MUSIL <strong>UND</strong> WITTGENSTEIN*Es gibt nicht viele moderne Denker, mit denen Musil noch nichtverglichen wurde; und Wittgenstein ergeht es ebenso. Auch miteinandersind sie schon in Parallelen gesetzt worden, jedoch nur andeutungsweise:hier wäre also noch etwas zu holen. Es bedarf indessenkaum dieser Einsicht, einen auf das vorliegende Vortragsthema zubringen: denn der Gedanke, daß es an der Zeit wäre, diese beidenGestalten einer synoptischen Betrachtung zu unterwerfen, liegt in derLuft. Sowohl Musil als auch Wittgenstein sind, in den letzten zweiJahrzehnten, zu geistigen Leitsternen geworden; und da möchte manwissen, was die gegenseitige Position dieser Leitsterne ist. Das Interesseist nur reger gemacht durch den Umstand, daß Musil und WittgensteinZeit- und Landesgenossen waren - beide sind in der geistigenAtmosphäre der sich der Auflösung nähernden österreichisch-ungarischenMonarchie aufgewachsen. Auch ihre Schicksale weisen mancheÄhnlichkeiten auf. Sie haben ihren Beruf nach einem qualvollenSuchen gefunden, wobei beide von technischen Studien zur Philosophiekamen; beide lebten in ihrem Werk und für ihr Werk, und beidestarben, übrigens im gleichen Alter und fern von der Heimat, ohne ihrWerk vollenden zu können. Und was nun ihre Ideen betrifft, auch hierfinden sich gar manche auffallende Parallelitäten. So z.B. in ihrerAuffassung vom Mystischen. Sowohl Musil als auch Wittgenstein sindder Überzeugung, daß die Welt, und unser Leben in dieser Welt,Aspekte aufweisen, Aspekte von überragender Bedeutung, die sichjeder naturwissenschaftlich-rationalen Beschreibung entziehen. Mankann sich diesen Aspekten, nämlich dem Bereich des Mystischen, nurindirekt nähern; man kann nicht, wie das gewöhnlich versucht wird,über das Mystische reden, das Mystische muß durch das rationaleGefüge der Sprache gleichsam durchschimmern. "Rationalität und* Vortrag gehalten am 20. Oktober 1975 in Graz, vor der Vereinigung fürwissenschaftliche Grundlagenforschung. Der Text wurde in Literatur undKritik 113 (Apr. 1977) veröffentlicht, und erschien auch im Conceptus SonderbandÖsterreichische Philosophen (1977).
133Mystik, das sind die Pole der Zeit" - notiert Musil 1920 in sein Tagebuch,und seine Bemühungen, diesen beiden Polen gleichzeitig gerechtzu werden, gipfeln dann in dem großen Roman, von dem man behauptenkonnte, daß sich das Mysterium darin durch die gänzliche Abwesenheitvon etwas Mysteriösem ausdrückt. Das ist die "taghelleMystik", von der Musil in einem der Nachlaßkapiteln schreibt; unddaß Musil in all den Jahren seinen Roman nicht abschließen konnte,zeigt, wie schwer es ist, Wortführer der taghellen Mystik zu sein."Mystik und Erzählbarkeit" - sagte Musil 1940 einem Freund - "stehenin einem heiklen Verhältnis zueinander." Nicht von ungefährbehauptete doch Wittgenstein im Tractatus, daß man bloß Sätze derNaturwissenschaft aussprechen kann - denn "es gibt allerdings Unaussprechliches.Dies zeigt sich", schrieb er, "es ist das Mystische". Wittgensteinkam, wie wir wissen, zu dem Schluß, daß wovon man nichtsprechen kann, darüber man schweigen müsse. Und da möchte ichgleich bemerken, daß er dieser Maxime in seiner sogenannten Spätphilosophiekeineswegs untreu wurde. Im Gegenteil, er befolgte sie mitäußerster Strenge. Wittgenstein - so berichtet von seinen 1932-33gehaltenen Vorlesungen eine Studentin - "gebrauchte die Sprache desAlltags. Und da war keine Andeutung von Mystizismus, kein Hinweisauf das Unsagbare. Was rätselhaft war, war sein Gebrauch vonanschaulichen Beispielen, die an sich leicht zu begreifen waren, derenPointe mir jedoch unfaßbar blieb. Es war, wie wenn man eine Parabelhörte, ohne aus ihr die Lehre ziehen zu können."Ich komme nun zu weiteren Parallelen. Der Begriff "Geist" spielteine zentrale Rolle sowohl in Musils Betrachtungen als auch in Wittgensteinsspäteren Schriften. Die Fragen, mit welchen sich Musil bzw.Wittgenstein hier beschäftigen, sind verwandt, und diese Verwandtschaftäußert sich in manchen Formulierungen. Wie Musil in demEnde 1930 erschienenen ersten Buch seines Romanes schreibt, istGeist..., in Verbindung mit irgendetwas, das Verbreitetste, das es gibt. DerGeist der Treue, der Geist der Liebe, ein männlicher Geist, ein gebildeterGeist, der größte Geist der Gegenwart...: wie fest und unanstößig klingtdas bis in die untersten Stufen. ... Aber wenn Geist allein dasteht, alsnacktes Hauptwort, kahl wie ein Gespenst, dem man ein Leintuch borgenmöchte, - wie ist es dann? ... Dieser Geist ist so fest verbunden mit derzufalligen Gestalt seines Auftretens! ... Wohin, wo, was ist er? Vielleichtwürde es, wenn man mehr davon wüßte, beklommen still werden um diesesHauptwort Geist?!
