Evaluation eines strukturierten ... - Dr. Thomas Weiss
Evaluation eines strukturierten ... - Dr. Thomas Weiss
Evaluation eines strukturierten ... - Dr. Thomas Weiss
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kontakt:<br />
Psychologisches Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg<br />
<strong>Evaluation</strong> <strong>eines</strong> <strong>strukturierten</strong> verhaltensmedizinischen<br />
Programms bei Fibromyalgie: Ergebnisse der 12-<br />
Monatskatamnese<br />
e-mail: beyer_anja@gmx.de<br />
Diplomarbeit<br />
Vorgelegt von:<br />
Anja Beyer<br />
Heidelberg im<br />
Juli 2005<br />
Erstgutachter:<br />
Prof. <strong>Dr</strong>. Th. Fydrich,<br />
Psychologisches Institut der Humboldt Universität Berlin<br />
Zweitgutachter:<br />
<strong>Dr</strong>. med. Th. <strong>Weiss</strong>, Mannheim,<br />
delegiert durch<br />
Prof. <strong>Dr</strong>. J. Schweitzer-Rothers,<br />
Psychosomatische Klinik der Universität Heidelberg
Danksagung<br />
Ich bedanke mich bei allen, die zum Gelingen dieser Studie beigetragen haben:<br />
- der Rheuma-Liga Baden Württemberg e.V. für die Unterstützung bei der<br />
Durchführung der Studie, insbesondere auch beim Verschicken und Rückführen der<br />
Fragebögen,<br />
- den Gruppenleiterinnen für den zusätzlichen Aufwand und Einsatz in ihrer<br />
Leitungsrolle,<br />
- allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr Engagement,<br />
- Herrn Prof. <strong>Dr</strong>. Fydrich für seine Unterstützung und Betreuung,<br />
- Herrn <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> für die Konzeptionalisierung des Programms, die diese Untersuchung<br />
erst möglich gemacht hat,<br />
- den weiteren Diplomanden und Diplomandinnen, Andreas Roock, Mechthild Kadura,<br />
Elisa Franetzki, Elisabeth Schmidt und Ruth Gesele, für den regen Austausch<br />
untereinander.<br />
Für das Korrekturlesen bedanke ich mich ganz herzlich bei Christiane Reis-Streußnig.<br />
Für ihre Unterstützung im Hintergrund danke ich meinen Eltern und weiteren Freunden.<br />
2
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Einleitung....................................................................................................................... 6<br />
2. Fibromyalgie.................................................................................................................. 8<br />
2.1. Forschungsstand zum Krankheitsbild...................................................................... 9<br />
2.1.1. Begriff 9<br />
2.1.2. Beschwerdebild 10<br />
2.1.3. Verlauf 10<br />
2.1.4. Ätiologie / Pathogenese 12<br />
2.1.5. Relevanz von Laborbefunden für Diagnostik und <strong>Evaluation</strong> 14<br />
2.1.6. Diagnose 14<br />
2.1.7. Differentialdiagnose 16<br />
2.1.8. Angaben zur Prävalenz und Geschlechterverteilung 17<br />
2.1.9. Sozialmedizinische Bedeutung 17<br />
2.1.10. Übliche Messinstrumente und <strong>Evaluation</strong>skriterien 18<br />
2.2. Forschungsstand zu Behandlungsansätzen.............................................................. 20<br />
2.2.1. Kurzer Abriss Begriffe und Modelle der Schmerzforschung 21<br />
2.2.2. Behandlungsansätze bei Fibromyalgie und deren Wirksamkeit 25<br />
Aspekt: Medikamentöse Therapie 26<br />
Aspekt: Operative Eingriffe 27<br />
Aspekt: Körperliche Aktivierung 28<br />
Aspekt: Ernährung 31<br />
Aspekt: Entspannung 32<br />
Aspekt: Verhaltensmedizinische Ansätze 33<br />
Aspekt: Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze 35<br />
Aspekt: Kognitiv-emotionale Ansätze 36<br />
Aspekt: Setting 38<br />
2.3. Verhaltensmedizinische Intervention: Das 12-Wochen-Programm...................... 39<br />
2.3.1. Hintergrund und Zielsetzungen 39<br />
2.3.2. Inhalte des 12-Wochen-Programms 40<br />
Ernährungsumstellung 41<br />
Dehnübungen 41<br />
Selbstbeobachtungsübung 41<br />
Gymnastikübungen 41<br />
Entspannungsübungen 42<br />
Psychologische Themen 42<br />
Information / Psychoedukation 43<br />
Hausaufgaben 43<br />
Partnertreffen 43<br />
2.3.3. Durchführung des 12-Wochen-Programms 44<br />
2.3.4. Gruppensetting 45<br />
3
2.4. Bisherige Ergebnisse zur <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms........................ 45<br />
2.4.1. Durchführung und Design der Studie 45<br />
2.4.2. Messinstrumente 46<br />
2.4.3. Zusammenfassung der Ergebnisse zum 2. Messzeitpunkt 47<br />
Psychische Befindlichkeit 47<br />
Schmerzsymptomatik 47<br />
Programmbewertung 48<br />
3. Fragestellungen.............................................................................................................. 49<br />
4. Methoden........................................................................................................................ 52<br />
4.1. Design........................................................................................................................... 52<br />
4.2. Messinstrumente......................................................................................................... 53<br />
4.2.1. Teilnehmerinnenfragebögen 53<br />
4.2.2. Angehörigenfragebögen 54<br />
4.3. Operationalisierung der Fragestellungen................................................................. 55<br />
4.4. Durchführung der Katamnesestudie........................................................................ 57<br />
4.5. Stichprobe................................................................................................................... 58<br />
4.5.1. Veränderungen des Datensatzes gegenüber der ersten <strong>Evaluation</strong> 58<br />
4.5.2. Rücklauf, <strong>Dr</strong>op-Out, Rechendatensatz 59<br />
4.5.3. Soziodemografische Daten der Stichprobe der Teilnehmerinnen 61<br />
4.5.4. Angaben der Angehörigen 65<br />
4.6. Datenanalyseverfahren und Auswertungsmethodik............................................... 66<br />
5. Ergebnisse...................................................................................................................... 67<br />
5.1. Direkte <strong>Evaluation</strong>: Angaben der Teilnehmerinnen............................................... 67<br />
5.1.1. Akzeptanz des 12-Wochen-Programms 68<br />
5.1.2. Gesamtbewertung des Programms 73<br />
5.1.3. Bewertung der Programmbausteine 74<br />
5.1.4. Bewertung einzelner Aspekte der Programmdurchführung 76<br />
5.1.5. Beurteilung der Auswirkungen des 12-Wochen-Programms 78<br />
5.2. Indirekte <strong>Evaluation</strong>: Angaben der Angehörigen................................................... 81<br />
5.2.1. Akzeptanz der Programmbausteine durch die Teilnehmerinnen 81<br />
5.2.2. Bewertungen 83<br />
5.2.3. Akzeptanz der Angehörigen für das 12-Wochen-Programm 85<br />
5.3. Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien............................................. 86<br />
5.3.1. Maßnahmen außerhalb des 12-Wochen-Programms bzw. der Rheuma-Liga 87<br />
5.3.2. Alltägliche Bewältigungsstrategien 90<br />
5.3.3. Aktive und passive Bewältigungsstrategien – Vergleich der Gruppen 93<br />
5.3.4. Programmnahe Maßnahmen 95<br />
4
6. Diskussion ...................................................................................................................... 97<br />
6.1. Diskussion der Durchführung................................................................................... 97<br />
6.2. Diskussion der Auswertungsmethodik..................................................................... 99<br />
6.3. Diskussion der Ergebnisse.........................................................................................101<br />
6.3.1. Diskussion der Angaben der Teilnehmerinnen 101<br />
6.3.2. Diskussion der Angaben der Angehörigen 110<br />
6.3.3. Diskussion der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien 112<br />
6.3. Ausblick/Fazit.............................................................................................................118<br />
7. Zusammenfassung.........................................................................................................120<br />
8. Literaturverzeichnis......................................................................................................121<br />
Anhang A : Fragebögen ...................................................................................................129<br />
Anhang B : Tabellen ........................................................................................................155<br />
5
1. Einleitung<br />
1999 schlossen sich unter dem Namen FiNe (Fibromyalgie-Netzwerk) verschiedene Vertreter<br />
einzelner Interessengruppen im Zusammenhang mit der Erforschung und Behandlung des so<br />
genannten Fibromyalgischen Syndroms (abgekürzt FMS; auch Fibromyalgie genannt) im<br />
Raum Baden Württemberg zusammen. Zielsetzung dieser Initiative war die zusammenfassen-<br />
de Beschreibung des Wissensstandes über Fibromyalgie aus Sicht verschiedener Disziplinen,<br />
die weitere wissenschaftlich fundierte Erforschung von bestehenden Behandlungsansätzen<br />
und damit eine gezielte Verbesserung von Behandlungsangeboten. Ein erster Schritt zur Um-<br />
setzung dieser Ziele bildet die Untersuchung <strong>eines</strong> nach verhaltensmedizinischen Gesichts-<br />
punkten konzipierten Selbsthilfeprogramms für Fibromyalgie-Patienten (<strong>Weiss</strong>, 2000), das<br />
unter der praktischen Anleitung von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> im Frühjahr 2001 in Zusammenarbeit mit der<br />
Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. in mehreren Selbsthilfegruppen durchgeführt wurde.<br />
Die wissenschaftliche Betreuung lag bei Prof. <strong>Dr</strong>. Fydrich am Psychologischen Institut der<br />
Universität Heidelberg (jetzt Humboldt Universität, Berlin).<br />
Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die dem rheumatischen Formenkreis<br />
zugerechnet wird, obwohl sich nicht wie bei anderen rheumatischen Erkrankungen ent-<br />
zündliche oder degenerative Prozesse im Bewegungsapparat nachweisen lassen. Dennoch<br />
leiden die Betroffenen aus noch ungeklärter Ursache nachweislich unter multilokulären<br />
Schmerzen vor allem an den Übergängen zwischen Muskeln und Sehnen. Meist geht mit dem<br />
Krankheitsbild eine Vielzahl an vegetativen Begleiterscheinungen einher. Die Prävalenzrate<br />
in der Bevölkerung wird auf ca. 2% geschätzt und liegt damit doppelt so hoch wie die, an<br />
einer chronischen Polyarthritis zu erkranken. In Deutschland bedeutet dies ca. 2 Millionen<br />
Erkrankte. Die Geschlechterverteilung liegt dabei deutlich zu ungunsten der Frauen: ca. 90%<br />
aller erkrankten Personen sind weiblich. Die Folgen einer Erkrankung bestehen oft in einer<br />
Einschränkung der beruflichen Belastbarkeit bis hin zur Frühberentung sowie der Möglichkeit<br />
einer erhöhten psychischen Belastung.<br />
Im Rahmen seiner langjährigen Arbeit mit Fibromyalgie-Patienten entwickelte <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> ein<br />
Programm speziell für diese Patientengruppe. Das so genannte „12-Wochen-Programm“<br />
(<strong>Weiss</strong>, 2000) wurde bereits vor 2000 schon längere Zeit in der Praxis von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> durch-<br />
geführt und war von Patientenseite als erfolgreich bewertet worden. Eine gezielte Über-<br />
prüfung stand aber noch aus (Franetzki, 2003). Von Januar bis April 2001 wurde im Rahmen<br />
der Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. das 12-Wochen-Programm<br />
von geschulten Betroffenen mit 68 Erkrankten (vornehmlich Frauen) durchgeführt. Sowohl zu<br />
Beginn als auch direkt im Anschluss an die Durchführung des Programms sind zahlreiche<br />
Daten zur Schmerzsymptomatik, psychischen Befindlichkeit, soziodemographischen Be-<br />
6
schreibung der Teilnehmerinnen etc. erhoben worden. Auch Partner bzw. nahe Angehörige<br />
wurden parallel zu den Patientinnen befragt. Gleichzeitig wurden die gleichen Daten an 118<br />
weiteren an Fibromyalgie erkrankten Personen, die ebenfalls in Selbsthilfegruppen der<br />
Rheuma-Liga engagiert waren, sowie Angaben derer Angehöriger bzw. naher Verwandter<br />
ebenfalls zu beiden Zeitpunkten zu Vergleichszwecken erhoben. Die an der Ruprecht-Karls-<br />
Universität Heidelberg eingereichten Diplomarbeiten von Franetzki (2003) und Schmidt<br />
(2003) befassen sich mit der Auswertung der zu diesen Zeitpunkten gewonnenen Daten<br />
bezüglich der körperlichen und funktionellen Beschwerden, der psychischen Befindlichkeit<br />
sowie der Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen. Dabei konnten sowohl in den<br />
Bereichen der Schmerzsymptomatik wie auch der psychischen Befindlichkeit positive Ver-<br />
änderungen bei den Teilnehmerinnen festgestellt werden, die sich auf Effekte des Programms<br />
rückführen lassen. Die Resonanz auf das Programm war sehr positiv.<br />
Ein Jahr später (April 2002) wurden die ehemaligen Teilnehmerinnen sowohl des 12-<br />
Wochen-Programms wie auch der unverändert durchgeführten Fibromyalgie-Selbsthilfe-<br />
gruppen samt ihren Angehörigen erneut befragt. Die vorliegende Arbeit ist eine der Arbeiten<br />
im Rahmen der Katamnese, die die Aufrechterhaltung der positiven Effekte bzw. deren Ve-<br />
ränderungen nach Ablauf <strong>eines</strong> Jahres nach Beendigung der Programmdurchführung unter-<br />
suchen (weitere Arbeiten sind Roock (voraussichtlich 2005), zur Katamnese im Bereich der<br />
psychischen Befindlichkeit und Kadura (2003), zur Katamnese im Bereich der körperlichen<br />
Symptomatik).<br />
In der vorliegenden Arbeit geht es darum, die Akzeptanz des 12-Wochen-Programms sowie<br />
seine Bewertung durch die Teilnehmerinnen ein Jahr nach seiner Durchführung zu unter-<br />
suchen. Dabei wird geprüft, inwieweit die ehemaligen Teilnehmenden bereit waren, das<br />
Programm bzw. einzelne seiner Bausteine allein oder im Rahmen der Selbsthilfegruppen<br />
weiterhin durchzuführen und welche Maßnahmen dabei besonders von den Betroffenen<br />
bevorzugt und als wirksam eingeschätzt wurden. Als Referenzdaten wurden zum Zeitpunkt<br />
der Katamnese eine Vielzahl an weiteren potentiellen Selbsthilfemaßnahmen erhoben, die im<br />
Lauf <strong>eines</strong> Jahres von den Patientinnen ausgeübt werden konnten, um Aufschluss darüber zu<br />
erhalten, was die Teilnehmerinnen der Selbsthilfegruppen außer den im Programm erlernten<br />
Bewältigungsstrategien noch an Aktivitäten zur Schmerzbewältigung unternommen haben.<br />
Hierbei war es von besonderem Interesse, ob die sehr positive Effektivitätseinschätzung des<br />
Programms direkt nach der Durchführung dazu führen würde, den verschiedenen Maß-<br />
nahmen, die im 12-Wochen-Programm vermittelt worden sind, gegenüber anderen, un-<br />
<strong>strukturierten</strong> Formen der Selbsthilfe dauerhaft einen Platz, evtl. sogar den Vorzug, im<br />
7
Rahmen der Krankheitsbewältigung zu geben. Als Vergleichsdaten dienen hierzu die<br />
Angaben der Teilnehmenden der unverändert durchgeführten Gruppen. Auch sollte Auf-<br />
schluss darüber gewonnen werden, ob die Untersuchten insgesamt zusätzlich andere Maß-<br />
nahmen in ihrem Alltag durchführen, die sie als besonders hilfreich erleben, um z.B. heraus-<br />
zufinden, ob und wo noch ungenutztes Potential liegt, das im Rahmen strukturierter Selbst-<br />
hilfe evtl. gewinnbringend ausgeschöpft werden könnte. Als Referenzdaten für die Angaben<br />
der Betroffenen sind Angehörigenangaben in die Auswertung und Diskussion mit einbezogen<br />
worden. Abschließend wird eine Bewertung des 12-Wochen-Programms in Hinsicht auf die<br />
Zusammensetzung gemessen an neueren Erkenntnissen zur Behandlung von Fibromyalgie<br />
