und im Osten flexibel verwendbare Raumstrukturen für<br />
Geschäfte und Gastronomie.<br />
Zusammengehalten werden diese Einzelobjekte durch ein langgezogenes<br />
geschwungenes Pultdach.<br />
Das neue Zentrum: horizontale Formensprache im Kontrast zur Dominanz der Kirche.<br />
65
66<br />
wohnbebauung<br />
Die Wohnbebauung als<br />
Verdichtung im Bereich bestehender<br />
Hofstellen ermöglicht<br />
eine dem Bedarf angepasste,<br />
individuelle Aufteilung des<br />
Baugrundes und die schrittweise<br />
Überführung zur<br />
Wohnnutzung.<br />
50 m
WOHNBEBAUUNG<br />
Beispiel<br />
1 Eingang<br />
2 Pergola<br />
3 Wirtschaftsraum<br />
4 Wohnen<br />
5 Küche / Essen<br />
6 Terrasse<br />
7 Arbeiten / Spielen<br />
8 Zimmer<br />
9 Bad / WC<br />
6<br />
9<br />
8<br />
8<br />
3<br />
1 2 2<br />
7<br />
8<br />
6 5 6<br />
4<br />
OBERGESCHOSS<br />
ERDGESCHOSS<br />
10 m<br />
67
III.c. Gewerbe, Handel und Wirtschaft<br />
Die wirtschaftliche Entwicklung Radfelds läßt sich einige hundert Jahre<br />
zurückverfolgen. Erzeugnisse aus landwirtschaftlicher Produktion durften<br />
bereits im Mittelalter auf den Märkten von Rattenberg feilgeboten werden,<br />
für welches das damalige Steuerrecht bereits Steuerabgaben aus gewerblichem<br />
Erlös vorschrieb. Unter harten Marktbedingungen wurde für jedes<br />
Dorf, so auch für Radfeld, nur jeweils ein Schneider, ein Schuster, ein<br />
Weber und ein Schmied zur Ausübung des Handwerkes zugelassen.<br />
Mit der Liberalisierung des Gastgewerbes nahm auch der Handel seine<br />
Chance wahr. Erste Eintragungen bei der Bezirkshauptmannschaft sind ab<br />
der letzten Jahrhundertwende zu finden. Nach Ende des ersten<br />
Weltkrieges gab es etliche Unternehmensgründungen. Neben den<br />
Handelsläden für Waren des täglichen Gebrauchs wurde Viehhandel<br />
betrieben, das Transportwesen eingeführt . Zusätzlichen Aufschwung<br />
brachte der Bau der Westbahnlinie.<br />
68<br />
III.b. Gastwirtschaft und Fremdenverkehr<br />
Auch im Tourismuswesen kann die Gemeinde Radfeld auf eine traditionsreiche<br />
Vergangenheit zurückblicken.<br />
Aus Berichten des Dorfbuches ist zu entnehmen, dass der Gasthof<br />
"Gassnerwirt" schon Jahrhunderte vor der ersten urkundlichen Erwähnung<br />
im 18.Jhd. existiert hatte. So sollte seinerzeit Kaiserin Maria Theresia den<br />
Besitzern die Ausübung verschiedenster Gewerbearten, wie etwa den<br />
Lebensmittelverkauf, den Vertrieb von Tabakwaren, das Transportwesen<br />
und die Gastronomie zuerkannt haben. Trotz geringfügigem Umbau im<br />
Laufe der Jahre behielt das Anwesen bis heute sein reizvolles Aussehen.<br />
Als zweiter zentrumsnaher Gasthof wird schon um 1850 vom<br />
"Schmalzerwirt" berichtet, der im Jahre 1925 seinen Betrieb um einen<br />
Lebensmittelhandel erweiterte.<br />
Nach dem Krieg wurden schließlich immer mehr Bauernhäuser in<br />
Fremdenzimmer, Jugendheime, Pensionen und Gasthöfe bis hin zu komplexen,<br />
unproportionalen Bettenburgen umfunktioniert, welche den idyllischen<br />
Charakter des einstigen Dorfgefüges etwas störend beeinflussen.
Ivo Clara, Thomas Willeit<br />
projekt 07
Maßnahmen<br />
• Durchfahrt am Dorfplatz bleibt erhalten<br />
• Errichtunmg von verschiedenen Neubauten<br />
als Verdichtung des Dorfkerns<br />
• Gewerbezone im Süden<br />
• Festplatz mit Pavillon-Leichtkonstruktion<br />
nördlich des Gemeindehauses<br />
• peripheres Parken<br />
• Reihenhaussiedlung<br />
70<br />
verkehr<br />
Verschiedene Neubauten für Gemeindezentrum, Cafe und Musikpavillon führen zu einer<br />
Verdichtung des alten Dorfzentrums.<br />
Zwei Parkplätze sind zentrumsnah angelegt und gut erreichbar, sind aber durch die periphere<br />
Lage im Zentrum nicht störend.<br />
Das bestehende Wegenetz wird um einen Fuß- und Radweg auf der Achse Schule - Kirche<br />
ergänzt.<br />
Eine Erweiterung der Gewerbezone sollte aus verkehrstechnischen Gründen im Bereich ÖBB<br />
beziehungsweise Bundesstraße erfolgen.
