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Evaluation eines strukturierten ... - Dr. Thomas Weiss

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Kontakt:<br />

Psychologisches Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg<br />

<strong>Evaluation</strong> <strong>eines</strong> <strong>strukturierten</strong> verhaltensmedizinischen<br />

Programms bei Fibromyalgie: Ergebnisse der 12-<br />

Monatskatamnese<br />

e-mail: beyer_anja@gmx.de<br />

Diplomarbeit<br />

Vorgelegt von:<br />

Anja Beyer<br />

Heidelberg im<br />

Juli 2005<br />

Erstgutachter:<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. Th. Fydrich,<br />

Psychologisches Institut der Humboldt Universität Berlin<br />

Zweitgutachter:<br />

<strong>Dr</strong>. med. Th. <strong>Weiss</strong>, Mannheim,<br />

delegiert durch<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. J. Schweitzer-Rothers,<br />

Psychosomatische Klinik der Universität Heidelberg


Danksagung<br />

Ich bedanke mich bei allen, die zum Gelingen dieser Studie beigetragen haben:<br />

- der Rheuma-Liga Baden Württemberg e.V. für die Unterstützung bei der<br />

Durchführung der Studie, insbesondere auch beim Verschicken und Rückführen der<br />

Fragebögen,<br />

- den Gruppenleiterinnen für den zusätzlichen Aufwand und Einsatz in ihrer<br />

Leitungsrolle,<br />

- allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr Engagement,<br />

- Herrn Prof. <strong>Dr</strong>. Fydrich für seine Unterstützung und Betreuung,<br />

- Herrn <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> für die Konzeptionalisierung des Programms, die diese Untersuchung<br />

erst möglich gemacht hat,<br />

- den weiteren Diplomanden und Diplomandinnen, Andreas Roock, Mechthild Kadura,<br />

Elisa Franetzki, Elisabeth Schmidt und Ruth Gesele, für den regen Austausch<br />

untereinander.<br />

Für das Korrekturlesen bedanke ich mich ganz herzlich bei Christiane Reis-Streußnig.<br />

Für ihre Unterstützung im Hintergrund danke ich meinen Eltern und weiteren Freunden.<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung....................................................................................................................... 6<br />

2. Fibromyalgie.................................................................................................................. 8<br />

2.1. Forschungsstand zum Krankheitsbild...................................................................... 9<br />

2.1.1. Begriff 9<br />

2.1.2. Beschwerdebild 10<br />

2.1.3. Verlauf 10<br />

2.1.4. Ätiologie / Pathogenese 12<br />

2.1.5. Relevanz von Laborbefunden für Diagnostik und <strong>Evaluation</strong> 14<br />

2.1.6. Diagnose 14<br />

2.1.7. Differentialdiagnose 16<br />

2.1.8. Angaben zur Prävalenz und Geschlechterverteilung 17<br />

2.1.9. Sozialmedizinische Bedeutung 17<br />

2.1.10. Übliche Messinstrumente und <strong>Evaluation</strong>skriterien 18<br />

2.2. Forschungsstand zu Behandlungsansätzen.............................................................. 20<br />

2.2.1. Kurzer Abriss Begriffe und Modelle der Schmerzforschung 21<br />

2.2.2. Behandlungsansätze bei Fibromyalgie und deren Wirksamkeit 25<br />

Aspekt: Medikamentöse Therapie 26<br />

Aspekt: Operative Eingriffe 27<br />

Aspekt: Körperliche Aktivierung 28<br />

Aspekt: Ernährung 31<br />

Aspekt: Entspannung 32<br />

Aspekt: Verhaltensmedizinische Ansätze 33<br />

Aspekt: Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze 35<br />

Aspekt: Kognitiv-emotionale Ansätze 36<br />

Aspekt: Setting 38<br />

2.3. Verhaltensmedizinische Intervention: Das 12-Wochen-Programm...................... 39<br />

2.3.1. Hintergrund und Zielsetzungen 39<br />

2.3.2. Inhalte des 12-Wochen-Programms 40<br />

Ernährungsumstellung 41<br />

Dehnübungen 41<br />

Selbstbeobachtungsübung 41<br />

Gymnastikübungen 41<br />

Entspannungsübungen 42<br />

Psychologische Themen 42<br />

Information / Psychoedukation 43<br />

Hausaufgaben 43<br />

Partnertreffen 43<br />

2.3.3. Durchführung des 12-Wochen-Programms 44<br />

2.3.4. Gruppensetting 45<br />

3


2.4. Bisherige Ergebnisse zur <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms........................ 45<br />

2.4.1. Durchführung und Design der Studie 45<br />

2.4.2. Messinstrumente 46<br />

2.4.3. Zusammenfassung der Ergebnisse zum 2. Messzeitpunkt 47<br />

Psychische Befindlichkeit 47<br />

Schmerzsymptomatik 47<br />

Programmbewertung 48<br />

3. Fragestellungen.............................................................................................................. 49<br />

4. Methoden........................................................................................................................ 52<br />

4.1. Design........................................................................................................................... 52<br />

4.2. Messinstrumente......................................................................................................... 53<br />

4.2.1. Teilnehmerinnenfragebögen 53<br />

4.2.2. Angehörigenfragebögen 54<br />

4.3. Operationalisierung der Fragestellungen................................................................. 55<br />

4.4. Durchführung der Katamnesestudie........................................................................ 57<br />

4.5. Stichprobe................................................................................................................... 58<br />

4.5.1. Veränderungen des Datensatzes gegenüber der ersten <strong>Evaluation</strong> 58<br />

4.5.2. Rücklauf, <strong>Dr</strong>op-Out, Rechendatensatz 59<br />

4.5.3. Soziodemografische Daten der Stichprobe der Teilnehmerinnen 61<br />

4.5.4. Angaben der Angehörigen 65<br />

4.6. Datenanalyseverfahren und Auswertungsmethodik............................................... 66<br />

5. Ergebnisse...................................................................................................................... 67<br />

5.1. Direkte <strong>Evaluation</strong>: Angaben der Teilnehmerinnen............................................... 67<br />

5.1.1. Akzeptanz des 12-Wochen-Programms 68<br />

5.1.2. Gesamtbewertung des Programms 73<br />

5.1.3. Bewertung der Programmbausteine 74<br />

5.1.4. Bewertung einzelner Aspekte der Programmdurchführung 76<br />

5.1.5. Beurteilung der Auswirkungen des 12-Wochen-Programms 78<br />

5.2. Indirekte <strong>Evaluation</strong>: Angaben der Angehörigen................................................... 81<br />

5.2.1. Akzeptanz der Programmbausteine durch die Teilnehmerinnen 81<br />

5.2.2. Bewertungen 83<br />

5.2.3. Akzeptanz der Angehörigen für das 12-Wochen-Programm 85<br />

5.3. Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien............................................. 86<br />

5.3.1. Maßnahmen außerhalb des 12-Wochen-Programms bzw. der Rheuma-Liga 87<br />

5.3.2. Alltägliche Bewältigungsstrategien 90<br />

5.3.3. Aktive und passive Bewältigungsstrategien – Vergleich der Gruppen 93<br />

5.3.4. Programmnahe Maßnahmen 95<br />

4


6. Diskussion ...................................................................................................................... 97<br />

6.1. Diskussion der Durchführung................................................................................... 97<br />

6.2. Diskussion der Auswertungsmethodik..................................................................... 99<br />

6.3. Diskussion der Ergebnisse.........................................................................................101<br />

6.3.1. Diskussion der Angaben der Teilnehmerinnen 101<br />

6.3.2. Diskussion der Angaben der Angehörigen 110<br />

6.3.3. Diskussion der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien 112<br />

6.3. Ausblick/Fazit.............................................................................................................118<br />

7. Zusammenfassung.........................................................................................................120<br />

8. Literaturverzeichnis......................................................................................................121<br />

Anhang A : Fragebögen ...................................................................................................129<br />

Anhang B : Tabellen ........................................................................................................155<br />

5


1. Einleitung<br />

1999 schlossen sich unter dem Namen FiNe (Fibromyalgie-Netzwerk) verschiedene Vertreter<br />

einzelner Interessengruppen im Zusammenhang mit der Erforschung und Behandlung des so<br />

genannten Fibromyalgischen Syndroms (abgekürzt FMS; auch Fibromyalgie genannt) im<br />

Raum Baden Württemberg zusammen. Zielsetzung dieser Initiative war die zusammenfassen-<br />

de Beschreibung des Wissensstandes über Fibromyalgie aus Sicht verschiedener Disziplinen,<br />

die weitere wissenschaftlich fundierte Erforschung von bestehenden Behandlungsansätzen<br />

und damit eine gezielte Verbesserung von Behandlungsangeboten. Ein erster Schritt zur Um-<br />

setzung dieser Ziele bildet die Untersuchung <strong>eines</strong> nach verhaltensmedizinischen Gesichts-<br />

punkten konzipierten Selbsthilfeprogramms für Fibromyalgie-Patienten (<strong>Weiss</strong>, 2000), das<br />

unter der praktischen Anleitung von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> im Frühjahr 2001 in Zusammenarbeit mit der<br />

Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. in mehreren Selbsthilfegruppen durchgeführt wurde.<br />

Die wissenschaftliche Betreuung lag bei Prof. <strong>Dr</strong>. Fydrich am Psychologischen Institut der<br />

Universität Heidelberg (jetzt Humboldt Universität, Berlin).<br />

Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die dem rheumatischen Formenkreis<br />

zugerechnet wird, obwohl sich nicht wie bei anderen rheumatischen Erkrankungen ent-<br />

zündliche oder degenerative Prozesse im Bewegungsapparat nachweisen lassen. Dennoch<br />

leiden die Betroffenen aus noch ungeklärter Ursache nachweislich unter multilokulären<br />

Schmerzen vor allem an den Übergängen zwischen Muskeln und Sehnen. Meist geht mit dem<br />

Krankheitsbild eine Vielzahl an vegetativen Begleiterscheinungen einher. Die Prävalenzrate<br />

in der Bevölkerung wird auf ca. 2% geschätzt und liegt damit doppelt so hoch wie die, an<br />

einer chronischen Polyarthritis zu erkranken. In Deutschland bedeutet dies ca. 2 Millionen<br />

Erkrankte. Die Geschlechterverteilung liegt dabei deutlich zu ungunsten der Frauen: ca. 90%<br />

aller erkrankten Personen sind weiblich. Die Folgen einer Erkrankung bestehen oft in einer<br />

Einschränkung der beruflichen Belastbarkeit bis hin zur Frühberentung sowie der Möglichkeit<br />

einer erhöhten psychischen Belastung.<br />

Im Rahmen seiner langjährigen Arbeit mit Fibromyalgie-Patienten entwickelte <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> ein<br />

Programm speziell für diese Patientengruppe. Das so genannte „12-Wochen-Programm“<br />

(<strong>Weiss</strong>, 2000) wurde bereits vor 2000 schon längere Zeit in der Praxis von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> durch-<br />

geführt und war von Patientenseite als erfolgreich bewertet worden. Eine gezielte Über-<br />

prüfung stand aber noch aus (Franetzki, 2003). Von Januar bis April 2001 wurde im Rahmen<br />

der Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. das 12-Wochen-Programm<br />

von geschulten Betroffenen mit 68 Erkrankten (vornehmlich Frauen) durchgeführt. Sowohl zu<br />

Beginn als auch direkt im Anschluss an die Durchführung des Programms sind zahlreiche<br />

Daten zur Schmerzsymptomatik, psychischen Befindlichkeit, soziodemographischen Be-<br />

6


schreibung der Teilnehmerinnen etc. erhoben worden. Auch Partner bzw. nahe Angehörige<br />

wurden parallel zu den Patientinnen befragt. Gleichzeitig wurden die gleichen Daten an 118<br />

weiteren an Fibromyalgie erkrankten Personen, die ebenfalls in Selbsthilfegruppen der<br />

Rheuma-Liga engagiert waren, sowie Angaben derer Angehöriger bzw. naher Verwandter<br />

ebenfalls zu beiden Zeitpunkten zu Vergleichszwecken erhoben. Die an der Ruprecht-Karls-<br />

Universität Heidelberg eingereichten Diplomarbeiten von Franetzki (2003) und Schmidt<br />

(2003) befassen sich mit der Auswertung der zu diesen Zeitpunkten gewonnenen Daten<br />

bezüglich der körperlichen und funktionellen Beschwerden, der psychischen Befindlichkeit<br />

sowie der Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen. Dabei konnten sowohl in den<br />

Bereichen der Schmerzsymptomatik wie auch der psychischen Befindlichkeit positive Ver-<br />

änderungen bei den Teilnehmerinnen festgestellt werden, die sich auf Effekte des Programms<br />

rückführen lassen. Die Resonanz auf das Programm war sehr positiv.<br />

Ein Jahr später (April 2002) wurden die ehemaligen Teilnehmerinnen sowohl des 12-<br />

Wochen-Programms wie auch der unverändert durchgeführten Fibromyalgie-Selbsthilfe-<br />

gruppen samt ihren Angehörigen erneut befragt. Die vorliegende Arbeit ist eine der Arbeiten<br />

im Rahmen der Katamnese, die die Aufrechterhaltung der positiven Effekte bzw. deren Ve-<br />

ränderungen nach Ablauf <strong>eines</strong> Jahres nach Beendigung der Programmdurchführung unter-<br />

suchen (weitere Arbeiten sind Roock (voraussichtlich 2005), zur Katamnese im Bereich der<br />

psychischen Befindlichkeit und Kadura (2003), zur Katamnese im Bereich der körperlichen<br />

Symptomatik).<br />

In der vorliegenden Arbeit geht es darum, die Akzeptanz des 12-Wochen-Programms sowie<br />

seine Bewertung durch die Teilnehmerinnen ein Jahr nach seiner Durchführung zu unter-<br />

suchen. Dabei wird geprüft, inwieweit die ehemaligen Teilnehmenden bereit waren, das<br />

Programm bzw. einzelne seiner Bausteine allein oder im Rahmen der Selbsthilfegruppen<br />

weiterhin durchzuführen und welche Maßnahmen dabei besonders von den Betroffenen<br />

bevorzugt und als wirksam eingeschätzt wurden. Als Referenzdaten wurden zum Zeitpunkt<br />

der Katamnese eine Vielzahl an weiteren potentiellen Selbsthilfemaßnahmen erhoben, die im<br />

Lauf <strong>eines</strong> Jahres von den Patientinnen ausgeübt werden konnten, um Aufschluss darüber zu<br />

erhalten, was die Teilnehmerinnen der Selbsthilfegruppen außer den im Programm erlernten<br />

Bewältigungsstrategien noch an Aktivitäten zur Schmerzbewältigung unternommen haben.<br />

Hierbei war es von besonderem Interesse, ob die sehr positive Effektivitätseinschätzung des<br />

Programms direkt nach der Durchführung dazu führen würde, den verschiedenen Maß-<br />

nahmen, die im 12-Wochen-Programm vermittelt worden sind, gegenüber anderen, un-<br />

<strong>strukturierten</strong> Formen der Selbsthilfe dauerhaft einen Platz, evtl. sogar den Vorzug, im<br />

7


Rahmen der Krankheitsbewältigung zu geben. Als Vergleichsdaten dienen hierzu die<br />

Angaben der Teilnehmenden der unverändert durchgeführten Gruppen. Auch sollte Auf-<br />

schluss darüber gewonnen werden, ob die Untersuchten insgesamt zusätzlich andere Maß-<br />

nahmen in ihrem Alltag durchführen, die sie als besonders hilfreich erleben, um z.B. heraus-<br />

zufinden, ob und wo noch ungenutztes Potential liegt, das im Rahmen strukturierter Selbst-<br />

hilfe evtl. gewinnbringend ausgeschöpft werden könnte. Als Referenzdaten für die Angaben<br />

der Betroffenen sind Angehörigenangaben in die Auswertung und Diskussion mit einbezogen<br />

worden. Abschließend wird eine Bewertung des 12-Wochen-Programms in Hinsicht auf die<br />

Zusammensetzung gemessen an neueren Erkenntnissen zur Behandlung von Fibromyalgie<br />

vorgenommen.<br />

Da rund 90% der Teilnehmenden an der Untersuchung erkrankte Frauen waren, wird in dieser<br />

Arbeit durchgehend die weibliche Form (Teilnehmerinnen, Patientinnen) an den Stellen ver-<br />

wendet, an denen auf die vorliegende Studie bezug genommen wird. Die männlichen Teil-<br />

nehmer sind dabei immer mitgemeint. Bei Bezugnahme auf andere Studien wird sowohl der<br />

weibliche als auch der männliche Genus angewendet.<br />

2. Fibromyalgie<br />

Fibromyalgie ist eine Erkrankung, deren Leitsymptom in chronischen, multilokulären<br />

Schmerzen im Bewegungsapparat besteht. Diagnostisch ist insbesondere der Nachweis von<br />

definierten, schmerzempfindlichen <strong>Dr</strong>uckpunkten bei den Betroffenen zu führen. Aufgrund<br />

der mit den charakteristischen Schmerzen häufig einhergehenden vielfältigen anderen vegeta-<br />

tiven und funktionellen Beschwerden ist eine intensive differentialdiagnostische Abgrenzung<br />

zu anderen Krankheiten notwendig. Die Prävalenzraten liegen in der Regel um 2%, wobei<br />

deutlich mehr Frauen als Männer betroffen sind. Die Ursachen der Erkrankung sind weiterhin<br />

ungeklärt. Derzeit wird eine Behandlung, die gleichzeitig auf mehreren Ebenen ansetzt, als<br />

am wirksamsten angesehen: bewährt haben sich Maßnahmen, die die Betroffenen zu einer<br />

stärkeren körperlichen Betätigung anregen, die insgesamt zu einer größeren Selbstwirksam-<br />

keitserwartung in Bezug auf die krankheitsspezifische Bewältigung führen, die konkretes<br />

Wissen zur Schmerzbewältigung (Schmerzbewältigungsstrategien) vermitteln und die auf be-<br />

gleitende Symptome einwirken (z.B. Ernährungsumstellung auf eine vorhandene Reizdarm-<br />

symptomatik; Behandlung der Schlafstörungen). Infolge der Belastung durch die Krankheit<br />

scheinen zudem viele der Betroffenen unter psychischen Beschwerden zu leiden. Eine ent-<br />

sprechende Medikation möglicher auftretender depressiver Verstimmung mit Antidepressiva<br />

kann dann angemessen sein. Ein therapeutischer Ansatz, der im Rahmen der gegebenen<br />

8


Unsicherheiten (teilweise Uneinigkeit in den medizinischen Fachkreisen, inwiefern Fibro-<br />

myalgie als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt werden soll, mit allen sich daraus<br />

ergebenden Konsequenzen für die sozialmedizinische Einordnung, Unklarheit der Ätiologie,<br />

Individualität der Beschwerdevielfalt, Frage nach der Wirksamkeit der Therapie chronischer<br />

Schmerzerkrankungen / Fibromyalgie im allgemeinen) den Betroffenen möglichst viele Be-<br />

handlungsperspektiven eigenverantwortlich an die Hand gibt, erscheint ratsam.<br />

2.1. Forschungsstand zum Krankheitsbild<br />

Im Folgenden soll ein Einblick in den derzeitigen Stand der Forschung zum Krankheitsbild<br />

Fibromyalgie gegeben werden, insbesondere auch in Hinblick auf eine Einordnung bzw.<br />

Einschätzung von möglichen Veränderungen oder Verbesserungen der Symptomatik in Folge<br />

einer Behandlung. Sowohl die Komplexität des Krankheitsbildes (z.B. in seinem Verlauf) als<br />

auch die vielen verschiedenen Ansatzpunkte möglicher Interventionen sollen dabei aufgezeigt<br />

werden.<br />

2.1.1. Begriff<br />

Der Begriff Fibromyalgie (abgekürzt: FM oder FMA), der sich in der angloamerikanischen<br />

Literatur zunehmend für das darunter zu verstehende Krankheitsbild durchgesetzt hat, stammt<br />

von Hench (1977) (Müller & Lautenschläger, 1990) bzw. wird als Wortschöpfung Yunus<br />

zugeschrieben (Neeck, 1998). Abgeleitet aus den Wörtern „fibra“ (lat. Faser), „mys“ (griech.<br />

Muskel), „algos“ (griech. Schmerz) und „ia“ (griech. Zustand) lässt er sich in etwa als<br />

„Muskelfaserschmerzzustand“ ins Deutsche übersetzen und beschreibt somit das Leit-<br />

symptom der Erkrankung (<strong>Weiss</strong>, 2001). Andere Bezeichnungen sind das Fibromyalgie-<br />

Syndrom (abgekürzt: FS oder FMS) (zurückgehend auf Yunus), die Generalisierte<br />

Tendomyopathie (in den 70er Jahren für den deutschsprachigen Raum durch Müller geprägt<br />

(Neeck, 1998)), polytope Insertionstendomyopathie (aufgeführt in Späth & Pongratz, 1999),<br />

syndrome polyalgique idiopathique diffus (Houvenagel, 1994; nach Raspe, Kaluza & Eich,<br />

1999) und im deutschen Sprachraum auch der Begriff Weichteilrheumatismus. Als veraltet<br />

gilt die Bezeichnung Fibrositis (geprägt von Gowers bereits 1904), da dieser fälschlicherweise<br />

auf entzündliche Prozesse in den betroffenen Teilen des Bewegungsapparates schließen lässt<br />

(Müller & Lautenschläger, 1990).<br />

9


2.1.2. Beschwerdebild<br />

„Ihre Hauptmerkmale sind chronische, ausgebreitete Schmerzen und eine gesteigerte<br />

<strong>Dr</strong>uckempfindlichkeit an multiplen, vordefinierten Körperregionen, den so genannten<br />

„<strong>Dr</strong>uckpunkten“ oder „tender points“. Als weitere charakteristische Symptome werden<br />

Schlafstörungen, Müdigkeit, Steifigkeitsgefühl, subjektive Schwellungen, funktionelle[n]<br />

Beschwerden, vegetative Symptome, psychologische Störungen und Beschwerdeverstärkung<br />

auf Faktoren wie kaltes Wetter und Stress betrachtet (...), wobei diese assoziierten Symptome<br />

kontrovers diskutiert werden (...)“ (vgl. Smythe & Moldofsky, 1977; Yunus, Masi & Aldag,<br />

1989; Schochat, Croft & Raspe, 1994; Neerinckx, Van Houdenhove, Lysen & Vertommen,<br />

2000; zitiert nach Schochat & Beckmann, 2003, S. 47). Das Beschwerdebild der Fibromyalgie<br />

zeichnet sich also durch die individuelle Zusammensetzung von verschiedenen Symptomen<br />

aus, wobei die spezifische Schmerzsymptomatik der Fibromyalgie als Leitsymptom auf-<br />

gefasst werden kann. Hinzu kommen unterschiedliche vegetative, funktionelle und psychische<br />

Beschwerden. Diese treten in unterschiedlicher Kombination typischer Einzelbefunde auf und<br />

variieren zudem in ihrer zeitlichen Stabilität und Regelmäßigkeit des Auftretens (Egle, Derra,<br />

Nix & Schwab, 1999). In Zusammenhang mit psychischen Beschwerden werden insbesondere<br />

erhöhte Prävalenzraten für Depressionen und Angststörungen berichtet (z.B. Offenbaecher,<br />

Glatzeder & Ackenheil, 1998; Wolfe & Hawley, 1998; Epstein, Kay, Clauw et al., 1999).<br />

2.1.3. Verlauf<br />

Der Beginn einer Fibromyalgie beginnt überwiegend im mittleren Lebensalter (mit 42 Jahren,<br />

Müller, 1991; nach Nöller & Sprott, 2003), teilweise wird der Beginn auch früher datiert (z.B.<br />

im Alter von 20-40 Jahren, Copenhagen Declaration, nach Csillag, 1992). Es gibt allerdings<br />

auch eine juvenile Form (auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll). Meist<br />

findet sich in der Anamnese der Patienten erst ein lokales Schmerzsyndrom (häufig ein<br />

Myofasziales oder Cervical- oder Lumbalsyndrom). Erst danach kommt es zu einer Generali-<br />

sierung der Schmerzen auf andere Bereiche sowie zu den begleitenden Symptomen (Müller &<br />

Lautenschläger, 1990; Bennett, 1996). Die Beschwerden bei Fibromyalgie erscheinen „auf-<br />

fällig stabil, meist chronisch und therapeutisch nur schwer beeinflussbar“ (Blumenstiel,<br />

Bieber & Eich, 2004). So fanden Kennedy und Felson 1996 in einer 10-Jahres-Studie, dass<br />

sich bestimmte Symptome wie Schmerzsymptomatik, Schlafstörungen, Steifigkeit und Er-<br />

schöpfbarkeit kaum verändert hatten im Vergleich zur Ersterhebung. Die Beschwerden<br />

bestanden chronisch und ließen nicht nach. Dennoch gaben 66% Personen der Stichprobe<br />

(von insgesamt 29 Personen) an, dass die allgemeine Symptomatik ihrer Erkrankung sich<br />

10


gebessert hatte seit der Diagnosestellung bzw. es ihnen gut bis sehr gut gehe (d.h. dass trotz<br />

des Andauerns der Symptome eine verbesserte Einschätzung des Allgemeinzustandes wahr-<br />

genommen wurde). Auch in einer englischen Studie konnten Ledingham et. al 1993 ähnliche<br />

Ergebnisse vorweisen: nach 4 Jahren hatten 97% der Untersuchten noch Symptome. 85%<br />

erfüllten noch stets die Kriterien einer Fibromyalgie (nach Kennedy & Felson, 1996). Eine<br />

schwedische Untersuchung erbrachte teils widersprechende Ergebnisse: Auch hier berichteten<br />

bis auf eine Ausnahme alle Patienten weiterhin von Schmerzen. 25% der Befragten be-<br />

richteten, dass sich ihr allgemeiner Zustand verbessert hat. 15% gaben zumindest die Ver-<br />

besserung einiger Symptome an (Muskelschmerz, muskuläre Erschöpfbarkeit und Schlaf).<br />

Allerdings gaben hier 50% der Befragten eine Verschlechterung der Symptomatik an (nach<br />

Kennedy & Felson, 1996). Als Kritik an den Untersuchungen zum natürlichen Verlauf der<br />

Fibromyalgie geben Kennedy und Felson 1996 an, dass diese maximal einen Zeitraum von<br />

5 Jahren betrachten würden oder nur ein Patientenkontingent erfassen würden, das eine be-<br />

stimmte klinische Behandlung über einen längeren Zeitraum bezieht, wobei diejenigen aus<br />

dem Untersuchungskontingent ausscheiden, die diese im Verlauf der Untersuchung nicht<br />

mehr in Anspruch nehmen. Die Personengruppe in ihrer Studie ist daher unabhängig von<br />

einer bestimmten Behandlung rekrutiert und wieder erhoben worden (allerdings handelt es<br />

sich um eine kleine Gruppe: 39 Ersterhobene, 29 in der Nachbefragung verbliebene Per-<br />

sonen). Auch Nöller und Sprott kommen 2003 in einer Studie an 48 Fibromyalgie-Patienten,<br />

die nach einem Zeitraum von 2 Jahren insbesondere über die in der Zwischenzeit erhaltene<br />

Behandlung befragt wurden (v.a. zur Behandlungszufriedenheit), zu dem Schluss, dass die<br />

Betroffenen im Allgemeinen keine Verbesserungen der Symptomatik (z.B. wahrgenommene<br />

Schmerzintensität) aufwiesen und zwar unabhängig von der Art und Zusammensetzung der<br />

erhaltenen Therapie. Auch in dieser Studie konnte aber eine Verbesserung der allgemeinen<br />

Lebenszufriedenheit, der Zufriedenheit mit dem Gesundheitszustand und der familiären<br />

Situation gefunden werden.<br />

Allgemein werden Wolfe et al. (1997) darin zitiert, dass die Symptome nach Ausbildung des<br />

Vollbilds der Erkrankung unverändert bleiben (z.B. nach Worrel, Krahn, Sletten & Pond,<br />

2001). Einige Autoren berichten allerdings von einer merklichen Besserung der Symptomatik<br />

nach dem 60. Lebensjahr (vgl. Müller & Lautenschläger, 1990, dort wird angegeben, dass<br />

Fibromyalgie wesentlich seltener anzutreffen sei nach dem 60. Lebensjahr, was auf eine<br />

Symptombesserung schließen läßt; <strong>Weiss</strong>, 2001). Zudem korrelieren in verschiedenen Studien<br />

eine kürzere Krankheitsdauer und ein geringerer Schweregrad der Erkrankung mit einer<br />

besseren Prognose und scheinen ein „gering ausgeprägtes Krankheits- und Inanspruch-<br />

11


nahmeverhalten sowie eine aktive Art des Umgangs mit dem FMS (...) ebenfalls mit einem<br />

eher günstigen Verlauf einher zu gehen“ (Masi & Yunus, 1986; McFarlane, <strong>Thomas</strong>,<br />

Papageorgion, Croft & Silman, 1996; zitiert nach Schmidt, 2003, S. 12; <strong>Weiss</strong>, 2001).<br />

2.1.4. Ätiologie und Pathogenese<br />

Die genauen ätiologischen und pathogenetischen Faktoren, die bei dem Zustandekommen<br />

einer Fibromyalgie bzw. bei der vollen Ausbildung des Krankheitsbildes eine Rolle spielen,<br />

sind derzeit immer noch ungeklärt. Als mögliche Ursachen oder in ursächlichem Zusammen-<br />

hang stehend werden verschiedene Faktoren wie genetische, biomechanische und neuerdings<br />

auch endokrine Faktoren sowie verschiedene Bereiche der Schmerzwahrnehmungsverarbei-<br />

tung diskutiert. Zum Ansatz wird in diesem Forschungsbereich meist die Hauptsymptomatik<br />

der an Fibromyalgie Erkrankten, die Schmerzsymptomatik, gewählt, teilweise jedoch auch an<br />

anderen, bei einer großen Anzahl der Patienten feststellbarer Symptome, wie z.B. der ge-<br />

störten Schlafregulation oder dem Vorherrschen der Erkrankung beim weiblichen Geschlecht,<br />

zur Ursachenforschung angesetzt.<br />

Eine Veränderung der zentralen Schmerzwahrnehmungsschwelle im Sinne einer Herab-<br />

setzung wird in der Regel als belegt angesehen (Lorenz, 1998; Wallace, 1999; Desmeules,<br />

Cedraschi, Rapiti et al., 2003; Späth & Neeck, 2003). Außerdem konnten im Bereich der<br />

Schmerzwahrnehmung vielfach Störungen des Überträgerstoffwechsels im Zentralen Nerven-<br />

system gefunden werden: So werden Serotoninmangel und ein erhöhter Spiegel von<br />

Substanz P als belegt angesehen (Wallace, 1999; Russel, 1998).<br />

Da oftmals lokale Schmerzsyndrome am Anfang der Erkrankung stehen, werden im Rahmen<br />

biomechanischer Ansätze der lokale muskuläre Schmerz und seine Ausbreitung zum Ansatz-<br />

punkt gewählt. Eine Veränderung der lokalen Nozizeption kann festgestellt werden, wobei<br />

bislang nicht geklärt ist, ob diese der Veränderung der zentralen Schmerzwahrnehmungs-<br />

schwelle vorangeht oder folgt (Pongratz & Späth, 1998).<br />

Allgemein gilt die endokrine Regulation bei Fibromyalgie-Patienten als erheblich beeinträch-<br />

tigt. Dies lässt sich hauptsächlich mit im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen abwei-<br />

chenden Hormonkonzentrationen verschiedener mit Stress in Zusammenhang gebrachter<br />

Hormone sowie an einer veränderten Konzentration von Geschlechtshormonen belegen<br />

(Riedel, Neeck, Netter & Veitl, 1999). Inwiefern diese allerdings in Zusammenhang mit<br />

Auslösern (Traumata, Stresssituationen) bzw. mit psychischen Veränderungen als Folge der<br />

Fibromyalgie (Depressivität) stehen, ist noch ungeklärt (ebda.). Auch bei depressiven<br />

Patienten können ähnliche biochemische Veränderungen des Stoffwechselhaushaltes nachge-<br />

12


wiesen werden. Dies wird oft als eine Erklärungsmöglichkeit für die teilweisen Behandlungs-<br />

erfolge auf die Behandlung mit Antidepressiva bei Fibromyalgie-Patienten angeführt<br />

(Ackenheil, 1998; Müller, Stratz & Tolk, 2003). Zusätzlich zeigen Fibromyalgie-Betroffene<br />

gegenüber anderen Patientengruppen wie Patienten mit Chronischem Müdigkeitssyndrom<br />

(auch: Chronic Fatigue Syndrom; abgekürzt CFS) oder Rheumatoider Arthritis ein spezi-<br />

fisches Bild hormoneller Veränderungen, das Hinweise auf eine unterschiedliche Ätiologie<br />

dieser in ihrer Symptomatik teils sehr ähnlichen Erkrankungen liefern könnte (Klein, 1999).<br />

Bezüglich morphologischer Veränderungen stellen Späth und Pongratz 1999 fest, dass “[d]ie<br />

Fibromyalgie (...) in keinem Fall zu einer Organbeteiligung im Sinne <strong>eines</strong> möglicherweise<br />

destruierenden Prozesses [führt]. Innere Organe bleiben auch in ihrer Funktion unbeein-<br />

trächtigt, die Muskulatur erfährt allenfalls schmerzbedingt eine Einschränkung des jeweiligen<br />

Bewegungsgrades. Lediglich längere Schonung kann von einer Inaktivitätsatrophie begleitet<br />

sein“ (S. 23) bzw. „Morphologisch (...) finden sich mit konventionellen Methoden über-<br />

wiegend unspezifische Befunde, insbesondere bei schon längeren Krankheitsverläufen (...)“<br />

(S. 28). Beschriebene histologische Veränderungen werden heute im Allgemeinen als Zeichen<br />

einer Dekonditionierung der Muskulatur angesehen (Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999).<br />

Im Rahmen genetischer Untersuchungen wird auf die bei den Erkrankten vielfach fest-<br />

zustellende familiäre Häufung der Erkrankung (meist sind Mütter und Töchter betroffen)<br />

hingewiesen, wobei der zugrunde liegende Vererbungsmechanismus bzw. die hiervon be-<br />

troffenen Systeme noch wenig erforscht sind (Yunus, 1998). Das Vorherrschen des weib-<br />

lichen Geschlechts bei den Erkrankten wird im Rahmen von Ansätzen möglicher Störungen<br />

der hormonellen Regulation neuerdings mit besonderer Berücksichtigung der Geschlechts-<br />

hormone (z.B. Östrogendefizit, gestörter Nociceptinspiegel, hormonelle Veränderungen in-<br />

folge gynäkologischer Operationen) zu erklären versucht (Anderberg, Liu, Berglund &<br />

Nyberg, 1998; Schochat & Beckmann 2003).<br />

Weitere vorherrschende Symptome bei Fibromyalgie wie Erschöpfbarkeit bzw. Müdigkeit<br />

und Morgensteifigkeit scheinen in Zusammenhang mit einer gestörten Schlafregulation zu<br />

stehen, die schon früh im Katalog der Kriterien der funktionellen Beschwerden bei Fibro-<br />

myalgie explizit aufgeführt wurde bzw. im Abschnitt zur Diagnostik noch einmal aus den<br />

begleitenden vegetativen und funktionellen Beschwerden als besonders kennzeichnend<br />

hervorgehoben werden (Müller & Lautenschläger, 1990). Hinweise auf die gestörte Schlaf-<br />

regulation bei Fibromyalgie geben experimentelle Ansätze, in denen es gelungen ist, Fibro-<br />

myalgie-ähnliche Symptome bei gesunden Probanden durch Störungen des Schlafverhaltens<br />

hervorzurufen (Moldofsky & Scarisbrick, 1977; Lentz, Landis, Rothermel & Shaver, 1999;<br />

13


nach Schmidt, 2003). Auch konnten mehrere Autoren Abweichungen des Wellenmusters in<br />

polysomnographischen Untersuchungen finden (z.B. Boissevain & McCain, 1991).<br />

In Zusammenhang mit der Betrachtung prädisponierender Persönlichkeitsmerkmale oder<br />

erhöhter Prävalenzraten psychischer und psychiatrischer Auffälligkeiten werden von verschie-<br />

denen Autoren erhöhte Prävalenzraten für Angststörungen und Depressionen berichtet, wobei<br />

die Richtung des Zusammenhang noch nicht vollständig geklärt ist. Zunehmend mehr<br />

Autoren sprechen sich jedoch dafür aus, dass es sich bei den gefundenen Auffälligkeiten um<br />

Folgeerscheinungen der Fibromyalgie handelt bzw. um Artefakte, die durch die Beschaffen-<br />

heit der Messinstrumente (Symptome, die der Fibromyalgie zugerechnet werden, bestimmen<br />

auch gleichzeitig die Diagnose z.B. einer Depression) zustande kommen (Epstein, Kay,<br />

Clauw et al., 1999).<br />

Eine integrierende Theorie, die die verschiedenen Befunde und Ansätze miteinander in einen<br />

Erklärungszusammenhang stellt, fehlt weiterhin.<br />

2.1.5. Relevanz der Laborbefunde für Diagnostik und <strong>Evaluation</strong><br />

Für den klinischen Alltag von Bedeutung ist, dass die ermittelten Befunde derzeit nicht<br />

mittels Routinemessungen im Rahmen der Diagnostik oder einer Behandlungsevaluation<br />

erhoben werden können (z.B. Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999; Späth & Pongratz, 1999;<br />

Späth & Neeck, 2002). „Die apparative Diagnostik dient im Fall der Fibromyalgie<br />

ausschließlich dem Ausschluss einer anderen, die Schmerzsymptomatik besser erklärenden<br />

und möglicherweise besser behandelbaren Erkrankung (...). Kein Laborbefund und kein<br />

bildgebendes Verfahren sichern die Diagnose“ (Späth & Neeck, 2002; S. 664).<br />

Alle genannten Befunde sind außerdem vorsichtig in Hinblick auf Schlussfolgerungen bzgl.<br />

der Ätiologie oder der Behandlung zu betrachten, da „[a]lle bisher erhobenen Hinweise und<br />

Daten zur Pathogenese der Fibromyalgie (...) sich immer nur bei einem Teil der jeweiligen<br />

Studienpopulation, nie bei allen Betroffenen [finden]“ (Späth & Neeck, 2002; S.662). Und es<br />

muss bei allen Befunden die Frage gestellt werden, ob es sich um primäre oder sekundäre<br />

Veränderungen des Krankheitsbildes handelt. Hierfür fehlt es weiterhin an einer inte-<br />

grierenden Theorie, die die verschiedenen Ansätze zu verbinden vermag.<br />

2.1.6. Diagnose<br />

Derzeit kann die Fibromyalgie im Rahmen der ICD- 10 in dem Bereich der Krankheiten der<br />

Weichteilgewebe unter „Sonstige Erkrankungen des Weichteilgewebes“ mit der Klassifizie-<br />

rungsnummer M 79.0 diagnostiziert werden. „Als Standard zur Diagnostik haben sich<br />

14


international die 1990 von dem „American College of Rheumatology“ (ACR) vorgestellten<br />

Klassifikationskriterien einer Fibromyalgie durchgesetzt (...)“ (Schochat & Beckmann, 2003).<br />

Als erforderliche Symptome bzw. Diagnosekriterien werden eine Vorgeschichte von groß-<br />

flächigem Schmerz, definiert als Schmerzen in der linken sowie der rechten Körperhälfte,<br />

oberhalb und unterhalb der Hüfte sowie axial auch Schmerzen am Skelett, bestehend über<br />

mindestens drei Monate gefordert. Gleichzeitig müssen in mindestens 11 von 18 definierten<br />

<strong>Dr</strong>uckpunkten Schmerzen angegeben werden (Wolfe, Smythe, Yunus et al., 1990). Kritisiert<br />

werden an dieser Definition z.B. die Forderung, dass die Schmerzen mindestens drei Monate<br />

andauern müssen oder dass die Diagnose nach diesem Verfahren nur anhand körperlicher<br />

Befunde getroffen wird. Auch über die notwendige Anzahl an <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkten herrscht<br />

keine Einigkeit. Alternative Definitionsvorschläge, die weniger den klassifikatorischen<br />

Aspekt zu Forschungszwecken betonen, sondern stärker den Anspruch haben, zur klinischen<br />

Diagnose verwendbar zu sein, haben Müller und Lautenschläger 1990 gegeben sowie die<br />

World Health Organization 1993 in der „Copenhagen Declaration“ (Csillag, 1992). Diese<br />

beiden Definitionsversuche umfassen außer den Schmerzen im Bewegungsapparat sowie den<br />

<strong>Dr</strong>uckschmerzen an charakteristischen <strong>Dr</strong>uckpunkten ein weiteres Spektrum an unspezifi-<br />

schen, genannten Begleitsymptomen (Müller & Lautenschläger, 1990; Wallace, 1999). Müller<br />

und Lautenschläger fordern z.B. das Vorhandensein von mindestens je 3 vegetativen<br />

Symptomen bzw. funktionellen Störungen aus einem vorgegebenen Katalog an Symptomen,<br />

um die Diagnose der Fibromyalgie zu geben. Das Vorhandensein von druckempfindlichen<br />

Punkten an einer Mindestzahl von definierten Stellen ist in allen Definitionen für die<br />

Diagnose Fibromyalgie obligat. Teilweise werden auch Kontrollpunkte definiert, d.h. druck-<br />

empfindliche Punkte, an denen Fibromyalgie-Patienten keinen Schmerz empfinden sollten,<br />

um die Möglichkeit der Abgrenzung gegenüber anderen Schmerzstörungen zu geben (z.B.<br />

Neeck, 2001). Egle, Derra, Nix und Schwab (1999) beispielsweise kritisieren verschiedene<br />

Aspekte der Definition des American College of Rheumatology im Einzelnen sowie das<br />

Fehlen einer erklärenden pathophysiologischen Grundlage der <strong>Dr</strong>uckpunkte trotz ihrer Be-<br />

tonung als „Angelpunkt“ der Diagnosestellung. Dennoch halten sie eine Abgrenzung<br />

innerhalb der rheumatologischen Erkrankungen für sinnvoll bzw. hilfreich: „Mit ihr [der<br />

Diagnose der FM] ist es möglich, Gruppen zu bilden, die entweder Patienten mit einer<br />

chronischen Erkrankung enthalten, gesunde Personen oder solche, die das Bild der FM<br />

aufweisen. Bei dieser Aufteilung hat sich kein Anhalt dafür ergeben, dass die so abgegrenzte<br />

FM-Gruppe ein ätiologisch einheitliches Kollektiv darstellt“ (S. 159). Dies kann so verstan-<br />

den werden, dass es auf ätiologisch unterschiedlichem Wege zur Ausbildung einer Gesamt-<br />

15


Befundkonstellation kommen kann, die zur Diagnose Fibromyalgie führt und die z.B. die<br />

Bildung von Untergruppen innerhalb der Gruppe der Fibromyalgie-Erkrankten rechtfertigt,<br />

entsprechende Befunde erklärt und eine spezifische Behandlung erforderlich macht.<br />

Die durchschnittliche Dauer der Erkrankung bis zur Diagnosestellung beträgt 7 (<strong>Weiss</strong>, 1999)<br />

bis ~9 Jahre (Mau & Raspe, 1990). Die Diagnose selbst ist derzeit eine der am häufigsten<br />

gestellten innerhalb der Rheumatologie (Neeck, 2001).<br />

Die Unsicherheit bei der Diagnosestellung ohne unterstützende apparative Diagnostik<br />

kommentierten Späth und Neeck 2003 folgendermaßen: “(...) solange eine Objektivierung des<br />

Schmerzes in der Routinediagnostik schwierig bzw. nicht möglich ist, bleibt sowohl im<br />

klinischen Bereich der Versorgung als auch in der sozialmedizinischen Bewertung allein die<br />

klinische Erfahrung der Dimension Schmerz durch den untersuchenden Arzt“ (S. 300).<br />

Unklar ist außerdem, ob derzeit eine Diagnosestellung noch zu vorsichtig erfolgt, z.B. auf-<br />

grund mangelnder Informiertheit von Ärzten bzw. weil auch in Fachkreisen das Vorhanden-<br />

sein der Krankheit als eigene Entität von verschiedenen Seiten lange bezweifelt wurde (z.B.<br />

Block, 1999, nach Wallace, 1999; Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999; Block, 1993, nach<br />

Ehrlich, 2003). Auch 2003 gibt es „Gegner“ des Fibromyalgie-Konzepts bzw. ihrer Diagnose<br />

(z.B. Ehrlich, 2003), was die immer noch bestehende deutliche Unsicherheit auch auf<br />

Expertenseite zum Ausdruck bringt. Andererseits berichten Wolfe und Hawley 1998 von<br />

einer „Überdiagnostizierung“ der Fibromyalgie (mit Verweis auf Wolfe, 1997), da sich unter<br />

dieser Diagnose leicht Erscheinungsformen schwer zu fassender muskuloskelettaler Krank-<br />

heitsbilder oder diejenigen Personen mit entsprechenden Krankheitsbildern und zusätzlichen<br />

psychischen Problemen unterbringen ließen.<br />

2.1.7. Differentialdiagnose<br />

Die Abgrenzung bei der klinischen Diagnosestellung zu anderen Erkrankungen ist aufgrund<br />

der Vielfalt der Symptome, die sich für die Diagnosestellung erschwerenderweise erst im Ver-<br />

lauf von Monaten bzw. Jahren zum Vollbild der Fibromyalgie entwickeln, dringend er-<br />

forderlich. Überschneidungen im Symptombild kann es bei entzündlichen Erkrankungen des<br />

Bewegungsapparats sowie anderen entzündlichen Erkrankungen (insbesondere Kollagenosen<br />

(Neeck, 2001)) geben, bei Infektionskrankheiten, Muskelerkrankungen (vor allem auch bei<br />

Myopathien, die ebenfalls mit abnormer Ermüdbarkeit einhergehen (Späth & Pongratz,<br />

1999)), bei Myofaszialem Schmerzsyndrom, Chronischem Müdigkeitssyndrom, Multiche-<br />

mischer Sensibilität, anderen chronischen Schmerzsyndromen und Schmerzstörungen (z.B.<br />

anhaltender somatoformer Schmerzstörung) und weiteren geben. Die Diagnose einer Fibro-<br />

16


myalgie ist „deshalb zunächst einmal immer eine Ausschlussdiagnose (...)“ (Neeck, 2001,<br />

S. 1109).<br />

2.1.8. Angaben zur Prävalenz und Geschlechterverteilung<br />

Die Schätzungen oder Berechnungen von Prävalenzraten der Fibromyalgie im angloamerika-<br />

nischen oder europäischen Bereich beruhen entweder auf klinischen Studien, die diesbezüg-<br />

liche Angaben aus ihren Daten auf andere Populationen zu übertragen versuchen oder tatsäch-<br />

lichen bevölkerungsbezogenen Erhebungen, wobei die durchschnittliche Dauer der Diagnose-<br />

stellung immer als ein Faktor, der die Zahlen evtl. nach unten korrigiert, mit berücksichtigt<br />

werden sollte. Die Angaben werden prozentual oder absolut gegeben und variieren dabei sehr<br />

stark: z.B. für die deutsche Bevölkerung 1% (Müller & Lautenschläger, 1990), wenigstens 1%<br />

in Österreich (Mau & Raspe, 1990), 0,6% für die dänische Bevölkerung (Prescott, Jacobsen,<br />

Kjøller et al., 1992; nach Csillag, 1992), 0,8% in Finnland, 10,5% in Norwegen, womit die<br />

Angaben für die westlichen Industrieländer im Durchschnitt bei 2-3% liegen dürften<br />

(Schochat et al., 1994; nach Neeck, 2001). Das American College of Rheumatology (ACR)<br />

gibt auf seiner Website unter dem Stichwort ‚Patienteninformation Fibromyalgie‘ die Angabe,<br />

dass ungefähr 2% der U.S. Bevölkerung betroffen sind (Stand Oktober 2003), Wallace spricht<br />

1999 von 3-6 Millionen Amerikanern, die an dem Syndrom leiden, Blumenstiel, Bieber und<br />

Eich (2004) geben eine Prävalenz von ca. 3% in der erwachsenen Bevölkerung und beziehen<br />

sich dabei explizit auf eine Diagnosestellung nach den Kriterien des ACR (Wolfe, Smythe,<br />

Yunus et al., 1990). „Nach jüngeren epidemiologischen Schätzungen leiden in westlichen<br />

Industrienationen 1,3 – 4,8% der Bevölkerung an einer Fibromyalgie (...). 80- 90% der<br />

Betroffenen sind Frauen.“ (vgl. Croft, Schollum & Silman, 1994; Lindell, Bergman,<br />

Pettersson et al., 2000; Raspe & Baumgartner, 1993; Wolfe, Ross, Anderson et al., 1995;<br />

Belilos & Carsons, 1998; zitiert nach Schochat & Beckmann, 2003; S. 47). Das Verhältnis<br />

von Frauen zu Männern liegt dabei immer deutlich zuungunsten des weiblichen Geschlechts.<br />

Auch hier variieren die Angaben, allerdings weniger dramatisch, zwischen 5-8 : 1 (z.B. 6:1<br />

nach Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999; 7:1 Website-Information des American College of<br />

Rheumatology, Stand Oktober 2003; ebenso Wolfe, Ross, Anderson et al., 1995; etwa 8-mal<br />

häufiger Frauen als Männer erkrankt (Müller, Hartmann & Eich, 2000)).<br />

2.1.9. Sozialmedizinische Bedeutung<br />

Sozialmedizinische Bedeutung erlangt die Fibromyalgie z.B. durch zugestandene Ansprüche<br />

im Sinne vorzeitiger Berentungen (z.B. Wolfe & Hawley, 1998). Die Kosten, die aus<br />