vorgenommen.<br />
Da rund 90% der Teilnehmenden an der Untersuchung erkrankte Frauen waren, wird in dieser<br />
Arbeit durchgehend die weibliche Form (Teilnehmerinnen, Patientinnen) an den Stellen ver-<br />
wendet, an denen auf die vorliegende Studie bezug genommen wird. Die männlichen Teil-<br />
nehmer sind dabei immer mitgemeint. Bei Bezugnahme auf andere Studien wird sowohl der<br />
weibliche als auch der männliche Genus angewendet.<br />
2. Fibromyalgie<br />
Fibromyalgie ist eine Erkrankung, deren Leitsymptom in chronischen, multilokulären<br />
Schmerzen im Bewegungsapparat besteht. Diagnostisch ist insbesondere der Nachweis von<br />
definierten, schmerzempfindlichen <strong>Dr</strong>uckpunkten bei den Betroffenen zu führen. Aufgrund<br />
der mit den charakteristischen Schmerzen häufig einhergehenden vielfältigen anderen vegeta-<br />
tiven und funktionellen Beschwerden ist eine intensive differentialdiagnostische Abgrenzung<br />
zu anderen Krankheiten notwendig. Die Prävalenzraten liegen in der Regel um 2%, wobei<br />
deutlich mehr Frauen als Männer betroffen sind. Die Ursachen der Erkrankung sind weiterhin<br />
ungeklärt. Derzeit wird eine Behandlung, die gleichzeitig auf mehreren Ebenen ansetzt, als<br />
am wirksamsten angesehen: bewährt haben sich Maßnahmen, die die Betroffenen zu einer<br />
stärkeren körperlichen Betätigung anregen, die insgesamt zu einer größeren Selbstwirksam-<br />
keitserwartung in Bezug auf die krankheitsspezifische Bewältigung führen, die konkretes<br />
Wissen zur Schmerzbewältigung (Schmerzbewältigungsstrategien) vermitteln und die auf be-<br />
gleitende Symptome einwirken (z.B. Ernährungsumstellung auf eine vorhandene Reizdarm-<br />
symptomatik; Behandlung der Schlafstörungen). Infolge der Belastung durch die Krankheit<br />
scheinen zudem viele der Betroffenen unter psychischen Beschwerden zu leiden. Eine ent-<br />
sprechende Medikation möglicher auftretender depressiver Verstimmung mit Antidepressiva<br />
kann dann angemessen sein. Ein therapeutischer Ansatz, der im Rahmen der gegebenen<br />
8
Unsicherheiten (teilweise Uneinigkeit in den medizinischen Fachkreisen, inwiefern Fibro-<br />
myalgie als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt werden soll, mit allen sich daraus<br />
ergebenden Konsequenzen für die sozialmedizinische Einordnung, Unklarheit der Ätiologie,<br />
Individualität der Beschwerdevielfalt, Frage nach der Wirksamkeit der Therapie chronischer<br />
Schmerzerkrankungen / Fibromyalgie im allgemeinen) den Betroffenen möglichst viele Be-<br />
handlungsperspektiven eigenverantwortlich an die Hand gibt, erscheint ratsam.<br />
2.1. Forschungsstand zum Krankheitsbild<br />
Im Folgenden soll ein Einblick in den derzeitigen Stand der Forschung zum Krankheitsbild<br />
Fibromyalgie gegeben werden, insbesondere auch in Hinblick auf eine Einordnung bzw.<br />
Einschätzung von möglichen Veränderungen oder Verbesserungen der Symptomatik in Folge<br />
einer Behandlung. Sowohl die Komplexität des Krankheitsbildes (z.B. in seinem Verlauf) als<br />
auch die vielen verschiedenen Ansatzpunkte möglicher Interventionen sollen dabei aufgezeigt<br />
werden.<br />
2.1.1. Begriff<br />
Der Begriff Fibromyalgie (abgekürzt: FM oder FMA), der sich in der angloamerikanischen<br />
Literatur zunehmend für das darunter zu verstehende Krankheitsbild durchgesetzt hat, stammt<br />
von Hench (1977) (Müller & Lautenschläger, 1990) bzw. wird als Wortschöpfung Yunus<br />
zugeschrieben (Neeck, 1998). Abgeleitet aus den Wörtern „fibra“ (lat. Faser), „mys“ (griech.<br />
Muskel), „algos“ (griech. Schmerz) und „ia“ (griech. Zustand) lässt er sich in etwa als<br />
„Muskelfaserschmerzzustand“ ins Deutsche übersetzen und beschreibt somit das Leit-<br />
symptom der Erkrankung (<strong>Weiss</strong>, 2001). Andere Bezeichnungen sind das Fibromyalgie-<br />
Syndrom (abgekürzt: FS oder FMS) (zurückgehend auf Yunus), die Generalisierte<br />
Tendomyopathie (in den 70er Jahren für den deutschsprachigen Raum durch Müller geprägt<br />
(Neeck, 1998)), polytope Insertionstendomyopathie (aufgeführt in Späth & Pongratz, 1999),<br />
syndrome polyalgique idiopathique diffus (Houvenagel, 1994; nach Raspe, Kaluza & Eich,<br />
1999) und im deutschen Sprachraum auch der Begriff Weichteilrheumatismus. Als veraltet<br />
gilt die Bezeichnung Fibrositis (geprägt von Gowers bereits 1904), da dieser fälschlicherweise<br />
auf entzündliche Prozesse in den betroffenen Teilen des Bewegungsapparates schließen lässt<br />
(Müller & Lautenschläger, 1990).<br />
9
2.1.2. Beschwerdebild<br />
„Ihre Hauptmerkmale sind chronische, ausgebreitete Schmerzen und eine gesteigerte<br />
<strong>Dr</strong>uckempfindlichkeit an multiplen, vordefinierten Körperregionen, den so genannten<br />
„<strong>Dr</strong>uckpunkten“ oder „tender points“. Als weitere charakteristische Symptome werden<br />
Schlafstörungen, Müdigkeit, Steifigkeitsgefühl, subjektive Schwellungen, funktionelle[n]<br />
Beschwerden, vegetative Symptome, psychologische Störungen und Beschwerdeverstärkung<br />
auf Faktoren wie kaltes Wetter und Stress betrachtet (...), wobei diese assoziierten Symptome<br />
kontrovers diskutiert werden (...)“ (vgl. Smythe & Moldofsky, 1977; Yunus, Masi & Aldag,<br />
1989; Schochat, Croft & Raspe, 1994; Neerinckx, Van Houdenhove, Lysen & Vertommen,<br />
2000; zitiert nach Schochat & Beckmann, 2003, S. 47). Das Beschwerdebild der Fibromyalgie<br />
zeichnet sich also durch die individuelle Zusammensetzung von verschiedenen Symptomen<br />
aus, wobei die spezifische Schmerzsymptomatik der Fibromyalgie als Leitsymptom auf-<br />
gefasst werden kann. Hinzu kommen unterschiedliche vegetative, funktionelle und psychische<br />
Beschwerden. Diese treten in unterschiedlicher Kombination typischer Einzelbefunde auf und<br />
variieren zudem in ihrer zeitlichen Stabilität und Regelmäßigkeit des Auftretens (Egle, Derra,<br />
Nix & Schwab, 1999). In Zusammenhang mit psychischen Beschwerden werden insbesondere<br />
erhöhte Prävalenzraten für Depressionen und Angststörungen berichtet (z.B. Offenbaecher,<br />
Glatzeder & Ackenheil, 1998; Wolfe & Hawley, 1998; Epstein, Kay, Clauw et al., 1999).<br />
2.1.3. Verlauf<br />
Der Beginn einer Fibromyalgie beginnt überwiegend im mittleren Lebensalter (mit 42 Jahren,<br />
Müller, 1991; nach Nöller & Sprott, 2003), teilweise wird der Beginn auch früher datiert (z.B.<br />
im Alter von 20-40 Jahren, Copenhagen Declaration, nach Csillag, 1992). Es gibt allerdings<br />
auch eine juvenile Form (auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll). Meist<br />
findet sich in der Anamnese der Patienten erst ein lokales Schmerzsyndrom (häufig ein<br />
Myofasziales oder Cervical- oder Lumbalsyndrom). Erst danach kommt es zu einer Generali-<br />
sierung der Schmerzen auf andere Bereiche sowie zu den begleitenden Symptomen (Müller &<br />
Lautenschläger, 1990; Bennett, 1996). Die Beschwerden bei Fibromyalgie erscheinen „auf-<br />
fällig stabil, meist chronisch und therapeutisch nur schwer beeinflussbar“ (Blumenstiel,<br />
Bieber & Eich, 2004). So fanden Kennedy und Felson 1996 in einer 10-Jahres-Studie, dass<br />
sich bestimmte Symptome wie Schmerzsymptomatik, Schlafstörungen, Steifigkeit und Er-<br />
schöpfbarkeit kaum verändert hatten im Vergleich zur Ersterhebung. Die Beschwerden<br />
bestanden chronisch und ließen nicht nach. Dennoch gaben 66% Personen der Stichprobe<br />
(von insgesamt 29 Personen) an, dass die allgemeine Symptomatik ihrer Erkrankung sich<br />
10
gebessert hatte seit der Diagnosestellung bzw. es ihnen gut bis sehr gut gehe (d.h. dass trotz<br />
des Andauerns der Symptome eine verbesserte Einschätzung des Allgemeinzustandes wahr-<br />
genommen wurde). Auch in einer englischen Studie konnten Ledingham et. al 1993 ähnliche<br />
Ergebnisse vorweisen: nach 4 Jahren hatten 97% der Untersuchten noch Symptome. 85%<br />
erfüllten noch stets die Kriterien einer Fibromyalgie (nach Kennedy & Felson, 1996). Eine<br />
schwedische Untersuchung erbrachte teils widersprechende Ergebnisse: Auch hier berichteten<br />
bis auf eine Ausnahme alle Patienten weiterhin von Schmerzen. 25% der Befragten be-<br />
richteten, dass sich ihr allgemeiner Zustand verbessert hat. 15% gaben zumindest die Ver-<br />
besserung einiger Symptome an (Muskelschmerz, muskuläre Erschöpfbarkeit und Schlaf).<br />
Allerdings gaben hier 50% der Befragten eine Verschlechterung der Symptomatik an (nach<br />
Kennedy & Felson, 1996). Als Kritik an den Untersuchungen zum natürlichen Verlauf der<br />
Fibromyalgie geben Kennedy und Felson 1996 an, dass diese maximal einen Zeitraum von<br />
5 Jahren betrachten würden oder nur ein Patientenkontingent erfassen würden, das eine be-<br />
stimmte klinische Behandlung über einen längeren Zeitraum bezieht, wobei diejenigen aus<br />
dem Untersuchungskontingent ausscheiden, die diese im Verlauf der Untersuchung nicht<br />
mehr in Anspruch nehmen. Die Personengruppe in ihrer Studie ist daher unabhängig von<br />
einer bestimmten Behandlung rekrutiert und wieder erhoben worden (allerdings handelt es<br />
sich um eine kleine Gruppe: 39 Ersterhobene, 29 in der Nachbefragung verbliebene Per-<br />
sonen). Auch Nöller und Sprott kommen 2003 in einer Studie an 48 Fibromyalgie-Patienten,<br />
die nach einem Zeitraum von 2 Jahren insbesondere über die in der Zwischenzeit erhaltene<br />
Behandlung befragt wurden (v.a. zur Behandlungszufriedenheit), zu dem Schluss, dass die<br />
Betroffenen im Allgemeinen keine Verbesserungen der Symptomatik (z.B. wahrgenommene<br />
Schmerzintensität) aufwiesen und zwar unabhängig von der Art und Zusammensetzung der<br />
erhaltenen Therapie. Auch in dieser Studie konnte aber eine Verbesserung der allgemeinen<br />
Lebenszufriedenheit, der Zufriedenheit mit dem Gesundheitszustand und der familiären<br />
Situation gefunden werden.<br />
Allgemein werden Wolfe et al. (1997) darin zitiert, dass die Symptome nach Ausbildung des<br />
Vollbilds der Erkrankung unverändert bleiben (z.B. nach Worrel, Krahn, Sletten & Pond,<br />
2001). Einige Autoren berichten allerdings von einer merklichen Besserung der Symptomatik<br />
nach dem 60. Lebensjahr (vgl. Müller & Lautenschläger, 1990, dort wird angegeben, dass<br />
Fibromyalgie wesentlich seltener anzutreffen sei nach dem 60. Lebensjahr, was auf eine<br />
Symptombesserung schließen läßt; <strong>Weiss</strong>, 2001). Zudem korrelieren in verschiedenen Studien<br />
eine kürzere Krankheitsdauer und ein geringerer Schweregrad der Erkrankung mit einer<br />
besseren Prognose und scheinen ein „gering ausgeprägtes Krankheits- und Inanspruch-<br />
11
nahmeverhalten sowie eine aktive Art des Umgangs mit dem FMS (...) ebenfalls mit einem<br />
eher günstigen Verlauf einher zu gehen“ (Masi & Yunus, 1986; McFarlane, <strong>Thomas</strong>,<br />
Papageorgion, Croft & Silman, 1996; zitiert nach Schmidt, 2003, S. 12; <strong>Weiss</strong>, 2001).<br />
2.1.4. Ätiologie und Pathogenese<br />
Die genauen ätiologischen und pathogenetischen Faktoren, die bei dem Zustandekommen<br />
einer Fibromyalgie bzw. bei der vollen Ausbildung des Krankheitsbildes eine Rolle spielen,<br />
sind derzeit immer noch ungeklärt. Als mögliche Ursachen oder in ursächlichem Zusammen-<br />
hang stehend werden verschiedene Faktoren wie genetische, biomechanische und neuerdings<br />
auch endokrine Faktoren sowie verschiedene Bereiche der Schmerzwahrnehmungsverarbei-<br />
tung diskutiert. Zum Ansatz wird in diesem Forschungsbereich meist die Hauptsymptomatik<br />
der an Fibromyalgie Erkrankten, die Schmerzsymptomatik, gewählt, teilweise jedoch auch an<br />
anderen, bei einer großen Anzahl der Patienten feststellbarer Symptome, wie z.B. der ge-<br />
störten Schlafregulation oder dem Vorherrschen der Erkrankung beim weiblichen Geschlecht,<br />
zur Ursachenforschung angesetzt.<br />
Eine Veränderung der zentralen Schmerzwahrnehmungsschwelle im Sinne einer Herab-<br />
setzung wird in der Regel als belegt angesehen (Lorenz, 1998; Wallace, 1999; Desmeules,<br />
Cedraschi, Rapiti et al., 2003; Späth & Neeck, 2003). Außerdem konnten im Bereich der<br />
Schmerzwahrnehmung vielfach Störungen des Überträgerstoffwechsels im Zentralen Nerven-<br />
system gefunden werden: So werden Serotoninmangel und ein erhöhter Spiegel von<br />
Substanz P als belegt angesehen (Wallace, 1999; Russel, 1998).<br />
Da oftmals lokale Schmerzsyndrome am Anfang der Erkrankung stehen, werden im Rahmen<br />
biomechanischer Ansätze der lokale muskuläre Schmerz und seine Ausbreitung zum Ansatz-<br />
punkt gewählt. Eine Veränderung der lokalen Nozizeption kann festgestellt werden, wobei<br />
bislang nicht geklärt ist, ob diese der Veränderung der zentralen Schmerzwahrnehmungs-<br />
schwelle vorangeht oder folgt (Pongratz & Späth, 1998).<br />
Allgemein gilt die endokrine Regulation bei Fibromyalgie-Patienten als erheblich beeinträch-<br />
tigt. Dies lässt sich hauptsächlich mit im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen abwei-<br />
chenden Hormonkonzentrationen verschiedener mit Stress in Zusammenhang gebrachter<br />
Hormone sowie an einer veränderten Konzentration von Geschlechtshormonen belegen<br />
(Riedel, Neeck, Netter & Veitl, 1999). Inwiefern diese allerdings in Zusammenhang mit<br />
Auslösern (Traumata, Stresssituationen) bzw. mit psychischen Veränderungen als Folge der<br />
Fibromyalgie (Depressivität) stehen, ist noch ungeklärt (ebda.). Auch bei depressiven<br />
Patienten können ähnliche biochemische Veränderungen des Stoffwechselhaushaltes nachge-<br />
12
wiesen werden. Dies wird oft als eine Erklärungsmöglichkeit für die teilweisen Behandlungs-<br />
erfolge auf die Behandlung mit Antidepressiva bei Fibromyalgie-Patienten angeführt<br />
(Ackenheil, 1998; Müller, Stratz & Tolk, 2003). Zusätzlich zeigen Fibromyalgie-Betroffene<br />
gegenüber anderen Patientengruppen wie Patienten mit Chronischem Müdigkeitssyndrom<br />
(auch: Chronic Fatigue Syndrom; abgekürzt CFS) oder Rheumatoider Arthritis ein spezi-<br />
fisches Bild hormoneller Veränderungen, das Hinweise auf eine unterschiedliche Ätiologie<br />
dieser in ihrer Symptomatik teils sehr ähnlichen Erkrankungen liefern könnte (Klein, 1999).<br />
Bezüglich morphologischer Veränderungen stellen Späth und Pongratz 1999 fest, dass “[d]ie<br />
Fibromyalgie (...) in keinem Fall zu einer Organbeteiligung im Sinne <strong>eines</strong> möglicherweise<br />
destruierenden Prozesses [führt]. Innere Organe bleiben auch in ihrer Funktion unbeein-<br />
trächtigt, die Muskulatur erfährt allenfalls schmerzbedingt eine Einschränkung des jeweiligen<br />
Bewegungsgrades. Lediglich längere Schonung kann von einer Inaktivitätsatrophie begleitet<br />
sein“ (S. 23) bzw. „Morphologisch (...) finden sich mit konventionellen Methoden über-<br />
wiegend unspezifische Befunde, insbesondere bei schon längeren Krankheitsverläufen (...)“<br />
(S. 28). Beschriebene histologische Veränderungen werden heute im Allgemeinen als Zeichen<br />
einer Dekonditionierung der Muskulatur angesehen (Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999).<br />
Im Rahmen genetischer Untersuchungen wird auf die bei den Erkrankten vielfach fest-<br />
zustellende familiäre Häufung der Erkrankung (meist sind Mütter und Töchter betroffen)<br />
hingewiesen, wobei der zugrunde liegende Vererbungsmechanismus bzw. die hiervon be-<br />
troffenen Systeme noch wenig erforscht sind (Yunus, 1998). Das Vorherrschen des weib-<br />
lichen Geschlechts bei den Erkrankten wird im Rahmen von Ansätzen möglicher Störungen<br />
der hormonellen Regulation neuerdings mit besonderer Berücksichtigung der Geschlechts-<br />
