Was ist ein gesundes Unternehmen? - bops
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Gesundheit und Prävention<br />
<strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> <strong>gesundes</strong><br />
<strong>Unternehmen</strong>?<br />
<strong>Was</strong> zeichnet gesunde <strong>Unternehmen</strong> aus? Darüber gehen je nach Blickwinkel,<br />
persönlicher Einstellung und Position in der Arbeitswelt die M<strong>ein</strong>ungen stark<br />
aus<strong>ein</strong>ander. Ein Blick auf die Situation von Nonprofit-<strong>Unternehmen</strong> im Gesundheitswesen<br />
zeigt: Sie stehen vor besonderen Herausforderungen.<br />
Von Markus Kopp<br />
Im Gesundheitswesen werden Heime,<br />
Spitäler und Spitex-Organisationen von<br />
ihren Auftraggebern auf den freien Gesundheitsmarkt<br />
entlassen. Verbunden <strong>ist</strong><br />
dieses Vorgehen mit der Erwartung, dass<br />
gerade Nonprofit-Organisationen (NPO) in<br />
Zukunft wie Profitunternehmen handeln<br />
und arbeiten. Ihre unternehmerische Freiheit<br />
wird weitgehend bestimmt durch die<br />
Form der Trägerschaft (z.B. Aktiengesellschaft,<br />
Ver<strong>ein</strong>) sowie durch die bestehenden<br />
gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
und den eventuell bestehenden Auftrag<br />
der öffentlichen Hand (Gem<strong>ein</strong>de,<br />
Kanton). Dieser Wandel der Nonprofit-<strong>Unternehmen</strong><br />
in den letzten<br />
Jahren im Sozial- und Gesundheitswesen<br />
erleichtert die<br />
Diskussion in k<strong>ein</strong>er Weise.<br />
Wachsende Ansprüche<br />
an Nonprofit-<strong>Unternehmen</strong><br />
Angelehnt an die <strong>Unternehmen</strong><br />
in der freien Wirtschaft werden<br />
NP-<strong>Unternehmen</strong> als gesunde<br />
<strong>Unternehmen</strong> angesehen, wenn<br />
sie die folgenden Eigenschaften<br />
ausweisen:<br />
• Alle Kunden profitieren von der Wertschöpfung<br />
der <strong>Unternehmen</strong> z.B. in<br />
Form von Lohn für die Mitarbeitenden<br />
oder von Pflegestunden für Patienten.<br />
• Sie verfügen über innovative Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />
und Produkte.<br />
• Sie haben im Markt <strong>ein</strong>e Position, die<br />
dem <strong>Unternehmen</strong> längerfr<strong>ist</strong>ig <strong>ein</strong><br />
Überleben garantiert.<br />
• Als <strong>Unternehmen</strong> sind sie in der Lage,<br />
neue Dienstle<strong>ist</strong>ungen und Produkte zu<br />
entwickeln und anzubieten.<br />
• Sie sind in der Lage, die Nachfrage der<br />
Bevölkerung und der Kundschaft in Zukunft<br />
nachhaltig zufriedenzustellen.<br />
Es gibt <strong>ein</strong>e Reihe<br />
von Schlüsseleigenschaften,<br />
die <strong>ein</strong> <strong>gesundes</strong><strong>Unternehmen</strong><br />
in dem sich<br />
stark wandelnden<br />
Markt des Gesundheitswesens<br />
auszeichnen.<br />
Foto: © irisblende.de<br />
• Sie verfügen über gutes und motiviertes<br />
Personal.<br />
• Sie bieten interessante Arbeitsplätze an<br />
und entlöhnen ihre Arbeitnehmerinnen<br />
marktgerecht.<br />
• Sie zeichnen sich aus durch zeitgemässe<br />
Strukturen und Organisationsabläufe.<br />
• Sie stehen als Organisation auf <strong>ein</strong>er soliden<br />
finanziellen Basis.<br />
• Sie können für ihre Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />
und Produkte <strong>ein</strong>en kostendeckenden<br />
