kinderwunsch — wunschkinder - Deutsche Ullrich-Turner-Syndrom ...
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1.2010<br />
Es stellen sich vor:<br />
magazin der<br />
turner-syndrom-vereinigung deutschland e. v.<br />
ullrich-turner-syndrom-nachrichten<br />
Kinderwunsch <strong>—</strong> Wunschkinder<br />
AWO-Beratungsstelle im Uni-Klinikum Essen<br />
Novum <strong>—</strong> das Zentrum für Reproduktionsmedizin Essen<br />
Evangelischer Verein für Adoptions- und<br />
Pflegekindervermittlung im Rheinland e. V.<br />
Ich bin Tante <strong>—</strong> nicht Mutter<br />
und andere Erfahrungsberichte
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Das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
Eines der beiden Geschlechtschromosomen (XX) fehlt<br />
durchgehend oder nur in einem Teil aller Körperzellen,<br />
oder aber das zweite X-Chromosom ist struk turell ver-<br />
ändert. Das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> kann nicht ver erbt<br />
werden. Die verursachenden Faktoren sind noch unbe-<br />
kannt. Die Auswirkungen kön nen individuell sehr ver-<br />
schieden sein. Die Leitsymptome sind der Kleinwuchs<br />
(im Durchschnitt etwa 1,47m ) und die Unfruchtbarkeit<br />
aufgrund einer zu geringen Entwicklung der Eierstöcke.<br />
Hier ist eine Behandlung mit Wachstumshormonen<br />
und Östrogenen möglich. Dazu können weitere, heute<br />
be handel bare Probleme kommen (Herz fehler, soge-<br />
nanntes Flügelfell, Nierenprobleme, Lymphödeme).<br />
Das <strong>Syndrom</strong> wurde nach dem amerikanischen Arzt<br />
Henry <strong>Turner</strong> und dem deutschen Kinderarzt Otto<br />
<strong>Ullrich</strong> benannt. Das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> ist eine<br />
Fehl verteilung oder strukturelle Veränderung der<br />
Ge schlechtschromosomen, von der nur Mädchen<br />
beziehungsweise Frauen betroffen sind und tritt mit<br />
einer Häufigkeit von etwa 1 zu 2500 Geburten auf.<br />
Betroffene Mädchen und Frauen sind normal intel-<br />
ligent und können ein eigenständiges Leben füh ren,<br />
zu dem in vielen Fällen heute auch eine Partnerschaft<br />
gehört. Psychische Probleme im Sinne eines geringeren<br />
Selbstwertgefühls, Unsicherheit im Um gang mit<br />
dem eigenen Körper und ähnliches sind nicht selten,<br />
aber kein unvermeidbares Schicksal. Der Kontakt mit<br />
anderen Betroffenen oder auch professionelle Beratung<br />
kann dabei weiter helfen.<br />
Die <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung Deutschland e. V. hat<br />
es sich zur Aufgabe gemacht, betrof fenen Mäd chen,<br />
Frauen und Schwangeren, die von der Diagnose erfah-<br />
ren haben, zu helfen. Durch Erfahrungsaustausch und<br />
Aufklärung machen wir Schwan geren Mut, das Kind<br />
mit <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> auszutragen. Wir geben<br />
der Behinderung ein Gesicht. Wir wollen Vorurteile ab-<br />
bauen, Informationslücken schließen und das öffent-<br />
liche Interesse wecken. Das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
darf nicht länger ein Ab trei bungsgrund sein. Wir finden,<br />
dass wir als Betrof fene sehr gut mit der Behinderung<br />
leben können.<br />
Wir sind eine gemeinnützige, ehrenamtlich tätige<br />
Selbst hilfeorganisation. Wir fi nan zieren uns aus-<br />
schließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Des-<br />
wegen freuen wir uns, wenn Sie unsere Arbeit durch<br />
Spenden unterstützen. Unsere Kontakt adres sen fin-<br />
den sie auf Seite 46 und im Impressum auf Seite 47.<br />
3
4<br />
Marlis Stempel<br />
Kerstin Subtil<br />
Bettina von Hanffstengel<br />
Gabi<br />
Kristin<br />
Christiane u. a.<br />
Sarah<br />
Bettina von Hanffstengel<br />
Gabi<br />
Petra<br />
Elke<br />
Hannelore<br />
Barbara<br />
Stefanie und Michael<br />
Kati<br />
Dr. med. Nadia Heming<br />
Prof. Dr. med. Thomas Katzorke<br />
Christian Rath<br />
Regina und Peter<br />
Gesine Wischerhoff<br />
Gesine Wischerhoff<br />
Sarah<br />
Mitglieder stellen sich vor<br />
Elke<br />
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Was ist das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>?<br />
Editorial<br />
Bericht vom Vorstand<br />
Bericht vom Weibertreffen 2010<br />
Unser Stand beim Humangenetikerkongress in Hamburg<br />
Die Universität Homburg an der Saar informierte über das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
Unser Wochenende in der Kieler Universität<br />
Tante, nicht Mutter<br />
Kinderwunsch <strong>—</strong> Wunschkind?<br />
Aus der Traum vom Kind<br />
Kinder <strong>—</strong> ja gerne? Und weitere Fragen zum Kinderwunsch<br />
Vom Kinderwunsch zum Wunschkind<br />
Acht Stunden Mama-Sein<br />
Wir sind alle Tanten<br />
Niemals unterkriegen lassen! Ein Interview von Sarah<br />
Eine indisch-nigerianisch-griechische Geschichte in Deutschland<br />
Die AWO Beratungsstelle am Uni-Klinikum Essen stellt sich vor<br />
Ein Interview von Marlis Stempel<br />
Novum <strong>—</strong> das Zentrum für Reproduktionsmedizin stellt sich vor<br />
Die Fragen stellte Sarah<br />
Der Europäische Gerichtshof entscheidet. Eizellspende muss erlaubt werden<br />
Nichts ist garantiert <strong>—</strong> höchstens die Lebensdauer einer Waschmaschine<br />
Eltern für Kinder, nicht Kinder für Eltern suchen<br />
Ein Interview von Marlis Stempel<br />
Der Evangelische Verein für Adoptions- und Pflegekindervermittlung im Rheinland<br />
stellt sich vor<br />
Kinder kommen nicht aus dem Versandhaus<br />
Ein Kommentar zur Auslandsadoption<br />
Hannelore stellt sich vor<br />
Veranstaltungskalender<br />
Danke<br />
Adressen<br />
Impressum<br />
Mirjam <strong>—</strong> Kind der Hoffnung<br />
In der Vorbereitung des Themas ist mir einiges<br />
klar geworden: Ich habe mir nie Kinder gewünscht.<br />
Bis heute ist es mir ein Rätsel, warum ich keinen<br />
Kinderwunsch hatte. Ein Grund mag sein, dass ich<br />
mir als Jugendliche nicht zugetraut habe, Kinder<br />
groß zu ziehen.<br />
Als Jugendliche habe ich mit Wonne den Roman<br />
„Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“<br />
von Christine Nöstlinger gelesen. Den Inhalt möchte<br />
ich Ihnen kurz erzählen: Frau Bartolotti bekommt<br />
eine Konservenbüchse geliefert. Neugierig öffnet<br />
sie die Konservenbüchse. Sie enthält zu ihrer<br />
Überraschung einen Musterknaben, der so gar<br />
nicht zu ihr passt. Frau Bartolotti beschließt,<br />
ihn umzuerziehen, weil sie Konrad <strong>—</strong> so heißt<br />
der Musterknabe <strong>—</strong> auch nicht umtauschen oder<br />
abgeben will. Schließlich kämpft sie sogar dafür,<br />
dass die „Fehllieferung“ bei ihr bleiben kann.<br />
Seitdem weiß ich, dass Erwachsene Kinder nicht<br />
so einfach umerziehen können, wie es ihnen passt.<br />
Das weiß auch der Evangelische Verein für<br />
Adoptions- und Pflegekindervermittlung, der sich<br />
um passende Eltern für Kinder Gedanken macht.<br />
Erst bei diesem Interview wurde mir klar, dass es<br />
dieser Vermittlungsstelle nicht darum geht, Eltern<br />
ihren Kinderwunsch zu erfüllen oder gar ihren<br />
Traum von einem „Wunschkind“ Wirklichkeit werden<br />
zu lassen. Kinder wollen genau wie die Erwachsenen<br />
mit ihren Stärken und Schwächen wahrgenommen<br />
werden. Es gibt aber einen großen Unterschied:<br />
Kinder sind abhängig von den Erwachsenen <strong>—</strong> nicht<br />
umgekehrt. Die Vermittlung von Kindern durch<br />
den Evangelischen Verein für Adoptions- und<br />
Pflegekindervermittlung ist eine notwendige und<br />
gute Alternative zu Patenschaften.<br />
Ich bin Patin bei der Kindernothilfe und fühle mich<br />
wohl dabei. Der Gedanke, mit meiner Patenschaft<br />
Selbsthilfenetze für Mütter in ärmeren Regionen zu<br />
fördern, gefällt mir.<br />
Professor Katzorke stellt Novum <strong>—</strong> das Zentrum für<br />
Reproduktionsmedizin in Essen vor. Er erläutert<br />
unter anderem in seinem Kurzreferat, warum für<br />
Frauen mit <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> eine Reproduktionsbehandlung<br />
nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />
sinnvoll und erfolgreich ist. Ich war über<br />
die Ehrlichkeit seiner Ausführungen überrascht. Ich<br />
hatte angenommen, dass Professor Katzorke für<br />
die Methoden der Reproduktionsmedizin in unserer<br />
Gruppe werben möchte. Das ist nicht so. Es geht um<br />
eine kritische Sichtweise des Themas.<br />
Die Frauengruppe Münster/Osnabrück lädt zum<br />
Frauentreffen 2010 nach Nordwalde ein. Es findet<br />
vom 15. bis 17. Oktober statt. Die Frauen aus dem<br />
Verein und interessierte betroffene Frauen sind<br />
herzlich eingeladen.<br />
Das Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe<br />
ist patientenorientierte Information, zum Beispiel<br />
mit folgenden Fragen: Wie erkläre ich das <strong>Ullrich</strong>-<br />
<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> meiner Tochter? Wie bringe ich es<br />
meinem Partner bei? Und: Wie formuliert der Arzt,<br />
die Ärztin gegenüber der Patientin, was Sache ist?<br />
Das Redaktionsteam lädt die LeserInnen ein, uns<br />
zum Thema zu schreiben.<br />
Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!<br />
Ihre<br />
editorial<br />
Das Kinderwunschthema hat es in sich. Elke,<br />
Hannelore, Gabi und Kati schildern, wie sie ihren<br />
Lebensplan mit Kindern verwirklichen konnten.<br />
Petra beschreibt ihre Gründe für ein Leben ohne<br />
Kinder. Vielleicht helfen die Erfahrungsberichte<br />
anderen Frauen, den eigenen Lebensplan zu<br />
analysieren.<br />
5
6<br />
Der Vorstand beim Jahrestreffen 2007 in Gemen<br />
Neues aus dem Vorstand<br />
• Forschungsprojekt an der Unikinderklinik Köln<br />
Die Verträge für das Projekt zur Erforschung der<br />
Muskel-Knocheninteraktion beim UTS sind nun<br />
gemacht. Auf unserem Jahrestreffen wird PD Dr.<br />
med. Oliver Fricke von der Klinik und Poliklinik für<br />
Allgemeine Kinderheilkunde der Universität Köln<br />
einen Vortrag über die neuesten Erkenntnisse zur<br />
Muskel-Knocheninteraktion beim <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> halten. Leider kann Professor Dr. med.<br />
Eckhard Schönau an diesem Tag nicht selbst<br />
kommen.<br />
• Ärztefortbildung 2011<br />
Die Ärztefortbildung zu Thema <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> hat der Vorstand auf 2011 verschoben. Es<br />
bedarf doch einer längeren Zeit der Vorbereitung,<br />
um solch ein großes Projekt auf die Beine zu stellen.<br />
Es sind bis jetzt Teilaufgaben an die einzelnen<br />
Vorstandsmitglieder verteilt worden und es wird ein<br />
Komitee gebildet. Dieses wird voraussichtlich aus<br />
Professor Dr. med. Fritz Haverkamp, Dr. med. Astrid<br />
Bühren, Diplom-Psychologin Angelika Bock, Kerstin<br />
Subtil und zwei weiteren Personen bestehen. Wir<br />
halten Sie hier weiter auf dem Laufenden.<br />
• CD-Projekt<br />
Unsere CD nimmt Form an. Wir konnten die Diplom-<br />
Grafikerin Lisa Eppinger mit der Erstellung des<br />
Booklets beauftragen und haben auch schon<br />
einige schöne Ideen zur Gestaltung gesammelt.<br />
Die Vorstellung des Projekts ist bei Pharmafirmen<br />
auf positive Resonanz gestoßen, so dass wir auf<br />
finanzielle Unterstützung hoffen können.<br />
• Regionalgruppenleitfaden<br />
Wir haben den Leitfaden für Regionalgruppen<br />
vollständig überarbeitet. Er kann demnächst verteilt<br />
werden. Er soll den Regionalgruppenleitern einen<br />
Überblick geben und Hilfestellung bei der täglichen<br />
Arbeit sein.<br />
In den <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Nachrichten 2. 2010<br />
werden wir weitere ausführliche Informationen zu<br />
den Projekten geben.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Kerstin Subtil<br />
Vorstand der <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung<br />
Deutschland e. V.<br />
der vorstand informiert<br />
7
8<br />
Veränderungen in meinem Leben Angst machend <strong>—</strong> Mut machend <strong>—</strong> ganz schön spannend<br />
Ein Bericht vom Weibertreffen von Bettina von Hanffstengel<br />
Die Weiber haben sich wieder in Mainz getroffen. Elf<br />
Mädchen haben sich auf das Thema „Veränderungen<br />
in meinem Leben. Angst machend <strong>—</strong> Mut machend <strong>—</strong><br />
ganz schön spannend“ eingelassen. Anlass war der<br />
18. Geburtstag von zwei Mädchen, der ja einige Veränderungen<br />
mit sich bringt, mit denen sie umgehen<br />
müssen.<br />
Ein wichtiger Aspekt ist das Thema Selbstverant-<br />
wortung, das in Theorie und Praxis geübt wird. Das<br />
Besondere am Weibertreffen ist: Üben macht Spaß!<br />
Dazu gehört auch der Samstagnachmittag, den die<br />
Mädchen zum Gang in die Stadt nutzen. Dafür gibt<br />
es Regeln, an die sich alle halten. Und natürlich sind<br />
Elke Müller-Seellig und ich am Nachmittag im Zweifelsfall<br />
mit dem Handy erreichbar. Und je öfter die<br />
Mädchen das erlebt haben, desto besser organisieren<br />
sie diesen Ausflug in die Stadt selbst. Sie finden den<br />
richtigen Bus in die Innenstadt, gehen in kleineren<br />
Gruppen und kommen zur vereinbarten Zeit in die<br />
Jugendherberge zurück. Sie erzählen, was sie erlebt<br />
haben.<br />
Dieser Ausflug „in die Stadt” ist auch der Grund, beim<br />
Standort Mainz für das Weibertreffen zu bleiben. Die<br />
Mädchen, die schon öfter dabei waren, kennen sich<br />
aus und zeigen den „Neuen”, wie sie mit dem Bus in<br />
die Innenstadt und wieder zurück kommen können.<br />
Mainz ist gut mit dem ÖPNV und dem Auto erreichbar.<br />
Mainz, die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz, ist<br />
eine lebhafte Stadt, aber überschaubarer als München<br />
oder Berlin. Und wenn eine mal Lust auf einen<br />
kulturellen Nachmittag hätte, gäbe es das Gutenberg-<br />
Museum oder den Dom und vieles mehr.<br />
Auch das Jugendgästehaus Mainz hat eine angenehme<br />
Größe: es ist groß genug, um mit Leuten aus<br />
anderen Gruppen in Kontakt kommen zu können und<br />
klein genug, um unter sich bleiben zu können.<br />
Zitat von Natalie, Sabina und Jana:<br />
„Es war schön. Es hat wieder sehr viel Spaß gemacht.<br />
Wir haben sehr viel dazu gelernt. Es ist schön, jedes<br />
Mal neue Freunde kennen zu lernen.“<br />
Zitat von Malena, Anna-Lena, Jessy und Rieke:<br />
„Es war gut, andere Mädchen zu sehen, die das<br />
<strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> haben. Es hat mir gut gefallen,<br />
nach Mainz hinein gehen zu können. Es war so<br />
schön wie immer. Bloß nicht verpassen!“<br />
Zitat von Kerstin:<br />
„Mir hat der Cocktailabend (mit alkoholfreien Cocktails<br />
natürlich!) anlässlich des Geburtstags von<br />
Natalie und Sabina sehr gut gefallen. Dann haben<br />
wir eine Spielhochzeit gefeiert und es gab drei Paare:<br />
Natascha hat Maria, Kerstin hat Antonia und Malena<br />
hat Rieke geheiratet.“<br />
Zitat von Natascha:<br />
„Das Weibertreffen war mal wieder ein voller Erfolg.<br />
Besonders gut haben mir die Spielhochzeiten gefallen.<br />
Es hat mir gut in Mainz gefallen. Die Märchen<br />
fand ich auch sehr schön und wir haben viel zum<br />
Thema gelernt. Es war schön, die anderen Mädchen<br />
zu sehen.“<br />
Das Weibertreffen fand mit freundlicher<br />
Unterstützung von Merck Pharma GmbH statt.<br />
Unser Stand beim Humangenetikerkongress in Hamburg<br />
Ein Bericht von Gabi<br />
Viele interessante Gespräche sowohl mit Ärzten und<br />
Ärztinnen als auch mit Medizinstudierenden brachte<br />
der Humangenetikerkongress, der vom 2. bis 4. März<br />
in der Universität Hamburg stattfand. Das Institut<br />
für Humangenetik war Gastgeber der gemeinsamen<br />
21. Jahrestagung der <strong>Deutsche</strong>n Gesellschaft für<br />
Humangenetik, der Österreichischen Gesellschaft<br />
für Humangenetik und der Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Medizinische Genetik.<br />
Kerstin und ich betreuten dort einen Stand, der uns<br />
dank der günstigen Lage gleich im Mittelgang viel<br />
Zulauf brachte. Unser Infomaterial fand reißenden<br />
Absatz. Dr. med. Moritz Meins, Humangenetiker<br />
aus Kassel, versprach uns, sich für die Vereinigung<br />
einzusetzen und Gelder für unser Forschungsprojekt<br />
locker zu machen. Aus unserer Sicht war die Veranstaltung<br />
ein voller Erfolg.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter www.gefh.de<br />
aktuell<br />
9
Die Homburger Gruppe beim Infotag der Universität<br />
Die Universität Homburg an der Saar informiert über das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
Ein Bericht von Kristin<br />
Im Folgenden möchte ich meine Eindrücke von der<br />
Uni-Veranstaltung zum <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> schil-<br />
dern. Ein detaillierter Bericht, der den einzelnen Vor-<br />
trägen in Ihrer Komplexität gerecht werden wollte,<br />
würde den Rahmen sprengen.<br />
Einige Worte vorweg: Im Oktober hatten die Pla-<br />
nungen für den Informationstag schon begonnen<br />
und unsere kleine Homburger Frauengruppe hatte,<br />
unter Führung von Dr. med. Tilmann Rohrer, Leiter<br />
der pädiatrischen Endokrinologie in Homburg<br />
sehr schnell die Themen ausgesucht: Besonders<br />
auf die Probleme junger Eltern kurz nach<br />
der Diagnosestellung sowie auf die Frage, wann und<br />
wie man am besten mit der Tochter über die Diagnose<br />
spricht, sollte eingegangen werden und wann die<br />
