kinderwunsch — wunschkinder - Deutsche Ullrich-Turner-Syndrom ...
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Objekt der Mildtätigkeit ist. Wenn wir den Eindruck<br />
bekommen, dass für ein Paar das Pflegegeld der<br />
Hauptgrund ist ein Pflegekind bei sich aufzunehmen,<br />
lehnen wir die Vermittlung ab.<br />
Wichtig ist zu fragen: Muss das Kind bestimmte Funk-<br />
tionen erfüllen? Ist es vielleicht der Kitt für die Ehe,<br />
die gerade bröckelt? Ist das Kind ein Ersatzkind für<br />
das leibliche Kind, das nicht gekommen ist? Wir drehen<br />
die Frage um und möchten wissen, was passiert,<br />
wenn Sie kein Kind bekommen? Wie geht es weiter<br />
in Ihrem Leben?<br />
Suchen Sie Eltern auch nach bestimmten Qualifikati-<br />
onen aus? Bevorzugen Sie zum Beispiel ein Erzieher-<br />
oder ein Pädagogenpaar?<br />
Wir haben festgestellt, dass nicht unbedingt der<br />
berufliche Hintergrund darüber Auskunft gibt, ob<br />
sich jemand empathisch auf Kinder einstellen kann.<br />
Es gibt ganz viele Menschen, die überhaupt keine<br />
pädagogische Ausbildung haben, aber ein ganz<br />
großes Einfühlungsvermögen in Kinder besitzen.<br />
Häufig nehmen Menschen mit sehr bodenständigen<br />
Berufen manches nicht so schwer, wohingegen<br />
manchmal Pädagogen sehr genau hinsehen und<br />
alles hinterfragen, was nicht immer hilfreich ist. Wir<br />
achten darauf, wie die Bewerber auf uns wirken und<br />
welche Erfahrungen sie im Einzelfall mit Kindern<br />
gemacht haben. Adoptiveltern müssen nicht besser<br />
sein als andere Eltern. Sie benötigen jedoch <strong>—</strong> über<br />
die Fähigkeiten leiblicher Eltern hinaus <strong>—</strong> besondere<br />
Kompetenzen, da Adoptivkinder unter anderem<br />
dadurch geprägt sind, das Kind zweier Elternpaare<br />
zu sein.<br />
Gibt es eine Warteliste von Eltern, die ein Kind in Pfle-<br />
ge nehmen wollen oder adoptieren wollen?<br />
Bei den Auslandsadoptionen arbeiten wir mit einer<br />
Warteliste. Das hängt mit dem speziellen Verfahren<br />
zusammen. Das Kind befindet sich im Ausland und<br />
die Eltern sich im Inland. Wir müssen immer mit<br />
einer ausländischen Stelle kooperieren, die regelmäßig<br />
Anträge von uns erhält. Es handelt sich um<br />
eine Vielzahl von Papieren und Dokumenten, die<br />
vom jeweiligen Land angefordert werden. Es sollen<br />
immer überprüfte Paare bereit stehen, wenn ein<br />
Kind im Ausland dringend Eltern braucht. Da wir<br />
die leiblichen Eltern nicht persönlich kennen lernen<br />
können, können wir nicht in dem Maße wie bei einer<br />
Inlandsadoption aufgrund der Passung entscheiden.<br />
Es wird mit Hilfe der Warteliste entschieden, solange<br />
kein besonderer Grund vorliegt, ein Paar dem anderen<br />
vorzuziehen.<br />
Im Inlandsbereich ist das anders. Bei Inlandsadopti-<br />
on oder der Pflegekindervermittlung gehen wir nur<br />
nach Eltern-Kind-Passung vor. Hier beraten wir die<br />
leibliche Mutter (die leiblichen Eltern), oft vor der<br />
Geburt des Kindes, die uns ihre Wünsche in Bezug auf<br />
die Adoptiveltern nennt. Anhand ihrer Wünsche wählen<br />
wir ein Paar für das Kind aus. Ist ein Kind schon<br />
geboren und vielleicht auch schon älter, gibt es ganz<br />
viele Angaben über das Kind. Wir suchen für dieses<br />
Kind speziell die passenden Eltern aus.<br />
Für die Mütter, die Kinder abgeben müssen, ist das<br />
sicher ein mutiger und schwieriger Schritt <strong>—</strong> erst<br />
recht, wenn das Kind noch nicht geboren ist. In wel-<br />
cher Situation befinden sich die Mütter? Vermutlich<br />