Preis verlangen.<br />
• Sie verfügen über finanzielle Mittel, um<br />
Investitionen in der Zukunft zu tätigen.<br />
Je nach Priorität und Rolle der Beteiligten<br />
verschiebt sich die Wertung der Kriterien.<br />
So erwarten die me<strong>ist</strong>en Trägerschaften,<br />
ihre Auftraggeber und Geldgeber, dass effizient<br />
und mit beschränkten Mitteln <strong>ein</strong>e<br />
möglichst hohe Wertschöpfung erzielt<br />
wird. Patienten/Klienten erwarten vom<br />
Spital, vom Heim, von der Spitex, dass<br />
ihre Anliegen ernst genommen und sie die<br />
bestmögliche Versorgung in hoher Qualität<br />
und zu bezahlbaren Kosten erhalten.<br />
Die Arbeitnehmer/innen erwarten <strong>ein</strong>en<br />
guten Arbeitsplatz und <strong>ein</strong>e gerechte Entlöhnung<br />
ihrer Arbeitsle<strong>ist</strong>ungen. Lieferanten<br />
der Organisationen erwarten, dass für<br />
ihre Produkte faire Preise bezahlt werden.<br />
Die Erwartungen aller Anspruchsgruppen<br />
an die Wertschöpfung der Organisation<br />
sind hoch und oft von gegensätzlichen Interessen<br />
geprägt. Selten wird kontrolliert,<br />
ob die sich wandelnden NPO die Freiheit<br />
und Ressourcen erhalten, die hohen Erwartungen<br />
erfüllen zu können.<br />
Dilemma zwischen Abhängigkeiten<br />
und freien Entwicklungsbestrebungen<br />
Die Nonprofit-Organisationen im Gesundheitswesen<br />
weisen in der Regel <strong>ein</strong>e geringere<br />
Autonomie auf als Profit-Organisationen<br />
im Gesundheitsmarkt. Der Grund<br />
dafür <strong>ist</strong> die <strong>ein</strong>seitige und komplexe Abhängigkeit<br />
von externen und internen Anspruchsgruppen<br />
und ihren Vorstellungen<br />
und Erwartungen. Weiter werden die<br />
Dienstle<strong>ist</strong>ung und die Produkte der NPO<br />
von den bestehenden Gesetzen mitgeprägt.<br />
So regeln in vielen Kantonen die Gesundheitsgesetze<br />
die Aufgabenteilung<br />
und die Strukturen der Gesundheitsversorgung<br />
zwischen Kanton und Gem<strong>ein</strong>den.<br />
Dabei entsprechen die Gesetze und<br />
Verordnungen auf kantonaler und kommunaler<br />
Ebene noch nicht den Erwartungen<br />
der verschiedenen Anspruchsgruppen.<br />
Die NPO sind deshalb gefordert, durch geschicktes<br />
Management ihre Autonomie<br />
und Handlungsfähigkeit beizubehalten<br />
oder sogar zu erweitern; nicht zuletzt um<br />
als <strong>Unternehmen</strong> <strong>ein</strong>e Ex<strong>ist</strong>enz zu haben<br />
und gesund zu bleiben. Einseitige Abhän-<br />
NOVA 1 | 2008 41
42<br />
Gesundheit und Prävention<br />
Gesellschaft<br />
NOVA 1 | 2008<br />
Lieferanten<br />
Kostenträger<br />
Non-Profit-<br />
Organisation<br />
Abbildung 1<br />
Die Situation der Kunden als externe Anspruchsgruppen<br />
gigkeit von <strong>ein</strong>er Anspruchsgruppe oder<br />
das Nichtberücksichtigen <strong>ein</strong>er Anspruchsgruppe<br />
führt zu Fehlentwicklungen der Organisation,<br />
die ihre Ex<strong>ist</strong>enz gefährdet.<br />
Die folgenden Grafiken zeigen die internen<br />
und externen Verstrickungen der<br />
NPO, die es erschweren, die Kriterien als<br />
gesunde Organisation zu erfüllen.<br />
Als Anspruchsgruppen werden alle Personen,<br />
Gruppen oder Institutionen innerhalb<br />
oder ausserhalb der Unternehmung bezeichnet,<br />
die <strong>ein</strong>en Beitrag zur Le<strong>ist</strong>ungserstellung<br />