Pubertät bei den Mädchen eingeleitet werden sollte.<br />
Des Weiteren sollte der Blick auf die Situation der<br />
betroffenen Frauen mittleren und fortgeschrittenen<br />
Alters gerichtet werden. Auch ein Jugendtreff für<br />
Mädchen und junge Frauen war vorgesehen. Mit der<br />
kräftigen Unterstützung der Homburger Pädiatrie<br />
und der Firma Ipsen Pharma GmbH konnte unser Vorhaben<br />
dann am 20. März 2010 endlich wahr werden.<br />
Nach der Begrüßung erhielten die Teilnehmer im<br />
Vortrag von Dr. med. Barbara Oehl-Jaschkowitz einen<br />
schönen Einblick in die Medizingeschichte mit dem<br />
Schwerpunkt <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>. Bereits in der<br />
Antike soll dieses <strong>Syndrom</strong> beschrieben worden sein,<br />
die erste bekannte Beschreibung stammt aus dem<br />
1761, die entscheidenden Arbeiten wurden aber 1938<br />
von den amerikanischen Hormonspezialisten Henry<br />
<strong>Turner</strong> und dem deutschen Kinderarzt Otto <strong>Ullrich</strong><br />
verfasst. Die Bezeichnungen Schereschewsky–<strong>Ullrich</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
(französische Literatur) und Bonnevie-<strong>Ullrich</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
(deutsche Literatur) werden<br />
synonym für das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> verwandt.<br />
Die Anfänge des Projektes<br />
Ergreifend waren die Ausführungen vom Professor<br />
Dr. med. Klaus Zang, der noch einmal die Anfänge der<br />
Projektarbeit mit betroffenen Frauen und Mädchen<br />
schilderte. Das Projekt begann im Jahre 1985 am<br />
Humangenetischen Institut in Homburg, mit dessen<br />
Leitung Professor Dr. med. Klaus Zang lange Jahre<br />
betraut war. Dr. med. Sigrid Reicke betreute das<br />
Projekt von 1985 bis 1986. Von 1986 bis 1990 war es<br />
in den Händen von Dr. med. Astrid Bühren und der<br />
Sozialpädagogin Jutta Blin. Seinen Höhepunkt fand<br />
das Projekt in der Gründung der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Turner</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung e. V. Später nannten wir uns<br />
<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung Deutschland e. V.<br />
Diagnose und Therapie in den Alterstufen<br />
Äußerst interessant waren die Ausführungen von<br />
Professor Dr. med. Wolfram Henn, Institut für<br />
Humangenetik in Homburg, zur Bewältigung und<br />
zu den medizinischen Aspekten des <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>s. Mit viel Humor legte Professor Henn die<br />
molekularbiologischen Hintergründe dar und erklärte<br />
das Entstehen der einzelnen Karyotypen sehr<br />
anschaulich. Auch der Zeitpunkt der Diagnose, der<br />
pränatal, direkt nach der Geburt, im Säuglings- Kindes-,<br />
Jugendlichen- oder Erwachsenenalter liegen<br />
kann, erfordert aus der Sicht des Arztes und Therapeuten<br />
jeweils ein anderes Vorgehen. So muss bei<br />
einer Diagnosestellung im jugendlichen Alter geprüft<br />
werden, wie die absehbare Pubertätsentwicklung<br />
voraussichtlich verlaufen wird und wie optimal therapiert<br />
werden kann. Im Erwachsenenalter stehen<br />
Fragen zur Fertilitätsbehandlung im Vordergrund.<br />
Unterschiedliche Sichtweisen<br />
Entsprechend unterschiedlich je nach Diagnosezeitpunkt<br />
ist die Sicht der Eltern, Mädchen und Frauen.<br />
Ist die Diagnose schon während der Schwangerschaft<br />
bekannt, ist die Unsicherheit der werdenden Eltern<br />
groß und eine gute genetsche Beratung unerlässlich.<br />
Das klinische Bild des <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>s<br />
Sehr umfassend und übersichtlich stellte PD Dr. med.<br />
Tilmann Rohrer das klinische Bild des <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>s dar und wies hierbei ausdrücklich auf<br />
dessen große Variabilität hin. Systematisch wurden<br />
die einzelnen Organsysteme beleuchtet, die betroffen<br />
sein können, und die Richtlinien, nach denen die<br />
Therapie der Patientinnen je nach Befund konzipiert<br />
und weitergeführt werden kann. Hierbei berücksichtigte<br />
Dr. med. Tilmann Rohrer die neuesten Leitlinien<br />
und Konsensusempfehlungen von 2007 und 2008.<br />
Die Teilnehmer erfuhren viel Neues über die Art<br />
und zeitliche Planung der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen.<br />
Die Errechnung der Endgröße und<br />
die Behandlung mit Wachstumshormonen wurden<br />
ebenso erörtert. Insgesamt wurde deutlich, dass<br />
eine multidisziplinäre Betreuung der Patientinnen<br />
wünschenswert ist.<br />
Die Einleitung der Pubertät<br />
In den den Ausführungen zur Einleitung der Pubertät<br />
beim <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> durch Dr. med. Stefanie<br />
Lehmann-Kannt und Dr. med. Tilmann Rohrer wurde<br />
deutlich, dass nur bei zehn bis zwanzig Prozent der<br />
Mädchen mit <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> die Pubertät „von<br />
selbst“ einsetzt und nur bei ungefähr fünf Prozent<br />
der Mädchen eine spontane Periodenblutung<br />
auftritt. Noch seltener sind spontane Schwangerschaften.<br />
Eine Einleitung der Pubertät und eine<br />
Hormonsubstitution bis zum fünften Lebensjahrzehnt<br />
ist unerlässlich, sowohl aus medizinischer<br />
(Prophylaxe: Osteoporose, Gefäß- und Herzkreislauferkrankungen)<br />
als auch aus psychosozialer Sicht<br />
(Selbstbewusstsein, körperliche und psychische<br />
Lebensqualität). Wichtig ist eine gute Abstimmung<br />
mit der Wachstumshormontherapie, da die Gabe<br />
von Sexualhormonen das Schließen der Wachstumsfugen<br />
begünstigt. Die Gabe von Sexualhormonen<br />
in Form von transdermalen Pflastern hat sich bei<br />
erhöhtem Thromboserisiko und zur Vermeidung<br />
eines First-Pass-Effektes (= Umwandlung eines Arzneistoffes<br />
nach oraler Einnahme während der ersten<br />
Passage durch die Leber) bewährt.<br />
Die Pubertät aus psychologischer Sicht<br />
Diplom-Psychologin Angelika Bock schilderte eindrucksvoll<br />
die Pubertät aus psychologischer Sicht.<br />
Angelika Bock thematisierte die Mechanismen<br />
der Krankheitsbewältigung und zeigte günstige<br />
Bewältigungsmechanismen auf. Als Fazit bleibt,<br />
das Krankheits- oder Diagnosebewältigung als ein<br />
ständiger Prozess nie abgeschlossen ist. Wichtig ist,<br />
dass aus diesem Prozess gestärkte Erwachsene hervorgehen.<br />
Das hängt entscheidend vom Verhältnis<br />
zu den Eltern, von der liebevollen Akzeptanz und der<br />
tatkräftigen Unterstützung durch das Elternhaus ab.<br />
Das Selbstwertgefühl als Schlüsselqualifikation ist<br />
für das spätere Leben von eminenter Bedeutung:<br />
Die Säulen Selbstakzeptanz, Zufriedenheit mit sich<br />
selbst, eine grundsätzlich positive Einstellung zu sich<br />
selbst und das Gefühl, dass man sich in sich selbst zu<br />
Hause fühlt, tragen dieses Selbstbewusstsein, das<br />
schließlich die Basis für ein selbstsicheres Verhalten<br />
ist. Der Gegenpol dazu wäre selbstunsicheres und<br />
aggressives Verhalten.<br />
Behandlung und Diagnose kardialer Probleme<br />
Tiefe Einblicke in die Behandlung und Diagnose der<br />
kardialen Probleme und der Gefäßerkrankungen, die<br />
beim <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> häufig sind, vermittelte<br />
der lebendige, mit kleinen Videos zu den einzelnen<br />
Anomalien der Herz- und Gefäßfunktion (Aorta)<br />
aktuell<br />
11
12<br />
gespickte Vortrag von Professor Dr. med. Hashim<br />
Abdul-Khaliq. Es wurde deutlich, wie wichtig gerade<br />
in diesem Bereich die Überwachung und intensive<br />
Betreuung der Patientinnen ist.<br />
Hormone und Knochen<br />
Nach der Mittagspause bot der Vortrag von Dr. med.<br />
Bettina Friesenhahn „Hormone und Knochen“ einen<br />
weiteren Höhepunkt der Tagung. Ähnlich umfassend<br />
und verständlich wie der Vortrag von PD Dr.<br />
med. Tilmann Rohrer referierte Dr. med. Bettina<br />
Friesenhahn die Behandlung von Patientinnen mit<br />
<strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> aus der Sicht der Internistin<br />
und Endokrinologin. Sie brachte Licht in die Diagnostik,<br />
in die Planung und den Ablauf der Therapien und<br />
notwendigen Kontrolluntersuchungen.<br />
Kinder- und Jugendtreffpunkte<br />
Parallel zu den Vorträgen fand für die Kinder eine<br />
abwechslungsreiche Kinderbetreuung statt. Katharina<br />
Kunzler, eine Frau aus unserer Gruppe, hatte<br />
einen Jugendtreff für Mädchen und junge Frauen<br />
organisiert.<br />
Eltern-Tochter-Gespräche<br />
Von den Teilnehmern ebenso beachtet, führten<br />
Angelika Bock, Professor Dr. med. Wolfram Henn und<br />
Hans-Joachim Schindelhauer-<strong>Deutsche</strong>r, Psychotherapeut<br />
am Institut für Humangenetik in Homburg,<br />
eine Diskussion mit dem Thema: Wann reden wir als<br />
Eltern mit unserer Tochter über die Diagnose?<br />
Der Verein stellt sich vor<br />
Zum Abschluss hatte unsere Regionalgruppe Gelegenheit,<br />
sich selbst und die <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung<br />
Deutschland e. V. vorzustellen. Dabei wurden<br />
neue Kontakte geknüpft, alte wiederbelebt. Die<br />
Stimmung war sehr gut. Es war deutlich zu spüren,<br />
dass ein Bedürfniss nach Gespräch gerade auch bei<br />
den Eltern vorhanden ist. Unter den rund 120 (!) Teilnehmern<br />
und Teilnehmerinnen befanden sich alleine<br />
14 Kinder. Die Wochen der Planung und der Einsatz<br />
haben sich gelohnt. Wir haben alle eine bereichernde<br />
Tagung erlebt, die allen Teilnehmern Freude gemacht<br />
hat. Dies zeigt nicht zuletzt die Frage, wann denn die<br />
nächste Homburger Tagung stattfindet. Es war sicher<br />
nicht die letzte Veranstaltung dieser Art in Homburg!<br />
Herzlichen Dank an alle, die bei der Organisation<br />
mitgeholfen haben! Der Dank geht vor allem an Dr.<br />
med. Tilmann Rohrer, der mit seinen Mitarbeitern<br />
viel Arbeit bewältigt hat und nicht zuletzt mit den<br />
Räumen der Kinderklinik einen schönen Rahmen für<br />
das Treffen geboten hat. Unser Dank geht auch an<br />
Christina Pella von Ipsen Pharma, die in der Planung<br />
sehr viele hilfreiche Ideen hatte und für das leibliche<br />
Wohl sorgte. Wir freuen uns alle schon auf das nächste<br />
Treffen.<br />
Information zur Chronik<br />
Die Chronik der <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung<br />
Deutschland e. V. enthält auf 32 Seiten eine Rückschau<br />
auf die Entstehungsgeschichte des Vereins<br />
und eine anschauliche Darstellung von zwanzig<br />
Jahre Vereinsleben. Eine Zeittafel rundet die<br />
Geschichte des Vereins ab. Die Chronik des Vereins<br />
ist für 12 Euro in der Geschäftsstelle erhältlich.<br />
Melanie Becker-Steif<br />
Ringstraße 18<br />
53809 Ruppichteroth<br />
Fon 0 22 47. 75 97 50<br />
geschaeftsstelle@turner-syndrom.de<br />
Unser Wochenende in der Kieler Universität<br />
Ein Bericht zur APE-Tagung von Christane, Bettina und Silke Flinder<br />
Die mittlerweile vierte gemeinsame Jahrestagung<br />
der Arbeitsgemeinschaften der pädiatrischen Endokrinologie<br />
und der pädiatrischen Diabetologie fand<br />
in der Zeit vom 13. bis 15. November vergangenen<br />
Jahres an der Christian-Albrecht-Universität Kiel<br />
statt. Bettina Schaefer, Silke Flinder und Christiane<br />
vom Vorstand der <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung<br />
Deutschland e. V. haben dort einen Stand betreut.<br />
In den „<strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Nachrichten“ schildern<br />
sie, wie sie die Tagung erlebt haben.<br />
Bettina, Silke und ich trafen bereits am Vorabend<br />
der Tagung am überschaubaren Bahnhof in Kiel ein.<br />
Schnell hatten wir die Jugendherberge ausfindig<br />
gemacht und unser Zimmer bezogen. Am nächsten<br />
Morgen machten wir uns auf den Weg zur Universität.<br />
Wir bauten unseren Stand auf, und machten es uns<br />
gemütlich, bis die ersten Teilnehmer vorbeikommen<br />
würden. Die ließen auch nicht lange auf sich warten.<br />
Am Freitagmittag gab es ein „Round Table“–Gespräch<br />
mit den Veranstaltern und Ausstellern. Bei<br />
diesem Gespräch ging es zum Beispiel darum herauszufiltern,<br />
welche Bedürfnisse die Selbsthilfegruppen<br />
haben und welche Interessen die Pharmafirmen<br />
haben. Die Selbsthilfestände waren dieses Mal vom<br />
Veranstalter etwas ungünstig postiert worden. Wir<br />
hatten deswegen nicht immer viel zu tun. Das hing<br />
mit den örtlichen Gegebenheiten der Universität<br />
zusammen. Jedenfalls fanden wir auch Zeit, mit den<br />
anderen Selbsthilfegruppen intensiver ins Gespräch<br />
zu kommen. Am Samstagabend gönnten wir uns<br />
einen Besuch beim „Italiener“, bei dem uns zwei<br />
Damen des Schilddrüsenbundesverbandes „Die<br />
Schmetterlinge e. V.“ begleiteten. So ließen wir das<br />
Wochenende gemütlich ausklingen.<br />
Zahlreiche nette Gespräche mit den Studierenden,<br />
aber natürlich in erster Linie mit Ärzten und Ärztinnen<br />
und PharmavertreterInnen machten das<br />
Wochenende kurzweilig. Es ergaben sich sogar einige<br />
Spenden für unseren Verein. So konnten wir mit<br />
der Firma Ipsen Pharma GmbH persönlich über das<br />
Regionalleiter-Wochenende sprechen.<br />
Es bleibt festzuhalten, dass die Teilnehmer zahlreich<br />
unseren Stand besucht und Informationsmaterial<br />
angenommen haben. Vor allem die neue<br />
Informations-Broschüre für Jugendliche, an der<br />
unter anderem Angelika Bock mitgewirkt hat, kam<br />
beim Publikum gut an. Die Broschüre ist für Eltern<br />
und Jugendliche gleichermaßen empfehlenswert.<br />
Sie wurde von der Firma Ipsen Pharma GmbH fachlich<br />
und finanziell unterstützt. Gleichzeitig haben<br />
wir gezielt die anwesenden PharmavertreterInnen<br />
angesprochen. Dabei war es uns wichtig, Öffentlichkeitsarbeit<br />
in eigener Sache machen können, zum<br />
Beispiel für das CD-Projekt.<br />
Unser Fazit: Die Jahrestagung in Kiel war für uns ein<br />
interessantes, kurzweiliges, erfolgreiches und unterhaltsames<br />
Wochenende!<br />
Informationen über die APE-Tagung finden Sie auch<br />
unter www.ape-agpd2009.de<br />
Information zum CD-Projekt<br />
Für die, die das CD-Projekt noch nicht kennen:<br />
Die Schauspielerin Judith HIldebrandt hat einige<br />
Gedichte von Frauen mit <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>auf<br />
CD gesprochen. Die Hintergrund-Musik ist von<br />
Friedemann Benner gesponsert. Wir berichteten<br />
in den ullrich-turner-syndrom-nachrichten 1. 2009<br />
und 2. 2009 ausführlich darüber.<br />
Spenden für das CD-Projekt erbitten wir auf das<br />
Vereinskonto bei der Postbank Köln, Bankleitzahl<br />
370 100 50, Kontonummer 526 848 504<br />
Die Spender werden auf der CD-Hülle oder in den<br />
ullrich-turner-syndrom-nachrichten genannt, wenn<br />
sie das wünschen.<br />
aktuell<br />
13
Sarah<br />
Leonie<br />
Tante, nicht Mutter Von Sarah<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
„Es ist erstaunlich. Man betrachtet das Bild der ungeborenen Nichte und<br />
kann sich sehr gut ausmalen, wie der Bruder und vor allem die werdende<br />
Mutter sich gefühlt haben müssen, als sie das gleiche Bild zum ersten Mal<br />
vor Augen hatten. Live. Mit Bewegung.“ Sarah<br />
Normalerweise freue ich mich immer sehr über die E-Mails, die mein Bruder mir<br />
schickt. Da er am anderen Ende der Bundesrepublik lebt, sehen wir uns selten.<br />
Über Mails und Telefonate halten wir uns gegenseitig auf dem Laufenden.<br />
Die Technik macht’s möglich. Doch dieses eine Mal <strong>—</strong> im letzten Herbst war es<br />
<strong>—</strong> musste ich ganz schön schlucken, bevor ich mit der Maus auf „Öffnen“ klickte. Es<br />
war vor allem der Anhang der E-Mail, der mir zu schaffen machte. Eine Bild-Datei.<br />
Kurz zuvor war mein Bruder nämlich mit seiner schwangeren Freundin beim<br />
Frauenarzt gewesen. Sie hatten dort den ersten Ultraschall ihres Babys machen<br />
lassen. „Wir bekommen eine kleine Tochter!“, hatte er mir voller Stolz am Telefon<br />
mitgeteilt und das berühmte Ultraschallbild gleich als E-Mail geschickt.<br />
Dass ich am <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> leide, weiß ich seit meinem 16. Lebensjahr. Lange<br />
Zeit hat mich der Gedanke an Kinderlosigkeit nicht wirklich beschäftigt. Mir<br />
schwirrten andere Dinge im Kopf herum: Jungs, die neueste Musik im Radio, der<br />
Schulabschluss, die nächste Party: Woran junge Mädchen eben so denken. Doch<br />
schon immer war sie da, diese latente Angst vor dem Moment, der einschlagen<br />
würde wie eine Bombe: Tante kann ich werden, Mutter aber nicht. Und dann kam<br />
dieser Moment in Form einer E-Mail.<br />
Es ist erstaunlich. Man betrachtet das Bild der ungeborenen Nichte und kann<br />
sich sehr gut ausmalen, wie der Bruder und vor allem die werdende Mutter sich<br />
gefühlt haben müssen, als sie das gleiche Bild zum ersten Mal vor Augen hatten.<br />
Live. Mit Bewegung. Und sie mit dem wohlig-kalten Gel vom Ultraschall auf dem<br />
Bauch. Winzig kleine Hände, klitzekleine Füßchen. So hilflos sieht es noch aus,<br />
so verletzlich und doch so real. Die Freude über das erste Kind muss unglaublich<br />
groß sein. Noch jetzt, beim Schreiben dieser Zeilen, kommen mir die Tränen.<br />
Wieder dieser Gedanke: Tante werden kann ich, Mutter aber nicht.<br />
Es freut mich, dass mein Bruder seine Freude so offen zeigt, obwohl er über meine<br />
Situation Bescheid weiß. Dass er mich an seinem Leben teilhaben lässt, dass er<br />