hormone (z.B. Östrogendefizit, gestörter Nociceptinspiegel, hormonelle Veränderungen in-<br />
folge gynäkologischer Operationen) zu erklären versucht (Anderberg, Liu, Berglund &<br />
Nyberg, 1998; Schochat & Beckmann 2003).<br />
Weitere vorherrschende Symptome bei Fibromyalgie wie Erschöpfbarkeit bzw. Müdigkeit<br />
und Morgensteifigkeit scheinen in Zusammenhang mit einer gestörten Schlafregulation zu<br />
stehen, die schon früh im Katalog der Kriterien der funktionellen Beschwerden bei Fibro-<br />
myalgie explizit aufgeführt wurde bzw. im Abschnitt zur Diagnostik noch einmal aus den<br />
begleitenden vegetativen und funktionellen Beschwerden als besonders kennzeichnend<br />
hervorgehoben werden (Müller & Lautenschläger, 1990). Hinweise auf die gestörte Schlaf-<br />
regulation bei Fibromyalgie geben experimentelle Ansätze, in denen es gelungen ist, Fibro-<br />
myalgie-ähnliche Symptome bei gesunden Probanden durch Störungen des Schlafverhaltens<br />
hervorzurufen (Moldofsky & Scarisbrick, 1977; Lentz, Landis, Rothermel & Shaver, 1999;<br />
13
nach Schmidt, 2003). Auch konnten mehrere Autoren Abweichungen des Wellenmusters in<br />
polysomnographischen Untersuchungen finden (z.B. Boissevain & McCain, 1991).<br />
In Zusammenhang mit der Betrachtung prädisponierender Persönlichkeitsmerkmale oder<br />
erhöhter Prävalenzraten psychischer und psychiatrischer Auffälligkeiten werden von verschie-<br />
denen Autoren erhöhte Prävalenzraten für Angststörungen und Depressionen berichtet, wobei<br />
die Richtung des Zusammenhang noch nicht vollständig geklärt ist. Zunehmend mehr<br />
Autoren sprechen sich jedoch dafür aus, dass es sich bei den gefundenen Auffälligkeiten um<br />
Folgeerscheinungen der Fibromyalgie handelt bzw. um Artefakte, die durch die Beschaffen-<br />
heit der Messinstrumente (Symptome, die der Fibromyalgie zugerechnet werden, bestimmen<br />
auch gleichzeitig die Diagnose z.B. einer Depression) zustande kommen (Epstein, Kay,<br />
Clauw et al., 1999).<br />
Eine integrierende Theorie, die die verschiedenen Befunde und Ansätze miteinander in einen<br />
Erklärungszusammenhang stellt, fehlt weiterhin.<br />
2.1.5. Relevanz der Laborbefunde für Diagnostik und <strong>Evaluation</strong><br />
Für den klinischen Alltag von Bedeutung ist, dass die ermittelten Befunde derzeit nicht<br />
mittels Routinemessungen im Rahmen der Diagnostik oder einer Behandlungsevaluation<br />
erhoben werden können (z.B. Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999; Späth & Pongratz, 1999;<br />
Späth & Neeck, 2002). „Die apparative Diagnostik dient im Fall der Fibromyalgie<br />
ausschließlich dem Ausschluss einer anderen, die Schmerzsymptomatik besser erklärenden<br />
und möglicherweise besser behandelbaren Erkrankung (...). Kein Laborbefund und kein<br />
bildgebendes Verfahren sichern die Diagnose“ (Späth & Neeck, 2002; S. 664).<br />
Alle genannten Befunde sind außerdem vorsichtig in Hinblick auf Schlussfolgerungen bzgl.<br />
der Ätiologie oder der Behandlung zu betrachten, da „[a]lle bisher erhobenen Hinweise und<br />
Daten zur Pathogenese der Fibromyalgie (...) sich immer nur bei einem Teil der jeweiligen<br />
Studienpopulation, nie bei allen Betroffenen [finden]“ (Späth & Neeck, 2002; S.662). Und es<br />
muss bei allen Befunden die Frage gestellt werden, ob es sich um primäre oder sekundäre<br />
Veränderungen des Krankheitsbildes handelt. Hierfür fehlt es weiterhin an einer inte-<br />
grierenden Theorie, die die verschiedenen Ansätze zu verbinden vermag.<br />
2.1.6. Diagnose<br />
Derzeit kann die Fibromyalgie im Rahmen der ICD- 10 in dem Bereich der Krankheiten der<br />
Weichteilgewebe unter „Sonstige Erkrankungen des Weichteilgewebes“ mit der Klassifizie-<br />
rungsnummer M 79.0 diagnostiziert werden. „Als Standard zur Diagnostik haben sich<br />
14
international die 1990 von dem „American College of Rheumatology“ (ACR) vorgestellten<br />
Klassifikationskriterien einer Fibromyalgie durchgesetzt (...)“ (Schochat & Beckmann, 2003).<br />
Als erforderliche Symptome bzw. Diagnosekriterien werden eine Vorgeschichte von groß-<br />
flächigem Schmerz, definiert als Schmerzen in der linken sowie der rechten Körperhälfte,<br />
oberhalb und unterhalb der Hüfte sowie axial auch Schmerzen am Skelett, bestehend über<br />
mindestens drei Monate gefordert. Gleichzeitig müssen in mindestens 11 von 18 definierten<br />
<strong>Dr</strong>uckpunkten Schmerzen angegeben werden (Wolfe, Smythe, Yunus et al., 1990). Kritisiert<br />
werden an dieser Definition z.B. die Forderung, dass die Schmerzen mindestens drei Monate<br />
andauern müssen oder dass die Diagnose nach diesem Verfahren nur anhand körperlicher<br />
Befunde getroffen wird. Auch über die notwendige Anzahl an <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkten herrscht<br />
keine Einigkeit. Alternative Definitionsvorschläge, die weniger den klassifikatorischen<br />
Aspekt zu Forschungszwecken betonen, sondern stärker den Anspruch haben, zur klinischen<br />
Diagnose verwendbar zu sein, haben Müller und Lautenschläger 1990 gegeben sowie die<br />
World Health Organization 1993 in der „Copenhagen Declaration“ (Csillag, 1992). Diese<br />
beiden Definitionsversuche umfassen außer den Schmerzen im Bewegungsapparat sowie den<br />
<strong>Dr</strong>uckschmerzen an charakteristischen <strong>Dr</strong>uckpunkten ein weiteres Spektrum an unspezifi-<br />
schen, genannten Begleitsymptomen (Müller & Lautenschläger, 1990; Wallace, 1999). Müller<br />
und Lautenschläger fordern z.B. das Vorhandensein von mindestens je 3 vegetativen<br />
Symptomen bzw. funktionellen Störungen aus einem vorgegebenen Katalog an Symptomen,<br />
um die Diagnose der Fibromyalgie zu geben. Das Vorhandensein von druckempfindlichen<br />
Punkten an einer Mindestzahl von definierten Stellen ist in allen Definitionen für die<br />
Diagnose Fibromyalgie obligat. Teilweise werden auch Kontrollpunkte definiert, d.h. druck-<br />
empfindliche Punkte, an denen Fibromyalgie-Patienten keinen Schmerz empfinden sollten,<br />
um die Möglichkeit der Abgrenzung gegenüber anderen Schmerzstörungen zu geben (z.B.<br />
Neeck, 2001). Egle, Derra, Nix und Schwab (1999) beispielsweise kritisieren verschiedene<br />
Aspekte der Definition des American College of Rheumatology im Einzelnen sowie das<br />
Fehlen einer erklärenden pathophysiologischen Grundlage der <strong>Dr</strong>uckpunkte trotz ihrer Be-<br />
tonung als „Angelpunkt“ der Diagnosestellung. Dennoch halten sie eine Abgrenzung<br />
innerhalb der rheumatologischen Erkrankungen für sinnvoll bzw. hilfreich: „Mit ihr [der<br />
Diagnose der FM] ist es möglich, Gruppen zu bilden, die entweder Patienten mit einer<br />
chronischen Erkrankung enthalten, gesunde Personen oder solche, die das Bild der FM<br />
aufweisen. Bei dieser Aufteilung hat sich kein Anhalt dafür ergeben, dass die so abgegrenzte<br />
FM-Gruppe ein ätiologisch einheitliches Kollektiv darstellt“ (S. 159). Dies kann so verstan-<br />
den werden, dass es auf ätiologisch unterschiedlichem Wege zur Ausbildung einer Gesamt-<br />
15
Befundkonstellation kommen kann, die zur Diagnose Fibromyalgie führt und die z.B. die<br />
Bildung von Untergruppen innerhalb der Gruppe der Fibromyalgie-Erkrankten rechtfertigt,<br />
entsprechende Befunde erklärt und eine spezifische Behandlung erforderlich macht.<br />
Die durchschnittliche Dauer der Erkrankung bis zur Diagnosestellung beträgt 7 (<strong>Weiss</strong>, 1999)<br />
bis ~9 Jahre (Mau & Raspe, 1990). Die Diagnose selbst ist derzeit eine der am häufigsten<br />
gestellten innerhalb der Rheumatologie (Neeck, 2001).<br />
Die Unsicherheit bei der Diagnosestellung ohne unterstützende apparative Diagnostik<br />
kommentierten Späth und Neeck 2003 folgendermaßen: “(...) solange eine Objektivierung des<br />
Schmerzes in der Routinediagnostik schwierig bzw. nicht möglich ist, bleibt sowohl im<br />
klinischen Bereich der Versorgung als auch in der sozialmedizinischen Bewertung allein die<br />
klinische Erfahrung der Dimension Schmerz durch den untersuchenden Arzt“ (S. 300).<br />
Unklar ist außerdem, ob derzeit eine Diagnosestellung noch zu vorsichtig erfolgt, z.B. auf-<br />
grund mangelnder Informiertheit von Ärzten bzw. weil auch in Fachkreisen das Vorhanden-<br />
sein der Krankheit als eigene Entität von verschiedenen Seiten lange bezweifelt wurde (z.B.<br />
Block, 1999, nach Wallace, 1999; Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999; Block, 1993, nach<br />
Ehrlich, 2003). Auch 2003 gibt es „Gegner“ des Fibromyalgie-Konzepts bzw. ihrer Diagnose<br />
(z.B. Ehrlich, 2003), was die immer noch bestehende deutliche Unsicherheit auch auf<br />
Expertenseite zum Ausdruck bringt. Andererseits berichten Wolfe und Hawley 1998 von<br />
einer „Überdiagnostizierung“ der Fibromyalgie (mit Verweis auf Wolfe, 1997), da sich unter<br />
dieser Diagnose leicht Erscheinungsformen schwer zu fassender muskuloskelettaler Krank-<br />
heitsbilder oder diejenigen Personen mit entsprechenden Krankheitsbildern und zusätzlichen<br />
psychischen Problemen unterbringen ließen.<br />
2.1.7. Differentialdiagnose<br />
Die Abgrenzung bei der klinischen Diagnosestellung zu anderen Erkrankungen ist aufgrund<br />
der Vielfalt der Symptome, die sich für die Diagnosestellung erschwerenderweise erst im Ver-<br />
lauf von Monaten bzw. Jahren zum Vollbild der Fibromyalgie entwickeln, dringend er-<br />
forderlich. Überschneidungen im Symptombild kann es bei entzündlichen Erkrankungen des<br />
Bewegungsapparats sowie anderen entzündlichen Erkrankungen (insbesondere Kollagenosen<br />
(Neeck, 2001)) geben, bei Infektionskrankheiten, Muskelerkrankungen (vor allem auch bei<br />
Myopathien, die ebenfalls mit abnormer Ermüdbarkeit einhergehen (Späth & Pongratz,<br />
1999)), bei Myofaszialem Schmerzsyndrom, Chronischem Müdigkeitssyndrom, Multiche-<br />
mischer Sensibilität, anderen chronischen Schmerzsyndromen und Schmerzstörungen (z.B.<br />
anhaltender somatoformer Schmerzstörung) und weiteren geben. Die Diagnose einer Fibro-<br />
16
myalgie ist „deshalb zunächst einmal immer eine Ausschlussdiagnose (...)“ (Neeck, 2001,<br />
S. 1109).<br />
2.1.8. Angaben zur Prävalenz und Geschlechterverteilung<br />
Die Schätzungen oder Berechnungen von Prävalenzraten der Fibromyalgie im angloamerika-<br />
nischen oder europäischen Bereich beruhen entweder auf klinischen Studien, die diesbezüg-<br />
liche Angaben aus ihren Daten auf andere Populationen zu übertragen versuchen oder tatsäch-<br />
lichen bevölkerungsbezogenen Erhebungen, wobei die durchschnittliche Dauer der Diagnose-<br />
stellung immer als ein Faktor, der die Zahlen evtl. nach unten korrigiert, mit berücksichtigt<br />
werden sollte. Die Angaben werden prozentual oder absolut gegeben und variieren dabei sehr<br />
stark: z.B. für die deutsche Bevölkerung 1% (Müller & Lautenschläger, 1990), wenigstens 1%<br />
in Österreich (Mau & Raspe, 1990), 0,6% für die dänische Bevölkerung (Prescott, Jacobsen,<br />
Kjøller et al., 1992; nach Csillag, 1992), 0,8% in Finnland, 10,5% in Norwegen, womit die<br />
Angaben für die westlichen Industrieländer im Durchschnitt bei 2-3% liegen dürften<br />
(Schochat et al., 1994; nach Neeck, 2001). Das American College of Rheumatology (ACR)<br />
gibt auf seiner Website unter dem Stichwort ‚Patienteninformation Fibromyalgie‘ die Angabe,<br />
dass ungefähr 2% der U.S. Bevölkerung betroffen sind (Stand Oktober 2003), Wallace spricht<br />
1999 von 3-6 Millionen Amerikanern, die an dem Syndrom leiden, Blumenstiel, Bieber und<br />
Eich (2004) geben eine Prävalenz von ca. 3% in der erwachsenen Bevölkerung und beziehen<br />
sich dabei explizit auf eine Diagnosestellung nach den Kriterien des ACR (Wolfe, Smythe,<br />
Yunus et al., 1990). „Nach jüngeren epidemiologischen Schätzungen leiden in westlichen<br />
Industrienationen 1,3 – 4,8% der Bevölkerung an einer Fibromyalgie (...). 80- 90% der<br />
Betroffenen sind Frauen.“ (vgl. Croft, Schollum & Silman, 1994; Lindell, Bergman,<br />
Pettersson et al., 2000; Raspe & Baumgartner, 1993; Wolfe, Ross, Anderson et al., 1995;<br />
Belilos & Carsons, 1998; zitiert nach Schochat & Beckmann, 2003; S. 47). Das Verhältnis<br />
von Frauen zu Männern liegt dabei immer deutlich zuungunsten des weiblichen Geschlechts.<br />
Auch hier variieren die Angaben, allerdings weniger dramatisch, zwischen 5-8 : 1 (z.B. 6:1<br />
nach Egle, Derra, Nix & Schwab, 1999; 7:1 Website-Information des American College of<br />
Rheumatology, Stand Oktober 2003; ebenso Wolfe, Ross, Anderson et al., 1995; etwa 8-mal<br />
häufiger Frauen als Männer erkrankt (Müller, Hartmann & Eich, 2000)).<br />
2.1.9. Sozialmedizinische Bedeutung<br />
Sozialmedizinische Bedeutung erlangt die Fibromyalgie z.B. durch zugestandene Ansprüche<br />
im Sinne vorzeitiger Berentungen (z.B. Wolfe & Hawley, 1998). Die Kosten, die aus<br />
17
derartigen Ansprüchen resultieren, sind teilweise beträchtlich. Neeck gibt zum Beispiel 2001<br />
den Anteil derjenigen ungünstigen Therapieverläufe bei Fibromyalgie, die zu einer<br />
bewilligten vorzeitigen Berentung führen, für die USA mit 30% an. Nach Kostenschätzungen<br />
aus einer 7-jährigen Multicenterstudie ebenfalls aus den USA, die vornehmlich das In-<br />
anspruchnahme-Verhalten medizinischer Dienstleistungen und die daraus entstehenden<br />
Kosten untersuchte, belief sich der durchschnittliche Betrag 1996 auf 2274 US-$ pro Patient,<br />
bei im Mittel zehn Arztbesuchen pro Jahr, erhöhter Anzahl an durchgeführten operativen<br />
Eingriffen und regelmäßiger Medikamenteneinnahme (2,7 Medikamente in sechs Monaten)<br />
aufgrund der Erkrankung (Wolfe, Anderson, Harkness et al., 1997; nach Blumenstiel, Bieber<br />
& Eich, 2004). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen in einer deutschen multizentrischen Er-<br />
hebung in 6 Kliniken des Rheumazentrums Heidelberg Müller, Hartmann und Eich 2000,<br />
wobei dort zusätzlich ein hoher Anteil an Patienten, die aktive oder passive Physiotherapie<br />
erhalten (86%), berichtet wird. 41% der Patienten erhielten außerdem eine psychologische<br />
Behandlung. Im Schnitt wurden Ärzte in 5 verschiedenen Fachrichtungen aufgesucht, wobei<br />
Ärzte aus 14 verschiedenen Fachrichtungen teilweise von einem erheblichen Großteil der<br />
Patientengruppe konsultiert werden. Fibromyalgie ist dabei derzeit eine der häufigsten Diag-<br />
nosen in der Rheumatologie (Offenbacher, Glatzeder & Ackenheil, 1998; Neeck, 2001;<br />
Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004).<br />
Durch die Aufnahme der Fibromyalgie als offizielle Diagnose in die ICD- 10 kann bei erheb-<br />
lichen Beeinträchtigungen ein Antrag auf Schwerbehinderung bzw. Grad der Behinderung<br />
(GdB) gestellt werden (<strong>Weiss</strong>, 2001). Dabei gilt wie bei allen rheumatischen Erkrankungen,<br />
dass dem Krankheitsbild nicht per se eine bestimmte Bewertung zugeordnet ist, sondern je<br />
nach individueller Ausprägung der Krankheit beim einzelnen Patienten entschieden wird<br />
(Neeck, 2001). Seit 1996 ist Fibromyalgie zudem explizit in den Anhaltspunkten für die<br />
Gutachtertätigkeit (herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit) erwähnt (<strong>Weiss</strong>, 2001;<br />
Neeck, 2001).<br />
2.1.10. Übliche Messinstrumente und <strong>Evaluation</strong>skriterien<br />
In Untersuchungen mit Fibromyalgie-Patienten werden unterschiedliche Messinstrumente zur<br />
Bestimmung der körperlichen und der psychischen Symptomatik eingesetzt. Vorrangig spielt<br />
dabei die Schmerzmessung eine Rolle, insbesondere bei der Bestimmung von möglichen<br />
Effekten infolge einer Behandlung. „Zur Anwendung kommen verbale und numerische<br />