erbringen oder <strong>ein</strong>en Anspruch<br />
darauf erheben.<br />
Mehr Handlungsspielraum durch<br />
geschicktes Anspruchsgruppen-<br />
Management<br />
Das Management <strong>ist</strong> zusammen mit der<br />
Trägerschaft gefordert, <strong>ein</strong> eigentliches<br />
«Anspruchsgruppen Management» zu formulieren.<br />
Sind es doch nicht die sich oft<br />
widersprechenden Ansichten, die <strong>ein</strong> Problem<br />
darstellen, sondern das Zusammenspiel<br />
der <strong>ein</strong>zelnen Anspruchsgruppen<br />
unter<strong>ein</strong>ander, die sich oft nicht <strong>ein</strong>mal<br />
richtig kennen.<br />
Ziel <strong>ein</strong>es guten Anspruchsgruppen-Managements<br />
<strong>ist</strong>, die autonome Handlungsfähigkeit<br />
der Unternehmung zu erhalten<br />
ohne das Interesse der Anspruchsgruppen<br />
an der Aktionsfähigkeit der Unternehmung<br />
zu verlieren.<br />
Management wie Trägerschaft sind gefordert,<br />
<strong>ein</strong>en Ausgleich zwischen unterschiedlichsten<br />
Anspruchsgruppen und deren<br />
Erwartungen zu finden. Eine Aus<strong>ein</strong>andersetzung,<br />
die zwangsläufig zu Konflikten<br />
mit <strong>ein</strong>zelnen Anspruchsgruppen führen<br />
und die Handlungsfähigkeit der<br />
Unternehmung massiv be<strong>ein</strong>flussen kann<br />
bis hin zum Entzug der finanziellen Ressourcen.<br />
Ist die Bereitschaft zur aktiven Aus<strong>ein</strong>andersetzung<br />
mit Wertvorstellungen und In-<br />
Le<strong>ist</strong>ungsempfänger<br />
Politik<br />
teressen sowie die bewusste Pflege tragfähiger<br />
Beziehungen zu Anspruchsgruppen<br />
vorhanden, <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> wichtiger Schritt<br />
zur Gesunderhaltung der Organisation gele<strong>ist</strong>et.<br />
Interne wie externen Anspruchsgruppen<br />
müssen dabei gleichermassen<br />
berücksichtigt s<strong>ein</strong> unter Einbezug der<br />
Umwelt. Anspruchsgruppen-Management<br />
versteht sich als <strong>ein</strong> dauernder bewusster<br />
Prozess, der in der obersten Verantwortung<br />
des Managements liegt und von ihm<br />
im <strong>Unternehmen</strong> initiiert und umgesetzt<br />
werden muss. Nur so kann <strong>ein</strong>e Unternehmung<br />
sich gesund entwickeln.<br />
Wenn die Zusammenarbeit der Anspruchsgruppen<br />
als Tausch von Le<strong>ist</strong>ungen verstanden<br />
wird, können diese Le<strong>ist</strong>ungen<br />
sich positiv auf den Erfolg der Organisation<br />
auswirken. Dazu <strong>ein</strong> Beispiel: In der<br />
Versorgung <strong>ein</strong>es Kantons mit Spitexle<strong>ist</strong>ungen<br />
verstehen alle Anspruchsgruppen,<br />
wie wichtig für sie die Gegenle<strong>ist</strong>ungen<br />
der anderen Anspruchsgruppen sind, um<br />
ihre eigenen Ziele und das übergeordnete<br />
Ziel der Gesundheitsversorgung zu erreichen.<br />
Verweigert <strong>ein</strong>e Gem<strong>ein</strong>de zum Bei-<br />
Management<br />
Ärzte<br />
spiel finanzielle Le<strong>ist</strong>ungen an die Spitex,<br />
wirkt sich dies auf alle Anspruchsgruppen<br />
der Spitexorganisation aus und schwächt<br />
die Organisation und ihre Dienstle<strong>ist</strong>ungen.<br />
Le<strong>ist</strong>ungsver<strong>ein</strong>barung, gesetzliche<br />
Grundlagen und Verordnungen werden<br />