17


derartigen Ansprüchen resultieren, sind teilweise beträchtlich. Neeck gibt zum Beispiel 2001<br />

den Anteil derjenigen ungünstigen Therapieverläufe bei Fibromyalgie, die zu einer<br />

bewilligten vorzeitigen Berentung führen, für die USA mit 30% an. Nach Kostenschätzungen<br />

aus einer 7-jährigen Multicenterstudie ebenfalls aus den USA, die vornehmlich das In-<br />

anspruchnahme-Verhalten medizinischer Dienstleistungen und die daraus entstehenden<br />

Kosten untersuchte, belief sich der durchschnittliche Betrag 1996 auf 2274 US-$ pro Patient,<br />

bei im Mittel zehn Arztbesuchen pro Jahr, erhöhter Anzahl an durchgeführten operativen<br />

Eingriffen und regelmäßiger Medikamenteneinnahme (2,7 Medikamente in sechs Monaten)<br />

aufgrund der Erkrankung (Wolfe, Anderson, Harkness et al., 1997; nach Blumenstiel, Bieber<br />

& Eich, 2004). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen in einer deutschen multizentrischen Er-<br />

hebung in 6 Kliniken des Rheumazentrums Heidelberg Müller, Hartmann und Eich 2000,<br />

wobei dort zusätzlich ein hoher Anteil an Patienten, die aktive oder passive Physiotherapie<br />

erhalten (86%), berichtet wird. 41% der Patienten erhielten außerdem eine psychologische<br />

Behandlung. Im Schnitt wurden Ärzte in 5 verschiedenen Fachrichtungen aufgesucht, wobei<br />

Ärzte aus 14 verschiedenen Fachrichtungen teilweise von einem erheblichen Großteil der<br />

Patientengruppe konsultiert werden. Fibromyalgie ist dabei derzeit eine der häufigsten Diag-<br />

nosen in der Rheumatologie (Offenbacher, Glatzeder & Ackenheil, 1998; Neeck, 2001;<br />

Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004).<br />

Durch die Aufnahme der Fibromyalgie als offizielle Diagnose in die ICD- 10 kann bei erheb-<br />

lichen Beeinträchtigungen ein Antrag auf Schwerbehinderung bzw. Grad der Behinderung<br />

(GdB) gestellt werden (<strong>Weiss</strong>, 2001). Dabei gilt wie bei allen rheumatischen Erkrankungen,<br />

dass dem Krankheitsbild nicht per se eine bestimmte Bewertung zugeordnet ist, sondern je<br />

nach individueller Ausprägung der Krankheit beim einzelnen Patienten entschieden wird<br />

(Neeck, 2001). Seit 1996 ist Fibromyalgie zudem explizit in den Anhaltspunkten für die<br />

Gutachtertätigkeit (herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit) erwähnt (<strong>Weiss</strong>, 2001;<br />

Neeck, 2001).<br />

2.1.10. Übliche Messinstrumente und <strong>Evaluation</strong>skriterien<br />

In Untersuchungen mit Fibromyalgie-Patienten werden unterschiedliche Messinstrumente zur<br />

Bestimmung der körperlichen und der psychischen Symptomatik eingesetzt. Vorrangig spielt<br />

dabei die Schmerzmessung eine Rolle, insbesondere bei der Bestimmung von möglichen<br />

Effekten infolge einer Behandlung. „Zur Anwendung kommen verbale und numerische<br />

Ratingskalen, visuelle Analogskalen (Einzelitemverfahren) und Schmerzempfindungsskalen,<br />

die den Schmerz als multidimensionales Problem zu erfassen versuchen (mehrdimensionale<br />

18


Verfahren). Diesen Testverfahren gemeinsam ist, dass sie Schmerz nicht wie einen Labor-<br />

parameter wiedergeben, sondern eher dazu geeignet sind, den intraindividuellen Schmerz-<br />

verlauf allenfalls semiquantitativ und relativ zu dokumentieren“ (Späth & Neeck, 2002;<br />

S. 662). Als validierte Testverfahren, die mehrfach in Untersuchungen zu Fibromyalgie an-<br />

gewandt wurden, können z.B. das Fibromyalgia Impact Questionnaire, die Beschwerdeliste<br />

von Zerssen, das Kieler Schmerzinventar u.a. gelten, wobei sich noch k<strong>eines</strong> dieser Verfahren<br />

für die Fibromyalgie „als so herausragend geeignet qualifiziert [hat], dass es für eine<br />

Begutachtung als zwingend angesehen werden müsste“ (Späth & Neeck, 2002; S. 664). So ist<br />

das „fibromyalgia impact questionnaire“ (Burckhardt et al., 1991) zum Beispiel in den Be-<br />

reichen, die damit an Aspekten abgedeckt werden können, direkt auf diese Patientengruppe<br />

zusammengestellt. Gefragt wird nach "Tätigkeiten des täglichen Lebens, Schmerz, Müdigkeit,<br />

Schlafstörungen und seelischen Gleichgewichtsstörungen (...). Kürzlich wurde der Frage-<br />

bogen auch ins Deutsche übersetzt und validiert (Offenbaecher et al. 2000)“ (zitiert nach<br />

Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004; S. 442). Meist erfolgt eine körperliche Untersuchung zur<br />

Abklärung der Diagnose als Eingangskriterium für die Teilnahme an einer Studie und zur<br />

<strong>Evaluation</strong>, die dann über die Messung einer möglichen Verringerung von <strong>Dr</strong>uckschmerz-<br />

punkten erfolgt. Fragen zum Gesundheitszustand (z.B. andere Symptome, operative Eingriffe<br />

etc.) werden sowohl standardisiert als auch oft zusätzlich offen erfragt, um der Vielfalt an<br />

Kombinationsmöglichkeiten von Symptomen gerecht zu werden bzw. um das Ausmaß an Be-<br />

einträchtigung und möglicher vorheriger therapeutischer Maßnahmen zu dokumentieren. Im<br />

Rahmen der Schmerzmessung werden die aktuellen Schmerzen und deren Lokalisation (oft<br />

nach Körperregionen aufgeschlüsselt), die Schmerzdauer, der Schmerzverlauf und die<br />

Schmerzintensität erfragt. 2002 kommen Bigatti und Cronan beim Vergleich verschiedener<br />

Schmerzmaße bei Fibromyalgie-Patienten zu dem Schluss, dass die visuelle-analog-Skala das<br />

nützlichste Schmerzmaß bei Fibromyalgie-Patienten zu sein scheint, gemessen an den<br />

Kriterien „Validität, Leichtigkeit der Handhabung und der Skalierung“ [Übers. die Verf.]<br />

(S.12), auch da sie zudem die „höchste Korrelation mit anderen Schmerzmaßen und der<br />

Selbstwirksamkeitserwartung bei Schmerz, der Funktionstüchtigkeit, Erschöpfbarkeit und<br />

Steifigkeit“ habe [Übers. die Verf.] (S.5). Verglichen wurde mit einer allgemeinen Schmerz-<br />

skalierung, dem gegenwärtigem Schmerz, Anzahl an Wörtern aus dem McGill Pain Question-<br />

naire und der Schmerzintensität, die aus einer manuellen Überprüfung von aktiven <strong>Dr</strong>uck-<br />

schmerzpunkten stammte. Die Überprüfung der Anzahl der <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkte ergab dabei<br />

die niedrigsten Korrelationen zu anderen Schmerzmassen und erwies sich damit als am<br />

wenigsten valide. Weiterhin kommen Fragebögen oder Skalen zum Einsatz, die kognitive<br />

19


Aspekte des Schmerzerlebens der Betroffenen zu erfassen suchen, z.B. Fragebögen zu<br />

schmerzbezogenen Selbstinstruktionen, Kontrollüberzeugung etc. (z.B. Rheuma-Kontroll-<br />

Skala (RKS); Leibing, Hoyer, Romatzki & Ehlers, 1999)). Um die Beeinträchtigung bzw.<br />

Einschränkung durch die Schmerzen, sowohl in funktioneller Sicht als auch in Bezug auf die<br />

Lebensqualität in verschiedenen Lebensbereichen, zu erfassen, kommen Funktionsfragebögen<br />

zum Einsatz oder Einzelfragen (z.B. nach funktionell geringer oder hoher Belastung). Gefragt<br />

wird beispielsweise danach, ob bestimmte Aktivitäten, z.B. des häuslichen Lebens, noch<br />

durchführbar sind zum Zeitpunkt der Untersuchung, ob das Teilhaben an einem Lebens-<br />

bereich überhaupt noch oder nur noch eingeschränkt möglich ist usw. Als Vergleichspersonen<br />

werden in kontrollierten Studien überwiegend andere chronische Schmerzpatienten (z.B. an<br />

Arthritis / Polyarthritis erkrankte Personen), bisweilen auch gesunde Teilnehmer herange-<br />

zogen. In Zusammenhang mit Untersuchungen, in denen Angehörige von Fibromyalgie-<br />

Betroffenen miteinbezogen werden, werden Angaben zur Schmerz- wie auch der Begleit-<br />

symptomatik, Funktionseinschränkung bzw. Beeinträchtigung, Bewältigungsstrategien und<br />

der psychischen Befindlichkeit des Betroffenen eingeholt sowie Reaktionen des Angehörigen,<br />

eine Einschätzung der Beziehung etc. erhoben. Insgesamt erschwert die Verwendung unter-<br />

schiedlicher Erhebungsinstrumente und unterschiedlicher Erfolgsmasse die Vergleichbarkeit<br />

von oft sehr unterschiedlichen Behandlungsansätzen und damit auch die Beurteilung von<br />

Behandlungserfolgen (White & Harth, 1996; Gowans, deHueck, Voss & Richardson, 1999;<br />

Rossy, Buckelew, Dorr et al., 1999; Sim & Adams, 2002).<br />

2.2. Forschungsstand zu Behandlungsansätzen<br />

Hauptansatzpunkt der Behandlung bei Fibromyalgie ist die chronische multilokuläre<br />

Schmerzsymptomatik. Da ihre Ursache nicht bekannt ist, orientieren sich ihre Behandlungs-<br />

ansätze an den Erfahrungen, die im Rahmen der Behandlung anderer chronischer Schmerz-<br />

erkrankungen, sowohl bei weichteilrheumatischer als auch muskuloskelettaler Schmerz-<br />

symptomatik, gewonnen werden konnten. Weitere Ansatzpunkte, die zu ebenso gravierenden<br />

Einschränkungen im Lebensalltag sowie erhöhter psychischer Belastung führen, sind die<br />

zusätzlich zur Schmerzsymptomatik bei Fibromyalgie oft vorherrschenden funktionellen und<br />

vegetativen Symptome, insbesondere die gestörte Schlafregulation sowie eine vielfach be-<br />

stehende Reizmagensymptomatik. Allgemein haben sich in der Behandlung chronischer<br />

Schmerzerkrankungen interdisziplinäre und multimodale gegenüber unimodalen Therapie-<br />

ansätzen sowohl in Hinsicht der Reduktion bzw. besseren Bewältigung der vorhandenen<br />

Schmerzen als auch in Hinblick auf die Stabilität der erzielten Erfolge bewährt. Diese Er-<br />

20


fahrungen werden auf die Behandlung bei Fibromyalgie übertragen. Zusätzlich „gehört die<br />

Erkrankung zu jenen innerhalb der Rheumatologie, welche bislang am schlechtesten definiert<br />

und erforscht sind und deren therapeutische Beeinflussbarkeit als vergleichsweise unbefrie-<br />

digend eingestuft werden muß“ (Neeck, 2001, S. 1110). „Infolge der Komplexität (...) ist sie<br />

<strong>eines</strong> jener rheumatologischen Krankheitsbilder, welches besonders des interdisziplinären<br />

Ansatzes bedarf“ (ebda.). Es soll im Folgenden ein kurzer Abriss zu Begriffen und Modellen<br />

der Schmerzforschung gegeben werden. Danach werden Behandlungsansätze spezifisch bei<br />

Fibromyalgie gesondert nach den Aspekten, die die Ansatzpunkte zur Behandlung darstellen,<br />

und ihre Wirksamkeit betrachtet.<br />

2.2.1. Kurzer Abriss Begriffe und Modelle der Schmerzforschung<br />

Gemäß der Definition der International Association for the Study of Pain (IASP) konzentriert<br />

sich die Schmerzforschung auf Schmerz als ein körperliches Phänomen, das von emotionalen<br />

Aspekten begleitet wird und dem eine Gewebeschädigung aktuell oder potentiell zugrunde<br />

liegt (Definition vom IASP Subcommitee on Taxonomy, 1979). Damit wurde festgelegt, dass<br />

einer Schmerzempfindung nicht notwendigerweise eine Gewebsverletzung vorausgehen muss<br />

und dass eine Schmerzempfindung an bestimmte gefühlsmäßige Wertungen gekoppelt ist. Der<br />

Begriff Schmerz wurde so um eine kognitiv-emotionale Komponente erweitert, die Grundlage<br />

für neuere Ansätze in der Schmerzbehandlung bietet. Diese Definition trifft allerdings keine<br />

Unterscheidung zwischen akutem und chronischem Schmerzempfinden, welches in der<br />

Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen und zur Beurteilung ihrer Erfolge eine<br />

wichtige Rolle spielt. Hierfür liefern verschiedene Autoren Ansätze, in denen vor allem der<br />

zeitlichen Komponente, dass heißt dem Andauern einer Schmerzempfindung, ein besonderer<br />

Stellenwert zu kommt. Meist spielt bei den Definitionen darüber hinaus eine Rolle, ob ein<br />

Auslöser für die Schmerzempfindung bekannt ist oder nicht sowie die Eindeutigkeit der<br />

Lokalisierbarkeit des Schmerzes. Außerdem lassen sich auf zentralnervöser Ebene unter-<br />

schiedliche Reaktionen des Körpers auf akuten bzw. auf chronischen Schmerz feststellen<br />

sowie Unterschiede in der emotional-kognitiven Verarbeitung, die bei chronischen Schmerzen<br />

aufgrund der Besonderheiten der Belastungen meist zu erhöhter psychischer Belastung führt<br />

(nach Kröner-Herwig, 2004b). In Ergänzung zu der IASP-Definition des Schmerzes kann<br />

noch angemerkt werden, dass Schmerz auf der Verhaltensebene je nach Umweltbedingungen<br />

zu Rückzugsverhalten oder aggressiven Reaktionen führt. Die beobachtbaren Zeichen des<br />

Schmerzerlebens <strong>eines</strong> Schmerzpatienten können als Schmerzverhalten bezeichnet werden<br />

(nach Flor, 1991).<br />

21


Für den Prozess der Chronifizierung von Schmerzen wurden unterschiedliche Modell-<br />

vorstellungen entwickelt (für eine ausführliche Darstellung siehe Flor, 1991; ergänzend<br />

Hasenbring & Pfingsten, 2004): Das traditionelle medizinische Modell ist geprägt durch die<br />

monokausale naturwissenschaftliche Denkweise des 19. Jahrhunderts. Medizinische und<br />

pharmakologische Entdeckungen ermöglichten gezielt eine kausale, einseitig somatische<br />

Therapie. Chronischer Schmerz kann insofern als Versagen der traditionellen medizinischen<br />

Behandlung aufgefasst werden, da sich das ursprüngliche Begleitsymptom zu einer<br />

eigenständigen Krankheit entwickeln konnte (Basler, Zimmer & Rehfisch, 1997; nach<br />

Schmidt, 2003). Im Rahmen der traditionellen medizinischen Behandlung kommen passive<br />

physikalische Maßnahmen und Medikamente zum Einsatz. Verschiedene psychologische<br />

Modelle begreifen Schmerz nicht mehr als rein somatisches Phänomen, sondern greifen auch<br />

psychische Aspekte des Schmerzerlebens und ihre Bedeutung bei der Chronifizierung auf:<br />

Psychoanalytische Konzepte fassen Schmerz als Ausdruck psychischer Konflikte auf so-<br />

matischer Ebene auf. Schmerz wird somit als rein psychisch bedingt betrachtet. Dieser<br />

Auffassung liegt also ebenfalls ein monokausales Erklärungsmodell für die Schmerzentwick-<br />

lung zugrunde. Es hat sich in der interdisziplinären Schmerzforschung nicht durchsetzen<br />

können. Psychoanalytische, familientherapeutische und transaktionale Therapieansätze spie-<br />

len bei der Behandlung chronischer Schmerzsyndrome der Skelettmuskulatur nur eine<br />

untergeordnete Rolle (Flor, 1991). Behaviorale Modelle betonen die Bedeutsamkeit von Lern-<br />

prozessen bei der Chronifizierung von Schmerz: Das Konzept des operanten Lernens besagt,<br />

dass Verhalten maßgeblich durch seine Konsequenzen bestimmt wird. Fordyce unterschied<br />

vom subjektiven Schmerzerleben das Schmerzverhalten, welches er als „beobachtbaren[n]<br />

Ausdruck von Schmerz und Leiden wie z.B. Stöhnen, Humpeln, Klagen“ definierte (1976;<br />

1988; zit. nach Flor, 1991, S. 29). Er postulierte, dass dieses beobachtbare Schmerzverhalten<br />

bei chronischen Erkrankungen ohne organische Ursache mit durch die Reaktionen aus der<br />

Umgebung der Betroffenen bestimmt würde. Um chronischen Schmerz erfolgreich zu be-<br />

handeln sollte daher Schmerzverhalten systematisch gelöscht und gesundes, schmerz-<br />

inkompatibles Verhalten verstärkt werden. Empirisch lassen sich bislang einige Hinweise auf<br />

die Bedeutsamkeit des Modells im Rahmen der Betrachtung des Angehörigen- bzw. Partner-<br />

verhaltens von chronischen Schmerzpatienten finden (z.B. Romano, Turner, Friedman et al.,<br />

1992). Wird das Modell des respondenten Lernens auf die chronische Schmerzsymptomatik<br />

übertragen, so kann der Schmerz als vorausgehende Bedingung und als erlernte Reaktion auf<br />

Muskelverspannungen betrachtet werden. Diese führen in Folge zu Schmerzvermeidungs-<br />

verhalten, welches zur Einschränkung von körperlichen und sozialen Aktivitäten führen kann.<br />

22


Die körperliche Einschränkung führt in Folge zu Fehlhaltungen und Überlastungen, so dass<br />

erneut Schmerz und Muskelverspannungen resultieren. Empirische Unterstützung für einen<br />

Zusammenhang zwischen chronischem Schmerz und respondentem Lernen liefern Studien,<br />

die auf eine Verknüpfung von Vermeidungsverhalten, antizipatorischer Angst und Immo-<br />

bilität hinweisen. Verfahren, die an diesem Schmerz-Anspannungs-Schmerz-Kreislauf an-<br />

setzen, wie Entspannungsverfahren oder Biofeedback, berücksichtigen sowohl physiologische<br />

Aspekte (Muskelanspannungen) wie auch psycho-logische Aspekte (Angst) des chronischen<br />

Schmerzgeschehens. Das Vermeiden sozialer Aktivitäten begünstigt und verstärkt eine de-<br />

pressive Stimmungslage, da zwar kurzfristig aversive Gefühle vermieden werden, es lang-<br />

fristig jedoch zu einem Verlust primärer Verstärkung wie Freude oder Ablenkung, die durch<br />

das Beisammensein mit anderen Menschen ausgelöst werden können, kommt. Die Bedeutung<br />

sozialer Unterstützung bei der Chronifizierung von Schmerzen und der Aufrechterhaltung<br />

chronischer Schmerzsyndrome ist derzeit noch nicht befriedigend erforscht. Zu unter-<br />

schiedlichen Aspekten sozialer Unterstützung liegen widersprüchliche Ergebnisse vor: So<br />

scheint im Rahmen der Behandlung chronischer Schmerzpatienten die Unterstützung der<br />

Familie wichtig (Jamison & Virts, 1990). Andere Autoren konnten dagegen keinerlei Einfluss<br />

des Ehepartners auf ein positives Ansprechen auf verschiedene Behandlungsformen aus-<br />

machen (Moore & Chaney, 1985). Auch die Rolle des Modelllernens bei der Ausbildung<br />

chronischer Schmerzsyndrome, die vielfach gehäuft in Familien auftreten, ist noch nicht<br />

geklärt. Zunehmend sind kognitive Aspekte bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von<br />

chronischem Schmerz in den Fokus schmerztherapeutischer Forschung gerückt: Der kognitiv-<br />

verhaltenstherapeutische Ansatz betrachtet außer den Zusammenhängen zwischen Verhalten<br />

und Lernvorgängen auch den Einfluss von Kognitionen wie Kenntnisse, Vorstellungen,<br />

Einstellungen, Erwartungen oder Bewertungen auf Schmerzerleben und Schmerzverhalten. So<br />

wird beispielsweise von „chronischen Schmerzpatienten (...) typischerweise vom Patienten<br />

ein Mangel an Kontrolle wahrgenommen, der wahrscheinlich auf den andauernden, aber nicht<br />

erfolgreichen Versuchen, den Schmerz zu kontrollieren, beruht (vgl. Turk & Rudy, 1986)“<br />

(zit. nach Flor, 1991, S. 53). In Folge kann sich eine negative Erwartungshaltung bezüglich<br />

der eigenen Fähigkeiten, auf den Schmerz Einfluss nehmen zu können, herausbilden, die<br />

wiederum Einfluss auf die Art und Weise, wie Behandlungsmöglichkeiten gesucht und ge-<br />

nutzt werden, nehmen kann usw. Gefühle von Unkontrollierbarkeit und Hilflosigkeit bilden<br />

sich heraus. Das Konzept der Gelernten Hilflosigkeit von Seligman (1975) kann in diesem<br />

Zusammenhang genannt werden und als ein mögliches Erklärungsmodell für die oft be-<br />

stehende depressive Verstimmtheit bei chronischen Schmerzpatienten dienen. Primäres<br />

23


Behandlungsziel des kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatzes ist daher die Förderung der<br />

Selbstkontrolle und der Eigenaktivität des Patienten. Gefühle der Hilflosigkeit sollen<br />

abgebaut und stattdessen Kompetenzvertrauen aufgebaut werden. Basis der Behandlung ist<br />

der Aufbau aktiver Bewältigungsstrategien. Auch das Konzept der Selbsteffizienz von<br />

Bandura (1977) steht in engem Zusammenhang mit dem Gefühl der Kontrolle über aversive<br />

Stimulation: Selbsteffizienz bezeichnet die Überzeugung, in einer bestimmten Situation<br />

erforderliches Verhalten zeigen zu können. Die Selbsteffizienzerwartung des Patienten wird<br />

als ein wichtiger Mediator therapeutischer Veränderung angenommen. In Bezug auf<br />

chronische Schmerzpatienten bezieht sich die Selbsteffizienzerwartung auf die Überzeugung,<br />

die erlebten Schmerzen kontrollieren zu können und Verhaltensweisen zeigen zu können, die<br />

einen günstigen Einfluss auf die Symptomatik haben. Beiträge der attributionalen Kognitions-<br />

forschung haben zusätzlich die Relevanz attributionaler Kognitionen für die Aufrecht-<br />

erhaltung von chronischen Schmerzen zeigen können. Von wesentlichem Einfluss auf die<br />

Schmerzforschung in Hinblick auf ihre zunehmende interdisziplinäre und multimodale Aus-<br />

richtung war die Gate-Control-Theorie von Melzack und Wall (1965). In ihr wurde Schmerz<br />

als eine von den anderen Empfindungen gänzlich unterschiedliche Erfahrung betrachtet, die<br />

ein multidimensionales Phänomen darstellt, das durch eine Vielzahl afferenter und efferenter<br />

Mechanismen beeinflussbar ist. Jüngste Entwicklungen von so genannten Diathese-Stress-<br />

Modellen oder integrativen Krankheitsmodellen chronischer Schmerzentwicklung gehen von<br />

einem Wechselspiel von in der Person liegenden prädisponierenden Eigenschaften mit<br />

Umweltfaktoren aus. Prädisponierende Einflüsse können epidemiologischer, genetischer,<br />

weiterer körperlicher oder psychosozialer Art sein. Hinzu kommen im Laufe des Lebens<br />

Lernerfahrungen sowie Faktoren der beruflichen Sozialisation, die beispielsweise die Wahr-<br />

scheinlichkeit einer physiologischen Überreaktion in bestimmten Körperregionen erhöhen<br />

können. Hinzu kommen auslösende und chronifizierende Einflüsse sowie durch die Länge des<br />

Leidens bedingte Folgen (Keel, 1995). Neuerdings finden auch iatrogene Faktoren im Prozess<br />

der Schmerzchronifizierung, das sind schädigende Einflüsse, die sich aus dem Verhalten und<br />

Nichtverhalten der Behandlerseite ergeben, verstärkt Berücksichtigung. So tragen thera-<br />

peutische Empfehlungen nicht immer zur Besserung einer Symptomatik bei, sondern können<br />

zu einer Verschlechterung führen. Dies kann im Rahmen von Überdiagnostizierung, durch<br />

Informationsmängel, Fehler bei der Medikation oder einer Vernachlässigung psychosozialer<br />

Faktoren der Fall sein (Kouyanou et al., 1997; nach Hasenbring & Pfingsten, 2004).<br />

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass der Chronifizierung von Schmerzen eine<br />

komplexe Wechselwirkung zwischen biologischen, psychischen und sozialen Faktoren zu-<br />

24


grunde liegt. Als Ziel bei der Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen wird heute im<br />

Allgemeinen nicht mehr die vollständige Schmerzfreiheit, sondern die subjektive Besserung<br />

durch Erlernen von effektiven Bewältigungsstrategien im Umgang mit dem Schmerz,<br />

angesehen. Multidimensionale und interdisziplinäre Ansätze werden diesbezüglich als am<br />

effektivsten und langfristig stabilsten in ihren positiven Auswirkungen angesehen (Flor,<br />

Fydrich & Turk, 1992).<br />

2.2.2. Behandlungsansätze bei Fibromyalgie und deren Wirksamkeit<br />

Im Rahmen der Behandlung bei Fibromyalgie scheint eine Orientierung an einem Modell, das<br />

mehrere unterschiedlichen Ebenen als mit beeinflussend betrachtet, der Komplexität der<br />

Erkrankung und des Krankheitsverlaufs bis zur Ausbildung des Vollbildes am ehesten gerecht<br />

zu werden (Neeck, 2001). Meist wird in diesem Zusammenhang von einer biopsychosozialen<br />

Perspektive oder Modellvorstellung gesprochen (Masi, 1998). Dies trifft insbesondere für so<br />

genannte Diathese-Stress-Modelle zu (z.B. Keel, 1995). Auch die Konzepte der Gelernten<br />

Hilflosigkeit (Seligman, 1975) und der Selbsteffizienz (Bandura, 1977) lenken die Aufmerk-<br />

samkeit auf in Zusammenhang mit einer erfolgreichen Krankheitsbewältigung wichtige<br />

Aspekte, die in kognitiv-behavioralen und kognitiv-emotionalen Ansätzen zur Behandlung bei<br />

Fibromyalgie eine Rolle spielen (z.B. Nicassio, Schumann, Radojevic & Weisman, 1999). Im<br />

Rahmen der Bewältigung der Schmerzsymptomatik spielen auch ältere rein behaviorale An-<br />

sätze mit den Konzepten des operanten und respondenten Lernens in sofern eine Rolle, als<br />

durch gezieltes Erlernen von Entspannungsmechanismen dem Ausbilden oder Aufrechter-<br />

halten <strong>eines</strong> „Teufelskreises“ von Schmerz und Spannung Entspannung und damit ein Durch-<br />

brechen dieses Kreises entgegen gesetzt werden soll. Verfahren aus den jeweiligen Bereichen<br />

bilden daher die Bausteine für multimodale Behandlungsprogramme bei Fibromyalgie.<br />

In den bereits vorangegangen im Projekt entstanden Diplomarbeiten von Schmidt (2003) und<br />

Franetzki (2003) wurden vor allem die zu dem Zeitpunkt vorliegenden multimodalen Studien<br />

im Vergleich zum 12-Wochen-Programm betrachtet. Dagegen werden hier auch die Ergeb-<br />

nisse monotherapeutischer Ansätze bzw. zusätzlich neuere Studien mit ausschließlich Fibro-<br />

myalgie-Patienten stärker mit berücksichtigt, um im Weiteren die Zusammensetzung des 12-<br />

Wochen-Programms in seinen Bestandteilen und in Hinsicht auf ihren möglichen Nutzen in<br />

der Behandlung von Fibromyalgie-Patienten diskutieren zu können. Es werden nacheinander<br />

einzelne Aspekte, die für die Behandlung bei Fibromyalgie eine Rolle spielen, betrachtet.<br />

Anschließend werden diejenigen schmerztherapeutischen Ansätze, die sich bei der Behand-<br />

lung der Fibromyalgie bisher besonders bewährt haben, je gesondert samt bisherigen Er-<br />

25


gebnissen aus der Anwendung betrachtet. Zum Schluss wird auf die Vor- und Nachteile<br />

verschiedener Behandlungssettings eingegangen.<br />

Aspekt: Medikamentöse Therapie<br />

Viele der Betroffenen erhalten im Rahmen einer Behandlung als erstes oder aber zusätzlich<br />

Medikamente. Die medikamentöse Behandlung gilt derzeit als die häufigste Behandlungs-<br />

methode im Rahmen chronischer Schmerztherapie in Deutschland (Kröner-Herwig, 2004b).<br />

Auffallend ist hierbei, dass insbesondere Medikamente, die im Rahmen der Behandlung<br />

(anderer) rheumatischer Erkrankungen erfolgreich zum Einsatz kommen (wie z.B. Kortison),<br />

bei Fibromyalgie in der Regel nicht helfen (<strong>Weiss</strong>, 2001). Zum Einsatz kommen diverse<br />

Analgetika, Muskelrelaxantien (zur Lockerung der verkrampften und schmerzhaften Musku-<br />

latur), Antidepressiva (zur Linderung depressiver Verstimmungen sowie zur Verbesserung<br />

der Schlafqualität), lokale Betäubungsmittel, Hypnotika und andere Präparate. Hieraus ergibt<br />

sich oftmals eine Polymedikation der Betroffenen, mit den entsprechenden Risiken sowie der<br />

Gefahr einer Abhängigkeit bzw. des Medikamentenmissbrauchs samt den sich daraus erge-<br />

benden gesundheitlichen Problemen (Kröner-Herwig, 2004b). Außerdem haben bestimmte<br />

Medikamente wiederum unerwünschte Nebenwirkungen: So erzeugen viele Schmerzmittel<br />

Nebenwirkungen, die sich auf den bei vielen der Betroffenen ohnehin problematischen<br />

Magen-Darm-Bereich ungünstig auswirken (<strong>Weiss</strong>, 2001). Mit Muskelentspannungspräpa-<br />

raten ist meist eine gesteigerte Müdigkeit verbunden (<strong>Weiss</strong>, 2001). Einige Autoren haben<br />

aufgrund von Laborbefunden, die auf den Mangel oder eine erhöhte Konzentration bestimm-<br />

ter Substanzen bei Fibromyalgie schließen lassen, gezielt versucht, eine Annäherung an die<br />

Werte von gesunden Vergleichspersonen zu erreichen. So hat beispielsweise Bennett (1998)<br />

durch die Gabe von Wachstumshormonen bei Patienten mit niedrigem Wachstumshormon-<br />

spiegel signifikante Besserungen der Erkrankung innerhalb von einem halben Jahr erreichen<br />

können, jedoch ist diese Therapieform sehr kostenintensiv und daher kaum anwendbar<br />

(Müller, Stratz & Tolk, 2003). Auch für einzelne andere Substanzen konnten in kontrollierten<br />

Studien positive Effekte nachgewiesen werden. Jedoch wurden diese Ergebnisse bislang nicht<br />

bestätigt (ebda.). Besonders häufig wurde die Gabe von Antidepressiva bei Fibromyalgie<br />

untersucht (Übersicht z.B. bei Simms, 1994; nach Lammers & Gallhofer, 1999): Da offen-<br />

sichtlich die Serotonin-gesteuerten Regelkreise bei Fibromyalgie gestört sind, was sowohl<br />

eine Erklärung für die erniedrigte Schmerzschwelle bietet, als auch für die Betroffenheit von<br />

Affekt und Schlaf bei vielen der Erkrankten, scheint die Anwendung von Substanzen, die Ein-<br />

fluss nehmen auf die physiologische Balance der Serotoninrezeptoren, nahe liegend. Bewährt<br />

26


haben sich in mehreren Studien vor allem trizyklische Antidepressiva gegenüber einer<br />

Plazebobedingung (Alarcón & Bradley, 1998; Carette, McCain, Bell & Fam, 1986, Carette,<br />

Bell, Reynolds et al., 1994, nach Lammers & Gallhofer, 1999). Allerdings scheinen die<br />

positiven Effekte des Amitriptylins nur sehr kurzfristig zu bestehen (Alarcón & Bradley,<br />

1998). Trizyklische Antidepressiva oder auch Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer werden<br />

derzeit häufig in der Behandlung der Fibromyalgie eingesetzt. Vor allem für Amytryptilin<br />

konnte in zahlreichen Studien ein Effekt nachgewiesen werden, der sich zum Teil in einer<br />

Schmerzverminderung, vor allem aber in einer Schlafverbesserung zeigt. In einigen Studien<br />

konnte allerdings die Wirksamkeit von Antidepressiva nicht nachgewiesen werden. Ein dauer-<br />

hafter Effekt scheint zudem nicht gewährleistet (nach Müller, Stratz & Tolk, 2003). Dennoch<br />

empfehlen z.B. Müller, Stratz und Tolk (2003) in der hausärztlichen Praxis immer einen<br />

Versuch mit trizyklischen Antidepressiva oder Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern durch-<br />

zuführen, wenn mit anderen Substanzen (Analgetika, nichtsteroidale Antiphlogistika oder<br />

5-HT3-Rezeptor-Antagonisten) kein Effekt auf die Schmerzsymptomatik erzielt werden kann<br />

bzw. stärkere depressive Verstimmungen bei den Patienten bestehen. Sie empfehlen ein vier-<br />

schrittiges Therapieschema für die medikamentöse Therapie, das auch eine <strong>Evaluation</strong> der<br />

einzelnen Schritte nach bestimmten Zeitspannen (5 Tage bis zu 6 Wochen, je nach Substanz)<br />

vorsieht (ebda.). <strong>Weiss</strong> (2000) weist darauf hin, dass die empfohlene Dosierung von Antide-<br />

pressiva, die im Rahmen der Behandlung bei Fibromyalgie zum Einsatz kommen, wesentlich<br />

niedriger ist als im Rahmen der Behandlung von Depressionen. Zur Gabe von Benzodiaze-<br />

pinen bei Fibromyalgie konnten in einer Studie von Russell et al. (1991) keine erfolgreichen<br />

Veränderungen der untersuchten Variablen zwischen verschiedenen Behandlungsgruppen<br />

nachgewiesen werden, wobei besonders bemerkenswert ist, dass diese Medikamentengruppe<br />

stark suchterzeugend ist und in einer Studie über einen Zeitraum von 7 Jahren (Wolfe,<br />

Anderson, Harkness et al., 1997) in mehreren rheumatologischen Zentren 43% aller Patienten<br />

auf Benzodiazepine eingestellt worden waren (nach Lammers & Gallhofer, 1999).<br />

Aspekt: Operative Eingriffe<br />

Mehrere Studien haben gezeigt, dass an Fibromyalgie-Betroffenen oft im Laufe ihrer<br />

Krankengeschichte ein, häufig sogar mehrere operative Eingriffe als Folge der Schmerz-<br />

symptomatik vorgenommen wurden. Dabei zeigen Fibromyalgie-Patienten im Vergleich zu<br />

anderen Patientengruppen mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises deutlich<br />

erhöhte Operationshäufigkeiten (Wolfe, Anderson, Harkness et al., 1997, nach Müller,<br />

Hartmann & Eich, 2000) und das, obwohl in diesem Bereich operative Eingriffe in der Regel<br />

27


entweder präventiver Art (d.h. auf den Verlauf der Erkrankung mit Destruktion von Gelenken<br />

und Sehnen soll derart eingewirkt werden, dass keine dauerhaften Schäden entstehen) oder<br />

rekonstruktiver Art sind (Zacher, 2001) wie im Fall einer Fibromyalgie viel seltener indiziert<br />

sein müsste. Die therapeutische Wirksamkeit dieser Eingriffe konnte bislang nicht nach-<br />

gewiesen werden. Die Wahl von operativen Eingriffen als Behandlungsoption scheint sich vor<br />

allem aus dem Verlauf der Schmerzsymptomatik von meist erst lokalen Schmerzphänomenen<br />

bis hin zum Vollbild der Fibromyalgie und ihrer Diagnosestellung zu ergeben (s. 2.1.3). Teil-<br />

weise wird operativen Eingriffen eine schmerzerhöhende Wirkung zugeschrieben (Greenfield,<br />

Fitzcharles & Esdaile, 1992; nach Müller, Hartmann & Eich, 2000; <strong>Weiss</strong>, 2001).<br />

Aspekt: Körperliche Aktivierung<br />

Im Gegensatz zu anderen rheumatologischen Erkrankungen “führt [die Fibromyalgie] in<br />

keinem Fall zu einer Organbeteiligung im Sinne <strong>eines</strong> möglicherweise destruierenden<br />

Prozesses. (...) die Muskulatur erfährt allenfalls schmerzbedingt eine Einschränkung des<br />

jeweiligen Bewegungsgrades. Lediglich längere Schonung kann von einer Inaktivitätsatrophie<br />

begleitet sein“ (Späth & Pongratz, 1999; S. 23), d.h. es sprechen –außer den Schmerzen-<br />

keinerlei objektivierbaren Gründe gegen körperliche Betätigung. Im Zusammenhang mit<br />

Schmerzen am Bewegungsapparat lässt sich jedoch häufig folgender „Teufelskreis“ fest-<br />

stellen: Die Schmerzen führen zu Inaktivität und in weiterer Folge zu Dekonditionierung.<br />

Statt einer Entlastung der Muskulatur werden die stützenden Muskeln zu wenig genutzt und<br />

nicht weiter ausgebildet. In Folge davon stehen weniger Muskeln zur Verfügung und im<br />

Vergleich zu einer trainierten Muskulatur wird die untrainierte Muskulatur schon bei<br />

alltäglichen Tätigkeiten höher belastet. So überforderte Muskeln können dann schmerzhaft<br />

verhärten oder andere Probleme bereiten (<strong>Weiss</strong>, 2001; Basler, 2001). Eine zu schwach aus-<br />

gebildete Muskulatur führt darüber hinaus zu Fehlhaltungen (<strong>Weiss</strong>, 2001) und geschwächte<br />

Muskeln sind zusätzlich auch anfälliger für Verletzungen (Basler, 2001). Dekonditionierung<br />

tritt oft gemeinsam bzw. in Folge der Fibromyalgie auf (Martin, Nutting, MacIntosh et al.,<br />

1996; Wallace, 1997; ACR Website, 2003). Eine eventuell vorhandene schnelle Erschöpf-<br />

barkeit bzw. Müdigkeit verstärkt zusätzlich die Problematik. Körperliche Schonung sollte also<br />

vermieden werden, um dem schmerzverstärkenden Prozess der Dekonditionierung entgegen-<br />

zuwirken (Neeck, 2001). Egle et al. (1999) kommen im Rahmen einer zusammenfassenden<br />

Bewertung unterschiedlicher Behandlungsmaßnahmen zu dem Schluss, dass am „wichtigsten<br />

(…) sicher aktive physikalische Maßnahmen, die der Dekonditionierung der Patienten<br />

entgegenwirken“ sind (S. 163). Allgemein kann festgestellt werden, dass bei einer Vielzahl<br />

28


der Betroffenen (20-27%) Schonhaltung und Lebensstil in irgendeiner Form zu einem<br />

„disability status“ führen (Roy, 2001). 80% der Betroffenen werden als körperlich „unfit“<br />

beschrieben (Oliver & Cronan, 2002). Immer wieder wird im Zusammenhang mit der körper-<br />

lichen Betätigung und Fibromyalgie auch der Hinweis gegeben, wie wichtig kontinuierliche<br />

Bewegung ist (z.B. Roy, 2001), vor allem um den funktionellen Allgemeinzustand zu<br />

verbessern. Gleichzeitig wird vielfach davor gewarnt, Bewegung zu intensiv bzw. zu exzessiv<br />

zu betreiben (Clark, Jones, Burckhardt & Bennett, 2001, nach Oliver & Cronan, 2002).<br />

Insbesondere im Zusammenhang mit physikalisch-aktiver Therapie sei noch einmal auf die<br />

Notwendigkeit des Ausschlusses von anderen Erkrankungen als der Fibromyalgie bzw. der<br />

genauen Diagnosestellung hingewiesen, da z.B. bestimmte Phänomene auch auf das Vor-<br />

handensein einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung hinweisen können (z.B. zeichnen<br />

sich „mitochondriale (...) Myopathien (...) durch Ermüdbarkeit und Schwäche nach länger<br />

dauernden Belastungen aus“ (Späth & Pongratz, 1999; S. 28)). In Bezug auf körperliche<br />

Betätigung als Behandlungsansatz äußern sich Autoren sowohl zur Bewegungsform (z.B.<br />

Spazieren gehen, Gymnastik etc.), -häufigkeit, -kontinuität und -intensität. Die Förderung der<br />

Fitness und Beweglichkeit der Patienten sowie physikalische therapeutische Maßnahmen<br />

werden dabei im Allgemeinen als hilfreich im Rahmen der Therapie bei Fibromyalgie<br />

angesehen (Oliver & Cronan, 2002; Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004). Maßnahmen in<br />

diesem Bereich scheinen zudem ein größeres Gefühl der Kontrolle über die Symptomatik,<br />

insbesondere bezüglich der Schmerzen und der Erschöpfbarkeit, zu bewirken (Buckelew,<br />

Conway, Parker et al., 1998; nach Culos-Reed & Brawley, 2000) bzw. eine höhere<br />

Kontrollüberzeugung und höhere Selbstwirksamkeitserwartung gehen zusätzlich mit einem<br />

höheren Ausmaß an körperlicher Betätigung einher (Culos-Reed & Brawley, 2000). Einige<br />

Autoren konnten nachweisen, dass sich infolge bewegungstherapeutischer Behandlungen die<br />

Zahl der <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkte verringerte, die allgemeine Fitness gesteigert werden konnte<br />

und das Gefühl der Erschöpfung nachließ (Martin, Nutting, MacIntosh et al., 1996; Wigers,<br />

Stiles & Vogel, 1996). Der Beitrag von bewegungstherapeutischen Komponenten zum<br />

Therapieerfolg ist allerdings häufig im Rahmen multimodaler Therapien erhoben worden, so<br />

dass er nur schwer quantifizierbar ist (Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004). Weiterhin ist<br />

unklar, ob ein intensives Trainingsprogramm einem moderaten Training überlegen ist oder ob<br />

es über die Auslösung einer Stressreaktion eher kontraindiziert ist (Clark, Jones, Burckhardt<br />

& Bennett, 2001; nach Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004) bzw. ob im Vergleich zu ge-<br />

mäßigtem Training durch intensiveres Training eine spürbare Verbesserung des psychischen<br />

und physischen Wohlbefinden von den Patienten wahrgenommen wird (Santen, Bolwijn,<br />

29


Landewé et al., 2002). Trotz der nachgewiesenen positiven Wirkung von Bewegung bei<br />

Fibromyalgie wird vielfach über eine geringe kontinuierliche Teilnahme bzw. einen hohen<br />

Schwund bei Trainingsinterventionen berichtet (Martin, Nutting, MacIntosh et al., 1996;<br />

Wigers, Stiles & Vogel, 1996; Oliver & Cronan, 2002; Santen, Bolwijn, Landewé et al.,<br />

2002). Als Gründe für das geringe Durchhaltevermögen wird von den Betroffenen angegeben,<br />

dass derartige Trainingsprogramme als zu zeitintensiv, schmerzhaft und stressend erlebt<br />

werden bzw. dass die körperliche Erholungsphase nach einer Trainingseinheit bis zu der<br />

nächsten kaum abgeschlossen werden konnte, d.h. dass die Teilnehmer sich noch zu erschöpft<br />

für ein erneutes Training fühlten (Santen, Bolwijn, Landewé et al., 2002). Oliver und Cronan<br />

(2002) unternahmen daher den Versuch, in einer Studie mit 444 Teilnehmern Vorhersage-<br />

kriterien herauszufiltern für das jeweilige Bewegungsverhalten der Patienten. Dabei erwiesen<br />

sich eine hohe Erwartung an die eigene Übungseffizienz sowie die kontinuierliche Teilnahme<br />

an regelmäßiger Bewegung als stärkste Prädiktoren für gegenwärtiges und zukünftiges<br />

Übungs- bzw. Bewegungsverhalten. Mittels anderer Faktoren wie Alter, Berufstätigkeits-<br />

status, Depressivität, Bildungsniveau, Selbstwirksamkeitserwartung in der Bewältigung der<br />

Fibromyalgie und Größe des sozialen Netzwerks ließ sich zudem zwischen denjenigen<br />

unterscheiden, die regelmäßig an Bewegungsprogrammen teilnahmen und denen, die keinerlei<br />

sportliche Betätigung oder Bewegung ausübten. Variablen in Zusammenhang mit dem<br />

Gesundheitszustand (wie z.B. Schmerz) schienen dabei keine Rolle in der Entscheidung der<br />

Personen, an den Bewegungsprogrammen teilzunehmen, zu spielen. Komponenten, die laut<br />

Oliver und Cronan bei der Etablierung von Bewegungsprogrammen für Fibromyalgie-<br />

Patienten angesprochen bzw. berücksichtigt werden sollten, seien die eigene Übungseffizienz,<br />

das Bestehen einer Depression (in negativer Richtung) und das Vorhandensein von sozialer<br />

Unterstützung. Sie halten daher ein Behandlungsprogramm, das darauf ausgerichtet ist,<br />

Depressivität zu verringern, die Selbstwirksamkeitserwartung der Betroffenen zu erhöhen und<br />

das regelmäßige Förderung der Beweglichkeit in Gruppen beinhaltet, für Patienten mit<br />

Fibromyalgie für nützlich. Als Herausforderung bleibt jedoch die Frage nach dem „richtigen<br />

Trainingsplan für jeden Patienten“ [Übers. die Verf.] sowie die Patienten lange genug zur<br />

Teilnahme zu bewegen, dass sie die positiven Veränderungen, die mit der körperlichen<br />

Betätigung einhergehen, wahrnehmen können (Clark, Jones, Burckhardt & Bennett, 2001;<br />

zitiert nach Oliver & Cronan, 2002; S. 388).<br />

Allgemein kann also festgehalten werden, dass der Stellenwert körperlicher Aktivierung bei<br />

Fibromyalgie anerkannt wird, aber die Form und das Ausmaß im Einzelnen bislang umstritten<br />

geblieben sind.<br />

30


Aspekt: Ernährung<br />

Im Rahmen chronischer rheumatischer Erkrankung und Ernährung ist vor allem zu<br />

berücksichtigen, dass diese Patienten aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität und teilweise<br />

auch durch psychische Faktoren bedingt einen veränderten Nährstoffbedarf haben als<br />

Gesunde. Gleichzeitig kommt dem Essen als verbleibender Genussfaktor ein besonderer<br />

Stellenwert zu. Der zentrale Ansatz der bisher gesicherten Möglichkeiten einer Ernährungs-<br />

therapie bei rheumatischen Erkrankungen zielt auf die Verminderung des entzündlichen<br />

Geschehens durch eine entsprechend veränderte Ernährung. Zum einen soll so der Krank-<br />

heitsverlauf positiv beeinflusst werden, zum anderen weitere gesundheitliche Risiken, die<br />

durch die für diese Erkrankungen kennzeichnenden entzündlichen Prozesse begünstigt werden<br />

(z.B. erhöhtes Osteoporoserisiko, Vitamin E-Mangel), ausgeräumt werden (Adam, 2001). Wie<br />

unter 2.1.1. angeführt, spielen bei der Fibromyalgie trotz der Zuordnung zu den rheuma-<br />

tischen Erkrankungen jedoch entzündliche Prozesse keine Rolle. Allerdings leiden viele der<br />

Patienten unter einer Reizdarm-Symptomatik oder anderen Problemen im Magen-Darm-<br />

bereich, so dass zu einer Steigerung des körperlichen und des psychischen Wohlbefindens<br />

eine Linderung in diesem Bereich als bedeutsam angesehen werden muss.<br />

Während für verschiedene rheumatische Erkrankungen sehr konkrete Ernährungsrichtlinien<br />

erarbeitet wurden (z.B. Adam, 2001), ist dies für Fibromyalgie als Erkrankungsbild noch<br />

nicht der Fall. Zwar wird die Ernährung oft im Rahmen von Patienteninformationen oder in<br />

Empfehlungen innerhalb von Selbsthilfeliteratur thematisiert, jedoch gibt es noch wenig<br />

Forschung in diesem Bereich. Meist wird allgemein auf vegetarische Kost verwiesen (z.B.<br />

<strong>Weiss</strong>, 2001). Zudem stellen einige Autoren bei den betroffenen Patienten gehäuft<br />

Nahrungsmittelunverträglichkeiten fest (Block, 1993; nach Berg, 1999a). Einige Autoren<br />

haben daher der Ernährungstherapie im Rahmen von Behandlungsmaßnahmen bei Fibro-<br />

myalgie bereits einen festen Platz zugewiesen: So wird bereits in Berg als abschließendes<br />

