Lehre und Forschung im Bereich Holz an der ETH Zürich

Lehre und Forschung im Bereich Holz an der ETH Zürich- historischer Überblick und heutiger Stand- Von Prof. Dr. PeterNiemz, ETH Zürich, IfB; Holzphysik www.ifb.ethz.ch/woodZur Entwicklung der Lehre und Forschung im BereichHolzwissenschaften/Holztechnologie an der ETHDie Holzforschung an der ETH kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Bereits beider Gründung des Polytechnikums im Jahre 1855, als Vorläufer der heutigen ETH Zürich,wurde eine Abteilung Forstwissenschaften gebildet. Die Bedeutung des Forstwesens und einedrohende Holznot wurden damals allgemein anerkannt und führten europaweit zur Bildungzahlreicher forstlicher Lehranstalten. Professoren der ETH (Amtszeit in Klammern) wie PaulJaccard (1903-1938), Hermann Knuchel (1922-1952) und Albert Frey-Wyssling (1938-1970)zählen noch heute zu den namhaften Vertretern, die Geschichte im Bereich derHolzforschung schrieben. Hermann Knuchel gab 1934 das noch heute als Klassiker geltendeBuch über Holzfehler heraus. Die von ihm gegründete Holzfehler-Sammlung befindet sicham Institut für Baustoffe, Gruppe Holzphysik (ETH-Campus Hönggerberg). Zu seinenArbeitsschwerpunkten zählten Forsteinrichtung, Ertragskunde und Forstbenutzung. AlbertFrey-Wyssling, Professor für Botanik und Pflanzenphysiologie, erarbeitete wichtige Beiträgezur mikroskopischen und submikroskopischen Struktur der Zellwand. Im Bereich desWaldbaus ist insbesondere Hans Leibundgut (Professor von 1940-1979) hervorzuheben. Von1952-1958 unterrichtete Hans Burger, ehemaliger Direktor EAFV (heute WSL),Holztechnologie und Holzkunde an der ETH. 1956 wurde Hans Heinrich Bosshard Professorfür Holztechnologie und Leiter des Labors für Mikrotechnologische Holzforschung. Er leitetedie Professur bis 1990. Die holzanatomische und holztechnologische Forschung war imDepartement Forstwissenschaften untergebracht. In beiden Bereichen wurde eineleistungsstarke Gruppe aufgebaut. Von den Mitarbeitern sind insbesondere L.J. Kucera imBereich Holzbiologie sowie M. Bariska (Leiter der Arbeitsgruppe Holztechnologie), L.P.Futo und R. Popper zu nennen. Über Jahrzehnte wurden umfangreiche Sammlungenaufgebaut. Insbesondere auf den Gebieten der Holzbiologie, der Holzphysik undHolztechnologie wurden zahlreiche bedeutende Arbeiten durchgeführt. Bosshardveröffentlichte 1974-1975 das dreibändige Werk Holzkunde. Nach Emeritierung vonBosshard wurden 2 Professuren gebildet. L.J. Kucera übernahm die Professur fürHolzwissenschaften (1994-2000), während Ernst Gehri von 1990 bis 1999 die Professur fürHolztechnologie innehatte. In den 90-er Jahren bestanden im ETH-Bereich• an der ETH Zürich die Professuren Holzwissenschaften (L.J. Kucera 1994-2000), Holztechnologie (E. Gehri 1990-1999), Stahl- und Holzbau (M. Fontana seit1992);