<strong>ein</strong>seitig interpretiert, es kommt u.U. zu<br />
schwierigen politischen Aus<strong>ein</strong>andersetzungen.<br />
Die Auslegung der Gesetze, Verordnungen<br />
und der Le<strong>ist</strong>ungsver<strong>ein</strong>barung<br />
bestimmt so die unternehmerische<br />
Freiheit der Organisation.<br />
Vielfältige Einflussfaktoren –<br />
anhaltender Veränderungdruck<br />
Nicht all<strong>ein</strong>e das Anspruchsmanagement<br />
entscheidet über den Gesundheitszustand<br />
<strong>ein</strong>es <strong>Unternehmen</strong>s, auch weitere Faktoren<br />
spielen <strong>ein</strong>e grosse Rolle. Hier aufgezeigt<br />
am Beispiel <strong>ein</strong>er Spitexorganisation:<br />
1. Anspruchsgruppen und/oder deren Veränderungen<br />
werden verkannt, zu spät erfasst<br />
und/oder falsch <strong>ein</strong>geschätzt. Der<br />
personelle und finanzielle Aufwand für die<br />
ambulante Gesundheitsversorgung wird<br />
als Folge teurer. Die Spitex-Organisation<br />
muss sich reorganisieren und ihre Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />
zusammen mit den Anspruchsgruppen<br />
neu positionieren.<br />
2. Einseitige Konzentration auf <strong>ein</strong>e Anspruchsgruppe,<br />
zum Beispiel auf alle über<br />
65-jährigen Menschen, führt dazu, dass<br />
die Organisation nicht oder nur schwach<br />
auf neue Herausforderung reagieren kann<br />
wie beispielsweise die Pflege auch von<br />
jüngeren Patienten, die direkt vom Akutspital<br />
entlassen werden, mit komplexen<br />
Pflegesituationen und die unter 65-jährig<br />
sind.<br />
3. Fehlende oder ungenügende Le<strong>ist</strong>ungsver<strong>ein</strong>barungen<br />
mit den Auftraggebern.<br />
Gem<strong>ein</strong>den handeln mit der Spitex, den<br />
Pflegende Betreuer<br />
Verwaltungsdienste<br />
Patienten/Bewohner<br />
sonstige Kunden<br />
Therapiedienst<br />
Abbildung 2<br />
Zusammenwirken der internen Anspruchsgruppen in <strong>ein</strong>em Heim.<br />
Das Zusammenwirken der internen Anspruchsgruppen mit externen Anspruchsgruppen<br />
verlangt nach <strong>ein</strong>er klaren und transparenten Innen- und Aussenpolitik der Organisationen.
Anspruchsgruppen Le<strong>ist</strong>ungen der<br />
Unternehmung<br />
Versicherungen Versorgung der Versicherten,<br />
Transparenz bezüglich Le<strong>ist</strong>ungserbringung<br />
und Finanzen<br />
Politik Erbringen von notwendigen<br />
Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />
Heimen Le<strong>ist</strong>ungsver<strong>ein</strong>barungen aus, die<br />
<strong>ein</strong> modernes profitorientiertes Management<br />
verlangen, sind aber nicht bereit<br />
oder auf der Strukturebene noch nicht so<br />
weit, der Organisation die entsprechenden<br />
unternehmerischen Freiheiten zu gewähren.<br />
Gleichzeitig nehmen Sie Einsitz<br />
in der Trägerschaft der Spitexorganisation,<br />
um die Interessen zu wahren, und werden<br />
damit Auftragnehmer. Eine Situation, die<br />
heute viele Spitexorganisationen behindert,<br />
sich gesund und selbstverantwortlich<br />
zu entwickeln. Dabei kann die gesetzliche<br />
Aufsichtspflicht in der Le<strong>ist</strong>ungsver<strong>ein</strong>barung<br />
<strong>ein</strong>fach und klar geregelt<br />
werden, ohne dass <strong>ein</strong> Einsitz in die Trägerschaft<br />
der Spitex notwendig <strong>ist</strong>. Klar<br />
abgegrenzte Rollen von Auftraggebern<br />