seiner Schwester von seinem jungen Familienglück berichtet, hat mich immer<br />
ungemein berührt. Er hat keine Schuld an meinen Tränen. Denn niemand hat<br />
Schuld daran.<br />
Und dann fällt es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen: Niemand hat Schuld<br />
daran. Und schon gar nicht meine kleine Nichte, die bald das Licht der Welt<br />
erblickt. Ein neues Leben ist auf dem Weg. Ein neuer Mensch, eine solche<br />
Bereicherung für jede Familie. Ein kleines Mädchen wird unser aller Alltag<br />
ganz schön auf den Kopf stellen. Die ersten Schritte, die ersten Wörter, die<br />
ersten Zähnchen. Helles Kinderlachen wird in Zukunft wieder bei unseren<br />
Familientreffen zu hören sein. Ein kleiner Mensch, der mir sein Lächeln schenkt.<br />
Der Gedanke gefällt mir. Hoffentlich schickt mir mein Bruder auch in Zukunft<br />
viele Bilder seiner Tochter per E-Mail. Ich werde Tante. Und freue mich sehr<br />
darauf!<br />
15
16<br />
„Vor einiger Zeit habe ich erkannt, dass mein Kinderwunsch zwei Aspekte<br />
hatte. Ich wwäre<br />
äre sehr gerne schwanger gewesen und hätte ein Kind gebo-<br />
ren und dann mit diesem Kind gelebt. Ich hätte mich daran gefreut, Ähn-<br />
lichkeiten von mir oder Lilo an dem Kind zu entdecken. Lange trauerte ich<br />
um das grünäugige Mädchen, das nie geboren werden würde. Irgendwann<br />
erkannte ich, dass es mir vollkommen gereicht hätte, schwanger zu sein<br />
und das Kind auf die Welt zu bringen. Ein Leben mit einem Kind konnte ich<br />
mir, je älter ich wurde, nicht mehr vorstellen.“ Bettina von Hanffstengel<br />
Kinderwunsch – Wunschkind? Von Bettina von Hanffstengel<br />
Nun, die Welt ist anders eingerichtet und das wissen wir alle. Wer ein Kind<br />
bekommt, wird in aller Regel mit diesem Kind leben und lebenslang Verantwortung<br />
tragen. Und natürlich weiß ich schon seit 37 Jahren, dass ich mir zwar mit<br />
viel Aufwand ein Kind ins Leben holen, aber niemals schwanger werden könnte.<br />
Und eine Geburt, die kann ich mir wahrscheinlich nur im Fernsehen anschauen, so<br />
dachte ich lange Zeit und war darüber sehr traurig.<br />
Bei der Ausbildung zur Kinderkrankenschwester hatten wir das Fach „Das gesunde<br />
Kind”. Da lernten wir die Vorbereitung auf die Geburt und dazu gehörte auch, den<br />
Koffer für die Klinik zu packen, wann das geschehen sollte, was alles hinein gehört.<br />
Ich war sehr überrascht, dass da lauter Wegwerfartikel reinkamen, wie Einmal-<br />
Unterhosen und Einmal-Waschlappen. „So etwas würde ich nicht nehmen!”, habe<br />
ich mir gedacht und in allen Einzelheiten vorgestellt, was ich in diesen Koffer<br />
packen würde. Es hat dann sehr lange gedauert <strong>—</strong> ich glaube eine Woche <strong>—</strong> bis<br />
mir bewusst wurde, dass ich diesen Koffer für die Klinik niemals für mich selbst<br />
packen würde. Und selbst dann mochte ich es kaum glauben, so farbig war die<br />
Vorstellung gewesen.<br />
Jahre sind seitdem vergangen. Eines Tages wurde meine Freundin Heike* im Alter<br />
von 35 Jahren überraschend schwanger. Lange hatte auch sie sich nach einem<br />
Kind gesehnt. Aber nun war sie vom falschen Mann schwanger. Lange hat sie es<br />
nicht einmal bemerkt und als sie es merkte, war es für eine Abtreibung zu spät.<br />
Früh fiel die Entscheidung, das Kind zur Adoption frei zu geben.<br />
Etwa zwei Monate vor der Geburt fragte sie mich, ob ich bei der Geburt dabei sein<br />
wollte. Das Kind sollte um den 24. Dezember herum geboren werden. Sie bat mich<br />
sogar darum, mit ihr zur Geburtsvorbereitung ins Martha-Maria-Krankenhaus zu<br />
gehen. Das tat ich sehr gerne und fand die Sache hochinteressant.<br />
Und wieder verging die Zeit. Weihnachten rückte heran. Am 24. Dezember bereite-<br />
ten Lilo und ich alles für unseren Weihnachtsabend vor. Um 18.00 Uhr sagte Lilo:<br />
„In einer Stunde ist Weihnachten, dann hörst du auf mit aufräumen und schmücken,<br />
dann muss alles fertig sein.” Eine halbe Stunde später rief Heike an. Es war<br />
so weit. Sie war auf dem Weg in die Klinik Hallerwiese, hatte sich ganz kurzfristig<br />
dazu entschlossen. Ich sollte erst mal in die Klinik kommen und anschließend bei<br />
ihr zu Hause noch den Mutterpass und andere Unterlagen finden und ins Krankenhaus<br />
bringen. Ich nahm also den Schlüssel und suchte in Heikes chaotischer,<br />
unaufgeräumter Wohnung nach dem Mutterpass. Ich fand glücklicherweise alles<br />
und kehrte ins Krankenhaus zurück.<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
Nie zuvor hatte ich mir klar gemacht, wie lang so eine Geburt dauern kann. Aus zwei<br />
anderen Zimmern hörte ich das stark verstärkte Geräusch des Herzschlags der<br />
Kinder. Meine Freundin badete erst einmal ausgiebig. Dann ging sie in das Zimmer,<br />
in dem sie gebären sollte. Sie lief hin und her und regte sich immer noch über den<br />
Kindsvater auf und dass sie das Kind eigentlich gar nicht wollte. Im Martha-Maria-<br />
Krankenhaus hatte es ein Seil gegeben, an das sie sich hätte hängen können. Das<br />
fehlte ihr hier und sie hängte sich ein wenig an mich. Das war nicht so einfach,<br />
denn sie ist größer als ich. Sie ärgerte sich sehr darüber, dass es kein Seil gab.<br />
Sie wehrte sich mit aller Vehemenz gegen den Wehenschreiber, aber vergebens.<br />
Immer wieder sagte die Hebamme: „So wie Sie es wollen, können Sie hier gar nicht<br />
gebären. Das geht nur bei der Hebamme.” Für diesen klugen Rat war es leider zu<br />
spät. Heike hatte sich viel zu lange gegen das Kind gewehrt, um eine Geburt bei<br />
einer Hebamme im Geburtshaus in die Wege zu leiten. Und doch waren manche<br />
Dinge möglich, an die ich in einem Krankenhaus nicht gedacht hatte. Ich durfte<br />
getrockneten Salbei mitbringen, an dem Heike roch, und es gab eine Duftlampe.<br />
Das Bett, in das sich Heike schließlich legte, war eine Überraschung. Man konnte es<br />
nämlich quer teilen, so dass die Gebärende darin auch sitzen und die Füße aufstüt-<br />
zen konnte. Die Geburt zog und zog sich dahin und schließlich verlor die Hebamme<br />
die Geduld und sagte zu Heike, sie solle ihre Füße gegen uns beide stützen und<br />
pressen. Heike rief: „Ich will nicht! Ich will einen Kaiserschnitt!” „Dafür ist es zu<br />
spät, pressen Sie!” Und Heike presste nach Leibeskräften. Endlich, um 6.03 Uhr in<br />
der früh kam Scott Rafael Ganesha zur Welt. Sie bereiteten alles vor und ich durfte<br />
ihn abnabeln. Die Hebamme machte sogar ein Bild von Scott. Dann fuhren sie Heike<br />
mit ihrem Kind heraus. Es dauerte etwa 30 Minuten, bis sie bereit war, dem Kind<br />
die Brust zu geben. Ich verabschiedete mich von ihr auf der Neugeborenenstation.<br />
Später schickte mir Heike noch ein sehr schönes Bild von sich und Scott mit einem<br />
roten Fußabdruck. Das Bild habe ich noch heute. Scott habe ich jedoch nie wieder<br />
gesehen. So weit ich weiß, hat ihn Heikes Schwester adoptiert. Auch Heike ist aus<br />
meinem Gesichtskreis verschwunden und lebt nun in Österreich.<br />
* Heike ist selbstverständlich ein Pseudonym<br />
17
Foto Marlis Stempel<br />
Gabi<br />
Aus der Traum vom Kind Von Gabi<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
„Immer hatte ich mir Kinder gewünscht. Das war ein großer Traum von<br />
mir. Der war nach dieser Diagnose ausgeträumt.“ Gabi<br />
Als ich mit 19 Jahren nach einer Bauchspiegelung erfahren habe, dass ich<br />
keine Kinder bekommen kann, brach für mich eine Welt zusammen. Ich konnte<br />
nichts mehr essen und trinken und habe nur geweint. Immer hatte ich mir<br />
Kinder gewünscht. Das war ein großer Traum von mir. Der war nach dieser<br />
Diagnose ausgeträumt. Vom <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> hatte ich zunächts nichts<br />
gewusst. Mir wurde nur erzählt, dass meine Eierstöcke und meine Gebärmutter<br />
nicht ausgereift wären. Schlimm war für mich, dass ich nicht wirklich mit<br />
jemandem darüber reden konnte. Versuchte ich es, wurde die Kinderlosigkeit<br />
heruntergespielt. Es kamen immer die gleichen Sprüche: es gäbe schließlich die<br />
Möglichkeit einer Adoption. Geholfen hat mir das damals allerdings nicht.<br />
Die Jahre vergingen. Ich versuchte, mein Schicksal zu akzeptieren. Alles brach<br />
wieder auf, als meine Schwester mir erzählte, dass sie ein Kind erwartet. Da war<br />
sie 17. Ich war neidisch und eifersüchtig. Ich konnte mich nicht richtig mit ihr<br />
freuen. Sie brachte einen gesunden Jungen zur Welt und knapp zwei Jahre später<br />
kam der zweite Sohn. Für mich war es schlimm anzusehen, dass Kerstin mit ihrer<br />
Mutterrolle völlig überfordert war. Die Verhältnisse wurden so dramatisch, dass<br />
ich mich gezwungen sah, das Jugendamt einzuschalten. Die Kinder kamen in ein<br />
Heim. Meine Versuche, die Vormundschaft für die beiden zu bekommen, schlugen<br />
fehl, da ich nicht verheiratet war. Ich habe jedoch immer Kontakt zu den Neffen<br />
gehalten. Jetzt ist es so, dass ich in meiner Freizeit in meiner Kirchengemeinde<br />
mit Kindern arbeite und zwei süße Patenkinder habe. Die Arbeit macht mir sehr<br />
viel Freude und ich sehe sie als Ausgleich und als Geschenk Gottes an.<br />
19
Petra<br />
Foto Marlis Stempel<br />
„Es war schon immer für mich der Wunsch gewesen, irgendwann ein-<br />
mal eigene Kinder zu bekommen und eine Familie zu haben. Vor allem<br />
wünschte ich mir, dass auch im Alter jemand da ist, der sich um mich<br />
kümmert. Einer, der zum Beispiel mit mir spazieren geht, mit mir Kaffee<br />
trinkt. Enkelkinder sollten da sein, denen ich von den eigenen Erfah-<br />
rungen berichten kann, so wie ich auch die Herzlichkeit und Wärme<br />
meiner Großeltern genossen hatte. Ich habe gerne bei ihnen übernachtet.<br />
Das war für mich eine schöne Kindheitserinnerung. Die wollte ich auch<br />
weitergeben.“ Petra<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
Kinder <strong>—</strong> ja gerne? Und weitere Fragen zum Kinderwunsch Von Petra<br />
Stattdessen bekam ich im Krankenhaus die Diagnose, dass ich keine Kinder<br />
bekommen werde. Für mich brach erst einmal die Welt zusammen. Ich fragte mich:<br />
„Warum ich?“ Mir wurde ganz schnell bewusst, dass ich meine Kinderlosigkeit<br />
akzeptieren muss, weil daran nichts zu ändern ist. Ich dachte auch über Adoptivund<br />
Pflegekinder nach. Doch für mich war bald klar, dass dies nicht die Lösung<br />
sein konnte, da ich am meisten traurig darüber war, die Erfahrung einer Schwangerschaft<br />
nicht machen zu können. Mein Partner machte es mir leicht, darüber<br />
nicht traurig zu sein, weil er für sich entschieden hatte, dass er keine Kinder haben<br />
möchte. Nervlich würde er die Verantwortung nicht schaffen.<br />
Da fragte ich mich, ob ich die Verantwortung tragen könnte, eigene Kinder groß<br />
zu ziehen. Das ist keine leichte Aufgabe. Ich kann vorher gar nicht einschätzen,<br />
wie ich selber damit umgehe und ob ich dem gerecht werden kann. Weitere Fragen<br />
tauchten bei mir auf: Was wird die Zukunft den Kindern bringen? Wie werden<br />
sie das Arbeitsleben und die Umweltprobleme meistern? Kann ich Kinder stark<br />
machen für ein glückliches Leben? Stehen sie im Alter zu mir? Und kann ich<br />
mein eigenes Leben meistern? Es wird immer schwerer heutzutage, das Leben<br />
zu meistern.<br />
Das ist täglich auf‘s Neue ein Kampf, da die Welt immer hektischer und auch ver-<br />
schmutzter wird und sich übervölkert. Das muss ich auch bedenken. Mit diesen<br />
Gedanken fiel es mir leichter zu sagen: „Es geht auch ohne Kinder“, auch wenn<br />
ich optimistisch in die Zukunft schaue und nicht weiß, wie es mir im Alter ergehen<br />
wird. Ich versuche das später auf eine andere Weise gut zu machen, indem ich<br />
mich um Tiere kümmere, die kein zu Hause haben und denen es nicht gut geht. Das<br />
würde ich dann auch mit Herz und Engagement machen. Es würde mich glücklich<br />
machen, da etwas Gutes zu tun. Das braucht Zeit und im Berufsleben funktioniert<br />
das nicht immer. Deshalb werde ich damit warten, bis ich Rentnerin bin und ich<br />
mich dem voll widmen kann. Bis dahin genieße ich das Leben mit meinem Partner<br />
und versuche, das Beste daraus zu machen. Wir haben unser Leben gemeinsam<br />
aufgebaut. Vom Partner Halt zu haben und sich zu vertrauen, solange es geht, das<br />
ist für mich das Wichtigste.<br />
21
22<br />
„Seit einem Jahr bereichert der inzwischen fünfjährige Paul nun unser<br />
Leben. Es ist eine sehr persönliche Geschichte voller Intimität, Vertrauen,<br />
Zuneigung und Freude, aber auch eine Geschichte voll von Versagens-<br />
Versagens-<br />
angst, Auseinandersetzung und Lernen miteinander und aneinander.“<br />
Elke<br />
Vom Kinderwunsch zum Wunschkind Von Elke<br />
Wie hat das alles angefangen? Wie war das mit dem<br />
Kinderwunsch bei mir? Kinder wollte ich eigentlich<br />
haben, seitdem ich mich erinnern kann. Vom Arzt<br />
habe ich dann mit 15 Jahren erfahren, dass ich keine<br />
Kinder bekommen kann. Ich bin dann in der Akzeptanz<br />
dieser Realität einen langen Weg gegangen.<br />
Anfangs dachte ich: „Ich werde bestimmt zu den 0,01<br />
Prozent der vom <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> betroffenen<br />
Frauen gehören, die doch Kinder bekommen<br />
können“. Als das nicht mehr haltbar war, dachte ich:<br />
„Macht nichts, dass ich nicht zu den 0,01 Prozentgehöre.<br />
Ich adoptier‘ eben dann eines”. Irgendwann<br />
kam die Erkenntnis, dass es so locker nun doch nicht<br />
ist und schließlich konnte ich ein „Ja“ dazu sagen,<br />
keine eigenen Kinder bekommen zu können. Dieses<br />
„Ja“ war aber für mich noch nicht das Ende, nicht<br />
der schwierigste Schritt und auch nicht der größte<br />
Kampf.<br />
Es fiel mir nicht so schwer, damit einverstanden zu<br />
sein, ein Kind zu erziehen, das bereits eine Geschichte<br />
und vor allem Eltern mitbringt, die sich auch einbringen<br />
möchten. Das empfand ich eher als spannende<br />
Herausforderung. Der schwierigste Schritt für mich<br />
war die Auseinandersetzung mit meinen eigenen<br />
Fähigkeiten und Grenzen. Aus allen Ecken kamen die<br />
Freunde und Bekannten, nicht zuletzt das Jugendamt,<br />
die uns kritische Fragen stellten oder Zweifel hatten,<br />
die wir nicht so einfach vom Tisch wischen konnten.<br />
Nein, wir sind und wir waren eben nicht das perfekte<br />
Paar ohne Schwächen mit Sonnenscheinfamiliengarantie.<br />
Hatte ich nicht die Trauer eigentlich schon<br />
überwunden geglaubt? In dieser langen Wartezeit<br />
nach unserer Bewerbung als Pflegeeltern ist sie dann<br />
doch wieder durchgebrochen und das war auch gut<br />
so. Alleine schon im Bewerbungsverfahren hab ich<br />
persönlich viel dazu gewonnen.<br />
Dann kam ungefähr zwei Jahre nach unserer Bewer-<br />
bung der Anruf und wieder veränderte sich alles.<br />
Ich habe nicht gewusst, wie sehr so ein vierjähriger<br />
kleiner Kerl die Stabilität im Leben ins Wanken<br />
bringen kann und wie viel Angst er auslösen kann.<br />
Zunächst wollte ich dieses Kind halt mal völlig<br />
unverbindlich anschauen. Naiv wie ich war, habe ich<br />
nicht geahnt, dass ich wie in einen Strudel hineingezogen<br />
werde. Wenn ein Kind dich voll Offenheit<br />
und Vertrauen anlacht, kommst du aus der Nummer<br />
nicht mehr so einfach heraus. Eine andere <strong>Ullrich</strong>-<br />
<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Betroffene Pflegemutter hat mir<br />
einmal sehr eindrücklich geschildert, wie sie das<br />
gesamte emotionale Auf und Ab einer Schwangerschaft<br />
in der Anbahnungszeit verkürzt auf zwei<br />
Wochen im Turbo-Tempo durchgemacht hätte. Ich<br />
hatte immerhin zwei Monate und die habe ich auch<br />
gebraucht. Das Schwierigste in dieser Zeit war, dass<br />
wir wussten, dass unsere beiden Familien absolut<br />
dagegen waren. Eigentlich aber hatten sie keine<br />
Ahnung und keinerlei Vorstellung von dem, was uns<br />
und eventuell damit ja auch sie erwarten würde.<br />
Eine heftige Auseinandersetzung! Ich erinnere mich<br />
auch noch an den vor Nervosität verschütteten<br />
Espresso, als ich meinem Chef davon erzählte. Meine<br />
schlimmste Angst war, dass ich auf Kosten von Paul<br />
versuche, meinen kranken Kinderwunsch und meine<br />
sonstigen Störungen zu kompensieren. Dass wir von<br />
Anfang an nicht mit ihm zu Recht kommen und Paul<br />
am Ende völlig beziehungsgestört ist und wieder weg<br />
muss. Alles nur, damit wir endlich einsehen, dass wir<br />
das nicht können. Hat uns doch jeder gewarnt und<br />
ich hätte als Sozialpädagogin doch meine Grenzen<br />
kennen müssen.<br />
Aber wenn ein Kind voll Vertrauen auf dich zukommt<br />
… Gott sei Dank hatten wir schon in der Anbahnungszeit<br />
viele schöne gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen,<br />
die uns ein Minimum an Sicherheit gaben.<br />
Es ist gut, dass wir einen einfühlsamen Pflegekinderfachdienst<br />
zur Seite haben. Inzwischen ist der Alltag<br />
natürlich längst wieder eingekehrt. Wenn ich auf das<br />
letzte Jahr gemeinsam mit Paul zurückblicke, sehe<br />
ich in lachende, freudige Kinderaugen und ich werde<br />
riesig stolz auf die enorme Entwicklung, die Paul in<br />
diesem Jahr hingelegt hat. Wir hatten so viel Spaß<br />
und schöne Erlebnisse miteinander, so viel Freude,<br />
aber auch Leid, dass ich diesen Schritt noch keinen<br />
Moment lang bereut habe. Schön, dass wir auf diese<br />