Fazit 1999 nach Empfehlungen für (Pharmako)Therapiemaßnahmen unter den Empfehlungen<br />

für „Begleitende Maßnahmen“ „Ernährungsumstellung“ an erster Stelle genannt, wobei hier<br />

erwähnenswert ist, dass dies aus einer Blickrichtung geschieht, die sich vor allem mit der<br />

Gegenüberstellung von Symptomen bei Fibromyalgie und Chronischem Müdigkeitssyndrom<br />

beschäftigt (der Nähe bzw. Abgrenzung dieser beiden Krankheitsbilder zueinander) und<br />

ebenfalls die Nähe zum Beschwerdebild beim Colon irritabile (hierbei ist die<br />

Schmerzsymptomatik auf den Darmbereich begrenzt) betont. Lammers und Gallhofer (1999)<br />

sprechen sich für diätetische Maßnahmen zur Wiederherstellung des gastro-intestinalen<br />

Gleichgewichts aus, da die chronische Reizung des Magen-Darm-Bereichs und auch die<br />

31


chronische Einnahme bestimmter Medikamente sich auch auf die Indikationsstellung bei einer<br />

medikamentösen Therapie auswirken können. Ernährung findet zusätzlich auch im Zu-<br />

sammenhang mit den vielfach berichteten Schlafstörungen vieler Fibromyalgie-Patienten<br />

Erwähnung. Zum Beispiel wird den Betroffenen empfohlen, Substanzen, die sich auf das<br />

Schlafverhalten auswirken können (wie Koffein und Alkohol), zu vermeiden (Berg, 1999b;<br />

Murtagh, 2003). Andere Autoren bringen bestimmte Nahrungsmittel bzw. Ernährungsweisen<br />

außer mit Schlaf und Schmerz im Magen-Darmbereich auch mit Schwellungen in Zusammen-<br />

hang (Mengshoel, Forseth, Haugen et al., 1995; <strong>Weiss</strong>, 2001). So können zum Beispiel<br />

bestimmte Aspekte der Ernährung auch daraufhin ausgerichtet werden, dass die Ausbildung<br />

von Lymphödemen verringert wird bzw. eine Entwässerung gefördert wird (<strong>Weiss</strong>, 2001).<br />

Störungen im Verdauungssystem verhindern zudem die Aufnahme bestimmter Aminosäuren,<br />

die zur Bildung des Neurotransmitters Serotonin benötigt werden, der mit Stimmungs-<br />

schwankungen, Schlafstörungen, Schmerzen sowie verschiedenen vegetativen Beschwerden<br />

zusammenhängt und bei einer Subgruppe von Fibromyalgie-Patienten bereits nur erniedrigt<br />

zur Verfügung steht (<strong>Weiss</strong>, 2000). Mengshoel und Haugen fanden 2001, dass 27% der<br />

Fibromyalgie-Betroffenen diätetische Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen sowie eine<br />

„gesunde Diät“ durchführen.<br />

Aspekt: Entspannung<br />

Chronische Schmerzerkrankungen führen sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer<br />

Ebene in der Regel zu erheblicher Anspannung: Die körperliche Anspannung ist zunächst auf<br />

den erlebten Schmerz zurückzuführen. Zusätzlich können mit der Zeit Schon- und Fehl-<br />

haltungen sowie eine verringerte Mobilität dazu führen, dass geringe Kraftaufwendungen oder<br />

Bewegungsabläufe mit vermehrter Erschöpfung oder wiederum verstärktem Schmerz ein-<br />

hergehen. Die Betroffenen neigen allgemein dazu, bestimmte Muskelpartien zu stark an-<br />

zuspannen bzw. nicht mehr für eine ausreichende Entspannung zu sorgen. Mit der veränderten<br />

körperlichen Wahrnehmung geht in Folge der Erkrankung zudem einher, sich nicht mehr auf<br />

einen gesunden Ausgangszustand hin orientieren zu können (siehe Aspekt: Körperliche<br />

Betätigung, S. 28ff). Zusätzlich leiden an Fibromyalgie-Erkrankte vermehrt unter psychischer<br />

Anspannung: Gefördert wird diese durch die Unsicherheit der gesamten Situation, in der sich<br />

die Betroffenen befinden: Die Krankheitsursachen gelten als unbekannt. Die Zeit bis zur<br />

Diagnosestellung ist sehr lange und erfordert meist einen mühsamen Weg durch verschiedene<br />

Institutionen. Auch die Behandlung ist noch unbefriedigend erforscht und muss am Einzelfall<br />

ansetzen. In sozialen Bezügen (Arbeit, Familie, Freizeit) sehen sich Betroffene mit Schwierig-<br />

32


keiten bei der Vermittlung der eigenen Situation konfrontiert und fühlen sich oft dabei allein<br />

gelassen. Hinzu kommen Situationen psychischer Belastung und Anspannung durch Unklar-<br />

heiten bzgl. der Ätiologie und Behandlung, Unzufriedenheit mit der ärztlichen Betreuung<br />

bzw. weiteren medizinischen Versorgungssystemen, Einschränkung oder Verlust der Er-<br />

werbsfähigkeit und Rückzug aus dem sozialen Leben etc. (s. Aspekt: Kognitiv-emotionale<br />

Ansätze). Die Fähigkeit, psychisch wie körperlich trotz Schmerzerkrankung entspannen zu<br />

können, kann damit als ein wesentlicher Faktor einer gelingenden Krankheitsbewältigung bei<br />

Fibromyalgie angesehen werden. Die muskuläre Entspannung ist dabei ein wesentliches Ziel<br />

im Rahmen der Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen am Bewegungsapparat als<br />

Voraussetzung des Vermeidens von Schonhaltung und Dekonditionierung mit allen daraus<br />

resultierenden schmerzverstärkenden Folgen. Entspannungsverfahren sind dazu geeignet, vom<br />

Schmerz abzulenken und in Stresssituationen eine Tonuserhöhung der Muskulatur entweder<br />

zu verringern oder sogar zu verhindern (Keel, 1999). Im Rahmen einer erfolgreichen<br />

Muskelentspannung gehen zudem auch andere Anzeichen körperlicher Unruhe und Erregung<br />

zurück, so dass muskuläre Entspannung auch einen Beitrag zur Verringerung seelischer<br />

Anspannung leistet (Basler, 2001). Auch im Rahmen der Empfehlungen des Arbeitskreises<br />

Fibromyalgie der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) wurde 2001<br />

Entspannungstraining als ein als wesentlich erachteter Teil der Behandlung aufgeführt.<br />

Entspannungsverfahren werden häufig als ein Behandlungsmodul im Rahmen multimodaler<br />

Behandlungsprogramme bei Fibromyalgie eingesetzt (Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004).<br />

Aspekt: Verhaltensmedizinische Ansätze:<br />

„In der Yale-Konferenz zur Verhaltensmedizin (...) wurde die Verhaltensmedizin als ein<br />

interdisziplinäres Gebiet definiert, dem es um die Integration der Verhaltens- und der<br />

biomedizinischen Wissenschaft bei der Erforschung von Krankheit und Gesundheit und der<br />

Behandlung von Krankheiten geht.“ (Flor, 1991; S. 2). Die behaviorale Perspektive auf<br />

chronischen Schmerz wird also mit den biophysiologischen und medizinischen Erkenntnissen<br />

verbunden. Verhaltensorientierte Verfahren im Rahmen psychologischer Schmerztherapie<br />

haben allgemein „die Steigerung bzw. Modifikation von sozialer Kompetenz, Belastbarkeit,<br />

Kondition und Aktivität“ zum Ziel (Ruoß, 1998; S. 133). Schmerzkompatible Verhaltens-<br />

weisen wie Schonhaltungen, Vermeidungsverhalten oder Klagen, sollen abgebaut werden und<br />

im Gegenzug schmerzinkompatible Verhaltensweisen wie die Steigerung sozialer und<br />

körperlicher Aktivitäten aufgebaut werden (Ruoß, 1998). Ein weiteres Ziel ist die Reduktion<br />

der Medikamenteneinnahme (Flor, 1991). Zu den verhaltensmedizinischen Behandlungs-<br />

33


ansätzen gehören z.B. Verfahren der operanten Schmerzbehandlung, bei denen die Kontrolle<br />

externer Verstärker eine wichtige Rolle spielt und die daher meist stationär durchgeführt<br />

werden. So wird zum Beispiel mit Quotenplänen zur Steigerung der körperlichen Aktivität<br />

gearbeitet oder die Medikamenteneinnahme wird zeitkontingent unabhängig von der<br />

Schmerzstärke verabreicht (Flor, 1991). Als problematisch ist bei diesen Ansätzen zu be-<br />

werten, dass die Wegnahme der Verstärkung meist zu einem Nachlassen der erwünschten<br />

Wirkung führt, was eine Aufrechterhaltung der Erfolge außerhalb des stationären Rahmens<br />

wenig wahrscheinlich macht. Dennoch berichten einige Autoren signifikante und stabile<br />

positive Veränderungen (Reduktion der Schmerzintensität, Reduktion der Medikamenten-<br />

einnahme, Abnahme des Schmerzverhaltens und weitere) in der Behandlung von Fibro-<br />

myalgie mit einer operanten Vorgehensweise auch noch sechs und 15 Monate nach der<br />

stationären Behandlung (Thieme, Gromnica-Ihle & Flor, 2003).<br />

Auf dem Modell des respondenten Lernens basieren Entspannungs- und Biofeedback-<br />

Verfahren. Sie werden im Sinne von Stressbewältigungstrainings oder zur Reduktion des<br />

Schmerz-Spannungs-Zirkels eingesetzt. Dabei zeigen neuere Ergebnisse der Schmerz-<br />

forschung, dass die Wirkung von Biofeedback möglicherweise nicht durch die erlernte<br />

Abnahme von Muskelspannung, sondern durch die Veränderung kognitiv-evaluativer und<br />

affektiv-motivationaler Komponenten zustande kommt (nach Flor, 1991). Der Einsatz von<br />

Biofeedback ist relativ aufwendig und bietet sich nur bedingt bei einer wechselnden, schub-<br />

weisen und großflächigen Schmerzsymptomatik an. Dennoch berichten einige Autoren eine<br />

Abnahme an aktiven <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkten, der allgemeinen Schmerzsymptomatik sowie der<br />

Morgensteifigkeit (Ferraccioli, Ghirelli, Scita et al., 1987; Sarnoch, Adler & Scholz, 1997;<br />

nach Leventhal, 1999). Eine nachfolgende Studie konnte dagegen keinerlei Nutzen <strong>eines</strong> Bio-<br />

feedback-Programms nachweisen. Und trotz einer geringen drop-out-Quote von 14%, werte-<br />

ten nahezu alle Teilnehmer den Aufwand der zweimal täglich durchzuführenden Prozedur als<br />

nicht leistbar (Santen, Bolwijn, Verstappen et al., 2002). Als Entspannungsverfahren kommen<br />

meist eine verkürzte Form der Progressiven Muskelrelaxation oder Formen autogenen<br />

Trainings zur Anwendung (Keel, 1999). Da Entspannungsverfahren meist in Kombination mit<br />

anderen therapeutischen Maßnahmen zum Einsatz kommen, ist ihr Beitrag bzw. der genaue<br />

Wirkmechanismus trotz nachweislicher positiver Effekte ungeklärt (Martin, Nutting,<br />

MacIntosh et al., 1996; Buckelew, Conway, Parker et al., 1998, nach Sim & Adams, 2002;<br />

Keel, Bodoky, Gerhard et al., 1998; siehe auch Aspekt: Entspannung).<br />

Weitere Ansätze zielen darauf ab, den Betroffenen andere als die gewohnten Bewegungs-<br />

abläufe erfahrbar zu machen, mit dem Ziel, das in der Regel eingeschränkte Körperbewusst-<br />

34


sein wieder zu steigern und die Muskelanspannung während der Verrichtung von alltäglichen<br />

Aktivitäten zu verringern (Mengshoel, Forseth, Haugen et al., 1995; Gustafsson, Ekholm &<br />

Broman, 2002).<br />

Aspekt: Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze:<br />

Die Grundannahme des kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatzes besagt, dass für die<br />

Schmerzerfahrung neben dem Schmerzverhalten auch die kognitive Bewertung der Schmer-<br />

zen essentiell ist und zwar bei allen Arten von Schmerz. Sensorische, affektive, kognitive und<br />

verhaltensbezogene Komponenten tragen zum Schmerzerleben bei. Der Prozesscharakter<br />

chronischer Schmerzen wird mit einbezogen, indem davon ausgegangen wird, dass Schmerz-<br />

patienten Erfahrungen der Hilflosigkeit und Unkontrollierbarkeit gemacht haben und negative<br />

Erwartungen bezüglich ihrer Heilungschancen ausgebildet haben. Auch bezüglich der<br />

Fähigkeit, selbst etwas gegen die Schmerzen tun zu können, besteht eine negative Er-<br />

wartungshaltung, so dass sich im kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz als primäres<br />

Behandlungsziel die Förderung der Selbstkontrolle und der Eigenaktivität des Patienten<br />

ergibt: Gefühle der Hilflosigkeit sollen abgebaut und Kompetenzvertrauen aufgebaut werden.<br />

Damit geht eine Förderung der Eigenverantwortung des Patienten einher. Basis der kognitiv-<br />

verhaltenstherapeutischen Behandlung bei chronischem Schmerz ist der Aufbau von aktiven<br />

Bewältigungsstrategien (nach Flor, 1991). Verfahren, die hierbei zum Einsatz kommen, sind<br />

aktiv, verhaltensbezogen, zeitlich begrenzt und strukturiert (Holzman, Turk & Kerns, 1986;<br />

nach Flor, 1991). „In Zusammenhang mit Schmerz werden als aktive Bewältigungsstrategien<br />

alle Anstrengungen bezeichnet, die darauf abzielen, trotz der Schmerzbelastungen am<br />

täglichen Leben teilzunehmen“ (Ruoß, 1998; S. 99). Passive Bewältigungsstrategien dagegen<br />

sind dadurch gekennzeichnet, dass der Patient sich ausschließlich in die Abhängigkeit von<br />

anderen bei seiner Schmerzkontrolle begibt und seine alltäglichen Aktivitäten durch sozialen<br />

Rückzug beschränkt. Für Coping, das heißt die Bewältigung von Anforderungen, die an oder<br />

über die Belastungsgrenzen von Personen gehen, spielen Überzeugungen, Einstellungen und<br />

Bewertungen eine große Rolle (ebda.). „Copingverhalten in Zusammenhang mit Schmerz ist<br />

demzufolge immer als ein kognitiver Vorgang zu sehen, bzw. als ein Prozeß, der wesentliche<br />

kognitive Elemente enthält“ (ebda., S. 106). Zusätzlich besteht ein Zusammenhang zwischen<br />

der Verfügbarkeit von kognitiv-behavioralen Bewältigungsstrategien und dem Ausmaß, in<br />

dem sich Schmerzpatienten beeinträchtigt fühlen (Keel, 1999). In kognitiv-verhaltensthera-<br />

peutischen Ansätzen werden kognitive Interventionen mit weiteren, auf die Veränderung des<br />

Verhaltens des Patienten bezogenen Elementen wie Entspannungstraining, dem Aufbau<br />

35


sozialer Fertigkeiten, Problemlösetraining oder der Förderung <strong>eines</strong> effektiven Umgangs mit<br />

Stress, verbunden (Weber, 1994). So können zum Beispiel belastungsintensivierende Ge-<br />

danken, die häufig automatisch ablaufen, erst einmal bewusst gemacht werden. In einem<br />

nächsten Schritt können diese Wahrnehmungsmuster dann auf ihre Gültigkeit durch gezieltes<br />

Experimentieren im Alltag geprüft werden und gegebenenfalls modifiziert werden (Weber,<br />

1994). Ziel ist hierbei, die dem Verhalten vorausgehenden oder nachfolgenden Kognitionen<br />

derart zu verändern, dass ein günstigeres Verhalten im Rahmen der Krankheitsbewältigung<br />

möglich wird. Durch Ausüben von verändertem Verhalten soll wiederum Einfluss auf die<br />

Gedanken, Einstellungen und Wertungen genommen werden, so dass durch Veränderung der-<br />

selben langfristig ein im Umgang mit der chronischen Erkrankung günstigeres Verhaltens-<br />

repertoire entsteht und über die Behandlung hinaus auch im Alltag beibehalten wird.<br />

Selbstkontrolltechniken aus der Verhaltenstherapie wie beispielsweise Schmerz- oder Stress-<br />

bewältigungstechniken, kognitive Neubenennung, Selbstsicherheitstraining, können bei der<br />

Behandlung von Fibromyalgie eingesetzt werden (Keel, 1998, nach Keel, 1999) und sind<br />

zudem gut mit weiteren Therapietechniken wie zum Beispiel Physiotherapietechniken<br />

kombinierbar (Keel, 1999). Allgemein empfiehlt sich ein an der Schmerzsymptomatik<br />

orientierter kognitiv-verhaltenstherapeutischer Zugang bei Fibromyalgie-Betroffenen, da<br />

derzeit keinerlei Ursachenbehandlung erfolgen kann und die Behandlung daher im<br />

Wesentlichen symptomatisch ausgerichtet ist (Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004) und zudem<br />

für einsichtsorientierte Verfahren oft und vor allem zu Beginn einer Behandlung keine<br />

Bereitschaft bei den Betroffenen vorliegt (Keel, 1998).<br />

Aspekt: Kognitiv-emotionale Ansätze:<br />

Unter gesundheitsbezogenen Kognitionen werden einzelne Konstrukte, Schemata, aber auch<br />

Verhaltensmodelle, nach denen gesundheitsbezogenes Verhalten ausgerichtet wird, verstand-<br />

en. Im Rahmen der Bewältigung einer bereits vorhandenen chronischen Erkrankung spielt<br />

durchaus eine Rolle, wie optimistisch der Betroffene bezüglich der Behandlungsmöglich-<br />

keiten ist, für wie bedrohlich er die Krankheit für seine Lebensqualität einschätzt, wie stark er<br />

davon überzeugt ist, Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung zu haben (Kontrollüberzeu-<br />

gung), für wie fähig er sich hält, die sich bietenden Behandlungsmaßnahmen auch ausüben zu<br />

können (Selbstwirksamkeitserwartung), wie Symptome wahrgenommen und interpretiert<br />

werden (Symptomwahrnehmung), worauf die Erkrankung zurückgeführt wird (Attributionen<br />

und Attributionsstile) usw. (Weber, 1994). Diese kognitiven Aspekte interagieren dabei mit<br />

Emotionen in vielfältiger Weise: so kann Angst beispielsweise die Interpretation von wahr-<br />

36


genommenen Symptomen beeinflussen, aber auch wahrgenommene Symptome können Angst<br />

hervorrufen (Leventhal, Diefenbach & Leventhal, 1992, nach Weber, 1994). Auf diesen Sach-<br />

verhalt zielen Behandlungsmaßnahmen, die dazu geeignet sind, bestehende Kognitionen und<br />

Emotionen bezüglich der Erkrankung in günstiger Weise zu beeinflussen, so dass eine bessere<br />

Krankheitsbewältigung wahrscheinlicher wird. In diesen Bereich gehören beispielsweise<br />

Ansätze der Information über die Erkrankung und ihre Begleit- und Folgeerscheinungen,<br />

edukative Elemente, in denen eine veränderte Selbstwahrnehmung geschult wird usw.<br />

Kognitive Strategien können beispielsweise daraufhin überprüft werden, ob ihnen für die<br />

Schmerzbewältigung günstigere Reaktionen folgen könnten, um in Folge der veränderten<br />

kognitiven Strategie das Gefühl der Selbstkontrolle zu erhöhen (Keel, 1999). Zentrale Kenn-<br />

zeichen der Situation, in der sich von Fibromyalgie Betroffene befinden (unbekannte<br />

Krankheitsursachen, unklare Behandlung, Schwierigkeit im Rahmen der sozialen Vermittlung<br />

und Auseinandersetzung bezüglich des Krankheitsbildes und Stellenwerts der Erkrankung,<br />

sich nicht ernst genommen fühlen etc.) führen meist zum Erleben von Kontrollverlust bzw.<br />

Gefühlen von Ohnmacht und Hilflosigkeit und können zu erhöhter Ängstlichkeit bzw.<br />

Depression führen (Offenbaecher, Glatzeder & Ackenheil, 1998). Innerlich haben die Be-<br />

troffenen oft mit Schuld- und Scham-Konflikten zu tun bzw. neigen zu Selbstentwertung<br />

(Eich, 1998). Im Rahmen von Behandlungsansätzen bei Fibromyalgie wurde zudem früh<br />

durch Ergebnisse einiger Studien nahe gelegt, dass es sich bei den Betroffenen um Personen<br />

mit in dieser Hinsicht ungünstigen Persönlichkeitszügen handeln könnte: Einige Autoren<br />

konnten innerhalb der von ihnen untersuchten Fibromyalgie-Patienten eine Neigung zum<br />

Perfektionismus, hoher Leistungsmotivation und ähnlicher Merkmale feststellen (Keel, 1999;<br />

Houdenhove, Neerinckx, Onghena et al., 2001). Auch wenn diese Persönlichkeitsmerkmale<br />

heute nur für einen Teil der Betroffenen in überdurchschnittlichem Ausmaß zuzutreffen<br />

scheinen, könnte für eine solche Untergruppe an Betroffenen das Erlernen von veränderten<br />

Strategien im Umgang mit Anforderungen besonders hilfreich sein. Für einen erfolgreichen<br />

Umgang mit einer chronischen Erkrankung ist es unumgänglich, dass die Betroffenen lernen,<br />

trotz der Tatsache der Erkrankung - für Fibromyalgie-Betroffene sogar trotz ungeklärter Ur-<br />

sachen und ungünstiger Prognose - die Lebensqualität steigern zu können durch das Erlernen<br />

günstigerer Einstellungen, veränderter kognitiver Strategien und einer Erweiterung oder<br />

Veränderung des Bewältigungsverhaltens. Berg führte bereits 1999 Entspannungstechniken<br />

als begleitende Maßnahmen mit besonderem Hinweis auf Stressbewältigung, zum Beispiel<br />

über das Erlernen, häufiger Nein zu sagen, auf. Andere Autoren weisen ausdrücklich darauf<br />

hin, wie wichtig es für Fibromyalgie-Betroffene ist, sich selbst im Rahmen <strong>eines</strong> Behand-<br />

37


lungskonzepts nicht durch übersteigerte Ansprüche an sich und den Behandlungserfolg zu<br />

überfordern (<strong>Weiss</strong>, 1997; Hoffmann & Lindner, 1999). Allgemein wird der Erwerb einer<br />

neuen Sichtweise der Person in ihrem Umgang mit dem Schmerz in diesen Ansätzen ange-<br />

strebt. Dazu gehört auch die Vermittlung von Krankheitswissen (Langer & Mattussek, 1990;<br />

Ruoß, 1998). Gerade Patienten mit rheumatischen Erkrankungen haben oft erhebliche<br />

Informationsdefizite über ihre Erkrankung. Dies wirkt sich ungünstig auf ihre Mitarbeit und<br />

Behandlungszufriedenheit aus (Langer & Mattussek, 1990). Abhilfe soll eine gezielte, pro-<br />

blembezogene Patientenschulung im Sinne einer Psychoedukation zu mehr Selbstmanage-<br />

ment schaffen. Das Erkennen bestimmter Zusammenhänge und Möglichkeiten der Be-<br />

einflussung führt z.B. dazu, dass das Leiden unter der Fibromyalgie voraussagbarer und<br />

teilweise kontrollierbarer erlebt wird und dadurch seinen beunruhigenden Charakter verliert<br />

(Wallace, 1997; Keel, 1999). Die Vermittlung kognitiver Strategien, vor allem von aktiven<br />

Ablenkungsstrategien (z.B. von erholsamen oder begeisternden Freizeitaktivitäten etc.), hat<br />

sich ebenfalls als günstig erwiesen (Keel, 1999). Einer höheren Selbstwirksamkeitserwartung<br />

bezüglich der Fähigkeit, physisches Training bewerkstelligen zu können, konnte ein aktivie-<br />

render Einfluss auf das gegenwärtige und zukünftige physische Betätigungsverhalten<br />

nachgewiesen werden (Oliver & Cronan, 2002).<br />

Aspekt: Setting<br />

Das Setting stellt den Rahmen, in dem die Behandlung stattfindet. Eine Behandlung kann in<br />

Form einer Einzel- oder Gruppentherapie, ambulant oder stationär und in den betreffenden<br />

Kombinationsmöglichkeiten stattfinden. Wichtig ist dabei bei chronischen Schmerzerkran-<br />

kungen, dass alle Formen als Anleitung für die Selbsthilfe im alltäglichen Management zu<br />

verstehen sind. Das Einzelsetting bietet den Vorteil, individueller auf den Betroffenen ein-<br />

gehen zu können und psychotherapeutisch aufdeckender zu arbeiten. Vielfach wird gerade<br />

dies von den Fibromyalgie-Patienten jedoch eher abgelehnt, da oft aufgrund des Krankheits-<br />

verlaufs unzufriedene Arzt-Patienten-Beziehungen vorausgehen (Eich, 1998) und allgemein<br />

es dieser Patientengruppe leichter fällt, von einer körperlichen Symptomatik auszugehen und<br />

an dieser mit der Behandlung anzusetzen (Keel, 1999). Stationär kann eine medikamentöse<br />

Einstellung unter stärkerer Kontrolle stattfinden (z.B. gezielte Gabe lokaler Schmerzmittel<br />

etc.). Ambulante Therapie hat den Vorteil, dass die Betroffenen nicht noch stärker aus ihren<br />

gewohnten sozialen Bezügen genommen werden und die Übertragbarkeit von Behandlungs-<br />

maßnahmen in den Alltag in der Regel leichter fällt (Basler & Rehfisch, 1989). Behand-<br />

lungsmaßnahmen in Gruppen, ob im professionellen oder im Laienkontext, bieten gegenüber<br />

38


der individuellen Behandlung durch den Arzt den Vorteil des Erfahrungsaustausches unter<br />

Betroffenen. Der Betroffene kann die wichtige Erfahrung machen, mit seiner Leidens-<br />

geschichte nicht allein zu sein (Keel, 1999), findet Mitgefühl und Verständnis, dass von der<br />

gesunden Umgebung oft nicht in gleichem Ausmaß gegeben werden kann, erfährt womöglich<br />

für die eigene Behandlung nützliche Behandlungs- oder Versorgungshinweise etc. Erfolg-<br />

reiche Patienten können darüber hinaus als Modell für andere dienen und dadurch<br />

motivationsfördernd wirken (Keel, 1998). Für Betroffene, die sich aufgrund der Erkrankung<br />

aus dem Erwerbsleben und/oder dem sozialen Leben zurückziehen, stellt eine Gruppen-<br />

therapie bzw. die Teilnahme an Selbsthilfegruppen zudem eine Erweiterung und Stützung des<br />

Sozialen Umfeldes dar. Zusätzlich fördert die Darbietung von Programminhalten in Gruppen,<br />

dass diese Informationen besser behalten werden (s. auch 2.3.4.). Als begleitende Maßnahme<br />

im Rahmen der Behandlung von Fibromyalgie wird daher oft auch die Teilnahme an Selbst-<br />

hilfegruppen empfohlen (z.B. Berg, 1999b).<br />

2.3. Verhaltensmedizinische Intervention: Das 12-Wochen-Programm<br />

Das 12-Wochen-Programm (<strong>Weiss</strong>, 2000) ist als strukturiertes Selbsthilfeprogramm<br />

insbesondere für Fibromyalgie-Patienten konzipiert. Es kann den verhaltensmedizinischen<br />

Interventionen zugerechnet werden, da dem Programm eine bio-psycho-soziale Perspektive<br />

auf das Krankheitsbild Fibromyalgie zugrunde liegt. Es stellt somit auch ein Beispiel für eine<br />

multidimensionale Intervention bei Fibromyalgie dar, da auf verschiedenen Ebenen gleich-<br />

zeitig in der Behandlung angesetzt wird. Mithilfe von einzelnen Maßnahmen (wie z.B. Er-<br />

nährungsumstellung, spezifischen Gymnastikübungen etc.) werden den Teilnehmern verteilt<br />

auf zwölf Wochen Verhaltensweisen vermittelt, die zu einer besseren Schmerz- und Krank-<br />

heitsbewältigung führen sollen. Der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung von aktiven Be-<br />

wältigungsstrategien. Detaillierte Beschreibungen des 12-Wochen-Programms finden sich bei<br />

Schmidt (2003) und Franetzki (2003) bzw. im Handbuch für Gruppenleiterinnen (<strong>Weiss</strong>,<br />

2000) oder dem Buch „Das Fibromyalgie-Programm“ (<strong>Weiss</strong>, 2000). Hier sollen Durch-<br />

führung und Bausteine des Programms nur kurz beschrieben werden.<br />

2.3.1. Hintergrund und Zielsetzungen<br />

Das 12-Wochen-Programm kann aufgrund seiner multimodalen, interdisziplinären Zu-<br />

sammensetzung der Inhalte der Verhaltensmedizin zugeordnet werden. Gymnastik- und Ent-<br />

spannungsübungen setzen an der körperlichen Problematik der bestehenden Schmerz-<br />

symptomatik mit der Gefahr der Schonung und Dekonditionierung an und sind Versuche,<br />

39


diesen gezielt entgegenzuwirken. Die Behandlung psychologischer Themen zum Umgang mit<br />

fibromyalgiespezifischen Problemen beinhaltet sowohl die Vermittlung von Krankheitswissen<br />

im Sinne von Information als auch die Vermittlung und Ermöglichung individueller Auf-<br />

deckung von Zusammenhängen psychischer, kognitiver und körperlicher Mechanismen im<br />

Zusammenhang mit der Erkrankung, die als psychoedukative Maßnahme gewertet werden<br />

kann. Alle Maßnahmen sind dazu geeignet, die Eigenaktivität der Betroffenen in Hinsicht auf<br />

eine Professionalisierung der Patientenselbsthilfe zu fördern. Grundorientierung soll das<br />

Lernen am Erfolg in der Gruppe sein. Am Anfang der Treffen sollten daher die Erfahrungen<br />

der letzten Woche der Teilnehmenden stehen, die aufzeigen können, wie Probleme am<br />

ehesten überwunden worden sind. Der Eindruck der Unbeeinflussbarkeit des Beschwerdebilds<br />

mit daraus resultierender Hilflosigkeitserwartung soll abgebaut werden und systematisch hilf-<br />

reiche Bewältigungs- und Entlastungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Die Gruppen sollen<br />

lernen, „an Lösungen zu arbeiten und Schwierigkeiten als Aufgabe zu begreifen“ (<strong>Weiss</strong>,<br />

2000, S. 16). Der Schwerpunkt liegt somit auf einer Ressourcen- und Lösungsorientierung bei<br />

der Gruppenarbeit. Durch Einbeziehung des Partners oder <strong>eines</strong> nahen Angehörigen wird<br />

sowohl die Bedeutung sozialer Unterstützung bei der Bewältigung chronischer Schmerz-<br />

erkrankungen als auch die Belastung, die durch die Erkrankung in der Regel auf die<br />

Beziehung wirkt, berücksichtigt. Hausaufgaben stellen ein probates Mittel zur Verbesserung<br />

der Selbstbeobachtung dar und können helfen, Faktoren, die die Schmerzsymptomatik be-<br />

einflussen, aufzudecken (Keel, 1998). Dem gleichen Ziel dient auch die Selbstbeobachtungs-<br />

übung. Als allgem<strong>eines</strong> Ziel kann für alle Elemente des Programms angesehen werden, dass<br />

die subjektive Wahrnehmung der Einflussnahme auf die Beschwerden gesteigert werden soll.<br />

2.3.2. Inhalte des 12-Wochen-Programms<br />

Kernpunkte des 12-Wochen-Programms sind die<br />

• Ernährungsumstellung, die aus zwei Wochen Schonkost, zwei Wochen erweiterter<br />

Schonkost, zwei Wochen Übergangskost und danach „normaler Ernährung besteht,<br />

• Dehnübungen,<br />

• Gymnastik in mehreren Stufen,<br />

• Entspannungsübungen und<br />

• 4 Themenblöcke (Umgang mit dem eigenen Körper, Umgang mit der eigenen Person,<br />

Umgang mit Partnerschaft und Beziehungen, Umgang mit Schmerz).<br />

40


Im Folgenden sollen die Inhalte der einzelnen Bausteine kurz wiedergegeben werden:<br />

Ernährungsumstellung<br />

Bei der Ernährungsumstellung handelt es sich um einen schrittweisen Ernährungsaufbau, der<br />

einem bestimmten Zeitplan folgen sollte: zwei Wochen Schonkost (Hauptbestandteil:<br />

gekochte Getreidemahlzeiten; reichlich Mineralwasser und Tee), zwei Wochen erweiterter<br />

Schonkost, zwei Wochen Übergangskost und sechs Wochen „normale Ernährung“. Die erste<br />

Stufe wird als entscheidend angesehen und sollte 14 Tage dauern. Es kann dabei zu einem<br />

Gewichtsverlust von 3 bis 6 Kilo kommen. Zu den einzelnen Ernährungsstufen werden den<br />

Teilnehmern je Informationen gesondert ausgeteilt. Nähere Angaben zu den einzelnen<br />

Ernährungsphasen stehen zudem im Buch „Das Fibromyalgie-Programm“ (<strong>Weiss</strong>, 2000).<br />

Dehnübungen<br />

Die Teilnehmer des Programms sehen sich gemeinsam die Video-Kassette mit den<br />

Dehnübungen an und machen die Übungen gleichzeitig mit (am 1. und 2. Treffen). Die<br />

Übungen sollen dabei so gut, wie es bei dem jeweiligen Gesundheitszustand der Teilnehmer<br />

geht bzw. möglich ist, ausgeführt werden. Für das tägliche Durchführen der Übungen zu<br />

Hause erhalten die Teilnehmer je ein Videoband.<br />

Selbstbeobachtungsübung<br />

Die Selbstbeobachtungsübung des Körpers wird ebenfalls gemeinsam in der Gruppe durch-<br />

geführt (1. Treffen). Sie ist auf der CD enthalten. Sie dauert nur wenige Minuten und sollte<br />

täglich zu Hause durchgeführt werden. Für die Durchführung zu Hause haben die Teil-<br />

nehmerinnen im Rahmen der Studie je eine CD bzw. eine überspielte Kopie auf Musik-<br />

kassette erhalten. Ziel der Selbstbeobachtungsübung ist die eigene Körperwahrnehmung in<br />

Bezug auf vorhandene Verspannungen und Schmerzen sowie Anspannung und Entspannung<br />

zu fördern.<br />

Gymnastikübungen<br />

Auch die Gymnastikübungen sollen entsprechend den eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten<br />

durchgeführt werden. Sie werden ab dem 3. Treffen bei jedem Treffen mit Ausnahme des<br />

Partnertreffens gemeinsam in der Gruppe nach Video-Kassette durchgeführt. Teilweise<br />

werden dabei für die Übungen Gymnastikbälle oder –bänder benötigt. Die Übungen wurden<br />

speziell für Fibromyalgie-Betroffene entwickelt bzw. zusammengestellt.<br />

41


Entspannungsübungen<br />

Die Entspannungsübungen werden ab dem 2. bis einschließlich dem 12. Treffen mit<br />

Ausnahme des Partnertreffens immer in der Gruppe gemeinsam durchgeführt. Dabei handelt<br />

es sich um teilweise die gleichen, teilweise unterschiedliche Übungen an den verschiedenen<br />

Treffen. Die Abfolge der Übungen nach der CD ist im Handbuch vorgegeben. Die Übungen<br />

basieren auf der Progressiven Muskelentspannung.<br />

Psychologische Themen<br />

Die Themen werden schrittweise von den Gruppenleiterinnen zur Diskussion gestellt und in<br />

Kleingruppen von zwei bis drei Personen bearbeitet. Die Ergebnisse werden stichwortartig,<br />

zum Beispiel mit Hilfe einer flip-chart, festgehalten. Es handelt sich überwiegend um<br />

Themen, die Bedingungen aufdecken helfen sollen, die zu körperlichem und psychischem<br />

Wohlbefinden im Alltag trotz der Erkrankung beitragen können. Ein angemessener Umgang<br />

mit Situationen des täglichen Lebens, die konfliktbesetzt sind, soll ebenfalls eröffnet werden.<br />

Würdigung und Anerkennung eigener Leistungen und der Leistungen anderer im Zusammen-<br />

hang mit der Erkrankung sowie das Management von Schmerzattacken sind weitere Themen.<br />

Themen:<br />

• Über die Pflege des Körpers (2. Treffen); Bedingungen finden, wie dem Körper wohl<br />

getan werden kann<br />

• Womit kann ich mir gut tun? (3. Treffen); Bedingungen finden, wie die Befindlichkeit<br />

positiv beeinflusst werden kann<br />

• Pflicht und Verantwortung (4.Treffen); zu einem angemessenen Umgang mit<br />

Verantwortungs- und Pflichtgefühlen finden, Selbsterforschung<br />

• Nein sagen (5. Treffen); zu einem angemessenen Umgang mit Wünschen und Bitten<br />

anderer finden<br />

• Umgang mit Schmerz (6. Treffen); bei diesem Thema geht es um Einstellungen,<br />

Verhaltensweisen, Tipps und Tricks, die den Umgang mit Schmerz erleichtern.<br />

• Perlenfischen im Alltag (9. Treffen); positive Situationen im Alltag erkennen, von<br />

denen gewünscht wird, dass sie häufiger eintreten, was kann dazu beigetragen werden;<br />

im Anschluss daran diskutieren, wie können unerfreuliche Situationen in Zukunft<br />

anders gestaltet werden<br />

• Anerkennung (10. Treffen); Würdigung der Leistungen von Partnern bzw. Familie,<br />

Freunden, Bekannten, sowie eigenen Leistungen, die in Zusammenhang mit der<br />

Fibromyalgie erbracht werden<br />

42


Information / Psychoedukation<br />

Die Themen dieses Bereichs dienen der Beseitigung von Unwissenheit und Unsicherheit in<br />

Bezug auf die Erkrankung. Ein günstigeres Interaktionsverhalten der Betroffenen mit den sie<br />

behandelnden Ärzten soll ermöglicht werden. Das Vorgehen entspricht dem bei der<br />

Behandlung der psychologischen Themen.<br />

Themen:<br />

• Fibromyalgie und gesunder Schlaf (8. Treffen); Zusammenhänge der Schlafregulation<br />

und bestimmter Symptome, Vermittlung von Wissen zur Förderung der Schlafhygiene<br />

• Umgang mit Ärzten und dem medizinischen System (8. Treffen); Auffinden von<br />

Verhaltensmöglichkeiten, die besonders hilfreich beim Arztbesuch sein können<br />

• Notfälle erkennen und managen (11. Treffen); Management von Schmerzattacken:<br />

Auslöser und Frühzeichen der Verschlechterung erkennen lernen, Umgang mit ihnen,<br />

Konsequenzen für den Alltag (persönliches Notfallprogramm erstellen)<br />

Hausaufgaben<br />

Zahlreiche Gruppenübungen im Programm sollen helfen, gemeinsam Aufgaben für die<br />

folgende Woche zu finden: Zu den angesprochenen psychologischen und informativen<br />

Themen werden anhand einer konkreten Fragestellung in Kleingruppenarbeit je Ideen für die<br />

Hausaufgaben notiert. Jeder Teilnehmer wählt mindestens eine Anregung davon für sich als<br />

Hausaufgabe, die bis zur nächsten Woche mindestens einmal zu erfüllen ist. Es soll auf die<br />

Wirkung geachtet werden. Hierdurch soll die individuelle Anpassung der vermittelten Inhalte<br />

an den eigenen Lebensalltag gewährleistet werden.<br />

Beispiel: Frage des 2. Treffens: Was tut meinem Körper wohl? Womit kann ich meinen<br />

Körper verwöhnen? Beispiele: Zeit für persönliche Pflege lassen, z.B. Zeit im Bad, Ölbad<br />

nehmen, Gesichtsmaske, Friseur, sich schön machen etc.<br />

Partnertreffen<br />

Für das 7. Treffen ist ein Treffen mit Partnern eingeplant. Partner können dabei Ehe- oder<br />

Lebenspartner, Menschen, die im gleichen Haushalt leben, Verwandte (Eltern, Kinder usw.)<br />

der Teilnehmer oder sonstige nahe stehende Personen, die von der Krankheit mit betroffen<br />

sind, sein. Nach einer Vorstellungsrunde von Teilnehmern und zugehörigen Partnern trennen<br />

sich die Teilnehmer und Partner auf zwei Räume auf und bearbeiten je verschiedene Themen,<br />

die sich auf die Wechselbeziehung zwischen Teilnehmer- und Partnerverhalten und die<br />

Auswirkungen auf das körperliche und psychische Befinden bei beiden beziehen. Es werden<br />

43


konkrete und realisierbare Wünsche an den Partner formuliert und überlegt, welche Wünsche<br />

der Partner wohl an einen selbst hätte. Abschließend werden die Ergebnisse der Diskussions-<br />

punkte je in den beiden Gruppen festgehalten. Danach stellen beide Gruppen ihre Ideen und<br />

Ergebnisse in der Gesamtgruppe wechselseitig vor. Dabei werden die Antworten der beiden<br />

Gruppen je miteinander verglichen. Als Hausaufgabe wird angeregt, den Ablauf des Abends<br />

noch mal gemeinsam durchzugehen, die gegenseitigen Wünsche erst zu erraten und dann<br />

vorzustellen. Anschließend ist ein gemeinsames Beschließen des Abends in geselliger Form,<br />

zum Beispiel durch den Besuch <strong>eines</strong> Lokals, vorgesehen.<br />

2.3.3. Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />

Die Teilnehmer werden zu Beginn darauf hingewiesen, dass für den Erfolg des Programms<br />

das regelmäßige Üben zu Hause wesentlich ist. Die wöchentliche Gruppensitzung dient zur<br />

Anleitung und Anregung. Die Sitzungen finden verteilt auf 12 Wochen jede Woche einmal<br />

statt. Ein Gruppenabend dauert je nach Inhalt und Ausgestaltung 90 bis 120 Minuten. Alle<br />

Treffen haben dabei eine ähnliche Struktur (mit Ausnahme des Partnertreffens, siehe oben):<br />

Sie bestehen aus einer<br />

○ Einführungs- und Begrüßungsrunde, die dem Austausch von Erfahrungen und<br />

Ergebnissen der jeweils vorangehenden Woche dient (vor allem den persönlichen<br />

Erfahrungen mit dem jeweiligen Programmpunkt bzw. der Aufgabe),<br />

○ der Anleitung zum Ernährungsaufbau (vor allem in der ersten Hälfte des Programms),<br />

○ der Einführung bzw. Fortführung des jeweiligen Wochenthemas bzw. der Wochen-<br />

themen,<br />

○ dem Übungsteil, bestehend aus Dehn- oder Gymnastikübungen nach Vorlage der<br />

Videokassetten (<strong>Weiss</strong>, 2000),<br />

○ dem Entspannungsteil mit Übungen nach Vorlage der CD (<strong>Weiss</strong>, 2000)<br />

und<br />

○ einer Schlussrunde, in der die Teilnehmer in wenigen Sätzen äußern können, wie es<br />

ihnen am Abend ergangen ist, in der Ankündigungen bzgl. der Termine etc. gemacht<br />

und auch die Aufgaben für die jeweils kommende Woche vergeben werden.<br />

Die zeitliche Verteilung auf die einzelnen Teile kann dabei variabel gehandhabt werden. Sie<br />

ist der Gruppengröße und den unterschiedlichen Aufgaben anzupassen.<br />

44


2.3.4. Gruppensetting<br />

Dass die Durchführung des Programms innerhalb einer Gruppe bzw. im Kreis von anderen<br />

Betroffenen gegenüber einer selbständigen Durchführung oder der Durchführung im Rahmen<br />

einer Einzeltherapie gewisse Vorteile bietet, lässt sich z.B. auf die leichtere Vermittlung von<br />

Entspannungsübungen und kognitiv-verhaltenstherapeutischen Strategien zurückführen, da<br />

sich die Teilnehmenden „von Fortschritten anderer ermutigen und von der Effizienz der<br />

Methoden überzeugen“ lassen (Keel, 1995; S. 163). Außerdem werden Inhalte, die gemein-<br />

sam in einer Gruppe erarbeitet werden, meist besser behalten als wenn sie in einer Einzel-<br />

instruktion vermittelt werden (Battegay, 1979; nach Keel, 1995). Im Rahmen der Studie<br />

fungieren zudem die Gruppenleiterinnen, die selbst von Fibromyalgie betroffen sind und an<br />

dem Programm mit teilnehmen, den anderen Teilnehmerinnen als Modell (<strong>Weiss</strong>, 2000).<br />

2.4. Bisherige Ergebnisse zur <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms<br />

In diesem Abschnitt soll im Folgenden kurz dargestellt werden, wie die Studie bisher<br />

durchgeführt und ausgewertet wurde.<br />

2.4.1. Durchführung und Design der Studie<br />

Die in diesem Abschnitt angeführten Daten wurden im Rahmen einer Studie erhoben, die im<br />

Zeitraum Januar bis April 2001 zusammen mit der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V.<br />

durchgeführt worden ist. Die Koordination der Fragebogenzuteilung und der Rückführung an<br />

die Universität Heidelberg wurde durch die Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. geleistet.<br />

Insgesamt gab es 15 Selbsthilfegruppen, die an der Studie teilgenommen haben. Die Zu-<br />

teilung zu den verschiedenen Gruppen erfolgte über die Entscheidung der Gruppenleiterinnen,<br />

den mit dem 12-Wochen-Programm verbundenen Mehraufwand zu tragen. Es handelt sich<br />

somit um ein naturalistisches Design. Die Gruppentreffen fanden in verschiedenen Städten im<br />

südlichen Raum Baden-Württembergs statt. Die Gruppengröße variierte von 4 bis 24 Teil-<br />

nehmerinnen. Die Teilnehmerinnen am 12-Wochen-Programm trafen sich wöchentlich über<br />

12 Wochen und führten das Programm gemäß den Anweisungen der Gruppenleiterinnen<br />

durch. Die Gruppenleiterinnen hatten je eine dreitägige Schulung in der Durchführung erhal-<br />

ten und ein ‚Handbuch für Gruppenleiterinnen’ ausgehändigt bekommen. Die dem Vergleich<br />

dienenden Gruppen trafen sich ebenfalls wöchentlich und führten inhaltlich ihre bisherige<br />

Struktur fort (so genannte Traditionelle Gruppen). Von den 76 Fibromyalgie-Betroffenen, die<br />

an dem 12-Wochen-Programm teilgenommen haben, und den 131 Betroffenen, die den Tra-<br />

ditionellen Gruppen zugeordnet waren, und je zum ersten Messzeitpunkt Fragebögen abgege-<br />

45


en hatten, haben in der Experimentalgruppe 71 und in den Traditionellen Gruppen 118 Per-<br />

sonen auch zum zweiten Messzeitpunkt Fragebögen abgegeben. Aufgrund methodischer Be-<br />

dingungen konnten noch 68 in der Experimentalbedingung und 118 in der Vergleichsgruppe<br />

in die erste Auswertung eingehen. Die Messinstrumente wurden vom ersten zum zweiten<br />

Messzeitpunkt beibehalten. Dabei wurde allerdings auf die Erhebung bestimmter soziodemo-<br />

grafischer und anamnestischer Daten verzichtet, da davon ausgegangen wurde, dass diese sich<br />

in einem Zeitraum von zwölf Wochen nicht verändern. Der Fragebogen der Teilnehmerinnen<br />

des 12-Wochen-Programms enthielt zum zweiten Messzeitpunkt zusätzlich einen so genann-<br />

ten Bewertungsteil, in dem die Teilnehmerinnen Angaben und Einschätzungen zu dem Pro-<br />

gramm machen konnten (Fragebögen zum 1. und 2. Messzeitpunkt siehe Franetzki (2003) und<br />

Schmidt (2003)).<br />

Zu beiden Zeitpunkten wurden ebenfalls die Angehörigen beider Gruppen in gesonderten<br />

Fragebögen zu Schmerzsymptomatik und Befindlichkeit der Fibromyalgie-Erkrankten sowie<br />

eigenen Reaktionen auf die Betroffenen befragt. Der Fragebogen der Angehörigen der Teil-<br />

nehmerinnen des 12-Wochen-Programms enthielt zudem zum 2. Messzeitpunkt eine ver-<br />

kürzte, aber ähnliche Version des Programmbewertungsteils (s. Anhang A).<br />

Dazu, dass die Durchführung des Programms im Rahmen von Selbsthilfegruppen der<br />

Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. durchgeführt wurde, äußert sich gesondert und aus-<br />

führlich Schmidt (2003).<br />

2.4.2. Messinstrumente<br />

Zu allen drei Messzeitpunkten wurden Teile des Schmerzfragebogens der Arbeitsgruppe<br />

Dokumentation der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS; Dillmann,<br />

Nilges, Saile & Gerbershagen, 1998), die Beschwerdeliste (Zerssen & Köller, 1976), die<br />

Allgemeine Depressionsskala (ADS; Hautzinger & Bailer, 1993), das Brief Symptom<br />

Inventory (BSI; Franke, 2000) und die Rheuma-Kontroll-Skala (RKS; Leibing, Hoyer,<br />