und Auftragnehmern fördern das unternehmerische<br />
Denken und Handeln und<br />
be<strong>ein</strong>flussen das Verhältnis zwischen Gem<strong>ein</strong>den<br />
als Auftraggeber und der Spitex<br />
als Auftragnehmer positiv.<br />
4. Durch <strong>ein</strong>e ungenügende Analyse der<br />
Gegenwart gepaar mit <strong>ein</strong>em ungenügenden<br />
Dienstle<strong>ist</strong>ungskatalog werden Spitexorganisationen<br />
oft von neuen Herausforderungen<br />
überrascht und haben grosse<br />
Schwierigkeiten, sich innert kürzester Zeit<br />
den Herausforderungen anzupassen. Exemplarisch<br />
erwähnt sei hier die Zunahme<br />
der Betreuung von psychiatrischen Patienten.<br />
Die ungenügende Analyse führt dazu,<br />
dass die Organisationen nicht in der Lage<br />
sind, ihre Zukunft aktiv zu gestalten. Sie<br />
müssen zuerst ihre Auftraggeber überzeugen,<br />
dass neue Dienstle<strong>ist</strong>ungen zwingend<br />
notwendig sind für die Versorgung<br />
der Bevölkerung. Eine Situation, die viel<br />
Zeit und Kraft beansprucht und besser in<br />
die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung<br />
investiert würde.<br />
5. Gegenseitige Abhängigkeiten zwischen<br />
Gem<strong>ein</strong>depolitik, Spitexorganisation, Personal<br />
und Dienstle<strong>ist</strong>ung der Spitex<br />
werden verdrängt. Es fällt schwer, <strong>ein</strong>zu-<br />
Gegenle<strong>ist</strong>ung von den<br />
Anspruchsgruppen<br />
Finanzen/Kostengutsprachen<br />
Finanzen/Anerkennung/Investitionen<br />
Gesellschaft Notfallbereitschaft Politische Unterstützung/Steuern<br />
Patienten Attraktives, umfassendes Angebot<br />
in hoher Qualität<br />
Besucher/Gäste<br />
Angehörige<br />
Positive Imageverbreitung/<br />
Selbstbehalt<br />
Vertrauen durch gute Betreuung Konsumationen, Mithilfe bei der<br />
Betreuung, Weiterempfehlung<br />
der Organisation<br />
sehen, dass heute im ausgetrockneten<br />
Pflegemarkt nur gutes Personal für die Betreuung<br />
und Pflege zu Hause <strong>ein</strong>gesetzt<br />
und gefunden werden kann, wenn marktkonforme<br />
Löhne bezahlt werden.<br />
6. Die Umweltveränderungen und ihre<br />
Auswirkungen auf die Anspruchsgruppen<br />
und Spitex-Organisation werden oft unterschätzt<br />
und zu spät erkannt. Es wird mehr<br />
Qualität verlangt, <strong>ein</strong> breites und vertieftes<br />
Wissen sowie Praxis in der Pflege<br />
muss in der Organisation vorhanden s<strong>ein</strong>,<br />
um die tägliche Arbeit zufriedenstellend zu<br />
erledigen. Entsprechend haben sich die<br />
Spitex-Organisationen anzupassen. Organisationen,<br />
die sich in diesem Bereich<br />
nicht weiterentwickelten, müssen sich<br />
heute mit anderen Spitex-Organisationen<br />
unter Zwang zusammenschliessen und<br />
sich reorganisieren.<br />
7. Es wird bewusst auf den Ausbau der<br />
Organisation und des Dienstle<strong>ist</strong>ungsangebots<br />
verzichtet, auch wenn es sinnvoll<br />
und kostenbremsend wäre. Der Abend-<br />
und Nachtdienst in der Spitex <strong>ist</strong> heute nirgends<br />
mehr bestritten. Er wird aber nicht<br />
angeboten in der Annahme, dass es k<strong>ein</strong>e<br />
Nachfrage dafür gibt. Interessanterweise<br />
<strong>ist</strong> zu beobachten, dass bei Spitex-Organisationen,<br />
die als Profitorganisationen funktionieren,<br />