Augenblicke zurückgreifen können, wenn die Angst<br />
und die Unsicherheit wieder stärker werden. Weitaus<br />
wichtiger als meinen Weg von meinem persönlichen<br />
Kinderwunsch zum Wunschkind scheint es mir aber,<br />
über die andere Perspektive zu schreiben, nämlich<br />
über den oft vergessenen Weg unseres Wunschkindes<br />
zu uns. Unser Wunschkind hat bei seinem<br />
Vater gelebt, bevor er praktisch über Nacht in die<br />
Kindernotwohnung gebracht wurde. Papa wird sicher<br />
kommen und ihn wieder nach Hause holen, denn er ist<br />
ja schließlich der Größte, dachte er. Als wir dann erste<br />
Besuche bei ihm machten, waren wir die nette Tante<br />
und der nette Onkel, die schöne Dinge mit ihm unternehmen.<br />
Ich werde die Trauer in seiner Stimme und<br />
in seinen Augen nicht vergessen, als er uns erklärte:<br />
„Mein Papa und meine Mama kommen nicht mehr!“<br />
Als er erfuhr, dass er bei uns leben soll, war er im<br />
Kontakt mit uns zwischen „Bleib da und halt mich!“<br />
und „Lass mich, ich will zu meinem Papa!“ Dazu war<br />
er gerade in der Kindernotwohnung eingewöhnt und<br />
vertraut. Voller Unruhe forderte er seinen Lieblingserzieher<br />
nachts auf, seinen Papa unter seinem Bett<br />
zu suchen. Es brauchte Geduld und Einfühlungsvermögen,<br />
damit Paul sich auf uns einlassen konnte.<br />
Seine Angst konnte ich sehr gut verstehen, weil wir<br />
ja auch Angst hatten vor dem, was auf uns zukommt.<br />
Dazu ist er ja noch wesentlich abhängiger von uns als<br />
wir von ihm. Noch heute ist sein Vertrauen eines der<br />
Schönsten für mich auf dieser Welt. Vielleicht ist es<br />
auch deswegen so wertvoll, weil es ihm nicht leicht<br />
gefallen ist und weil er es uns nicht geschenkt hat.<br />
Inzwischen ist Paul ein stolzer Fünfjähriger. Er weiß,<br />
was er geleistet hat und wie viel er gelernt hat, auch<br />
wenn ihn die Trauer, der Loyalitätskonflikt und die<br />
Sorge um seine Mutter ab und zu wieder einholen.<br />
Namen sind von der Redaktion geändert.<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
23
24<br />
Acht Stunden Mama-Sein Gedanken zum Thema Kinderwunsch von Hannelore<br />
Zunächst möchte ich berichten, wie ich zu meinem Beruf gekommen bin, da dieser<br />
sehr viel mit dem Thema Kinderwunsch zu tun hat. Nach einem gescheiterten<br />
Versuch, das Abitur auf die Mittlere Reife zu setzen, besuchte ich ein Jahr die<br />
Haushaltsschule und entschloss mich, um meine Seele mit meinem Kinderwunsch<br />
zu vereinen, Kinderpflegerin zu werden. Da zunächst in dem Beruf nichts<br />
zu ergattern war, arbeitete ich ein Jahr auf der Nordsee-Insel Norderney, ebenfalls<br />
bei Kindern, die aber an Asthma und Hautkrankheiten litten, wodurch ich<br />
die Idee bekam, noch einen Beruf zu erlernen, in dem man mit kranken Kindern<br />
arbeitet. Und siehe da, ich las in der Zeitung vom Beruf der Heilerziehungspflegerin<br />
und fand eine entsprechende Fachschule, an der ich ihn erlernen konnte<br />
<strong>—</strong> alles ganz normal.<br />
Die Ausbildung war für alle Altersklassen, so dass ich mich nach dem Abschluss<br />
der Ausbildung entschied, mir bei Kindern bis zu 6 Jahren eine Stelle zu suchen.<br />
So arbeitete ich ein viertel Jahr in einer Außenwohngruppe für Erwachsene<br />
und fand dann eine Vollzeitstelle in einer Kindertagesstätte mit Kindern von<br />
drei Monaten bis 6 Jahren. Dort arbeite ich seit fünf Jahren als Springerin in<br />
den vorhandenen Gruppen. Somit habe ich den ganzen Tag Kinder zu betreuen<br />
und der Wunsch nach einem eigenen Kind ist nicht mehr so stark vorhanden.<br />
Es wäre zwar eine sicherlich bereichernde Lebenserfahrung, aber durch meine<br />
tägliche Arbeit mit Kolleginnen, die neben diesem Beruf auch noch eigene<br />
Kinder haben, sehe ich auch, wie schwierig es heutzutage ist, Beruf und Familie<br />
zu koordinieren.<br />
So würde ich nur gemeinsam mit einem Partner ein Kind adoptieren. Eine<br />
künstliche Befruchtung lehne ich ab, weil ich das seelische Auf- und Ab dabei nicht<br />
verkraften würde. Denn die Befruchtung funktioniert wie bei einem Zeugung „alla<br />
natura“ auch nicht bei der ersten Befruchtung. Das würde ich nicht verkraften.<br />
Ich möchte einer Frau auch nicht zumuten, ein Kind auszutragen, um es mir<br />
anschließend abzugeben.<br />
In meinem Beruf kann ich acht Stunden „Mama“ sein, Kinder betreuen und<br />
habe dann Nachtruhe und Freizeit für mich. Wenn mir „Mutter Natur“ das<br />
„Kinderbekommen“ erlauben würde, zöge ich das Kind selbstverständlich groß<br />
und den „Herrn Papa“ mit in die Verantwortung.<br />
Wir sind alle Tanten Von Barbara Keller<br />
Obwohl nun schon sieben Jahre ins Land gegangen<br />
sind, kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, wie<br />
ich Regina in der Universitätsfrauenklinik in Tübingen<br />
besucht habe, bevor ihr Sohn Jonas zur Welt<br />
kam. Ihr Mann Peter war an diesem Nachmittag auch<br />
da. Es lag eine gewisse Spannung, vielleicht auch ein<br />
Gewitter in der Luft. Nachdem eine Schwester Regina<br />
gebeten hatte, in den nächsten Stunden keine feste<br />
Nahrung mehr zu sich zu nehmen, war mir klar, dass<br />
das Baby geholt werden sollte. Mir war ganz flau, aber<br />
Regina war ganz ruhig und sagte nur, zur Sicherheit<br />
sei sie jetzt in der letzten Phase der Schwangerschaft<br />
in der Klinik und freue sich auf die Geburt ihres<br />
Jungen. Ich war ganz aufgeregt und hoffte, dass<br />
der bevorstehende Kaiserschnitt gut und planmäßig<br />
verlaufe, Mutter und Kind danach wohlauf seien. Ein<br />
paar Stunden später kam der erlösende Anruf, dass<br />
alles geklappt habe<br />
Bald darauf fuhr ich nochmals nach Tübingen, um<br />
Regina und Peter zu gratulieren und das Baby Jonas,<br />
welches zu dieser Zeit noch winzig klein im Brutkasten<br />
lag, zu besuchen. Es war einfach ergreifend<br />
und sehr berührend. Für Regina und Peter war ein<br />
absoluter Traum in Erfüllung gegangen. Ihr Glück<br />
war nach zwei Jahren Ehe komplett. Auch in den<br />
folgenden Jahren war und ist dies der Haupteindruck.<br />
Das Familienglück zu Dritt ist einfach perfekt. Jonas<br />
entwickelt sich prächtig und wird im Herbst in die<br />
Schule kommen. Was auch sehr schön ist. Unsere<br />
gesamte Gruppe nimmt Anteil an Jonas. Wir sind alle<br />
„Tanten“ und es macht uns Spaß!<br />
Leider ist so eine Geschichte, wenn man das <strong>Turner</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> hat, nicht selbstverständlich. Die meisten<br />
müssen sich mit ihrer Kinderlosigkeit abfinden, ihr<br />
Leben ohne Kinder planen und annehmen. Manchmal<br />
ist das gar nicht so einfach. Man hat trotzdem<br />
alle Möglichkeiten, sich mit Kindern zu beschäftigen<br />
und ihnen eine gute Tante zu sein. Natürlich sollte<br />
man sich nicht zu sehr durch seine Kinderlosigkeit<br />
definieren lassen, damit tut man sich selbst nicht<br />
gut, man sollte sich nicht Dingen aufhalten, die dann<br />
letztendlich doch nicht eintreffen. So platt es vielleicht<br />
klingt, aber es gibt mit Sicherheit noch andere<br />
Dinge im Leben, die genauso wichtig und schön sind,<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
„Meine Aufgabe in meinem Leben ist es, das Beste daraus zu machen und<br />
nicht den Dingen nachzuweinen, die ich ohnehin nicht ändern kann. Es ist<br />
also bestimmt nicht so, dass ich keinen Kinderwunsch gehabt hätte, aber<br />
zur Adoption, die für meine Generation die einzige Option gewesen wäre,<br />
fehlte mir halt auch immer der Mann <strong>—</strong> leider!“ Barbara Keller<br />
genauso erfüllen wie Kinder. Um ein Kind erziehen zu<br />
können, sollte man eigentlich eine Familie an seiner<br />
Seite haben, um alle anstehenden Aufgaben arbeitsteilig<br />
bewältigen zu können. In diesem sicheren<br />
Umfeld kann sich ein Kind optimal entwickeln, kann<br />
man einem kleinen Menschen den Start ins Leben<br />
erleichtern beziehungsweise den richtigen Start ins<br />
Leben erst ermöglichen.<br />
Und jetzt kommt noch einmal eine Binsenweisheit:<br />
der Mensch möchte vor allem das haben, was er<br />
partout nicht haben oder erreichen kann. Das ist<br />
eine zutiefst menschliche Regung. Selbstverständlich<br />
ist eine Familie nach dem herkömmlichen<br />
Rollenverständnis erst dann vollständig, wenn ein<br />
oder mehrere Kinder dazukommen. Natürlich kann<br />
man auch Kinder adoptieren. Aber das ist mit vielen<br />
Hürden behaftet und für manche Paare kommt das<br />
auch gar nicht in Frage, weil sie es sich einfach nicht<br />
vorstellen können, ein fremdes Kind aufzunehmen<br />
und zu erziehen. Diese Entscheidung ist wirklich sehr<br />
schwierig und individuell.<br />
Auf alle Fälle spielt auch die Erziehung in dieser Frage<br />
eine Rolle. Welches Rollenbild wurde von den Eltern<br />
vermittelt? Kann man sich ein Leben ohne eigene<br />
Kinder vorstellen? Welches Gewicht misst man selbst<br />
als <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Betroffene diesem Aspekt zu?<br />
Wie weit lässt man es zu, dass diese Fassette des<br />
<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>s zu übermächtig wird und Raum<br />
zugebilligt bekommt, der ihm eigentlich gar nicht<br />
zukommt? Abgesehen davon steht es außer Frage,<br />
dass man sich als Betroffene auf jeden Fall mit der<br />
Thematik der Kinderlosigkeit auseinandersetzen<br />
muss, um Klarheit darüber zu erhalten, in welcher<br />
Art und Weise man diese Tatsache in sein Leben<br />
einbauen kann und welche Konsequenzen dies letztendlich<br />
hat, was man zulassen kann und möchte. Das<br />
alles zu bedenken, ist auf jeden Fall nicht einfach,<br />
aber man kann sich sein Leben sehr gut auch ohne<br />
Kinder, zumal als „ledige Tante“ einrichten. Ich<br />
hoffe, dass neben mir auch andere Betroffene diese<br />
Erfahrung machen durften. Meine eigene Kinderlosigkeit<br />
begreife ich nicht als Makel, der mein Leben<br />
überschattet oder mein Leben als weniger wertvoll<br />
erscheinen lässt.<br />
25
26<br />
Niemals unterkriegen lassen! Ein Interview mit Stefanie und Michael<br />
Die Fragen stellte Sarah<br />
Stefanie (25 Jahre) und Michael (32 Jahre)<br />
leben gemeinsam mit ihrer Australian Shepherd<br />
Hündin Maja in Nordrhein-Westfalen. Sie sind seit<br />
September 2009 verheiratet. Für Stefanie, die das<br />
<strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> hat und als Erzieherin in<br />
einem Kindergarten arbeitet, war es früh klar, dass<br />
sie einmal Kinder haben möchte. Aufgrund eines<br />
Herzfehlers war die Eizellspende ein zu riskanter<br />
Schritt. Schnell waren sie und ihr Ehemann sich<br />
einig, dass sie gemeinsam den Weg der Adoption<br />
gehen wollen. Dass sie ihr Pflegekind genauso<br />
lieben werden, als sei es ihr eigenes, das stand für<br />
die beiden nie zur Debatte. Im Interview berichtet<br />
Stefanie über ihre Situation.<br />
Habt ihr, was euer zukünftiges Kind angeht,<br />
bestimmte Vorstellungen, oder lasst ihr euch eher<br />
überraschen, wie der Zuwachs eurer kleinen Familie<br />
sein wird?<br />
Stefanie: Wir haben uns dazu entschieden, ein Kind<br />
aufzunehmen, das maximal fünf Jahre alt ist, damit<br />
ein natürliches Kind-Eltern-Verhältnis zustande<br />
kommen kann. Aber eine gewisse Überraschung ist<br />
wohl immer dabei!<br />
Seid ihr während der recht bürokratischen Proze- Proze-<br />
dur der Adoption vor gewissen Dingen zurück ge-<br />
schreckt? Welche Hürden waren die schwierigsten?<br />
Stefanie: Es ist, denke ich, normal, dass man<br />
vor gewissen Dingen beim Thema Adoption<br />
zurückschreckt. Es dringt sehr tief in die Privatsphäre<br />
der Familie ein. Jedes kleine Detail wird abgefragt,<br />
das ganze Leben durchleuchtet. Es geht da nicht<br />
nur um finanzielle Dinge. Es geht um die eigene<br />
Kindheit, den Erziehungsstil, die eigenen Stärken<br />
und Schwächen. Dass man in Zukunft ein sehr<br />
offenes und tolerantes Familienleben führen muss,<br />
dessen muss man sich schon bewusst sein. Jede<br />
Veränderung muss man dem Jugendamt mitteilen.<br />
Neben den Adoptiveltern und dem Jugendamt<br />
spielen sicherlich auch die leiblichen Eltern weiter<br />
eine Rolle im Leben des Kindes?<br />
Stefanie: Es ist wirklich nicht ganz leicht zu<br />
begreifen, dass man den leiblichen Eltern gegenüber<br />
sehr tolerant sein muss, auch wenn sie ihrem<br />
Kind vielleicht schlimme Sachen angetan haben.<br />
Hier darf man keine Barrieren aufbauen! Man<br />
sollte auch niemals vergessen, dass Eltern für ein<br />
vernachlässigtes Kind gesucht werden. Die Kleinen<br />
haben bereits genug durchmachen müssen und<br />
sollen es jetzt so gut wie möglich haben. Dass Kinder<br />
von Geburt an zur Adoption freigegeben werden,<br />
passiert sehr selten.<br />
Was könnt ihr über den finanziellen Aspekt einer<br />
Adoption berichten?<br />
Stefanie: Eine Adoption aus dem Ausland ist viel<br />
teurer, als wenn man hier in Deutschland adoptiert.<br />
Man muss sich auf Gerichtskosten, Dolmetscher<br />
und weitere kostspielige Dinge einrichten. Das<br />
können schnell mal mehr als 20 000 Euro werden.<br />
Nach oben gibt es keine Grenze. In Deutschland sind<br />
Adoptionen nicht mit so vielen Kosten verbunden,<br />
doch die Chancen auf eine erfolgreiche Adoption<br />
stehen auch nicht ganz so gut wie im Ausland.<br />
Wie informiert ihr euch eigentlich über das Thema<br />
Adoption?<br />
Stefanie: Wir besuchen einen Pflegeelternkurs, der<br />
sich mit allen Themen rund ums Pflegekind befasst.<br />
Aus welchen Verhältnissen kommt das Kind? Wie<br />
sehen die Rechte und Pflichten der Pflegeeltern aus,<br />
und wie die Betreuung vom Jugendamt? Außerdem<br />
gibt es persönliche Gespräche, die beleuchten,<br />
ob man als Pflegefamilie geeignet ist. Wenn wir<br />
einen positiven Eindruck machen, dann kommt<br />
man Abschluss eventuell den Anruf, dass man ein<br />
Pflegekind aufnehmen kann.<br />
Wie geht ihr in eurem Verwandten- und Bekannten-<br />
Bekannten-<br />
kreis mit dem Thema UTS und Adoption um?<br />
Stefanie: Wir sind von Anfang an mit allem sehr offen<br />
umgegangen! Unsere Verwandten und auch unsere<br />
Freunde haben damit überhaupt kein Problem.<br />
Stefanie, was würdest du Frauen antworten, die<br />
sagen, dass ein Adoptivkind die eigene Schwanger-<br />
schaft nicht ersetzen kann?<br />
Stefanie: Zunächst würde ich sie fragen, ob man ein<br />
Kind wirklich nur dann lieben kann, wenn man es<br />
neun Monate im Bauch getragen hat. Natürlich fehlt<br />
da was und uns UTS-Mädels, die nicht schwanger<br />
Michael und Stefanie<br />
werde können, wird die Möglichkeit genommen, das<br />
Wunder der Natur am eigenen Körper zu fühlen zu<br />
bestaunen und wahrzunehmen. Aber nur deshalb<br />
ein Leben komplett ohne Kind, nur weil man kein<br />
eigenes bekommen kann? Für mich persönlich kann<br />
ich mir kein Leben ganz ohne Kinder vorstellen! Ich<br />
weiß hundertprozentig, dass ich mein Pflegekind so<br />
lieben, schätzen und erziehen werde, als wenn es<br />
mein eigenes wäre. Allerdings kann es auch Paare<br />
geben, die glauben, dass sie ein fremdes Kind nicht<br />
richtig lieben können. Aber das muss jeder für sich<br />
entscheiden.<br />
Noch einmal zusammengefasst: Was sind für<br />
euch beide die wichtigsten Gründe, ein Kind zu<br />
adoptieren?<br />
Stefanie: Zuerst mal muss man sich von dem<br />
Gedanken verabschieden, dass ein adoptiertes Kind<br />
das eigene „ersetzen“ soll. Es geht vielmehr darum,<br />
einem Kind zu helfen, es zu lieben mit all seinen<br />
Fehlern und Schwächen. Es ist sehr wichtig, dass<br />
beide Partner voll dahinter stehen, nicht nur einer.<br />
Der Wille muss da sein, das Kind als Familienmitglied<br />
zu integrieren.<br />
Was sind eure Tipps für Paare, die ebenfalls mit dem<br />
Gedanken spielen, ein Kind zu adoptieren?<br />
Stefanie: Beide sollten sich intensiv mit dem<br />
Thema beschäftigen und über Internet, Bücher und<br />
Magazine informieren. Sich mit Pflegefamilien zu<br />
unterhalten, ist sehr hilfreich. Hinein steigern sollte<br />
man sich auf der anderen Seite jedoch auch nicht.<br />
Das kann einen Menschen innerlich kaputt machen.<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
Mein Vorschlag ist: Wenn ihr es wirklich wollt, dann<br />
solltet ihr es einfach machen und euch nicht von den<br />
bürokratischen Hürden unterkriegen lassen. Auch<br />
wenn der Weg lang ist und voller Steine: Einfach<br />
durchhalten! Es gibt so viele Kinder, die eine Familie<br />
brauchen.<br />
27
28<br />
Eine indisch-nigerianisch-griechische Geschichte in Deutschland<br />
Das Interview führte Marlis Stempel mit Kati<br />
Kati arbeitet als Sonderpädagogin an einer Förderschule für geistig Behinderte.<br />
Sie ist für ein Jahr beurlaubt, denn sie kümmert sich seit Kurzem um ihr Pflegekind,<br />
Beate (Name geändert). Im Interview berichtet sie uns von ihren Erfahrungen mit<br />
der Prozedur einer Pflegeelternschaft.<br />
Möchtest Du Dein Pflegekind vorstellen?<br />
Meine Kleine ist jetzt 20 Monate alt. Ihr Vater ist Nigerianer und ihre Mutter ist<br />
Griechin. Sie ist das Kind einer drogensüchtigen Mutter und hat während des<br />
ersten Lebensjahres Medikamente bekommen, um den Entzug zu überstehen.<br />
Gott sei Dank hat sie sich völlig ihrem Alter entsprechend entwickelt <strong>—</strong> wenn sie<br />
nicht sogar in vielen Entwicklungsbereichen etwas weiter ist als andere Kinder.<br />