• an der EPFL Lausanne 2 Professuren J. Natterer (Holzbau) J.L. Sandoz(Holztechnologie, Schwerpunkt zerstörungsfreie Prüfung).• an der Empa die Abteilungen Holz und Mikroorganismen (E. Graf in St. Gallen)und Holz (J. Sell in Dübendorf). Auch Kurse zur Weiterbildung von Industriekadern wurden indieser Zeit durchgeführt. 2002 wurde mit der Terminierung der beiden Holzprofessuren an derETH, aber auch der vorher erfolgten Nichtwiederbesetzung der Assistenzprofessur an derEPFL (J.L. Sandoz) und der Umstrukturierung der Abt. Holzschutz der Empa (teilweiseAufgabe von Arbeitsbereichen, Fusionierung mit der Abt. Holz in Dübendorf unter Leitungvon K. Richter) eine deutliche Reduzierung der Holzforschung im ETH Bereichvorgenommen. Gleichzeitig wurde an der AHB Biel eine leistungsfähige Einheit im Bereichder Holzforschung aufgebaut, die heute in der Grössenordnung andererHolzforschungsinstitute im deutschsprachigen Raum liegt (WKI, IHD, HolzforschungAustria). Die Lehre und Forschung im Bereich Holz wurde nach Auslaufen des StudiengangesForstwissenschaften auf die Ausbildung im Bauwesen konzentriert, wo die Lehre über denWerkstoff Holz deutlich ausgebaut wurde. Es werden aber auch Vorlesungen für dasDepartement Umweltwissenschaften (im Bachelor: Systemvertiefung „Wald und Landschaft“;im Master: Minor „Engineering and Management in Forest and Timber Industries“) gehalten.Der Arbeitsschwerpunkt der Arbeitsgruppe Holzphysik im Departement Bauwesen wurdeauf den Bereich der holzphysikalischen Forschung konzentriert. Heute sind in derArbeitsgruppe Holzphysik ca. 15 Mitarbeiter tätig.HolzbauIn ausgewählten Bereichen der Holzforschung arbeiten ferner an der ETH Zürich derLehrstuhl für Stahl-, Holz- und Verbundbau (Prof. M. Fontana) und der Lehrstuhl für Risikound Sicherheit (Prof. Faber). Hier stehen Einrichtungen für Versuche an Holzbauelementenbereit. An der ETH Lausanne (EPFL) ist seit 2004 Y. Weinand Professor für Holzbau.Forschung und Ausstattung der Arbeitsgruppe Holzphysik(Leitung Prof. Dr. P. Niemz)Im Campus Hönggerberg der ETH stehen der Arbeitsgruppe Holzphysik moderne Labore(physikalische Prüfung wie Quellung, Quelldruck, Sorption, Kriechen, Farbmessung undWärmeleitfähigkeit, 2 Universalprüfmaschinen), Geräte zur zerstörungsfreien Prüfung(Ultraschall, Eigenfrequenz, Schallemission), Mikropräparationstechnik, Klimakammern,Labore zur Verklebung, eine Schreinerei sowie mehrere klimatisierte Räume zurVerfügung. Die Laborfläche wurde wesentlich erweitert. Im Institut für Baustoffe ergebensich zahlreiche Synergieeffekte. So wird eine Vielzahl von Geräten gemeinsam genutzt,ebenso zentrale Einrichtungen (mechanische und elektronische Werkstatt, Versuchshalle)für Versuchsaufbauten. Die Gerätetechnik wurde in den letzten 2 Jahren deutlich erweitert.Heute stehen eine beheizbare Laborpresse und befahrbare Klimaräume mit 35, 65, 80 und95% rel.

Luftfeuchte zur Verfügung. Für mikromechanische Untersuchungen sind im Institut 1ESEM, 1 FIB, Mikrozugbühnen sowie die Systeme VIC 2D und VIC 3D zur Berechnungvon Verzerrungen über Kreuzkorrelation von Bildern vorhanden. In Zusammenarbeit mitdem Paul Scherrer Institut in Villigen werden Untersuchungen mit Röntgenstrahlung,Neutronenradiographie und -tomographie sowie Synchrotronstrahlung(Strukturuntersuchungen, Eindringen von Klebstoffen in Holz) durchgeführt.Forschungsschwerpunkte sind:• Holzphysikalische Eigenschaften• Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung (Schallausbreitung und deren numerischeSimulation, Neutronenradiographie und Tomographie, Synchrotronstrahlung)• Mikromechanik von Bruchvorgängen und deren Simulation(Klebverbindungen, Holz und Holzwerkstoffe)• Massivholzplatten (Eigenschaften, Modellierung von Eigenspannungen)• Feuchte- und Wärmetransport in Holz (Ermittlung von Kennwerten fürFeuchte- und Wärmetransport, Simulation des Transportverhaltens, Versuche anMusterbauten und realen Bauten)• Verklebung von Holz (Mechanik der Klebfugen, Kriechen,Temperatureinfluss, Optimierung der Klebstoffstruktur, Delaminierungsvorgänge)LiteraturFrey-Wyssling, A.: Lehre und Forschung. Autobiographische Erinnerungen,Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 1984.Festschrift Albert Frey-Wyssling.: Beiheft zu den Zeitschriften desSchweizerischen Forstvereins Nr. 30(1960).Kucera, L.J.: Holzwissenschaft an der ETH Zürich. Schweiz. Zeitschrift für Forstwesen140(1989)10:S. 847-883.Kucera, L.J.: Xylorama. BirkhäuserVerlag, Basel 1985.Niemz, P.: Lehre und Forschung im Bereich Holz inder Schweiz. Holzforschung Schweiz, 15(2007)2, S. 6-7.Niemz, P.: Lehre + Forschung im Bereich Holz. Schweizer Holz-Zeitung115(2007)15, S. 4-5

Ehemalige Professoren der Holzwissenschaft und HolztechnikHermann Knuchel (1884-1964) Albert Frey-Wyssling (1900-1988)Hans Heinrich Bosshard (1925-1996) Ladislav J. Kucera (1942-2000)

Gebäude des Institutes für Baustoffe, Arbeitsort der Arbeitsgruppe Holzphysik