Ratingskalen, visuelle Analogskalen (Einzelitemverfahren) und Schmerzempfindungsskalen,<br />
die den Schmerz als multidimensionales Problem zu erfassen versuchen (mehrdimensionale<br />
18
Verfahren). Diesen Testverfahren gemeinsam ist, dass sie Schmerz nicht wie einen Labor-<br />
parameter wiedergeben, sondern eher dazu geeignet sind, den intraindividuellen Schmerz-<br />
verlauf allenfalls semiquantitativ und relativ zu dokumentieren“ (Späth & Neeck, 2002;<br />
S. 662). Als validierte Testverfahren, die mehrfach in Untersuchungen zu Fibromyalgie an-<br />
gewandt wurden, können z.B. das Fibromyalgia Impact Questionnaire, die Beschwerdeliste<br />
von Zerssen, das Kieler Schmerzinventar u.a. gelten, wobei sich noch k<strong>eines</strong> dieser Verfahren<br />
für die Fibromyalgie „als so herausragend geeignet qualifiziert [hat], dass es für eine<br />
Begutachtung als zwingend angesehen werden müsste“ (Späth & Neeck, 2002; S. 664). So ist<br />
das „fibromyalgia impact questionnaire“ (Burckhardt et al., 1991) zum Beispiel in den Be-<br />
reichen, die damit an Aspekten abgedeckt werden können, direkt auf diese Patientengruppe<br />
zusammengestellt. Gefragt wird nach "Tätigkeiten des täglichen Lebens, Schmerz, Müdigkeit,<br />
Schlafstörungen und seelischen Gleichgewichtsstörungen (...). Kürzlich wurde der Frage-<br />
bogen auch ins Deutsche übersetzt und validiert (Offenbaecher et al. 2000)“ (zitiert nach<br />
Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004; S. 442). Meist erfolgt eine körperliche Untersuchung zur<br />
Abklärung der Diagnose als Eingangskriterium für die Teilnahme an einer Studie und zur<br />
<strong>Evaluation</strong>, die dann über die Messung einer möglichen Verringerung von <strong>Dr</strong>uckschmerz-<br />
punkten erfolgt. Fragen zum Gesundheitszustand (z.B. andere Symptome, operative Eingriffe<br />
etc.) werden sowohl standardisiert als auch oft zusätzlich offen erfragt, um der Vielfalt an<br />
Kombinationsmöglichkeiten von Symptomen gerecht zu werden bzw. um das Ausmaß an Be-<br />
einträchtigung und möglicher vorheriger therapeutischer Maßnahmen zu dokumentieren. Im<br />
Rahmen der Schmerzmessung werden die aktuellen Schmerzen und deren Lokalisation (oft<br />
nach Körperregionen aufgeschlüsselt), die Schmerzdauer, der Schmerzverlauf und die<br />
Schmerzintensität erfragt. 2002 kommen Bigatti und Cronan beim Vergleich verschiedener<br />
Schmerzmaße bei Fibromyalgie-Patienten zu dem Schluss, dass die visuelle-analog-Skala das<br />
nützlichste Schmerzmaß bei Fibromyalgie-Patienten zu sein scheint, gemessen an den<br />
Kriterien „Validität, Leichtigkeit der Handhabung und der Skalierung“ [Übers. die Verf.]<br />
(S.12), auch da sie zudem die „höchste Korrelation mit anderen Schmerzmaßen und der<br />
Selbstwirksamkeitserwartung bei Schmerz, der Funktionstüchtigkeit, Erschöpfbarkeit und<br />
Steifigkeit“ habe [Übers. die Verf.] (S.5). Verglichen wurde mit einer allgemeinen Schmerz-<br />
skalierung, dem gegenwärtigem Schmerz, Anzahl an Wörtern aus dem McGill Pain Question-<br />
naire und der Schmerzintensität, die aus einer manuellen Überprüfung von aktiven <strong>Dr</strong>uck-<br />
schmerzpunkten stammte. Die Überprüfung der Anzahl der <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkte ergab dabei<br />
die niedrigsten Korrelationen zu anderen Schmerzmassen und erwies sich damit als am<br />
wenigsten valide. Weiterhin kommen Fragebögen oder Skalen zum Einsatz, die kognitive<br />
19
Aspekte des Schmerzerlebens der Betroffenen zu erfassen suchen, z.B. Fragebögen zu<br />
schmerzbezogenen Selbstinstruktionen, Kontrollüberzeugung etc. (z.B. Rheuma-Kontroll-<br />
Skala (RKS); Leibing, Hoyer, Romatzki & Ehlers, 1999)). Um die Beeinträchtigung bzw.<br />
Einschränkung durch die Schmerzen, sowohl in funktioneller Sicht als auch in Bezug auf die<br />
Lebensqualität in verschiedenen Lebensbereichen, zu erfassen, kommen Funktionsfragebögen<br />
zum Einsatz oder Einzelfragen (z.B. nach funktionell geringer oder hoher Belastung). Gefragt<br />
wird beispielsweise danach, ob bestimmte Aktivitäten, z.B. des häuslichen Lebens, noch<br />
durchführbar sind zum Zeitpunkt der Untersuchung, ob das Teilhaben an einem Lebens-<br />
bereich überhaupt noch oder nur noch eingeschränkt möglich ist usw. Als Vergleichspersonen<br />
werden in kontrollierten Studien überwiegend andere chronische Schmerzpatienten (z.B. an<br />
Arthritis / Polyarthritis erkrankte Personen), bisweilen auch gesunde Teilnehmer herange-<br />
zogen. In Zusammenhang mit Untersuchungen, in denen Angehörige von Fibromyalgie-<br />
Betroffenen miteinbezogen werden, werden Angaben zur Schmerz- wie auch der Begleit-<br />
symptomatik, Funktionseinschränkung bzw. Beeinträchtigung, Bewältigungsstrategien und<br />
der psychischen Befindlichkeit des Betroffenen eingeholt sowie Reaktionen des Angehörigen,<br />
eine Einschätzung der Beziehung etc. erhoben. Insgesamt erschwert die Verwendung unter-<br />
schiedlicher Erhebungsinstrumente und unterschiedlicher Erfolgsmasse die Vergleichbarkeit<br />
von oft sehr unterschiedlichen Behandlungsansätzen und damit auch die Beurteilung von<br />
Behandlungserfolgen (White & Harth, 1996; Gowans, deHueck, Voss & Richardson, 1999;<br />
Rossy, Buckelew, Dorr et al., 1999; Sim & Adams, 2002).<br />
2.2. Forschungsstand zu Behandlungsansätzen<br />
Hauptansatzpunkt der Behandlung bei Fibromyalgie ist die chronische multilokuläre<br />
Schmerzsymptomatik. Da ihre Ursache nicht bekannt ist, orientieren sich ihre Behandlungs-<br />
ansätze an den Erfahrungen, die im Rahmen der Behandlung anderer chronischer Schmerz-<br />
erkrankungen, sowohl bei weichteilrheumatischer als auch muskuloskelettaler Schmerz-<br />
symptomatik, gewonnen werden konnten. Weitere Ansatzpunkte, die zu ebenso gravierenden<br />
Einschränkungen im Lebensalltag sowie erhöhter psychischer Belastung führen, sind die<br />
zusätzlich zur Schmerzsymptomatik bei Fibromyalgie oft vorherrschenden funktionellen und<br />
vegetativen Symptome, insbesondere die gestörte Schlafregulation sowie eine vielfach be-<br />
stehende Reizmagensymptomatik. Allgemein haben sich in der Behandlung chronischer<br />
Schmerzerkrankungen interdisziplinäre und multimodale gegenüber unimodalen Therapie-<br />
ansätzen sowohl in Hinsicht der Reduktion bzw. besseren Bewältigung der vorhandenen<br />
Schmerzen als auch in Hinblick auf die Stabilität der erzielten Erfolge bewährt. Diese Er-<br />
20
fahrungen werden auf die Behandlung bei Fibromyalgie übertragen. Zusätzlich „gehört die<br />
Erkrankung zu jenen innerhalb der Rheumatologie, welche bislang am schlechtesten definiert<br />
und erforscht sind und deren therapeutische Beeinflussbarkeit als vergleichsweise unbefrie-<br />
digend eingestuft werden muß“ (Neeck, 2001, S. 1110). „Infolge der Komplexität (...) ist sie<br />
<strong>eines</strong> jener rheumatologischen Krankheitsbilder, welches besonders des interdisziplinären<br />
Ansatzes bedarf“ (ebda.). Es soll im Folgenden ein kurzer Abriss zu Begriffen und Modellen<br />
der Schmerzforschung gegeben werden. Danach werden Behandlungsansätze spezifisch bei<br />
Fibromyalgie gesondert nach den Aspekten, die die Ansatzpunkte zur Behandlung darstellen,<br />
und ihre Wirksamkeit betrachtet.<br />
2.2.1. Kurzer Abriss Begriffe und Modelle der Schmerzforschung<br />
Gemäß der Definition der International Association for the Study of Pain (IASP) konzentriert<br />
sich die Schmerzforschung auf Schmerz als ein körperliches Phänomen, das von emotionalen<br />
Aspekten begleitet wird und dem eine Gewebeschädigung aktuell oder potentiell zugrunde<br />
liegt (Definition vom IASP Subcommitee on Taxonomy, 1979). Damit wurde festgelegt, dass<br />
einer Schmerzempfindung nicht notwendigerweise eine Gewebsverletzung vorausgehen muss<br />
und dass eine Schmerzempfindung an bestimmte gefühlsmäßige Wertungen gekoppelt ist. Der<br />
Begriff Schmerz wurde so um eine kognitiv-emotionale Komponente erweitert, die Grundlage<br />
für neuere Ansätze in der Schmerzbehandlung bietet. Diese Definition trifft allerdings keine<br />
Unterscheidung zwischen akutem und chronischem Schmerzempfinden, welches in der<br />
Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen und zur Beurteilung ihrer Erfolge eine<br />
wichtige Rolle spielt. Hierfür liefern verschiedene Autoren Ansätze, in denen vor allem der<br />
zeitlichen Komponente, dass heißt dem Andauern einer Schmerzempfindung, ein besonderer<br />
Stellenwert zu kommt. Meist spielt bei den Definitionen darüber hinaus eine Rolle, ob ein<br />
Auslöser für die Schmerzempfindung bekannt ist oder nicht sowie die Eindeutigkeit der<br />
Lokalisierbarkeit des Schmerzes. Außerdem lassen sich auf zentralnervöser Ebene unter-<br />
schiedliche Reaktionen des Körpers auf akuten bzw. auf chronischen Schmerz feststellen<br />
sowie Unterschiede in der emotional-kognitiven Verarbeitung, die bei chronischen Schmerzen<br />
aufgrund der Besonderheiten der Belastungen meist zu erhöhter psychischer Belastung führt<br />
(nach Kröner-Herwig, 2004b). In Ergänzung zu der IASP-Definition des Schmerzes kann<br />
noch angemerkt werden, dass Schmerz auf der Verhaltensebene je nach Umweltbedingungen<br />
zu Rückzugsverhalten oder aggressiven Reaktionen führt. Die beobachtbaren Zeichen des<br />
Schmerzerlebens <strong>eines</strong> Schmerzpatienten können als Schmerzverhalten bezeichnet werden<br />
(nach Flor, 1991).<br />
21
Für den Prozess der Chronifizierung von Schmerzen wurden unterschiedliche Modell-<br />
vorstellungen entwickelt (für eine ausführliche Darstellung siehe Flor, 1991; ergänzend<br />
Hasenbring & Pfingsten, 2004): Das traditionelle medizinische Modell ist geprägt durch die<br />
monokausale naturwissenschaftliche Denkweise des 19. Jahrhunderts. Medizinische und<br />
pharmakologische Entdeckungen ermöglichten gezielt eine kausale, einseitig somatische<br />
Therapie. Chronischer Schmerz kann insofern als Versagen der traditionellen medizinischen<br />
Behandlung aufgefasst werden, da sich das ursprüngliche Begleitsymptom zu einer<br />
eigenständigen Krankheit entwickeln konnte (Basler, Zimmer & Rehfisch, 1997; nach<br />
Schmidt, 2003). Im Rahmen der traditionellen medizinischen Behandlung kommen passive<br />
physikalische Maßnahmen und Medikamente zum Einsatz. Verschiedene psychologische<br />
Modelle begreifen Schmerz nicht mehr als rein somatisches Phänomen, sondern greifen auch<br />
psychische Aspekte des Schmerzerlebens und ihre Bedeutung bei der Chronifizierung auf:<br />
Psychoanalytische Konzepte fassen Schmerz als Ausdruck psychischer Konflikte auf so-<br />
matischer Ebene auf. Schmerz wird somit als rein psychisch bedingt betrachtet. Dieser<br />
Auffassung liegt also ebenfalls ein monokausales Erklärungsmodell für die Schmerzentwick-<br />
lung zugrunde. Es hat sich in der interdisziplinären Schmerzforschung nicht durchsetzen<br />
können. Psychoanalytische, familientherapeutische und transaktionale Therapieansätze spie-<br />
len bei der Behandlung chronischer Schmerzsyndrome der Skelettmuskulatur nur eine<br />
untergeordnete Rolle (Flor, 1991). Behaviorale Modelle betonen die Bedeutsamkeit von Lern-<br />
prozessen bei der Chronifizierung von Schmerz: Das Konzept des operanten Lernens besagt,<br />
dass Verhalten maßgeblich durch seine Konsequenzen bestimmt wird. Fordyce unterschied<br />
vom subjektiven Schmerzerleben das Schmerzverhalten, welches er als „beobachtbaren[n]<br />
Ausdruck von Schmerz und Leiden wie z.B. Stöhnen, Humpeln, Klagen“ definierte (1976;<br />
1988; zit. nach Flor, 1991, S. 29). Er postulierte, dass dieses beobachtbare Schmerzverhalten<br />
bei chronischen Erkrankungen ohne organische Ursache mit durch die Reaktionen aus der<br />
Umgebung der Betroffenen bestimmt würde. Um chronischen Schmerz erfolgreich zu be-<br />
handeln sollte daher Schmerzverhalten systematisch gelöscht und gesundes, schmerz-<br />
inkompatibles Verhalten verstärkt werden. Empirisch lassen sich bislang einige Hinweise auf<br />
die Bedeutsamkeit des Modells im Rahmen der Betrachtung des Angehörigen- bzw. Partner-<br />
verhaltens von chronischen Schmerzpatienten finden (z.B. Romano, Turner, Friedman et al.,<br />
1992). Wird das Modell des respondenten Lernens auf die chronische Schmerzsymptomatik<br />
übertragen, so kann der Schmerz als vorausgehende Bedingung und als erlernte Reaktion auf<br />
Muskelverspannungen betrachtet werden. Diese führen in Folge zu Schmerzvermeidungs-<br />
verhalten, welches zur Einschränkung von körperlichen und sozialen Aktivitäten führen kann.<br />
22
Die körperliche Einschränkung führt in Folge zu Fehlhaltungen und Überlastungen, so dass<br />
erneut Schmerz und Muskelverspannungen resultieren. Empirische Unterstützung für einen<br />
Zusammenhang zwischen chronischem Schmerz und respondentem Lernen liefern Studien,<br />
die auf eine Verknüpfung von Vermeidungsverhalten, antizipatorischer Angst und Immo-<br />
bilität hinweisen. Verfahren, die an diesem Schmerz-Anspannungs-Schmerz-Kreislauf an-<br />
setzen, wie Entspannungsverfahren oder Biofeedback, berücksichtigen sowohl physiologische<br />
Aspekte (Muskelanspannungen) wie auch psycho-logische Aspekte (Angst) des chronischen<br />
Schmerzgeschehens. Das Vermeiden sozialer Aktivitäten begünstigt und verstärkt eine de-<br />
pressive Stimmungslage, da zwar kurzfristig aversive Gefühle vermieden werden, es lang-<br />
fristig jedoch zu einem Verlust primärer Verstärkung wie Freude oder Ablenkung, die durch<br />
das Beisammensein mit anderen Menschen ausgelöst werden können, kommt. Die Bedeutung<br />
sozialer Unterstützung bei der Chronifizierung von Schmerzen und der Aufrechterhaltung<br />
chronischer Schmerzsyndrome ist derzeit noch nicht befriedigend erforscht. Zu unter-<br />
schiedlichen Aspekten sozialer Unterstützung liegen widersprüchliche Ergebnisse vor: So<br />
scheint im Rahmen der Behandlung chronischer Schmerzpatienten die Unterstützung der<br />
Familie wichtig (Jamison & Virts, 1990). Andere Autoren konnten dagegen keinerlei Einfluss<br />
des Ehepartners auf ein positives Ansprechen auf verschiedene Behandlungsformen aus-<br />
machen (Moore & Chaney, 1985). Auch die Rolle des Modelllernens bei der Ausbildung<br />
chronischer Schmerzsyndrome, die vielfach gehäuft in Familien auftreten, ist noch nicht<br />
geklärt. Zunehmend sind kognitive Aspekte bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von<br />
chronischem Schmerz in den Fokus schmerztherapeutischer Forschung gerückt: Der kognitiv-<br />
verhaltenstherapeutische Ansatz betrachtet außer den Zusammenhängen zwischen Verhalten<br />
und Lernvorgängen auch den Einfluss von Kognitionen wie Kenntnisse, Vorstellungen,<br />
Einstellungen, Erwartungen oder Bewertungen auf Schmerzerleben und Schmerzverhalten. So<br />
wird beispielsweise von „chronischen Schmerzpatienten (...) typischerweise vom Patienten<br />
ein Mangel an Kontrolle wahrgenommen, der wahrscheinlich auf den andauernden, aber nicht<br />
erfolgreichen Versuchen, den Schmerz zu kontrollieren, beruht (vgl. Turk & Rudy, 1986)“<br />
(zit. nach Flor, 1991, S. 53). In Folge kann sich eine negative Erwartungshaltung bezüglich<br />
der eigenen Fähigkeiten, auf den Schmerz Einfluss nehmen zu können, herausbilden, die<br />
wiederum Einfluss auf die Art und Weise, wie Behandlungsmöglichkeiten gesucht und ge-<br />
nutzt werden, nehmen kann usw. Gefühle von Unkontrollierbarkeit und Hilflosigkeit bilden<br />
sich heraus. Das Konzept der Gelernten Hilflosigkeit von Seligman (1975) kann in diesem<br />
Zusammenhang genannt werden und als ein mögliches Erklärungsmodell für die oft be-<br />