Wie kam es dazu, dass Du Dich um ein Pflegekind beworben hast?<br />
Ich hatte einen sehr starken Kinderwunsch und wollte nicht zu alt für mein erstes<br />
Kind sein.<br />
Wie lange musstest Du auf Dein Pflegekind warten?<br />
Nach dem Vorbereitungskurs vom Jugendamt hat es ungefähr fünf Monate<br />
gedauert, bis wir mit der Anbahnung angefangen haben und weitere vier Monate<br />
Anbahnungsphase. Ende Januar ist die Kleine dann zu mir gezogen.<br />
Was waren die organisatorischen Schritte, die Du bei der zuständigen Vermitt-<br />
lungsstelle gehen musstest?<br />
Zuerst habe ich den Antrag gestellt, dann kamen zwei Mitarbeiterinnen vom<br />
Jugendamt zu mir nach Hause, um ein Vorgespräch zu führen. Dann begann<br />
schließlich der Vorbereitungskurs. Nach diesem führte das Jugendamt ein weiteres<br />
ausführliches Interview mit mir. Ein paar Monate später bekam ich endlich<br />
den Kindervorschlag. Es gab erste Treffen mit den Betreuerinnen vom Jugendamt<br />
und der Bereitschaftspflegemutter, bei der meine Tochter gelebt hat. Nach diesem<br />
Treffen habe ich die Kleine kennen gelernt und wir haben von einmal wöchentlichen<br />
Treffen langsam aufgestockt bis ich zum Schluss jeden Tag Kontakte mit<br />
der Kleinen hatte und sie dann zu mir gezogen ist.<br />
Du hast mir einmal erzählt, dass Du ein Pflegekind in der gleichen Hautfarbe wie<br />
Du haben wolltest. Warum wolltest Du das so?<br />
Da ich es aus eigener Erfahrung her kenne, wollte ich es der Kleinen ersparen,<br />
ständig Rechenschaft ablegen zu müssen, wieso sie eine andere Hautfarbe hat als<br />
ich. Da ich ja selbst dunkelhäutig bin und adoptiert bin, kenne ich dieses Gefühl und<br />
diese Situation von früher. Da meine Eltern hellhäutig sind und ich aus Indien, war<br />
es immer offensichtlich, dass ich nicht das leibliche Kind bin und das war ziemlich<br />
anstrengend, ständig von Freunden auf die eigene Geschichte angesprochen zu<br />
werden. Bei meiner Tochter und mir ist es ein absoluter Glücksfall. Wir haben beide<br />
die gleiche braune Haut, die dunklen Augen und es ist sogar eine Ähnlichkeit in<br />
der Gesichtsform zu erkennen, so dass ihr diese Fragerei erspart werden wird.<br />
Du bist adoptiert worden. Spielt das eine Rolle für Deine Bereitschaft, ein Kind in<br />
Pflege zu nehmen?<br />
Meine Adoption spielt vielleicht eine gewisse Rolle, ich denke aber, dass ich<br />
dadurch, dass ich ja keine leiblichen Kinder bekommen kann, sowieso adoptiert<br />
hätte. Das geht leider als Unverheiratete nicht, sonst hätte ich keinen Antrag auf<br />
ein Pflegekind gestellt, sondern einen Adoptionsantrag.<br />
Du bist quasi allein erziehend. Mit welchen Problemen hast und hattest Du zu<br />
kämpfen?<br />
Es ist schon sehr anstrengend, den Alltag ganz alleine meistern zu müssen.<br />
Mein Freund wohnt leider nicht in Duisburg. Deshalb ist er nicht jeden Tag da. Im<br />
Moment sehen wir uns wegen seiner Arbeitszeiten wenig und sind beide damit<br />
nicht zufrieden. Ich habe momentan wirklich keine Minute Zeit für mich. In der Zeit,<br />
in der meine Tochter Mittagsschlaf macht, erledige ich zum Beispiel die Hausarbeit.<br />
Die ersten Wochen habe ich fast gar nicht geschlafen, da die Kleine sehr unruhig<br />
geschlafen hat und ständig wach geworden ist. Langsam normalisiert sich das<br />
zum Glück, und sie ist schon gut bei mir beziehungsweise uns angekommen. Natürlich<br />
ist es für ein Kind ein harter und anstrengender Prozess, diese ganze Situation<br />
zu verarbeiten (Trennung von der Bereitschaftspflegemutter beziehungsweise<br />
der Bereitschaftspflegefamilie), neue Bezugspersonen, neue Lebensumgebung,<br />
andere Erziehungsstile et cetera) Aber auch ich musste mich komplett umstellen.<br />
Von quasi jetzt auf gleich Mama zu sein, ein völlig anderes Leben zu führen, 24<br />
Stunden am Tag im Dienst zu sein ist schon eine Aufgabe. Der Tagesablauf wird nur<br />
noch vom Kind bestimmt. An ruhige Abende, Kino oder Essen gehen ist erst einmal<br />
nicht zu denken. Das wusste ich vorher, und das ist völlig in Ordnung.<br />
Viel anstrengender ist die psychische Belastung. Fühlt sich die Kleine bei mir<br />
wohl? Geht es ihr gut? Welche Probleme haben mit der besonderen Situation<br />
und welche mit der Eingewöhnung zu tun? Haben Familien mit leiblichen Kindern<br />
die gleichen Schwierigkeiten? Auch die riesengroße Verantwortung, die ich jetzt<br />
habe, ist eine Herausforderung, in die ich gerade hineinwachse. Ich mache mir,<br />
glaube ich, schon fast zu viele Gedanken, ob ich auch alles richtig mache und übe<br />
ganz gezielt gelassener und entspannter zu werden. Das klappt mittlerweile schon<br />
ganz gut. Und ich denke, wenn meine Tochter erst einmal vier Monate bei mir ist,<br />
hat sich alles wirklich eingespielt und wir sind zur Ruhe gekommen. Zumindest ist<br />
es nach acht Wochen schon viel entspannter als in den ersten drei Wochen. Die<br />
waren wirklich hart.<br />
War Dein Beruf ein wichtiger Aspekt, dass Du ein Kind in Pflege nehmen durf-<br />
test?<br />
Ja, mein Beruf hat mit Sicherheit dazu beigetragen, dass ich so schnell ein Kind<br />
vermittelt bekommen habe.<br />
Hast Du Deine Entscheidung für ein Pflegekind jemals bereut?<br />
Nein, das habe ich nicht.<br />
Liebe Kati, vielen Dank für das Interview.<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
29
30<br />
Die AWO-Beratungsstelle im Uni-Klinikum Essen stellt sich vor<br />
Das Interview mit Dr. med. Nadia Heming von der AWO Essen führte Marlis Stempel<br />
Dr. med. Nadia Heming arbeitet als Ärztin bei der AWO in einer psychosozialen<br />
Beratungsstelle an der Universitätsfrauenklinik Essen. Sie berät Frauen rund um<br />
alle Fragen der Schwangerschaft und Familienplanung, insbesondere dann, wenn<br />
ein Konflikt während der Schwangerschaft auftritt.<br />
Haben Sie ein spezielles Arbeitsgebiet innerhalb der Schwangerschaftskonflikt-<br />
beratung?<br />
Ja, der Schwerpunkt in der Beratungsstelle der AWO in der Uniklinik ist die Bera-<br />
tung um alle Fragen der vorgeburtlichen Diagnostik; vor einer möglichen Unter-<br />
suchung genauso wie bei einem auffälligem Befund und dem entsprechenden<br />
Umgang damit.<br />
Wer nimmt diese Beratung in Anspruch?<br />
Meistens werden die Frauen von der pränataldiagnostischen Ambulanz zu uns in<br />
die Beratungsstelle geschickt. Oder wir suchen die Frauen in ihrem Zimmer auf,<br />
wenn sie sich stationär in der Frauenklinik befinden. Manchmal finden auch Frauen<br />
aus Essen und Umgebung den Weg direkt zu uns in die Beratungsstelle.<br />
Werden die Frauen auch geschickt?<br />
Wie oben beschrieben, schicken uns hauptsächlich die behandelnden Ärzte der<br />
Frauenklinik der Universitätsklinik Essen Klientinnen, selten auch mal ein niedergelassener<br />
Frauenarzt / eine niedergelassene Frauenärztin.<br />
Welche Konflikte können während der Schwangerschaft auftreten?<br />
Gesunde Schwangere setzen sich zunehmend mit der Problematik auseinander,<br />
wie sie mit einem behinderten Kind umgehen könnten. Generell werden die<br />
meisten Untersuchungen durch Schwangere in Anspruch genommen um die<br />
Gesundheit des Ungeborenen zu bestätigen. Wenn sich die Schwangere allerdings<br />
vor Inanspruchnahme der Untersuchung mit den möglichen Ergebnissen<br />
beziehungsweise den sich aus einem Befund ergebenden therapeutischen Konsequenzen<br />
auseinandersetzt, bemerken die Frauen oft, dass es keine Garantie für<br />
die Gesundheit gibt. Sie nehmen zur Kenntnis, dass sowohl die diagnostischen als<br />
auch therapeutischen Möglichkeiten von Spezialisten Grenzen haben und kein<br />
Mensch in der Lage ist, sein zukünftiges Schicksal zu 100 Prozent zu bestimmen,<br />
auch nicht eine Mutter für ihr Kind.<br />
Welche Konflikte würden Sie persönlich berühren?<br />
Eigentlich berühren mich diese Beratungsgespräche fast immer, da ich mir gut<br />
vorstellen kann, wie schwierig und manchmal unmöglich es ist, in vielen Situationen<br />
eine „richtige“ Entscheidung, die auch in der Zukunft für die Frau tragbar<br />
ist, zu treffen. Häufig gibt es nur zwei Entscheidungsmöglichkeiten für die Frau.<br />
Beide erscheinen der Schwangeren im ersten Moment als nicht akzeptabel, als<br />
nicht eigenverantwortlich zu bewältigen.<br />
Wie läuft ein Gespräch mit der Ratsuchenden ab?<br />
Wir haben in der Uni-Frauenklinik zwei kleine, gemütlich eingerichtete Beratungs-<br />
zimmer und dort versuchen die Beteiligten die Situation der Schwangeren erst<br />
einmal zu analysieren um herauszufinden, welche Fragen die Schwangere überhaupt<br />
hat. Nicht selten wird die Schwangere auch geschickt und weiß zuerst gar<br />
nicht, warum sie in der Beratungsstelle gelandet ist. Schwangere lassen sich nach<br />
meinem Empfinden auch gerne von der betreuenden Frauenärztin, dem betreuenden<br />
Frauenarzt durch die Schwangerschaft leiten ohne selbst Verantwortung zu<br />
übernehmen. Viele Entscheidungen fallen scheinbar leichter, wenn ein anderer sie<br />
für einen übernimmt. Nur wenn die Schwangere selbst später die Konsequenzen<br />
dieser Entscheidungen tragen soll, wird sie es vielleicht bereuen, sich nicht auch<br />
schon von Anfang an mit der Problematik auseinander gesetzt zu haben.<br />
Wer ist alles am Gespräch beteiligt <strong>—</strong> eventuell auch der Ehepartner?<br />
Das so genannte „Setting“ im Beratungsgespräch wird von der Ratsuchenden<br />
bestimmt. Manche Frauen bringen ihren Partner mit, andere die Mutter oder die<br />
Schwester. Wenn ein Beratungsgespräch allein mit der Schwangeren sinnvoll<br />
erscheint, würden wir sie darum bitten.<br />
Welche Ziele hat das Gespräch?<br />
Das Ziel des Gesprächs ist die „Mündigkeit“ der Schwangeren. Sie selbst soll<br />
entscheiden, wie viel und was sie wissen will. Nur so kann sie Entscheidungen<br />
verantwortungsvoll treffen und auch akzeptieren, wo ihre Entscheidungsmöglichkeiten<br />
begrenzt sind. Wir möchten erreichen, dass sie ihre eigenen Kompetenzen<br />
und Kraftquellen für zukunftsrelevante Entscheidungen nutzt oder sich bewusst<br />
dagegen entscheidet und anderen Fachleuten diese Entscheidungen überlässt<br />
in Kenntnis darüber, dass sie und ihr Ungeborenes die Folgen daraus tragen<br />
müssen.<br />
Ist es ein reines Informationsgespräch?<br />
Nein, die Informationen sind die Grundlage der Beratung. Wir möchten im Bera-<br />
tungsgespräch den Anstoß dazu geben, die eigene Haltung und die des Partners<br />
in Bezug auf Familiengründung sich bewusst zu machen.<br />
Könnte ich mich auch mit einem Kinderwunsch bei Ihnen beraten lassen?<br />
Selbstverständlich ist der Kinderwunsch ein essentielles Thema im Beratungs-<br />
gespräch.<br />
Haben Sie auch schon einmal Personen beraten, die ein Kind mit <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
erwarten? Ein- bis zweimal war das der Grund für die Beratung.<br />
Werden Sie später darüber informiert, ob die Schwangerschaft abgebrochen<br />
wurde oder haben Sie selber das Bedürfnis, das zu wissen?<br />
Ich selbst habe ein großes Interesse zu erfahren, welche Entscheidungen diesbe-<br />
züglich getroffen wurden. Es bleibt aber der Schwangeren überlassen, mich über<br />
den Fortgang der Schwangerschaft zu informieren.<br />
Ich fände es gut, wenn in der Schwangerschaftsabbruchstatistik die Gründe für<br />
den Abbruch differenzierter aufgeschlüsselt werden, damit zum Beispiel für das<br />
<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> Klarheit über die Abbruchrate herrscht. Wie sehen Sie das?<br />
Ich persönlich fände eine entsprechende Statistik sehr hilfreich, weil man dann<br />
Beratungsangebote und Unterstützungsmöglichkeiten gezielter einrichten könnte.<br />
Dagegen spricht aber sicherlich der Datenschutz beziehungsweise der Schutz<br />
der persönlichen Rechte.<br />
Frau Dr. Heming, ich danke Ihnen für das Interview!<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
Ehe-, Familien-, Sexual- und Lebensberatung<br />
AWO-Beratungsstelle im Uni-Klinikum Essen<br />
Beratungsstelle für Frauen und Paare<br />
Nebenstelle des Lore-Agnes-Hauses<br />
Hufelandstr. 55<br />
45147 Essen<br />
Trägerin: AWO Bezirksverband Niederrhein e. V.<br />
AnsprechpartnerInnen:<br />
Roswitha Bültmann, Dr. med. Nadia Heming<br />
Zielsetzung/Angebot:<br />
• Schwangerschafts- und<br />
Schwangerschaftskonfliktberatung<br />
• Familienplanung<br />
• Beratung bei ungewollter Kinderlosigkeit<br />
• Sexualberatung für Frauen und Paare<br />
Fon 02 01. 7 22 - 16 08 - 09<br />
Fax 02 01. 722 - 16 00<br />
E-Mail: awo-beratung@uk-essen.de<br />
www.lore-agnes-haus.de<br />
Öffnungszeite, Sprechzeiten :<br />
Telefonische Terminabsprache:<br />
Mo. - Fr. 9.00 - 10.00 Uhr<br />
Kosten: keine<br />
Besonderheiten:<br />
Beratung zur vorgeburtlichen Diagnostik<br />
Beratung und Hilfe bei Mehrlingsschwangerschaften<br />
Verkehrsanschluss ab Essen-Hbf.:<br />
U 17 Haltestelle „Holsterhauser Platz“<br />
106 Haltestelle „Klinikum“<br />
31
32<br />
Novum <strong>—</strong> das Zentrum für Reproduktionsmedizin stellt sich vor<br />
Fragen zur Kinderwunschbehandlung an den Reproduktionsmediziner von Sarah<br />
Vielen Paaren ist ihr Wunsch nach eigenen Kindern<br />
nicht auf natürlichem Wege vergönnt. Viele wenden<br />
sich daher an einen Reproduktionsmediziner.<br />
Die Gemeinschaftspraxis „Novum <strong>—</strong> Zentrum für<br />
Reproduktionsmedizin und Endokrinologie Essen“<br />
beschäftigt sich seit knapp 30 Jahren mit sämtlichen<br />
Fruchtbarkeitsstörungen von Männern und Frauen.<br />
Dazu zählt auch das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>. Hier<br />
kann es, bedingt durch eine kleine Gebärmutter<br />
oder ein zu kleines Becken, zu mehr Schwierigkeiten<br />
kommen als bei anderen Frauen. Die Behandlungen<br />
in der Praxis Novum umfassen dabei das komplette<br />
Spektrum der heute bekannten Möglichkeiten, die in<br />
Deutschland aufgrund gesetzlicher Bestimmungen<br />
zulässig sind. Wir haben mit Professor Dr. med. Thomas<br />
Katzorke, dem medizinischen Leiter von Novum,<br />
gesprochen:<br />
Herr Professor Katzorke, welche Patientinnen und<br />
Patienten besuchen eigentlich ihre Praxis?<br />
Der Hauptanteil der Patienten und Patientinnen<br />
kommt wegen einer Kinderwunschbehandlung.<br />
Jedoch werden bei uns auch seltene Verfahren<br />
wie die Samen- oder Eizellkonservierung vor einer<br />
geplanten Chemo- oder Bestrahlungstherapie durchgeführt.<br />
Patientinnen mit <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
kommen meistens nur bei bestehendem Kinderwunsch<br />
in unser Zentrum. Ansonsten werden sie<br />
wohl in endokrinologischen Schwerpunktambulanzen<br />
behandelt.<br />
Wie sieht die Behandlung konkret aus?<br />
Zunächst werden in einer ausführlichen Erstbe-<br />
sprechung die Befunde sowohl des Mannes als auch<br />
der Frau zusammengeführt und ein Therapieplan<br />
aufgestellt.<br />
Bieten Sie Ihren Patientinnen und Patienten auch<br />
eine psychologische Beratung an?<br />
Eine qualifizierte psychosoziale Beratung ist bei<br />
speziellen Therapieverfahren sinnvoll und im Zentrum<br />
für Reproduktionsmedizin Essen obligatorisch:<br />
hierunter fallen vor allem die Behandlung mit Spendersamen<br />
und die Behandlung nicht verheirateter<br />
Paare. In unserer Gemeinschaftspraxis ist deshalb<br />
eine Psychologin tätig. Auf Wunsch können auch<br />
Beratungen zu Verfahren, die in Deutschland nicht<br />
zulässig sind (wie beispielsweise die Eizellspende),<br />
mit ihren mannigfaltigen Implikationen durchgeführt<br />
werden.<br />
Wie genau funktioniert die künstliche Befruchtung?<br />
Welche Risiken gibt es?<br />
Die In-vitro-Fertilisation (Reagenzglasbefruchtung)<br />
ist heute eine Standardmethode, die seit über 30<br />
Jahren etabliert ist. Unerwünschte Wirkungen können<br />
nach wie vor durch die hormonelle Stimulation<br />
der Eierstöcke hervorgerufen werden (Möglichkeit<br />
der Überstimulation) sowie die Möglichkeit der Entstehung<br />
von Mehrlingsschwangerschaften.<br />
Auch wenn das in Deutschland (noch) nicht erlaubt<br />
ist: Wie sehen die Risiken einer Eizellspende aus?<br />
Bei der Eizellspende gibt es für die Empfängerin nur<br />
geringe Risiken. Für die Spenderin bestehen jedoch<br />
erhebliche Risiken, beispielsweise durch die Stimulation<br />
und ihre Nebenwirkungen. Das Verfahren wird<br />
aber in den Ländern, in denen die Eizellspende zulässig<br />
ist, unterschiedlich durchgeführt, zum Beispiel<br />
durch Abgabe von überzähligen Eizellen, bei Patientinnen,<br />
die sich einer Kinderwunschbehandlung<br />
unterziehen, oder durch ausschließliche Stimulation<br />
nur zum Zwecke der Eizellgewinnung.<br />
Kann jede Frau eine Reagenzglasbefruchtung in<br />
Anspruch nehmen?<br />
In Deutschland wird Frauen von einer IVF (Reagenz-<br />
glasbefruchtung) abgeraten, wenn gesundheitliche<br />
Risiken bestehen oder nicht zu erwarten ist, dass<br />
noch eine ausreichende Anzahl von Eizellen gewonnen<br />
werden kann, so dass die Erfolgsaussichten zu<br />
gering sind.<br />
Wann ist eine Patientin für eine Eizellspende geeig-<br />
net, und wann nicht?<br />
Eine Eizellspende sollte nicht mehr jenseits des 50.<br />
Lebensjahres durchgeführt werden, weil dann die<br />
medizinischen Komplikationen (Kaiserschnitt, Blutzuckererkrankung<br />
während der Schwangerschaft,<br />
Gerinnungsstörungen, hoher Blutdruck) überproportional<br />
