Und das ist tatsächlich der Schluß der Geschichte. Natürlich wirst du fragen,was danach mit uns geschah. Was wurde aus Armand? Wohin ging ich, was tatich? Aber ich muß dir sagen, daß sich eigentlich nichts mehr ereignete, nichtsaußer solchen Dingen, die unvermeidlich waren. Seitdem habe ich mich nicht mehrverändert. Ich suchte nach nichts in dem einen großen Quell, der Menschheit heißt.Und selbst in meiner Liebe zur Welt, meiner Versenkung in ihre Schätze, versuchteich nichts zu lernen, das ich der Menschheit zurückgeben konnte. Ich trank dieSchönheit der Welt, wie ich Blut trinke. Ich war vollauf gesättigt. Aber ich war totund unveränderlich. Die Geschichte hörte in Paris auf.Lange Zeit dachte ich, Claudias Tod sei der Grund für das Ende der Dingegewesen, dachte, wenn Claudia mit Madeleine Paris unversehrt verlassen hätte,dann wäre es auch anders mit mir und Armand gekommen. Ich hätte wieder lebenund begehren und versuchen können, einem Abbild irdischen Lebens zu gleichen,reich und mannigfaltig, wenn auch unnatürlich. Aber nun habe ich eingesehen, daßdiese Vorstellung falsch war. Selbst wenn Claudia noch lebte, wenn ich Armandnicht verachtet hätte, weil er sie sterben ließ, wäre es nicht anders verlaufen. Obman langsam dazu kommt, das Übel zu erkennen, oder hineingeschleudert wird...es ist das gleiche. Letzten Endes wünschte ich beides nicht. Und da ich nichtsBesseres verdiente, verschloß ich mich wie eine Muschel. Und sogar Armand,mein ständiger, mein einziger Kamerad, befand sich weit von mir entfernt, warhinter jenem Schleier, der mich von allem Lebendigen trennte, dem Schleier, derdie Form eines Leichentuches hatte. Aber ich sehe, du willst endlich wissen, wasaus Armand wurde. Und die Nacht ist fast vorbei. Ich will es dir erzählen, denn esist wichtig; die Geschichte wäre sonst unvollständig.Wir reisten also in der Welt umher: zuerst Ägypten, dann Griechenland, Italien,Kleinasien - wohin es mir gefiel und wo mich Kunstwerke lockten. Die Zeit hörteauf zu existieren in jenen Jahren, sie wurde jedenfalls bedeutungslos, und oft fandich mich lange vertieft in im Grunde sehr einfache Dinge - ein Gemälde in einemMuseum, ein buntes Kirchenfenster, eine einzelne schöne Statue.Aber während all dieser Jahre hegte ich eine unbestimmte, doch hartnäckigeSehnsucht nach New Orleans. Ich konnte es nie vergessen. Und wenn wir inwannen Gegenden waren, wo ähnliche Blumen und Bäume wie in Louisianawuchsen, wurde der Wunsch stärker, und ich fühlte nach meiner Heimat daseinzige Verlangen, dessen ich noch fähig war. Von Zeit zu Zeit bat auch Armandmich, ihn dorthin mitzunehmen. Und da mir bewußt war, daß ich ihnvernachlässigte, oft lange nicht mit ihm sprach und meine Streifzüge allein machte,wollte ich ihm gern diesen Gefallen tun; und darüber vergaß ich beinahe die vageAngst, daß New Orleans mir Qual bereiten, daß ich wieder den bleichen Schattenmeiner früheren Glücklosigkeit und Beklemmung erleben könnte. Vielleicht wardiese Furcht stärker, als ich ahnte; doch ich schüttelte sie ab.Wir fuhren also nach Amerika und lebten erst längere Zeit in New York. Unddann drängte mich Armand auf andere Weise. Er verriet mir etwas, das er mirbisher verheimlicht hatte. Lestat war nicht im Théâtre des Vampires verbrannt. Ich214
hatte es angenommen, denn sooft ich Armand nach den Vampiren fragte, sagte er,sie seien alle tot. Doch jetzt erzählte er mir, daß dem nicht so war, daß Lestat anjenem Abend das Theater verlassen hatte und zwei Vampire, die zusammen mitLestat von demselben Meister geschaffen worden waren, ihm zur Überfahrt nachNew Orleans verholten hatten.Ich kann dir die Gefühle nicht schildern, die ich bei diesem Bericht empfand.Natürlich hat Armand mir erzählt, er habe mir dies vorenthalten, da er nicht wollte,daß ich aus reinen Rachegelüsten eine lange Reise unternommen hätte, eine Reise,die mir zu der Zeit viel Schmerz und Leid bereitet hätte. Doch in Wirklichkeit lagmir nicht viel daran. Mir war Lestat gar nicht in den Sinn gekommen, als ich dasTheater in Brand steckte; ich hatte an Santiago und Celeste und all die anderengedacht, die an Claudias Tod schuld waren. Lestat hingegen hatte in mirEmpfindungen wachgerufen, die ich niemandem hätte anvertrauen mögen,Empfindungen, die ich trotz Claudias Tod vergessen wollte. Haß war nichtdarunter gewesen.Doch als ich es nun von Armand hörte, war es, als sei der Schleier, der michgeschützt hatte, dünn und durchsichtig geworden, und obwohl er immer nochzwischen mir und der Welt der Gefühle hing, erblickte ich durch ihn Lestat underkannte, daß ich ihn wiedersehen wollte. Und mit diesem Ansporn fuhren wirnach New Orleans.Es war im späten Frühling. Und sobald wir aus dem Bahnhof traten, wußte ich,daß ich wirklich heimgekehrt war. Die Luft hatte ein eigenes Parfüm, und mir warunendlich wohl, als ich unter vertrauten Bäumen einherschritt und den zitterndenTönen der Nacht lauschte.Natürlich hatte sich die Stadt verändert; doch ich klagte nicht darüber, sondernwar dankbar für alles, was noch das gleiche schien. Im Gartenviertel der Oberstadt,zu meiner Zeit der Faubourg Sainte-Marie, fand ich noch stattliche Villen ausjenen Tagen, in gebührendem Abstand von der Straße, so daß ich im Mondscheinunter Magnolien wandeln und den gleichen süßen Frieden spüren durfte wiefrüher; und so war es in den alten engen Straßen und in der Wildnis von Pointe duLac. Es gab noch die Rosen und das Geißblatt, die korinthischen Säulen vor demAbendhimmel und verträumte Gassen, Plätze und Gärten – eine Zitadelle derAnmut.In der Rue Royale, wo ich Armand die Antiquitätengeschäfte und die hellerleuchteten Eingänge der Luxusrestaurants zeigte, fand ich das Haus, in dem wirgewohnt hatten - nur wenig verändert durch einen neuen Anstrich. Die beidenGlastüren gingen noch immer auf die kleinen Balkons über dem Laden darunter;und im Licht der elektrischen Lampen sah ich eine elegante Tapete im Stil der Zeitvor dem Weltkrieg. Lestat wurde mir wieder gegenwärtig, seltsamerweise mehr alsClaudia, und ich war sicher, ihn in dieser Stadt zu finden. Und ich empfand nochetwas anderes; es war eine Traurigkeit, die mich damals überkam, nachdemArmand seiner Wege gegangen war. Doch diese Traurigkeit war wederschmerzlich noch leidenschaftlich. Sie hatte etwas Schweres, fast Süßes, so wie derJasmin und die Rosen, die ich durch das eiserne Tor in dem alten Garten sah. Unddiese Traurigkeit gab mir eine schwer deutbare Befriedigung, die mich lange Zeit215