stehende depressive Verstimmtheit bei chronischen Schmerzpatienten dienen. Primäres<br />
23
Behandlungsziel des kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatzes ist daher die Förderung der<br />
Selbstkontrolle und der Eigenaktivität des Patienten. Gefühle der Hilflosigkeit sollen<br />
abgebaut und stattdessen Kompetenzvertrauen aufgebaut werden. Basis der Behandlung ist<br />
der Aufbau aktiver Bewältigungsstrategien. Auch das Konzept der Selbsteffizienz von<br />
Bandura (1977) steht in engem Zusammenhang mit dem Gefühl der Kontrolle über aversive<br />
Stimulation: Selbsteffizienz bezeichnet die Überzeugung, in einer bestimmten Situation<br />
erforderliches Verhalten zeigen zu können. Die Selbsteffizienzerwartung des Patienten wird<br />
als ein wichtiger Mediator therapeutischer Veränderung angenommen. In Bezug auf<br />
chronische Schmerzpatienten bezieht sich die Selbsteffizienzerwartung auf die Überzeugung,<br />
die erlebten Schmerzen kontrollieren zu können und Verhaltensweisen zeigen zu können, die<br />
einen günstigen Einfluss auf die Symptomatik haben. Beiträge der attributionalen Kognitions-<br />
forschung haben zusätzlich die Relevanz attributionaler Kognitionen für die Aufrecht-<br />
erhaltung von chronischen Schmerzen zeigen können. Von wesentlichem Einfluss auf die<br />
Schmerzforschung in Hinblick auf ihre zunehmende interdisziplinäre und multimodale Aus-<br />
richtung war die Gate-Control-Theorie von Melzack und Wall (1965). In ihr wurde Schmerz<br />
als eine von den anderen Empfindungen gänzlich unterschiedliche Erfahrung betrachtet, die<br />
ein multidimensionales Phänomen darstellt, das durch eine Vielzahl afferenter und efferenter<br />
Mechanismen beeinflussbar ist. Jüngste Entwicklungen von so genannten Diathese-Stress-<br />
Modellen oder integrativen Krankheitsmodellen chronischer Schmerzentwicklung gehen von<br />
einem Wechselspiel von in der Person liegenden prädisponierenden Eigenschaften mit<br />
Umweltfaktoren aus. Prädisponierende Einflüsse können epidemiologischer, genetischer,<br />
weiterer körperlicher oder psychosozialer Art sein. Hinzu kommen im Laufe des Lebens<br />
Lernerfahrungen sowie Faktoren der beruflichen Sozialisation, die beispielsweise die Wahr-<br />
scheinlichkeit einer physiologischen Überreaktion in bestimmten Körperregionen erhöhen<br />
können. Hinzu kommen auslösende und chronifizierende Einflüsse sowie durch die Länge des<br />
Leidens bedingte Folgen (Keel, 1995). Neuerdings finden auch iatrogene Faktoren im Prozess<br />
der Schmerzchronifizierung, das sind schädigende Einflüsse, die sich aus dem Verhalten und<br />
Nichtverhalten der Behandlerseite ergeben, verstärkt Berücksichtigung. So tragen thera-<br />
peutische Empfehlungen nicht immer zur Besserung einer Symptomatik bei, sondern können<br />
zu einer Verschlechterung führen. Dies kann im Rahmen von Überdiagnostizierung, durch<br />
Informationsmängel, Fehler bei der Medikation oder einer Vernachlässigung psychosozialer<br />
Faktoren der Fall sein (Kouyanou et al., 1997; nach Hasenbring & Pfingsten, 2004).<br />
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass der Chronifizierung von Schmerzen eine<br />
komplexe Wechselwirkung zwischen biologischen, psychischen und sozialen Faktoren zu-<br />
24
grunde liegt. Als Ziel bei der Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen wird heute im<br />
Allgemeinen nicht mehr die vollständige Schmerzfreiheit, sondern die subjektive Besserung<br />
durch Erlernen von effektiven Bewältigungsstrategien im Umgang mit dem Schmerz,<br />
angesehen. Multidimensionale und interdisziplinäre Ansätze werden diesbezüglich als am<br />
effektivsten und langfristig stabilsten in ihren positiven Auswirkungen angesehen (Flor,<br />
Fydrich & Turk, 1992).<br />
2.2.2. Behandlungsansätze bei Fibromyalgie und deren Wirksamkeit<br />
Im Rahmen der Behandlung bei Fibromyalgie scheint eine Orientierung an einem Modell, das<br />
mehrere unterschiedlichen Ebenen als mit beeinflussend betrachtet, der Komplexität der<br />
Erkrankung und des Krankheitsverlaufs bis zur Ausbildung des Vollbildes am ehesten gerecht<br />
zu werden (Neeck, 2001). Meist wird in diesem Zusammenhang von einer biopsychosozialen<br />
Perspektive oder Modellvorstellung gesprochen (Masi, 1998). Dies trifft insbesondere für so<br />
genannte Diathese-Stress-Modelle zu (z.B. Keel, 1995). Auch die Konzepte der Gelernten<br />
Hilflosigkeit (Seligman, 1975) und der Selbsteffizienz (Bandura, 1977) lenken die Aufmerk-<br />
samkeit auf in Zusammenhang mit einer erfolgreichen Krankheitsbewältigung wichtige<br />
Aspekte, die in kognitiv-behavioralen und kognitiv-emotionalen Ansätzen zur Behandlung bei<br />
Fibromyalgie eine Rolle spielen (z.B. Nicassio, Schumann, Radojevic & Weisman, 1999). Im<br />
Rahmen der Bewältigung der Schmerzsymptomatik spielen auch ältere rein behaviorale An-<br />
sätze mit den Konzepten des operanten und respondenten Lernens in sofern eine Rolle, als<br />
durch gezieltes Erlernen von Entspannungsmechanismen dem Ausbilden oder Aufrechter-<br />
halten <strong>eines</strong> „Teufelskreises“ von Schmerz und Spannung Entspannung und damit ein Durch-<br />
brechen dieses Kreises entgegen gesetzt werden soll. Verfahren aus den jeweiligen Bereichen<br />
bilden daher die Bausteine für multimodale Behandlungsprogramme bei Fibromyalgie.<br />
In den bereits vorangegangen im Projekt entstanden Diplomarbeiten von Schmidt (2003) und<br />
Franetzki (2003) wurden vor allem die zu dem Zeitpunkt vorliegenden multimodalen Studien<br />
im Vergleich zum 12-Wochen-Programm betrachtet. Dagegen werden hier auch die Ergeb-<br />
nisse monotherapeutischer Ansätze bzw. zusätzlich neuere Studien mit ausschließlich Fibro-<br />
myalgie-Patienten stärker mit berücksichtigt, um im Weiteren die Zusammensetzung des 12-<br />
Wochen-Programms in seinen Bestandteilen und in Hinsicht auf ihren möglichen Nutzen in<br />
der Behandlung von Fibromyalgie-Patienten diskutieren zu können. Es werden nacheinander<br />
einzelne Aspekte, die für die Behandlung bei Fibromyalgie eine Rolle spielen, betrachtet.<br />
Anschließend werden diejenigen schmerztherapeutischen Ansätze, die sich bei der Behand-<br />
lung der Fibromyalgie bisher besonders bewährt haben, je gesondert samt bisherigen Er-<br />
25
gebnissen aus der Anwendung betrachtet. Zum Schluss wird auf die Vor- und Nachteile<br />
verschiedener Behandlungssettings eingegangen.<br />
Aspekt: Medikamentöse Therapie<br />
Viele der Betroffenen erhalten im Rahmen einer Behandlung als erstes oder aber zusätzlich<br />
Medikamente. Die medikamentöse Behandlung gilt derzeit als die häufigste Behandlungs-<br />
methode im Rahmen chronischer Schmerztherapie in Deutschland (Kröner-Herwig, 2004b).<br />
Auffallend ist hierbei, dass insbesondere Medikamente, die im Rahmen der Behandlung<br />
(anderer) rheumatischer Erkrankungen erfolgreich zum Einsatz kommen (wie z.B. Kortison),<br />
bei Fibromyalgie in der Regel nicht helfen (<strong>Weiss</strong>, 2001). Zum Einsatz kommen diverse<br />
Analgetika, Muskelrelaxantien (zur Lockerung der verkrampften und schmerzhaften Musku-<br />
latur), Antidepressiva (zur Linderung depressiver Verstimmungen sowie zur Verbesserung<br />
der Schlafqualität), lokale Betäubungsmittel, Hypnotika und andere Präparate. Hieraus ergibt<br />
sich oftmals eine Polymedikation der Betroffenen, mit den entsprechenden Risiken sowie der<br />
Gefahr einer Abhängigkeit bzw. des Medikamentenmissbrauchs samt den sich daraus erge-<br />
benden gesundheitlichen Problemen (Kröner-Herwig, 2004b). Außerdem haben bestimmte<br />
Medikamente wiederum unerwünschte Nebenwirkungen: So erzeugen viele Schmerzmittel<br />
Nebenwirkungen, die sich auf den bei vielen der Betroffenen ohnehin problematischen<br />
Magen-Darm-Bereich ungünstig auswirken (<strong>Weiss</strong>, 2001). Mit Muskelentspannungspräpa-<br />
raten ist meist eine gesteigerte Müdigkeit verbunden (<strong>Weiss</strong>, 2001). Einige Autoren haben<br />
aufgrund von Laborbefunden, die auf den Mangel oder eine erhöhte Konzentration bestimm-<br />
ter Substanzen bei Fibromyalgie schließen lassen, gezielt versucht, eine Annäherung an die<br />
Werte von gesunden Vergleichspersonen zu erreichen. So hat beispielsweise Bennett (1998)<br />
durch die Gabe von Wachstumshormonen bei Patienten mit niedrigem Wachstumshormon-<br />
spiegel signifikante Besserungen der Erkrankung innerhalb von einem halben Jahr erreichen<br />
können, jedoch ist diese Therapieform sehr kostenintensiv und daher kaum anwendbar<br />
(Müller, Stratz & Tolk, 2003). Auch für einzelne andere Substanzen konnten in kontrollierten<br />
Studien positive Effekte nachgewiesen werden. Jedoch wurden diese Ergebnisse bislang nicht<br />
bestätigt (ebda.). Besonders häufig wurde die Gabe von Antidepressiva bei Fibromyalgie<br />
untersucht (Übersicht z.B. bei Simms, 1994; nach Lammers & Gallhofer, 1999): Da offen-<br />
sichtlich die Serotonin-gesteuerten Regelkreise bei Fibromyalgie gestört sind, was sowohl<br />
eine Erklärung für die erniedrigte Schmerzschwelle bietet, als auch für die Betroffenheit von<br />
Affekt und Schlaf bei vielen der Erkrankten, scheint die Anwendung von Substanzen, die Ein-<br />
fluss nehmen auf die physiologische Balance der Serotoninrezeptoren, nahe liegend. Bewährt<br />
26
haben sich in mehreren Studien vor allem trizyklische Antidepressiva gegenüber einer<br />
Plazebobedingung (Alarcón & Bradley, 1998; Carette, McCain, Bell & Fam, 1986, Carette,<br />
Bell, Reynolds et al., 1994, nach Lammers & Gallhofer, 1999). Allerdings scheinen die<br />
positiven Effekte des Amitriptylins nur sehr kurzfristig zu bestehen (Alarcón & Bradley,<br />
1998). Trizyklische Antidepressiva oder auch Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer werden<br />
derzeit häufig in der Behandlung der Fibromyalgie eingesetzt. Vor allem für Amytryptilin<br />
konnte in zahlreichen Studien ein Effekt nachgewiesen werden, der sich zum Teil in einer<br />
Schmerzverminderung, vor allem aber in einer Schlafverbesserung zeigt. In einigen Studien<br />
konnte allerdings die Wirksamkeit von Antidepressiva nicht nachgewiesen werden. Ein dauer-<br />
hafter Effekt scheint zudem nicht gewährleistet (nach Müller, Stratz & Tolk, 2003). Dennoch<br />
empfehlen z.B. Müller, Stratz und Tolk (2003) in der hausärztlichen Praxis immer einen<br />
Versuch mit trizyklischen Antidepressiva oder Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern durch-<br />
zuführen, wenn mit anderen Substanzen (Analgetika, nichtsteroidale Antiphlogistika oder<br />
5-HT3-Rezeptor-Antagonisten) kein Effekt auf die Schmerzsymptomatik erzielt werden kann<br />
bzw. stärkere depressive Verstimmungen bei den Patienten bestehen. Sie empfehlen ein vier-<br />
schrittiges Therapieschema für die medikamentöse Therapie, das auch eine <strong>Evaluation</strong> der<br />
einzelnen Schritte nach bestimmten Zeitspannen (5 Tage bis zu 6 Wochen, je nach Substanz)<br />
vorsieht (ebda.). <strong>Weiss</strong> (2000) weist darauf hin, dass die empfohlene Dosierung von Antide-<br />
pressiva, die im Rahmen der Behandlung bei Fibromyalgie zum Einsatz kommen, wesentlich<br />
niedriger ist als im Rahmen der Behandlung von Depressionen. Zur Gabe von Benzodiaze-<br />
pinen bei Fibromyalgie konnten in einer Studie von Russell et al. (1991) keine erfolgreichen<br />
Veränderungen der untersuchten Variablen zwischen verschiedenen Behandlungsgruppen<br />
nachgewiesen werden, wobei besonders bemerkenswert ist, dass diese Medikamentengruppe<br />
stark suchterzeugend ist und in einer Studie über einen Zeitraum von 7 Jahren (Wolfe,<br />
Anderson, Harkness et al., 1997) in mehreren rheumatologischen Zentren 43% aller Patienten<br />
auf Benzodiazepine eingestellt worden waren (nach Lammers & Gallhofer, 1999).<br />
Aspekt: Operative Eingriffe<br />
Mehrere Studien haben gezeigt, dass an Fibromyalgie-Betroffenen oft im Laufe ihrer<br />
Krankengeschichte ein, häufig sogar mehrere operative Eingriffe als Folge der Schmerz-<br />
symptomatik vorgenommen wurden. Dabei zeigen Fibromyalgie-Patienten im Vergleich zu<br />
anderen Patientengruppen mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises deutlich<br />
erhöhte Operationshäufigkeiten (Wolfe, Anderson, Harkness et al., 1997, nach Müller,<br />
Hartmann & Eich, 2000) und das, obwohl in diesem Bereich operative Eingriffe in der Regel<br />
27
entweder präventiver Art (d.h. auf den Verlauf der Erkrankung mit Destruktion von Gelenken<br />
und Sehnen soll derart eingewirkt werden, dass keine dauerhaften Schäden entstehen) oder<br />
rekonstruktiver Art sind (Zacher, 2001) wie im Fall einer Fibromyalgie viel seltener indiziert<br />
sein müsste. Die therapeutische Wirksamkeit dieser Eingriffe konnte bislang nicht nach-<br />
gewiesen werden. Die Wahl von operativen Eingriffen als Behandlungsoption scheint sich vor<br />
allem aus dem Verlauf der Schmerzsymptomatik von meist erst lokalen Schmerzphänomenen<br />
bis hin zum Vollbild der Fibromyalgie und ihrer Diagnosestellung zu ergeben (s. 2.1.3). Teil-<br />
weise wird operativen Eingriffen eine schmerzerhöhende Wirkung zugeschrieben (Greenfield,<br />
Fitzcharles & Esdaile, 1992; nach Müller, Hartmann & Eich, 2000; <strong>Weiss</strong>, 2001).<br />
Aspekt: Körperliche Aktivierung<br />
Im Gegensatz zu anderen rheumatologischen Erkrankungen “führt [die Fibromyalgie] in<br />
keinem Fall zu einer Organbeteiligung im Sinne <strong>eines</strong> möglicherweise destruierenden<br />
Prozesses. (...) die Muskulatur erfährt allenfalls schmerzbedingt eine Einschränkung des<br />
jeweiligen Bewegungsgrades. Lediglich längere Schonung kann von einer Inaktivitätsatrophie<br />
begleitet sein“ (Späth & Pongratz, 1999; S. 23), d.h. es sprechen –außer den Schmerzen-<br />
keinerlei objektivierbaren Gründe gegen körperliche Betätigung. Im Zusammenhang mit<br />
Schmerzen am Bewegungsapparat lässt sich jedoch häufig folgender „Teufelskreis“ fest-<br />
stellen: Die Schmerzen führen zu Inaktivität und in weiterer Folge zu Dekonditionierung.<br />
Statt einer Entlastung der Muskulatur werden die stützenden Muskeln zu wenig genutzt und<br />
nicht weiter ausgebildet. In Folge davon stehen weniger Muskeln zur Verfügung und im<br />
Vergleich zu einer trainierten Muskulatur wird die untrainierte Muskulatur schon bei<br />
alltäglichen Tätigkeiten höher belastet. So überforderte Muskeln können dann schmerzhaft<br />
verhärten oder andere Probleme bereiten (<strong>Weiss</strong>, 2001; Basler, 2001). Eine zu schwach aus-<br />
gebildete Muskulatur führt darüber hinaus zu Fehlhaltungen (<strong>Weiss</strong>, 2001) und geschwächte<br />
Muskeln sind zusätzlich auch anfälliger für Verletzungen (Basler, 2001). Dekonditionierung<br />
tritt oft gemeinsam bzw. in Folge der Fibromyalgie auf (Martin, Nutting, MacIntosh et al.,<br />
1996; Wallace, 1997; ACR Website, 2003). Eine eventuell vorhandene schnelle Erschöpf-<br />
barkeit bzw. Müdigkeit verstärkt zusätzlich die Problematik. Körperliche Schonung sollte also<br />
vermieden werden, um dem schmerzverstärkenden Prozess der Dekonditionierung entgegen-<br />
zuwirken (Neeck, 2001). Egle et al. (1999) kommen im Rahmen einer zusammenfassenden<br />
Bewertung unterschiedlicher Behandlungsmaßnahmen zu dem Schluss, dass am „wichtigsten<br />
(…) sicher aktive physikalische Maßnahmen, die der Dekonditionierung der Patienten<br />
entgegenwirken“ sind (S. 163). Allgemein kann festgestellt werden, dass bei einer Vielzahl<br />
28
der Betroffenen (20-27%) Schonhaltung und Lebensstil in irgendeiner Form zu einem<br />
„disability status“ führen (Roy, 2001). 80% der Betroffenen werden als körperlich „unfit“<br />