zunehmen.<br />
Der Einsatz von fremden Keimzellen (sowohl Samen<br />
als auch Eizellen) muss gut bedacht werden. Fragen<br />
der gespaltenen Mutterschaft müssen am besten<br />
schon in der psychosozialen Beratung vor Beginn der<br />
Behandlung angesprochen werden. Das Grundrecht<br />
auf Kenntnis der genetischen Abstammung muss<br />
bedacht werden. Ethische Bedenken bestehen sicher<br />
bei zu alten Frauen, die durch Eizellspende noch eine<br />
Mutterschaft anstreben.<br />
Da die Eizellspende momentan in Deutschland<br />
gesetzeswidrig ist: Wo kann man solch eine Behand-<br />
lung durchführen lassen?<br />
In Europa sind die erfolgreichsten Kliniken für die<br />
Eizellspende in Spanien angesiedelt. Benachbarte<br />
Ostländer (Tschechien, Polen, Ukraine) machen viel<br />
Werbung. Hier bestehen jedoch über die Qualität der<br />
Institutionen nicht viele Kenntnisse.<br />
Wie hoch ist die Erfolgsquote bei Eizellspenden, tat-<br />
sächlich schwanger zu werden?<br />
Insgesamt besteht bei der Eizellspende eine hohe<br />
Erfolgsquote, die bei über 50 Prozent pro Embryoübertragung<br />
liegt.<br />
Wie liegt der Fall ganz konkret bei UTS-Patientinnen?<br />
Es gibt Publikationen aus einigen Ländern (zum<br />
Beispiel Finnland) über entsprechend durchgeführte<br />
Behandlungen bei UTS-Patientinnen. Hierbei<br />
betrugen die Schwangerschaftraten bis zu 46 Prozent,<br />
jedoch war eine hohe Fehlgeburtenrate zu<br />
verzeichnen. Bei UTS-Patientinnen bestehen einige<br />
Besonderheiten bei der Eizellspende. Schwangerschaften<br />
nach assistierter Reproduktion sind mit<br />
hohen Risiken verbunden, so treten in bis zu 44<br />
Prozent kardiovaskuläre Probleme auf, Aortenrupturen<br />
wurden beschrieben, sowie Bluthochdruck<br />
und Schwangerschaftsdiabetes. Weiterhin besteht<br />
eine hohe Entbindungsfrequenz durch Kaiserschnitt<br />
aufgrund des kleinen Beckens. UTS-Patientinnen, die<br />
eine Schwangerschaft planen, müssen auch adäquat<br />
voruntersucht werden durch Echokardiografie, um<br />
Gefäßkomplikationen während der Schwangerschaft<br />
auszuschließen.<br />
Warum ist die Fehlgeburtenrate bei UTS-Patien-<br />
tinnen höher als bei anderen Frauen?<br />
Die hohe Fehlgeburtenrate bei UTS-PatientInnen<br />
wird bedingt durch zu kleine Gebärmutter (hypoplastischer<br />
Uterus) und die dadurch bedingte niedrige<br />
Durchblutung. Bei den spontan eingetretenen<br />
Schwangerschaften bei UTS-Patientinnen (2 Pro-<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
zent) fand man eine hohe Fehlgeburtenhäufigkeit<br />
(29 Prozent), in 7 Prozent waren Totgeburten zu<br />
verzeichnen und es bestand eine erhöhte Fehlbildungsrate.<br />
Werden Maßnahmen der assistierten<br />
Fertilisation (Embryotransfer) durchgeführt, sollte<br />
bei UTS-Patientinnen auf jeden Fall nur der Single-<br />
Embryo-Transfer(Übertragung eines Embryos) angestrebt<br />
werden, um Komplikationen durch Mehrlingsschwangerschaften<br />
aufgrund des kleinen Beckens<br />
zu vermeiden.<br />
Werden die Behandlungen in Ihrer Praxis von der<br />
gesetzlichen Krankenkasse finanziert?<br />
Reagenzglasbefruchtungen unter Verwendung eige-<br />
ner Eizellen werden momentan aufgrund des<br />
Gesundheitsreformgesetzes in drei Versuchen von<br />
den Krankenkassen mit 50 Prozent bezuschusst, der<br />
Patient muss Zuzahlungen pro Versuch in Höhe von<br />
€ 1.200,-- bis 1.500,-- leisten.<br />
Wie sieht es mit Eizellspenden aus?<br />
Für die Eizellspende im Ausland dürfen von den<br />
Krankenkassen keine Kosten übernommen werden,<br />
da dies Verfahren in Deutschland nicht zulässig ist<br />
aufgrund gesetzlicher Bestimmungen.<br />
siehe www.ivfzentrum.de<br />
Infobox Eizellspende im Ausland<br />
Seit Jahren hat sich ein regelrechter Reproduktionstourismus<br />
ins europäische Ausland gebildet.<br />
Der Grund dafür ist die unterschiedliche<br />
Rechtsprechung, die eine Eizellspende<br />
in Ländern wie Deutschland, Österreich, der<br />
Schweiz und Italien verbietet, in anderen Fällen<br />
wie Spanien oder Tschechien jedoch erlaubt.<br />
Die ausländischen Kliniken haben sich auf<br />
deutsches Publikum eingestellt, häufig gibt es<br />
deutschsprachige Websites und auch deutschsprachige<br />
Mitarbeiter vor Ort.<br />
Die Internetseite www.eizellspende.de, die von<br />
einem kinderlosen deutschen Ehepaar betrieben<br />
wird, enthält eine umfangreiche Sammlung von<br />
Zeitungsartikeln, Links und weitergehenden Informationen<br />
zu Kliniken. Vor allem jedoch enthält<br />
sie die eindringlich formulierte und detaillierte<br />
Geschichte eines Ehepaars und seines starken<br />
Kinderwunsches.<br />
33
34<br />
Eizellspende muss erlaubt werden<br />
Der Europäische Gerichtshof entscheidet. Ein Bericht von Christian Rath<br />
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte<br />
hat einem österreichischen Paar recht gegeben:<br />
Wenn ein Staat künstliche Befruchtung zulässt, darf<br />
er die Eizellspende nicht verbieten.<br />
FREIBURG taz 3. April 2010 Wenn ein Staat künstliche<br />
Befruchtung zulässt, darf er die Eizellspende<br />
nicht verbieten. Dies hat jetzt der Europäische<br />
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg<br />
entschieden. Das Urteil hilft auch unfruchtbaren<br />
Paaren in Deutschland.<br />
Konkret ging es um ein Ehepaar aus Osterreich.<br />
Da die Frau überhaupt keine Eizellen bilden<br />
konnte, war eine normale künstliche Befruchtung<br />
nicht möglich. Die Nutzung der Eizelle einer<br />
anderen Frau verbietet jedoch das österreichische<br />
Fortpflanzungsmedizingesetz.<br />
Hiergegen klagte das Paar in Straßburg und berief<br />
sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention.<br />
Mit Erfolg. Es sei eine „nicht durch objektive<br />
und vernünftige Gründe zu rechtfertigende“<br />
Ungleichbehandlung, wenn Paare, die eine Eizellspende<br />
benötigen, von der künstlichen Befruchtung<br />
ausgeschlossen sind.<br />
Osterreich hatte argumentiert, man wolle ungewöhnliche<br />
Familienkonstellationen <strong>—</strong> mit einer<br />
biologischen und einer genetischen Mutter <strong>—</strong><br />
vermeiden. Dies fand der Gerichtshof nicht<br />
überzeugend. Auch die Adoption führe zu besonderen<br />
Konstellationen.<br />
Außerdem berief sich die Wiener Regierung<br />
auf den Schutz potenzieller Eispenderinnen vor<br />
Ausbeutung. Es genüge aber, so die Richter, wenn<br />
für Eizellspenden nichts bezahlt werden darf. Dann<br />
könnten auch keine sozialen Notlagen ausgenutzt<br />
werden.<br />
Das Urteil hat auch Auswirkungen auf Deutschland,<br />
denn im deutschen Embryonenschutzgesetz ist<br />
die Eizellspende ebenfalls verboten. Die Bundesregierung<br />
sah sich kurz vor der Osterpause<br />
aber noch zu keiner Stellungnahme fähig. Der<br />
Bundesverband reproduktionstechnischer Zentren<br />
begrüßte das Urteil. „In Deutschland bräuchten<br />
jährlich rund tausend Paare eine Eizellspende“,<br />
sagte Geschäftsführerin Monika Uszkoreit.<br />
Derzeit müssen deutsche Paare ins Ausland reisen,<br />
um eine Eizellspende für die künstliche Befruchtung<br />
zu erhalten. Die Eizellspende ist in weiten Teilen<br />
Europas erlaubt oder geduldet. Verboten ist sie<br />
neben Deutschland und Osterreich nur in der<br />
Schweiz, der Türkei, Italien, Litauen, Norwegen und<br />
Kroatien.<br />
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs<br />
für Menschenrechte fiel mit fünf zu zwei Richterstimmen.<br />
Das Paar bekommt 10.000 Euro<br />
Schadensersatz. Österreich kann noch Berufung zur<br />
Großen Kammer des Gerichtshofs einlegen.<br />
Mit freundlicher Abdruckgenehmigung der taz<br />
„Ein paar Zeilen zu diesem Thema zu schreiben<br />
erscheint mir heute noch immer wie ein Wun-<br />
der. Nach diesen zehn Jahren ist es mir noch<br />
immer deutlich, dass ein Wunsch in Erfüllung<br />
gegangen ist.“ Regina<br />
Es wird alles Alltag, wenn er einkehrt. Man vergisst,<br />
verdrängt und nimmt so vieles selbstverständlich.<br />
Durch die Erfüllung des Kinderwunsches bin ich<br />
kein anderer Mensch geworden. Ich musste schon<br />
immer um mich kämpfen, weil ich „die Kleine“ (135<br />
cm) war. Diese Kämpfernatur hat mir später bei<br />
meinem Wunsch, ein eigenes Kind zu bekommen,<br />
geholfen. Selbst die Beziehung zu Partnern war für<br />
mich nicht einfach. Mit Peter war dann der Mann in<br />
mein Leben getreten, den ich liebte und mit dem ich<br />
durchs Leben gehen wollte. Wir heirateten in dem<br />
Bewusstsein, kein Kind haben zu können. Das lernten<br />
wir zu akzeptieren, denn wir hatten unsere Liebe.<br />
Meine Frauenärztin erklärte mir, dass beim <strong>Ullrich</strong>-<br />
<strong>Turner</strong>-Mosaik die vage Chance bestünde, durch<br />
künstliche Befruchtung (Insemination, In-vitro-<br />
Fertilisation) eine Schwangerschaft in die Wege zu<br />
leiten. Wir waren skeptisch, ob wir uns auf diesen<br />
langen Weg der Untersuchungen und Prozeduren<br />
begeben wollten. Es war ja nicht abzusehen, wie<br />
lang der Weg war und ob es sich lohnt, ihn zu<br />
gehen. Der Erfolg war nicht garantiert. Wir wollen<br />
ja alle gern eine Garantie, wenn wir uns schon<br />
für etwas einsetzen und kämpfen. Nicht alles ist<br />
garantiert wie zum Beispiel die Lebensdauer einer<br />
Waschmaschine. Auch eine Professorin konnte uns<br />
die Garantie nicht geben. Wir konnten nur auf ihre<br />
fachliche Kompetenz vertrauen. Finanziell wurden<br />
wir von der Krankenkasse unterstützt. Die ganze<br />
finanzielle Last zu tragen, wäre uns nicht möglich<br />
gewesen.<br />
Nur durch meine Kämpfernatur und unsere<br />
gemeinsame Liebe entschieden wir uns, diesen<br />
Kampf auf uns zu nehmen. Wenn uns gesagt worden<br />
wäre, dass der Zeitraum drei Jahre sein würde, wir<br />
hätten sicherlich aufgegeben. Immer wieder neu<br />
legten wir viel Geduld an den Tag.<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
Nichts ist garantiert <strong>—</strong> höchstens die Lebensdauer einer Waschmaschine<br />
Ein Bericht über die Verwirklichung des Kinderwunsches von Regina und Peter<br />
Es war manches Mal eine harte Zerreißprobe und<br />
wir dachten: Für was das alles? Wirklich nur des<br />
Kinderwunsches wegen? Auch, aber am meisten<br />
unserer Liebe wegen! Wir hielten zusammen,<br />
gaben uns gegenseitig die Kraft, weiter zu gehen.<br />
Das machte uns gemeinsam stark. Nach manchen<br />
erfolglosen Versuchen waren wir drauf und dran<br />
aufzugeben. Aber nein! Wir ließen uns nicht<br />
unterkriegen!<br />
An eine gemeinsame Sache zu glauben, das gibt mir<br />
wieder Mut. Soviel auch an mir und meinem Körper<br />
herum gedoktert wurde: ich habe daran geglaubt!<br />
Ohne meinen Glauben an eine Sache wäre ich heute<br />
nicht so weit. Das ist eine Kraft, würde ich sagen, die<br />
gibt einem nur die Liebe. Die Menschen vertrauen zu<br />
wenig ihrer eigenen Liebe. Und bei mir persönlich<br />
ist es auch der Glaube an eine höhere Macht, an<br />
Gott. Ja, ich will mein Leben weiterhin mit Gott<br />
bestreiten. So wie in jeder Beziehung gestritten wird,<br />
so streite auch ich mit meinem Leben und mit Gott.<br />
Im Leben gibt es immer zwei Seiten einer Medaille,<br />
eine schöne und eine nicht so schöne. Die schönsten<br />
Seiten in meinem Leben sind mein Mann Peter und<br />
mein mittlerweile siebenjähriger Sohn Jonas. Wir<br />
kennen sie doch alle. Menschen gehen aus unserem<br />
Leben und andere treten in unser Leben. Das Leben<br />
beschert uns Höhen und Tiefen. Deshalb glaube<br />
ich an die Kraft des Lebens und an die Liebe jedes<br />
Menschen.<br />
35
36<br />
Eltern für Kinder, nicht Kinder für Eltern suchen<br />
Der Evangelische Verein für Adoptions- und Pflegekindervermittlung im Rheinland e. V. stellt seine Arbeit vor.<br />
Das Interview führte Marlis Stempel mit der stellvertretenden Geschäftsführerin des Vereins,<br />
Diplom-Sozialarbeiterin Gesine Wischerhoff.<br />
Sie sind ein evangelischer Verein für die Vermittlung<br />
von Adoptions- und Pflegekindern. Wer wendet sich<br />
an Sie?<br />
Vorab möchte ich deutlich machen, dass wir uns<br />
in erster Linie als eine Organisation verstehen, die<br />
sich den betroffenen Kindern verpflichtet fühlt. Das<br />
heißt, wir handeln immer aus Kindeswohlperspektive<br />
und sind nicht (in erster Linie) dafür da, den<br />
Kinderwunsch unfreiwillig kinderloser Menschen<br />
zu erfüllen. Wir suchen Eltern für Kinder und nicht<br />
Kinder für Eltern.<br />
An uns wenden sich sowohl Paare als auch Einzel-<br />
personen aus ganz Deutschland, um sich über die<br />
vorhandenen Möglichkeiten, wie man ein Kind bei<br />
sich aufnehmen kann, zu informieren.<br />
Im Rahmen der interstaatlichen Adoptionsvermitt-<br />
lung sind wir Ansprechpartner für Paare aus dem<br />
gesamten Bundesgebiet, die sich dafür interessieren,<br />
ein Kind aus dem Ausland aufzunehmen. Derzeit<br />
kooperieren wir mit den afrikanischen Ländern Äthiopien,<br />
Südafrika und Kenia.<br />
Bezogen auf die Adoption eines Kindes aus dem<br />
Inland können sich Paare an uns wenden, die im<br />
Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland und<br />
innerhalb der Evangelisch-lutherischen Landeskirche<br />
Hannovers leben, weil wir dort mit dem Projekt<br />
Mirjam kooperieren.<br />
Das Projekt Mirjam ist ein Beratungsnetzwerk, ein<br />
„Netzwerk für das Leben“, das Müttern und schwangeren<br />
Frauen Hilfs- und Beratungsangebote macht.<br />
Wenn in diesem Kontext ein Kind der Adoption bedarf,<br />
ist der Evangelische Verein für die Vermittlung<br />
zuständig. Das Diakonische Werk der Evangelischlutherischen<br />
Landeskirche Hannovers musste den<br />
Adoptionsdienst leider einstellen. So haben wir als<br />
Evangelischer Verein diese Aufgaben übernommen.<br />
Können nur Paare oder auch Einzelpersonen ein Kind<br />
adoptieren?<br />
Gesetzlich ist eine Adoption durch Einzelpersonen<br />
natürlich möglich. Dies kommt häufig bei Stiefelternoder<br />
Verwandtenadoptionen vor. Bei Fremdadoptionen,<br />
wie wir sie vermitteln, geht es darum, einem<br />
Kind, das schon Verlusterfahrungen hat, möglichst<br />
gute Chancen für die Zukunft zu bieten. Aus Kindesperspektive<br />
machte es in der Regel Sinn, einem Kind<br />
zwei Elternteile zu vermitteln, die auch rechtlich glei-<br />
chermaßen Verantwortung für es tragen. Daher neh-<br />
men wir in der Regel nur Anträge von verheirateten<br />
Paaren an, die gemeinschaftlich adoptieren können.<br />
Auch unsere Kooperationspartner im Ausland nehmen<br />
in der Regel nur Anträge von verheirateten<br />
Paaren an. Im Bereich der Inlandsadoptionsvermittlung<br />
lernen wir die abgebenden Eltern kennen und<br />
fragen sie nach den Wünschen für ihr Kind. Oft haben<br />
wir es mit alleinstehenden Frauen zu tun, die auch<br />
aufgrund dieser Tatsache keine Perspektive für sich<br />
und das Kind sehen. Wir haben es noch nie erlebt,<br />
dass eine Frau sich gewünscht hätte, dass ihr Kind zu<br />
einer einzelnen Person vermittelt wird. Sie wünschen<br />
sich häufig genau das für ihr Kind, was sie dem Kind<br />
selber nicht geben können: eine vollständige Familie<br />
im Sinne einer Familie mit Vater und Mutter.<br />
Gibt es eine Altersgrenze für Adoption?<br />
Gesetzlich festgelegt ist nur das Mindestalter: Bei<br />
einem verheirateten Paar, das adoptieren möchte,<br />
muss einer der beiden mindestens 25 Jahre alt sein,<br />
wenn der andere Partner 21 Jahre alt ist.<br />
Aus fachlicher Sicht ist es wichtig für das Kind, dass<br />
ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Kind und<br />
den Annehmenden wachsen kann. Wir gehen von<br />
einem Altersabstand von nicht mehr als 40 Jahren<br />
zwischen dem älteren Elternteil und dem Kind aus.<br />
Ein Beispiel: Wenn wir ein Kind vermitteln, das fünf<br />
Jahre alt ist, darf der ältere Elternteil 45 Jahre<br />
alt sein. Bei einer Säuglingsvermittlung sollten die<br />
Adoptiveltern nicht älter als 40 Jahre sein. Natürlich<br />
gibt es auch andere wichtige Kriterien, die das Alter<br />
relativieren können.<br />
Gibt es noch andere Kriterien zur Beurteilung von<br />
Pflege- beziehungsweise Adoptiveltern? Sollen sie<br />
zum Beispiel in gesicherten Verhältnissen leben und<br />
das Waschbecken immer sauber haben?<br />
Es gibt einige formale Kriterien: Die Adoptiveltern<br />
müssen geschäftsfähig sein. Sie sollten gesund sein,<br />
das heißt, keine lebensbedrohlichen, lebensverkürzenden<br />
oder stark einschränkenden Erkrankungen<br />
haben. Die wirtschaftliche Gesamtsituation sollte<br />
gesichert sein. Das bedeutet nicht, dass man wohlhabend<br />
sein muss, aber man sollte ein Kind finanzieren<br />
können und zum Beispiel über ausreichenden Wohnraum<br />
verfügen. Adoptiveltern sollten keine Einträge<br />
im Führungszeugnis haben. Dementsprechend müssen<br />
folgende Nachweise erbracht werden: Führungszeugnis,<br />
Gesundheitszeugnis, Nachweise über das<br />
Einkommen. Es wird auch die häusliche Umgebung<br />
begutachtet. Daneben sind die Gespräche, die mit<br />
den Paaren geführt werden, ganz wichtig. Es geht<br />
darum zu erfahren, ob ein Paar in der Lage ist, ein<br />
fremdes Kind so anzunehmen wie es ist. Die Paarbeziehung<br />
sollte möglichst stabil sein. Die Gespräche<br />
sollen den Paaren helfen, eine realistische Einschätzung<br />
ihrer Möglichkeiten und Grenzen in Bezug auf<br />