Romatzki & Ehlers, 1999) verwendet. Zusätzlich enthielt der Fragebogen der Teilnehmer-<br />

innen des 12-Wochen-Programms sowohl zum 2. als auch zum 3. Messzeitpunkt einen Teil<br />

mit spezifischen Fragen, die sich auf die Bewertung (Akzeptanz und subjektive Wirksam-<br />

keitseinschätzung) des Programms bezogen. Eine ausführliche Beschreibung der Mess-<br />

instrumente findet sich bei Schmidt 2003. Zusätzlich wurden alle Teilnehmerinnen des 12-<br />

Wochen-Programms gebeten, täglich ein tabellarisches Schmerztagebuch über den gesamten<br />

Verlauf der Studie zu führen, in dem durch einfaches Ankreuzen angegeben werden konnte,<br />

welche Bausteine am Tag durchgeführt worden waren und je auf einer 10stufigen Skala so-<br />

46


wohl die Schmerzstärke als auch das Wohlbefinden eingestuft werden konnten. Die Schmerz-<br />

tagebücher wurden im Rahmen der ersten Programmevaluation jedoch nicht ausgewertet.<br />

2.4.3. Zusammenfassung der Ergebnisse zum 2. Messzeitpunkt<br />

Im Folgenden werden die Ergebnisse geordnet nach den Bereichen psychische Befindlichkeit,<br />

Schmerzsymptomatik und Programmbewertung (in Anlehnung an die Aufgliederung der<br />

ersten Projektarbeiten), überblicksartig wiedergegeben.<br />

Psychische Befindlichkeit<br />

In Bezug auf die Effektivität des 12-Wochen-Programms im Bereich der psychischen<br />

Befindlichkeit konnte Franetzki (2003) in der Experimentalgruppe nach der Intervention<br />

stärker positive Effekte bezüglich der Variablen Depressivität (ADS) und der körperlichen<br />

und psychischen Beeinträchtigung (BSI) nachweisen als in der Traditionellen Gruppe.<br />

Positive Veränderungen zeigten sich auch in den BSI-Skalen Somatisierung, Ängstlichkeit<br />

und Depressivität. Die Effektstärken waren insgesamt jedoch klein bis mittel. Hinsichtlich der<br />

Variable Kontrollüberzeugung ließen sich nur sehr kleine Effektstärken nachweisen, was von<br />

der Autorin unter anderem auf die besondere Ausgangslage der Stichprobe zurückgeführt<br />

wurde (die Teilnehmerinnen aller Selbsthilfegruppen (Experimental- und Kontrollbedingung)<br />

zeigten eine im Vergleich zu durchschnittlichen Angaben bezüglich der Kontrollüberzeugung<br />

erhöhte Werte; womöglich weist dies auf einen Faktor hin, der im Zusammenhang mit der<br />

freiwilligen Organisation der Teilnehmerinnen in den Selbsthilfegruppen steht).<br />

Schmerzsymptomatik<br />

Die detaillierten Auswertungen zur körperlichen Befindlichkeit im Rahmen einer Arbeit von<br />

Gesele stehen noch aus. Daher wird hier insbesondere auf die diesbezüglich als Referenz-<br />

kriterien herangezogenen Daten bei Schmidt 2003 verwiesen. Gemäß Schmidt (2003) wies<br />

die 12-Wochen-Gruppe in allen Schmerzparametern bereits zum ersten Messzeitpunkt<br />

niedrigere Werte auf als die Traditionelle Gruppe. Aufgrund der Überprüfung von Inter-<br />

aktionseffekten lies sich feststellen, dass sich die 12-Wochen-Gruppe - im Gegensatz zu der<br />

Traditionellen Gruppe - nach der Intervention hinsichtlich einiger Schmerzmaße verbessert<br />

hat. So haben sich die Variablen durchschnittliche und momentane Schmerzstärke reduziert,<br />

ebenso wie die geringste Schmerzstärke, bei der die Veränderung besonders deutlich wird.<br />

Bezüglich der Variable Schmerztoleranz zeigten sich beide Gruppen zum zweiten<br />

Messzeitpunkt leicht schmerztoleranter. Die Variable Größte Schmerzstärke in den letzten<br />

vier Wochen verringerte sich auffälligerweise bei der Traditionellen Gruppe stark, während<br />

47


sie sich bei der 12-Wochen-Gruppe leicht erhöhte. Hinsichtlich der Variablen durch-<br />

schnittliche, geringste und momentane Schmerzstärke haben sich die Teilnehmerinnen der 12-<br />

Wochen-Gruppe sowohl im Prä-Post-Vergleich als auch im Vergleich mit der Traditionellen<br />

Gruppe signifikant verbessert.<br />

Programmbewertung<br />

Als konzeptuelle Neuerung auf dem Feld der <strong>Evaluation</strong>sforschung von chronischem<br />

Schmerz bewertete Franetzki (2003), dass das 12-Wochen-Programm unter nicht-<br />

professioneller Leitung von Fibromyalgie-Betroffenen selbst durchgeführt wurde. Die<br />

niedriger als erwartet ausgefallene Effektivität des Programms führt sie teilweise auf diese<br />

Tatsache zurück, in dem Sinne, dass die Hinzunahme oder Überantwortung an eine<br />

professionelle Leitung eventuell eine höhere Effektivität bewirken könnte. Eine denkbare<br />

Weiterentwicklung des Programms sieht sie in seiner zeitlichen Ausdehnung, damit sich die<br />

vermittelten Elemente festigen können. Der eigentliche Teil der Programmbewertung direkt<br />

im Anschluss an die Durchführung des 12-Wochen-Programms wurde in der Arbeit von<br />

Schmidt (2003) abgehandelt. Es wurden sowohl die Daten zur Akzeptanz und der subjektiven<br />

Wirksamkeitseinschätzung des Programms und seiner einzelnen Teile durch die Teil-<br />

nehmerinnen ausgewertet als auch diese in Bezug zu den Ergebnissen mit ausgewählten<br />

standardisierten Massen gesetzt. Es handelte sich dabei um eine Einpunkterhebung.<br />

Dementsprechend lag der Schwerpunkt der Arbeit in einer deskriptiven Auswertung.<br />

Insgesamt stieß das 12-Wochen-Programm bei den Teilnehmerinnen auf eine gute Akzeptanz.<br />

Dabei wurden die unterschiedlichen Bausteine des Programms als unterschiedlich wirksam<br />

von den Teilnehmerinnen eingeschätzt: die Ernährungsumstellung und die physiothera-<br />

peutischen Übungen empfanden die Teilnehmerinnen als besonders wirksam. Die psycholo-<br />

gischen Inhalte und die Entspannungsübungen wurden als wirksam erlebt. Die Einschätzung<br />

der edukativen Elemente fiel dagegen etwas geringer aus. Schmidt stellt in Bezug auf die<br />

Depressivität und die Symptomatik Effekte mittlerer Größe fest. In Bezug auf die<br />

Schmerzintensität konnten kleine Effekte gefunden werden. Zwischen den Gruppen konnten<br />

größere Effektstärken festgestellt werden, die jedoch von Schmidt auf Unterschiede in der<br />

Schwere der Beeinträchtigung zurückgeführt werden, die bereits vor der Intervention be-<br />

standen. Körperlich stärker beeinträchtigte Personen profitierten zudem weniger stark von<br />

dem 12-Wochen-Programm und erlebten die Intervention als weniger wirksam. Abschließend<br />

bewertet Schmidt (2003) das 12-Wochen-Programm als mögliche Ergänzung zu haus- und<br />

fachärztlicher Betreuung.<br />

48


3. Fragestellungen<br />

Die erste <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms diente der Prüfung der Effektivität dieses<br />

speziell für Fibromyalgie-Betroffene konzipierten Behandlungsprogramms in den Bereichen<br />

körperliche Symptomatik (Gesele, voraussichtlich 2005) und psychische Befindlichkeit<br />

(Franetzki, 2003) sowie der <strong>Evaluation</strong> der Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen<br />

(Schmidt, 2003) (s. 2.4.3.; <strong>Weiss</strong>, 1999). Die Konzeption des 12-Wochen-Programms<br />

entspricht den aktuellen Forderungen nach einer multimodalen und interdisziplinären<br />

Intervention bei Fibromyalgie und berücksichtigt wichtige Einzelaspekte, die sich im Rahmen<br />

multimodaler Behandlungsprogramme bereits als wirksam erwiesen haben (s. 2.2.2.).<br />

Aufgrund seiner Zusammensetzung kann das Programm der Verhaltensmedizin zugeordnet<br />

werden (s. 2.3.1.). Als Besonderheiten der Konzeption können die Ernährungsumstellung, die<br />

einen zentralen Stellenwert im Programm einnimmt, sowie seine Durchführung im Selbst-<br />

hilfekontext angesehen werden (s. 2.2.2.; 2.4.1.). Die erste <strong>Evaluation</strong> ergab leichte positive<br />

Effekte in den genannten Bereichen sowie eine positive Bewertung durch die Teil-<br />

nehmerinnen direkt im Anschluss an die Durchführung des Programms (s. 2.4.3.). Bei der<br />

Beurteilung <strong>eines</strong> Behandlungsprogramms stellt sich jedoch außer den Fragen, ob sich<br />

positive Veränderungen in wesentlichen Bereichen des psychischen und des körperlichen<br />

Wohlbefindens in Folge der Intervention kurzfristig nachweisen lassen und ob dieses von den<br />

Teilnehmern in der bestehenden Form als praktikabel akzeptiert und als wirksam befunden<br />

wird, die Frage, ob diese vermittelten Inhalte langfristig positive Effekte bewirken. Diese<br />

Frage gilt es durch die Arbeiten der Katamnesestudie zu klären. Die Arbeiten von Kadura<br />

(2004) und Roock (voraussichtlich 2005) untersuchen dabei die Langzeitwirkungen des 12-<br />

Wochen-Programms auf die körperliche bzw. die psychische Befindlichkeit der ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen jeweils ein Jahr nach der Durchführung des Programms. Die vorliegende<br />

Arbeit evaluiert die Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen ein Jahr nach der<br />

Durchführung des Programms. Diese Arbeiten leisten damit einen Beitrag zur Qualitäts-<br />

sicherung, wie sie im Rahmen der Anwendungsforschung zur Entwicklung und <strong>Evaluation</strong><br />

interdisziplinärer Interventions- und Präventionsprogramme sowie allgemein im Rahmen der<br />

Gesundheitsförderung gestellt wird (Baumann, 1998; Baumann & Reinecker-Hecht, 1998)<br />

und stellen damit eine Umsetzung der Zielsetzungen des Interessenzusammenschlusses FiNe<br />

dar (s. Einleitung).<br />

49


Mit der vorliegenden Arbeit soll folgende übergeordnete Fragestellung geklärt werden:<br />

• Wird das 12-Wochen-Programm auch ein Jahr nach seiner Durchführung noch von<br />

den ehemaligen Teilnehmerinnen als Behandlungsprogramm akzeptiert und positiv<br />

bewertet?<br />

Es soll geklärt werden, ob die Betroffenen nach einem Jahr das Programm immer noch positiv<br />

beurteilen und als wirksam einstufen. Da alle Angaben auf Selbstaussagen der Betroffenen<br />

beruhen, soll geprüft werden, ob die Angaben der Angehörigen zusätzlich zu einer<br />

Validierung dieser Aussagen beitragen. Außerdem soll darüber Aufschluss gewonnen werden,<br />

in welchem Maße die in der Intervention vermittelten Bewältigungsstrategien im Vergleich zu<br />

alltäglichem Gesundheitsverhalten und Behandlungsmaßnahmen in Bezug auf die Häufigkeit<br />

der Durchführung bzw. Anwendung und in Bezug auf die Einschätzung der Wirksamkeit<br />

abschneiden. Es wird erwartet, dass die Durchführung des Programms entsprechend seiner<br />

verhaltensmedizinischen Ausrichtung interventionsbedingt zu einer gesteigerten Aktivität der<br />

ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms in diesem Bereich im Vergleich zu<br />

den ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen geführt hat.<br />

Bei der <strong>Evaluation</strong> der Programmbewertung zum Zeitpunkt der Katamnese werden drei<br />

Bereiche gesondert betrachtet: Fragestellungen zur Programmbewertung, deren Beantwortung<br />

sich auf direkte Angaben der Teilnehmerinnen stützen, werden im Folgenden und auch im<br />

Ergebnisteil dem Bereich der direkten <strong>Evaluation</strong> zugeordnet. Zur Validierung der Angaben<br />

der ehemaligen Teilnehmerinnen sollen die Angaben der Angehörigen ausgewertet und in<br />

Bezug gesetzt werden. Dieser Bereich an Fragestellungen wird im folgenden Abschnitt und<br />

auch in den Ergebnissen als indirekte <strong>Evaluation</strong> bezeichnet. Um Effekte deutlicher auf das<br />

12-Wochen-Programm rückführen zu können, wurde erhoben, ob und wie intensiv weitere<br />

Maßnahmen im Laufe des Jahres nach der Durchführung des Programms von den ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen durchgeführt wurden, die nicht in dem Programm vermittelt wurden. Dieser<br />

Bereich wird im Folgenden und auch in der Darstellung der Ergebnisse als Auswertung der<br />

alltäglichen Bewältigungsstrategien bezeichnet.<br />

Direkte <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms im Rahmen der Nachuntersuchung<br />

Die Auswertung der Programmbewertung direkt im Anschluss an die Durchführung sollte<br />

Aufschluss über die Akzeptanz der Intervention sowie Prognosen über Compliance und -<br />

damit verbunden - der Stabilität von Effekten ermöglichen (Schmidt 2003). Es handelte sich<br />

50


dabei um eine Einpunkterhebung. Mit der vorliegenden Arbeit soll geprüft werden, wie das<br />

Programm als Ganzes sowie seine einzelnen Bestandteile ein Jahr später von den ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen durchgeführt und beurteilt werden und ob und in wiefern die Durch-<br />

führungsweise bzw. die Beurteilungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> des Programms abweichen.<br />

Für den Bereich der direkten <strong>Evaluation</strong> ergeben sich somit folgende Fragestellungen:<br />

• Wie groß ist die Akzeptanz des Programms bzw. seiner Bausteine ein Jahr nach<br />

Beendigung der Durchführung?<br />

Weicht die Akzeptanz von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />

• Wie ist die Gesamteinschätzung des Programms bzw. der einzelnen Programm-<br />

bausteine ein Jahr nach der Programmdurchführung?<br />

Weichen diese Einschätzungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />

• Wie werden einzelne Aspekte der Durchführung des 12-Wochen-Programms ein Jahr<br />

später beurteilt?<br />

Weicht diese Einschätzung von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />

• Wie werden die Auswirkungen des 12-Wochen-Programms ein Jahr nach der Durch-<br />

führung auf verschiedene Lebensbereiche beurteilt?<br />

Weichen diese Einschätzungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />

Indirekte <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms im Rahmen der Nachuntersuchung<br />

Die Auswertung von Angehörigenangaben zum Bewältigungsverhalten der ehemaligen Teil-<br />

nehmerinnen des 12-Wochen-Programms soll der Validierung der Angaben zur Akzeptanz<br />

und zur Wirksamkeit des Programms dienen.<br />

Für den Bereich der indirekten <strong>Evaluation</strong> ergeben sich folgende Fragestellungen:<br />

• Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Akzeptanz des 12-Wochen-<br />

Programms durch Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />

• Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Wirksamkeit des 12-Wochen-<br />

Programms durch Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />

Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien:<br />

Um Effekte deutlicher auf das 12-Wochen-Programm rückführen zu können, wurde erhoben,<br />

ob und wie intensiv weitere Maßnahmen im Laufe des Jahres nach der Durchführung des<br />

Programms von den ehemaligen Teilnehmerinnen durchgeführt wurden, die nicht in dem<br />

51


Programm vermittelt wurden. Hierbei soll zum einen geklärt werden, ob die Intervention zu<br />

einer gesteigerten Nutzung aktiver Bewältigungsstrategien bei den ehemaligen Teil-<br />

nehmerinnen des Programms im Vergleich zu den Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />

Gruppen geführt hat, wie aufgrund der verhaltensmedizinischen Ausrichtung des 12-Wochen-<br />

Programms zu erwarten ist. Es soll aufgedeckt werden, ob weitere Maßnahmen im Rahmen<br />

unstrukturierter Selbsthilfe besonders häufig von den Betroffenen angewendet und als<br />

wirksam eingestuft werden.<br />

Für diesen Bereich ergeben sich folgende Unterschiedshypothesen bzw. Fragestellungen:<br />

• Es wird erwartet, dass die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />

gegenüber den Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen interventionsbedingt<br />

mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen unstrukturierter Selbsthilfe in<br />

Anspruch nehmen.<br />

• Welche Bewältigungsstrategien außer denen, die im Programm vermittelten wurden,<br />

werden von den ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zusätzlich<br />

im Verlauf <strong>eines</strong> Jahres ausgeübt?<br />

• Wie verhalten sich die Durchführung und die Bewertung der im Programm<br />

vermittelten Verhaltensweisen gegenüber nicht vorgegebenen Verhaltensweisen, die<br />

von den Teilnehmerinnen in ihrem Lebensalltag zur Krankheitsbewältigung eingesetzt<br />

werden?<br />

Die Operationalisierung der einzelnen Fragestellungen wird gesondert im Methodenteil<br />

angegeben (s. 4.3.).<br />

4. Methoden<br />

Im nachfolgenden Kapitel werden das Design und die Durchführung der Katamnesestudie<br />

sowie die verwendeten Messinstrumente beschrieben. Es folgen die Operationalisierung der<br />

Fragestellungen und die Beschreibung der Stichprobe. Zum Abschluss wird auf die<br />

verwendeten Datenanalyseverfahren eingegangen.<br />

4.1. Design<br />

Es handelt sich bei der vorliegenden Untersuchung um ein 2 x 3-Design (Gruppe x Messzeit-<br />

punkt), wobei der Faktor Gruppe zweifach und der Faktor Messzeitpunkt dreifach gestuft ist.<br />

Der Faktor Gruppe unterscheidet zwei unabhängige Gruppenbedingungen: Die behandelte<br />

52


Gruppe stellen die Teilnehmerinnen der Gruppen dar, die das 12-Wochen-Programm<br />

durchgeführt haben. Sie werden im Folgenden auch als Experimentalgruppe (abgekürzt: EG<br />

bzw. 12-WG) bezeichnet. Als Vergleichsgruppe dienen die Teilnehmerinnen der Gruppen, die<br />

ihr übliches, inhaltlich nicht näher spezifiziertes Programm weiterführten. Diese Gruppen<br />

werden daher Traditionelle Gruppen (abgekürzt: TG) genannt. Da es sich hierbei nicht um<br />

eine im strengen Sinn unbehandelte Kontrollgruppe handelt, wird dieser Begriff in dieser<br />

Arbeit nicht verwendet. Der Faktor Messzeitpunkt gliedert sich in drei Messzeitpunkte: Der<br />

erste Messzeitpunkt (t1) lag direkt zu Beginn der Untersuchung (Januar 2001). Der zweite<br />

Messzeitpunkt (t2) lag 12 Wochen später, direkt im Anschluss an die Durchführung des 12-<br />

Wochen-Programms bzw. der Traditionellen Gruppen im Vergleichszeitraum (April 2001).<br />

Der dritte Messzeitpunkt lag ca. ein Jahr später (April 2002). Durch den Faktor Messzeitpunkt<br />

werden innerhalb der Gruppen jeweils abhängige Stichproben unterschieden.<br />

Die Zuteilung zu den unterschiedlichen Gruppenbedingungen (EG vs. TG) erfolgte über die<br />

Entscheidung der Gruppenleiterinnen, den mit der Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />

verbundenen Mehraufwand zu tragen. Es handelt sich somit um ein naturalistisches Design.<br />

4.2. Messinstrumente<br />

Im Folgenden werden die Fragebögen der Fibromyalgie-Betroffenen der beiden Unter-<br />

suchungsgruppen zum 3. Messzeitpunkt sowie die ihrer Angehörigen beschrieben.<br />

4.2.1. Teilnehmerinnenfragebögen<br />

Die Messinstrumente zum dritten Messzeitpunkt entsprechen im Wesentlichen denen des<br />

ersten und zweiten Messzeitpunkts (s. 2.4.2.): Grundstock des Fragebogens bildet wieder der<br />

Schmerzfragebogen der Arbeitsgruppe Dokumentation der DGSS (Dillmann, Nilges, Saile &<br />

Gerbershagen, 1998). Als weitere Erhebungsinstrumente wurden die Beschwerdeliste<br />

(Zerssen & Köller, 1976), die Allgemeine Depressionsskala (ADS; Hautzinger & Bailer,<br />

1993), das Brief Symptom Inventory (BSI; Franke, 2000) und die Rheuma-Kontroll-Skala<br />

(RKS; Leibing, Hoyer, Romatzki & Ehlers, 1999) angefügt (für ausführliche Angaben zu<br />

diesen Messinstrumenten sowie Angaben zu Testgütekriterien siehe Schmidt (2003)). Der<br />

Fragebogen der ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms enthält zusätzlich<br />

sowohl zum 2. als auch zum 3. Messzeitpunkt einen Teil mit 35 spezifischen Fragen, die sich<br />

auf die Bewertung (Akzeptanz und subjektive Wirksamkeitseinschätzung) des Programms<br />

beziehen (t3: Item 501 – 535). Es wurde gefragt, welche Elemente des Programms durch-<br />

geführt wurden. Anhand 10stufiger Likert-Skalen wurde um eine Einschätzung der Wirk-<br />

53


samkeit der Programmelemente gebeten. Die Antwortmöglichkeiten reichten von „sehr<br />

negativ“ (-5) über „keine Wirkung“ (= 0) bis „sehr positiv“ (= 5) (In der Auswertung wurden<br />

alle numerischen Skalen einheitlich in einen Wertebereich von 0 – 10 umkodiert). <strong>Dr</strong>ei<br />

Fragen beziehen sich auf wahrgenommene Auswirkungen des Programms auf verschiedene<br />

Lebensbereiche, deren Ausmaß wiederum anhand 10stufiger Skalen angegeben werden<br />

konnte. Neu hinzugekommen ist zum 3. Messzeitpunkt für beide Gruppen ein Katalog an 20<br />

Fragen, der sich auf den Zeitraum von einem Jahr zwischen den Untersuchungen bezieht, in<br />

dem nach sonstigen Aktivitäten oder Behandlungsmaßnahmen, die von den Teilnehmerinnen<br />

angewandt werden konnten, gefragt wird (Item 616 - 636) (s. Anhang A). Der Fragebogen für<br />

die ehemaligen Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen umfasst zum 3. Messzeitpunkt<br />

insgesamt 14 Seiten. Der Fragebogen für die ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />

Gruppen umfasst insgesamt 10 Seiten.<br />

4.2.2. Angehörigenfragebögen<br />

Zu allen drei Messzeitpunkten wurden den Teilnehmerinnen beider Gruppenbedingungen je<br />

Fragebögen für jeweils einen Angehörigen ausgeteilt. Die Angehörigenfragebögen bestanden<br />

im Wesentlichen aus einer reduzierten Form des Schmerzfragebogens der Arbeitsgruppe<br />

Dokumentation der DGSS (Dillmann, Nilges, Saile & Gerbershagen, 1998), wobei die<br />

Frageformulierungen entsprechend angeglichen wurden (Beispiel: Wie häufig treten die<br />

Schmerzen bei Ihrem Angehörigen auf?) (Item 1-6)). Zusätzlich werden mögliche Reaktionen<br />

des Angehörigen auf die Schmerzen des Betroffenen erfragt (Item 7). Die verwendeten<br />

Fragen entsprechen einer gekürzten Fassung der Partnerversion des MPI-D (der deutschen<br />

Version des West Haven-Yale Multidimensionalen Schmerzfragebogens (WHYMPI) von<br />

Kerns, Turk & Rudy, 1985; Partnerversion des WHYMPI, Flor, Kerns & Turk, 1987b; nach<br />

Flor, 1991). Die Fragebögen für die Angehörigen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />

Programms umfassen zudem zum 2. und 3. Messzeitpunkt einen spezifischen Fragenteil, der<br />

sich auf beobachtbare Auswirkungen des 12-Wochen-Programms bezieht (t2: Item 101-107;<br />

t3: Item 8-17). Der Fragebogen zum 3. Messzeitpunkt enthält zusätzlich Fragen zu Ver-<br />

haltensweisen, die von den Betroffenen im Verlauf des einen Jahres nach Durchführung der<br />

Studie durchgeführt werden konnten, die nicht Bestandteil des Programms waren (Item 18-<br />

35). Anschließend werden die Angehörigen nach Ihrer eigenen Beurteilung des Partner-<br />

treffens sowie Ihrer Einschätzung der Wirksamkeit des Programms auf Ihre Familie / Partner-<br />

schaft gefragt (t3: Item 36-39). Abschließend wird nach einer möglichen Unterstützung der<br />

Betroffenen durch die Angehörigen bei der Durchführung des 12-Wochen-Programms sowie<br />

54


verschiedenen Aspekten der Beurteilung des 12-Wochen-Programms durch die Angehörigen<br />

gefragt (t3: Item 40-44). An soziodemografischen Fragen wird das Verhältnis, in dem die<br />

Angehörigen zu den Teilnehmerinnen stehen, erfasst und erhoben, ob die Angehörigen mit<br />

den Teilnehmerinnen in einem Haushalt leben (Item 45-46) (s. Anhang A). Die Angehörigen-<br />

fragebögen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms umfassen zum ersten Messzeit-<br />

punkt drei, zum 2. Messzeitpunkt vier und zum 3. Messzeitpunkt sechs Seiten. Die Ange-<br />

hörigenfragebögen der Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen umfassen zum ersten<br />

Messzeitpunkt drei, zum 2. Messzeitpunkt vier und zum 3. Messzeitpunkt fünf Seiten.<br />

4.3. Operationalisierung der Fragestellungen<br />

Im Folgenden werden für die drei gesondert betrachteten Bereiche der Programmevaluation<br />

(s. 3.) die Operationalisierung der jeweiligen Fragestellungen angegeben.<br />

Operationalisierung der Fragestellungen der direkten <strong>Evaluation</strong>:<br />

• Frage 1: Wie groß ist die Akzeptanz des Programms und seiner Bausteine ein Jahr<br />

nach Beendigung der Durchführung? Weicht die Akzeptanz von der ersten <strong>Evaluation</strong><br />

ab? Wenn ja, in wiefern?<br />

Die Akzeptanz wird gemessen über die ganze oder teilweise freiwillige Fortführung der<br />

Programmbausteine, die gesondert für die einzelnen Maßnahmen erhoben wird (Item 502a –<br />

509a). Die Angaben des dritten Messzeitpunkts werden mit denen des zweiten verglichen.<br />

• Frage 2: Wie ist die Gesamteinschätzung des Programms bzw. der einzelnen Pro-<br />

grammbausteine ein Jahr nach der Programmdurchführung? Weichen diese Ein-<br />

schätzungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />

Gemessen wird die Wirksamkeitseinschätzung des Programms über die auf einer 10stufigen<br />

numerischen Skala angegebene Gesamtbewertung des Programms (Item 501). Die Antwort-<br />

möglichkeiten reichten von 0 = „sehr negative Wirkung“ über 5 = „keine Wirkung“ bis<br />

10 = „sehr positive Wirkung“. Die Wirksamkeitseinschätzung der einzelnen Programmbau-<br />

steine erfolgt über die Auswertung der Bewertung der einzelnen Programmbausteine, die<br />

ebenfalls anhand 10stufiger Skalen angegeben werden konnte, wobei den Werten 0 = „sehr<br />

negative Wirkung“, 5 = „keine Wirkung“ und 10 = „sehr positive Wirkung“ zugeordnet war.<br />

Die Angaben des dritten Messzeitpunkts werden mit denen des zweiten verglichen.<br />

55


• Frage 3: Wie werden einzelne Aspekte der Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />

ein Jahr später beurteilt? Weicht diese Einschätzung von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab?<br />

Wenn ja, in wiefern?<br />

Die Teilnehmerinnen konnten anhand mehrerer 10stufiger Skalen eine Einschätzung einzelner<br />

Aspekte der Programmdurchführung angeben (Item 511 – 515). Die Angaben des dritten<br />

Messzeitpunkts werden mit denen des zweiten verglichen.<br />

• Frage 4: Wie werden die Auswirkungen des 12-Wochen-Programms ein Jahr nach der<br />

Durchführung auf verschiedene Lebensbereiche sowie das Inanspruchnahmeverhalten<br />

medizinischer Versorgungsleistungen beurteilt? Weichen diese Einschätzungen von<br />

der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />

Anhand 10stufiger numerischer Skalen wurde nach dem Einfluss des durchgeführten<br />

Programms auf die verschiedenen Lebensbereiche bzw. auf die Inanspruchnahme bestimmter<br />

Versorgungsleistungen gefragt (Item 532a – 535a). Die Angaben des dritten Messzeitpunkts<br />

werden mit denen des zweiten verglichen.<br />

Operationalisierung der Fragestellungen der indirekten <strong>Evaluation</strong><br />

• Frage 1: Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Akzeptanz des 12-<br />

Wochen-Programms durch die Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />

Die Angehörigen konnten pro Maßnahme des 12-Wochen-Programmms angeben, ob ihre von<br />

Fibromyalgie betroffene Angehörige aus ihrer Sicht die entsprechende Maßnahme durchge-<br />

führt hat und wenn ja, wie häufig (auf einer 5stufigen Skala mit den Antwortmöglichkeiten<br />

„täglich“, „mehrmals / Woche“, „einmal / Woche“, „weniger als einmal / Woche“, „nie“;<br />

Item 09 - 17).<br />

• Frage 2: Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Wirksamkeit des 12-<br />

Wochen-Programms durch die Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />

Gemessen wird die Wirksamkeitseinschätzung des Programms über die auf einer 10stufigen<br />

numerischen Skala angegebene Gesamtbewertung des Programms (von 0 = „sehr negative<br />

Wirkung“ über 5 = „keine Wirkung“ bis 10 = „sehr positive Wirkung“). Wahrgenommene<br />

Auswirkungen konnten anhand 10stufiger Skalen eingeschätzt werden (0 = „sehr wenig hilf-<br />

reich“, 5 = „weder / noch“, 10 = „sehr hilfreich“; Item 36, 38, 39). Verglichen werden die<br />

Angaben der von den Angehörigen angegebenen Durchführungshäufigkeiten und wahrge-<br />

nommenen Auswirkungen mit den entsprechenden Angaben der Teilnehmerinnen.<br />

56


Operationalisierung der Fragestellungen der Auswertung alltäglicher Bewältigungsstrategien:<br />

• Unterschiedshypothese: Es wird erwartet, dass die ehemaligen Teilnehmerinnen des<br />

12-Wochen-Programms gegenüber den Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen<br />

interventionsbedingt mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen unstrukturierter<br />

Selbsthilfe in Anspruch nehmen.<br />

Das Ausmaß aktiver Bewältigungsstrategien wird über die Summe der Anzahl durchgeführter<br />

Verhaltensweisen berechnet (Item 530, 531, 616-636). Dabei werden unterschiedliche Ver-<br />

haltensweisen rational gebündelt.<br />

• Frage 1: Welche Maßnahmen außer denen, die im Programm vermittelten wurden,<br />

werden von den ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zusätzlich<br />

im Verlauf <strong>eines</strong> Jahres ausgeübt?<br />

Zu einem Katalog an alternativen Maßnahmen konnte je angegeben werden, ob diese<br />

durchgeführt wurden oder nicht (Item 530, 531, 624 – 636). Zusätzlich wurde die Möglichkeit<br />

zu offenen Nennungen anderer Sport- oder Bewegungsformen bzw. anderer Therapieformen<br />

gegeben (Item 627 und 636).<br />

• Frage 2: Wie verhalten sich die Durchführung und die Bewertung der im Programm<br />

vermittelten Verhaltensweisen gegenüber nicht vorgegebenen Verhaltensweisen, die<br />

von den Teilnehmerinnen in ihrem Lebensalltag zur Krankheitsbewältigung eingesetzt<br />

werden?<br />

Die Angaben bezüglich Durchführungshäufigkeit und Wirksamkeitseinschätzungen der im<br />

12-Wochen-Programm vermittelten Elemente werden mit den Angaben zu den zusätzlich<br />

gezeigten Verhaltensweisen verglichen.<br />

4.4. Durchführung der Katamnesestudie<br />

Die vorliegende Untersuchung ist die Nachuntersuchung zu einer Studie, die im Zeitraum<br />

Januar bis April 2001 von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> und Prof. <strong>Dr</strong>. Fydrich zusammen mit der Rheuma-Liga<br />

Baden-Württemberg e.V. in mehreren Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga im süddeutschen<br />

Raum durchgeführt worden ist (s. 2.4.1.). Zur Untersuchung der Langzeiteffekte des 12-<br />

Wochen-Programms wurde die gleiche Untersuchungsgruppe ca. zwölf Monate später erneut<br />

befragt. Dabei wurde die Ausgabe der Katamnesebögen wie schon zu den ersten beiden<br />

Messzeitpunkten über die Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. organisiert. Sämtliche ehe-<br />

maligen Gruppenleiterinnen wurden angeschrieben und erhielten je die Fragebögen für die<br />

57


Teilnehmerinnen sowie deren Angehörige zugeschickt. Die Verteilung der Bögen sowie das<br />

Einsammeln und Rücksenden oblag den Gruppenleiterinnen. Die Ausgabe der Katamnese-<br />

bögen erfolgte im April 2002. Der Rücklauf erfolgte bis August 2002. Die Dateneingabe fand<br />

am Psychologischen Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg durch die Diplo-<br />

manden und Diplomandinnen des FiNe – Projekts statt. Wie zu den vorherigen beiden Mess-<br />

zeitpunkten war auch die Teilnahme an der Nachbefragung freiwillig. Alle Teilnehmerinnen<br />

und ihre Angehörigen wurden über die Zielsetzung der Studie informiert sowie über die<br />

anonymisierte Verwendung der Daten aufgeklärt.<br />

4.5. Stichprobe<br />

Zuerst werden einige Angaben zur Zusammenstellung des Datensatzes für die Nachunter-<br />

suchung gemacht. Es folgen Angaben zum Rücklauf und zur Fluktuation der Stichprobe zum<br />

dritten Messzeitpunkt. Anschließend folgt eine Darstellung der soziodemografischen Daten<br />

der Stichprobe der Teilnehmerinnen und abschließend Angaben zu den Angehörigen.<br />

4.5.1. Veränderungen des Datensatzes gegenüber der ersten <strong>Evaluation</strong><br />

Aus verschiedenen Gründen wird in dieser Arbeit nicht auf die absoluten Daten von Schmidt<br />

2003 zurückgegriffen: Zum einen erwies sich ein zu großer Anteil der eingegebenen Daten<br />

der ADS als fehlerhaft, was auf eine unterschiedliche Interpretation der teils uneindeutig aus-<br />

gefüllten Fragebögen im Rahmen dieses Messinstruments durch die ersten drei Projektmit-<br />

glieder zurückzuführen ist. Des Weiteren wurde im Rahmen der Computer gestützten Aus-<br />

wertung des BSI durch Beyer / Roock festgestellt, dass unter bestimmten Konstellationen der<br />

Eingabe der Daten diese bei ihrer Speicherung systematisch verändert wurden. In Rück-<br />

sprache mit dem Hogrefe Verlag konnte der Programmfehler behoben werden. Für beide Ver-<br />

fahren sind somit die Fragebögen des ersten und zweiten Messzeitpunktes erneut eingegeben<br />

und erneut berechnet worden. Die absoluten Unterschiede beliefen sich in der Regel auf Un-<br />

terschiede in der 1. bzw. 2. Nachkommastelle. Es traten in keinem Fall höhere Abweichungen<br />

auf. Zusätzlich wurde der Datensatz, auf den sich die beiden genannten Arbeiten beziehen,<br />

auf diejenigen Teilnehmerinnen reduziert, die auch zum dritten Messzeitpunkt ihre Frage-<br />

bögen verwertbar zurückgegeben hatten. Eine Parameterschätzung konnte zeigen, dass die<br />

hier verwendete Untergruppe aus den Auswertungen zum 2. Messzeitpunkt sich in wesent-<br />

lichen Daten nicht signifikant von der ursprünglichen Gruppe – weder zum ersten noch zum<br />

zweiten Messzeitpunkt – unterscheidet. Als Schätzparameter wurden dabei folgende, durch<br />

die Ergebnisse in den vorgenannten Arbeiten als wichtig erachtete, Variablen sowohl für die<br />

58


Gruppe der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms als auch für die Gruppe der Teil-<br />

nehmerinnen der Traditionellen Gruppen geprüft: Alter, durchschnittliche Schmerzstärke,<br />

geringste Schmerzstärke, erträgliche Schmerzstärke, Summe der Beschwerdeliste, Summe der<br />

fibromyalgiespezifischen Items, Skala Somatisierung des BSI (neuer Wert), Global Symptom<br />

Index des BSI (neuer Wert), Allgemeine Depressionsskala (neuer Wert), RKS - Summenwert.<br />

Als Prüfgröße wurden T-Tests an einer Stichprobe gerechnet, wobei als Testwert der jeweils<br />

aus der unkorrigierten Gruppe stammende Mittelwert genommen wurde und Signifikanz<br />

zweiseitig auf 5% Niveau getestet wurde.<br />

4.5.2. Rücklauf, <strong>Dr</strong>op-Out, Rechendatensatz<br />

Von den ursprünglich 76 Fibromyalgie-Betroffenen, die an dem 12-Wochen-Programm<br />

teilgenommen haben, gaben 68 Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms die Fragebögen<br />

zu den ersten beiden Messzeitpunkten ausgefüllt zurück. Von den 131 Betroffenen, die den<br />

Traditionellen Gruppen zugeordnet waren, gaben 118 Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />

Gruppen die Fragebögen zu den ersten beiden Messzeitpunkten ausgefüllt zurück. Von diesen<br />

Personen haben in der Experimentalgruppe 59 und in den Traditionellen Gruppen<br />

93 Personen auch zu t3 Fragebögen abgegeben. Die Rücklaufquote zum zweiten Messzeit-<br />

punkt war in beiden Versuchsbedingungen sehr gut (EG: 93% (es hatten 71 Personen<br />

Fragebögen zu t2 zurückgegeben, darunter 3, die nicht zu t1 abgegeben hatten und daher nicht<br />

weiter verwertbar waren); TG: 90%). Zum dritten Messzeitpunkt betrug die Rücklaufquote<br />

zur Ausgangsstichprobe 78% in der EG und 71% in der TG. Wird als Referenzgruppe die<br />

Stichprobe des 2. Messzeitpunkts genommen, liegen die Rücklaufquoten bei 87% für die EG<br />

und 79% für die TG. Der Rücklauf beträgt damit in beiden Versuchsbedingungen zum Zeit-<br />

punkt der Katamnese mindestens 70% der Ausgangsstichprobe und ist in der Experimen-<br />

talgruppe etwas höher als in der Vergleichsgruppe.<br />

Zur Auswertung wurden sowohl zum 2. Messzeitpunkt als auch zum 3. Messzeitpunkt nur<br />

Daten derjenigen Personen herangezogen, zu denen jeweils auch Daten zu dem bzw. den<br />

vorherigen Messzeitpunkten vorlagen. Dadurch reduzierten sich die komplett zu allen drei<br />

Messzeitpunkten vorliegenden Datensätze der Teilnehmerinnen auf 50 in der EG und auf 85<br />

in der TG. In einem weiteren Auswertungsschritt wurden diese Datensätze noch einmal<br />

reduziert um diejenigen Personen, die an sechs oder weniger der Treffen der EG bzw. nur<br />

unregelmäßig an den Treffen der TG teilgenommen hatten (Item 202 (EG) / 201 (TG)). Somit<br />

verblieben für die folgenden Auswertungsschritte 36 Datensätze für die EG und 61 Daten-<br />

sätze für die TG. Diese Korrektur wurde bereits im Rahmen der vorherigen Arbeiten<br />

59


(Schmidt, 2003; Franetzki, 2003) vorgenommen, jedoch nur für die EG und nicht für alle<br />

Auswertungsschritte. Im Rahmen einer besseren Interpretierbarkeit und Vereinheitlichung der<br />

Vorgehensweise wird für den 3. Messzeitpunkt in allen Arbeiten für alle Auswertungsschritte<br />

das Rechnen mit dem reduzierten Datensatz gewählt.<br />

Die Fragebögen der Angehörigen wurden in den bisherigen Projektarbeiten nicht verwertet.<br />

Da in dieser Arbeit Angaben der Angehörigen zum Zeitpunkt der Katamnese in die<br />

Auswertung mit einbezogen werden sollen (s. 3.), werden ebenfalls die Angaben zum<br />

Rücklauf der Angehörigenfragebögen angegeben: Zum ersten Messzeitpunkt beteiligten sich<br />

61 Angehörige der Teilnehmerinnen der EG und 107 Angehörige von Teilnehmerinnen der<br />

TG. Zum 2. Messzeitpunkt gaben 48 Angehörige der EG und 80 Angehörige der TG<br />

Fragebögen ausgefüllt zurück. Zum 3. Messzeitpunkt gaben noch 37 Bezugspersonen in der<br />

EG und 60 in der TG Fragebögen ausgefüllt zurück. Einige Teilnehmerinnen gaben an, keine<br />

Bezugspersonen zur Befragung in ihrer Nähe zu haben bzw. dass ihre Angehörigen zu einer<br />

Teilnahme an der Untersuchung nicht bereit seien. Die Beteiligungsquote gemessen zur<br />

Ausgangsstichprobe zu t1 der jeweiligen Teilnehmerinnen beträgt in der EG für t1 80% und<br />

für die TG 82%. Zu t2 beträgt sie für die Angehörigen der EG 69% und für die TG 61%. Zu<br />

t3 beträgt die Beteiligungsquote der Angehörigen der EG 49% und der TG 46%. Die<br />

Abnahme der Beteiligungsquoten in den unterschiedlichen Bedingungen ist damit zu den<br />

nachfolgenden Messzeitpunkten vergleichbar und die Beteiligung ähnlich hoch. Wird als<br />

Referenzgruppe die Stichprobe des 2. Messzeitpunkts genommen, beträgt die Beteiligungs-<br />

quote der Angehörigen der EG zum Katamnesezeitpunkt 77% und für die TG 75%.<br />

Auch für die Auswertung der Fragebögen der Angehörigen wurden nur diejenigen Datensätze<br />

von Personen herangezogen, die sowohl zum zweiten als auch zum dritten Messzeitpunkt ihre<br />

Fragebögen zurückgesandt hatten und deren zugehörige ehemalige Teilnehmerinnen am<br />

12-Wochen-Programm in die Auswertung mit eingehen konnten. Für die parallelisierte<br />

Gruppe von Angehörigen und den zugehörigen ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />

Programms konnten 23 Datensätze in die Auswertung der Nachuntersuchung eingehen.<br />

Es liegen keine systematischen Angaben zu Gründen vor, die zum Ausscheiden von Teil-<br />

nehmerinnen bzw. ihren Angehörigen an der Katamnesestudie geführt haben. Auf einigen der<br />

leer zurückgesandten Bögen wurden Hinderungsgründe an einer weiteren Teilnahme ver-<br />

merkt: So schied eine Teilnehmerin der 12-WG wegen Magersucht und eine Teilnehmerin der<br />

TG wegen Umzugs aus ihren jeweiligen Rheuma-Liga Ortsgruppen aus. Außerdem hatten<br />

sich zum Zeitpunkt der Katamnese zwei Gruppen aufgrund personeller Veränderungen<br />

aufgelöst, so dass trotz Einsatzes der Gruppenleiterinnen nicht alle ehemaligen Teil-<br />

60


nehmerinnen erreicht werden konnten (mündliche Mitteilung vom Landesgruppentreffen<br />

Rheuma-Liga e.V., April 2004). In der Angehörigengruppe schieden zwei Angehörige der EG<br />

wegen längerer Krankheit bzw. Krankenhausaufenthaltes aus und in der Angehörigengruppe<br />

der TG war ein Angehöriger verstorben.<br />

4.5.3. Soziodemografische Daten der Stichprobe der Teilnehmerinnen<br />

In Tabelle 1 werden die soziodemografischen Daten der Stichprobe zum 3. Messzeitpunkt<br />

hinsichtlich Alter, Geschlecht, Schulbildung und Personenstand für die beiden Gruppen<br />

getrennt wiedergegeben. Diese Angaben entstammen noch dem ersten Messzeitpunkt. Sie<br />

sind für den Katamnesezeitpunkt nicht noch einmal erhoben worden. Das Alter müsste<br />

dementsprechend in beiden Gruppen ein Jahr höher liegen. Die Angaben beziehen sich auf die<br />

zum 3. Messzeitpunkt vorliegende Untersuchungsgruppe, d.h. diese enthält nur Personen, die<br />

zu allen drei Messzeitpunkten Fragebögen ausgefüllt zurückgegeben hatten (s. 4.5.2.). Es<br />

besteht weiterhin zwischen beiden Gruppen ein signifikanter Altersunterschied (T = 2,4;<br />

df = 95; p = .016). Dabei ist die EG mit durchschnittlich 56,14 Jahren (SD = 8,3) deutlich<br />

älter als die TG mit einem Durchschnittsalter von 51,59 Jahren (SD = 9,1) (s. Tabelle 1). Der<br />

Anteil der Frauen an der Gesamtstichprobe ist in beiden Gruppen sehr hoch (12-WG:<br />

94.4% (34); TG: 93.4% (57)), der Anteil der Männer dagegen niedrig (12-WG: 5.6% (2); TG:<br />

6.6% (4)) und entspricht damit in etwa dem aufgrund der Erkrankung erwartbaren Verhältnis.<br />

Hinsichtlich der Schulbildung dominiert in beiden Stichproben der Hauptschulabschluss<br />

(12-WG: 41.7% (15); TG: 59% (36)). Die Mittlere Reife absolvierten in der 12-Wochen-<br />

Gruppe 30.6% (11) und in der Traditionellen Gruppe 23% (14). Das Abitur erreichten<br />

8.3% (3) der 12-WG und 6.6% (4) der TG. Einen Fachhochschulabschluss haben in der<br />

12-WG 13.9% (5) und in der TG 6.5% (4). 2 Personen in der 12-WG und 3 in der TG haben<br />

die Schule ohne Abschluss verlassen. Die prozentualen Häufigkeiten in beiden Bedingungen<br />

sind ähnlich verteilt. Ebenso sieht es bei der Verteilung der Kategorien bezüglich des<br />

Personenstandes aus: In beiden Gruppen ist der jeweils größte Anteil an Teilnehmerinnen<br />

verheiratet (12-W-G: 75% (27); TG: 78,7% (48)). In der 12-W-G sind darüber hinaus<br />

5,6% (2) ledig, 16,7% (6) verwitwet und 2,8% (1) geschieden. Von den Teilnehmerinnen der<br />

TG sind 6,6% (4) ledig, 6,6% (4) verwitwet und 8,2% (5) geschieden. Hinsichtlich den<br />

Verteilung der Kategorien in den Variablen Geschlecht, Schulbildung und Personenstand<br />

unterscheiden sich die Gruppen nicht signifikant voneinander (s. Tabelle 1).<br />

61


Tabelle 1: Soziodemografische Daten der Teilnehmerinnen<br />

Variablen Variablenausprägung 12-W-G TG Prüfgröße<br />

N = 36 N = 61<br />

Alter M = 56,14 M = 51,59 T = 2,4;<br />

SD = 8,33 SD = 9,12 df = 95; p = .016<br />

Geschlecht Weiblich 34 *(94,4%) 57 (93,4%) χ 2 = .039;<br />

df = 1; p = .843<br />

Männlich 2 (5,6%) 4 (6,6%)<br />

Schulbildung Kein Abschluss 2 (5,6%) 3 (4,9%) χ 2 = 3.232;<br />

df = 4; p = .520<br />

Hauptschule 15 (41,7%) 36 (59%)<br />

Mittlere Reife 11 (30,6%) 14 (23%)<br />

Abitur 3 (8,3%) 4 (6,55%)<br />

(Fach-)Hochschule 5 (13,9%) 4 (6,55%)<br />

Personenstand Ledig 2 (5,6%) 4 (6,6%) χ 2 = 3.396;<br />

df =3; p = .335<br />

Verheiratet 27 ( 75%) 48 (78,7%)<br />

Verwitwet 6 (16,7%) 4 (6,6%)<br />

Geschieden 1 (2,8%) 5 (8,2%)<br />

Anmerkungen: 12-W-G = 12-Wochen-Gruppen; TG = Traditionellen Gruppen<br />

*Prozentuale Angaben in Klammern<br />

Aktivität in der Rheuma-Liga zum Ausgangszeitpunkt<br />

Zum Ausgangspunkt der Studie engagierten sich 86,1% in der 12-Wochen-Bedingung und<br />

83,6% der Traditionellen Gruppen in der Rheuma-Liga. Dabei waren die Teilnehmerinnen der<br />

12-Wochen-Gruppen im Durchschnitt 5,1 Jahre aktiv (SD = 5,3) und die Teilnehmerinnen der<br />

Traditionellen Gruppen im Mittel 3,3 Jahre (SD = 3,2) (s. Tabelle 2). Die Gruppen unter-<br />

schieden sich somit prozentual nicht bezüglich ihres Engagements in der Rheuma-Liga<br />

voneinander, jedoch unterschieden sie sich signifikant in der Länge ihres Engagements in<br />