beschrieben (Oliver & Cronan, 2002). Immer wieder wird im Zusammenhang mit der körper-<br />
lichen Betätigung und Fibromyalgie auch der Hinweis gegeben, wie wichtig kontinuierliche<br />
Bewegung ist (z.B. Roy, 2001), vor allem um den funktionellen Allgemeinzustand zu<br />
verbessern. Gleichzeitig wird vielfach davor gewarnt, Bewegung zu intensiv bzw. zu exzessiv<br />
zu betreiben (Clark, Jones, Burckhardt & Bennett, 2001, nach Oliver & Cronan, 2002).<br />
Insbesondere im Zusammenhang mit physikalisch-aktiver Therapie sei noch einmal auf die<br />
Notwendigkeit des Ausschlusses von anderen Erkrankungen als der Fibromyalgie bzw. der<br />
genauen Diagnosestellung hingewiesen, da z.B. bestimmte Phänomene auch auf das Vor-<br />
handensein einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung hinweisen können (z.B. zeichnen<br />
sich „mitochondriale (...) Myopathien (...) durch Ermüdbarkeit und Schwäche nach länger<br />
dauernden Belastungen aus“ (Späth & Pongratz, 1999; S. 28)). In Bezug auf körperliche<br />
Betätigung als Behandlungsansatz äußern sich Autoren sowohl zur Bewegungsform (z.B.<br />
Spazieren gehen, Gymnastik etc.), -häufigkeit, -kontinuität und -intensität. Die Förderung der<br />
Fitness und Beweglichkeit der Patienten sowie physikalische therapeutische Maßnahmen<br />
werden dabei im Allgemeinen als hilfreich im Rahmen der Therapie bei Fibromyalgie<br />
angesehen (Oliver & Cronan, 2002; Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004). Maßnahmen in<br />
diesem Bereich scheinen zudem ein größeres Gefühl der Kontrolle über die Symptomatik,<br />
insbesondere bezüglich der Schmerzen und der Erschöpfbarkeit, zu bewirken (Buckelew,<br />
Conway, Parker et al., 1998; nach Culos-Reed & Brawley, 2000) bzw. eine höhere<br />
Kontrollüberzeugung und höhere Selbstwirksamkeitserwartung gehen zusätzlich mit einem<br />
höheren Ausmaß an körperlicher Betätigung einher (Culos-Reed & Brawley, 2000). Einige<br />
Autoren konnten nachweisen, dass sich infolge bewegungstherapeutischer Behandlungen die<br />
Zahl der <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkte verringerte, die allgemeine Fitness gesteigert werden konnte<br />
und das Gefühl der Erschöpfung nachließ (Martin, Nutting, MacIntosh et al., 1996; Wigers,<br />
Stiles & Vogel, 1996). Der Beitrag von bewegungstherapeutischen Komponenten zum<br />
Therapieerfolg ist allerdings häufig im Rahmen multimodaler Therapien erhoben worden, so<br />
dass er nur schwer quantifizierbar ist (Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004). Weiterhin ist<br />
unklar, ob ein intensives Trainingsprogramm einem moderaten Training überlegen ist oder ob<br />
es über die Auslösung einer Stressreaktion eher kontraindiziert ist (Clark, Jones, Burckhardt<br />
& Bennett, 2001; nach Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004) bzw. ob im Vergleich zu ge-<br />
mäßigtem Training durch intensiveres Training eine spürbare Verbesserung des psychischen<br />
und physischen Wohlbefinden von den Patienten wahrgenommen wird (Santen, Bolwijn,<br />
29
Landewé et al., 2002). Trotz der nachgewiesenen positiven Wirkung von Bewegung bei<br />
Fibromyalgie wird vielfach über eine geringe kontinuierliche Teilnahme bzw. einen hohen<br />
Schwund bei Trainingsinterventionen berichtet (Martin, Nutting, MacIntosh et al., 1996;<br />
Wigers, Stiles & Vogel, 1996; Oliver & Cronan, 2002; Santen, Bolwijn, Landewé et al.,<br />
2002). Als Gründe für das geringe Durchhaltevermögen wird von den Betroffenen angegeben,<br />
dass derartige Trainingsprogramme als zu zeitintensiv, schmerzhaft und stressend erlebt<br />
werden bzw. dass die körperliche Erholungsphase nach einer Trainingseinheit bis zu der<br />
nächsten kaum abgeschlossen werden konnte, d.h. dass die Teilnehmer sich noch zu erschöpft<br />
für ein erneutes Training fühlten (Santen, Bolwijn, Landewé et al., 2002). Oliver und Cronan<br />
(2002) unternahmen daher den Versuch, in einer Studie mit 444 Teilnehmern Vorhersage-<br />
kriterien herauszufiltern für das jeweilige Bewegungsverhalten der Patienten. Dabei erwiesen<br />
sich eine hohe Erwartung an die eigene Übungseffizienz sowie die kontinuierliche Teilnahme<br />
an regelmäßiger Bewegung als stärkste Prädiktoren für gegenwärtiges und zukünftiges<br />
Übungs- bzw. Bewegungsverhalten. Mittels anderer Faktoren wie Alter, Berufstätigkeits-<br />
status, Depressivität, Bildungsniveau, Selbstwirksamkeitserwartung in der Bewältigung der<br />
Fibromyalgie und Größe des sozialen Netzwerks ließ sich zudem zwischen denjenigen<br />
unterscheiden, die regelmäßig an Bewegungsprogrammen teilnahmen und denen, die keinerlei<br />
sportliche Betätigung oder Bewegung ausübten. Variablen in Zusammenhang mit dem<br />
Gesundheitszustand (wie z.B. Schmerz) schienen dabei keine Rolle in der Entscheidung der<br />
Personen, an den Bewegungsprogrammen teilzunehmen, zu spielen. Komponenten, die laut<br />
Oliver und Cronan bei der Etablierung von Bewegungsprogrammen für Fibromyalgie-<br />
Patienten angesprochen bzw. berücksichtigt werden sollten, seien die eigene Übungseffizienz,<br />
das Bestehen einer Depression (in negativer Richtung) und das Vorhandensein von sozialer<br />
Unterstützung. Sie halten daher ein Behandlungsprogramm, das darauf ausgerichtet ist,<br />
Depressivität zu verringern, die Selbstwirksamkeitserwartung der Betroffenen zu erhöhen und<br />
das regelmäßige Förderung der Beweglichkeit in Gruppen beinhaltet, für Patienten mit<br />
Fibromyalgie für nützlich. Als Herausforderung bleibt jedoch die Frage nach dem „richtigen<br />
Trainingsplan für jeden Patienten“ [Übers. die Verf.] sowie die Patienten lange genug zur<br />
Teilnahme zu bewegen, dass sie die positiven Veränderungen, die mit der körperlichen<br />
Betätigung einhergehen, wahrnehmen können (Clark, Jones, Burckhardt & Bennett, 2001;<br />
zitiert nach Oliver & Cronan, 2002; S. 388).<br />
Allgemein kann also festgehalten werden, dass der Stellenwert körperlicher Aktivierung bei<br />
Fibromyalgie anerkannt wird, aber die Form und das Ausmaß im Einzelnen bislang umstritten<br />
geblieben sind.<br />
30
Aspekt: Ernährung<br />
Im Rahmen chronischer rheumatischer Erkrankung und Ernährung ist vor allem zu<br />
berücksichtigen, dass diese Patienten aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität und teilweise<br />
auch durch psychische Faktoren bedingt einen veränderten Nährstoffbedarf haben als<br />
Gesunde. Gleichzeitig kommt dem Essen als verbleibender Genussfaktor ein besonderer<br />
Stellenwert zu. Der zentrale Ansatz der bisher gesicherten Möglichkeiten einer Ernährungs-<br />
therapie bei rheumatischen Erkrankungen zielt auf die Verminderung des entzündlichen<br />
Geschehens durch eine entsprechend veränderte Ernährung. Zum einen soll so der Krank-<br />
heitsverlauf positiv beeinflusst werden, zum anderen weitere gesundheitliche Risiken, die<br />
durch die für diese Erkrankungen kennzeichnenden entzündlichen Prozesse begünstigt werden<br />
(z.B. erhöhtes Osteoporoserisiko, Vitamin E-Mangel), ausgeräumt werden (Adam, 2001). Wie<br />
unter 2.1.1. angeführt, spielen bei der Fibromyalgie trotz der Zuordnung zu den rheuma-<br />
tischen Erkrankungen jedoch entzündliche Prozesse keine Rolle. Allerdings leiden viele der<br />
Patienten unter einer Reizdarm-Symptomatik oder anderen Problemen im Magen-Darm-<br />
bereich, so dass zu einer Steigerung des körperlichen und des psychischen Wohlbefindens<br />
eine Linderung in diesem Bereich als bedeutsam angesehen werden muss.<br />
Während für verschiedene rheumatische Erkrankungen sehr konkrete Ernährungsrichtlinien<br />
erarbeitet wurden (z.B. Adam, 2001), ist dies für Fibromyalgie als Erkrankungsbild noch<br />
nicht der Fall. Zwar wird die Ernährung oft im Rahmen von Patienteninformationen oder in<br />
Empfehlungen innerhalb von Selbsthilfeliteratur thematisiert, jedoch gibt es noch wenig<br />
Forschung in diesem Bereich. Meist wird allgemein auf vegetarische Kost verwiesen (z.B.<br />
<strong>Weiss</strong>, 2001). Zudem stellen einige Autoren bei den betroffenen Patienten gehäuft<br />
Nahrungsmittelunverträglichkeiten fest (Block, 1993; nach Berg, 1999a). Einige Autoren<br />
haben daher der Ernährungstherapie im Rahmen von Behandlungsmaßnahmen bei Fibro-<br />
myalgie bereits einen festen Platz zugewiesen: So wird bereits in Berg als abschließendes<br />
Fazit 1999 nach Empfehlungen für (Pharmako)Therapiemaßnahmen unter den Empfehlungen<br />
für „Begleitende Maßnahmen“ „Ernährungsumstellung“ an erster Stelle genannt, wobei hier<br />
erwähnenswert ist, dass dies aus einer Blickrichtung geschieht, die sich vor allem mit der<br />
Gegenüberstellung von Symptomen bei Fibromyalgie und Chronischem Müdigkeitssyndrom<br />
beschäftigt (der Nähe bzw. Abgrenzung dieser beiden Krankheitsbilder zueinander) und<br />
ebenfalls die Nähe zum Beschwerdebild beim Colon irritabile (hierbei ist die<br />
Schmerzsymptomatik auf den Darmbereich begrenzt) betont. Lammers und Gallhofer (1999)<br />
sprechen sich für diätetische Maßnahmen zur Wiederherstellung des gastro-intestinalen<br />
Gleichgewichts aus, da die chronische Reizung des Magen-Darm-Bereichs und auch die<br />
31
chronische Einnahme bestimmter Medikamente sich auch auf die Indikationsstellung bei einer<br />
medikamentösen Therapie auswirken können. Ernährung findet zusätzlich auch im Zu-<br />
sammenhang mit den vielfach berichteten Schlafstörungen vieler Fibromyalgie-Patienten<br />
Erwähnung. Zum Beispiel wird den Betroffenen empfohlen, Substanzen, die sich auf das<br />
Schlafverhalten auswirken können (wie Koffein und Alkohol), zu vermeiden (Berg, 1999b;<br />
Murtagh, 2003). Andere Autoren bringen bestimmte Nahrungsmittel bzw. Ernährungsweisen<br />
außer mit Schlaf und Schmerz im Magen-Darmbereich auch mit Schwellungen in Zusammen-<br />
hang (Mengshoel, Forseth, Haugen et al., 1995; <strong>Weiss</strong>, 2001). So können zum Beispiel<br />
bestimmte Aspekte der Ernährung auch daraufhin ausgerichtet werden, dass die Ausbildung<br />
von Lymphödemen verringert wird bzw. eine Entwässerung gefördert wird (<strong>Weiss</strong>, 2001).<br />
Störungen im Verdauungssystem verhindern zudem die Aufnahme bestimmter Aminosäuren,<br />
die zur Bildung des Neurotransmitters Serotonin benötigt werden, der mit Stimmungs-<br />
schwankungen, Schlafstörungen, Schmerzen sowie verschiedenen vegetativen Beschwerden<br />
zusammenhängt und bei einer Subgruppe von Fibromyalgie-Patienten bereits nur erniedrigt<br />
zur Verfügung steht (<strong>Weiss</strong>, 2000). Mengshoel und Haugen fanden 2001, dass 27% der<br />
Fibromyalgie-Betroffenen diätetische Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen sowie eine<br />
„gesunde Diät“ durchführen.<br />
Aspekt: Entspannung<br />
Chronische Schmerzerkrankungen führen sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer<br />
Ebene in der Regel zu erheblicher Anspannung: Die körperliche Anspannung ist zunächst auf<br />
den erlebten Schmerz zurückzuführen. Zusätzlich können mit der Zeit Schon- und Fehl-<br />
haltungen sowie eine verringerte Mobilität dazu führen, dass geringe Kraftaufwendungen oder<br />
Bewegungsabläufe mit vermehrter Erschöpfung oder wiederum verstärktem Schmerz ein-<br />
hergehen. Die Betroffenen neigen allgemein dazu, bestimmte Muskelpartien zu stark an-<br />
zuspannen bzw. nicht mehr für eine ausreichende Entspannung zu sorgen. Mit der veränderten<br />
körperlichen Wahrnehmung geht in Folge der Erkrankung zudem einher, sich nicht mehr auf<br />
einen gesunden Ausgangszustand hin orientieren zu können (siehe Aspekt: Körperliche<br />
Betätigung, S. 28ff). Zusätzlich leiden an Fibromyalgie-Erkrankte vermehrt unter psychischer<br />
Anspannung: Gefördert wird diese durch die Unsicherheit der gesamten Situation, in der sich<br />
die Betroffenen befinden: Die Krankheitsursachen gelten als unbekannt. Die Zeit bis zur<br />
Diagnosestellung ist sehr lange und erfordert meist einen mühsamen Weg durch verschiedene<br />
Institutionen. Auch die Behandlung ist noch unbefriedigend erforscht und muss am Einzelfall<br />
ansetzen. In sozialen Bezügen (Arbeit, Familie, Freizeit) sehen sich Betroffene mit Schwierig-<br />
32
keiten bei der Vermittlung der eigenen Situation konfrontiert und fühlen sich oft dabei allein<br />
gelassen. Hinzu kommen Situationen psychischer Belastung und Anspannung durch Unklar-<br />
heiten bzgl. der Ätiologie und Behandlung, Unzufriedenheit mit der ärztlichen Betreuung<br />
bzw. weiteren medizinischen Versorgungssystemen, Einschränkung oder Verlust der Er-<br />
werbsfähigkeit und Rückzug aus dem sozialen Leben etc. (s. Aspekt: Kognitiv-emotionale<br />
Ansätze). Die Fähigkeit, psychisch wie körperlich trotz Schmerzerkrankung entspannen zu<br />
können, kann damit als ein wesentlicher Faktor einer gelingenden Krankheitsbewältigung bei<br />
Fibromyalgie angesehen werden. Die muskuläre Entspannung ist dabei ein wesentliches Ziel<br />
im Rahmen der Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen am Bewegungsapparat als<br />
Voraussetzung des Vermeidens von Schonhaltung und Dekonditionierung mit allen daraus<br />
resultierenden schmerzverstärkenden Folgen. Entspannungsverfahren sind dazu geeignet, vom<br />
Schmerz abzulenken und in Stresssituationen eine Tonuserhöhung der Muskulatur entweder<br />
zu verringern oder sogar zu verhindern (Keel, 1999). Im Rahmen einer erfolgreichen<br />
Muskelentspannung gehen zudem auch andere Anzeichen körperlicher Unruhe und Erregung<br />
zurück, so dass muskuläre Entspannung auch einen Beitrag zur Verringerung seelischer<br />
Anspannung leistet (Basler, 2001). Auch im Rahmen der Empfehlungen des Arbeitskreises<br />
Fibromyalgie der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) wurde 2001<br />
Entspannungstraining als ein als wesentlich erachteter Teil der Behandlung aufgeführt.<br />
Entspannungsverfahren werden häufig als ein Behandlungsmodul im Rahmen multimodaler<br />
Behandlungsprogramme bei Fibromyalgie eingesetzt (Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004).<br />
Aspekt: Verhaltensmedizinische Ansätze:<br />
„In der Yale-Konferenz zur Verhaltensmedizin (...) wurde die Verhaltensmedizin als ein<br />
interdisziplinäres Gebiet definiert, dem es um die Integration der Verhaltens- und der<br />
biomedizinischen Wissenschaft bei der Erforschung von Krankheit und Gesundheit und der<br />
Behandlung von Krankheiten geht.“ (Flor, 1991; S. 2). Die behaviorale Perspektive auf<br />
chronischen Schmerz wird also mit den biophysiologischen und medizinischen Erkenntnissen<br />
verbunden. Verhaltensorientierte Verfahren im Rahmen psychologischer Schmerztherapie<br />
haben allgemein „die Steigerung bzw. Modifikation von sozialer Kompetenz, Belastbarkeit,<br />
Kondition und Aktivität“ zum Ziel (Ruoß, 1998; S. 133). Schmerzkompatible Verhaltens-<br />
weisen wie Schonhaltungen, Vermeidungsverhalten oder Klagen, sollen abgebaut werden und<br />
im Gegenzug schmerzinkompatible Verhaltensweisen wie die Steigerung sozialer und<br />
körperlicher Aktivitäten aufgebaut werden (Ruoß, 1998). Ein weiteres Ziel ist die Reduktion<br />
der Medikamenteneinnahme (Flor, 1991). Zu den verhaltensmedizinischen Behandlungs-<br />
33
ansätzen gehören z.B. Verfahren der operanten Schmerzbehandlung, bei denen die Kontrolle<br />
externer Verstärker eine wichtige Rolle spielt und die daher meist stationär durchgeführt<br />
werden. So wird zum Beispiel mit Quotenplänen zur Steigerung der körperlichen Aktivität<br />
gearbeitet oder die Medikamenteneinnahme wird zeitkontingent unabhängig von der<br />