dafür <strong>ein</strong> Markt vorhanden <strong>ist</strong>.<br />
Verlangen doch vermögende Klienten<br />
nach diesen Dienstle<strong>ist</strong>ungen.<br />
8. Unterschiedliche Abhängigkeiten der<br />
Anspruchsgruppen zum <strong>Unternehmen</strong><br />
werden missachtet oder falsch bewertet.<br />
Gute Mitarbeiterinnen können die Institution<br />
wählen, Le<strong>ist</strong>ungsbezüger in vielen<br />
Fällen nicht aus finanziellen und sozialen<br />
Gründen. Durch die Monopolstellung der<br />
gem<strong>ein</strong>nützigen Spitex sind sie von ihr direkt<br />
abhängig, wenn sie nicht über grössere<br />
finanzielle Reserven verfügen.<br />
9. Der Begriff Wertschöpfung wird durch<br />
die Auftragnehmer und Auftraggeber unterschiedlich<br />
verstanden. Je geringer das<br />
Defizit, umso erfolgreicher hat die Spitexorganisation<br />
gearbeitet für den Auftraggeber.<br />
Für die Organisation und ihre Mitarbeitenden<br />
<strong>ist</strong> die Wertschöpfung der Erfolg<br />
der Betreuung und Pflege zu Hause.<br />
Für sie sind die Anzahl der Fälle, die Komplexität<br />
der durchgeführten Pflege der<br />
Massstab der Wertschöpfung. Ein <strong>gesundes</strong><br />
<strong>Unternehmen</strong> muss konsequent diesen<br />
Begriff mit allen Beteiligten immer<br />
wieder klären.<br />
10. Ob und wie Spitex-Organisationen innovative<br />
Dienstle<strong>ist</strong>ungen entwickeln sollen,<br />
darüber gehen die M<strong>ein</strong>ungen stark<br />
aus<strong>ein</strong>ander. Erst wenn der Bedarf fast<br />
100% nachgewiesen wird, kann Geld für<br />
neue Dienstle<strong>ist</strong>ungen ausgelöst werden.<br />
Damit verliert die Spitex die Chance, die<br />
Erwartung zu erfüllen, <strong>ein</strong> zukunftsgerichtetes<br />
attraktives Gesundheitsunternehmen<br />
zu s<strong>ein</strong>. Eine bedeutende und attraktive<br />
Möglichkeit, gutes Personal anzuziehen<br />
und sich an den Umweltentwicklungen<br />
zu beteiligen, wird auf diese Weise<br />
beschnitten. Eine wichtige und interessante<br />
Ausgangslage, über die Profitorganisationen<br />
verfügen, <strong>ist</strong> der Spitex in vielen<br />
Fällen damit nicht zugänglich<br />
Ob und wie sich <strong>ein</strong>e Spitex-Organisation<br />
gesund entwickelt, welche unternehmerischen<br />
Freiheiten sie in Zukunft erhält,<br />
hängt von vielen Faktoren ab. Entscheidend<br />
<strong>ist</strong> als erster Schritt der Wandel im<br />
Kopf der beteiligten Gruppen und ihrer Exponenten.<br />
Wer Spitex-Organisationen,<br />
Heime und vergleichbare Institutionen in<br />
Zukunft als lebendige gesunde Organisationen<br />
will, muss ihnen die Möglichkeit<br />
zum Wandel zugestehen. Bereit s<strong>ein</strong>, unternehmerisches<br />
Denken und Handeln zu<br />
ermöglichen. Eine neue Strategie und<br />
Struktur der Zusammenarbeit unter den<br />
Anspruchsgruppen <strong>ist</strong> gefragt, damit viele<br />
NPO sich gesund entwickeln können.<br />
Der Autor<br />
Markus Kopp arbeitet in verschiedensten<br />
Institutionen als freier Berater, Projekt-<br />
und Schulungsleiter für Sozial-, Gesundheits-<br />
und Kulturorganisationen. Als Berater<br />
und Projektleiter betreut er unter anderem<br />
Spitexfusionen im Kanton Bern. Seit<br />
Sommer 2007 <strong>ist</strong> er Geschäftsleiter der<br />
Spitex Obwalden.<br />
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