ein Adoptivkind zu gewinnen.<br />
Das häufigste Motiv, ein Adoptivkind aufzunehmen,<br />
ist die eigene ungewollte Kinderlosigkeit. Festzustellen,<br />
dass man kein leibliches Kind bekommen kann,<br />
wird von vielen als sehr schmerzhaft empfunden.<br />
Man muss sich vom Wunsch nach einem leiblichen<br />
Kind verabschieden können, denn ein Adoptivkind<br />
darf kein Ersatz für ein leibliches Kind sein. Durch die<br />
Auseinandersetzung des Kindes mit seiner Herkunft<br />
werden auch die Eltern immer wieder mit ihrem unerfüllten<br />
Kinderwunsch konfrontiert. Es ist somit notwendig,<br />
dass Bewerber ihre Kinderlosigkeit soweit<br />
verarbeitet haben, dass sie eine bewusste Entscheidung<br />
für die Aufnahme eines fremden Kindes treffen<br />
und der Auseinandersetzung standhalten können.<br />
Das Kind sollte um seiner selbst willen angenommen<br />
werden, genauso wie es ist <strong>—</strong> als ein fremder Mensch<br />
mit eigenen Bedürfnissen. Das Kind kommt nicht, um<br />
die Bedürfnisse des Paares zu erfüllen.<br />
Die älteren Kinder, die wir kennen lernen, haben häu-<br />
fig eine belastende Lebensgeschichte. Sie brauchen<br />
stabile Eltern, die gut in die Gesellschaft integriert<br />
sind, um ebenso eine möglichst gute Integration<br />
dieser Kinder zu ermöglichen. Bei älteren Kindern<br />
wissen wir, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung <strong>—</strong><br />
manchmal ihrer traumatischen Erfahrung <strong>—</strong> Konflikte<br />
mitbringen und diese in der neuen Familie ausleben.<br />
Es ist nicht einfach mit einem fünfjährigen Kind<br />
umzugehen, das in der Herkunftsfamilie geschlagen<br />
worden ist. Da müssen Eltern stabil und sehr geduldig<br />
sein. Die Paare müssen eine hohe Frustrationstoleranz<br />
haben, um das aushalten zu können. Es wird<br />
außerdem darüber gesprochen, wie die Paare damit<br />
umgehen können, dass es auch noch leibliche Eltern<br />
der Kinder gibt.<br />
Dieses Kind wird seine leiblichen Eltern vermissen,<br />
obwohl es von ihnen schlecht behandelt wurde. Es<br />
wird fragen: Warum kommen Mama und Papa nicht<br />
mehr? Also, ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass<br />
die zukünftigen Eltern dem Kind sehr viel Stabilität<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
und Sicherheit vermitteln müssen. Wenn die zukünf-<br />
tigen Eltern nicht selber in sich ruhen, dürfte das<br />
ein Problem werden. Wie sehen Sie das Umfeld der<br />
Paare? Beispielsweise die Rolle der Großeltern?<br />
Die Integration der Bewerber in ihr soziales Umfeld<br />
ist von großer Bedeutung. Für uns ist es wichtig,<br />
mit den Paaren darüber zu sprechen, wie sie innerhalb<br />
ihrer Familie oder ihres Freundeskreises mit<br />
dem Adoptionsthema umgehen. Gibt es vielleicht<br />
Widerstände? Meistens weiß die Familie und der<br />
Freundeskreis, dass das Paar keine leiblichen Kinder<br />
bekommen kann und dass sie adoptieren möchten. Es<br />
ist wichtig, dass die Familie und der Freundeskreis das<br />
Kind ebenfalls willkommen heißen. Manchmal gibt<br />
es einzelne Familienmitglieder, die Vorurteile haben<br />
und diese erst langsam abbauen können. Oft hilft es<br />
schon, dass man offen damit umgeht und dass auch<br />
die Widerstände thematisiert werden.<br />
Fragen Sie nach dem Grund, warum ein Paar keine<br />
leiblichen Kinder bekommen kann oder spielt es<br />
keine Rolle, den genauen Grund zu wissen?<br />
Die persönlichen Gespräche, die wir mit Bewerbern<br />
führen, sind immer auch Biographiearbeit. Wie ist<br />
das Leben des Paares verlaufen? Wieso interessiert<br />
sich das Paar für eine Adoption? Der medizinische<br />
Grund ist unerheblich. Manchmal kann man nicht<br />
mit Gewissheit sagen, warum dieses Paar keine Kinder<br />
bekommen kann. Es ist gar nicht so selten, dass<br />
Paare später doch noch ein leibliches Kind bekommen.<br />
Wichtig zu wissen wäre es, ob es eine Krankheit<br />
gibt, die eventuell Lebensverkürzend ist oder stark<br />
lebensbeeinträchtigend. Das würde natürlich dazu<br />
führen, dass auch das Kind, damit zu leben hätte.<br />
Das wäre nicht verantwortbar. Unfruchtbarkeit ist<br />
aber keine Voraussetzung für eine Adoption. Es gibt<br />
viele Paare, die Kinder bekommen können und sich<br />
trotzdem für eine Adoption entscheiden. Sie fragen<br />
wir natürlich auch nach ihrer Motivation, ein fremdes<br />
Kind aufzunehmen.<br />
Ich finde es ja ganz wichtig, ein Kind nicht aus eigen-<br />
nützigen Interessen in Pflege zu nehmen. Wie finden<br />
Sie heraus, ob vielleicht doch ein Eigennutz dahinter<br />
steckt?<br />
Eigennutz klingt sehr negativ. Ein gewisses Eigen-<br />
interesse der Paare muss da sein, etwa der Wunsch,<br />
gemeinsam mit Kindern zu leben. Wir wünschen uns<br />
eine gesunde Mischung. Eine Adoption sollte nicht<br />
nur ein Akt des sozialen Engagements sein. Es ist<br />
nicht angenehm für ein Kind zu erfahren, dass es ein<br />
37
38<br />
Objekt der Mildtätigkeit ist. Wenn wir den Eindruck<br />
bekommen, dass für ein Paar das Pflegegeld der<br />
Hauptgrund ist ein Pflegekind bei sich aufzunehmen,<br />
lehnen wir die Vermittlung ab.<br />
Wichtig ist zu fragen: Muss das Kind bestimmte Funk-<br />
tionen erfüllen? Ist es vielleicht der Kitt für die Ehe,<br />
die gerade bröckelt? Ist das Kind ein Ersatzkind für<br />
das leibliche Kind, das nicht gekommen ist? Wir drehen<br />
die Frage um und möchten wissen, was passiert,<br />
wenn Sie kein Kind bekommen? Wie geht es weiter<br />
in Ihrem Leben?<br />
Suchen Sie Eltern auch nach bestimmten Qualifikati-<br />
onen aus? Bevorzugen Sie zum Beispiel ein Erzieher-<br />
oder ein Pädagogenpaar?<br />
Wir haben festgestellt, dass nicht unbedingt der<br />
berufliche Hintergrund darüber Auskunft gibt, ob<br />
sich jemand empathisch auf Kinder einstellen kann.<br />
Es gibt ganz viele Menschen, die überhaupt keine<br />
pädagogische Ausbildung haben, aber ein ganz<br />
großes Einfühlungsvermögen in Kinder besitzen.<br />
Häufig nehmen Menschen mit sehr bodenständigen<br />
Berufen manches nicht so schwer, wohingegen<br />
manchmal Pädagogen sehr genau hinsehen und<br />
alles hinterfragen, was nicht immer hilfreich ist. Wir<br />
achten darauf, wie die Bewerber auf uns wirken und<br />
welche Erfahrungen sie im Einzelfall mit Kindern<br />
gemacht haben. Adoptiveltern müssen nicht besser<br />
sein als andere Eltern. Sie benötigen jedoch <strong>—</strong> über<br />
die Fähigkeiten leiblicher Eltern hinaus <strong>—</strong> besondere<br />
Kompetenzen, da Adoptivkinder unter anderem<br />
dadurch geprägt sind, das Kind zweier Elternpaare<br />
zu sein.<br />
Gibt es eine Warteliste von Eltern, die ein Kind in Pfle-<br />
ge nehmen wollen oder adoptieren wollen?<br />
Bei den Auslandsadoptionen arbeiten wir mit einer<br />
Warteliste. Das hängt mit dem speziellen Verfahren<br />
zusammen. Das Kind befindet sich im Ausland und<br />
die Eltern sich im Inland. Wir müssen immer mit<br />
einer ausländischen Stelle kooperieren, die regelmäßig<br />
Anträge von uns erhält. Es handelt sich um<br />
eine Vielzahl von Papieren und Dokumenten, die<br />
vom jeweiligen Land angefordert werden. Es sollen<br />
immer überprüfte Paare bereit stehen, wenn ein<br />
Kind im Ausland dringend Eltern braucht. Da wir<br />
die leiblichen Eltern nicht persönlich kennen lernen<br />
können, können wir nicht in dem Maße wie bei einer<br />
Inlandsadoption aufgrund der Passung entscheiden.<br />
Es wird mit Hilfe der Warteliste entschieden, solange<br />
kein besonderer Grund vorliegt, ein Paar dem anderen<br />
vorzuziehen.<br />
Im Inlandsbereich ist das anders. Bei Inlandsadopti-<br />
on oder der Pflegekindervermittlung gehen wir nur<br />
nach Eltern-Kind-Passung vor. Hier beraten wir die<br />
leibliche Mutter (die leiblichen Eltern), oft vor der<br />
Geburt des Kindes, die uns ihre Wünsche in Bezug auf<br />
die Adoptiveltern nennt. Anhand ihrer Wünsche wählen<br />
wir ein Paar für das Kind aus. Ist ein Kind schon<br />
geboren und vielleicht auch schon älter, gibt es ganz<br />
viele Angaben über das Kind. Wir suchen für dieses<br />
Kind speziell die passenden Eltern aus.<br />
Für die Mütter, die Kinder abgeben müssen, ist das<br />
sicher ein mutiger und schwieriger Schritt <strong>—</strong> erst<br />
recht, wenn das Kind noch nicht geboren ist. In wel-<br />
cher Situation befinden sich die Mütter? Vermutlich<br />
ist es eine extreme Situation.<br />
Es gibt ganz unterschiedliche Hintergründe die zu<br />
einer Adoptionsabgabe führen. Manche Frauen sind<br />
noch minderjährig und trauen sich die Übernahme<br />
der Mutterrolle noch nicht zu. Es gibt Frauen mit<br />
psychischen Problemen. Einige Frauen können keine<br />
emotionale Beziehung zu dem Kind aufbauen. Auch<br />
materielle Überlegungen spielen eine Rolle. Für manche<br />
Frauen mit Migrationshintergrund stellt allein die<br />
Tatsache, dass sie ein nicht-eheliches Kind erwarten,<br />
ein großes Problem dar. Sie versuchen die Schwangerschaft<br />
zu verheimlichen. Die Abgabe des geborenen<br />
Kindes ist wiederum die letzte Konsequenz.<br />
Es sind Frauen aus allen sozialen Schichten, die sich<br />
überfordert fühlen, ihr Kind selbst zu versorgen.<br />
Wir sind froh, wenn wir die Frauen möglichst<br />
früh beraten können. Viele wenden sich an uns<br />
über das Internet. Vielfach werden wir auch von<br />
Schwangerschafts-Beratungsstellen eingeschaltet,<br />
wenn die Schwangerschaft spät bemerkt wurde<br />
und eine Abtreibung nicht mehr möglich ist. Nur<br />
wenige Frauen entscheiden sich bewusst gegen<br />
eine Abtreibung und für eine Adoptionsfreigabe.<br />
Wir begleiten und beraten die leiblichen Eltern vor<br />
der Adoptionsvermittlung, wenn gewünscht auch<br />
während der Geburt, und in der Zeit danach ihrem<br />
Bedarf entsprechend.<br />
Ich finde es ungerecht, dass dieser Schritt in der<br />
Gesellschaft immer noch stigmatisiert wird. Eine<br />
Frau, die offen zugibt, ein Kind zur Adoption<br />
abgegeben zu haben, hat keinen leichten Stand. Ich<br />
würde mir wünschen, dass sich das positiv verändert,<br />
denn die Frauen sorgen mit ihrer bewussten<br />
Entscheidung dafür, dass ihre Kinder von Anfang<br />
an in der Geborgenheit einer Familie aufwachsen<br />
können.<br />
Die Frauen möchten sicher, dass es ihrem Kind wirk-<br />
lich gut geht. Unterstützen sie diese Frauen in der<br />
Überlegung, ob sie sich vielleicht Hilfe holen, um das<br />
Kind mit Hilfe doch selber großzuziehen?<br />
Unsere Beratung ist grundsätzlich ergebnisoffen.<br />
Das bedeutet, dass eine Frau, die sich bei uns beraten<br />
lässt, nicht automatisch ihr Kind zur Adoption frei<br />
geben muss. Erfahrungsgemäß entscheiden sich<br />
mindestens die Hälfte der Frauen, die wir hier beraten,<br />
letzten Endes dafür, das Kind nicht abzugeben.<br />
In vertraulichen Gesprächen suchen wir gemeinsam<br />
mit den Frauen nach Möglichkeiten, wie sie ihr Kind<br />
behalten können. Wir machen deutlich, dass die<br />
Adoptionsfreigabe ein gravierender Schritt ist. Ein<br />
empfehlenswertes Angebot, das wir den Frauen<br />
machen können, ist, sich mit einer Mutter zu treffen,<br />
die bereits den Schritt gegangen, ist, ihr Kind zur<br />
Adoption freizugegeben. Für uns ist es wichtig, dass<br />
die Frauen vor dem Hintergrund aller Informationen<br />
und Alternativen, die richtige Entscheidung für sich<br />
und ihr Kind treffen können. Wir möchten nicht die<br />
Verantwortung dafür übernehmen, dass eine Frau<br />
ihre Entscheidung zu schnell trifft. Sie müssen sich<br />
der Tragweite einer solchen Entscheidung bewusst<br />
werden. Wenn sich eine Frau entscheidet, ihr Kind<br />
abzugeben, erhält sie unsere volle Unterstützung,<br />
und wir machen deutlich, dass dies eine sehr anerkennenswerte<br />
Entscheidung ist.<br />
Da wir auch als Pflegekinderdienst überregional tätig<br />
sind, werden wir von Jugendämtern angefragt, wenn<br />
für bestimmte Kinder Pflegefamilien gesucht werden.<br />
Die Hintergründe dieser Kinder sind häufig die,<br />
dass sie gegen den Willen der leiblichen Eltern aus<br />
der Familie genommen werden mussten, da das Wohl<br />
des Kindes dort nicht gewährleistet werden konnte.<br />
Es handelt sich zum Beispiel um Fälle von Verwahrlosung,<br />
Gewalt oder des Missbrauchs. Aufgrund der<br />
traumatischen Erfahrungen brauchen diese Kinder<br />
eine ganz intensive Unterstützung.<br />
Ich denke, je eher so eine Entscheidung gefällt wird,<br />
desto besser ist es für das Kind. Wann lehnen Sie<br />
Paare, die ein Kind in Pflege nehmen oder adoptieren<br />
wollen ab?<br />
Zunächst müssen die Bewerber alle formalen Krite-<br />
rien, von denen ich die Wichtigsten schon genannt<br />
habe, erfüllen. Ebenso müssen die Adoptiveltern<br />
akzeptieren können, dass das Kind mit eigenen<br />
Bedürfnissen in die neue Familie kommt und vor dem<br />
Hintergrund zweier Elternpaare aufwächst. Dazu<br />
gehört auch, dass Adoptiveltern die Pflicht haben, ihr<br />
Kind über seine Herkunft altersgerecht aufzuklären<br />
und ihm zu helfen, seine Biographie zu verstehen.<br />
Ein Paar kann nur gemeinsam adoptieren. Das heißt,<br />
wenn wir den Eindruck gewinnen, dass nur ein Partner<br />
wirklich adoptieren will und der andere nur mit-<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
zieht, aber selbst nicht wirklich dahinter steht, kann<br />
das ein Grund sein, gegen eine Adoptionsvermittlung<br />
zu entscheiden.<br />
Eine wichtige Grundlage unserer Arbeit ist außerdem,<br />
dass wir ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis<br />
mit den Bewerbern entwickeln können. Im Falle<br />
einer Auslandsadoption zum Beispiel handelt es sich<br />
um ein kompliziertes Verfahren, weil zwei Länder<br />
daran beteiligt sind. Über Ländergrenzen hinweg<br />
wird ein Kind zu anderen Eltern vermittelt. Das ist<br />
kein „Rundum-Sorglos-Paket“, sondern da können<br />
Schwierigkeiten auftreten. Es ist notwendig, dass<br />
wir uns auf die Eltern verlassen können. Sie müssen<br />
das Vertrauen in uns haben, dass wir alles Mögliche<br />
und Nötige tun, und wir müssen wissen, dass dieses<br />
Paar belastbar ist. Das gilt ebenso für den Inlandsbereich.<br />
Man muss sich darauf verlassen können,<br />
dass die Bewerber, das, was sie mit uns besprochen<br />
haben, auch so meinen. Wenn ich die Paare frage, ob<br />
sie bereit wären, Kontakt mit einer leiblichen Mutter<br />
zu halten, dann möchte ich, dass sie ihr Wort halten.<br />
Wenn hier der Eindruck entsteht, dass wir kein solches<br />
Vertrauensverhältnis aufbauen können, kann<br />
das ein Grund sein, dass wir das Paar nicht annehmen<br />
können.<br />
Ich danke Ihnen für das Interview.<br />
Details über die Arbeit des Evangelischen Vereins<br />
für Adoptions- und Pflegekindervermittlung im<br />
Rheinland e. V. kann man auf der Internetseite<br />
www.adoption.ekir.de nachlesen.<br />
Evangelischer Verein für Adoptions- und<br />
Pflegekindervermittlung Rheinland e. V.<br />
Einbrunger Straße 66<br />
40489 Düsseldorf<br />
Tel. (00 49) (0) 211 40 87 95-0<br />
Fax (00 49) (0) 211 40 87 95-26<br />
E-Mail evap@ekir.de<br />
Neben den konfessionsgebundenen Vereinen gibt<br />
es viele weitere Vereine oder Agenturen, wie zum<br />
Beispiel „Help a child“, die bei der Vermittlung von<br />
Adoptionen behilflich sind. Weitere Informationen<br />
zum Thema gibt es auch bei der<br />
Bundeszentralstelle für Auslandsadoption<br />
Adenauer Allee 99<br />
53113 Bonn<br />
39
40<br />
Der Evangelische Verein für Adoptions- und<br />
Pflegekindervermittlung Rheinland e. V. stellt sich vor<br />
Der Evangelische Verein nimmt folgende Aufgaben<br />
wahr:<br />
1. Evangelische Zentral stelle für Adoption des<br />
Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in<br />
Deutschland e. V.<br />
Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in<br />
Deutschland e. V. hat im Jahr 2010 die Koordination<br />
und verbandspolitische Vertre tung des Arbeitsbe-<br />
reiches der Adoptionsvermittlung auf Bundesebene<br />
an den Evan gelischen Verein delegiert. Diese Dele-<br />
gation knüpft an die Geschichte des Evangelischen<br />
Vereins an, der kurz nach dem zweiten Weltkrieg fast<br />
30 Jahre lang die Funktion einer „Adoptionszentrale<br />
des Zentralausschusses für die Innere Mission der<br />
<strong>Deutsche</strong>n Evangelischen Kirche“ wahrgenommen<br />
hat. Die Geschäftsführerin des Evangelischen Vereins<br />
übernimmt im Auf trag des Diakonischen Werkes<br />
der EKD mit dessen Unterstützung und in enger Rück-<br />
bindung an das Zentrum Familie, Integration, Bildung<br />
und Armut die inhaltliche und organisatorische<br />
Verantwor tung für den fachpolitischen Informati-<br />
onsaustausch unter den evangelischen Fach diensten<br />
sowie die verbandspolitische Begleitung des Arbeits-<br />
feldes und vertritt das Arbeitsfeld Adoption in evan-<br />
gelischer Trägerschaft auf bundespolitischer Ebene.<br />
Der Zentrale Evangelische Fachdienst für interstaat-<br />
liche Adoptionsvermitt lung wurde schon 1991 im<br />
Auftrag des Diakonischen Werkes der Evangelischen<br />
Kirche in Deutschland e. V. eingerichtet. Dem Evangelischen<br />
Verein wurde die verbandspolitische Vertretung<br />
in diesem Arbeitsbereich übertragen.<br />
2. Zentraler Evangelischer Fachdienst für interstaat-<br />
liche Adoptionsvermittlung<br />