- Seite 1:
oc63.470GEFÜHL UND GEFUGESTUDIEN Z
- Seite 5 und 6:
J. C. NYIRIGefühl und GefügeStudi
- Seite 7:
Vorwort 71. Österreich und Ungarn:
- Seite 10 und 11:
Auch so wiederholen sich noch ethch
- Seite 13 und 14:
OSTERREICH UND UNGARN:EINE PHILOSOP
- Seite 15 und 16:
13verzichten mußte) Ausdruck einer
- Seite 17 und 18:
15Dezember 1867, gleichzeitig mit d
- Seite 19 und 20:
17scharfsinnige Schrift Vom Musikal
- Seite 21 und 22:
19den Staatsdienst. Die Grundsätze
- Seite 23 und 24:
21einzelne konkrete Teilquantität
- Seite 25 und 26:
23versitätsstudenten gedanklichen
- Seite 27 und 28:
25sehen Dialekt zu schreiben, den e
- Seite 29 und 30:
27tun wir das fast unvermeidlich mi
- Seite 31 und 32:
29des ungarischen Nationalbewußtse
- Seite 33 und 34:
PHILOSOPHIE UND SELBSTMORDSTATISTIK
- Seite 35 und 36:
33reichische und österreichisch-un
- Seite 37 und 38:
35vollem Einklang mit Masaryks grun
- Seite 39 und 40:
37mit Ausländern. In Böhmen aber
- Seite 41 und 42:
39- keineswegs also während der Pe
- Seite 43 und 44:
41unrettbar", schrieb Mach, und: "w
- Seite 45 und 46:
43von dort aus beerdigt, das heißt
- Seite 47 und 48:
45des gleichen Autors ("Durkheim ut
- Seite 49 und 50:
47hältnisses, welches tatsächlich
- Seite 51 und 52:
49der bedeutungslos befundene Ausdr
- Seite 53 und 54:
511899, seine Bestürzung darüber
- Seite 55 und 56:
53des vergangenen Jahrhunderts jedo
- Seite 57 und 58:
55Denkens wider.'^ Der platonisiere
- Seite 59 und 60:
57Bolzano versäumt nicht festzuste
- Seite 61 und 62:
59doch sind die Tendenzen sehr star
- Seite 63 und 64:
61Folgekette gerade entlang der Rei
- Seite 65 und 66:
63men'^ Die ontologisierende Logik
- Seite 67 und 68:
65Begriff unmittelbar nicht zusamme
- Seite 69 und 70:
67eigenen Grunde*^. Wir sehen: nich
- Seite 71 und 72:
69Es kann unmöglich die Aufgabe de
- Seite 73 und 74:
71standstheoretischen Schriften'* s
- Seite 75 und 76:
73Differenz ihrer Längen bestimmt:
- Seite 77 und 78:
75punktwandlung, doch Meinong war d
- Seite 79 und 80:
77seines Denkens von Interesse sein
- Seite 81 und 82:
79pretiert werden? - Keine subjekti
- Seite 83 und 84: 81Kreis" usw. nun durchaus, daß de
- Seite 85 und 86: 83die Wissenschaftslehre, über "di
- Seite 87 und 88: 85fordern bedeutet soviel, wie eine
- Seite 89 und 90: 87nition der "0" kann bereits formu
- Seite 91 und 92: 89daß es diese Menge gibt? Eine bi
- Seite 93 und 94: 91angehörenden Klassen verzichten:
- Seite 95 und 96: 93der sprachlichen Verbote, eine me
- Seite 97 und 98: 95Anwesenheit des Antipsychologismu
- Seite 99 und 100: 97chen in andere Zeichen um. Die Op
- Seite 101 und 102: DAS UNGLÜCKLICHE LEBENDES LUDWIG W
- Seite 103 und 104: 101daß die unter dem Titel Über d
- Seite 105 und 106: 103Unlösbarkeit ist persönliches
- Seite 107 und 108: 105meinem Willen lenken, sondern bi