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»Er hatte auf einmal Visionen.«»
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Visionen< erfahren zu lassen. Sie s
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noch, daß ich den Priester zum Hin
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Geist ein Messer ergreifen und mir
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sehr in die Nacht, damit du nicht d
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Der Vampir schien damit beschäftig
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meines Körpers, nicht von der Poli
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waren noch nicht ganz die eines Vam
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hinunter, dann schoß er in die Fin
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Leben etwas reibungsloser verlaufen
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Salon saßen und stundenlang über
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»Wie ich?« flüsterte der Junge.
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dessen, was er mit dem Scharfsinn e
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Dutzendemal empfing ich in meinem v
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wir beide die Hampelmänner sind. G
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Ich weiß, daß er mein Vater ist.
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Inzwischen war Lestat hinter den Sk
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»Ich hatte für Babette... ein sta
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Empfindung, würde ich sagen - ist
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unbewegt, ausdruckslos, als verlör
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was ich für Babette fühlte, war d
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und sah zu, wie der alte Mann schw
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Leiche. Als das Mädchen mich sah,
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»Das stimmt schon; doch er hätte
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»Was dachten Sie sich, als Sie das
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ich vom Blut der Tiere leben kann,
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sprach, hatte sie mich angestarrt.>
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ich mich abwandte und aus dem Zimme
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Er sah zu mir, und aus seinem Gesic
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»Ich weiß nicht. Ich glaube nicht
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unverwöhnten Kindes, und sie staun
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konnte sie plötzlich über Lestats
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und gar; sie war so sehr die Gefäh
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Friedhöfe, um die Gräber ihrer Li
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wissen konnte, denn sie war mir fre
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das Wort Vampiraugen. Du lehrtest m
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hausen können wie ein Vampir aus d
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daß er in dem Stil weiterleben kö
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Weil ich es jetzt weiße erklärte
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alles Bewußtsein auslöschen konnt
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ausgesprochen freundlich, in einer
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ganz in Weiß und duftete nach eine
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einen Knaben, ließ die Finger übe
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»Claudia stand noch lange regungsl
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ehalten. Aber ich kann es nicht ung
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Gott lebte nicht in dieser Kirche -
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Gnade!< sagte ich und packte ihn an
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Ich wußte nicht, wieviel ich darin
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Der lebend' Tod,Der Hauch der Pest,
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Regungslosen hinunterstarrten, lie
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Zweiter Teil117
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vorgenommen wurden, während wir de
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und wandte den Blick nicht von mir.
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Der Vampir stieß einen Seufzer aus
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Kochtöpfen und Krügen. Das Feuer
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diesen Burschen in der Grube hören
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Augen auszugehen. Doch als die Stil
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Claudia sagte: >Komm, Louis...Glaub
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Ich drückte Claudia fest an mich,
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Horden. Die Tür zu den Geheimnisse
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zu fassen. Ihr weißes Leichenhemd
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So wurde es gemacht.Hab keine Angst
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Schon das Wort >Paris< versetzte mi
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um in einem Kabriolett das Seine-Uf
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meinem Augenwinkel, wie blaue und g
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schimmerte unter der Laterne, und d
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»Das >Theâtre des Vampires< war n
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stehenblieb, den Mund wie ein Kind
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edeutet, daß der Tod deinen Namen
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menschlicher Gebärden.Er öffnete
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sein hartes Geschlecht, das sich an
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anderen, sein glattes Gesicht und s
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