ist es eine extreme Situation.<br />
Es gibt ganz unterschiedliche Hintergründe die zu<br />
einer Adoptionsabgabe führen. Manche Frauen sind<br />
noch minderjährig und trauen sich die Übernahme<br />
der Mutterrolle noch nicht zu. Es gibt Frauen mit<br />
psychischen Problemen. Einige Frauen können keine<br />
emotionale Beziehung zu dem Kind aufbauen. Auch<br />
materielle Überlegungen spielen eine Rolle. Für manche<br />
Frauen mit Migrationshintergrund stellt allein die<br />
Tatsache, dass sie ein nicht-eheliches Kind erwarten,<br />
ein großes Problem dar. Sie versuchen die Schwangerschaft<br />
zu verheimlichen. Die Abgabe des geborenen<br />
Kindes ist wiederum die letzte Konsequenz.<br />
Es sind Frauen aus allen sozialen Schichten, die sich<br />
überfordert fühlen, ihr Kind selbst zu versorgen.<br />
Wir sind froh, wenn wir die Frauen möglichst<br />
früh beraten können. Viele wenden sich an uns<br />
über das Internet. Vielfach werden wir auch von<br />
Schwangerschafts-Beratungsstellen eingeschaltet,<br />
wenn die Schwangerschaft spät bemerkt wurde<br />
und eine Abtreibung nicht mehr möglich ist. Nur<br />
wenige Frauen entscheiden sich bewusst gegen<br />
eine Abtreibung und für eine Adoptionsfreigabe.<br />
Wir begleiten und beraten die leiblichen Eltern vor<br />
der Adoptionsvermittlung, wenn gewünscht auch<br />
während der Geburt, und in der Zeit danach ihrem<br />
Bedarf entsprechend.<br />
Ich finde es ungerecht, dass dieser Schritt in der<br />
Gesellschaft immer noch stigmatisiert wird. Eine<br />
Frau, die offen zugibt, ein Kind zur Adoption<br />
abgegeben zu haben, hat keinen leichten Stand. Ich<br />
würde mir wünschen, dass sich das positiv verändert,<br />
denn die Frauen sorgen mit ihrer bewussten<br />
Entscheidung dafür, dass ihre Kinder von Anfang<br />
an in der Geborgenheit einer Familie aufwachsen<br />
können.<br />
Die Frauen möchten sicher, dass es ihrem Kind wirk-<br />
lich gut geht. Unterstützen sie diese Frauen in der<br />
Überlegung, ob sie sich vielleicht Hilfe holen, um das<br />
Kind mit Hilfe doch selber großzuziehen?<br />
Unsere Beratung ist grundsätzlich ergebnisoffen.<br />
Das bedeutet, dass eine Frau, die sich bei uns beraten<br />
lässt, nicht automatisch ihr Kind zur Adoption frei<br />
geben muss. Erfahrungsgemäß entscheiden sich<br />
mindestens die Hälfte der Frauen, die wir hier beraten,<br />
letzten Endes dafür, das Kind nicht abzugeben.<br />
In vertraulichen Gesprächen suchen wir gemeinsam<br />
mit den Frauen nach Möglichkeiten, wie sie ihr Kind<br />
behalten können. Wir machen deutlich, dass die<br />
Adoptionsfreigabe ein gravierender Schritt ist. Ein<br />
empfehlenswertes Angebot, das wir den Frauen<br />
machen können, ist, sich mit einer Mutter zu treffen,<br />
die bereits den Schritt gegangen, ist, ihr Kind zur<br />
Adoption freizugegeben. Für uns ist es wichtig, dass<br />
die Frauen vor dem Hintergrund aller Informationen<br />
und Alternativen, die richtige Entscheidung für sich<br />
und ihr Kind treffen können. Wir möchten nicht die<br />
Verantwortung dafür übernehmen, dass eine Frau<br />
ihre Entscheidung zu schnell trifft. Sie müssen sich<br />
der Tragweite einer solchen Entscheidung bewusst<br />
werden. Wenn sich eine Frau entscheidet, ihr Kind<br />
abzugeben, erhält sie unsere volle Unterstützung,<br />
und wir machen deutlich, dass dies eine sehr anerkennenswerte<br />
Entscheidung ist.<br />
Da wir auch als Pflegekinderdienst überregional tätig<br />
sind, werden wir von Jugendämtern angefragt, wenn<br />
für bestimmte Kinder Pflegefamilien gesucht werden.<br />