RATTENBERG<br />
Hauptstraßen<br />
Nebenstraßen<br />
Nebenstraßen (neu)<br />
Neuer Fuß- und Radweg<br />
Wohnbau (neu)<br />
Gewerbegebiet (neu)<br />
A12<br />
ÖBB<br />
INN<br />
RADFELD<br />
200 m<br />
NORDEN<br />
71
72<br />
gemeindezentrum<br />
NORDEN<br />
8<br />
7<br />
4<br />
20 m<br />
3<br />
5<br />
5<br />
1<br />
2<br />
1 Bank<br />
2 Büro<br />
3 Jugendraum<br />
4 Foyer<br />
5 Sitzungs- und Vortragssaal<br />
6 Proberaum<br />
7 Lager<br />
8 WC
estehendes Feuerwehrhaus wird Arztpraxis<br />
neues Cafe<br />
bestehendes Gemeindehaus bleibt<br />
neues Mehrzweckgebäude: Bank / Proberaum / Saal<br />
1 Dorfplatz<br />
2 verkehrsberuhigte Durchfahrt<br />
3 Festplatz<br />
4 Musikpavillon<br />
5 Parken<br />
3<br />
10 m<br />
2<br />
1<br />
6<br />
4<br />
5<br />
73
74<br />
gemeindeamt<br />
10 m<br />
2<br />
1<br />
1 Gemeindeamt<br />
2 Bürgermeister<br />
3 Cafe<br />
4 WC<br />
5 Arztpraxis<br />
6 Warten<br />
7 Ordination<br />
8 Apotheke<br />
9 WC<br />
cafe
NORDEN<br />
4<br />
3<br />
Musikpavillon / Segel<br />
ehemalige feuerwehr > arztpraxis<br />
10 m 10 m<br />
7<br />
6<br />
8<br />
5<br />
9
1 Fuß- und Radweg als neue<br />
Verbindung Dorfplatz - Schule<br />
2 Fahrweg<br />
3 Parken<br />
4 autofreie Höfe<br />
5 Schule, best.<br />
6 neues Mehrzweckgebäude<br />
76<br />
wohnbebauung<br />
NORDEN<br />
5<br />
3<br />
4<br />
4<br />
3<br />
2<br />
4<br />
3<br />
1<br />
6<br />
50 m
Reihenhäuserbebauung:<br />
versetzte Blöcke bilden geschlossene<br />
Freiräume. Es entstehen<br />
Freiraumfolgen im Wohngebiet<br />
zwischen altem Dorfzentrum und<br />
Schulstandort.<br />
EG OG<br />
1<br />
2<br />
3<br />
10 m<br />
4<br />
4 4<br />
Reihenhaus<br />
1 Eingang<br />
2 Wohnen<br />
3 Kochen / Essen<br />
4 Zimmer<br />
77
III.e. Siedlung und Zersiedelung<br />
Ausgangspunkt der Betrachtungen ist einmal mehr das Flurbild.<br />
Ein Vergleich der Bebauungsstrukturen anhand der Flurkarte 1856 und<br />
einem aktuellen Bebauungsplan 2002 veranschaulicht deutlich die<br />
Wachstumstendenzen der Wohnbereiche zu beiden Seiten der Dorfstraße.<br />
Das freistehende Einfamilienhaus ist hier der vorrangig verwendete<br />
Bautypus – dieser beansprucht folglich den höchsten Bauflächenanteil.<br />
Die Anzahl der verdichteten Bautypvarianten hält sich im Vergleich dazu<br />
relativ gering.<br />
Die Problematik ergibt sich dadurch, dass mit fortschreitender Bautätigkeit<br />
in den Dorfrandzonen der Siedlungsraum immer weiter nach außen<br />
gedrängt wird; zusätzliche Erschließungsflächen werden notwendig, das<br />
Versorgungs- und Entsorgungssystem muss erweitert werden,<br />
Baulandumlegungen sind die Folge, bei gleichzeitiger Dezimierung der<br />
Agrarflächen, ...<br />
Kurzum: die Zersiedelung tritt ein.<br />
Welche Konsequenzen ergeben sich dabei für die Kernzone:<br />
Mit zunehmender Ausweisung des Wohngebiets, durch vermehrt kleingliedrige<br />
Wohngruppierungen entstehen Zwischenzonen, die keinem zentralen<br />
Bereich mehr zuzuordnen sind. In Stadt- und Stadtrandlagen wäre<br />
dies ein wünschenswerter Effekt, der neue Zentren entstehend läßt, nicht<br />
jedoch in dörflichen Strukturen. Das eigentliche Zentrum, der Dorfkern,<br />
verliert an Bedeutung und entpuppt sich, abgesehen von traditionellen<br />
Geschehnissen, als funktionsloser Raum.<br />
78<br />
Vergleichsweise dazu ein Blick auf den Kirchplatz:<br />
Der Lindenbühel mit der Dorfkirche bewies in vielen Situationen seine<br />
wichtige geo- und topographische Rolle in der langen Geschichte<br />
Radfelds. Durch die Inselfunktion wurde er, vielen Überlieferungen<br />
zufolge, als zentraler Zufluchtsort bei Überschwemmungen und anderen<br />
Gefahren aufgesucht.<br />
Schon immer wurde er als Platz für Festlichkeiten verwendet.<br />
Solche sensiblen Zonen sollten also mit größter Sorgfalt gepflegt und<br />
erhalten werden, durch ein umfangreiches Funktionsangebot belebt werden<br />
und ihren repräsentativen Charakter erhalten.<br />
Q u e l l e n<br />
Hans Bachmann: Tiroler Heimat, Band XV<br />
Ing. Horst Duftner: 1200 Jahre Radfeld - Dorfchronik<br />
Erich Laiminger, Bürgermeister
Besiedlung 1856 bis 2002<br />
79
80<br />
Grenzbaum Richtung Kundl
ISBN 3-902334-05-3