Jahren, wobei die Teilnehmerinnen der 12-WG deutlich länger in der Rheuma-Liga aktiv<br />

waren.<br />

Tabelle 2: Aktivität in der Rheuma-Liga<br />

Aktivität in der<br />

Rheuma-Liga<br />

12-WG<br />

N = 36<br />

TG<br />

N = 61*<br />

Prüfgröße n<br />

Ja 86,1% (31) 83,6% (51) χ 2 = .002; df = 1; p = .964 36/59<br />

Nein 13,9% (5) 13,1% (8)<br />

M In Jahren<br />

(SD)<br />

5,1 (5,3) 3,3 (3,2) T = 1.993.; df = 82; p = .05 31/51<br />

*In der TG fehlten 2 Angaben. Die prozentualen Angaben addieren sich daher nicht auf 100%.<br />

62


Weitere Teilnahme an Treffen der Rheuma-Liga<br />

Im Rahmen der Katamnese haben 59 Teilnehmerinnen aus den ehemaligen 12-Wochen-<br />

Gruppen den Fragebogen zurückgesandt. Aufgrund methodischer Überlegungen (s. 4.5.1.)<br />

schieden neun Personen für die weitere Auswertung aus. Von den verbleibenden 50 Personen<br />

geben 80% (40 Personen) an, weiterhin zu Treffen der Rheuma-Liga gegangen zu sein.<br />

18% (9) geben an, nicht mehr zu Treffen gegangen zu sein (1 missing). Reduziert man diese<br />

Gruppe auf diejenigen, die vor einem Jahr an mindestens der Hälfte der relevanten Treffen<br />

teilgenommen haben, so gehen von dieser Gruppe (36 Personen) noch 83% (30) weiterhin<br />

bzw. 17% (6) nicht mehr zu Rheuma-Liga-Gruppen. Vergleicht man diese Angaben mit<br />

denen der ehemaligen Teilnehmerinnen der TG so ergibt sich dort ein sehr ähnliches Bild:<br />

Von 61 Personen gehen 82% (50) weiterhin zu Treffen der Rheuma-Liga und 18% (11) gehen<br />

nicht weiter zu den Treffen (s. Tabelle 3).<br />

Tabelle 3: Weitere Teilnahme an Treffen der Rheuma-Liga<br />

Weitere Teilnahme an 12-W-G TG<br />

Prüfgröße n<br />

Treffen der Rheuma-Liga N = 36 N = 61<br />

Ja 83,3% (30) 82% (50) Χ 2 = .029; df = 1; p = .864 36/61<br />

Nein 16,7% (6) 18% (11)<br />

Hinderungsgründe für die Teilnahme an Treffen der Rheuma-Liga<br />

Auch zum 3. Messzeitpunkt wurden Hinderungsgründe für die Teilnahme an den Treffen der<br />

Rheuma-Liga erhoben (s. Tabelle 4). Von den Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen<br />

geben 30,6% (11 Personen) an, durch einige der möglichen Hinderungsgründe von der Teil-<br />

nahme an Treffen der Rheuma-Liga abgehalten worden zu sein (hierbei waren Mehrfach-<br />

nennungen möglich): 13,9% (5) geben an, durch organisatorische Gründe an der Teilnahme<br />

gehindert gewesen zu sein, 11,1% (4) führen gesundheitliche Gründe an und je eine Person<br />

konnte aufgrund familiärer bzw. gruppenspezifischer Gründe nicht an Treffen teilnehmen. In<br />

den Traditionellen Gruppen geben 49,2% aller Teilnehmerinnen (30 Personen) Hinderungs-<br />

gründe an: Gesundheitliche Gründe stehen dabei mit fast einem Viertel der Untersuchungs-<br />

gruppe an erster Stelle (24,6%; 15 Personen), gefolgt von familiären Gründen (16,4%;<br />

10 Personen) und organisatorischen Hinderungsgründen (8,2%; 10 Personen).<br />

63


Tabelle 4: Hinderungsgründe für die weitere Teilnahme zu t3<br />

Hinderungsgründe 12-WG TG<br />

Gesundheit (incl.<br />

aus N =36 aus N = 61<br />

Arzttermine & Kuraufenthalte) 11,1% (4) 24,6% (15)<br />

Organisation 13,9% (5) 8,2% (5)<br />

Familie<br />

Beruf<br />

Urlaub<br />

2,8% (1) 16,4% (10)<br />

Gruppe 2,8% (1)<br />

Da bei dieser Frage Mehrfachnennungen erlaubt waren, wird von einer statistischen Prüfung<br />

des Unterschieds zwischen beiden Gruppen abgesehen. Es fällt aber auf, dass in den Traditio-<br />

nellen Gruppen deutlich mehr Hinderungsgründe benannt werden und diese sich zwar über-<br />

wiegend auf die gleichen Kategorien beziehen, dort jedoch anders verteilt zu sein scheinen.<br />

Hier ist insbesondere zu nennen, dass fast ein Viertel dieser Gruppe angibt, aufgrund gesund-<br />

heitlicher Gründe an Treffen gefehlt zu haben, während dies in der ehemaligen Experimental-<br />

gruppe nur rund 11% als Hinderungsgrund für die Teilnahme anführen. Dabei haben in<br />

beiden Gruppen prozentual gleich viele Personen weiterhin an den Treffen teilgenommen.<br />

Allgemein kann bei den Angaben zu t3 angenommen werden, dass insgesamt weniger Gründe<br />

für die Verhinderung an der Teilnahme von Treffen aufgeführt werden als zu t2, da der be-<br />

trachtete Zeitraum, an dem an Treffen teilgenommen werden konnte, viel größer ist (d.h. auch<br />

wenn in absoluten Zahlen eine größere Anzahl an Treffen innerhalb <strong>eines</strong> Jahres versäumt<br />

worden sein kann, so ist das relative Verhältnis bezogen auf den 12-Wochen-Zeitraum (ohne<br />

die entsprechenden Auswahl-/Ausweichmöglichkeiten) günstiger). Denkbar wäre aber auch<br />

eine gegenläufige Argumentation: innerhalb <strong>eines</strong> Jahres könnte jede Teilnehmerin viel<br />

häufiger und auch in allen Bereichen von Hinderungsgründen zur Teilnahme betroffen<br />

werden). Der Vergleich der Angaben zu den beiden Messzeitpunkten jeweils für die Gruppen<br />

getrennt ergibt folgendes Bild (s. Tabelle 5):<br />

Tabelle 5: Hinderungsgründe an der (weiteren) Teilnahme: Vergleich t2 - t3, 12-WG - TG<br />

Hinderungsgründe T2<br />

12-WG<br />

(n aus N = 36)<br />

T3<br />

12-WG<br />

(n aus N = 36)<br />

T2<br />

TG<br />

(n aus N = 61)<br />

T3<br />

TG<br />

(n aus N = 61)<br />

Gesundheit 25% (9) 11,1% (4) 23% (14) 24,6% (15)<br />

Organisation 16,7% (6) 13,9% (5) 4,9% (3) 8,2% (5)<br />

Familie 13,9% (5) 2,8% (1) 9,8% (6) 16,4% (10)<br />

Beruf<br />

Urlaub<br />

Gruppe 2,8% (1) 2,8% (1)<br />

64


Betrachtet man die Angaben zum Zeitpunkt der Katamnese fällt als erstes die starke Abnahme<br />

des Bereichs „Gesundheit“ als Hinderungsgrund für die Teilnahme an Treffen der Rheuma-<br />

Liga bei der behandelten Gruppe auf (von 25% auf 11,1%), während prozentual dieser<br />

Bereich in der Traditionellen Gruppe zu beiden Zeitpunkten annähernd gleich geblieben ist<br />

(23% bzw. 24,6%). Das Verhältnis von organisatorischen Hinderungsgründen bezogen auf die<br />

jeweils noch in Gruppen Engagierten scheint unabhängig vom betrachteten Zeitraum<br />

aufzutreten und innerhalb der Gruppen ungefähr gleich zu bleiben. Er liegt in der EG<br />

allerdings höher als in der TG (ca. 15% in der EG, beide Messzeitpunkte; 6,5% in der TG,<br />

beide Messzeitpunkte). Familiäre Umstände spielen als Hinderungsgründe ebenfalls in beiden<br />

Gruppen eine Rolle: Während hier in der EG eine deutliche Abnahme zur Katamnese zu<br />

verzeichnen ist (von ca. 14% auf ca. 3%), geben in der TG mehr der Befragten in diesem<br />

Bereich an, an der Teilnahme an Treffen gehindert worden zu sein (Zunahme von ca. 10% auf<br />

ca. 16,5%). Die erfragten Kategorien „Beruf“ und „Urlaub“ erwiesen sich als nicht relevant,<br />

wohl deswegen, weil ein Großteil der Stichprobe bereits nicht mehr erwerbstätig ist (ca. 63%<br />

beider Gruppen sind nicht berufstätig und zusätzlich 12,7% (TG) bzw. knapp 18% (EG) zu t1<br />

arbeitsunfähig geschrieben- die Angaben wurden nur zu t1 erhoben; s. Schmidt, 2003). Auch<br />

Schwierigkeiten in Bezug auf die Gruppen werden nicht als Hinderungsgründe genannt (nur<br />

eine Person in der EG), wobei anzumerken ist, dass durchaus einige der Gruppen in dem<br />

1-Jahreszeitraum personelle Schwierigkeiten auszutragen hatten, was zum Beispiel zur<br />

Auflösung von zwei der Gruppen führte, die am 12-Wochen-Programm teilgenommen hatten<br />

(mündliche Mitteilung vom Landesgruppentreffen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg<br />

e.V., April 2004). Bemerkenswert ist dabei, dass auch aus diesen Gruppen noch Rück-<br />

sendungen im Rahmen der Katamnese kamen und sich diese Schwierigkeiten auch zu t3 nicht<br />

nennenswert in der Begründung für ein Fernbleiben der Treffen nieder schlugen. Andererseits<br />

kann die Frage natürlich auch von denjenigen, die keine Möglichkeit mehr hatten, sich in<br />

einer Gruppe zu engagieren, unbeantwortet geblieben sein.<br />

4.5.4. Angaben der Angehörigen<br />

Außer dem Verhältnis, in dem die Angehörigen zu den Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />

Programms stehen, und der Frage, ob die Angehörigen mit in einem Haushalt leben, wurden<br />

keine weiteren soziodemografischen Angaben zu den Angehörigen erhoben. In Tabelle 6<br />

werden die Häufigkeiten und entsprechenden prozentualen Angaben wiedergegeben. Diese<br />

wurden sowohl zu t1 als auch zu t3 erhoben und stimmten für die 23 Datensätze der Katam-<br />

nese überein, so dass davon ausgegangen werden kann, dass es sich tatsächlich um dieselben<br />

65


Angehörigen handelt. Den überwiegenden Anteil an Bezugspersonen stellen dabei Ehepartner<br />

dar (21 von 23 bzw. 91%). In einem Fall handelt es sich um einen nicht-ehelichen Partner und<br />

in einem weiteren Fall um ein Kind einer Teilnehmerin. 91,3% leben mit ihren Angehörigen<br />

in einem gemeinsamen Haushalt und 2 Personen (8,7%) leben in einem getrennten Haushalt.<br />

Tabelle 6: Verhältnis des Angehörigen zur Teilnehmerin<br />

Item n (aus N = 23) % (aus N = 23)<br />

In welchem Verhältnis stehen Sie zu Ihrem Angehörigen?<br />

Der Angehörige / die Angehörige ist...<br />

Ehemann / Ehefrau 21 91,3<br />

Partner/Partnerin 1 4,3<br />

Elternteil (Vater/Mutter) 0 0<br />

Kind (Tochter/Sohn) 1 4,3<br />

Leben Sie mit dem Angehörigen in einem Haushalt?* 21 / 2 91,3 / 8,7<br />

*= ja/nein<br />

4.6. Datenanalyseverfahren und Auswertungsmethodik<br />

Zur Auswertung der Daten kamen verschiedene Datenverarbeitungsprogramme zum Einsatz:<br />

für die Eingabe und Verwaltung der Rohdaten wurden die Programme Exel (Microsoft<br />

Corporation, 1985-2000) und Word (Microsoft Corporation, 1983-2001) verwendet, für die<br />

Auswertung des BSI WIN BSI (dt. Version, Hogrefe, 2000) und für die statistischen<br />

Auswertungen SPSS WIN (Version 10.0., SPSS Incorporation, 1999).<br />

Die Auswertung der Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen orientiert sich an der<br />

methodischen Vorgehensweise bei Schmidt (2003). Es handelt sich vornehmlich um eine de-<br />

skriptive Auswertung. Da es sich im Fall der Nachuntersuchung allerdings nicht um eine Ein-<br />

punkterhebung handelt, werden hier die Programmbewertungen durch die Teilnehmerinnen<br />

zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung mit den Bewertungen direkt im Anschluss an die<br />

Durchführung des 12-Wochen-Programms mittels einfaktorieller Varianzanalysen mit Mess-<br />

wiederholung verglichen. Als Faktor wird der Messzeitpunkt zweistufig definiert (t2 und t3).<br />

Diese Vorgehensweise entspricht jeweils einem gepaarten T-Test für abhängige Stichproben.<br />

In der ersten Auswertung wurden verschiedene Items zu Skalen zusammengefasst und hierfür<br />

die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) berechnet, um zu überprüfen, ob für eine derartige<br />

inhaltliche Bündelung eine statistische Rechtfertigung gegeben werden kann. Die internen<br />

Konsistenzen betrugen .56 (Skala Physiotherapeutische Übungen), .71 (Skala Information)<br />

und .88 (Skala Psychologische Themen). Die Bündelungen der Items zu den entsprechenden<br />

Skalen werden ohne erneute Prüfung übernommen, um eine Vergleichbarkeit der betrachteten<br />

66


Aspekte zu beiden Messzeitpunkten zu gewährleisten. Für die Auswertung der zusätzlich zum<br />

3. Messzeitpunkt erhobenen Verhaltensweisen wird ebenfalls eine inhaltliche Bündelung von<br />

Items zu verschiedenen Skalen vorgenommen. Diese erfolgte anhand rational-logischer Über-<br />

legungen. Von einer Prüfung der internen Konsistenz wurde aufgrund der deutlich kleineren<br />

Stichprobe abgesehen (Itemzusammenfassung s. 5.3.2.).<br />

Bei der Auswertung der Angaben der Angehörigen werden im Rahmen dieser Arbeit vor-<br />

nehmlich die Daten zum 3. Messzeitpunkt berücksichtigt. Diese werden mit den Angaben der<br />

ehemaligen Teilnehmerinnen soweit möglich in Bezug gesetzt, so dass es sich um den Ver-<br />

gleich der gepaarten Datensätze der 12-WG mit denen der Angehörigen (A-12-WG) handelt.<br />

Die Auswertungen in dem Bereich der alltäglichen Bewältigungsstrategien sind vorwiegend<br />

deskriptiver Art, da es sich überwiegend um kategoriale Daten handelt. Die Prüfung von Zeit-<br />

und Gruppenunterschieden erfolgt daher anhand von Chi-Quadrat-Tests. Zur Überprüfung<br />

von weiteren Unterschiedshypothesen werden zweifaktorielle Varianzanalysen (ANOVA) mit<br />

den Faktoren „Gruppe“ und „Messwiederholung“ berechnet. Der Faktor „Gruppe“ unter-<br />

scheidet dabei zwischen den beiden Untersuchungsgruppen (EG vs. TG) (Between-Faktor).<br />

Der Faktor „Messzeitpunkt“ unterscheidet zwischen dem Messzeitpunkt direkt im Anschluss<br />

an die Durchführung des 12-Wochen-Programms (t2) und dem Zeitpunkt der Nachunter-<br />

suchung ein Jahr später (t3) (Within-Faktor). Die Berechnung von zweifaktoriellen Varianz-<br />

analysen wurde für die Auswertung der aktiven Bewältigungsstrategien (neu gebildete<br />

Skalen) vorgenommen.<br />

5. Ergebnisse<br />

Die Darstellung der Ergebnisse wird in folgende Bereiche gegliedert: Unter 5.1. werden die<br />

Ergebnisse zur Akzeptanz des 12-Wochen-Programms und der Programmbeurteilung durch<br />

die ehemaligen Teilnehmerinnen dargestellt. In Abschnitt 5.2. werden die Ergebnisse aus den<br />

Angaben der Angehörigen präsentiert. Unter 5.3. werden die Ergebnisse der Auswertung der<br />

alltäglichen Bewältigungsstrategien im Vergleich der beiden Untersuchungsgruppen sowie im<br />

Vergleich zu den im Programm vermittelten Strategien dargestellt.<br />

5.1. Direkte <strong>Evaluation</strong><br />

Die Ergebnisse der Direkten <strong>Evaluation</strong> beruhen auf den direkten Angaben der ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zu der Durchführung und Bewertung des<br />

gesamten Programms bzw. der einzelnen Elemente des Programms. Die Akzeptanz des<br />

12-Wochen-Programms wurde bei Schmidt (2003) gemessen an der Teilnahme an den<br />

67


Programmbausteinen und an der positiven Resonanz, die erhoben wurde über die positive<br />

subjektive Bewertung der Elemente durch die Teilnehmerinnen. Im Rahmen der Katamnese<br />

kann eine differenziertere Auswertung erfolgen, da nicht nur die Teilnahme an den<br />

Programmbausteinen gemessen wurde, sondern auch die Veränderung in der individuellen<br />

Akzeptanz der Bausteine in Form von einer Veränderung der Kombination an Maßnahmen<br />

ersichtlich wird. Unter 5.1.1. wird zunächst auf die Durchführung der selbständig weiter<br />

durchführbaren Maßnahmen allgemein in der Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen zu t3<br />

eingegangen. Dann wird betrachtet, wer von denjenigen, die zu t2 bestimmte Maßnahmen<br />

durchführten, diese noch zu t3 beibehält. Und abschließend wird die Teilnahme an den<br />

Maßnahmen aufgeschlüsselt in die prozentuale Zusammensetzung zu t3 anhand der Verän-<br />

derungen des individuellen Durchführungsmusters. Es folgen die subjektive Gesamtbewer-<br />

tung des Programms sowie die Bewertung seiner Bestandteile unter 5.1.2. und 5.1.3. In 5.1.4.<br />

werden verschiedene Aspekte der Durchführung beurteilt. Und in 5.1.5. wird die Ein-<br />

schätzung der Auswirkungen des Programms auf die Bereiche Familie / Partnerschaft und<br />

Inanspruchnahme des Gesundheitswesens ausgewertet.<br />

5.1.1. Akzeptanz des 12-Wochen-Programms<br />

Für die Beurteilung der Akzeptanz des 12-Wochen-Programms zum Katamnesezeitpunkt soll<br />

betrachtet werden, welche Maßnahmen im Verlauf des einen Jahres weiter durchgeführt<br />

wurden, wie sich die Zusammensetzung des individuellen Durchführungsmusters verändert<br />

hat und wie viele Maßnahmen im Durchschnitt weiter durchgeführt werden.<br />

Auf die Frage hin, ob die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms be-<br />

stimmte Maßnahmen des Programms ganz oder teilweise weiter durchführen, zeigt sich, dass<br />

auch ein Jahr später die Bereitschaft, einzelne Bausteine des Programms durchzuführen, noch<br />

verhältnismäßig groß ist (s. Tabelle 7): Ernährungsumstellung, Entspannungsübung und<br />

Dehnübung werden von 81% selbständig durchgeführt. Je ca. 70% führen die Gymnastik-<br />

übungen, die Übungen mit Gymnastikband sowie die Selbstbeobachtungsübung durch. Der<br />

Anteil an Teilnehmerinnen, die die Übungen mit dem Gymnastikball ausführen liegt bei 50%.<br />

Nur ein Fünftel (ca. 20%) der Gruppe führt Schmerztagebuch. Ein Jahr nach der Teilnahme<br />

am 12-Wochen-Programm führen somit 70 – 80% der ehemaligen Teilnehmerinnen mit<br />

Ausnahme von zwei Elementen die selbständig weiter durchführbaren Programmelemente<br />

durch, wobei ein Element bereits zur Programmdurchführung nicht von allen Teilnehmer-<br />

innen praktiziert werden konnte (Übungen mit Gymnastikball) und der Anteil derjenigen, die<br />

diese Übung durchführen, fast so groß ist wie zu t2.<br />

68


Tabelle 7: Teilnahme bzw. (teilweise) Durchführung der Programmbausteine*<br />

T2<br />

(Teilnahme)<br />

Prozentualer<br />

Anteil<br />

(n aus N = 36)<br />

T3<br />

(Durchführung)<br />

Prozentualer<br />

Anteil**<br />

(n aus N = 36)<br />

Ernährungsumstellung 88,9% (32) 80,6% (29)<br />

Entspannungsübung 94,4% (34) 80,6% (29)<br />

Dehnübungen 100% (36) 80,6% (29)<br />

Gymnastikübungen 94,4% (34) 72,2% (26)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikband 83,3% (30) 72,2% (26)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikball 55,6% (20) 50% (18)<br />

Selbstbeobachtungsübung 91,7% (33) 66,7% (24)<br />

Schmerztagebuch 91,7% (33) 19,4% (7)<br />

* In Tabelle 7 sind nur diejenigen der ursprünglichen Elemente des 12-Wochen-Programms<br />

aufgeführt, die auch selbständig (d.h. allein oder innerhalb der Gruppe) nach dem Ende des<br />

Programms fortgeführt werden konnten (nicht mehr enthalten sind die Items Partnertreffen, die<br />

Psychologischen Themen und die Informativen Themen).<br />

** Die auf 100% ergänzenden Prozente setzen sich aus Teilnehmerinnern zusammen, die die<br />

Maßnahmen nicht durch- bzw. weitergeführt haben oder die Frage unbeantwortet ließen.<br />

Zu t2 haben nicht alle Teilnehmerinnen alle Programmbausteine durchgeführt, sondern je ein<br />

individuelles Muster an Programmelementen. Die individuelle Zusammenstellung der Ele-<br />

mente, die zu t2 tatsächlich durchgeführt wurden, beruht auf der Freiwilligkeit der Durch-<br />

führung der Elemente, dem Fehlen an einzelnen Treffen, in denen bestimmte Programm-<br />

elemente durchgenommen wurden, der ausdrücklichen Anweisung, sich nicht zu überfordern<br />

in der Durchführung des Programms und seiner Elemente und dem vereinzeltem Auslassen an<br />

Antwortmöglichkeiten im Fragebogen. Zu t3 konnten die ehemaligen Teilnehmerinnen ent-<br />

sprechend ihr individuell akzeptiertes Durchführungsmuster an Programmelementen bei-<br />

behalten, einzelne Maßnahmen aufgeben, andere neu integrieren oder Maßnahmen gegen-<br />

einander austauschen. Die Angaben in Tabelle 7 liefern somit einen Eindruck der allgemeinen<br />

Akzeptanz der selbständig weiter durchführbaren Programmbausteine ein Jahr nach der Teil-<br />

nahme am gesamten Programm, unabhängig davon, ob die Elemente bereits zu t2 Teil der<br />

persönlichen Zusammenstellung an Elementen war oder nicht. Daher wird in Tabelle 8 ge-<br />

sondert betrachtet, wie die Teilnahme an den Programmbausteinen zum Zeitpunkt der<br />

Katamnese im Vergleich zum 2. Messzeitpunkt ist, wenn die Auswertung beschränkt wird auf<br />

diejenigen, die jeweils die entsprechenden Maßnahmen bereits zu t2 in ihrem individuellen<br />

Durchführungsmuster enthielten (s. Tabelle 8): Die Beibehaltensquote von Maßnahmen, die<br />

bereits zu t2 durchgeführt wurden, beträgt für sieben der acht Maßnahmen einen Prozentsatz<br />

≥ 69,7%. Das heißt, dass mindestens 70% derjenigen, die von diesen sieben Maßnahmen<br />

einen Baustein zu t2 tatsächlich durchgeführt haben, diesen auch ein Jahr später noch ganz<br />

69


oder teilweise weiter durchführen. Nur für das Führen <strong>eines</strong> Schmerztagebuchs liegt der<br />

Prozentsatz des Weiterdurchführens bei ungefähr einem Fünftel (21,2%) derjenigen und weist<br />

somit die mit Abstand niedrigste Beibehaltensquote aller Maßnahmen auf. Die geringste Bei-<br />

behaltensquote der anderen sieben Maßnahmen besteht bei den Übungen mit dem Gymnastik-<br />

ball bzw. Gymnastikband (69,7 bzw. 70%), die höchste bei dem Baustein Ernährungsum-<br />

stellung (84,4%). Bezogen auf die gesamte Gruppe (N = 36 Personen) bedeutet dies, dass die<br />

einzelnen Maßnahmen zu einem Prozentsatz zwischen 19,4% (7 Personen; Schmerztagebuch<br />

führen) bis 80,6% (29 Personen; Entspannungsübungen) zum Katamnesezeitpunkt durch-<br />

geführt werden.<br />

Tabelle 8: Beibehalten von Maßnahmen von t2 zu t3*<br />

T2<br />

Teilnahme<br />

Prozentualer<br />

Anteil<br />

(n aus N = 36)<br />

T3<br />

Fortführung<br />

Prozentualer<br />

Anteil an t2**<br />

70<br />

T3<br />

Fortführung<br />

Prozentualer<br />

Anteil<br />

(n aus N = 36)<br />

Ernährungsumstellung 88,9% (32) 84,4% 75% (27)<br />

Entspannungsübung 94,4% (34) 80,6% 80,6% (29)<br />

Dehnübungen 100% (36) 73,5% 69,4% (25)<br />

Gymnastikübungen 94,4% (34) 76,7% 63,9% (23)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikband 83,3% (30) 70% 38,9% (14)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikball 55,6% (20) 69,7% 63,9% (23)<br />

Selbstbeobachtungsübung 91,7% (33) 79,4% 75% (27)<br />

Schmerztagebuch 91,7% (33) 21,2% 19,4% (7)<br />

* Die auf 100% ergänzenden Prozente setzen sich aus Teilnehmerinnern zusammen, die die<br />

Maßnahmen nicht durch- bzw. weitergeführt haben oder die Frage unbeantwortet ließen. Die Angaben<br />

sind auf eine Nachkommastelle gerundet.<br />

**Die Teilnahmequote zu t2 gilt hier als 100%.<br />

Tabelle 9 zeigt die Zusammensetzung der Teilnahme an den Programmbausteinen zu t3 unter-<br />

gliedert in diejenigen, die eine Maßnahme schon zu t2 durchführten und zu t3 beibehalten,<br />

diejenigen, die eine Maßnahme zu t2 durchführten und zu t3 aufgeben und diejenigen, die<br />

eine Maßnahme zu t2 nicht durchführten, aber zu t3 hinzunehmen. Fehlende Angaben ergän-<br />

zen die Kategorien Beibehalten und Aufgeben auf 100%. Gemäß dem geringen Anteil an<br />

Personen, die die Maßnahme Schmerztagebuch führen beibehalten, ist hier der Anteil der-<br />

jenigen, die die Maßnahme aufgeben, mit Abstand am höchsten und beträgt 78,8%. Der<br />

Anteil derjenigen, die die anderen Maßnahmen aufgegeben haben, schwankt zwischen 16,7%<br />

(Entspannungsübung) und 26,5% (Dehnübungen). Neu hinzugenommen wurden zu je 100%<br />

des Anteils derjenigen, die die Maßnahme zu t2 nicht durchgeführt hatten, die Elemente<br />

Ernährungsumstellung, Dehnübungen und die Selbstbeobachtungsübung. Auf die gesamte


Gruppe bezogen sind dies 2,8 bis 5,6%. Die Gymnastikübungen wurden zur Hälfte derjeni-<br />

gen, die sie zu t2 nicht durchgeführt hatten, zur Katamnese aufgegriffen (8,3% der Gesamt-<br />

gruppe). Die Muskelaufbauübungen wurden zu 25% (mit Gymnastikband) bzw. zu 33% (mit<br />

Gymnastikball) aufgenommen (11,1 bzw. 2,8% der Gesamtgruppe). Das Führen <strong>eines</strong><br />

Schmerztagebuchs wurde von keiner der Personen, die diese Maßnahme zu t2 nicht durch-<br />

führte, zu t3 aufgenommen.<br />

Tabelle 9: Zusammensetzung der Teilnahme an den Programmbausteinen zu t3*<br />

Beibehalten Aufgegeben Hinzugenommen**<br />

%<br />

%<br />

%<br />

Ernährungsumstellung 84,4 12,5 100 (2 aus 2)<br />

(5,6% aus 36)<br />

Entspannungsübung 80,6 16,7 ***<br />

Dehnübungen 73,5 26,5 100 (1 aus 1)<br />

(2,8% aus 36)<br />

Gymnastikübungen 76,7 20 50 (3 aus 6)<br />

(8,3% aus 36)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikband 70 25 25 (4 aus 16)<br />

(11,1% aus 36)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikball 69,7 24,2 33,3 (1 aus 3)<br />

(2,8 aus 36)<br />

Selbstbeobachtungsübung 79,4 20,6 100 (2 aus 2)<br />

(5,6% aus 36)<br />

Schmerztagebuch 21,2 78,8 0 (0 aus 3)<br />

(0% aus 36)<br />

* Die auf 100% ergänzenden Prozente setzen sich aus Teilnehmerinnern zusammen, die die Frage<br />

unbeantwortet ließen. Die Angaben sind auf eine Nachkommastelle gerundet.<br />

**Die Prozentangabe bezieht sich auf den Prozentsatz derjenigen, die zu t2 die entsprechende<br />

Maßnahme nicht durchgeführt hatten. In dem ersten Klammerausdruck steht die Häufigkeitsangabe n<br />

aus der Anzahl derjenigen, die zu t2 die Maßnahme nicht durchgeführt hatten. In dem 2. Klammerausdruck<br />

steht der Prozentsatz umgerechnet auf die gesamte Gruppe mit N = 36 Personen.<br />

*** Diese Maßnahme hatten zu t2 alle durchgeführt.<br />

Aufgrund der quantitativen Besonderheit des Bausteins Schmerztagebuch führen gegenüber<br />

den anderen sieben Maßnahmen wird für die folgende qualitative Betrachtung der Teilnahme<br />

an den Maßnahmen dieser Baustein aus der Betrachtung herausgenommen. Wird die Teil-<br />

nahme an den Maßnahmen über die 36 Personen betrachtet, können verschiedene Durch-<br />

führungstypen unterschieden werden: Es gibt Personen, die alle Maßnahmen, die sie zu t2<br />

durchführten, auch nach einem Jahr noch ganz oder teilweise durchführen (Beibehalter;<br />

8 Personen). Einige wechseln Maßnahmen des Programms, d.h. sie geben mindestens eine<br />

Maßnahme des Programms auf und nehmen dafür mindestens eine neu hinzu (Wechsler; 8).<br />

Andere geben keine Maßnahme auf, aber nehmen mindestens eine hinzu (Erweiterer; 2). Eini-<br />

ge Personen geben einige Maßnahmen auf (Reduzierer; 14). Eine Teilnehmerin fällt mit ihrem<br />

71


Muster an Kombinationsmöglichkeiten besonders auf: Sie hatte zu t2 sechs Maßnahmen<br />

durchgeführt und alle zu t3 aufgegeben (nicht zugeordnet). Für drei Personen liegen keine<br />

vollständigen Datensätze über alle Maßnahmen vor (s. Tabelle 10). Somit wird in fast 40%<br />

der Fälle die individuelle Zusammenstellung der Durchführung von Maßnahmen zum Zeit-<br />

punkt der Katamnese verkleinert. Je ca. 22% behalten ihre Auswahl bei bzw. verändern sie.<br />

Und 5,6% erweitern ihre individuelle Auswahl. Bei einer Person (2,8%) kann von einer<br />

Aufgabe der Durchführung bzw. einem Abbruch gesprochen werden.<br />

Tabelle 10: Qualitative Betrachtung der Teilnahme an Programmbausteinen<br />

Durchführungstyp % (n aus N = 36)<br />

Beibehalter 22,2 (8)<br />

Reduzierer 38,9 (14)<br />

Wechsler 22,2 (8)<br />

Erweiterer 5,6 (2)<br />

Fehlende Angaben 8,3 (3)<br />

Sonstige 2,8 (1)<br />

Zu t2 hatten alle Personen mindestens fünf der acht Maßnahmen durchgeführt. Wird zu<br />

t3 betrachtet, wie viele Maßnahmen durchgeführt werden, ergibt sich folgendes Bild<br />

(s. Tabelle 11): Eine Person führt kein einziges Programmelement mehr durch. Je eine Person<br />

führt ein bzw. zwei Elemente durch. Zwei Personen führen drei Maßnahmen durch. Damit<br />

führen 11,2% der Gruppe nur noch 1-3 Maßnahmen, also weniger als die Hälfte der Maß-<br />

nahmen, selbständig weiter durch. 16,7% (6 Personen) führen genau die Hälfte der selb-<br />

ständig durchführbaren Elemente auch ein Jahr nach dem Abschluss des Programms weiter<br />

durch. Und 63,8% (23 Personen) führen auch ein Jahr nach Abschluss des Programms mehr<br />

als die Hälfte der Maßnahmen (5-8) weiter fort.<br />

Tabelle 11: Häufigkeitsverteilung für die Anzahl an durchgeführten Maßnahmen t2 - t3<br />

T2 %<br />

(n aus N = 36)<br />

T3 %<br />

(n aus N = 36)<br />

Anzahl der durchgeführten Maßnahmen<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 Fehlende Angaben<br />

2,8<br />

(1)<br />

2,8<br />

(1)<br />

2,8<br />

(1)<br />

5,6<br />

(2)<br />

16,7<br />

(6)<br />

13,9<br />

(5)<br />

11,1<br />

(4)<br />

19,4<br />

(7)<br />

19,4<br />

(7)<br />

27,8<br />

(10)<br />

25<br />

(9)<br />

36,1<br />

(13)<br />

8,3<br />

(3)<br />

2,8<br />

(1)<br />

5,6<br />

(2)<br />

72


5.1.2. Gesamtbewertung des Programms<br />

In die Auswertung der Gesamtbewertung gehen nur diejenigen Personen in die Betrachtung<br />

ein, die bereits zu t2 eine Bewertung vorgenommen hatten, um eine Aussage über die<br />

Veränderung der subjektiven Gesamtbewertung nach einem Jahr machen zu können.<br />

Wie bereits zu t2 liegt zum Zeitpunkt der Katamnese der Schwerpunkt der linksschiefen<br />

Verteilung im positiven Wertungsbereich (Bereich 7-10 Punkte). 77,7% der Befragten<br />

beurteilen ein Jahr später das gesamte Programm als wirksam bis sehr wirksam gegenüber<br />

77,8% zu t2. Der Mittelwert der Gesamtbewertung sank leicht von 8.23 auf 8.06, bei einer<br />

größeren Einheitlichkeit der abgegebenen Wertungen (t2: SD = 1.69; t3: SD = 1.34). Zu t3<br />

berichten drei Personen, keine Wirkung des Programms wahrgenommen zu haben (Vorjahr:<br />

eine Person). Keine Person nahm eine negative Gesamtbewertung vor, während das<br />

Programm zum 2. Messzeitpunkt von einer Person deutlich negativ beurteilt worden war<br />

(2 Punkte) (s. Tabelle 12). Die Veränderung der durchschnittlichen Bewertung des<br />

Programms ist nicht signifikant (F = .547; df = 30; p = .465; n = 31).<br />

Tabelle 12: Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms<br />

T2 %**<br />

Häufigkeitsverteilung für die Gesamtbewertung*<br />

Punkte 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

(n = 31)<br />

T3 %**<br />

(n = 31)<br />

2,8<br />

(1)<br />

*0 = sehr negativ, 5 = keine Wirkung, 10 = sehr positiv<br />

**an N = 36; fehlende Wertepaare: 13,9%, n = 5<br />

5.1.3. Bewertung der Programmbausteine<br />

In die Auswertung der Bewertung der Programmbausteine gehen nur diejenigen ein, die<br />

bereits zu t2 für die entsprechende Maßnahme eine Bewertung vorgenommen hatten, um eine<br />

Aussage über die Veränderung der subjektiven Bewertung nach einem Jahr machen zu<br />

können. In einem ersten Auswertungsschritt werden die Bewertungen der ganz oder teilweise<br />

weiter durchführbaren Programmbausteine (unabhängig davon, ob sie selbstständig oder in<br />

der Gruppe durchgeführt wurden) zu t3 wiedergegeben. Danach werden auch die psycho-<br />

logischen und informativen Themen beurteilt, wobei diese nicht in gleicher Form wie im<br />

Programm weiter durchgeführt werden konnten (eine weitere Beschäftigung mit den an-<br />

geregten Themen kann natürlich stattgefunden haben). Es geht hierbei um eine Einschätzung<br />

2,8<br />

(1)<br />

8,3<br />

(3)<br />

2,8<br />

(1)<br />

13,9<br />

(5)<br />

11,1<br />

(4)<br />

13,9<br />

(5)<br />

36,1<br />

(13)<br />

36,1<br />

(13)<br />

19,4<br />

(7)<br />

73<br />

13,9<br />

(5)<br />

11,1<br />

(4)


der Wirksamkeit dieser Elemente des Programms aus Langzeitperspektive. Auf Bewertungen<br />

bezüglich des Partnerschaftstreffens wird gesondert in anderem Zusammenhang in Bezug auf<br />

die Auswirkung des Programms auf den Bereich Familie / Partnerschaft eingegangen<br />

(s. 5.1.5.)). Gemäß der Auswertung zum 2. Messzeitpunkt werden einige der Programm-<br />

elemente zu größeren Einheiten zusammengefasst (s. Tabelle 13). Die Zusammenfassung<br />

erfolgte nach rational-logischen Gesichtspunkten. Die Überprüfung der internen Konsistenz<br />

war genügend zufrieden stellend (s. 4.6.).<br />

Tabelle 13: Überblick über die Zusammensetzung der gebündelten Programmbausteine<br />

Programmbausteine, gebündelt Item* (Nr.**)<br />

Physiotherapeutische Übungen Dehnübungen (503)<br />

Gymnastikübungen (504)<br />

Muskelaufbau / Gymnastikband (505)<br />

Muskelaufbau / Gymnastikball (506)<br />

Informationseinheiten Gesunder Schlaf (524)<br />

Umgang mit Ärzten und dem medizinischen System (525)<br />

Notfälle erkennen und managen (528)<br />

Psychologische Themen Pflege des eigenen Körpers (516)<br />

Womit kann ich mir gut tun? (517)<br />

Pflicht und Verantwortung (518)<br />

Nein sagen (519)<br />

Umgang mit Schmerz (520)<br />

Perlenfischen im Alltag (526)<br />

Anerkennung (527)<br />

*Einzelne Programmbausteine wurden der vereinfachten Darstellung halber in ihrer Bezeichnung<br />

abgekürzt.<br />

**Die Nummerierung der Items entspricht ihrer Nummerierung zu t3.<br />

Die Bewertung der einzelnen Programmbausteine direkt nach Beendigung des 12-Wochen-<br />

Programms (t2) ergab folgendes Bild: alle durchschnittlichen Angaben lagen im leicht positi-<br />

ven bis positiven Wertungsbereich (6.77 (Information) – 8.48 (Ernährung) von 10 möglichen<br />

Punkten). Die Mittelwertsunterschiede zwischen den Elementen und die unterschiedlich<br />

starken Streuungen ließen auf eine unterschiedlich starke Akzeptanz der Bausteine schließen.<br />

Die Personenanzahl der zugrunde liegenden Angaben schwankte zwischen 19 – 36 Personen,<br />

je nach Item, gemäß dem individuellen Durchführungsmuster. Für die Betrachtung der weiter-<br />

hin durchgeführten und bewerteten Maßnahmen liegen zu t3 alle abgegebenen durchschnitt-<br />

74


lichen Wertungen im positiven Bereich: am niedrigsten wurde das Element Gymnastik-<br />

übungen im zusammengefassten Baustein Physiotherapeutische Übungen beurteilt (7.83), am<br />

positivsten das Schmerztagebuch (8.60), wobei dies nur noch von fünf Personen geführt<br />

wurde. Die Anzahl der zugrunde liegenden Angaben schwankte gemäß der unterschiedlichen<br />

Beibehaltensquoten für die einzelnen Maßnahmen stark zwischen 5 - 26 (s. Tabelle 14).<br />

Tabelle 14: Bewertung der weiter durchführbaren Programmbausteine t2 – t3<br />

Programmbausteine,<br />

gebündelt<br />

Physiotherapeutische<br />

Übungen<br />

Programmbausteine<br />

T2<br />

T3<br />

n M (SD) M (SD)<br />

Ernährungsumstellung 26 8.73 (1.78) 7.88 (1.18)**<br />

Entspannungsübung 23 8.83 (1.40) 8.60 (1.14)<br />

Selbstbeobachtungsübung 20 8.65 (1.39) 8.55 (1.10)<br />

Schmerztagebuch 5 8.80 (1.10) 8.60 (1.14)<br />

Dehnübungen 27 8.47<br />

7.96*<br />

Gymnastikübungen 24 8.17<br />

(1.10)<br />

8.38<br />

(1.49) (1.66)<br />

Muskelaufbau mit<br />

20 8.45<br />

Gymnastikband<br />

(1.88)<br />

Muskelaufbau mit<br />

11 8.27<br />

Gymnastikball<br />

(1.27)<br />

Grau unterlegte Angaben weisen auf signifikante Veränderungen in der Beurteilung:<br />

* signifikant (p < .05)<br />

** hoch signifikant (p < .01)<br />

Die fett gedruckten Angaben beziehen sich auf den gebündelten Programmbaustein.<br />

7.87<br />

(1.23)<br />

75<br />

(1.81)<br />

7.83<br />

(1.24)<br />

8.20<br />

(1.36)<br />

8.00<br />

(1.55)<br />

Für sechs der acht weiter durchgeführten Maßnahmen änderten sich die Beurteilungen im<br />

Lauf des einen Jahres nicht signifikant, das heißt, sie blieben gleich positiv wie direkt nach<br />

der Programmdurchführung. Nur für zwei Maßnahmen sank die Bewertung statistisch<br />

bedeutsam (Ernährungsumstellung: F = 8.403; df = 25; p = .008; Dehnübungen: F = 6.567;<br />

df = 26; p = .017). Einige der Beurteilungen korrelieren über die beiden Messzeitpunkte hoch<br />

signifikant (p < .01-Niveau): Ernährungsumstellung, Dehnübungen, Übungen mit Gymnastik-<br />

band und Selbstbeobachtungsübung. Die Beurteilungen der Übungen mit Gymnastikball<br />

korrelieren signifikant (p = .027). Die Korrelationen der Beurteilungen der Gymnastik-<br />

übungen (p = .46) sowie des Schmerztagebuchs (p = .847) sind statistisch nicht signifikant.<br />

Im Gegensatz zu den Beurteilungen der weiterhin durchführbaren Maßnahmen, die nur ab-<br />

gegeben werden konnten, wenn der Baustein zu beiden Zeitpunkten durchgeführt worden war,<br />

können bei der Beurteilung der psychologischen und informativen Themen prinzipiell alle<br />

36 Personen alle Themen aus Langzeitsicht beurteilen. Entsprechend schwanken die Angaben<br />

zwischen 33 – 36, gemäß dem Muster fehlender Angaben. Es ergibt sich ein sehr ähnliches<br />

Beurteilungsbild wie zu t2: Alle Mittelwerte liegen im leicht positiven (M = 6.65, Thema


Umgang mit dem medizinischen System, zu je t2 / t3) bis positiven Bereich (M = 8.28,<br />

Thema Womit kann ich mir gut tun? zu t3; M = 8.47 zu t2) (s. Tabelle 15).<br />

Tabelle 15: Bewertung der nicht weiter durchführbaren Programmbausteine<br />

Programmbausteine, Programmbausteine n T2<br />

T3<br />

gebündelt<br />

M (SD) M (SD)<br />

Psychologische Pflege des eigenen 34 8.32 8.12<br />

Themen<br />

Körpers<br />

(1.57) (1.72)<br />

Womit kann ich mir gut 36 8.47 8.28<br />

tun?<br />

(1.50) (1.39)<br />

Pflicht & Verantwortung 35 8.03 7.91<br />

(1.56) (1.63)<br />

Nein sagen 36 8.04* 8.11 7.91 7.50<br />

(1.30) (1.56) (1.41) (2.66)<br />

Umgang mit Schmerz 36 8.08 7.92<br />

(1.54) (1.66)<br />

Perlenfischen im Alltag 36 8.06 8.19<br />

(1.64) (1.69)<br />

Anerkennung 33 7.30 7.58<br />

(2.05) (2.18)<br />

Information Gesunder Schlaf 35 6.91 7.20<br />

(2.06) (1.88)<br />

Umgang mit Ärzten & 34 6.77 6.65 7.00 6.65<br />

medizinischem System<br />

(1.95) (2.55) (1.54) (2.68)<br />

Notfälle erkennen & 33 7.06 7.24<br />

managen<br />

(1.98) (1.62)<br />

*Die fett gedruckten Angaben beziehen sich auf den gebündelten Programmbaustein.<br />

Keine der Veränderungen von t2 zu t3 ist statistisch signifikant. Die Bewertungen dieser<br />

Elemente des 12-Wochen-Programms verändern sich im Lauf <strong>eines</strong> Jahres nicht. Mit Aus-<br />

nahme der Themen Nein sagen (p = .073) und Anerkennung des Partners und von mir selbst<br />

(p = .067) korrelieren die Beurteilungen der psychologischen Themen je hoch signifikant über<br />

die beiden Messzeitpunkte (p < .01). Bei den informativen Themen korreliert die Beurteilung<br />

des Themas Umgang mit Ärzten und dem medizinischen System über beide Messzeitpunkte<br />

auf p < .01-Niveau (Gesunder Schlaf: p = .503; Notfälle erkennen: p = .017).<br />

5.1.4. Bewertung einzelner Aspekte der Programmdurchführung<br />

Die ehemaligen Teilnehmerinnen wurden auch im Rahmen der Katamnese gebeten, eine Ein-<br />

schätzung der Arbeitsmaterialien des 12-Wochen-Programms vorzunehmen sowie verschie-<br />

dene Durchführungsaspekte gesondert zu beurteilen. Die Teilnehmerinnen konnten jeweils<br />

anhand einer 10stufigen Skala beurteilen, wie sie die Arbeitsmaterialien und je die Anfangs-<br />

und die Abschlussrunde als Bestandteile der Sitzungen empfanden (0 = „sehr negativ“,<br />

5 = „weder / noch“, 10 = „sehr positiv“). In Bezug auf die Zeit, die für die vorgesehenen<br />

76


Inhalte pro Treffen zur Verfügung stand, reichten die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten<br />

von „zu reichlich“ bis „zu knapp“. In Bezug auf die Anzahl der Treffen reichte die Skala von<br />

„zu wenig“ bis „zu viele“ (s. Tabelle 16). Auch in diese Auswertung gehen nur diejenigen ein,<br />

die bereits zu t2 die entsprechenden Aspekte beurteilt haben. Die Angaben schwanken<br />

zwischen 33 – 36, gemäß dem Muster fehlender Angaben.<br />

Tabelle 16: Bewertung der Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />

Durchführungsaspekt N T2 T3<br />

M (SD) M (SD)<br />

Zeit* 35 7.06 (2.01) 6.40 (1.90)<br />

Anzahl Treffen** 35 5.60 (1.70) 4.94 (1.47)<br />

Material*** 36 8.33 (1.88) 8.47 (1.50)<br />

Anfangsrunde*** 35 7.86 (2.07) 8.20 (1.61)<br />

Abschlussrunde*** 33 8.24 (1.39) 8.09 (1.65)<br />

* 0 = zu reichlich; 5 = genau richtig, 10 = zu knapp<br />

** 0 = zu wenig; 5 = genau richtig; 10 = zu viele<br />

*** 0 = sehr negativ; 5 = weder/noch; 10 = sehr positiv<br />

Grau unterlegte Angaben weisen auf signifikante Veränderungen in der Beurteilung (p < .05).<br />

Der Faktor Zeit wurde zu t2 insgesamt als leicht zu knapp eingestuft, wobei ~36% der Per-<br />

sonen angaben, dass die Zeit „genau richtig“ gewesen sei, ~22% diese als „leicht zu knapp“<br />

(Werte 6/7) einstuften und ~ 39% diese als „deutlich zu knapp“ einstuften (Werte 8-10). Zu t2<br />

hat also über die Hälfte der Teilnehmerinnen die Zeit als leicht bis deutlich zu knapp be-<br />

messen empfunden. Diese Einschätzung ist im Nachhinein ein wenig gesunken in Richtung<br />

des Bereichs, der das Empfinden als „genau richtig“ umschreibt: Zum Zeitpunkt der Katam-<br />

nese geben 40% der Befragten an, die zur Verfügung gestellte Zeit als „genau richtig“<br />

empfunden zu haben, ~25% gibt an, sie als „leicht zu knapp“ (Werte 6/7), 28,5% sie als<br />

„deutlich zu knapp“ (Werte 8-10) empfunden zu haben. Zwei Personen stuften die Zeit als<br />

„leicht zu reichlich“ (Werte 3/4), so dass insgesamt beurteilt werden kann, dass ein Jahr nach<br />

Beendigung des Programms immer noch die knappe Hälfte der Teilnehmerinnen bei ihrem<br />

Urteil bleibt, dass mehr Zeit für die vorgesehenen Inhalte wünschenswert gewesen wäre.<br />

Diese Wahrnehmung war zu t2 signifikant stärker als zu t3 (F = 5.044, df = 34; p = .031). Die<br />