Dieses Arbeitsfeld nehmen wir seit 1991 für das Diako-<br />
nische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland<br />
bundesweit wahr. Wir suchen für verlassene Kinder<br />
aus sogenannten Entwicklungsländern, die in ihrem<br />
Herkunftsland derzeit keine Chance auf eine gedeihliche<br />
Zukunft haben, geeignete Eltern in Deutschland<br />
und bereiten diese auf die besondere Aufgabe<br />
vor. Gemeinsam mit den ausländischen Behörden<br />
führen wir das internatio nale Adoptionsverfahren<br />
durch. Darüber hinaus leisten wir die nachgehende<br />
Begleitung und Beratung der Adoptivfamilien und<br />
unterstützen die Adoptiveltern im Verfahren zur<br />
Feststellung der Anerkennung und Wirkung nach<br />
dem Adoptionswirkungsgesetz.<br />
3. Zusammenarbeit mit der Diakonie Rheinland-<br />
Westfalen-Lippe e. V.<br />
Der Evangelische Verein übernimmt Aufgaben im<br />
Interesse der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe<br />
e. V. Die Aktivitäten beziehen sich auf die Bereiche<br />
der Lippischen Landeskirche, der Evangelischen<br />
Kirche von Westfalen und der Evangelischen Kirche<br />
im Rheinland.<br />
Folgende Aufgaben übernimmt der Evangelische<br />
Verein für die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe<br />
e. V.:<br />
• Förderung des fachlichen Austausches im Bereich<br />
der evangelischen Adoptions- und Pflegekindervermittlung<br />
• Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungen<br />
zur fachlichen Weiterentwicklung und Qualitätsentwicklung<br />
der evangelischen Adoptions- und Pflegekindervermittlung<br />
• Erarbeitung von Positionen und Stellungnahmen<br />
für die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und nach<br />
Absprache Vertretung (innerhalb und außerhalb der<br />
Diakonie).<br />
4. Überregionaler Adoptions- und Pflegekinder-<br />
dienst für das Rheinland<br />
Vor allem für ältere Kinder oder Kinder mit beson-<br />
deren Belastungen sucht unser über regionaler<br />
Adoptions- und Pflegekinderdienst im gesamten<br />
Bereich der rheinischen Kirche nach geeigneten<br />
Eltern. Diese Kinder werden uns häufig von den<br />
örtlichen Jugendämtern, Diakonischen Werken oder<br />
katholischen Sozialdiensten gemeldet, die in ihrem<br />
begrenzten Einzugsbereich nicht die passenden<br />
neuen Eltern für diese Kinder finden. Die Fachkräfte<br />
unseres Adoptions- und Pflegekinderdienstes beraten<br />
die leiblichen Eltern der Kinder vor und nach der<br />
Vermittlung, Adoptions- und Pflegebewerberpaare<br />
und die Adoptiv- und Pflegefamilien. Als sehr alter<br />
Adoptionsdienst beraten wir auch regelmäßig eine<br />
große Zahl erwachsener Adoptierter, die nach ihrer<br />
Herkunft suchen, und begleiten Wiederbegegnungen<br />
zwischen erwachsenen Adoptierten und ihren Herkunftsfamilien.<br />
Kinder kommen nicht aus dem Versandhaus<br />
Ei Ein n Kommentar zur Auslandsadoption von Sarah<br />
Eine amerikanische Krankenschwester aus Tennes-<br />
see schickte ihren sieben Jahre alten russischen<br />
Adoptivsohn völlig alleine mit dem Flugzeug zurück<br />
nach Russland. Ein Mann, den die Amerikanerin<br />
dafür bezahlt hatte, setzte den Jungen vor dem<br />
Bildungsministerium aus. „Dieses Kind ist psychisch<br />
instabil, gewalttätig und hat ernste psychopathische<br />
Probleme“, schrieb die 34-Jährige auf einem Zettel,<br />
den sie dem Jungen mitgab. Nach eigenen Angaben<br />
fürchtete sie um ihr eigenes Leben und das ihrer<br />
Familie „Es tut mir leid es zu sagen, aber … ich will<br />
nicht mehr Mutter dieses Kindes sein.“ Russlands<br />
Präsident, Dmitri Anatoljewitsch Medwedew, sprach<br />
von einem „monströsen Akt“ der US-Familie. Sein<br />
Außenminister, Sergej Lawrow, drohte damit, Adoptionen<br />
russischer Kinder durch US-Amerikaner auf Eis<br />
zu legen und fordert Regierungsabkommen, in denen<br />
die Verpflichtungen der Adoptivfamilien ganz genau<br />
festgelegt werden.<br />
Kinder sind keine Luxusware, keine Modeartikel, die<br />
man in einem Katalog bestellen und einfach wieder<br />
zurückschicken kann, wenn sie nicht passen, zu teuer<br />
sind, oder nicht gefallen. Sie kommen nicht aus<br />
einem Versandhaus. Sie haben eine Vergangenheit,<br />
die sie aufarbeiten müssen, und dafür benötigen<br />
sie die Hilfe ihrer neuen Familie. Dessen sollten sich<br />
potentielle Adoptiveltern unbedingt immer bewusst<br />
sein, und genau deshalb ist die aufklärende Arbeit<br />
von Organisationen wie des Evangelischen Vereins<br />
zur Adoptionsvermittlung so wichtig. Wem die Verantwortung,<br />
für ein Kind zu sorgen, eventuell zuviel<br />
werden könnte, wer nur aus einem spontanen Impuls<br />
heraus den Wunsch verspürt, für ein Kind da zu sein,<br />
der sollte sich überlegen, ob eine Patenschaft, wie sie<br />
von vielen Organisationen angeboten wird, nicht die<br />
bessere Alternative zu einer Adoption wäre.<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
Foto von Norbert Schmitz, pixelio.de<br />
41
Hannelore<br />
Hannelore<br />
mitglieder stellen sich vor<br />
Hannelore arbeitet in einer integrativen Kindertages-<br />
stätte als Heilerziehungspflegerin. Die Fragen stellte<br />
Marlis Stempel<br />
Das wollte ich früher einmal werden …<br />
Früher wollte ich einmal Krankenschwester werden.<br />
Ich bin Heilerziehungspflegerin geworden, weil dieser<br />
Beruf dem der Krankenschwester am nächsten,<br />
aber halb so anstrengend ist. Er ist persönlich nah am<br />
Menschen ist, dem ich gerne helfe.<br />
Ich freue mich …<br />
über Dinge, die mir beruflich oder privat gelingen und<br />
über die Anerkennung dafür.<br />
Ich ärger mich über …<br />
Fehler aus „Schusseligkeit“, die meist Stress verursachen,<br />
der nicht nötig gewesen wäre.<br />
Ein guter Tag beginnt …<br />
mit einem gemütlichen Frühstück.<br />
Ein schlechter Tag beginnt …<br />
mit einem hastigen Frühstück oder ohne Frühstück.<br />
Da wollte ich unbedingt schon einmal hinreisen …<br />
Nach Norderney würde ich gerne zurückkehren.<br />
Ich arbeite gern …<br />
in der Kindertagesstätte, weil mit Kindern leichter zu<br />
arbeiten ist als mit Erwachsenen.<br />
Besonders wichtig an meiner Arbeit ist mir …<br />
dass es vor allem den Kindern, um die es ja geht,<br />
gut geht.<br />
Die <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung Deutschland<br />
bedeutet für mich …<br />
Austausch mit anderen Betroffenen und Freundschaften.<br />
Mit diesem Prominenten würde ich gerne einen Kaffee<br />
trinken …<br />
Ich würde gerne mit Harpe Kerkeling einen Kaffee<br />
trinken gehen.<br />
Diese Bibelstelle mag ich am liebsten …<br />
„Lasset die Kinder zu mir kommen, sagte Jesus“, ist<br />
meine Bibelstelle.<br />
Meine Vorbilder sind …<br />
Menschen, die guten willens sind und es ehrlich mit<br />
einem meinen.<br />
Wenn ich die Welt verändern könnte, würde ich …<br />
Bio-Nahrung, Bio-Möbel und Bio-Kleidung für jeden<br />
erschwinglich machen, der ein Gehalt bekommt.<br />
Arme würden auch von mir Bio-Kleidung und Bio-<br />
Nahrung bekommen. Ich wünsche mir Gesundheit,<br />
Erhalt der derzeitigen Arbeitsstelle und der Wohnung.<br />
Ich träume oft von …<br />
einem netten Mann, der in meinem Alter ist, mich<br />
liebt so wie ich bin und umgekehrt.<br />
43
Wir laden ein zum<br />
Frauentreffen<br />
nach Nordwalde<br />
15. bis 17. Oktober 2010<br />
veranstaltungen<br />
15. bis 17. Oktober 2010<br />
12. bis 13. Februar 2011<br />
25. bis 27. Februar 2011<br />
27. bis 29. Mai 2011<br />
26. Juni 2010, 11:30 Uhr<br />
11. September 2010, 11:00 Uhr<br />
6. November 2010, 11:00 Uhr<br />
4. Dezember 2010, 11:00 Uhr<br />
27. Juni 2010, ab 11:00 Uhr<br />
4. September 2010<br />
25. September 2010<br />
Jeden ersten Freitag im Monat<br />
18:45 Uhr bis 21:00 Uhr<br />
Jeden dritten Samstag im Monat<br />
15:00 Uhr bis 18:00 Uhr<br />
Überregionale Treffen<br />
Frauentreffen in Nordwalde bei Münster<br />
Regionalleitertreffen<br />
Ort wird noch bekannt gegeben.<br />
Weibertreffen in der Jugendherberge in Mainz<br />
Jahrestreffen in der Jugendherberge Oberwesel<br />
Regionalgruppe Stuttgart<br />
Biergarten. Wir treffen uns um 11:30 Uhr vor der<br />
Post im HBF Stuttgart. Familien sind willkommen.<br />
Körpertherapie mit Jürgen Weiss, KISS<br />
Gruppengespräche, KISS<br />
Jahresausklang, Familien sind willkommen, KISS<br />
KISS Stuttgart, Tübinger Straße 15<br />
Familiengruppe Düsseldorf<br />
Treffen im Südparkcafé Düsseldorf-Wersten<br />
Themensamstag<br />
Regionalgruppe Duisburg<br />
6. Duisburger Selbsthilfetag<br />
Stammtisch bei Mamma Leone<br />
Regionalgruppe Hamburg<br />
KISS Wandsbek, Brauhausstieg 15-17<br />
22041 Hamburg-Wandsbek<br />
Kerstin Wessels Fon 02 57. 28 50 52<br />
familie-wessels@t-online.de<br />
Silke Flinder Fon 0 30. 66 46 01 01<br />
Bettina von Hanffstengel Fon 0 91 92. 99 40 86<br />
orgateam-jahrestreffen@turner-syndrom.de<br />
Bettina von Hanffstengel Fon 0 91 92. 99 40 86<br />
orgateam-jahrestreffen@turner-syndrom.de<br />
Barbara Keller Handy 01 71. 1 77 31 33<br />
Marlis Stempel Fon 02 03. 78 69 52<br />
redaktion@turner-syndrom.de<br />
Marlis Stempel Fon 02 03. 78 69 52<br />
redaktion@turner-syndrom.de<br />
KISS Wandsbek, Fon 0 40. 3 99 2 63 50<br />
kisswandsbek@paritaet-hamburg.de<br />
weitere aktuelle Termine finden Sie unter<br />
www.turner-syndrom.de<br />
MJahr<br />
an Förderer<br />
AOK Niedersachsen Fördergeld für<br />
die Regionalgruppe Osnabrück<br />
AOK Berlin Fördergeld für die Regionalgruppe Berlin<br />
Vdak<br />
DAK Bundesverband<br />
an Spender<br />
Wir danken allen Spendern, die uns mit ihrer Spende<br />
die Fortführung unserer Projekte ermöglicht haben.<br />
es spendeten neben Privatpersonen<br />
folgende Firmen:<br />
Albersdruck GmbH & Co KG<br />
BSN-Jobst GmbH<br />
Merck Pharma GmbH<br />
Berichtszeit: September 2009 bis Mai 2010<br />
für tatkräftige Hilfe!<br />
danke<br />
Das Korrekturlesen besorgten Bettina von Hanffstengel<br />
Christiane und Sarah. Das Frauentreffen 2010 wird organisiert<br />
von der Frauengruppe Münster/Osnabrück<br />
Ein Dank für die Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit<br />
geht an PPR Pepper Pohl Publik Relations<br />
Agentur für Gesundheitskommunikation<br />
www.ppr-pepper.de<br />
Ein Dankeschön an visuelle kommunikation lisa eppinger<br />
für die gestalterische Unterstützung und Beratung bei<br />
den <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Nachrichten.<br />
Wir danken Alois Reifenschneider für seinen ehrenamtlichen<br />
Einsatz als Webmaster und die gelungene Umsetzung<br />
unserer Ideen.<br />
45
46<br />
adressen<br />
<strong>kinderwunsch</strong><br />
information<br />
Ehe-, Familien-<br />
Sexual- und Lebensberatung<br />
AWO-Beratungsstelle im Uni-Klinikum Essen<br />
Beratungsstelle für Frauen und Paare<br />
Nebenstelle des Lore-Agnes-Hauses<br />
Hufelandstr. 55<br />
45147 Essen<br />
Trägerin: AWO Bezirksverband Niederrhein e. V.<br />
Fon 02 01. 7 22 - 16 08 - 09<br />
Fax: 02 01. 722 - 16 00<br />
E-Mail: awo-beratung@uk-essen.de<br />
www.lore-agnes-haus.de<br />
Evangelischer Verein für Adoptions- und<br />
Pflegekindervermittlung Rheinland e. V.<br />
Einbrunger Straße 66<br />
40489 Düsseldorf<br />
Tel. (00 49) (0) 211 40 87 95-0<br />
Fax (00 49) (0) 211 40 87 95-26<br />
E-Mail evap@ekir.de<br />
novum<br />
Zentrum für Reproduktionsmedizin<br />
Akazienallee 8-12<br />
D-45127 Essen<br />
Tel. +49 (0) 20 12 94 29 - 0<br />
Fax +49 (0) 20 12 94 29 - 14<br />
info@ivfzentrum.de<br />
www.ivfzentrum.de<br />
weitere Adressen sind der Redaktion bekannt.<br />
<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung Deutschland e. V.<br />
Geschäftsführerin<br />
Melanie Becker-Steif<br />
Ringstraße 18<br />
53809 Ruppichteroth<br />
Fon 0 22 47 75 97 50<br />
Fax 0 22 47 75 97 56<br />
geschaeftsstelle@turner-syndrom.de<br />
Ansprechpartnerin<br />
für die Mädchenarbeit<br />
Bettina von Hanffstengel<br />
Rödlas 4<br />
91077 Neunkirchen am Brand<br />
Fon 0 91 92. 99 40 86<br />
Fax 0 91 92. 99 40 79<br />
orgateam-jahrestreffen@turner-syndrom.de<br />
Informations- und Beratungstelefon<br />
Diplom-Psychologin<br />
Angelika Bock<br />
Am Heienbach 32<br />
36199 Rotenburg an der Fulda<br />
Fon 0 66 23. 9 15 42 39<br />
beratung@turner-syndrom.de<br />
Erste Vorsitzende<br />
Kerstin Subtil<br />
Ahornstraße 65<br />
63071 Offenbach<br />
Fon 0 69. 42 69 42 97<br />
Handy 01 62. 41 0 11 88<br />
erste-vorsitzende@turner-syndrom.de<br />
Ansprechpartnerin<br />
für die Regionalgruppen<br />
Silke Flinder<br />
Am Bogen 25<br />
13589 Berlin<br />
Fon 0 30. 66 46 01 01<br />
dritte-vorsitzende@turner-syndrom.de<br />
Redaktionsteam<br />
Bettina von Hanffstengel<br />
Marlis Stempel<br />
Christiane und Sarah<br />
Berichtszeit: September 2009 bis Mai 2010<br />
Herausgeber<br />
Redaktion<br />
MitarbeiterInnen<br />
dieser Ausgabe<br />
Satz<br />
Druck<br />
Auflage<br />
Erscheinungsweise<br />
Preis<br />
ISSN<br />
Hinweis<br />
Redaktionsschluss<br />
<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung Deutschland e. V.<br />
Marlis Stempel (ViSdP)<br />
Christiane, Elke, Bettina von Hanffstengel, Dr. med. Nadia Heming,<br />
Barbara Keller, Petra, Prof. Dr. med. Thomas Katzorke, Regina,<br />
Kristin, Sarah, Gabi, Gesine Wischerhoff. Allen Autoren und Autorinnen<br />
sei ein großer Dank ausgesprochen!<br />
DTP Marlis Stempel<br />
Druckerei Albers, Düsseldorf<br />
700 Exemplare<br />
halbjährlich im Mai und Oktober, jeweils zum<br />
Jahrestreffen und zum Frauentreffen<br />
2,50 Euro pro Exemplar. Mitglieder erhalten die<br />
<strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Nachrichten kostenlos.<br />
0946-8331<br />
die Inhalte dieser Zeitschrift sind alleinige Meinungsäußerungen<br />
der Autoren und Autorinnen. Sie stimmen nicht unbedingt mit<br />
der Meinung der <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-Vereinigung Deutschland e. V.<br />
überein.<br />
für die Ausgabe 2. 2010 ist der 15. August 2010<br />
Das Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe ist Patienteninformation<br />
<strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>. Wir suchen Antworten auf folgende<br />
Fragen: Wie erkläre ich das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> meiner<br />
Tochter? Wie bringe ich es meinem Partner bei? Wie formuliert der<br />
Arzt, die Ärztin gegenüber der Patientin, was Sache ist? Für Tipps<br />
aus dem Leserkreis ist das Redaktionsteam dankbar. Berichten Sie<br />
uns, wie Sie über das <strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> aufklären oder wie<br />
Sie aufgklärt wurden. Zuschriften erbitten wir an:<br />
Marlis Stempel<br />
Böhmer Straße 4<br />
47249 Duisburg<br />
Fon 02 03. 78 69 52<br />
Fax 03 22 21 16 06 34<br />
redaktion@turner-syndrom.de<br />
impressum<br />
turner-syndromvereinigung<br />
deutschland e.v.<br />
www.turner-syndrom.de<br />
wir bieten hilfe und informationen<br />
zum ullrich-turner-syndrom.<br />
melanie becker-steif<br />
geschäftsführerin<br />
ringstraße 18<br />
53809 ruppichteroth<br />
fon 0 22 47. 75 97 50<br />
fax 0 22 47. 75 97 56<br />
geschaeftsstelle@<br />
turner-syndrom.de<br />
schirmherrin<br />
dr. med. astrid bühren<br />
beratung und infoservice<br />
diplom-psychologin angelika bock<br />
fon 0 66 23. 9 15 42 39<br />
beratung@turner-syndrom.de<br />
vorstand<br />
kerstin subtil<br />
bettina schaefer<br />
silke flinder<br />
registergericht<br />
amtsgericht waldbröl<br />
registernummer vr 733<br />
mitglied in achse e. v.<br />
bag selbsthilfe e. v.<br />
kindernetzwerk e. v.<br />
netzwerk gegen selektion<br />
durch pränataldiagnostik<br />
paritätischer wohlfahrtsverband<br />
landesverband nrw<br />
wir sind eine gemeinnützige,<br />
ehrenamtlich tätige selbsthilfeorganisation.<br />
spenden<br />
und mitgliedsbeiträge sind<br />
steuerlich absetzbar.<br />
freistellungsbescheid vom<br />
finanzamt siegburg vom<br />
27.06.2005 steuernummer:<br />
220 5939 0459<br />
spendenkonto<br />
sparkasse wiehl<br />
bankleitzahl 384 524 90<br />
kontonummer 359 893<br />
vereinskonto<br />
postbank köln<br />
bankleitzahl 370 100 50<br />
kontonummer 526 848 504<br />
47
Mirjam <strong>—</strong> Kind der Hoffnung<br />
Ein Baby <strong>—</strong><br />
Untergewichtig und zu klein,<br />
dicke Hände und Füße,<br />
der Hals <strong>—</strong><br />
da stimmt doch was nicht!<br />
Um Gottes Willen!<br />
Was wohl aus diesem Kind werden wird?<br />
Nie wird es sich durchsetzen können!<br />
Ihr Leben lang einen gezeichneten, unattraktiven,<br />
entstellten Körper haben.<br />
Es wird es schwer haben, das arme Kind!<br />
Ein Mädchen <strong>—</strong><br />
sie heißt Mirjam.<br />
Schaut, wie sie trinkt und wächst!<br />
Richtig lieb, wenn sie lächelt oder schläft!<br />
Sie lernt unheimlich viel in kurzer Zeit!<br />
Klein und hilflos, wie sie ist,<br />
hat sie doch die Kraft, ein Stück Welt zu verändern!<br />
Was für eine wundervolle Ausstrahlung Mirjam<br />
in diesem Alter schon hat!<br />
Beides das gleiche Mädchen!<br />
Mirjam hat <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>.<br />
Welche Hoffnungen weckt sie in mir für ihr Leben?<br />
Wo stehe ich zwischen Angst und Vertrauen?<br />
Ob meine Hoffnung für sie zum Geschenk wird?<br />
Ein Geschenk des Lebens <strong>—</strong> für Mirjam.<br />
Elke, Oktober 1996<br />
www.turner-syndrom.de