Schmerzstärke verabreicht (Flor, 1991). Als problematisch ist bei diesen Ansätzen zu be-<br />
werten, dass die Wegnahme der Verstärkung meist zu einem Nachlassen der erwünschten<br />
Wirkung führt, was eine Aufrechterhaltung der Erfolge außerhalb des stationären Rahmens<br />
wenig wahrscheinlich macht. Dennoch berichten einige Autoren signifikante und stabile<br />
positive Veränderungen (Reduktion der Schmerzintensität, Reduktion der Medikamenten-<br />
einnahme, Abnahme des Schmerzverhaltens und weitere) in der Behandlung von Fibro-<br />
myalgie mit einer operanten Vorgehensweise auch noch sechs und 15 Monate nach der<br />
stationären Behandlung (Thieme, Gromnica-Ihle & Flor, 2003).<br />
Auf dem Modell des respondenten Lernens basieren Entspannungs- und Biofeedback-<br />
Verfahren. Sie werden im Sinne von Stressbewältigungstrainings oder zur Reduktion des<br />
Schmerz-Spannungs-Zirkels eingesetzt. Dabei zeigen neuere Ergebnisse der Schmerz-<br />
forschung, dass die Wirkung von Biofeedback möglicherweise nicht durch die erlernte<br />
Abnahme von Muskelspannung, sondern durch die Veränderung kognitiv-evaluativer und<br />
affektiv-motivationaler Komponenten zustande kommt (nach Flor, 1991). Der Einsatz von<br />
Biofeedback ist relativ aufwendig und bietet sich nur bedingt bei einer wechselnden, schub-<br />
weisen und großflächigen Schmerzsymptomatik an. Dennoch berichten einige Autoren eine<br />
Abnahme an aktiven <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkten, der allgemeinen Schmerzsymptomatik sowie der<br />
Morgensteifigkeit (Ferraccioli, Ghirelli, Scita et al., 1987; Sarnoch, Adler & Scholz, 1997;<br />
nach Leventhal, 1999). Eine nachfolgende Studie konnte dagegen keinerlei Nutzen <strong>eines</strong> Bio-<br />
feedback-Programms nachweisen. Und trotz einer geringen drop-out-Quote von 14%, werte-<br />
ten nahezu alle Teilnehmer den Aufwand der zweimal täglich durchzuführenden Prozedur als<br />
nicht leistbar (Santen, Bolwijn, Verstappen et al., 2002). Als Entspannungsverfahren kommen<br />
meist eine verkürzte Form der Progressiven Muskelrelaxation oder Formen autogenen<br />
Trainings zur Anwendung (Keel, 1999). Da Entspannungsverfahren meist in Kombination mit<br />
anderen therapeutischen Maßnahmen zum Einsatz kommen, ist ihr Beitrag bzw. der genaue<br />
Wirkmechanismus trotz nachweislicher positiver Effekte ungeklärt (Martin, Nutting,<br />
MacIntosh et al., 1996; Buckelew, Conway, Parker et al., 1998, nach Sim & Adams, 2002;<br />
Keel, Bodoky, Gerhard et al., 1998; siehe auch Aspekt: Entspannung).<br />
Weitere Ansätze zielen darauf ab, den Betroffenen andere als die gewohnten Bewegungs-<br />
abläufe erfahrbar zu machen, mit dem Ziel, das in der Regel eingeschränkte Körperbewusst-<br />
34
sein wieder zu steigern und die Muskelanspannung während der Verrichtung von alltäglichen<br />
Aktivitäten zu verringern (Mengshoel, Forseth, Haugen et al., 1995; Gustafsson, Ekholm &<br />
Broman, 2002).<br />
Aspekt: Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze:<br />
Die Grundannahme des kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatzes besagt, dass für die<br />
Schmerzerfahrung neben dem Schmerzverhalten auch die kognitive Bewertung der Schmer-<br />
zen essentiell ist und zwar bei allen Arten von Schmerz. Sensorische, affektive, kognitive und<br />
verhaltensbezogene Komponenten tragen zum Schmerzerleben bei. Der Prozesscharakter<br />
chronischer Schmerzen wird mit einbezogen, indem davon ausgegangen wird, dass Schmerz-<br />
patienten Erfahrungen der Hilflosigkeit und Unkontrollierbarkeit gemacht haben und negative<br />
Erwartungen bezüglich ihrer Heilungschancen ausgebildet haben. Auch bezüglich der<br />
Fähigkeit, selbst etwas gegen die Schmerzen tun zu können, besteht eine negative Er-<br />
wartungshaltung, so dass sich im kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz als primäres<br />
Behandlungsziel die Förderung der Selbstkontrolle und der Eigenaktivität des Patienten<br />
ergibt: Gefühle der Hilflosigkeit sollen abgebaut und Kompetenzvertrauen aufgebaut werden.<br />
Damit geht eine Förderung der Eigenverantwortung des Patienten einher. Basis der kognitiv-<br />
verhaltenstherapeutischen Behandlung bei chronischem Schmerz ist der Aufbau von aktiven<br />
Bewältigungsstrategien (nach Flor, 1991). Verfahren, die hierbei zum Einsatz kommen, sind<br />
aktiv, verhaltensbezogen, zeitlich begrenzt und strukturiert (Holzman, Turk & Kerns, 1986;<br />
nach Flor, 1991). „In Zusammenhang mit Schmerz werden als aktive Bewältigungsstrategien<br />
alle Anstrengungen bezeichnet, die darauf abzielen, trotz der Schmerzbelastungen am<br />
täglichen Leben teilzunehmen“ (Ruoß, 1998; S. 99). Passive Bewältigungsstrategien dagegen<br />
sind dadurch gekennzeichnet, dass der Patient sich ausschließlich in die Abhängigkeit von<br />
anderen bei seiner Schmerzkontrolle begibt und seine alltäglichen Aktivitäten durch sozialen<br />
Rückzug beschränkt. Für Coping, das heißt die Bewältigung von Anforderungen, die an oder<br />
über die Belastungsgrenzen von Personen gehen, spielen Überzeugungen, Einstellungen und<br />
Bewertungen eine große Rolle (ebda.). „Copingverhalten in Zusammenhang mit Schmerz ist<br />
demzufolge immer als ein kognitiver Vorgang zu sehen, bzw. als ein Prozeß, der wesentliche<br />
kognitive Elemente enthält“ (ebda., S. 106). Zusätzlich besteht ein Zusammenhang zwischen<br />
der Verfügbarkeit von kognitiv-behavioralen Bewältigungsstrategien und dem Ausmaß, in<br />
dem sich Schmerzpatienten beeinträchtigt fühlen (Keel, 1999). In kognitiv-verhaltensthera-<br />
peutischen Ansätzen werden kognitive Interventionen mit weiteren, auf die Veränderung des<br />
Verhaltens des Patienten bezogenen Elementen wie Entspannungstraining, dem Aufbau<br />
35
sozialer Fertigkeiten, Problemlösetraining oder der Förderung <strong>eines</strong> effektiven Umgangs mit<br />
Stress, verbunden (Weber, 1994). So können zum Beispiel belastungsintensivierende Ge-<br />
danken, die häufig automatisch ablaufen, erst einmal bewusst gemacht werden. In einem<br />
nächsten Schritt können diese Wahrnehmungsmuster dann auf ihre Gültigkeit durch gezieltes<br />
Experimentieren im Alltag geprüft werden und gegebenenfalls modifiziert werden (Weber,<br />
1994). Ziel ist hierbei, die dem Verhalten vorausgehenden oder nachfolgenden Kognitionen<br />
derart zu verändern, dass ein günstigeres Verhalten im Rahmen der Krankheitsbewältigung<br />
möglich wird. Durch Ausüben von verändertem Verhalten soll wiederum Einfluss auf die<br />
Gedanken, Einstellungen und Wertungen genommen werden, so dass durch Veränderung der-<br />
selben langfristig ein im Umgang mit der chronischen Erkrankung günstigeres Verhaltens-<br />
repertoire entsteht und über die Behandlung hinaus auch im Alltag beibehalten wird.<br />
Selbstkontrolltechniken aus der Verhaltenstherapie wie beispielsweise Schmerz- oder Stress-<br />
bewältigungstechniken, kognitive Neubenennung, Selbstsicherheitstraining, können bei der<br />
Behandlung von Fibromyalgie eingesetzt werden (Keel, 1998, nach Keel, 1999) und sind<br />
zudem gut mit weiteren Therapietechniken wie zum Beispiel Physiotherapietechniken<br />
kombinierbar (Keel, 1999). Allgemein empfiehlt sich ein an der Schmerzsymptomatik<br />
orientierter kognitiv-verhaltenstherapeutischer Zugang bei Fibromyalgie-Betroffenen, da<br />
derzeit keinerlei Ursachenbehandlung erfolgen kann und die Behandlung daher im<br />
Wesentlichen symptomatisch ausgerichtet ist (Blumenstiel, Bieber & Eich, 2004) und zudem<br />
für einsichtsorientierte Verfahren oft und vor allem zu Beginn einer Behandlung keine<br />
Bereitschaft bei den Betroffenen vorliegt (Keel, 1998).<br />
Aspekt: Kognitiv-emotionale Ansätze:<br />
Unter gesundheitsbezogenen Kognitionen werden einzelne Konstrukte, Schemata, aber auch<br />
Verhaltensmodelle, nach denen gesundheitsbezogenes Verhalten ausgerichtet wird, verstand-<br />
en. Im Rahmen der Bewältigung einer bereits vorhandenen chronischen Erkrankung spielt<br />
durchaus eine Rolle, wie optimistisch der Betroffene bezüglich der Behandlungsmöglich-<br />
keiten ist, für wie bedrohlich er die Krankheit für seine Lebensqualität einschätzt, wie stark er<br />
davon überzeugt ist, Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung zu haben (Kontrollüberzeu-<br />
gung), für wie fähig er sich hält, die sich bietenden Behandlungsmaßnahmen auch ausüben zu<br />
können (Selbstwirksamkeitserwartung), wie Symptome wahrgenommen und interpretiert<br />
werden (Symptomwahrnehmung), worauf die Erkrankung zurückgeführt wird (Attributionen<br />
und Attributionsstile) usw. (Weber, 1994). Diese kognitiven Aspekte interagieren dabei mit<br />
Emotionen in vielfältiger Weise: so kann Angst beispielsweise die Interpretation von wahr-<br />
36
genommenen Symptomen beeinflussen, aber auch wahrgenommene Symptome können Angst<br />
hervorrufen (Leventhal, Diefenbach & Leventhal, 1992, nach Weber, 1994). Auf diesen Sach-<br />
verhalt zielen Behandlungsmaßnahmen, die dazu geeignet sind, bestehende Kognitionen und<br />
Emotionen bezüglich der Erkrankung in günstiger Weise zu beeinflussen, so dass eine bessere<br />
Krankheitsbewältigung wahrscheinlicher wird. In diesen Bereich gehören beispielsweise<br />
Ansätze der Information über die Erkrankung und ihre Begleit- und Folgeerscheinungen,<br />
edukative Elemente, in denen eine veränderte Selbstwahrnehmung geschult wird usw.<br />
Kognitive Strategien können beispielsweise daraufhin überprüft werden, ob ihnen für die<br />
Schmerzbewältigung günstigere Reaktionen folgen könnten, um in Folge der veränderten<br />
kognitiven Strategie das Gefühl der Selbstkontrolle zu erhöhen (Keel, 1999). Zentrale Kenn-<br />
zeichen der Situation, in der sich von Fibromyalgie Betroffene befinden (unbekannte<br />
Krankheitsursachen, unklare Behandlung, Schwierigkeit im Rahmen der sozialen Vermittlung<br />
und Auseinandersetzung bezüglich des Krankheitsbildes und Stellenwerts der Erkrankung,<br />
sich nicht ernst genommen fühlen etc.) führen meist zum Erleben von Kontrollverlust bzw.<br />
Gefühlen von Ohnmacht und Hilflosigkeit und können zu erhöhter Ängstlichkeit bzw.<br />
Depression führen (Offenbaecher, Glatzeder & Ackenheil, 1998). Innerlich haben die Be-<br />
troffenen oft mit Schuld- und Scham-Konflikten zu tun bzw. neigen zu Selbstentwertung<br />
(Eich, 1998). Im Rahmen von Behandlungsansätzen bei Fibromyalgie wurde zudem früh<br />
durch Ergebnisse einiger Studien nahe gelegt, dass es sich bei den Betroffenen um Personen<br />
mit in dieser Hinsicht ungünstigen Persönlichkeitszügen handeln könnte: Einige Autoren<br />
konnten innerhalb der von ihnen untersuchten Fibromyalgie-Patienten eine Neigung zum<br />
Perfektionismus, hoher Leistungsmotivation und ähnlicher Merkmale feststellen (Keel, 1999;<br />
Houdenhove, Neerinckx, Onghena et al., 2001). Auch wenn diese Persönlichkeitsmerkmale<br />
heute nur für einen Teil der Betroffenen in überdurchschnittlichem Ausmaß zuzutreffen<br />
scheinen, könnte für eine solche Untergruppe an Betroffenen das Erlernen von veränderten<br />
Strategien im Umgang mit Anforderungen besonders hilfreich sein. Für einen erfolgreichen<br />
Umgang mit einer chronischen Erkrankung ist es unumgänglich, dass die Betroffenen lernen,<br />
trotz der Tatsache der Erkrankung - für Fibromyalgie-Betroffene sogar trotz ungeklärter Ur-<br />
sachen und ungünstiger Prognose - die Lebensqualität steigern zu können durch das Erlernen<br />
günstigerer Einstellungen, veränderter kognitiver Strategien und einer Erweiterung oder<br />
Veränderung des Bewältigungsverhaltens. Berg führte bereits 1999 Entspannungstechniken<br />
als begleitende Maßnahmen mit besonderem Hinweis auf Stressbewältigung, zum Beispiel<br />
über das Erlernen, häufiger Nein zu sagen, auf. Andere Autoren weisen ausdrücklich darauf<br />
hin, wie wichtig es für Fibromyalgie-Betroffene ist, sich selbst im Rahmen <strong>eines</strong> Behand-<br />
37
lungskonzepts nicht durch übersteigerte Ansprüche an sich und den Behandlungserfolg zu<br />
überfordern (<strong>Weiss</strong>, 1997; Hoffmann & Lindner, 1999). Allgemein wird der Erwerb einer<br />
neuen Sichtweise der Person in ihrem Umgang mit dem Schmerz in diesen Ansätzen ange-<br />
strebt. Dazu gehört auch die Vermittlung von Krankheitswissen (Langer & Mattussek, 1990;<br />
Ruoß, 1998). Gerade Patienten mit rheumatischen Erkrankungen haben oft erhebliche<br />
Informationsdefizite über ihre Erkrankung. Dies wirkt sich ungünstig auf ihre Mitarbeit und<br />
Behandlungszufriedenheit aus (Langer & Mattussek, 1990). Abhilfe soll eine gezielte, pro-<br />
blembezogene Patientenschulung im Sinne einer Psychoedukation zu mehr Selbstmanage-<br />
ment schaffen. Das Erkennen bestimmter Zusammenhänge und Möglichkeiten der Be-<br />
einflussung führt z.B. dazu, dass das Leiden unter der Fibromyalgie voraussagbarer und<br />
teilweise kontrollierbarer erlebt wird und dadurch seinen beunruhigenden Charakter verliert<br />
(Wallace, 1997; Keel, 1999). Die Vermittlung kognitiver Strategien, vor allem von aktiven<br />
Ablenkungsstrategien (z.B. von erholsamen oder begeisternden Freizeitaktivitäten etc.), hat<br />
sich ebenfalls als günstig erwiesen (Keel, 1999). Einer höheren Selbstwirksamkeitserwartung<br />
bezüglich der Fähigkeit, physisches Training bewerkstelligen zu können, konnte ein aktivie-<br />
render Einfluss auf das gegenwärtige und zukünftige physische Betätigungsverhalten<br />
nachgewiesen werden (Oliver & Cronan, 2002).<br />
Aspekt: Setting<br />
Das Setting stellt den Rahmen, in dem die Behandlung stattfindet. Eine Behandlung kann in<br />
Form einer Einzel- oder Gruppentherapie, ambulant oder stationär und in den betreffenden<br />
Kombinationsmöglichkeiten stattfinden. Wichtig ist dabei bei chronischen Schmerzerkran-<br />
kungen, dass alle Formen als Anleitung für die Selbsthilfe im alltäglichen Management zu<br />
verstehen sind. Das Einzelsetting bietet den Vorteil, individueller auf den Betroffenen ein-<br />
gehen zu können und psychotherapeutisch aufdeckender zu arbeiten. Vielfach wird gerade<br />
dies von den Fibromyalgie-Patienten jedoch eher abgelehnt, da oft aufgrund des Krankheits-<br />
verlaufs unzufriedene Arzt-Patienten-Beziehungen vorausgehen (Eich, 1998) und allgemein<br />
es dieser Patientengruppe leichter fällt, von einer körperlichen Symptomatik auszugehen und<br />
an dieser mit der Behandlung anzusetzen (Keel, 1999). Stationär kann eine medikamentöse<br />
Einstellung unter stärkerer Kontrolle stattfinden (z.B. gezielte Gabe lokaler Schmerzmittel<br />
etc.). Ambulante Therapie hat den Vorteil, dass die Betroffenen nicht noch stärker aus ihren<br />
gewohnten sozialen Bezügen genommen werden und die Übertragbarkeit von Behandlungs-<br />
maßnahmen in den Alltag in der Regel leichter fällt (Basler & Rehfisch, 1989). Behand-<br />
lungsmaßnahmen in Gruppen, ob im professionellen oder im Laienkontext, bieten gegenüber<br />
38
der individuellen Behandlung durch den Arzt den Vorteil des Erfahrungsaustausches unter<br />
Betroffenen. Der Betroffene kann die wichtige Erfahrung machen, mit seiner Leidens-<br />
geschichte nicht allein zu sein (Keel, 1999), findet Mitgefühl und Verständnis, dass von der<br />
gesunden Umgebung oft nicht in gleichem Ausmaß gegeben werden kann, erfährt womöglich<br />
für die eigene Behandlung nützliche Behandlungs- oder Versorgungshinweise etc. Erfolg-<br />
reiche Patienten können darüber hinaus als Modell für andere dienen und dadurch<br />
motivationsfördernd wirken (Keel, 1998). Für Betroffene, die sich aufgrund der Erkrankung<br />
aus dem Erwerbsleben und/oder dem sozialen Leben zurückziehen, stellt eine Gruppen-<br />