Anzahl der Treffen wurde zu beiden Messzeitpunkten im Durchschnitt als „genau richtig“<br />

empfunden (t2: M = 5.60; SD = 1.70; t3: M = 4.94; SD = 1.47)). Während zu t2 dieser Wert<br />

in Richtung des Skalenbereichs „zu viele“ tendierte, sinkt die Beurteilung bei einer gleich-<br />

zeitig größeren Einheitlichkeit der Beurteilungen zu t3 statistisch bedeutsam in Richtung des<br />

Skalenbereichs „zu wenig“ (F = 5.044; df = 34; p = .021). Die Beurteilungen von Materialien<br />

sowie der Anfangs- und der Abschlussrunde als Bestandteilen der Durchführung des 12-<br />

Wochen-Programms fiel wie schon zu t2 auch in der Katamnese positiv aus: die Mittelwerte<br />

77


liegen im positiven Wirkungsbereich (>8) und für alle drei Aspekte werden nur Angaben<br />

zwischen 5-10 Punkten abgegeben (Anfangsrunde: M = 8.20; SD = 1.61; Abschlussrunde:<br />

M = 8.09, SD = 1.65; Material M = 8.47, SD = 1.5). Die Veränderungen der Beurteilungen<br />

dieser Aspekte zwischen den beiden Messzeitpunkten sind je nicht signifikant (Material:<br />

F = 0.303; df = 35; p = .586; Anfangsrunde: F = 0.554; df = 34; p = .362; Abschlussrunde:<br />

F = 0.431; df = 32; p = .516). Die Beurteilungen korrelieren pro Aspekt über die Messzeit-<br />

punkte alle hoch signifikant (p < .01). Nur für den Aspekt Anfangsrunde korrelieren die<br />

Beurteilungen von t2 mit t3 niedriger (p = .071).<br />

Abschließend kann noch einmal betont werden, dass auch zum Zeitpunkt der Katamnese als<br />

schwächster Punkt in der Bewertung von Aspekten, die in direktem Zusammenhang mit der<br />

Durchführung des Programms stehen (Zeit, Anzahl der Treffen, Material, Anfangsrunde,<br />

Abschlussrunde), angegeben wird, dass die Zeit für die vorgesehenen Inhalte als zu wenig<br />

empfunden worden ist, auch wenn dieser Eindruck nach einem Jahr weniger stark ist als<br />

direkt im Anschluss an die Durchführung des Programms. Alle anderen Aspekte in Zusam-<br />

menhang mit der Durchführung der Treffen werden als angemessen oder positiv bewertet.<br />

5.1.5. Beurteilung der Auswirkungen des 12-Wochen-Programms<br />

Auch zum 3. Zeitpunkt wurden die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />

um eine Einschätzung der Auswirkungen des Programms auf die Bereiche Familie / Partner-<br />

schaft und Inanspruchnahmeverhalten im Gesundheitswesen gebeten. Es gehen nur diejenigen<br />

in die Auswertung ein, die bereits eine Bewertung zu t2 abgegeben hatten.<br />

Familie / Partnerschaft<br />

Mögliche Auswirkungen des 12-Wochen-Programms auf den Bereich Familie / Partnerschaft<br />

(sofern vorhanden) konnten anhand einer 10stufigen numerischen Skala beurteilt werden.<br />

Hierbei reichten die Antwortmöglichkeiten von 0 = „sehr negativ“ über 5 = „weder / noch“<br />

bis 10 = „sehr positive Wirkung“. 19,4% (7 Personen) gaben zu t2 an, allein stehend bzw.<br />

ohne Partner zu sein. Zu t3 geben nur noch 11,1% (4) an, keinen Partner zu haben. Da auch<br />

diejenigen, die seit dem Ende des 12-Wochen-Programms neue Partner gefunden haben,<br />

mittel- und langfristige Auswirkungen des Programms zum Zeitpunkt der Katamnese wahr-<br />

nehmen können, gehen sie in die weitere Auswertung mit ein.<br />

Zum 2. Messzeitpunkt wurde die Auswirkung des Programms von den Teilnehmerinnen als<br />

leicht positiv eingeschätzt (M = 6.63; SD = 1.92). Zwei Personen stellten dabei negative Aus-<br />

wirkungen fest (Punkte 2 und 4, je einmal vergeben). Die durchschnittlich leicht positive<br />

78


Einschätzung erhöhte sich, wenn nur diejenigen in der Berechnung berücksichtigt wurden, die<br />

mit Partner bzw. Angehörigem am so genannten Partnertreffen teilgenommen hatten<br />

(M = 7.0; SD = 2,65; n = 7). Der Unterschied war jedoch statistisch nicht bedeutsam. Auch in<br />

der Nachuntersuchung lässt sich eine leicht positive Einschätzung der Auswirkung des<br />

Programms auf den Bereich Familie / Partnerschaft feststellen (M = 6.40; SD = 1.48). Es<br />

werden nur noch Angaben im neutralen bis positiven Bereich vergeben (Min = 5; Max = 10).<br />

Werden hier nur die Teilnehmerinnen betrachtet, deren Partner am Treffen teilgenommen<br />

hatten, zeigt sich jedoch kein Effekt: Der Mittelwert bleibt annähernd gleich (M = 6.43), bei<br />

einer größeren Streuung der Beurteilungen (SD = 1,81) (s. Tabelle 17).<br />

Tabelle 17: Bewertungen in Zusammenhang mit dem Partnertreffen<br />

Bewertungsaspekt n T2<br />

M (SD)<br />

Auswirkungen auf den<br />

Bereich Familie /<br />

Partnerschaft<br />

T3<br />

M (SD)<br />

n T2 mit<br />

Partner<br />

M (SD)<br />

T3 mit<br />

Partner<br />

M (SD)<br />

30 6.63 (1.92) 6.40 (1.48) 7 7.00 (2.65) 6.43 (1.81)<br />

Partnertreffen 15 7.13 (2.41) 7.20 (2.57) 7 7.29 (2.29) 8.14 (1.68)<br />

Geselliger Abend 24 8.29 (1.55) 7.92 (1.79) 6 8.33 (0.52) 7.83 (0.75)<br />

<strong>Dr</strong>ei Wünsche an meinen<br />

Partner / mich<br />

29 6.93 (1.60) 6.93 (1.69) 7 7.00 (1.41) 8.00 (1.53)<br />

Außer der Beurteilung der Auswirkungen auf den Bereich Familie / Partnerschaft soll an<br />

dieser Stelle auch auf die Beurteilung des Programmbausteins Partnertreffen eingegangen<br />

werden: Das Partnertreffen konnte anhand einer 10stufigen Skala in seiner Wirksamkeit<br />

beurteilt werden. Die Antwortmöglichkeiten reichten dabei von 0 = „sehr negative Wirkung“<br />

über 5 = „keine Wirkung“ bis 10 = „sehr positive Wirkung“. Insgesamt beurteilten die<br />

ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms diesen Baustein zu t3 positiv<br />

(M = 7.20; SD = 2.57; n = 15). Wird diese Einschätzung gesondert nur für die Teilnehme-<br />

rinnen betrachtet, deren Partner bzw. Angehöriger am Partnertreffen teilgenommen hatten,<br />

erhöht sich die positive Beurteilung deutlich (M = 8.14; SD = 1.68; n = 7; T = 1,883; df = 6;<br />

p = .109). Personen, die explizit angaben, ohne Partner am Partnertreffen teilgenommen zu<br />

haben, beurteilten dieses quasi als ohne Wirkung (M = 5.13; SD = 2.36; n = 8). Direkt im<br />

Anschluss an die Durchführung des 12-Wochen-Programms wurde der Programmbaustein<br />

ähnlich beurteilt (M = 7.13), bei ähnlich hoher Streubreite der Beurteilungen (SD = 2.42). Der<br />

Unterschied in der Beurteilung durch die gesamte Gruppe zwischen beiden Messzeitpunkten<br />

ist statistisch nicht bedeutsam (F = .03; df = 14; p = .865). Für die Gruppe derjenigen, deren<br />

Partner an dem Partnertreffen teilgenommen hatten, fiel die Beurteilung des Bausteins auch<br />

79


zu t2 erwartungsgemäß, wenn auch nur geringfügig, höher aus (M = 7.29; SD = 2.29; n = 7).<br />

Auch hier ist der Unterschied zwischen beiden Messzeitpunkten statistisch nicht bedeutsam<br />

(F = 2.82; df = 6; p = .143).<br />

Im Programm war vorgesehen, im Anschluss an das Partnertreffen einen geselligen Abend<br />

mit der Gruppe und den anwesenden Partnern zu verbringen. Dieser gesellige Abend wird<br />

auch nach Ablauf <strong>eines</strong> Jahres positiv beurteilt (M = 7.92; SD = 1.79; n = 24). Damit ist die<br />

Bewertung etwas gesunken (t2: M = 8.29; SD = 1.55), der Unterschied ist jedoch nicht<br />

signifikant (F = 1.115; df = 23; p = .302). Für die Untergruppe derjenigen, die mit Partner teil-<br />

genommen hatten, zeigt sich zu t3 ein leicht niedrigerer Wert (M = 7.83), bei einer deutlich<br />

höheren Einheitlichkeit der Beurteilungen (SD = 0.75). Auch zu t2 war die Einheitlichkeit der<br />

positiven Beurteilung für die Untergruppe deutlich höher (SD = 0.52), bei einem annähernd<br />

gleichen Mittelwert (M = 8.33). Die Einschätzung des Themas <strong>Dr</strong>ei Wünsche an meinen<br />

Partner / mich ist von t2 auf t3 gleich geblieben (t3: M = 6.93; SD = 1.60; n = 29;<br />

t2: M = 6.93; SD = 1.69). Werden nur diejenigen betrachtet, die einen Partner dabei hatten, so<br />

fällt die Beurteilung zu t3 deutlich positiver aus (M = 8.00; SD = 1,53; n = 7). Damit stieg die<br />

positive Beurteilung im Vergleich zu t2 für diese Untergruppe (M = 7.00; SD = 1,41). Die<br />

Zunahme der positiven Beurteilung ist statistisch jedoch nicht signifikant (F = 1.615; df = 6;<br />

p = .251).<br />

Inanspruchnahmeverhalten / Nutzung des medizinischen Systems<br />

Das Inanspruchnahmeverhalten im Gesundheitssystem wurde über drei Items erfragt: anhand<br />

je 10stufiger numerischer Skalen konnten Veränderungen in der Häufigkeit der Arztbesuche,<br />

der Besuche bei Krankengymnast / Physiotherapeut und der Massagetermine angegeben<br />

werden. Die Antwortmöglichkeiten reichten von 0 = „viel häufiger“ über 5 = „keine Wir-<br />

kung“ bis 10 = „viel seltener“.<br />

In der Katamnese ergibt sich ein sehr ähnliches und in sich einheitliches Bild wie direkt nach<br />

Beendigung des 12-Wochen-Programms: Die Mittelwerte der Veränderungsbeurteilungen lie-<br />

gen wieder knapp über bzw. nahe der Bewertungsmöglichkeit 5 (= „keine Wirkung“) (Arzt-<br />

besuche: M = 5.71; SD = 1.51); Besuche bei Krankengymnast / Physiotherapeut: M = 5.30;<br />

SD = 1.56; Massagetermine: M = 5.37; SD = 1.64) (s. Tabelle 18). Dies bedeutet, dass die<br />

ehemaligen Teilnehmerinnen keine Auswirkungen des Programms auf die Häufigkeit ihres<br />

Inanspruchnahmeverhaltens von Leistungen des Gesundheitssystems wahrnehmen. Allein für<br />

die Häufigkeit der Arztbesuche zeigt sich eine leichte Veränderung in Richtung einer Ab-<br />

nahme der Häufigkeit. Diese ist aber statistisch nicht signifikant. Das Ergebnis zu t3 ähnelt<br />

80


stark dem Ergebnis im Anschluss an die Durchführung des Programms: Auch zu t2 ließen<br />

sich in diesem Bereich für keine der gefragten Variablen Veränderungen feststellen (die<br />

Mittelwerte lagen bei M = 5.04 (SD = 1.29) für die Häufigkeit der Arztbesuche, M = 5.30<br />

(SD = 1.30) für die Häufigkeit der Krankengymnastik-/Physiotherapietermine und M = 5.58<br />

(SD = 1.64) für die Häufigkeit der Massagetermine). Die Unterschiede zwischen beiden<br />

Messzeitpunkten sind jeweils statistisch nicht signifikant (Arztbesuche: F = 2.717; df = 27;<br />

p = .111; Krankengymnastik / Physiotherapie: F = .000; df = 19; p = 1.0; Massagetermine:<br />

F = .166; df = 18; p = .688). Die Korrelationen der Beurteilungen über die beiden Mess-<br />

zeitpunkte sind für keinen der Aspekte signifikant.<br />

Tabelle 18: Beurteilung der Auswirkungen auf Inanspruchnahmeverhalten<br />

Auswirkungen auf die Häufigkeit N T2<br />

T3<br />

der...*<br />

M (SD)<br />

M (SD)<br />

Arztbesuche 28 5.04 (1.29) 5.71 (1.51)<br />

Besuche bei Physiotherapeut /<br />

Krankengymnast<br />

20 5.30 (1.30) 5.30 (1.56)<br />

Massagetermine 19 5.58 (1.64) 5.37 (1.64)<br />

*0 = viel häufiger, 5 = keine Wirkung, 10 = viel seltener<br />

5.2. Indirekte <strong>Evaluation</strong>: Angaben der Angehörigen<br />

Im Folgenden werden kurz die Angaben der Angehörigen der ehemaligen Teilnehmerinnen<br />

des 12-Wochen-Programms zur Akzeptanz der Programmbausteine durch die Teilnehme-<br />

rinnen zum Zeitpunkt der Katamnese dargestellt. Es folgt eine Auswertung der Angaben der<br />

Angehörigen zur Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms sowie der Aspekte, die im<br />

Zusammenhang mit dem Partnertreffen stehen. Abschließend werden die Angaben zur<br />

Akzeptanz der Programmbausteine durch die Angehörigen selbst dargestellt.<br />

Da direkt im Anschluss an die Durchführung des 12-Wochen-Programms keine Auswertung<br />

der Daten der Angehörigen erfolgte, werden im Anhang überblicksartig die entsprechenden<br />

deskriptiven Ergebnisse für den 2. Messzeitpunkt aufgeführt (s. Anhang B, Tabelle 1). Auf<br />

diese wird im Folgenden nur am Rande verwiesen, da es vornehmlich um die Auswertung der<br />

Katamnese geht. Da auch nicht alle Angaben der Angehörigen zur Programmbewertung in<br />

den nächsten Abschnitten abgehandelt werden können, erfolgt auch für den 3. Messzeitpunkt<br />

eine tabellarische Übersicht im Anhang für die deskriptiven Daten (s. Anhang B, Tabelle 2).<br />

5.2.1. Akzeptanz der Programmbausteine durch die Teilnehmerinnen<br />

Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms geben in der Nachuntersuchung<br />

nach einem Jahr recht hohe Beibehaltensquoten für die Weiterführung einzelner Maßnahmen<br />

81


des Programms an (s. 5.1.2.) bei einer durchweg positiven Beurteilung der weitergeführten<br />

Programmbausteine (s. 5.1.3.). Da im Allgemeinen hohe Abbruchquoten von Betroffenen bei<br />

Behandlungsprogrammen mit körperlicher Aktivierung berichtet werden (s. 2.2.2.) und die<br />

Effektivität von Behandlungsprogrammen mit der Teilnahme bzw. Weiterführung der Maß-<br />

nahmen zusammenhängt, soll geprüft werden, ob sich die Selbstaussagen der ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen durch Angaben ihrer Angehörigen bestätigen lassen.<br />

Zu t3 wurden die Angehörigen gefragt, ob aus ihrer Sicht die Patientin eine bestimmte Maß-<br />

nahme des 12-Wochen-Programms weiterhin durchgeführt hat. Zusätzlich konnte auf einer<br />

5stufigen Skala angegeben werden, wie intensiv die Teilnehmerin aus ihrer Sicht die ent-<br />

sprechende Maßnahme durchgeführt hat. Die Antwortmöglichkeiten waren „täglich“, „mehr-<br />

mals/Woche“, „einmal/Woche“, „weniger als einmal/Woche“ und „nie“. Die Angehörigen<br />

geben an, dass 87% der Teilnehmerinnen weiterhin ganz oder teilweise eine Ernährungs-<br />

umstellung durchführen. Ca. 70% führen je weiterhin die Dehnübungen und die Übungen mit<br />

Gymnastikband durch und je 56,5% die Gymnastikübungen sowie die Entspannungsübung.<br />

Knapp über die Hälfte führten weiterhin die Übungen mit dem Gymnastikball durch. Damit<br />

geben die Angehörigen an, dass sechs von acht Maßnahmen von über der Hälfte der Teil-<br />

nehmerinnen weiterhin durchgeführt werden. Nur für zwei der Maßnahmen liegen die An-<br />

gaben darunter: Die Selbstbeobachtungsübung führen noch knapp 40% und das Schmerz-<br />

tagebuch noch knapp 18% der Teilnehmerinnen laut ihrer Angehörigen durch (s. Tabelle 19).<br />

Alle Angaben zu der Intensität der Durchführung der Maßnahmen liegen durchschnittlich<br />

zwischen 1.0 und 2.58 und damit zwischen den Skalenwerten 1 („mehrmals/ Woche“) und<br />

3 („weniger als einmal/Woche“) (s. Tabelle 19). Die Streuweite der Angaben zur Durch-<br />

führungsintensität liegt für alle Maßnahmen zwischen 1 und 4, nur für die Übungen mit<br />

Gymnastikball liegt sie zwischen 2 - 4. In keinem Fall wurde angegeben, dass eine Maß-<br />

nahme „täglich“ durchgeführt wird.<br />

Tabelle 19: Weitere Durchführung der Maßnahmen aus Sicht der Angehörigen<br />

Maßnahmen Durchführung Durchführung Intensität<br />

n aus N = 23 % aus N = 23 n M (SD)<br />

Ernährungsumstellung 20 87 19 1.84 (0.76)<br />

Entspannungsübung 18 56,5 13 2.15 (1.07)<br />

Dehnübungen 19 60,9 12 2.25 (0.75)<br />

Gymnastikübungen 18 56,5 12 2.50 (0.80)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikband 19 60,9 12 2.58 (0.90)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikball 17 52,2 12 2.50 (0.90)<br />

Selbstbeobachtungsübung 14 39,1 8 2.00 (0.93)<br />

Schmerztagebuch 16 17,4 3 1.0 (0)<br />

82


In Tabelle 20 werden die Angaben der ehemaligen Teilnehmerinnen den Angaben der An-<br />

gehörigen zur weiteren Durchführung der Programmmaßnahmen gegenübergestellt: In der<br />

ersten Spalte der Tabelle 20 werden die prozentualen Durchführungsangaben der gesamten<br />

Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen am 12-Wochen-Programm noch einmal angeführt.<br />

Es zeigt sich, dass im Unterschied hierzu die Angaben derjenigen Untergruppe (N = 23),<br />

deren Angehörige auch zu t3 Fragebögen abgegeben haben, teilweise niedrigere Angaben zur<br />

Weiterführung machen als die gesamte Gruppe. Da hier jedoch von Interesse ist, wie ähnlich<br />

die Angaben der Angehörigen zu denen der ehemaligen Teilnehmerinnen sind, wird hier auf<br />

mögliche Ursachen dieser Unterschiede nicht eingegangen. Zur Beurteilung der Güte der An-<br />

gaben im Sinne einer Validierung durch die Angaben der Angehörigen reicht der Vergleich<br />

der Untergruppe mit den zugehörigen Angehörigen. Die absolute Höhe der Angaben der<br />

Durchführung liefert für alle Maßnahmen für beide Gruppen ein sehr ähnliches Bild: Nur für<br />

die Maßnahme Schmerztagebuch führen geben doppelt so viele Angehörige an, dass ihre<br />

betroffene Partnerin dies durchgeführt habe, als die Betroffenen selbst. Keiner der Unter-<br />

schiede zwischen den gepaarten Angaben der Gruppen erweist sich als statistisch bedeutsam<br />

(Schmerztagebuch führen: T = 1,464; df = 15; p = .164).<br />

Tabelle 20: Vergleich der Angaben zur Durchführung 12-WG mit A-12-WG<br />

Maßnahmen<br />

12-WG<br />

%**<br />

(n aus N = 36)<br />

12-WG<br />

%<br />

(n aus N = 23)<br />

83<br />

A-12-WG<br />

%<br />

(n aus N = 23)<br />

Ernährungsumstellung 80,6% (29) 82,6% (19) 82,6% (19)<br />

Entspannungsübung 80,6% (29) 60,9% (14) 56,5% (13)<br />

Dehnübungen 80,6% (29) 65,2% (15) 56,5% (13)<br />

Gymnastikübungen 72,2% (26) 52,2% (12) 52,2% (12)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikband 72,2% (26) 56,5% (13) 56,5% (13)<br />

Muskelaufbau mit Gymnastikball 50% (18) 43,5% (10) 47,8% (11)<br />

Selbstbeobachtungsübung 66,7% (24) 39,1% (9) 34,8% (8)<br />

Schmerztagebuch 19,4% (7) 8,7% (2) 17,4% (4)<br />

5.2.2. Bewertungen<br />

Die Angehörigen leben fast alle zusammen mit den Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />

Programms in einem Haushalt (s. 4.5.4.). Es wird daher davon ausgegangen, dass sich die<br />

Angehörigen zu dem 12-Wochen-Programm eine Meinung gebildet haben: Sie haben sowohl<br />

die Zeit während der 12 Wochen miterlebt, in denen dass Programm durchgeführt wurde, als<br />

auch die Auswirkungen davon im Lauf des einen Jahres nach der Durchführung. Außerdem<br />

bestand die Möglichkeit, an einem Baustein des Programms, dem so genannten Partnertreffen,<br />

selbst teilzunehmen. Von den 23 Angehörigen, die noch in der Auswertung der Nachunter-


suchung verbleiben können, geben 34,8% (8 Personen) explizit an, an dem Partnertreffen<br />

teilgenommen zu haben. Insgesamt hatten nur ca. 20% der Angehörigen von Teilnehmerinnen<br />

des Programms an dem Partnertreffen teilgenommen (s. Schmidt, 2003). Es handelt sich bei<br />

der in der Katamnese verbliebenen Gruppe also insbesondere um Angehörige, die zu diesen<br />

ursprünglich 20% gehörten. In der Beurteilung der Gesamtbewertung des 12-Wochen-Pro-<br />

gramms werden die Angehörigen gebeten, die Auswirkungen des Programms auf ihre von<br />

Fibromyalgie betroffene zugehörige Teilnehmerin einzuschätzen. Der Mittelwert liegt im<br />

leicht positiven Bereich (M = 7.32; SD = 1.46) (s. Tabelle 21). Es zeigt sich kein Unterschied<br />

in der Gesamteinschätzung des Programms für diejenigen, die an dem Partnertreffen teilge-<br />

nommen haben oder nicht. Es werden nur Angaben im Bewertungsbereich „keine Wirkung“<br />

bis „sehr positive Wirkung“ (5-9) vergeben. Die Beurteilung der Auswirkung des Partner-<br />

treffens auf die Familie / Partnerschaft fällt geringer aus und ist dem Bereich „keine<br />

Wirkung“ zuzuordnen (M = 6.32; SD = 1.84). Es zeigt sich kein Unterschied zwischen An-<br />

gehörigen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben bzw. nicht teilgenommen haben.<br />

Das Partnertreffen selbst wird leicht positiv bewertet (M = 6.75, SD = 1.49). Der Gesellige<br />

Abend wird ebenfalls leicht positiv beurteilt (M = 7.0; SD = 1.0).<br />

Tabelle 21: Bewertungen aus Sicht der Angehörigen<br />

A-<br />

A-<br />

12-WG<br />

12-WG<br />

Bewertungsaspekt<br />

n<br />

n<br />

teilg.<br />

aus N = 23 M (SD) aus N = 8 M (SD)<br />

Gesamtbewertung 22 7.32 (1.46) 8 7.5 (1.60)<br />

Auswirkungen auf<br />

Familie/Partnerschaft<br />

22 6.32 (1.84) 8 6.38 (2.20)<br />

Partnertreffen - - 8 6.75 (1.49)<br />

Geselliger Abend - - 5 7.0 (1.0)<br />

Anmerkungen: A-12-WG = Angehörige der 12-Wochen-Gruppen; A-12-WG teilg. = Angehörige der<br />

12-Wochen-Gruppen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben<br />

In Tabelle 22 werden die Angaben der Angehörigen den Angaben der zugehörigen Teil-<br />

nehmerinnen gegenübergestellt: Der Vergleich der Gesamtbewertungen für die gepaarten<br />

Gruppen ergibt einen signifikanten Unterschied (T = -2.358; df = 20; p = .029). Die Ange-<br />

hörigenbeurteilungen des gesamten Programms unterscheiden sich damit von denen ihrer<br />

zugehörigen Teilnehmerinnen. Sie beurteilen das Programm im Durchschnitt weniger deutlich<br />

positiv. Die Beurteilungen von Angehörigen und Teilnehmerinnen korrelieren dabei hoch<br />

signifikant (r = .610; p = .003; n = 21). Der Vergleich der Auswirkungen des Programms auf<br />

die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie zeigt keinen statistisch bedeutsamen Unterschied<br />

84


(T = -.969; df = 21; p = .344): die Angehörigen schätzen die Auswirkungen des Programms<br />

auf die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie zu t3 damit ähnlich ein wie die ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen. Die Beurteilungen korrelieren signifikant (r = .471; p = .027; n = 22). Das<br />

Partnertreffen wird von den Angehörigen ähnlich beurteilt wie von den zugehörigen Teil-<br />

nehmerinnen des 12-Wochen-Programms (T = -1.369; df = 6; p = .220). Die Beurteilungen<br />

der Teilnehmerinnen und ihrer Angehörigen korrelieren tendenziell signifikant (r = .744;<br />

p = .055; n = 7). Die Beurteilung des geselligen Abends fällt bei den Angehörigen niedriger<br />

als bei den Teilnehmerinnen aus. Dieser Unterschied ist signifikant (T = -3.207; df = 4;<br />

p = .033). Die Beurteilungen der Teilnehmerinnen und ihrer Angehörigen korrelieren<br />

statistisch nicht bedeutsam (r = .559; p = .327; n = 5).<br />

Tabelle 22: Vergleich der Bewertungen 12-WG mit A-12-WG zu t3<br />

12-WG A-<br />

12-WG A-<br />

n aus<br />

12-WG n aus mit Partner 12-WG<br />

Bewertungsaspekt N =<br />

N =<br />

teilg.<br />

23/23 M (SD) M (SD) 7/8 M (SD) M (SD)<br />

Gesamtbewertung 21/21 8.05 (1.32) 7.43 (1.40)* 7.5 (1.60)<br />

Auswirkungen auf<br />

Familie/Partnerschaft<br />

22/22 6.68 (1.55) 6.32 (1.84) 7/8 6.43 (1.81) 6.38 (2.20)<br />

Partnertreffen 15 7.80 (1.82) - 7/7 7.71 (2.06) 7.0 (1.41)<br />

Geselliger Abend 17 8.06 (1.92) - 5/5 8.20 (0.45) 7.0 (1.0)*<br />

Anmerkungen: A-12-WG = Angehörige der 12-Wochen-Gruppen; A-12-WG teilg. = Angehörige der<br />

12-Wochen-Gruppen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben<br />

* Der Gruppenunterschied ist signifikant (p < .05).<br />

5.2.3. Akzeptanz der Angehörigen für das 12-Wochen-Programm<br />

Die Durchführung des 12-Wochen-Programms hat direkte Auswirkung auf mit im Haushalt<br />

lebende Angehörige, zum Beispiel dadurch, dass die Zeit, die die Betroffenen in die Durch-<br />

führung investieren, nicht für andere Dinge aufwenden können oder darüber, dass die<br />

Ernährungsumstellung meist die im Haushalt kochenden und von Fibromyalgie betroffenen<br />

Frauen durchführen und dann weitere im Haushalt lebende Personen in irgendeiner Weise in<br />

die Ernährungsumstellung mit einbeziehen. Daher sollen hier kurz die Daten angegeben<br />

werden, die sich auf die Akzeptanz des Programms durch die Angehörigen zum Zeitpunkt der<br />

Katamnese beziehen. Erhoben wurden Angaben zur Bereitschaft, die Betroffenen bei der<br />

Durchführung zu unterstützen sowie das Programm weiterzuempfehlen.<br />

Auf die Frage, ob sie anderen Betroffenen die Teilnahme an einem solchen Programm<br />

empfehlen würden, antworten 18 Angehörige zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung mit ja<br />

(78,3%), die restlichen Angehörigen nehmen nicht explizit Stellung (missings). 7 Angehörige<br />

85


(30,4%) geben an, einzelne Elemente des Programms mitgemacht zu haben. 8 (34,8%) hatten<br />

an dem Partnertreffen während der Durchführung des 12-Wochen-Programms teilgenommen.<br />

<strong>Dr</strong>ei Angehörige (13%) geben an, dass sie ihre Partnerinnen anderweitig unterstützt haben.<br />

5.3. Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />

Die Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien soll ermöglichen, die Akzeptanz und<br />

die Bewertung der Programmelemente aussagekräftiger beurteilen zu können. Die Angaben<br />

der direkten <strong>Evaluation</strong> werden hier mit im Alltag genutzten Aktivitäten und Maßnahmen zur<br />

Krankheitsbewältigung verglichen. Des Weiteren soll geprüft werden, ob sich ein Jahr nach<br />

der Durchführung des 12-Wochen-Programms ein Unterschied in der Nutzung aktiver und<br />

passiver Bewältigungsstrategien zwischen den beiden Untersuchungsgruppen finden lässt.<br />

Vorbemerkung<br />

Bereits zu t2 wurden alle Teilnehmerinnen dazu befragt, ob und wenn ja, welche Maßnahmen<br />

außer der Teilnahme an den Gruppen der Rheuma-Liga durchgeführt bzw. welche anderen<br />

therapeutischen Angebote genutzt werden (Item Nr. 429, 430, 431, 436, 437). Es wurde<br />

jeweils gefragt, ob die entsprechende Maßnahme durchgeführt wurde und anschließend die<br />

Möglichkeit zur Bewertung der Wirkungsweise der Maßnahme anhand einer Beurteilung auf<br />

je einer 10stufigen Skala gegeben. Dabei reichten die Antwortmöglichkeiten von 0 = „sehr<br />

negative Wirkung“ über 5 = „keine Wirkung“ bis 10 = „sehr positive Wirkung“. Somit sollte<br />

ein Vergleich der Beurteilungen der Maßnahmen des 12-Wochen-Programms mit im Alltag<br />

genutzten Maßnahmen oder Aktivitäten ermöglicht werden. Für die Vergleichsgruppe der<br />

Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen wurde zu t2 im Rahmen des Gesamtfragebogens<br />

ebenfalls nach dem Erhalt bestimmter Behandlungsmaßnahmen gefragt (s. Fragebogen Teil 2<br />

zu t2, Schmidt, 2003). Diese Daten wurden jedoch im Rahmen der ersten <strong>Evaluation</strong> nicht<br />

ausgewertet. Die Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zeigten sich zum 2. Messzeit-<br />

punkt zu einem Großteil zusätzlich engagiert und beurteilten die selbst gewählten zusätzlichen<br />

Maßnahmen ähnlich positiv wie die Programmmaßnahmen, was für die <strong>Evaluation</strong> des Pro-<br />

gramms bestimmte Schwierigkeiten aufwarf (s. Schmidt, 2003). Dass keine vergleichbaren<br />

Daten zum Ausgangszeitpunkt der Studie erhoben wurden, warf ebenfalls Interpretations-<br />

probleme auf.<br />

Hier sollen diese zusätzlich von den Teilnehmerinnen beider Untersuchungsgruppen im All-<br />

tag genutzten Behandlungsmaßnahmen im Vergleich ausgewertet werden und in Bezug zu<br />

86


den Maßnahmen des 12-Wochen-Programms gesetzt werden. Der Schwerpunkt liegt hier je<br />

auf der Auswertung der Informationen zum Katamnesezeitpunkt.<br />

5.3.1. Maßnahmen außerhalb des 12-Wochen-Programms bzw. der Rheuma-Liga<br />

Zum 2. Messzeitpunkt wertete Schmidt (2003) unter der Rubrik „Zusätzliche Maßnahmen“<br />

für die 12-Wochen-Gruppe drei weitere Maßnamen aus, die außerhalb des Programms von<br />

den Teilnehmerinnen durchgeführt werden konnten (Selbsthilfemaßnahmen, Krankengym-<br />

nastik, Psychotherapie). Da die entsprechenden Daten für die Vergleichsgruppe nicht aus-<br />

gewertet wurden, soll hier vorab geprüft werden, ob bereits im Anschluss an die Programm-<br />

durchführung bzw. die Durchführung der Traditionellen Gruppen Unterschiede in diesem<br />

Bereich zwischen den beiden Untersuchungsbedingungen bestanden, wobei keine Rück-<br />

schlüsse auf das Zustandekommen dieser Unterschiede aus den vorhandenen Daten gezogen<br />

werden können. Dann sollen die im Alltag genutzten Bewältigungsstrategien ausführlicher für<br />

den Katamnesezeitpunkt ausgewertet werden. Da nicht alle Items in beiden Gruppen und auch<br />

nicht zu beiden Messzeitpunkten (t2 und t3) parallel erhoben wurden, werden in diesem<br />

Abschnitt nur die Daten ausgewertet, die parallelisiert betrachtet werden können.<br />

Zu t2 fiel ein Item in seiner Bewertung durch die 12-Wochen-Gruppe besonders auf: Die<br />

„Selbsthilfemaßnahmen außerhalb“ wurden am positivsten beurteilt (M = 9.08) und gleich-<br />

zeitig auch am einheitlichsten in dieser Bewertung (SD = 0.98), wobei 72,2% (26) angaben,<br />

derartige durchzuführen. Offen blieb zu t2 jedoch, was genau unter diesen Bereich der selbst<br />

gewählten Aktivitäten oder Behandlungsmaßnahmen fällt. Somit wurden zu t3 in beiden<br />

Gruppen neue Items erhoben, um einen genaueren Eindruck zu erhalten, welche Maßnahmen<br />

die Teilnehmerinnen außerhalb des Programms und unabhängig zu diesem zusätzlich durch-<br />

geführt haben. Die global formulierte Frage nach der Nutzung weiterer Selbsthilfemaßnahmen<br />

wurde leider nur der 12-Wochen-Gruppe gestellt. Der Vergleich zu t2 der Gruppen kann<br />

damit für dieses Item nicht erfolgen. Der Vergleich von bereits zu t2 für die EG ausge-<br />

werteten Items beschränkt sich somit auf die beiden Items Nutzung von Krankengymnastik<br />

und die Inanspruchnahme von Psychotherapie. Daher wird hier zusätzlich auch das Item<br />

Nutzung anderer Therapien ausgewertet, um ein umfassenderes Bild der beiden Gruppen zu t2<br />

zu erhalten, um etwaige Ausgangsunterschiede für die nachfolgende Katamnesebetrachtung<br />

aufzudecken.<br />

Die Maßnahme Krankengymnastik außerhalb der Rheuma-Liga Gruppen bzw. des 12-<br />

Wochen-Programms wurde noch einmal gesondert erhoben, da die Frage bestand, ob die<br />

Heterogenität des Krankheitsbildes evtl. doch dazu führt, dass individuelle Krankengymnastik<br />

87


im Rahmen der normalen Angebote auf dem Markt zu vergleichbaren oder gar positiveren<br />

Bewertungen führen als die im Programm verwendeten, spezifisch für Fibromyalgie-Patienten<br />

konzipierten krankengymnastischen Übungen. Außerdem sollte damit ein Vergleichswert<br />

zwischen den beiden Gruppen für Maßnahmen im körperlichen Bereich erhoben werden.<br />

In der 12-Wochen-Gruppe nahm die Hälfte der Teilnehmerinnen (50%, 18 Personen) direkt<br />

im Anschluss an das Programm bzw. parallel dazu zusätzlich Krankengymnastik. In der Tra-<br />

ditionellen Gruppe betrug der Anteil zu t2 54,1% (33). 5,6% (2 Personen) der EG befanden<br />

sich zu t2 in psychotherapeutischer Behandlung. In den Traditionellen Gruppen erhielten<br />

36,1% (22) Psychotherapie. Die Frage nach der Nutzung anderer Therapien bejahten<br />

38,9% (14) der EG und 16,4% (10) der TG zu t2 (s. Tabelle 23). Unter Andere Therapien<br />

wurde in der TG in offener Antwortmöglichkeit am häufigsten Massage genannt (8,2% (5)),<br />

gefolgt von Lymphdrainage und Fango (je 3,3% (2)). In der EG wurde am häufigsten Aku-<br />

punktur (11,1%; (4)) und am zweithäufigsten Massage (8,3%, (3)) angegeben (Häufigkeits-<br />

verteilungen mit allen Nennungen s. Anhang B, Tabelle 3). Massage wurde somit insgesamt<br />

in beiden Gruppen am häufigsten frei genannt und soll in der Langzeitbetrachtung weiter<br />

berücksichtigt werden.<br />

Damit unterschieden sich die beiden Gruppen bereits zu t2 in der Nutzung von zwei der drei<br />

alltäglichen Bewältigungsangebote: Während der Prozentsatz der Teilnehmerinnen, der Kran-<br />

kengymnastik in Anspruch nahm, in beiden Gruppen vergleichbar war (χ 2 = .037; df = 1;<br />

p = .847), befanden sich deutlich mehr der TG in psychotherapeutischer Behandlung als in der<br />

EG (χ 2 = 11.615; df = 1; p = .001) und deutlich mehr der Teilnehmerinnen der EG nutzen zu-<br />

sätzliche therapeutische Angebote als Teilnehmerinnen der TG (χ 2 = 6.139; df = 1; p = .013).<br />

Die Maßnahmen wurden dabei in den Gruppen teils unterschiedlich beurteilt: Die Bewertung<br />

der anderen Therapien fällt in der EG tendenziell signifikant besser aus (T = 2.133; df = 13;<br />

p = .053; n = 10/5). Die Krankengymnastik wird knapp tendenziell besser beurteilt<br />

(T = 1.669; df = 46; p = .102; n = 18/30). Für die Beurteilung der psychotherapeutischen<br />

Angebote zeigt sich dagegen kein signifikanter Bewertungsunterschied (T = 1.480; df = 18;<br />

p = .156; n = 2/18).<br />

In der Nutzung von Massage unterschieden sich die beiden Gruppen nicht: in beiden Gruppen<br />

erhielt zu t2 ein Anteil von etwas über 8% der Teilnehmerinnen Massage. Da unter der<br />

offenen Formulierung anderer Therapien Mehrfachnennungen möglich waren, können die<br />

Bewertungen teilweise nicht den einzelnen Maßnahmen zugeordnet werden, so dass sich die<br />

Bewertungen für die Maßnahme Massage stark reduziert (je n = 1). Auf einen Vergleich der<br />

Bewertungen (je 9 Punkte) muss daher verzichtet werden.<br />

88


Tabelle 23: Maßnahmen außerhalb des Programms bzw. der Rheuma-Liga zu t2: 12-WG - TG<br />

Teilnahme und Bewertung<br />

Maßnahme<br />

Teilnahme*<br />

t2 12-WG<br />

n aus N = 36<br />

Bewertung<br />

Teilnahme*<br />

t2 TG<br />

n aus N = 61<br />

Bewertung<br />

% (n) n M SD % (n) N M SD<br />

Krankengymnastik 50 (18) 18 8.39 1.41 54,1 (33) 30 7.57 1.77<br />

Psychotherapie 5,6 (2) 2 10.0 0 36,1 (22)** 18 7.28 2.54<br />

Andere Therapien 38,9 (14) 10 9.30 0.95 16,4 (10)* 5 8.0+ 1.41<br />

Massage, offen genannt 8,3 (3) 1 9.0 - 8,2 (5) 1 9.0 -<br />

*Die zu 100% fehlenden Angaben setzen sich aus denjenigen zusammen, die die Frage verneinten<br />

bzw. unbeantwortet ließen.<br />

Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />

+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />

* signifikant (p < .05)<br />

** hoch signifikant (p < .01)<br />

In Tabelle 24 werden die Angaben zu den Maßnahmen außerhalb der Rheuma-Liga für beide<br />

Gruppen zu t3 angegeben (Häufigkeitsverteilungen mit allen Nennungen für das Item Andere<br />

Therapien s. Anhang B, Tabelle 4). Um eine Aussage über die Signifikanz der Unterschiede<br />

zwischen den Gruppen für die beiden Messzeitpunkte zu machen, werden die Antworten<br />

metrisch behandelt und mit einer zweifaktoriellen Varianzanalyse mögliche Effekte von<br />

Messzeitpunkt (Mzp), Gruppe und der Interaktion von Messzeitpunkt*Gruppe geprüft. Für<br />

die Nutzung von Krankengymnastik zeigen sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte<br />

für die Faktoren Gruppe und Messzeitpunkt (Mzp: F = 1.302; df = 1; p = .257; Gruppe:<br />

F = 1.895; df = 1; p = .172). Allerdings besteht ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen<br />

Mzp*Gruppe (F = 4.262; df = 1; p = .042). Für die Inanspruchnahme von Psychotherapie<br />

zeigt sich kein Messzeitpunkteffekt (F = .430; df = 1; p = .513), aber ein signifikanter Effekt<br />

für die Gruppe (F = 5.968; df = 1; p = .016). Die Interaktion von Mzp*Gruppe wird hoch<br />

signifikant (F = 7.344; df = 1; p = .008). Für die Inanspruchnahme anderer Therapien zeigen<br />

sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte für die Faktoren Gruppe und Messzeitpunkt<br />

(Mzp: F = .001; df = 1; p = .981; Gruppe: F = 1.642; df = 1; p = .203). Die Interaktion von<br />

Mzp*Gruppe wird hoch signifikant (F = 7.397; df = 1; p = .008). Für die offenen Nennungen<br />

von Massage zeigt sich ein signifikanter Effekt für den Faktor Messzeitpunkt (F = 4.976;<br />

df = 1; p = .028). Für den Faktor Gruppe und die Interaktion von Mzp*Gruppe zeigen sich<br />

keine statistisch bedeutsamen Effekte (Gruppe: F = .002; df = 1; p = .966; Mzp*Gruppe:<br />

F = .018; df = 1; p = .892).<br />

In der Bewertung der Maßnahmen außerhalb der Rheuma-Liga zu t3 unterschieden sich die<br />

Gruppen jeweils nicht (Krankengymnastik: T = .389; df = 37; p = .700; n = 9/30;<br />

89


Psychotherapie: T = -.143; df = 18; p = .888; n = 6/14; Andere Therapien: T = -.841; df = 21;<br />

p = .410; n = 7/16).<br />

Tabelle 24: Maßnahmen außerhalb der Rheuma-Liga zu t3: 12-WG – TG<br />

Teilnahme*<br />

T3 12-WG<br />

n aus N = 36<br />

Bewertung<br />

Teilnahme*<br />

t3 TG<br />

n aus N = 61<br />

Bewertung<br />

% (n) N M SD % (n) n M SD<br />

Krankengymnastik 44,4 (16) 9 8.44 1.42 57,4 (35) 30 8.23 1.43<br />

Psychotherapie 22,2 (8) 6 7.83 1.17 26,2 (16) 14 7.93 1.44<br />

Andere Therapien 25 (9) 7 7.0 3.51 27,9 (17) 16 7.94 1.88<br />

Massage, offen genannt 2,8 (1) 0 - - 3,8 (2) 1 9.0 -<br />

*Die zu 100% fehlenden Angaben setzen sich aus denjenigen zusammen, die die Frage verneinten<br />

bzw. unbeantwortet ließen.<br />

5.3.2. Alltägliche Bewältigungsstrategien<br />

Die zum 3. Messzeitpunkt erhobenen Verhaltensweisen, die im Verlauf des einen Jahres nach<br />

der ersten Untersuchung durchgeführt werden konnten, werden als alltägliche Bewältigungs-<br />

strategien der Teilnehmerinnen interpretiert. Hierzu liegen leider keine detaillierten Angaben<br />

zu t1 und t2 vor. Als Referenz für Veränderungen diesbezüglich innerhalb der Gruppen<br />

müssen daher die unter 5.3.1. ausgewerteten Maßnahmen außerhalb des Programms bzw.<br />

außerhalb der Traditionellen Gruppen herangezogen werden (s. 6.3.3.). Die hier erfolgende<br />

Auswertung bezieht sich somit ausschließlich auf den 3. Messzeitpunkt für beide Gruppen im<br />

Vergleich. Von besonderem Interesse gemäß der Fragestellungen (s. 3.) für die <strong>Evaluation</strong> des<br />

12-Wochen-Programms sind dabei mögliche Unterschiede zwischen den beiden Vergleichs-<br />

bedingungen in der Nutzung aktiver und passiver Bewältigungsstrategien sowie das jeweilige<br />

Ausmaß derselben. Zu diesem Zweck wurden die erhobenen Verhaltensweisen danach unter-<br />

teilt, ob es sich eher um passive oder um aktive Bewältigungsstrategien handelt (s. 2.2.2.;<br />

Aspekt: Kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansatz). Zur Erleichterung der Darstellung und<br />

der Diskussion der Ergebnisse wurden diese nach rational-logischen Gesichtspunkten zu vier<br />

verschiedenen Bewältigungsstrategien gebündelt (s. Tabelle 25). Die Zusammenfassung der<br />

Medikamente als Baustein Passive Bewältigung soll nicht bedeuten, dass nicht durchaus die<br />

Einnahme von Medikamenten die Teilnahme an Alltagsaktivitäten oder am sozialen Leben<br />

evtl. erst oder trotz der Schmerzen ermöglicht. Mit Fokus auf die Dimension Eigenverant-<br />

wortlichkeit und Aktivierung sind Medikamente jedoch als passive Bewältigung zu bewerten.<br />

Die Maßnahme Massage soll als weitere passive Bewältigungsstrategie ebenfalls im Rahmen<br />

des Vergleichs passiver und aktiver Strategien für die beiden Gruppen ausgewertet werden.<br />

Im Vergleich zu den anderen Maßnahmen wurde diese jedoch nicht als Item abgefragt,<br />

90


sondern konnte wie schon zu t2 in offener Äußerung unter der Nennung weiterer Therapien<br />

angegeben werden.<br />

Tabelle 25: Überblick über die Bündelung von Verhaltensweisen und ihre Zuordnung<br />

Verhaltensweisen, gebündelt Item (Nr.)<br />

Passive Bewältigung:<br />

Medikamente<br />

Aktive Bewältigungsstrategie 1:<br />

Körperliche Betätigung<br />

Aktive Bewältigungsstrategie 2:<br />

Informationsaufnahme<br />

Aktive Bewältigungsstrategie 3:<br />

Austausch<br />

Schmerzmittel (616)<br />

Psychopharmaka (617)<br />

Muskelentspannungsmittel (618)<br />

Anderes wichtiges Medikament (619)<br />

Spazierengehen (624)<br />

Fahrradfahren (625)<br />

Schwimmen bzw. Wassergymnastik (626)<br />

Andere Form von Sport oder Bewegung (627)<br />

Bücher (628)<br />

Videokassetten (631)<br />

Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen (632)<br />

Teilnahme an einer weiteren Selbsthilfegruppe (633b)<br />

In Tabelle 26 werden die Prozentualen Anteile für die Gruppen angegeben, die die jeweilige<br />

Bewältigungsstrategie in dem einen Jahr nach Durchführung des Programms bzw. der Ver-<br />

gleichsgruppen durchgeführt haben. Für verschiedene Bewältigungsstrategien zeigt sich dabei<br />

ein Unterschied zwischen den Gruppen: So werden in der TG signifikant mehr Schmerzmittel<br />

eingenommen als in der EG. Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen berichten tenden-<br />

ziell mehr Teilnehmerinnen der TG als der EG. Und ein höchst signifikanter Unterschied<br />

zeigt sich für die Nutzung von Videomaterial. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass die<br />

Formulierung im Fragebogen explizit nach dem Sehen von Videos von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> fragte und<br />

nicht allgemein nach dem Sehen von Videos zum Thema Fibromyalgie gefragt wurde. Da die<br />

ehemaligen Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen viel stärker mit Materialien von<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> zu der Erkrankung durch das Programm in Kontakt gekommen sind, verwundert<br />

dieser Unterschied nicht. Es ist eher auffällig, dass trotz dieser Einschränkung durch die Item-<br />

formulierung (die übrigens auch bei der Frage nach dem Lesen von Büchern gemacht wurde)<br />

zu je 1/3 bzw. der Hälfte auch Teilnehmerinnen der TG je Videos bzw. Bücher von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong><br />

in dem einen Jahr im Rahmen der privaten Auseinandersetzung mit Fibromyalgie genutzt<br />

haben. Für alle weiteren Maßnahmen ergeben sich keine statistisch bedeutsamen Unterschiede<br />

zwischen den Gruppen. Einzelne Maßnahmen werden in beiden Gruppen deutlich häufiger im<br />

Lauf <strong>eines</strong> Jahres genutzt als andere: Innerhalb der Medikamente werden in beiden Gruppen<br />

91


insbesondere Schmerzmittel eingenommen (EG: ca. 70%, TG: ca. 84%). Im Rahmen körper-<br />

licher Betätigung wird in beiden Gruppen von mehr als 70% der Teilnehmerinnen Spazieren<br />

gegangen und rund die Hälfte schwimmt oder betreibt Wassergymnastik (EG: ca. 56%, TG:<br />

ca. 50%) (Für die Häufigkeitsverteilungen der Nennungen unter dem Item Andere Form von<br />