Die Hintergründe dieser Kinder sind häufig die,<br />
dass sie gegen den Willen der leiblichen Eltern aus<br />
der Familie genommen werden mussten, da das Wohl<br />
des Kindes dort nicht gewährleistet werden konnte.<br />
Es handelt sich zum Beispiel um Fälle von Verwahrlosung,<br />
Gewalt oder des Missbrauchs. Aufgrund der<br />
traumatischen Erfahrungen brauchen diese Kinder<br />
eine ganz intensive Unterstützung.<br />
Ich denke, je eher so eine Entscheidung gefällt wird,<br />
desto besser ist es für das Kind. Wann lehnen Sie<br />
Paare, die ein Kind in Pflege nehmen oder adoptieren<br />
wollen ab?<br />
Zunächst müssen die Bewerber alle formalen Krite-<br />
rien, von denen ich die Wichtigsten schon genannt<br />
habe, erfüllen. Ebenso müssen die Adoptiveltern<br />
akzeptieren können, dass das Kind mit eigenen<br />
Bedürfnissen in die neue Familie kommt und vor dem<br />
Hintergrund zweier Elternpaare aufwächst. Dazu<br />
gehört auch, dass Adoptiveltern die Pflicht haben, ihr<br />
Kind über seine Herkunft altersgerecht aufzuklären<br />
und ihm zu helfen, seine Biographie zu verstehen.<br />
Ein Paar kann nur gemeinsam adoptieren. Das heißt,<br />
wenn wir den Eindruck gewinnen, dass nur ein Partner<br />
wirklich adoptieren will und der andere nur mit-<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
zieht, aber selbst nicht wirklich dahinter steht, kann<br />
das ein Grund sein, gegen eine Adoptionsvermittlung<br />
zu entscheiden.<br />
Eine wichtige Grundlage unserer Arbeit ist außerdem,<br />
dass wir ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis<br />
mit den Bewerbern entwickeln können. Im Falle<br />
einer Auslandsadoption zum Beispiel handelt es sich<br />
um ein kompliziertes Verfahren, weil zwei Länder<br />
daran beteiligt sind. Über Ländergrenzen hinweg<br />
wird ein Kind zu anderen Eltern vermittelt. Das ist<br />
kein „Rundum-Sorglos-Paket“, sondern da können<br />
Schwierigkeiten auftreten. Es ist notwendig, dass<br />
wir uns auf die Eltern verlassen können. Sie müssen<br />
das Vertrauen in uns haben, dass wir alles Mögliche<br />
und Nötige tun, und wir müssen wissen, dass dieses<br />
Paar belastbar ist. Das gilt ebenso für den Inlandsbereich.<br />
Man muss sich darauf verlassen können,<br />
dass die Bewerber, das, was sie mit uns besprochen<br />
haben, auch so meinen. Wenn ich die Paare frage, ob<br />
sie bereit wären, Kontakt mit einer leiblichen Mutter<br />
zu halten, dann möchte ich, dass sie ihr Wort halten.<br />
Wenn hier der Eindruck entsteht, dass wir kein solches<br />
Vertrauensverhältnis aufbauen können, kann<br />
das ein Grund sein, dass wir das Paar nicht annehmen<br />
können.<br />
Ich danke Ihnen für das Interview.<br />
Details über die Arbeit des Evangelischen Vereins<br />
für Adoptions- und Pflegekindervermittlung im<br />
Rheinland e. V. kann man auf der Internetseite<br />
www.adoption.ekir.de nachlesen.<br />
Evangelischer Verein für Adoptions- und<br />
Pflegekindervermittlung Rheinland e. V.<br />
Einbrunger Straße 66<br />
40489 Düsseldorf<br />
Tel. (00 49) (0) 211 40 87 95-0<br />
Fax (00 49) (0) 211 40 87 95-26<br />
E-Mail evap@ekir.de<br />
Neben den konfessionsgebundenen Vereinen gibt<br />
es viele weitere Vereine oder Agenturen, wie zum<br />
Beispiel „Help a child“, die bei der Vermittlung von<br />
Adoptionen behilflich sind. Weitere Informationen<br />
zum Thema gibt es auch bei der<br />
Bundeszentralstelle für Auslandsadoption<br />
Adenauer Allee 99<br />
53113 Bonn<br />
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