- Seite 109 und 110: 107zerfällt in Tatsachen." ''* All
- Seite 111 und 112: 109Wie soll man leben? Wonach soll
- Seite 113 und 114: 111Mensch grundlegend machtlos; und
- Seite 115 und 116: 113Entdeckung^" - behauptet, daß S
- Seite 117 und 118: 115Wittgensteins Argumentation übe
- Seite 119 und 120: 117Warum müssen wir es so sagen, d
- Seite 121 und 122: 119hört es auf, sogar in seiner Un
- Seite 123 und 124: 121man es von bestimmten Gegenstän
- Seite 125 und 126: 123dem Abgrund der Antinomien führ
- Seite 127 und 128: 125Gottes, und als er wieder zu sch
- Seite 129 und 130: 127der Tat nicht mehr so, als ob es
- Seite 131 und 132: 129Auffassung des Tractatus zeigt e
- Seite 133: 131Sprache und Wirklichkeit, wie au
- Seite 137 und 138: 135Mist-, Ast-, Gewehr-, Weg- und a
- Seite 139 und 140: 137ren, kann konkret hingewiesen we
- Seite 141 und 142: 139immer wieder betont, als ein bes
- Seite 143 und 144: 141Romans, und in manchen vor 1930
- Seite 145 und 146: 143Erscheinungen ein neues Problem
- Seite 147 und 148: 145nische Zivilisation ist vom Fort
- Seite 149 und 150: 147Sprache" - sagt Wittgenstein - "
- Seite 151 und 152: 149richtige für mich ist. Ich bin
- Seite 153 und 154: 151len" (108:201), und "der Gedanke
- Seite 155 und 156: 153ob ein anderer "wirklich dieselb
- Seite 157 und 158: 155dann zwischen dem regelmäßigen
- Seite 159 und 160: 157be" - bemerkt Wittgenstein 1930
- Seite 161 und 162: 159zusammenschaut. Die Gesamtansich
- Seite 163 und 164: 161geschichtliche Umwelt, die den j
- Seite 165 und 166: 163VB, 14), der zweite ist ein Zita
- Seite 167 und 168: 165ben Bedeutung im mittelhochdeuts
- Seite 169 und 170: 167Zeilen Nestroys hin (Seitter: 45
- Seite 171 und 172: 169Bedeutung. Er bezeichnet unsere
- Seite 173 und 174: III. Konservatismus und Judentum171
- Seite 175 und 176: 173They were urban people, possesse
- Seite 177 und 178: 175spricht (s. VB 13), und - zwei J
- Seite 179 und 180: 177nungsreihe folgt die Bemerkung
- Seite 181 und 182: 179ziert - und am 8. November schri
- Seite 183 und 184: 181oder kohärente Konzeption in be
- Seite 185 und 186:
Weitere angeführte Werke:183Baeck,
- Seite 187 und 188:
WITTGENSTEIN - PHILOSOPHIE DER KUNS
- Seite 189 und 190:
187schreiben sollen? Hätte er sie
- Seite 191 und 192:
189tur unserer Lebensform, auf den
- Seite 193 und 194:
191zweifellos einleuchtende Paralle
- Seite 195 und 196:
193auch erzeugt, wenn man im Schnit
- Seite 197 und 198:
195Methoden auf den tatsächlichen
- Seite 199 und 200:
197Psychology der Adoptivbegriff mo
- Seite 201 und 202:
199Wenn ich mir im Innern das ABC v
- Seite 203 und 204:
201den Fachmann, der ich nicht bin,
- Seite 205 und 206:
203treated as [a] human being ... b
- Seite 207 und 208:
Ady, Endre, 12, 28Alexander, Bernä
- Seite 209 und 210:
Pitcher, G., 93, 107f.Piaton, 46f.,