Sport und Bewegung s. Anhang B, Tabelle 5).<br />

Tabelle 26: Häufigkeit der Durchführung alltäglicher Bewältigungsstrategien zu t3<br />

Alltägliche Bewältigungsstrategie 12-WG TG<br />

Prüfgröße<br />

% (n) %*(n) (für alle: df = 1)<br />

Schmerzmittel 69,4 (25) 83,6 (51) χ 2 = 4.037; p = .045*<br />

Psychopharmaka 50 (18) 39,9 (24) χ 2 = .788; p = .375<br />

Muskelentspannungsmittel 19,4* (7) 27,9 (17) χ 2 = .988; p = .320<br />

Anderes wichtiges Medikament 25* (9) 29,5 (18) χ 2 = .352; p = .553<br />

Massage (offene Äußerung) 2,8 (1) 3,8 (2) -<br />

Spazierengehen 72,2 (26) 70,5 (43) χ 2 = .003; p = .953<br />

Fahrradfahren 33,3 (12) 19,7 (12) χ 2 = 2.133; p = .144<br />

Schwimmen bzw. Wassergymnastik 55,6 (20) 49,2 (30) χ 2 = .278; p = .598<br />

Andere Form von Sport oder Bewegung 50 (18) 39,3 (24) χ 2 = .890; p = .345<br />

Bücher 72,2 (26) 57,4 (35) χ 2 = 2.159; p = .142<br />

Video 83,3 (30) 34,4 (21) χ 2 = 21.107;<br />

p = .000***<br />

Erfahrungsaustausch mit anderen<br />

Betroffenen<br />

58,3 (21) 95,1 (58) χ 2 = 3.709; p = .054+<br />

Teilnahme an einer weiteren<br />

Selbsthilfegruppe<br />

22,2 (8) 19,7 (12) χ 2 = .031; p = .860<br />

*Die zu 100% fehlenden Angaben setzen sich aus denjenigen zusammen, die die Frage verneinten<br />

bzw. unbeantwortet ließen.<br />

Grau unterlegte Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />

+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />

* signifikant (p < .05)<br />

** hoch signifikant (p < .01)<br />

*** höchst signifikant (p < .001)<br />

Tabelle 27 zeigt die Bewertungen der alltäglichen Bewältigungsstrategien für die beiden<br />

Gruppen. Diese liegen in der 12-WG alle im leicht positiven bis deutlich positiven Be-<br />

urteilungsbereich (6,60-9,08). Am höchsten positiv wird die Teilnahme an einer weiteren<br />

Selbsthilfegruppe bewertet (M = 9.08; SD = 0.93; n = 26), am niedrigsten die Einnahme von<br />

Muskelentspannungsmitteln (M = 6.60; SD = 1.34; n = 5). In der TG liegen die Bewertungen<br />

insgesamt niedriger in einer etwas niedrigeren Beurteilungsspannbreite (6.09-8.14). Am<br />

positivsten wird dabei ein anderes wichtiges Medikament beurteilt, das zusätzlich zu den<br />

anderen drei genannten Medikamentenkategorien angegeben werden konnte (M = 8.14;<br />

SD = 1.56; n = 14) und am niedrigsten wird in dieser Gruppe die körperliche Betätigung<br />

Fahrradfahren eingestuft (M = 6.09; SD = 2.39; n = 23). Dieses Item ist damit dem Bereich<br />

92


keine Wirkung zuzuordnen. Für einen Vergleich der Bewertungen nach der Zuordnung in<br />

aktive und passive Bewältigungsstrategien im Rahmen von zusammengefassten Maßnahmen-<br />

bündeln siehe 5.3.3. Im Einzelvergleich ergibt sich nur für die Beurteilung der Bücher von<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> ein statistisch tendenziell signifikanter Bewertungsunterschied zwischen den<br />

beiden Gruppen, da die Teilnehmerinnen der 12-WG diese wirkungsvoller beurteilen als die<br />

Teilnehmerinnen der TG (T = 1.801; df = 44; p = .079).<br />

Tabelle 27: Bewertung alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />

Alltägliche<br />

n 12-WG n aus TG<br />

Bewältigungsstrategie aus N = 36 M (SD) N = 61 M (SD)<br />

Schmerzmittel 19 7.26 (2.08) 46 7.00 (2.02)<br />

Psychopharmaka 13 8.00 (1.35) 19 7.32 (2.14)<br />

Muskelentspannungsmittel 5 6.60 (1.34) 15 6.80 (2.34)<br />

Anderes wichtiges<br />

Medikament<br />

7 7.29 (1.70) 14 8.14 (1.56)<br />

Spazierengehen 23 7.57 (1.78) 36 6.89 (2.34)<br />

Fahrradfahren 11 7.27 (2.33) 11 6.09 (2.39)<br />

Schwimmen bzw.<br />

Wassergymnastik<br />

16 8.44 (1.36) 29 7.69 (1.54)<br />

Andere Form von Sport<br />

oder Bewegung<br />

14 8.14 (1.56) 19 8.21 (1.32)<br />

Bücher 23 7.61 (1.59) 23 6.74 (1.68)+<br />

Video 23 8.26 (1.32) 15 7.53 (1.60)<br />

Erfahrungsaustausch mit<br />

anderen Betroffenen<br />

21 8.24 (1.26) 45 7.91 (1.58)<br />

Teilnahme an einer<br />

weiteren Selbsthilfegruppe<br />

26 9.08 (0.93) 11 8.73 (1.74)<br />

Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />

+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />

5.3.3. Aktive und passive Bewältigungsstrategien – Vergleich der Gruppen<br />

Tabelle 28 zeigt die Durchführungshäufigkeit für die gebündelten Bewältigungsstrategien: Es<br />

werden jeweils diejenigen Personen ausgeschlossen, die in mehr als einer Maßnahme pro<br />

Bündel einen fehlenden Wert haben. In allen anderen Fällen wurden Summenwerte für die<br />

zusammengefassten Bausteine gebildet. Für die Bündel Medikamente und Körperliche Be-<br />

tätigung ist Voraussetzung, dass mindestens zwei der zusammengefassten Maßnahmen<br />

durchgeführt wurden, um für dieses Bündel ein „durchgeführt“ zugewiesen zu bekommen.<br />

Für die beiden anderen Bündel wird dann ein „durchgeführt“ vergeben, wenn mindestens eine<br />

der beiden Maßnahmen durchgeführt worden ist. Entsprechend der Fragestellung (s. 3.)<br />

werden die Teilnahmeunterschiede der gebündelten Bewältigungsstrategien einseitig geprüft,<br />

da davon ausgegangen wird, dass die EG in den aktiven Strategien höhere Teilnahme-<br />

93


prozentsätze und in dem passiven Baustein einen niedrigeren Anteil als die TG aufweist.<br />

Entsprechend dieser Vermutung werden hier außer dem Chi-Quadrat nach Pearson mit p für<br />

die zweiseitige Signifikanzprüfung auch die exakten Werte nach Fisher angegeben für die<br />

einseitige Signifikanzprüfung (Diehl & Staufenbiel, 2001).<br />

Für das Maßnahmenbündel Passive Bewältigung ergibt sich kein statistisch bedeutsamer<br />

Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die prozentualen Angaben weisen in die<br />

erwünschte Richtung. Für die aktive Bewältigungsstrategie Körperliche Betätigung zeigt sich<br />

ebenfalls kein statistisch bedeutsamer Unterschied, wobei die prozentualen Angaben in die<br />

erwünschte Richtung weisen. Für die aktive Bewältigungsstrategie Informationsaufnahme<br />

zeigt sich ein höchst signifikanter Effekt, der - wie unter 5.3.1. bereits bei den Ergebnissen zu<br />

den Einzelmaßnahmen angeführt- wohl auf die einschränkende Formulierung der beiden<br />

Items dieses Bündels zurückzuführen ist. Für die aktive Bewältigungsstrategie Austausch<br />

zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Hier weisen die prozentualen<br />

Angaben zudem nicht in die erwünschte Richtung.<br />

Tabelle 28: Häufigkeit im Vergleich für die gebündelten Maßnahmen<br />

Zuordnung Gebündelte<br />

12-WG TG Prüfgröße<br />

Bewältigungsstrategien % (n) % (n) (für alle: df = 1)<br />

Passive Bewältigung Medikamente 50 (18) 57,4 (35) χ 2 = .708;<br />

p = .400;<br />

Fisher p = .266<br />

Aktive Bewältigung 1 Körperliche Betätigung 72,2 (26) 59 (36) χ 2 = 1.469;<br />

p = .225;<br />

Fisher p = .161<br />

Aktive Bewältigung 2 Informationsaufnahme 94,4 (34) 64 (39) χ 2 = 10.707;<br />

p = .001;***<br />

Fisherp=.001***<br />

Aktive Bewältigung 3 Austausch 88,9 (32) 95,1 (58) χ 2 = 2.323;<br />

p = .127;<br />

Fisher p = .139<br />

Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />

*** höchst signifikant (p < .001)<br />

Die EG bewertet alle Maßnahmenbündel im positiven Wirkungsbereich (>7; s. Tabelle 29).<br />

Entsprechend der Hypothesen zur Verteilung der Nutzung aktiver und passiver Strategien<br />

durch die Gruppen, kann erwartet werden, dass die aktiven Strategien im Vergleich zur<br />

passiven Bewältigung in der EG positiver beurteilt werden. Es zeigt sich, dass die Bewertung<br />

für die passive Bewältigung tatsächlich von allen vier Strategien von den ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms am niedrigsten beurteilt wird (7.26 gegenüber<br />

> 7.90 für alle aktiven Strategien). In der TG kann dieser Effekt nicht nachgewiesen werden.<br />

94


Die Beurteilungen der Maßnahmenbündel durch die TG divergieren stärker und liegen dabei<br />

alle im leicht positiven bis sehr positivern Bereich.<br />

Die Maßnahmenbündel werden im Gruppenvergleich ähnlich beurteilt. Nur für den Bereich<br />

Informationsaufnahme zeigt sich ein signifikanter Unterschied in der Beurteilung: Die EG<br />

beurteilt die Materialien von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> signifikant positiver.<br />

Tabelle 29: Bewertung der gebündelten Bewältigungsstrategien<br />

Zuordnung Maßnahmenbündel 12-WG<br />

M (SD)<br />

Passive<br />

Bewältigung<br />

Aktive<br />

Bewältigung<br />

Medikamente<br />

7.26 (1.48)<br />

TG<br />

M (SD)<br />

7.32 (1.57)<br />

95<br />

Prüfgröße N<br />

EG /<br />

TG<br />

T = -.131;<br />

df = 41; p = .896<br />

Körperliche 7.91 (1.33) 7.14 (1.81) T = 1.668;<br />

Betätigung<br />

df = 50; p = .102<br />

Informations- 7.96 (1.35) 6.94 (1.69) T = 2.447;<br />

aufnahme<br />

df = 52; p = .018*<br />

Austausch 7.79 (1.43) 8.01 (1.58) T = -.593;<br />

df = 69; p = .555<br />

Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />

* signifikant (p < .05)<br />

14 / 29<br />

21 / 31<br />

27 / 27<br />

26 / 45<br />

Da die Nennung von Massage von t2 zu t3 für beide Gruppen abgenommen hat (EG: t2 (3) -<br />

t3 (1), TG: t2 (5) - t3 (2)), wird hier kein Vergleich im Sinne einer weiteren passiven<br />

Bewältigungsstrategie zwischen den beiden Gruppen gezogen. Die Abnahme im Zeitverlauf<br />

in den beiden Gruppen ist größer als die Größe der verbleibenden n für einen Vergleich.<br />

Deskriptiv kann beschrieben werden, dass ein Jahr nach Durchführung der Studie sowohl in<br />

der EG als auch der TG die Nutzung von Massage in beiden Gruppen gesunken ist von 8,3%<br />

auf 2,8% in der EG und von 8,3% auf 3,3% in der TG.<br />

5.3.4. Programmnahe Maßnahmen<br />

Für die drei Items Ernährungsumstellung, Dehnübungen und Gymnastikübungen soll eine<br />

gesonderte Betrachtung vorgenommen werden, da bei diesen Items vermutet wird, dass auf<br />

Grund der Teilnahme an dem 12-Wochen-Programm, in dem diese Maßnahmen Bestandteile<br />

des Programms darstellten, hier für die ehemaligen Teilnehmerinnen im Vergleich zur TG ein<br />

höherer Anteil der Gruppe diese durchführt. Entsprechend dieser Vermutung werden auch<br />

hier zusätzlich zum Chi-Quadrat nach Pearson und Angabe der Wahrscheinlichkeit für die


zweiseitige Signifikanzprüfung auch die exakten Werte nach Fisher angegeben für die<br />

einseitige Signifikanzprüfung.<br />

Sowohl für die Maßnahme Ernährungsumstellung als auch die Dehnübungen zeigt sich ein<br />

statistisch bedeutsamer Gruppeneffekt in der gewünschten Richtung: Deutlich mehr ehemali-<br />

ge Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms führen diese Maßnahmen durch als Teil-<br />

nehmerinnen der TG (s. Tabelle 30). Für das Durchführen von Gymnastikübungen lässt sich<br />

kein Gruppeneffekt nachweisen, wobei die prozentualen Angaben in die vermutete Richtung<br />

weisen.<br />

Tabelle 30: Häufigkeit im Vergleich für Programmnahe Maßnahmen<br />

Alltägliche Bewältigungsstrategie 12-WG TG<br />

Prüfgröße<br />

% (n) %*(n) (für alle: df = 1)<br />

Ernährungsumstellung 66,7 (24) 26,2 (16) χ 2 = 18.776; p = .000***<br />

Fisher p = .000***<br />

Dehnübungen 83,3 (30) 59 (36) χ 2 = 5.250; p = .022*<br />

Fisher p = .018*<br />

Gymnastikübungen 69,4 (25) 54,1 (33) χ 2 = 2.232; p = .135<br />

Fisher p = .101<br />

Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />

+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />

* signifikant (p < .05)<br />

** hoch signifikant (p < .01)<br />

*** höchst signifikant (p < .001)<br />

Für die Maßnahmen Ernährungsumstellung und Gymnastikübungen zeigen sich keine bedeut-<br />

samen Unterschiede in den Bewertungen, obwohl jeweils die 12-WG diese Maßnahmen im<br />

Mittel positiver beurteilt als die TG (Ernährungsumstellung: T = .802; df = 30; p = .429;<br />

n = 19/13; Gymnastikübungen: T = 1.068; df = 49; p = .291; n = 24/30). Die Dehnübungen<br />

werden dagegen von den ehemaligen Programmteilnehmerinnen signifikant besser beurteilt<br />

als in der Vergleichsgruppe (T = 2.350; df = 52; p = .023; n = 20/31) (s. Tabelle 31).<br />

Tabelle 31: Bewertung der Programmnahen Maßnahmen<br />

n 12-WG n<br />

TG<br />

aus N = 36 M (SD) aus N = 61 M (SD)<br />

Ernährungsumstellung 19 7.63 (1.50) 13 7.15 (1.86)<br />

Dehnübungen 24 8.13 (1.42) 30 7.03 (1.88)*<br />

Gymnastikübungen 20 7.40 (1.23) 31 6.94 (1.67)<br />

*Der Gruppenunterschied ist signifikant (p < .05).<br />

96


6. Diskussion<br />

Im Folgenden werden in Abschnitt 6.1. Aspekte der Durchführung der Studie diskutiert.<br />

Dabei werden vor allem diejenigen Aspekte näher betrachtet, die noch nicht Gegenstand der<br />

Vorgängerarbeiten waren. Dies gilt ebenso für die Diskussion methodischer Aspekte in Ab-<br />

schnitt 6.2. In 6.3. werden die Ergebnisse aus den drei Auswertungsbereichen diskutiert und<br />

in 6.4. wird ein Fazit gezogen.<br />

6.1. Diskussion der Durchführung<br />

Im Folgenden werden verschiedene Aspekte der Durchführung der Studie und der Nach-<br />

untersuchung diskutiert. Es wird auf Aspekte des Designs, der Messinstrumente und der mit<br />

dem 12-Wochen-Programm bereitgestellten Medien eingegangen.<br />

Die parallele Durchführung von Versuchs- und Kontrollgruppen kann im stationären Rahmen<br />

zu dem unüberwindbaren Problem der gegenseitigen Beeinflussung der Patientengruppen<br />

führen, so dass zeitversetzte Designs notwendig wären (Kaluza & Schulze, 2000). Die Selbst-<br />

hilfegruppen wurden alle regional im süddeutschen Raum durchgeführt. Teilweise gab es<br />

mehrere Selbsthilfegruppen in einem Kreis. Es ist also durchaus möglich, dass ein Austausch<br />

zwischen Gruppenmitgliedern der verschiedenen Bedingungen, vor allem aber zwischen den<br />

Gruppenleiterinnen sowohl der Versuchs- wie der Kontrollbedingung über die Inhalte des 12-<br />

Wochen-Programms stattfanden, da diese alle in dem gleichen Dachverband organisiert und<br />

dadurch häufig auch miteinander bekannt sind. Teilweise werden auch die gleichen Versor-<br />

gungsinstanzen (z.B. Ärzte, Versicherungen) von den verschiedenen Teilnehmerinnen in An-<br />

spruch genommen, was den Teilnehmerinnen in einigen Fällen auch bekannt ist (mündliche<br />

Mitteilung am Landesgruppentreffen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. im April<br />

2003). Außerdem konnten die Medien und Hilfsmedien, die zu dem 12-Wochen-Programm<br />

im Handel erhältlich sind, auch von anderen Teilnehmerinnen erworben werden. Da das Pro-<br />

gramm aber einigen Aufwand und auch eine Regelmäßigkeit bei der Umsetzung erfordert<br />

(z.B. Ernährungsumstellung) wird davon ausgegangen, dass derartige Möglichkeiten selten<br />

und unsystematisch in Anspruch genommen wurden. Da außerdem alle Teilnehmerinnen bei-<br />

der Bedingungen über die wissenschaftliche Fragestellung nach der Effektivität des 12-Wo-<br />

chen-Programms im Vergleich zu den bereits durchgeführten Gruppeninhalten aufgeklärt<br />

waren, kann es als unwahrscheinlich angesehen werden, dass einzelne Teilnehmerinnen quasi<br />

bewusst eine Verfälschung ihrer Bedingung herbeigeführt haben. Positiv ist zu bewerten, dass<br />

es überhaupt eine Vergleichsbedingung zu den Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />

gab, da dies bei vielen Studien zur Wirksamkeit von Behandlungsprogrammen für Fibro-<br />

97


myalgie nicht der Fall ist. Auch besteht häufig eine Kontrollgruppe, sofern eine erhoben wird,<br />

aus Patienten mit anderen, meist ebenfalls dem rheumatischen Formenkreis zugerechneten Er-<br />

krankungen. Dass hier eine Vergleichsgruppe mit ebenfalls von Fibromyalgie Betroffenen er-<br />

hoben wurde, verbessert die Aussagekraft gegenüber anderen Studien. Als schwierig müssen<br />

eventuelle mögliche inhaltliche Überschneidungen bei der Durchführung der Selbsthilfe-<br />

gruppen eingestuft werden, da die Inhalte der so genannten Traditionellen Gruppen nicht im<br />

Detail erfasst wurden. Zwar ist nicht anzunehmen, dass bewusst Inhalte des 12-Wochen-<br />

Programs in den Traditionellen Gruppen aufgegriffen wurden, jedoch kann nicht ausgeschlos-<br />

sen werden, dass einige Gruppen programmähnliche Maßnahmen, beispielsweise Gymnastik,<br />

integrierten.<br />

Auf eine biomedizinische Diagnostik wurde im Rahmen der Studie verzichtet, obwohl sie<br />

ursprünglich anders angelegt war (s. Schmidt, 2003). Auf der organisch-physiologischen<br />

Ebene hätte die Verringerung der Anzahl der aktiven <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkte als ein Erfolgsmaß<br />

geprüft werden können. Da davon ausgegangen werden kann, dass eine <strong>Evaluation</strong> der kör-<br />

perlichen Symptomatik nicht valider als über andere Schmerzmasse erfolgen kann (s. 2.1.10),<br />

wird dieser Aspekt ähnlich wie schon bei Schmidt (2003) als nicht die Ergebnisse in Frage<br />

stellend angesehen, sollte aber trotzdem bei Verallgemeinerungen der Interpretationen der<br />

Ergebnisse bzw. dem Vergleich mit anderen Studien mit berücksichtigt werden.<br />

In neuerer Zeit wird außerdem empfohlen, als störungsübergreifendes und unspezifisches<br />

Maß die „Lebensqualität“ mit zu erheben. Dazu ist anzumerken, dass die Operationalisierung<br />

des Konstrukts „Lebensqualität“ noch nicht standardisiert ausgereift ist. Da viele Lebens-<br />

qualitätsfragebögen diese quasi mit umgekehrten Vorzeichen, also über vorhandene Mängel,<br />

Defizite und Belastungen erfassen, kann zumindest der Belastungs- und Einschränkungs-<br />

bereich als in dieser Studie erfasst gelten. Statt visueller Analogskalen, die sich inzwischen im<br />

Rahmen der Schmerzdiagnostik bei Fibromyalgie als nützlich erwiesen haben (s. 2.1.10.),<br />

wurden in der vorliegenden Studie numerische Ratingskalen verwandt. Zumindest prinzipiell<br />

kann davon ausgegangen werden, dass die Erfassung der Schmerzintensität durch diese<br />

verschiedenen Methoden ähnlich zufrieden stellend erfolgt (Kröner-Herwig, 2004a). Die<br />

Verwendung einer numerischen Ratingskala von 0-10 erscheint zudem ausreichend sensitiv<br />

und ist einfacher auszuwerten (Jensen & McFarland, 1993; nach Kröner-Herwig, 2004a).<br />

Positiv ist außerdem anzumerken, dass bei der Vermittlung der Programminhalte verschie-<br />

dene Medien (Gruppenleiterin, Handbuch, Programmheft, CD / Video, Informationsblätter)<br />

zur Verfügung gestellt werden konnten und können, da so eine abwechslungsreiche, aber<br />

dennoch standardisierte Form der Vermittlung ohne Verfälschung oder Weglassen bestimmter<br />

98


Bausteine geleistet werden kann. Außerdem kann die Vermittlung innerhalb einer Gruppe<br />

unter zu Hilfenahme von Geräten und Musik spielerischer gestaltet werden (Keel, 1999).<br />

6.2. Diskussion der Auswertungsmethodik<br />

Im Folgenden soll auf die gewählten Auswertungsverfahren und die damit verbundenen<br />

Probleme der Reichweite und der Verallgemeinerbarkeit der Aussagen eingegangen werden.<br />

Vorab soll die bei der gesamten <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms gewählte Vorgehens-<br />

weise bei der Auswertung der Daten betrachtet werden, der Einzelbetrachtung gegenüber<br />

einer Gruppenbetrachtung als Beobachtungseinheit den Vorzug zu geben.<br />

Allgemein lässt sich die Frage stellen, ob eine Auswertung mit Gruppen als Beobachtungs-<br />

einheiten einer Auswertung, die wie erfolgt auf den Einzelpersonen als Beobachtungsein-<br />

heiten basiert, im Rahmen der <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms dieser nicht vor-<br />

zuziehen gewesen wäre, da die Teilnehmerinnen jeweils in Gruppen organisiert waren und<br />

eine gegenseitige Beeinflussung nicht nur wahrscheinlich, sondern im positiven Sinne auch<br />

erwünscht war (s. 2.3.4.). Tatsächlich schieden einige Gruppen zum 3. Messzeitpunkt grup-<br />

penweise aus der Untersuchung aus: Zwei der Gruppen lösten sich aufgrund persönlicher<br />

Entscheidungen der Gruppenleiterinnen bzw. der Teilnehmerinnen auf (s. 4.5.3.). In einem<br />

Fall konnte eine Gruppe geschlossen nicht in die vorliegende Auswertung eingehen, da sie<br />

anstatt der Fragebögen für die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms die-<br />

jenigen für die Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen erhalten hatte und somit den<br />

gesamten Fragenbereich zur Bewertung des 12-Wochen-Programms nicht beantworten<br />

konnte. Es ist anzunehmen, dass das Ausscheiden der drei Gruppen nicht mit der Akzeptanz<br />

bzw. Wirksamkeit des Programms zusammenhängt, da der Zuteilungsfehler bei den Frage-<br />

bögen jede der experimentellen Gruppen hätte treffen können und die Gründe für das Nicht-<br />

Weiterführen der Gruppen anscheinend nicht auf eine negative Bewertung des Programms<br />

zurückzuführen sind, da sich die ehemaligen Leiterinnen dennoch bemühten, die ehemaligen<br />

Teilnehmerinnen zu erreichen und Fragebögen an die Rheuma-Liga zurück zu senden. Eine<br />

Auswertung nach Gruppen als Beobachtungseinheiten kann vor allem dann aufschlussreich<br />

sein, wenn zu erwarten ist, dass spezifische Gruppenbedingungen zu einem differentiellen<br />

Reagieren auf das Programm beitragen. Eine etwaige Hypothesenbildung in dieser Richtung<br />

ist bei dem derzeitigen Forschungsstand zu Fibromyalgie noch nicht gegeben. Es liegt nahe,<br />

dass im weiteren Forschungsverlauf die stärkere Fokussierung auf die Beschreibung und<br />

Bildung von Untergruppen der Betroffenen innerhalb des Krankheitsbildes genau in diese<br />

Richtung weist, wobei dann die entsprechenden Untergruppen als Beobachtungseinheiten<br />

99


aufgefasst und als Behandlungseinheiten organisiert werden können (Meyer-Lindenberg &<br />

Gallhofer, 1998; Leibing, Rüger & Schüßler, 1999; Walen, Cronan, Serber et al., 2002;<br />

Giesecke, Williams, Harris et al., 2003). Zum Beispiel weisen bereits einige Ergebnisse in die<br />

Richtung, dass stärker depressive an Fibromyalgie Betroffene einer anderen medikamentösen<br />

Behandlung und auch multimodalen Behandlung bedürfen bzw. dieser positiver zugänglich<br />

sind als nicht zugleich depressive Patienten (Leibing, Rüger & Schüßler, 1999; Müller, Stratz<br />

& Tolk, 2003). In unserem Fall der lokal bedingten und zusammengefassten Gruppen kann<br />

jedoch angenommen werden, dass vor allem unspezifische Faktoren der Durchführung des<br />

12-Wochen-Programms, die aufgrund der erhobenen Daten nicht zurück verfolgt werden<br />

können, einen Einfluss auf stärkeres oder niedrigeres Profitieren von dem Programm in den<br />

verschiedenen Gruppen gehabt haben. Differentielle Einflüsse der Gruppenzugehörigkeit<br />

wären auch deshalb nicht in einem nennenswerten Ausmaß zu erwarten gewesen, da die aus-<br />

führliche Beschreibung in dem „Handbuch für Gruppenleiterinnen“, welches den Gruppen-<br />

leiterinnen zur Durchführung zur Verfügung gestellt worden war (s. 2.4.1.), bei einer gleich-<br />

zeitig eher als zu knapp bemessen empfundenen Zeit, die zur Umsetzung der Anleitungen pro<br />

Treffen gegeben war (s. 5.1.4.), nicht viel Möglichkeit für eine starke Individualisierung der<br />

Durchführung in den Gruppen führen konnte (differentielle Einflüsse der Wirksamkeit<br />

psychischer und körperlicher Voraussetzungen der Einzelpersonen wurden im Rahmen der<br />

ersten <strong>Evaluation</strong> von Schmidt (2003) untersucht). Allerdings ist es möglich, dass bestimmte<br />

positive Veränderungen innerhalb der gesamten Traditionellen Gruppe auf inhaltliche Unter-<br />

schiede in der Ausgestaltung der einzelnen Traditionellen Gruppen und somit auf Verände-<br />

rungen in nur einigen der Traditionellen Gruppen zurück zu führen sind. Hier könnte eine<br />

Betrachtung nach Gruppen Aufschluss darüber geben, ob sich eine eigentlich der traditio-<br />

nellen Bedingung zugeordnete Gruppe beispielsweise in den durchgeführten Inhalten (z.B.<br />

durch Hinzunahme von Funktionsgymnastik) den 12-Wochen-Gruppen ähnlicher verhalten<br />

hat und daher positivere Resultate als die eher rein gesprächsorientierten Gruppen erzielte. Da<br />

zu den Inhalten der Traditionellen Gruppen im Detail keine Angaben vorliegen, könnte ein<br />

bestehender Gruppeneffekt in dieser Studie jedoch nicht interpretiert werden. Für den Ver-<br />

gleich der beiden Bedingungen (EG vs. TG) stellt die Betrachtung nach Einzelpersonen wohl<br />

eher die konservativere Vergleichsbedingung dar.<br />

Bei den vorgenommenen Auswertungsschritten handelt es sich vornehmlich um deskriptive<br />

Beschreibungen der erhobenen Daten und um Mittelwertsvergleiche zwischen den beiden<br />

Gruppen bzw. zwischen dem Zeitpunkt direkt im Anschluss an die Durchführung des 12-<br />

Wochen-Programms und den Katamnesezeitpunkt. Für die Berechnung mehrerer Mittelwert-<br />

100


vergleiche an derselben Stichprobe ergibt sich das Problem des Anstiegs des α-Fehlers, der<br />

damit die Wahrscheinlichkeit der fälschlichen Ablehnung einer Nullhypothese erhöht (Sachs,<br />

1992). Diese Problematik ist insbesondere relevant, wenn bei mehrfacher Testung bereits das<br />

Signifikant-Werden <strong>eines</strong> Mittelwertvergleichs zu der Ablehnung einer globalen Hypothese<br />

führen würde. Eine Möglichkeit der Korrektur dieses Fehleranstiegs stellt die Bonferroni-<br />

Korrektur dar (Bortz, 1999). In der vorliegenden Arbeit handelt es sich in einem Fall der<br />

Fragestellungen um eine Unterschiedshypothese, die anhand von Mittelwertvergleichen ge-<br />

prüft werden sollte (s. 5.3.3.). Hierzu wurden vier kategorial erhobene Variablen zwischen<br />

den Gruppen miteinander verglichen und die einzelnen Vergleiche mittels Chi-Quadrat-Tests<br />

geprüft. In einem Fall scheint bereits die Itemformulierung das Ergebnis stark zu beeinflus-<br />

sen, so dass der Vergleich nicht die eigentliche Fragestellung beantworten lässt. Ursprünglich<br />

war geplant, die drei aktiven Bewältigungsstrategien zu einem aktiven Bewältigungsscore zu-<br />

sammen zu fassen. Da jedoch ein Maßnahmenbündel aus oben genanntem Grund nicht mehr<br />

in einen weiteren Verarbeitungsschritt eingehen konnte und für die anderen beiden aktiven<br />

Bewältigungsstrategien die Ergebnisse in entgegen gesetzte Richtung weisen, wurde die Zu-<br />

sammenfassung nicht vorgenommen und der Betrachtung und Diskussion der einzelnen Ver-<br />

gleiche inhaltlich der Vorzug gegeben (s. 6.3.3.). Die Einzelvergleiche führen bereits auf dem<br />

unkorrigierten Niveau in keinem Fall zu statistisch signifikanten Ergebnissen. Alle anderen<br />

Fragestellungen sowie die übergeordnete Fragestellung sind explorativer Natur (s. 3.).<br />

6.3. Diskussion der Ergebnisse<br />

In den folgenden drei Abschnitten werden die Ergebnisse aus den einzelnen Auswertungs-<br />

bereichen in Hinblick auf die je zugehörigen Fragestellungen dargestellt und diskutiert und<br />

am Ende des jeweiligen Unterabschnitts noch einmal kurz zusammengefasst.<br />

6.3.1. Diskussion der Angaben der Teilnehmerinnen<br />

Als Akzeptanz des 12-Wochen-Programms zum Zeitpunkt der Katamnese gilt hier die<br />

möglichst hohe Weiterführung an Maßnahmen, die im Programm vermittelt wurden. Es zeigt<br />

sich, dass einige der Bausteine auch ein Jahr später noch von 80% der ehemaligen Teil-<br />

nehmerinnen ganz oder teilweise durchgeführt werden (Ernährungsumstellung, Entspan-<br />

nungsübung und Dehnübung). Je ca. 70% führen die Gymnastikübungen, die Übungen mit<br />

Gymnastikband sowie die Selbstbeobachtungsübung durch. Damit führen mindestens 70%<br />

der ehemaligen Teilnehmerinnen 75% (6 von 8) der selbständig weiter durchführbaren Maß-<br />

nahmen des 12-Wochen-Programms nach einem Jahr noch durch. Damit kann die Akzeptanz<br />

101


zum Katamnesezeitpunkt im Sinne einer möglichst hohen Weiterführung an Programm-<br />

elementen als gegeben angesehen werden. Darüber hinaus bleibt erfreulicherweise durch die<br />

Kombination der Maßnahmen auch der multimodale Charakter des Programms bei der<br />

Weiterführung erhalten, da die beliebtesten und am häufigsten durchgeführten Maßnahmen<br />

aus allen Bereichen stammen. Der Anteil an Teilnehmerinnen, die die Übungen mit dem<br />

Gymnastikball weiterhin ausführen, liegt wie bereits zu t2 bei ca. 50%. Auch dieser Prozent-<br />

satz ist damit als relativ hoch anzusehen, zumal es sich um eine von drei Übungen im<br />

gymnastischen Bereich zur körperlichen Aktivierung handelt und die beiden anderen<br />

Übungen zu 70% weiter durchgeführt werden, so dass diese Maßnahme von vielen der<br />

Teilnehmerinnen nicht als einzige gymnastisch vermittelte Maßnahme weiter durchgeführt<br />

wird. Dies spricht dafür, dass die drei gymnastischen Maßnahmen nicht als konkurrierend<br />

aufgefasst werden, sondern allen dreien ein Platz in dem Programm zukommt. Sie werden<br />

ergänzend oder in Kombination durchgeführt. Womöglich ist die Nutzung der Maßnahmen<br />

auch von der aktuellen Symptomatik abhängig, so dass die Auswahl ein breites Spektrum an<br />

gymnastischen, für Fibromyalgie genug schonenden und damit akzeptablen Übungen<br />

ermöglicht. Der niedrige Prozentsatz bei der Fortführung des Schmerztagebuchs ist in<br />

Zusammenhang mit dem Umstand zu sehen, dass die in einem sehr hohen Maße weiter<br />

geführte Selbstbeobachtungsübung eine ähnliche Aufgabe erfüllen soll: Anscheinend wird<br />

nicht die Auseinandersetzung mit der persönlichen Symptomatik und den individuellen<br />

Zusammenhängen im Kontext der anderen Maßnahmen für weniger wichtig oder akzeptabel<br />

gehalten, sondern vielen ist eine Beibehaltung speziell dieser Maßnahme zu aufwendig. Die<br />

Funktion des Schmerztagebuchs kann zudem bereits innerhalb der zwölf Wochen der Durch-<br />

führung des Programms erfüllt worden sein, da bereits in diesem Zeitraum Zusammenhänge<br />

zwischen auslösenden und verstärkenden bzw. die Symptomatik mildernden Faktoren<br />

erkennbar werden können. Diejenigen Teilnehmerinnen, die sich trotzdem für eine Fort-<br />

führung entschieden haben, bewerten diese Maßnahme zu t3 sehr positiv. Dies kann so inter-<br />

pretiert werden, dass bei diesen Teilnehmerinnen der Erkenntnisgewinn, den das Führen des<br />

Schmerztagebuchs bringen soll, noch nicht während der zwölf Wochen als abgeschlossen<br />

betrachtet wurde, da beispielsweise vorher wenige Einsichten in Zusammenhänge der persön-<br />

lichen Symptomatik bestanden, persönliche Umstände dazu beitragen, dass sich dieser<br />

Prozess langsamer vollzieht als bei anderen oder auf Grund besonderer Verhältnisse<br />

(beispielsweise eine individuelle Vielfalt an Symptomen oder zusätzlich vorhandenen<br />

Erkrankungen) die Symptome schwieriger zu überblicken und Zusammenhänge daher erst bei<br />

längerer Betrachtung zu erkennen sind.<br />

102


Zusammenfassend kann also den weiter durchführbaren Maßnahmen des 12-Wochen-<br />

Programms eine sehr hohe Akzeptanz im Sinne einer weiteren selbständigen Durchführung<br />

bescheinigt werden. Wird das Führen des Schmerztagebuches außer Acht gelassen, so wird<br />

jede Maßnahme durchschnittlich von nur einem Fünftel (20,8%) der ehemaligen Teilnehme-<br />

rinnen im Anschluss an die Programmdurchführung aufgegeben. Nur in dem Fall einer Person<br />

kommt es zu einer kompletten Programmaufgabe, deren Ursachen nicht bekannt sind. Auch<br />

wenn in Übereinstimmung mit anderen Forschungsergebnissen zur Beteiligungs- und Weiter-<br />

führungsquote bei von Fibromyalgie Betroffenen die Durchführung der einzelnen Maßnah-<br />

men im Laufe <strong>eines</strong> Jahres sinkt, zeigt sich für die Akzeptanz der Maßnahmen hier ein viel<br />

differenzierteres Bild: Maßnahmen werden nicht nur aufgegeben, sondern gegen andere Pro-<br />

grammelemente ausgetauscht oder neu in den persönlichen Bewältigungskatalog aufge-<br />

nommen. Das persönliche Programm, welches aus den Elementen des 12-Wochen-Pro-<br />

gramms bereits in den ersten 12 Durchführungswochen zusammengestellt wurde, wurde von<br />

einigen beibehalten, von anderen sogar erweitert oder eben reduziert.<br />

Nur wenige Autoren berichten außer den Abbruchquoten und den subjektiven Bewertungen<br />

von Maßnahmen durch die Teilnehmer (meist nach einem kürzeren Katamnesezeitraum)<br />

differenziert über die tatsächliche Art der Integration von Maßnahmen in den Lebensalltag. So<br />

konnten Mengshoel, Forseth, Haugen et al. (1995) zum Beispiel sechs Monate nach der<br />

Durchführung <strong>eines</strong> zehnwöchigen Fibromyalgie-Programms, das ebenfalls kognitive und<br />

verschiedene praktische Übungselemente enthielt, berichten, dass 8 von 16 Teilnehmern die<br />

im Programm vermittelten Entspannungsübungen in ihren Alltag integriert haben. 7 Personen<br />

behielten die Ernährungsumstellung bei. Dies entspräche somit einer Weiterführungs- bzw.<br />

Integrationsquote von 50 bzw. 43,8%. Die mit dem 12-Wochen-Programm erzielten Weiter-<br />

führungsquoten für diese beiden Bereiche liegen damit um 30 bzw. 36,5 Prozentpunkte höher.<br />

Die Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms durch die ehemaligen Teilnehmerinnen<br />

hat sich im Verlauf <strong>eines</strong> Jahres nicht bemerkenswert verändert: der Anteil derjenigen Teil-<br />

nehmerinnen, die das Programm als Ganzes wirksam bis sehr wirksam beurteilen, ist mit<br />

77,7% gegenüber 77,8% zu t2 gleich geblieben. Der Mittelwert der Gesamtbewertung sank<br />

leicht von 8.23 auf 8.06, bei einer größeren Einheitlichkeit der abgegebenen Wertungen. Zu t3<br />

berichten drei Personen, keine Wirkung des Programms wahrgenommen zu haben, während<br />

dies direkt im Anschluss an das Programm nur eine Person urteilte. Dafür nahm keine Person<br />

in der Nachuntersuchung eine negative Gesamtbewertung des Programms vor, während es<br />

zum 2. Messzeitpunkt von einer Person deutlich negativ beurteilt worden war. Die durch-<br />

schnittlichen Bewertungen der Wirksamkeit der weiterhin durchgeführten Maßnahmen liegen<br />

103


alle im positiven Bereich (auf einer 10stufigen Skala zwischen 7.83 und 8.60, wobei der Wert<br />

0 für „sehr negativ“ und der Wert 10 für „sehr positiv“ steht): Dabei wird das Element Gym-<br />

nastikübungen im zusammengefassten Baustein Physiotherapeutische Übungen am nied-<br />

rigsten, aber immer noch wirksam beurteilt. Am positivsten wird das Führen <strong>eines</strong> Schmerz-<br />

tagebuchs bewertet, wobei dies nur noch von fünf Personen geführt wird. Nur für zwei der<br />

acht weiter durchführbaren Maßnahmen sind die Bewertungen gegenüber der Erhebung direkt<br />

im Anschluss an das Programm statistisch signifikant gesunken (Ernährungsumstellung,<br />

Dehnübungen), wobei diese immer noch als wirksam eingestuft werden und dies zwei der drei<br />

Maßnahmen sind, die im Lauf des einen Jahres am häufigsten beibehalten wurden. Dies kann<br />

damit zusammenhängen, dass beide Maßnahmen innerhalb des 12-Wochen-Programms spezi-<br />

fische Funktion haben und trotz der gesunkenen Beurteilung nicht durch andere Maßnahmen<br />

ersetzt werden können. Zudem werden beide Maßnahmen weiterhin als „wirksam“ eingestuft,<br />

nur die Rangfolge und die absolute Einschätzung der Maßnahmen in der Beurteilung haben<br />

sich geändert. Für alle anderen Maßnahmen sanken die Beurteilungen ebenfalls, allerdings so<br />

leicht, dass keine dieser Veränderungen statistisch bedeutsam wurden. Die untersuchten<br />

Fragestellungen zu den Bewertungen sind offen formuliert worden, da sowohl denkbar war,<br />

dass im Lauf <strong>eines</strong> Jahres die Beurteilungen durch die längerfristige Anwendung <strong>eines</strong><br />

Bausteins positiver oder negativer ausfallen. Insbesondere für die psychologischen und infor-<br />

mativen Themen bestand die Vermutung laut Schmidt (2003), dass die im Vergleich zu den<br />

anderen Bausteinen geringer positive Beurteilung darauf zurückführen sei, dass direkt im An-<br />

schluss an die Durchführung des Programms noch nicht genug Zeit gewesen sei, dass positive<br />

Effekte der Themen im Alltag der Teilnehmerinnen ausgemacht werden konnten. Umso auf-<br />

fälliger ist, dass ausgerechnet bei diesen Bausteinen die Beurteilungen von t2 zu t3 durchweg<br />

hoch korrelieren und die Mittelwerte annähernd gleich geblieben sind. Hier muss gefragt<br />

werden, was die Teilnehmerinnen zu t3 beurteilt haben: geben sie ihre Meinung zu t2 wieder,<br />

beurteilen sie die Maßnahmen aus der Sicht nach einem Jahr so ähnlich oder haben die<br />

Auswirkungen, die in dem einen Jahr durch die Beschäftigung mit den Themen des Pro-<br />

gramms erfolgen können, keinerlei verändernde Auswirkungen auf die Beurteilungen? Für die<br />

Beurteilung der Themenbausteine wäre es daher günstig gewesen, ähnlich zu den weiter<br />

durchführbaren Elementen, eine Frage zu formulieren, die die weitere Beschäftigung oder An-<br />

wendung mit den Themen erfasst (z.B.: Haben Sie von diesem Themeninhalt etwas für sich<br />

angewendet?). Die Beurteilung der psychologischen Themen fällt dabei vergleichbar zu den<br />

Bewertungen der weiter durchführbaren Maßnahmen aus und ist immer noch als deutlich<br />

„wirksam“ einzustufen. Der Baustein Information wird dagegen wie zu t2 am niedrigsten<br />

104


ewertet, wenn auch als „wirksam“ eingestuft. Die Vermutung, dass der Nutzen der infor-<br />

mativen Themen sich erst mit der Zeit zeigt, kann in seiner Tendenz als bestätigt angesehen<br />

werden, da allein bei der Beurteilung dieser Maßnahmen im Rahmen der Nachuntersuchung<br />

eine positivere Bewertung als direkt im Anschluss an das Programm abgegeben wird. Diese<br />

positivere Bewertung ist auf die positivere Beurteilung von zwei der drei Themen (Notfälle<br />

erkennen & managen und Gesunder Schlaf) zurück zu führen, wobei die Veränderung dieser<br />

Beurteilung statistisch jedoch nicht bedeutsam ist.<br />

Die subjektive Wirksamkeitseinschätzung des gesamten Programms sowie seiner einzelnen<br />

Bestandteile ist damit zusammenfassend auch ein Jahr nach der Durchführung als durchweg<br />

positiv anzusehen. Fast 80% der ehemaligen Teilnehmerinnen stufen das Programm ein Jahr<br />

nach seiner Durchführung als „wirksam“ bis „sehr wirksam“ ein. Nur 8,3% (drei Personen)<br />

beurteilen das 12-Wochen-Programm insgesamt als „nicht wirksam“.<br />

Die in der vorliegenden Arbeit ermittelten Wirksamkeitseinschätzungen der in dem Pro-<br />

gramm vermittelten Maßnahmen sind damit vergleichbar positiv wie die Zufriedenheitsmaße<br />

mit durchgeführten Behandlungsmaßnahmen <strong>eines</strong> ebenfalls multimodalen, allerdings sta-<br />

tionär durchgeführten vierwöchigen Fibromyalgie-Programms für Gruppen von Wild und<br />

Müller (2002): Dort lagen auf einer selbst entwickelten, 10stufigen Zufriedenheitsskala, die<br />

Mittelwerte alle über dem Wert 7, wobei einzelne Maßnahmen deutlich positiver und/oder<br />

einheitlicher beurteilt wurden als andere. Bemerkenswert ist, dass die zum 12-Wochen-<br />

Programm ähnlichen Maßnahmen (Gymnastik, Entspannung, Ernährung) trotz der größeren<br />

Anzahl an Maßnahmen und Beurteilungsaspekten vergleichbar positiv bewertet werden.<br />

Auffallend ist zudem, dass in der Studie von Wild und Müller die Patienten mit den Be-<br />

handlungsmaßnahmen, die als eher passive Bewältigungsstrategien bezeichnet werden können<br />

(z.B. Lymphdrainage, Kälte, Sandliege), im Durchschnitt weniger zufrieden sind. Das 12-<br />

Wochen-Programm ist spezifisch zur Selbstanwendung für Fibromyalgie-Betroffene konzi-<br />

piert und ist damit „aktiv“ angelegt. Dies scheint somit auch den Bewertungen von Be-<br />

handlungsmaßnahmen durch die Betroffenen zu entsprechen, selbst wenn diese in einem<br />

anderen Kontext angeboten werden. Es ist wünschenswert, dass im Bereich des Patienten-<br />

Selbstmanagements, insbesondere bei einer chronischen Erkrankung wie der Fibromyalgie,<br />

ähnliche Ergebnisse in Hinblick auf die Behandlungszufriedenheit wie unter professioneller<br />

Anleitung bzw. stationär erzielt werden können. Dies scheint in der vorliegenden Studie trotz<br />

der Durchführung unter der Leitung von geschulten Betroffenen und im ambulanten Rahmen<br />

gelungen zu sein.<br />

105


An einzelnen Aspekten zur Durchführung des 12-Wochen-Programms beurteilen die ehe-<br />

maligen Teilnehmerinnen zum Katamnesezeitpunkt erneut die zur Verfügung stehende Zeit,<br />

die Anzahl der Treffen, die Anfangs- und die Abschlussrunde sowie die zur Verfügung ge-<br />

stellten Materialien. Über die Hälfte der Teilnehmerinnen hatte direkt im Anschluss an das<br />

Programm die zur Verfügung gestellte Zeit für die Durchführung der Inhalte als „leicht zu<br />

knapp“ bis „deutlich zu knapp“ bemessen empfunden. Diese Einschätzung ist im Nachhinein<br />

statistisch bedeutsam gesunken in Richtung des Bereichs, der das Empfinden als „genau<br />

richtig“ umschreibt: Zum Zeitpunkt der Katamnese geben 40% der Befragten an, die zur Ver-<br />

fügung gestellte Zeit als „genau richtig“ empfunden zu haben, etwa 25% geben an, sie als<br />

„leicht zu knapp“, 28,5% sie als „deutlich zu knapp“ empfunden zu haben. Zwei Personen<br />

stufen die Zeit als „leicht zu reichlich“ ein, so dass insgesamt beurteilt werden kann, dass ein<br />

Jahr nach Beendigung des Programms immer noch die knappe Hälfte der Teilnehmerinnen<br />

bei ihrem Urteil bleibt, dass mehr Zeit für die vorgesehenen Inhalte wünschenswert gewesen<br />

wäre. Die Anzahl der Treffen wurde zu beiden Messzeitpunkten im Durchschnitt als „genau<br />

richtig“ empfunden. Während zu t2 dieser Wert in Richtung des Skalenbereichs „zu viele“<br />

tendierte, sinkt die Beurteilung bei einer gleichzeitig größeren Einheitlichkeit der Beurtei-<br />

lungen statistisch bedeutsam in Richtung des Skalenbereichs „zu wenig“. Dies könnte darauf<br />

hin deuten, dass die Teilnehmerinnen im Lauf des einen Jahres feststellen, dass sie bestimmte<br />

Maßnahmen doch gerne über einen längeren Zeitraum im Rahmen der angeleiteten Selbst-<br />

hilfegruppe durchgeführt hätten oder erst später ein Bedarf entsteht, bestimmte Aspekte ver-<br />

tiefter zu bearbeiten. Die Beurteilungen von Materialien und Anfangs- und Abschlussrunde<br />

als Bestandteilen der Durchführung des 12-Wochen-Programms fiel wie schon zu t2 auch in<br />

der Katamnese einheitlich positiv aus: die Mittelwerte liegen alle deutlich im positiven<br />

Wirkungsbereich (>8).<br />

Damit wird auch zum Zeitpunkt der Katamnese der Faktor Zeit innerhalb der<br />

Durchführungsaspekte am schwächsten bewertet: von der Hälfte der ehemaligen Teilnehme-<br />

rinnen wird die zur Verfügung stehende Zeit für die vorgesehenen Inhalte als „zu knapp“<br />

empfunden, auch wenn dieser Eindruck ein Jahr nach der Durchführung des Programms<br />

weniger ausgeprägt ist als direkt im Anschluss an die Programmdurchführung. Alle anderen<br />

Aspekte in Zusammenhang mit der Durchführung der Treffen werden weiterhin als<br />

angemessen empfunden bzw. positiv bewertet.<br />

Wie schon direkt im Anschluss an die Programmdurchführung lässt sich in der Nachunter-<br />

suchung eine leicht positive Einschätzung der Auswirkung des Programms auf den Bereich<br />

Familie / Partnerschaft feststellen. Es werden zudem nur noch Angaben im neutralen bis<br />

106


positiven Bereich vergeben. Werden hier nur die Teilnehmerinnen betrachtet, deren Partner<br />

am Partnertreffen teilgenommen hatten, zeigt sich im Gegensatz zur ersten <strong>Evaluation</strong> jedoch<br />

kein Effekt: Der Mittelwert bleibt für beide Gruppen annähernd gleich, entgegen der Er-<br />

wartung, dass diejenigen, deren Partner teilgenommen haben, eine positivere Wirkung fest-<br />

stellen könnten, da auch die Partner direkt in das Programm eingebunden waren und daher<br />

langfristig mehr Auswirkungen auf die Partnerschaft stattgefunden haben könnten. Dieser<br />

Effekt scheint sich nur in der Beurteilung des Partnerschaftstreffens und des an diesem<br />

Treffen bearbeiteten Themas „<strong>Dr</strong>ei Wünsche an meinen Partner und mich“ niederzuschlagen:<br />

Dort beurteilen diejenigen Teilnehmerinnen, deren Partner an dem Treffen teilgenommen<br />

hatten, diese beiden Elemente positiver. Allerdings ist dieser Unterschied statistisch nicht<br />

bedeutsam. Im Vergleich zur ersten <strong>Evaluation</strong> fällt die Beurteilung innerhalb der Gruppe,<br />

deren Partner teilgenommen haben, zum Katamnesezeitpunkt etwas positiver aus. Auch hier<br />

sind die Unterschiede jedoch statistisch nicht bedeutsam. Die sehr positive Beurteilung des<br />

gemeinsam veranstalteten geselligen Abends dagegen ist zum Katamnesezeitpunkt leicht<br />

gesunken, wird aber immer noch positiv bewertet. Vermutlich ist die Einbindung der Ange-<br />

hörigen bzw. Partner durch die Teilnahme an einem Treffen zu gering, um sich – außer in den<br />

Beurteilungen des Treffens als solchem und der zu bearbeitenden Aufgabe – auch in spür-<br />

baren Auswirkungen auf die Beziehung bemerkbar zu machen. Da zudem die Beurteilung<br />

durch die gesamte Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen im Vergleich zu den anderen<br />

Programmelementen eher mäßig ausfällt, und die Wahrnehmung dieses Angebots durch An-<br />

gehörige als eher unbefriedigend bezeichnet werden muss, könnte darüber nachgedacht<br />

werden, ob dieser Punkt nicht zugunsten der intensiveren Behandlung anderer Elemente ge-<br />

strichen werden könnte und damit auch dem Empfinden, dass die zur Durchführung des<br />

Programms zu Verfügung stehende Zeit von der Hälfte der ehemaligen Teilnehmerinnen eher<br />

als „zu knapp“ empfunden wurde, entgegen gewirkt werden. Die dagegen deutlich positivere<br />

Beurteilung des geselligen Abend könnte darauf hindeuten, dass dieses Element möglicher-<br />

weise Funktionen im informellen Bereich erfüllt und Bedürfnisse abdeckt, die in dem sehr<br />

<strong>strukturierten</strong> und inhaltlich gefüllten Programmrahmen ansonsten zu kurz kommen, so dass<br />

darüber nachgedacht werden könnte, den geselligen Abend zum Beispiel von dem Partner-<br />

treffen zu entkoppeln und innerhalb des 12-Wochen-Programms ein weiteres Mal durch-<br />

zuführen.<br />

In Bezug auf Auswirkungen auf das Inanspruchnahmeverhalten von Angeboten des Gesund-<br />

heitswesens wurden von den Teilnehmerinnen direkt im Anschluss an die Programmdurch-<br />

führung mehrheitlich keinerlei Veränderungen festgestellt. Dies wurde von Schmidt (2003)<br />

107


dadurch erklärt, dass die Wahrnehmung gravierender Veränderungen in diesen Variablen be-<br />

zogen auf den kurzen Zeitraum nicht zu erwarten wäre, da ein kurzer Zeitraum Schwan-<br />

kungen unterliegt und die zeitliche Nähe zur Durchführung die volle Entfaltung des Pro-<br />

gramms und damit eine spürbare und messbare Auswirkung in etwaigen Bereichen noch nicht<br />

stattgefunden haben konnte. Auch ein Jahr später ergibt sich allerdings ein sehr ähnliches und<br />

in sich einheitliches Bild wie direkt nach Beendigung des 12-Wochen-Programms: Es werden<br />

im Durchschnitt keine Veränderungen bezüglich der Häufigkeit der Arztbesuche, der Besuche<br />

bei Krankengymnast / Physiotherapeut oder der Massagetermine festgestellt, wobei die Ten-<br />

denzen zum Nachuntersuchungszeitpunkt alle in die erwünschte Richtung weisen.<br />

Leider liegen keine Vergleichsdaten aus Untersuchungen mit Fibromyalgie-Patienten vor.<br />

Werden Angaben aus dem Bereich der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />

mit in die Betrachtung aufgenommen, zeigt sich, dass in der Experimentalgruppe zudem eine<br />

Verlagerung der Nutzung von Angeboten im Gesundheitswesen stattgefunden hat: Deutlich<br />

mehr nehmen im Vergleich zum Zeitpunkt der ersten <strong>Evaluation</strong> psychotherapeutische Hilfe<br />

in Anspruch, obwohl keine Verschlechterung des psychischen Befindens vorliegt (Roock,<br />

voraussichtlich 2005). Dies könnte auch darauf hinweisen, dass Fibromyalgie-Betroffene<br />

einer aufdeckenden Therapie zunächst kritisch gegenüber stehen (Keel, 1995) und beispiels-<br />

weise erst das Ausschöpfen anderer therapeutischer Angebote dazu führt, dieses Angebot für<br />

sich wahrzunehmen. Dann hätte die Teilnahme an dem 12-Wochen-Programm mit seinem<br />

vielfältigen Angebot an Maßnahmen dazu beigetragen, dass die Nutzung psychotherapeu-<br />

tischer Behandlungsangebote akzeptabler geworden ist. Evtl. ist auch der Spielraum, in dem<br />

körperlich und funktionell Verbesserungen erzielt werden können, den Betroffenen durch die<br />

Bearbeitung der informativen und psychologischen Themen deutlicher geworden, so dass die<br />

Bereitschaft, in psychotherapeutischen Angeboten zusätzlich nach anderweitigen Ver-<br />

besserungsmöglichkeiten der eigenen Situation zu suchen, gestiegen ist.<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse der direkten <strong>Evaluation</strong>:<br />

Die Ergebnisse zur Akzeptanz des 12-Wochen-Programms zwölf Monate nach der Durch-<br />

führung legen nahe, dass die Art und Weise, in der die einzelnen Programmelemente ver-<br />

mittelt wurden, zu einer hohen Akzeptanz der Maßnahmen führt, die sich nicht nur in „guten<br />

Noten“ ausdrückt, sondern zu einer tatsächlich hohen Weiterführung dieser Maßnahmen über<br />

einen längeren Zeitraum führt, sogar in dem Sinne, dass einige Teilnehmerinnen im Lauf<br />

<strong>eines</strong> Jahres im Anschluss an die Programmdurchführung Maßnahmen aufgreifen, die sie<br />

während des 12-Wochen-Programms selbst nicht durchgeführt haben. Es kann vermutet<br />

108


werden, dass diese hohe Akzeptanz durch die im 12-Wochen-Programm eingebaute Mög-<br />

lichkeit der individuellen Zusammenstellung der Maßnahmen und vor allem ihre individuell<br />

zu gestaltende Durchführungsintensität mit bedingt wird: so wird zum Beispiel das Verein-<br />

fachen oder Abkürzen der Ernährungsumstellung mit expliziten Hinweisen und Tipps dazu im<br />

Programm „vorweggenommen“. Ebenso wird mehrfach innerhalb des „Handbuchs für Grup-<br />

penleiterinnen“ (2000) bzw. dem Buch zum Fibromyalgie-Programm (2000) als Anleitung<br />

angegeben, sich bei der Durchführung der einzelnen Maßnahmen - zum Beispiel der<br />

gymnastischen Übungen – nicht zu überfordern, wobei gleichzeitig die Sinnhaltigkeit der<br />

einzelnen Maßnahmen erklärt und um eine möglichst multimodale Teilnahme gewoben wird.<br />

Der „Vorfahrt“ für die aktuell vorhandenen persönlichen Bedürfnisse und konstitutionellen<br />

oder anderweitigen Möglichkeiten wird im 12-Wochen-Programm also ein hoher Stellenwert<br />

beigemessen und ermöglicht so vielleicht die große Akzeptanz bzw. die große Bereitschaft,<br />

das Programm bzw. mehrere seiner Maßnahmen über den Zeitraum von einem Jahr fort-<br />

zuführen. Außerdem handelt es sich bei der Untersuchungsgruppe zum einen bereits durch<br />

den Kontext bedingt evtl. um eine hoch motivierte Personengruppe (Selbsthilfekontext), in<br />

der zusätzlich ein für diese Patientengruppe untypisch hoher Wert an internalen Kontroll-<br />

überzeugungen nachgewiesen werden konnte (s. RKS-Wert zu t1, Franetzki (2003)). Einzelne<br />

Aspekte der Durchführung des 12-Wochen-Programms werden auch ein Jahr später weiterhin<br />

positiv beurteilt, wobei allerdings anzumerken ist, dass die Hälfte der ehemaligen Teilnehme-<br />

rinnen die zur Verfügung stehende Zeit weiterhin als „zu knapp“ bemessen empfindet, bei<br />

gleichzeitigem Empfinden, dass die Anzahl der Treffen „genau richtig“ war. Es sollte daher<br />

bei einer erneuten Durchführung des 12-Wochen-Programms überlegt werden, ob die Dauer<br />

der einzelnen Treffen verlängert werden könnte, ohne dass Ermüdungserscheinungen auf-<br />

treten, oder aber ob einzelne Programmpunkte weniger häufig oder in gekürzter Form durch-<br />

geführt werden können. Die Ergebnisse zu den wahrgenommenen Auswirkungen auf die<br />

Familie bzw. Partnerschaft (nur leicht positive) sowie zu der Beurteilung des Partnertreffens<br />

(mäßig positiv) könnten dahingehend interpretiert werden, dass dieses kein zwingendes<br />

Element des 12-Wochen-Programms darstellt, was sich auch mit der noch unklaren, da teils<br />

widersprüchlichen, Forschungslage zur Bedeutung sozialer Unterstützung bei Fibromyalgie<br />

deckt. Andererseits werden in dem partnerschaftlichen Bereich zumindest leicht positive<br />

Auswirkungen sowohl direkt im Anschluss an das Programm als auch in der Katamnese ein<br />

Jahr später festgestellt, während im Bereich des Inanspruchnahmeverhaltens von Leistungen<br />

des Gesundheitswesens keinerlei spürbare Auswirkungen von den ehemaligen Teilnehmer-<br />

innen weder kurzfristig noch ein Jahr später berichtet werden.<br />

109


6.3.2. Diskussion der Angaben der Angehörigen<br />

Die Angaben der Angehörigen zum Zeitpunkt der Katamnese zur weiteren Durchführung von<br />

Programmmaßnahmen bestätigen die von den ehemaligen Teilnehmerinnen gemachten Aus-<br />

sagen: in keinem Fall weichen die Aussagen der Angehörigen statistisch bedeutsam von<br />

denen ihrer betroffenen Partnerinnen ab.<br />

Bei der Beurteilung der Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms wurden die Angehö-<br />

rigen gebeten, die Auswirkungen des Programms auf die Teilnehmerinnen einzuschätzen. Der<br />

Mittelwert liegt im leicht positiven Bereich. Es zeigt sich kein Unterschied in der Gesamtein-<br />

schätzung des Programms für diejenigen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben oder<br />

nicht. Es werden nur Angaben im Bewertungsbereich „keine Wirkung“ bis „sehr positive<br />

Wirkung“ vergeben. Der Vergleich der Gesamtbewertungen für die gepaarten Gruppen ergibt<br />

einen signifikanten Unterschied: Die Angehörigen bewerten das Programm im Durchschnitt<br />

weniger deutlich positiv als die ehemaligen Teilnehmerinnen. Die Beurteilungen von Ange-<br />

hörigen und Teilnehmerinnen korrelieren dabei hoch signifikant. Dies bedeutet, dass die An-<br />

gaben der Angehörigen die Selbstaussagen der ehemaligen Teilnehmerinnen in der Richtung,<br />

nicht aber in der Höhe stützen. Der Vergleich der Beurteilung der Auswirkungen des 12-<br />

Wochen-Programms auf die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie zeigt dagegen keinen<br />

statistisch bedeutsamen Unterschied: die Angehörigen schätzen die Auswirkungen des Pro-<br />

gramms auf die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie in der Nachuntersuchung ähnlich ein<br />

wie die ehemaligen Teilnehmerinnen. Die Beurteilungen korrelieren signifikant. Die Beurtei-<br />

lung der Auswirkung des Partnertreffens ist in beiden Gruppen dem Bereich „keine Wirkung“<br />

zuzuordnen. Es zeigt sich kein Unterschied zwischen Angehörigen, die an dem Partnertreffen<br />

teilgenommen haben und denen, die nicht teilgenommen haben. Somit bestätigen die Anga-<br />

ben der Angehörigen diejenigen der Teilnehmerinnen zu den Auswirkungen des Programms<br />

auf die gemeinsame Beziehung.<br />

Zur Beurteilung der Angaben der Angehörigen zur Programmbewertung wäre eine Überprü-<br />

fung der Ähnlichkeit der Angaben zur Einschätzung des Krankheitszustandes der Betroffenen<br />

vorweg wünschenswert gewesen, da davon ausgegangen werden muss, dass die Wahrneh-<br />

mung der körperlichen und psychischen Befindlichkeit der Betroffenen das Referenzkriterium<br />

für die Beurteilung der Wirksamkeit des Programm darstellt. Dies ist im Rahmen der vor-<br />

liegenden Arbeit jedoch aufgrund des Umfangs nicht leistbar. Eine abweichende Einschät-<br />

zung des Krankheitszustandes der Betroffenen durch die Angehörigen könnte zum Beispiel<br />

erklären, dass die Angehörigen das Programm insgesamt weniger positiv bewerten als die<br />

Teilnehmerinnen.<br />

110


Die von den Angehörigen abgegebenen Einschätzungen zum Partnertreffen und dem gesel-<br />

ligen Abend geben wider, wie sie diese Programmpunkte in Bezug auf sich selbst empfunden<br />

haben und stellen somit keine Validierung der Angaben der Teilnehmerinnen dar. Sie wurden<br />

erhoben, um festzustellen, wie diese Elemente von denjenigen Partnern langfristig beurteilt<br />

werden, die bereit waren, daran teil zu nehmen. Das Partnertreffen wird von den Angehörigen<br />

etwas weniger positiv („leicht positiv“) beurteilt als von den zugehörigen Teilnehmerinnen<br />

des 12-Wochen-Programms („positiv“). Der Unterschied ist statistisch jedoch nicht bedeut-<br />

sam. Die Beurteilung des geselligen Abends durch die Angehörigen entspricht der Beurtei-<br />

lung des Partnertreffens und ist ebenfalls leicht positiv. Diese Bewertung des geselligen<br />

Abends ist damit signifikant niedriger als durch die Teilnehmerinnen, so dass vermutet<br />

werden kann, dass der gesellige Abend für die ehemaligen Teilnehmerinnen eine andere<br />

Funktion erfüllt oder einen anderen Stellenwert hat. Es fällt auf, dass tendenziell die Be-<br />

wertung des geselligen Abends durch die Teilnehmerinnen höher ist, deren Partner an dem<br />

Treffen und Abend anwesend waren, so dass dies darauf hinweisen könnte, dass die Teil-<br />

nehmerinnen die Anwesenheit ihres Partners positiv in die Beurteilung einbeziehen.<br />

Da die Durchführung des 12-Wochen-Programms sowie auch die Weiterführung von Maß-<br />

nahmen Auswirkungen auf die Gestaltung des Alltags haben und dies die mit im Haushalt<br />

lebenden Personen direkt oder indirekt betrifft, ist es wichtig, dass die Durchführung von dem<br />

Programm und seinen einzelnen Maßnahmen mit dem Lebensalltag der Betroffenen und ihrer<br />

Angehörigen vereinbar ist. Hierfür sollen an dieser Stelle kurz die Angaben der Angehörigen<br />

zu ihrer Akzeptanz und Bereitschaft, die Betroffenen bei der Durchführung zu unterstützen,<br />

wiedergegeben werden, auch wenn dies über die eigentlichen Fragestellungen dieses Aus-<br />

wertungsbereichs hinausgeht. 30,4% der Angehörigen geben an, einzelne Elemente des 12-<br />

Wochen-Programms mitgemacht zu haben. 34,8% hatten an dem Partnertreffen während der<br />

Durchführung des Programms teilgenommen. 13% geben an, dass sie ihre Partnerinnen ander-<br />

weitig dabei unterstützt haben, das Programm durchführen zu können. 78,3% würden die<br />

Teilnahme an einem solchen Programm, ein Jahr nachdem ihre Partnerinnen an diesem teil-<br />

genommen haben, auch anderen von Fibromyalgie-Betroffenen weiter empfehlen.<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse der indirekten <strong>Evaluation</strong>:<br />

Die Angaben der Angehörigen zur Durchführung der Programmmaßnahmen zum Zeitpunkt<br />

der Katamnese bestätigen die von den ehemaligen Teilnehmerinnen gemachten Aussagen.<br />

Dagegen weichen die Einschätzungen der Angehörigen zur Gesamtbewertung des 12-Wo-<br />

chen-Programms von denen der ehemaligen Teilnehmerinnen dahingehend ab, dass sie dieses<br />

111


niedriger positiv bewerten. Sowohl das Partnertreffen als auch der gesellige Abend werden<br />

von den Angehörigen leicht positiv beurteilt. Über drei Viertel der Angehörigen würden ein<br />

Jahr später die Teilnahme an einem derartigen Programm auch anderen Betroffenen<br />

empfehlen.<br />

6.3.3. Diskussion der Auswertung alltäglicher Bewältigungsstrategien<br />

Es konnte nicht gezeigt werden, dass die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Pro-<br />

gramms ein Jahr später interventionsbedingt mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen<br />

unstrukturierter Selbsthilfe in Anspruch nehmen als die Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />

Gruppen. Für die aktive Bewältigungsstrategie Informationsaufnahme zeigt sich zwar ein<br />

höchst signifikanter Gruppeneffekt, dieser muss jedoch sehr wahrscheinlich auf die einschrän-<br />

kende Formulierung der beiden Items, die dieses Maßnahmenbündel bilden, zurückgeführt<br />

werden (s. 5.3.1.). Für die zwei für den Vergleich verbleibenden aktiven Bewältigungsstra-<br />

tegien lassen sich keine statistisch bedeutsamen Gruppenunterschiede in der Häufigkeit der<br />

Durchführung der Strategien zeigen: Für das Maßnahmenbündel Körperliche Betätigung<br />

weisen die prozentualen Angaben in die erwartete Richtung. Für die aktive Bewältigungsstra-<br />

tegie Austausch weisen die prozentualen Angaben nicht in die erwartete Richtung. Für das<br />

Maßnahmenbündel Passive Bewältigung ergibt sich kein statistisch bedeutsamer Unterschied<br />

zwischen den beiden Gruppen. Die prozentualen Angaben weisen zwar in die angenommene<br />

Richtung, allerdings könnte dieses Ergebnis auch mit einer stärkeren Beeinträchtigung der<br />

Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen, die bereits vor der Durchführung der Studie be-<br />

stand, zusammenhängen. Es kann vermutet werden, dass sich das Verhältnis der Nutzung von<br />

aktiven zu passiven Strategien innerhalb und zwischen den Gruppen durch die Programm-<br />

durchführung verändert hat. Hier zeigt sich für den Katamnesezeitpunkt das erwünschte Ver-<br />

hältnis: Innerhalb der Gruppe der ehemaligen Programmteilnehmerinnen ist die passive Be-<br />

wältigungsstrategie Medikamenteneinnahme die am wenigsten genutzte (50%). Alle aktiven<br />

Bewältigungsstrategien werden dagegen deutlich stärker genutzt (>70% - ca. 95%). In der<br />

Traditionellen Gruppe ist der Abstand zwischen den prozentualen Anteilen deutlich weniger<br />

ausgeprägt (Medikamenteneinnahme: 57,4%; Aktive Bewältigungsstrategien zwischen 59%-<br />

ca. 95%). Zu den ersten beiden Messzeitpunkten sind zwar Angaben zur Medikamentenein-<br />

nahme erhoben worden, diese liegen jedoch nicht in vergleichbarer Form zu den diesbezüg-<br />

lichen Angaben zum Katamnesezeitpunkt vor, so dass erst eine Überarbeitung der Informatio-<br />

nen für einen Vergleich notwendig ist. Dieser könnte noch Aufschluss über Ausgangswert-<br />

unterschiede im Medikamentengebrauch der beiden Gruppen bzw. bezüglich Veränderungen<br />

112


in diesem Bereich innerhalb der Gruppen geben. Da über die aktiven alltäglichen Bewälti-<br />

gungsstrategien zu den ersten beiden Messzeitpunkten jedoch keine Informationen vorliegen,<br />

könnte anhand der vorliegenden Daten leider keine Aussage darüber getroffen werden, ob<br />

sich das Verhältnis der Nutzung der Strategien im Verlauf über die Zeit verändert hat.<br />

Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms bewerten alle Maßnahmenbün-<br />

del im positiven Wirkungsbereich, wobei die passive Bewältigungsstrategie am niedrigsten<br />

beurteilt wird. Dieser Effekt kann dagegen bei den Teilnehmerinnen der Traditionellen Grup-<br />

pen nicht nachgewiesen werden: diese beurteilen die Bewältigungsstrategien alle im leicht<br />

positiven bis sehr positiven Bereich, wobei die Beurteilungen stärker streuen als in der 12-<br />

Wochen-Gruppe. Die Maßnahmenbündel werden dabei im Gruppenvergleich ähnlich bewer-<br />

tet. Nur für den Bereich Informationsaufnahme zeigt sich ein signifikanter Unterschied in der<br />

Beurteilung, der sehr wahrscheinlich wiederum auf die einschränkende Itemformulierung der<br />

zu dem Bündel gehörenden beiden Items zurückzuführen ist (s. 5.3.1.).<br />

Allgemein zeigt sich, dass in beiden Gruppen viele der ehemaligen Teilnehmerinnen im<br />

Bereich der alltäglichen Bewältigung verschiedene Maßnahmen zusätzlich zu der Teilnahme<br />

an den Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga ergreifen. Zwei Medikamentengruppen und be-<br />

stimmte Arten körperlicher Bewegung werden dabei bevorzugt genutzt: In beiden Gruppen<br />

werden von der Mehrheit der Betroffenen Schmerzmittel eingenommen. Dabei nehmen die<br />

Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen signifikant mehr Schmerzmittel ein als die<br />

Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen (ca. 84% gegenüber ca. 70%). In beiden Gruppen<br />

werden zudem von einem hohen Anteil der Betroffenen Psychopharmaka eingenommen<br />

(EG: 50%; TG: ca. 40%). Im Rahmen körperlicher Betätigung wird in beiden Gruppen von<br />

mehr als 70% der Teilnehmerinnen Spazieren gegangen und rund die Hälfte schwimmt oder<br />

betreibt Wassergymnastik. Zusätzlich treiben in der ehemaligen Teilnehmerinnengruppe des<br />

12-Wochen-Programms 50% eine andere Form von Sport oder Bewegung und in den Tra-<br />

ditionellen Gruppen ca. 40%. Auffallend ist die unterschiedliche Nutzung des Angebots des<br />

Erfahrungsaustauschs mit anderen Betroffenen: hier geben tendenziell mehr Teilnehmerinnen<br />

der ehemaligen Traditionellen Gruppen an, dieses Angebot für sich zu nutzen als in der 12-<br />

Wochen-Gruppe (ca. 95% gegenüber ca. 60%). Ein höchst signifikanter Unterschied zeigt<br />

sich für die Nutzung von Videomaterial, der wiederum auf die Formulierung des zugehörigen<br />

Items zurückgeführt wird (s. 5.3.1.). Für alle weiteren Maßnahmen ergeben sich keine<br />

statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Bewertungen der all-<br />

täglichen Bewältigungsstrategien liegen in der Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen des<br />

12-Wochen-Programms alle im leicht positiven bis deutlich positiven Beurteilungsbereich<br />

113


(6,60-9,08). Am höchsten positiv wird die Teilnahme an einer weiteren Selbsthilfegruppe<br />

bewertet, am niedrigsten die Einnahme von Muskelentspannungsmitteln. In der Gruppe der<br />

ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen liegen die Bewertungen insgesamt<br />

niedriger in einer etwas niedrigeren Beurteilungsspannbreite (6.09-8.14). Am positivsten wird<br />

dabei ein anderes wichtiges Medikament beurteilt, das zusätzlich zu den anderen drei er-<br />

fassten Medikamentenkategorien angegeben werden konnte und am niedrigsten wird in dieser<br />

Gruppe die körperliche Betätigung Fahrradfahren eingestuft (Bereich „keine Wirkung“).<br />

Somit weisen zumindest die Bewertungen der Maßnahmen auf die Bevorzugung aktiver Be-<br />

wältigungsmaßnahmen in der Experimentalgruppe gegenüber der Bevorzugung passiver Be-<br />

wältigung in der Vergleichsgruppe hin.<br />

Die in dem einen Jahr erfolgte weitere Durchführung von Programmelementen kann als hoch<br />

angesehen werden (s. 6.3.1.). Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />

zeigen dennoch gleichzeitig nicht weniger, sondern eher mehr, Verhaltensweisen körperlicher<br />

Betätigung im Lebensalltag als die Vergleichsgruppe. Dies kann für sich genommen als er-<br />

folgreiche Aktivierung verstanden werden, da die weitere Durchführung der Programmmaß-<br />

nahmen quasi zusätzlich zu dem normalen Bewältigungsprogramm erfolgt (verglichen mit<br />

dem Engagement der Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen).<br />

Auffallend ist, dass bestimmte körperliche Betätigungsformen im Lebensalltag, zudem ten-<br />

denziell in beiden Untersuchungsgruppen, besonders positiv bewertet (Schwimmen bzw.<br />

Wassergymnastik und Andere Form von Sport oder Bewegung). Unter dem Item Andere<br />

Form von Sport oder Bewegung werden vielfach andere Formen von Gymnastik oder in der<br />

Traditionellen Gruppe auch mehrfach Entspannungsarten genannt. Dies weist darauf hin, dass<br />

es sich bei vielen der anderen sportlichen Betätigungen um zum 12-Wochen-Programm<br />

vergleichbare körperliche Aktivitäten handelt, hier also keine prinzipiell andersartigen körper-<br />

lichen Betätigungsformen ausgeübt und positiv bewertet werden. Aufschluss über ungenutzte<br />

Potentiale im Rahmen unstrukturierter Selbsthilfe bei Fibromyalgie scheinen eher die unter<br />

dem Item Andere Therapien angegebenen Nennungen zu liefern. Deren Vielfalt legt jedoch<br />

nahe, dass es sich hier um teils sehr individuelle Präferenzen oder eben nicht für die Mehrheit<br />

der Betroffenen hilfreiche Angebote handelt. Die positive Bewertung von Schwimmen bzw.<br />

Wassergymnastik könnte ein Hinweis darauf sein, dass hier zusätzliche Aspekte zu der<br />

körperlichen Betätigung als angenehm empfunden werden (z.B. sozialer Rahmen, Kälte), da<br />

trotz der vergleichsweise etwas positiveren Beurteilung zu den körperlich aktiven Elementen<br />

des 12-Wochen-Programms die Programmmaßnahmen von deutlich mehr ehemaligen Teil-<br />

nehmerinnen im Lauf <strong>eines</strong> Jahres durchgeführt werden.<br />

114


Der Gruppenvergleich für die Durchführung programmähnlicher Maßnahmen zeigt, dass auch<br />

Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen Maßnahmen wie Ernährungsumstellung oder<br />

Dehnübungen durchführen, allerdings in einem statistisch höchst signifikant bzw. signifikant<br />

niedrigerem Ausmaß: eine Ernährungsumstellung führen ca. 26% gegenüber ca. 67% in den<br />

12-Wochen-Gruppen durch. Dehnübungen werden von 59% gegenüber ca. 83% in den 12-<br />

Wochen-Gruppen praktiziert. Gymnastikübungen werden dagegen in beiden Gruppen von<br />

über der Hälfte der Teilnehmerinnen durchgeführt, wobei auch hier der Prozentsatz der<br />

ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms höher liegt (ca. 70% gegenüber<br />

55%). Die Bewertungen dieser Maßnahmen fallen erwartungsgemäß in der Gruppe der ehe-<br />

maligen Programmteilnehmerinnen positiver aus. Allerdings wird dieser Unterschied nur für<br />

die Beurteilungen der Dehnübungen statistisch signifikant. Dies kann dahingehend interpre-<br />

tiert werden, dass den ehemaligen Programmteilnehmerinnen der mit diesen Maßnahmen ver-<br />

bundene Nutzen deutlicher geworden ist oder aber dass die Durchführung dieser Maßnahmen<br />

wirkungsvoller gestaltet werden kann und diese daher auch wirksamer erlebt werden.<br />

Bevor die Ergebnisse der Diskussion der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />

noch einmal zusammengefasst werden, soll kurz auf die Ausgangssituation direkt im An-<br />

schluss an das Programm bzw. an die Durchführung der Traditionellen Gruppen eingegangen<br />

werden: Bereits zu t2 unterschieden sich die beiden Vergleichsgruppen in der Nutzung von<br />

zwei der drei damals erhobenen alltäglichen Bewältigungsangebote: Während der Prozentsatz<br />

an Teilnehmerinnen, der Krankengymnastik in Anspruch nahm, in beiden Gruppen vergleich-<br />

bar war, befanden sich deutlich mehr Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen in psycho-<br />

therapeutischer Behandlung als in der Experimentalgruppe (dieser Unterschied wurde hoch<br />

signifikant) und deutlich mehr der Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen nutzten zusätz-<br />

liche therapeutische Angebote als Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen (signifikanter<br />

Unterschied). Die Maßnahmen wurden dabei in den Gruppen teils unterschiedlich beurteilt:<br />

Die Bewertung der anderen Therapien fiel in den 12-Wochen-Gruppen deutlich besser aus<br />

(signifikanter Unterschied) und auch die Krankengymnastik wurde tendenziell besser be-<br />

urteilt. Für die Beurteilung der psychotherapeutischen Angebote zeigte sich dagegen kein be-<br />

deutsamer Unterschied. Zum Katamnesezeitpunkt wurden die gleichen Variablen noch einmal<br />

erhoben und es ergibt sich folgendes Bild: Für die Nutzung von Krankengymnastik zeigen<br />

sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte für die Faktoren Gruppe und Messzeitpunkt.<br />

Allerdings besteht ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen den beiden Faktoren. Dies be-<br />

deutet, dass sich die beiden Gruppen im Verlauf des einen Jahres in Bezug auf die Maßnahme<br />

115


Krankengymnastik gegensätzlich entwickelt haben: Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-<br />

Wochen-Programms nehmen weniger, die der Traditionellen Gruppen mehr Krankengymnas-<br />

tik in Anspruch. Dies könnte zum Beispiel damit zusammenhängen, dass die Teilnehmerinnen<br />

der 12-Wochen-Gruppen im Rahmen des Programms spezifisch für Fibromyalgie-Betroffene<br />

entwickelte gymnastische Übungen erlernt haben, die sie auch in einem hohen Maße nach der<br />

Programmdurchführung anwenden, so dass der Bedarf an Krankengymnastik gesunken ist.<br />

Dies kann aber nur vermutet werden, da die Betroffenen gleichzeitig angeben, dass sich ihre<br />

Termine beim Krankengymnasten nicht spürbar verringert haben. Die Auswirkung scheint<br />

sich also eher darauf zu beziehen, dass entweder die Anwendung der Krankengymnastik im<br />

häuslichen Rahmen gesunken ist oder aber dass von den ehemaligen Programmteilnehme-<br />

rinnen kein Bezug zwischen der Abnahme der Inanspruchnahme von Krankengymnastik und<br />

dem 12-Wochen-Programm gesehen wird. Für die Inanspruchnahme von Psychotherapie zeigt<br />

sich kein Messzeitpunkteffekt, aber ein signifikanter Effekt für die Gruppe. Die Interaktion<br />

der beiden Gruppen wird zudem hoch signifikant: Die ehemaligen Teilnehmerinnen des Pro-<br />

gramms nehmen ein Jahr nach der Durchführung des 12-Wochen-Programms deutlich mehr<br />

psychotherapeutische Hilfe in Anspruch, während die ehemaligen Teilnehmerinnen der Tra-<br />

ditionellen Gruppen gleichzeitig deutlich weniger als im Vorjahr in Anspruch für sich neh-<br />

men, so dass Teilnehmerinnen beider Gruppen zum Katamnesezeitpunkt annähernd gleich oft<br />

das Angebot psychotherapeutischer Hilfe nutzen. Für die Inanspruchnahme anderer Therapien<br />

zeigen sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte für die Faktoren Gruppe und Mess-<br />

zeitpunkt. Die Interaktion der beiden Faktoren wird jedoch hoch signifikant, da zum 3. Mess-<br />

zeitpunkt deutlich weniger Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen noch andere Therapien<br />

nutzen, während der Prozentsatz in der Vergleichsgruppe deutlich gestiegen ist. Für die<br />

offenen Nennungen von Massage zeigt sich ein signifikanter Effekt für den Faktor Mess-<br />

zeitpunkt. Für den Faktor Gruppe und die Interaktion der beiden Faktoren zeigen sich keine<br />

statistisch bedeutsamen Effekte: in beiden Gruppen nehmen die Teilnehmerinnen das Ange-<br />

bot von Massage weniger wahr. In der Bewertung der Maßnahmen außerhalb der Rheuma-<br />

Liga zu t3 unterschieden sich die Gruppen jeweils nicht, d.h. die Bewertungsunterschiede, die<br />

noch zu t2 bestanden haben, sind nun ausgeglichen. Diese Veränderungen in der Nutzung von<br />

verschiedenen Behandlungsangeboten weist darauf hin, dass die Zusammenhänge im Inan-<br />

spruchnahmeverhalten bei Fibromyalgie komplex zu sein scheinen und Auswirkungen von<br />

Behandlungsmaßnahmen evtl. schwieriger als bei anderen rheumatischen Erkrankungen über<br />

eine einfache Verringerung im Inanspruchnahmeverhalten gemessen werden können. Die<br />

Frage nach bestehenden Ausgangswertunterschieden in diesem Bereich bei den beiden Unter-<br />

116


suchungsgruppen vor der Intervention kann nicht geklärt werden, da zu diesem Bereich zu t1<br />

keine Angaben erhoben wurden. Direkt nach der Programmdurchführung unterschieden sich<br />

die Gruppen in der Nutzung zusätzlicher Behandlungsangebote deutlich voneinander. Diese<br />

Unterschiede haben sich allerdings im Lauf des einen Jahres in allen Variablen verringert. Für<br />

eine Beurteilung des Zustandekommens der Unterschiede zu t2 sowie der Verringerung der-<br />

selben zu t3 fehlen leider Angaben zu diesem Bereich zum 1. Messzeitpunkt.<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien:<br />

Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms nehmen ein Jahr später nicht<br />

mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen unstrukturierter Selbsthilfe in Anspruch als<br />

die ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen: Für die aktive Bewältigungs-<br />

strategie Körperliche Betätigung weisen die prozentualen Angaben in die erwartete Richtung.<br />

Für die aktive Bewältigungsstrategie Austausch weisen die prozentualen Angaben nicht in die<br />

erwartete Richtung. Für das Maßnahmenbündel Passive Bewältigung ergibt sich kein statis-<br />

tisch bedeutsamer Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die ehemaligen Teilnehme-<br />

rinnen des 12-Wochen-Programms nutzen die passive Bewältigungsstrategie am wenigsten<br />

und alle aktiven Bewältigungsstrategien dagegen deutlich stärker. In der Vergleichsgruppe ist<br />

der Abstand zwischen den prozentualen Anteilen der verschiedenen Bewältigungsstrategien<br />

deutlich weniger ausgeprägt. Die 12-Wochen-Gruppe beurteilt die passive Bewältigungs-<br />

strategie im Vergleich mit den aktiven Bewältigungsstrategien am niedrigsten. Dieser Effekt<br />

kann in der Traditionellen Gruppen nicht nachgewiesen werden. In beiden Gruppen ergreifen<br />

viele Personen zusätzlich zu der Teilnahme an den Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga<br />

weitere Maßnahmen im Bereich der alltäglichen Bewältigung. Hier ergibt sich nur für die<br />

Nutzung des Angebots des Erfahrungsaustauschs mit anderen Betroffenen ein tendenziell<br />

signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen, da mehr ehemalige Teilnehmerinnen der<br />

Traditionellen Gruppen diesen für sich in Anspruch nehmen. Der Vergleich der Durchführung<br />

programmähnlicher Maßnahmen zeigt, dass ehemalige Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />

Gruppen die Maßnahmen Ernährungsumstellung und Dehnübungen signifikant weniger<br />

häufig durchführen. Diese Ergebnisse sind vorsichtig mit Hinblick darauf zu bewerten, dass<br />

starke Veränderungen in der Nutzung von Behandlungsangeboten zwischen den Messzeit-<br />

punkten t2 und t3 evtl. auch auf eine Veränderung der Nutzung der alltäglichen Be-<br />

wältigungsstrategien hinweisen können, die auf anderen Einflüssen als den unterschiedlichen<br />

Behandlungsbedingungen beruht. Zur abschließenden Bewertung fehlen jedoch Vergleichs-<br />

daten zu diesen Bereichen zum ersten Messzeitpunkt.<br />

117


6.4. Fazit / Ausblick<br />

Behandlungsprogramme, selbst wenn sie auf jahrelangen Erfahrungen der sie anwendenden<br />

Ärzte oder anderen Anbieter beruhen, werden häufig nicht evaluiert. In sofern stellt bereits die<br />

erste <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms einen Ansatz zur Umsetzung der Forderung nach<br />

einer Bewertung von Maßnahmen im Gesundheitswesen dar. Die Nachuntersuchung soll<br />

ermöglichen, die Stabilität der Effekte über einen längeren Zeitraum beurteilen zu können.<br />

Die Aufrechterhaltung bzw. Veränderung von Effekten im körperlichen bzw. psychischen<br />

Bereich ist Gegenstand der Arbeiten von Kadura (2004) und Roock (voraussichtlich 2005).<br />

Dabei hat sich für den körperlichen Bereich im Rahmen der Nachuntersuchung gezeigt, dass<br />

hinsichtlich bestimmter Schmerzparameter auch ein Jahr nach der Programmdurchführung<br />

Verbesserungen aufrechterhalten werden und auch im Bereich der funktionellen Beschwer-<br />

den, die besonders typisch bei Fibromyalgie zu sein scheinen, noch signifikant positive<br />

Effekte gegenüber der Ausgangssituation erzielt werden (Kadura, 2004). Die Arbeit zu der<br />

Aufrechterhaltung bzw. Veränderung von Effekten im psychischen Bereich steht noch aus<br />

(Roock, voraussichtlich 2005).<br />

Die Zusammensetzung des 12-Wochen-Programms entspricht der Forderung nach einem<br />

multidimensionalen Behandlungskonzept bei Fibromyalgie (Strobel, Wild & Müller, 1998).<br />

Als zum Zeitpunkt seiner Konzeption neu bzw. besonders am 12-Wochen-Programm kann die<br />

Ernährungsumstellung angesehen werden. Den aktiv weiter durchführbaren Maßnahmen des<br />

Programms kann durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit eine hohe Akzeptanz im Sinne<br />

einer weiteren Durchführung über einen längeren Zeitraum bescheinigt werden. Dies wird<br />

durch die Angaben von Angehörigen bestätigt. Die ehemaligen Teilnehmerinnen bewerten<br />

zudem fast alle der weiter durchführbaren Programmelemente vergleichbar positiv wie in der<br />

ersten <strong>Evaluation</strong>. Die subjektive Wirksamkeitseinschätzung des gesamten Programms fällt<br />

auch ein Jahr nach der Durchführung positiv aus. Wünschenswert wären Informationen dazu,<br />

warum Maßnahmen aufgegeben wurden bzw. wie diese von denjenigen bewertet werden, die<br />

sie nicht weiter durchführen. So muss angenommen werden, dass die hohe Weiterführung der<br />

Maßnahmen mit den positiven Bewertungen derselben zusammenhängen, ohne dass dieser<br />

Zusammenhang anhand der vorliegenden Daten tatsächlich geprüft werden kann. Jensen,<br />

Turner und Romano (1991) fanden in einer Untersuchung von Patienten mit chronischen<br />

Schmerzen unterschiedlichen Typs, „dass die persönliche Meinung, verschiedene Verhaltens-<br />

weisen ausführen zu können, besser vorhersagt, was eine Person tun wird, als Überzeugungen<br />

darüber, wie effektiv diese Verhaltensweisen sind“ (nach Ruoß, 1998; S. 110). Sie folgern<br />

daraus, dass die Instruktion von Patienten, Übungen wirklich durchzuführen und damit den<br />

118


Patienten ihre eigene Selbstwirksamkeit zu demonstrieren wichtiger sei, als Patienten von der<br />

Wirksamkeit der Verhaltensweisen zu überzeugen. Dieses Ergebnis weist noch einmal darauf<br />

hin, wie wichtig es ist, bei der Anleitung der Interventionselemente nicht nur auf die Effek-<br />

tivität der Maßnahmen hinzuweisen, sondern, wie im Rahmen des 12-Wochen-Programms<br />

geschehen, wie wichtig die tatsächliche Teilnahme und Durchführung gemäß des jeweiligen<br />

Gesundheitszustandes während der Programmdurchführung sind.<br />

Eine Auswertung der Schmerztagebücher könnte weiteren Aufschluss über alltägliche Bewäl-<br />

tigungsstrategien, aber auch über die Akzeptanz der durch das Programm angeregten Haus-<br />

aufgaben bieten. Im Rahmen dieser Arbeit ist ein zusätzliches Einbeziehen auch dieser Daten<br />

jedoch des Umfangs wegen nicht möglich. Eine kurze Durchsicht der Schmerztagebücher der<br />

Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms ergab, dass vielfach Angaben in der Art ‚Musik<br />

hören’, ‚Stadtbummel’ etc. gemacht werden, also Angaben, die nicht direkt in Zusammenhang<br />

mit auslösenden oder aufrechterhaltenden Bedingungen des Krankheitsbildes gebracht werden<br />

können bzw. die in ihrem Wirksamkeitspotential nicht direkt an der vorherrschenden<br />

Schmerzsymptomatik ansetzen. Es handelt sich grob betrachtet um Aktivitäten, die zu dem<br />

Bereich der psychischen Bewältigung durch Ablenkung / Schmerzdefokussierung gerechnet<br />

werden können oder als Entspannungsmaßnahmen zum Einsatz gebracht werden. Hier wäre<br />

eine weitere Auswertung wünschenswert, da die verschiedenen Verhaltensweisen, die zur Ab-<br />

lenkung eingesetzt wurden, teilweise explizit durch das 12-Wochen-Programm angeregt<br />

wurden und als solche nicht in dem Fragebogen erfasst wurden.<br />

Patientenschulung kann als systematische und geplante Intervention für chronisch Kranke<br />

aufgefasst werden, die dem Erwerb von gesundheitsbezogenen Informationen, Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen, zur Verbesserung des Gesundheits-<br />

zustandes, psychosozialen Status, der Lebensqualität und der Selbsteffizienz und der Inan-<br />

spruchnahme von Gesundheitsleistungen dient (Burckhardt, Lorig, Moncur et al., 1994; Lorig<br />

& Visser, 1994; nach Genth, 2000). „Unklar ist (...) der optimale Mix aus krankheitsspezifi-<br />

schen Themen wie Selbstbeurteilung von Krankheitssymptomen, spezifischen Therapie- und<br />

Rehabilitationsformen und krankheitsunspezifischen Themen wie Schmerz- oder Stressbewäl-<br />

tigung oder Verbesserung von Selbsteffizienz für bestimmte Zielgruppen oder auch der Ein-<br />

satz von anderen Berufsgruppen (...), Laien oder Patienten als Schuler“ (ebd., S. 218). „Noch<br />

erhält nur ein kleiner Teil der Patienten mit chronischen rheumatischen Krankheiten eine<br />

Patientenschulung in dieser Form“ (ebd., S. 219) Eine Verbreitung vorhandener Schulungs-<br />

programme insbesondere im ambulanten Bereich hält der Autor für wünschenswert. In diesem<br />

119


Sinn ist dem 12-Wochen-Programm aufgrund der mit ihm erzielten positiven Effekte eine<br />

weitere Verbreitung unter Betroffenen zu wünschen.<br />

7. Zusammenfassung<br />

In der vorliegenden Arbeit wird die Akzeptanz und die Bewertung <strong>eines</strong> <strong>strukturierten</strong><br />

verhaltensmedizinischen Behandlungsprogramms für Fibromyalgie-Patienten („12-Wochen-<br />

Programm“ nach <strong>Weiss</strong>, 2000) durch die Teilnehmenden ein Jahr nach dessen Durchführung<br />

untersucht. Die Durchführung des Behandlungsprogramms erstreckte sich einmal wöchentlich<br />

über insgesamt zwölf Wochen und fand im Januar bis April 2001 im Rahmen von Selbsthilfe-<br />

gruppen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. im süddeutschen Raum statt. Das<br />

Programm setzt sich aus einer Ernährungsumstellung, Entspannungs-, Dehn- und Gymnastik-<br />

übungen sowie verschiedenen Themeneinheiten, die entweder stärker informativen oder<br />

psychoedukativen Charakter haben, zusammen. Über die Gestaltung <strong>eines</strong> so genannten Part-<br />

nertreffens werden zudem Angehörige der Betroffenen in das Programm mit einbezogen. Von<br />

den ursprünglich 76 Fibromyalgie-Betroffenen, die an dem Programm teilgenommen haben,<br />

konnten noch 36 in die vorliegende Auswertung eingehen. Mindestens 70% der ehemaligen<br />

Teilnehmenden führen 75% der selbständig weiter durchführbaren Maßnahmen des 12-Wo-<br />

chen-Programms in dem einem Jahr im Anschluss an die Durchführung des Programms ganz<br />

oder teilweise durch. Damit kann die Akzeptanz zum Katamnesezeitpunkt im Sinne einer<br />

möglichst hohen Weiterführung an Programmelementen als gegeben angesehen werden. Der<br />

multimodale Charakter des Programms bleibt zudem bei der Weiterführung erhalten, da die<br />

beliebtesten und am häufigsten durchgeführten Maßnahmen aus verschiedenen Bereichen<br />

stammen. Die Bewertung des Programms gemessen als Wirksamkeitsseinschätzung durch die<br />

ehemaligen Teilnehmenden fällt insgesamt vergleichbar positiv zur ersten <strong>Evaluation</strong> aus:<br />

Nur für zwei der Maßnahmen sank die sehr positive Einschätzung deutlich ab, blieb aber<br />

positiv. Fast 80% der Befragten beurteilen ein Jahr später das gesamte Programm als<br />

„wirksam“ bis „sehr wirksam“. Die Ergebnisse zur Akzeptanz werden durch die Angaben von<br />

Angehörigen gestützt. Die Programmbewertung aus Sicht der Angehörigen fällt dagegen et-<br />

was niedriger positiv aus. Interventionsbedingte Effekte im Rahmen unstrukturierter Maß-<br />

nahmen im Lebensalltag konnten gegenüber einer Vergleichsgruppe, die aus Fibromyalgie-<br />

Betroffenen bestand, die ihre ursprünglichen Treffen im Rahmen der Rheuma-Liga Baden-<br />

Württemberg e.V. durchführten, nur für die Durchführung programmähnlicher Maßnahmen<br />

ausgemacht werden.<br />

120


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Weinheim: Beltz.<br />

128


Anhang A<br />

Fragebögen:<br />

Die Anschreiben und Fragebögen sind je auf die Hälfte ihrer originalen Größe verkleinert<br />

wiedergegeben.<br />

Anschreiben und Fragebogen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zu t3<br />

Anschreiben und Fragebogen der Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen zu t3<br />

Anschreiben und Fragebogen der Angehörigen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />

Programms zu t2<br />

Anschreiben und Fragebogen der Angehörigen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />

Programms zu t3<br />

129

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