therapie bzw. die Teilnahme an Selbsthilfegruppen zudem eine Erweiterung und Stützung des<br />
Sozialen Umfeldes dar. Zusätzlich fördert die Darbietung von Programminhalten in Gruppen,<br />
dass diese Informationen besser behalten werden (s. auch 2.3.4.). Als begleitende Maßnahme<br />
im Rahmen der Behandlung von Fibromyalgie wird daher oft auch die Teilnahme an Selbst-<br />
hilfegruppen empfohlen (z.B. Berg, 1999b).<br />
2.3. Verhaltensmedizinische Intervention: Das 12-Wochen-Programm<br />
Das 12-Wochen-Programm (<strong>Weiss</strong>, 2000) ist als strukturiertes Selbsthilfeprogramm<br />
insbesondere für Fibromyalgie-Patienten konzipiert. Es kann den verhaltensmedizinischen<br />
Interventionen zugerechnet werden, da dem Programm eine bio-psycho-soziale Perspektive<br />
auf das Krankheitsbild Fibromyalgie zugrunde liegt. Es stellt somit auch ein Beispiel für eine<br />
multidimensionale Intervention bei Fibromyalgie dar, da auf verschiedenen Ebenen gleich-<br />
zeitig in der Behandlung angesetzt wird. Mithilfe von einzelnen Maßnahmen (wie z.B. Er-<br />
nährungsumstellung, spezifischen Gymnastikübungen etc.) werden den Teilnehmern verteilt<br />
auf zwölf Wochen Verhaltensweisen vermittelt, die zu einer besseren Schmerz- und Krank-<br />
heitsbewältigung führen sollen. Der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung von aktiven Be-<br />
wältigungsstrategien. Detaillierte Beschreibungen des 12-Wochen-Programms finden sich bei<br />
Schmidt (2003) und Franetzki (2003) bzw. im Handbuch für Gruppenleiterinnen (<strong>Weiss</strong>,<br />
2000) oder dem Buch „Das Fibromyalgie-Programm“ (<strong>Weiss</strong>, 2000). Hier sollen Durch-<br />
führung und Bausteine des Programms nur kurz beschrieben werden.<br />
2.3.1. Hintergrund und Zielsetzungen<br />
Das 12-Wochen-Programm kann aufgrund seiner multimodalen, interdisziplinären Zu-<br />
sammensetzung der Inhalte der Verhaltensmedizin zugeordnet werden. Gymnastik- und Ent-<br />
spannungsübungen setzen an der körperlichen Problematik der bestehenden Schmerz-<br />
symptomatik mit der Gefahr der Schonung und Dekonditionierung an und sind Versuche,<br />
39
diesen gezielt entgegenzuwirken. Die Behandlung psychologischer Themen zum Umgang mit<br />
fibromyalgiespezifischen Problemen beinhaltet sowohl die Vermittlung von Krankheitswissen<br />
im Sinne von Information als auch die Vermittlung und Ermöglichung individueller Auf-<br />
deckung von Zusammenhängen psychischer, kognitiver und körperlicher Mechanismen im<br />
Zusammenhang mit der Erkrankung, die als psychoedukative Maßnahme gewertet werden<br />
kann. Alle Maßnahmen sind dazu geeignet, die Eigenaktivität der Betroffenen in Hinsicht auf<br />
eine Professionalisierung der Patientenselbsthilfe zu fördern. Grundorientierung soll das<br />
Lernen am Erfolg in der Gruppe sein. Am Anfang der Treffen sollten daher die Erfahrungen<br />
der letzten Woche der Teilnehmenden stehen, die aufzeigen können, wie Probleme am<br />
ehesten überwunden worden sind. Der Eindruck der Unbeeinflussbarkeit des Beschwerdebilds<br />
mit daraus resultierender Hilflosigkeitserwartung soll abgebaut werden und systematisch hilf-<br />
reiche Bewältigungs- und Entlastungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Die Gruppen sollen<br />
lernen, „an Lösungen zu arbeiten und Schwierigkeiten als Aufgabe zu begreifen“ (<strong>Weiss</strong>,<br />
2000, S. 16). Der Schwerpunkt liegt somit auf einer Ressourcen- und Lösungsorientierung bei<br />
der Gruppenarbeit. Durch Einbeziehung des Partners oder <strong>eines</strong> nahen Angehörigen wird<br />
sowohl die Bedeutung sozialer Unterstützung bei der Bewältigung chronischer Schmerz-<br />
erkrankungen als auch die Belastung, die durch die Erkrankung in der Regel auf die<br />
Beziehung wirkt, berücksichtigt. Hausaufgaben stellen ein probates Mittel zur Verbesserung<br />
der Selbstbeobachtung dar und können helfen, Faktoren, die die Schmerzsymptomatik be-<br />
einflussen, aufzudecken (Keel, 1998). Dem gleichen Ziel dient auch die Selbstbeobachtungs-<br />
übung. Als allgem<strong>eines</strong> Ziel kann für alle Elemente des Programms angesehen werden, dass<br />
die subjektive Wahrnehmung der Einflussnahme auf die Beschwerden gesteigert werden soll.<br />
2.3.2. Inhalte des 12-Wochen-Programms<br />
Kernpunkte des 12-Wochen-Programms sind die<br />
• Ernährungsumstellung, die aus zwei Wochen Schonkost, zwei Wochen erweiterter<br />
Schonkost, zwei Wochen Übergangskost und danach „normaler Ernährung besteht,<br />
• Dehnübungen,<br />
• Gymnastik in mehreren Stufen,<br />
• Entspannungsübungen und<br />
• 4 Themenblöcke (Umgang mit dem eigenen Körper, Umgang mit der eigenen Person,<br />
Umgang mit Partnerschaft und Beziehungen, Umgang mit Schmerz).<br />
40
Im Folgenden sollen die Inhalte der einzelnen Bausteine kurz wiedergegeben werden:<br />
Ernährungsumstellung<br />
Bei der Ernährungsumstellung handelt es sich um einen schrittweisen Ernährungsaufbau, der<br />
einem bestimmten Zeitplan folgen sollte: zwei Wochen Schonkost (Hauptbestandteil:<br />
gekochte Getreidemahlzeiten; reichlich Mineralwasser und Tee), zwei Wochen erweiterter<br />
Schonkost, zwei Wochen Übergangskost und sechs Wochen „normale Ernährung“. Die erste<br />
Stufe wird als entscheidend angesehen und sollte 14 Tage dauern. Es kann dabei zu einem<br />
Gewichtsverlust von 3 bis 6 Kilo kommen. Zu den einzelnen Ernährungsstufen werden den<br />
Teilnehmern je Informationen gesondert ausgeteilt. Nähere Angaben zu den einzelnen<br />
Ernährungsphasen stehen zudem im Buch „Das Fibromyalgie-Programm“ (<strong>Weiss</strong>, 2000).<br />
Dehnübungen<br />
Die Teilnehmer des Programms sehen sich gemeinsam die Video-Kassette mit den<br />
Dehnübungen an und machen die Übungen gleichzeitig mit (am 1. und 2. Treffen). Die<br />
Übungen sollen dabei so gut, wie es bei dem jeweiligen Gesundheitszustand der Teilnehmer<br />
geht bzw. möglich ist, ausgeführt werden. Für das tägliche Durchführen der Übungen zu<br />
Hause erhalten die Teilnehmer je ein Videoband.<br />
Selbstbeobachtungsübung<br />
Die Selbstbeobachtungsübung des Körpers wird ebenfalls gemeinsam in der Gruppe durch-<br />
geführt (1. Treffen). Sie ist auf der CD enthalten. Sie dauert nur wenige Minuten und sollte<br />
täglich zu Hause durchgeführt werden. Für die Durchführung zu Hause haben die Teil-<br />
nehmerinnen im Rahmen der Studie je eine CD bzw. eine überspielte Kopie auf Musik-<br />
kassette erhalten. Ziel der Selbstbeobachtungsübung ist die eigene Körperwahrnehmung in<br />
Bezug auf vorhandene Verspannungen und Schmerzen sowie Anspannung und Entspannung<br />
zu fördern.<br />
Gymnastikübungen<br />
Auch die Gymnastikübungen sollen entsprechend den eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten<br />
durchgeführt werden. Sie werden ab dem 3. Treffen bei jedem Treffen mit Ausnahme des<br />
Partnertreffens gemeinsam in der Gruppe nach Video-Kassette durchgeführt. Teilweise<br />
werden dabei für die Übungen Gymnastikbälle oder –bänder benötigt. Die Übungen wurden<br />
speziell für Fibromyalgie-Betroffene entwickelt bzw. zusammengestellt.<br />
41
Entspannungsübungen<br />
Die Entspannungsübungen werden ab dem 2. bis einschließlich dem 12. Treffen mit<br />
Ausnahme des Partnertreffens immer in der Gruppe gemeinsam durchgeführt. Dabei handelt<br />
es sich um teilweise die gleichen, teilweise unterschiedliche Übungen an den verschiedenen<br />
Treffen. Die Abfolge der Übungen nach der CD ist im Handbuch vorgegeben. Die Übungen<br />
basieren auf der Progressiven Muskelentspannung.<br />
Psychologische Themen<br />
Die Themen werden schrittweise von den Gruppenleiterinnen zur Diskussion gestellt und in<br />
Kleingruppen von zwei bis drei Personen bearbeitet. Die Ergebnisse werden stichwortartig,<br />
zum Beispiel mit Hilfe einer flip-chart, festgehalten. Es handelt sich überwiegend um<br />
Themen, die Bedingungen aufdecken helfen sollen, die zu körperlichem und psychischem<br />
Wohlbefinden im Alltag trotz der Erkrankung beitragen können. Ein angemessener Umgang<br />
mit Situationen des täglichen Lebens, die konfliktbesetzt sind, soll ebenfalls eröffnet werden.<br />
Würdigung und Anerkennung eigener Leistungen und der Leistungen anderer im Zusammen-<br />
hang mit der Erkrankung sowie das Management von Schmerzattacken sind weitere Themen.<br />
Themen:<br />
• Über die Pflege des Körpers (2. Treffen); Bedingungen finden, wie dem Körper wohl<br />
getan werden kann<br />
• Womit kann ich mir gut tun? (3. Treffen); Bedingungen finden, wie die Befindlichkeit<br />
positiv beeinflusst werden kann<br />
• Pflicht und Verantwortung (4.Treffen); zu einem angemessenen Umgang mit<br />
Verantwortungs- und Pflichtgefühlen finden, Selbsterforschung<br />
• Nein sagen (5. Treffen); zu einem angemessenen Umgang mit Wünschen und Bitten<br />
anderer finden<br />
• Umgang mit Schmerz (6. Treffen); bei diesem Thema geht es um Einstellungen,<br />
Verhaltensweisen, Tipps und Tricks, die den Umgang mit Schmerz erleichtern.<br />
• Perlenfischen im Alltag (9. Treffen); positive Situationen im Alltag erkennen, von<br />
denen gewünscht wird, dass sie häufiger eintreten, was kann dazu beigetragen werden;<br />
im Anschluss daran diskutieren, wie können unerfreuliche Situationen in Zukunft<br />
anders gestaltet werden<br />
• Anerkennung (10. Treffen); Würdigung der Leistungen von Partnern bzw. Familie,<br />
Freunden, Bekannten, sowie eigenen Leistungen, die in Zusammenhang mit der<br />
Fibromyalgie erbracht werden<br />
42
Information / Psychoedukation<br />
Die Themen dieses Bereichs dienen der Beseitigung von Unwissenheit und Unsicherheit in<br />
Bezug auf die Erkrankung. Ein günstigeres Interaktionsverhalten der Betroffenen mit den sie<br />
behandelnden Ärzten soll ermöglicht werden. Das Vorgehen entspricht dem bei der<br />
Behandlung der psychologischen Themen.<br />
Themen:<br />
• Fibromyalgie und gesunder Schlaf (8. Treffen); Zusammenhänge der Schlafregulation<br />
und bestimmter Symptome, Vermittlung von Wissen zur Förderung der Schlafhygiene<br />
• Umgang mit Ärzten und dem medizinischen System (8. Treffen); Auffinden von<br />
Verhaltensmöglichkeiten, die besonders hilfreich beim Arztbesuch sein können<br />
• Notfälle erkennen und managen (11. Treffen); Management von Schmerzattacken:<br />
Auslöser und Frühzeichen der Verschlechterung erkennen lernen, Umgang mit ihnen,<br />
Konsequenzen für den Alltag (persönliches Notfallprogramm erstellen)<br />
Hausaufgaben<br />
Zahlreiche Gruppenübungen im Programm sollen helfen, gemeinsam Aufgaben für die<br />
folgende Woche zu finden: Zu den angesprochenen psychologischen und informativen<br />
Themen werden anhand einer konkreten Fragestellung in Kleingruppenarbeit je Ideen für die<br />
Hausaufgaben notiert. Jeder Teilnehmer wählt mindestens eine Anregung davon für sich als<br />
Hausaufgabe, die bis zur nächsten Woche mindestens einmal zu erfüllen ist. Es soll auf die<br />
Wirkung geachtet werden. Hierdurch soll die individuelle Anpassung der vermittelten Inhalte<br />
an den eigenen Lebensalltag gewährleistet werden.<br />
Beispiel: Frage des 2. Treffens: Was tut meinem Körper wohl? Womit kann ich meinen<br />
Körper verwöhnen? Beispiele: Zeit für persönliche Pflege lassen, z.B. Zeit im Bad, Ölbad<br />
nehmen, Gesichtsmaske, Friseur, sich schön machen etc.<br />
Partnertreffen<br />
Für das 7. Treffen ist ein Treffen mit Partnern eingeplant. Partner können dabei Ehe- oder<br />
Lebenspartner, Menschen, die im gleichen Haushalt leben, Verwandte (Eltern, Kinder usw.)<br />
der Teilnehmer oder sonstige nahe stehende Personen, die von der Krankheit mit betroffen<br />
sind, sein. Nach einer Vorstellungsrunde von Teilnehmern und zugehörigen Partnern trennen<br />
sich die Teilnehmer und Partner auf zwei Räume auf und bearbeiten je verschiedene Themen,<br />
die sich auf die Wechselbeziehung zwischen Teilnehmer- und Partnerverhalten und die<br />
Auswirkungen auf das körperliche und psychische Befinden bei beiden beziehen. Es werden<br />
43
konkrete und realisierbare Wünsche an den Partner formuliert und überlegt, welche Wünsche<br />
der Partner wohl an einen selbst hätte. Abschließend werden die Ergebnisse der Diskussions-<br />
punkte je in den beiden Gruppen festgehalten. Danach stellen beide Gruppen ihre Ideen und<br />
Ergebnisse in der Gesamtgruppe wechselseitig vor. Dabei werden die Antworten der beiden<br />
Gruppen je miteinander verglichen. Als Hausaufgabe wird angeregt, den Ablauf des Abends<br />
noch mal gemeinsam durchzugehen, die gegenseitigen Wünsche erst zu erraten und dann<br />
vorzustellen. Anschließend ist ein gemeinsames Beschließen des Abends in geselliger Form,<br />
zum Beispiel durch den Besuch <strong>eines</strong> Lokals, vorgesehen.<br />
2.3.3. Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />
Die Teilnehmer werden zu Beginn darauf hingewiesen, dass für den Erfolg des Programms<br />
das regelmäßige Üben zu Hause wesentlich ist. Die wöchentliche Gruppensitzung dient zur<br />
Anleitung und Anregung. Die Sitzungen finden verteilt auf 12 Wochen jede Woche einmal<br />
statt. Ein Gruppenabend dauert je nach Inhalt und Ausgestaltung 90 bis 120 Minuten. Alle<br />
Treffen haben dabei eine ähnliche Struktur (mit Ausnahme des Partnertreffens, siehe oben):<br />
Sie bestehen aus einer<br />
○ Einführungs- und Begrüßungsrunde, die dem Austausch von Erfahrungen und<br />
Ergebnissen der jeweils vorangehenden Woche dient (vor allem den persönlichen<br />
Erfahrungen mit dem jeweiligen Programmpunkt bzw. der Aufgabe),<br />
○ der Anleitung zum Ernährungsaufbau (vor allem in der ersten Hälfte des Programms),<br />
○ der Einführung bzw. Fortführung des jeweiligen Wochenthemas bzw. der Wochen-<br />
themen,<br />
○ dem Übungsteil, bestehend aus Dehn- oder Gymnastikübungen nach Vorlage der<br />
Videokassetten (<strong>Weiss</strong>, 2000),<br />
○ dem Entspannungsteil mit Übungen nach Vorlage der CD (<strong>Weiss</strong>, 2000)<br />
und<br />
○ einer Schlussrunde, in der die Teilnehmer in wenigen Sätzen äußern können, wie es<br />
ihnen am Abend ergangen ist, in der Ankündigungen bzgl. der Termine etc. gemacht<br />
und auch die Aufgaben für die jeweils kommende Woche vergeben werden.<br />
Die zeitliche Verteilung auf die einzelnen Teile kann dabei variabel gehandhabt werden. Sie<br />
ist der Gruppengröße und den unterschiedlichen Aufgaben anzupassen.<br />
44
2.3.4. Gruppensetting<br />
Dass die Durchführung des Programms innerhalb einer Gruppe bzw. im Kreis von anderen<br />
Betroffenen gegenüber einer selbständigen Durchführung oder der Durchführung im Rahmen<br />
einer Einzeltherapie gewisse Vorteile bietet, lässt sich z.B. auf die leichtere Vermittlung von<br />
Entspannungsübungen und kognitiv-verhaltenstherapeutischen Strategien zurückführen, da<br />
sich die Teilnehmenden „von Fortschritten anderer ermutigen und von der Effizienz der<br />
Methoden überzeugen“ lassen (Keel, 1995; S. 163). Außerdem werden Inhalte, die gemein-<br />
sam in einer Gruppe erarbeitet werden, meist besser behalten als wenn sie in einer Einzel-<br />
instruktion vermittelt werden (Battegay, 1979; nach Keel, 1995). Im Rahmen der Studie<br />
fungieren zudem die Gruppenleiterinnen, die selbst von Fibromyalgie betroffen sind und an<br />
dem Programm mit teilnehmen, den anderen Teilnehmerinnen als Modell (<strong>Weiss</strong>, 2000).<br />
2.4. Bisherige Ergebnisse zur <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms<br />
In diesem Abschnitt soll im Folgenden kurz dargestellt werden, wie die Studie bisher<br />
durchgeführt und ausgewertet wurde.<br />
2.4.1. Durchführung und Design der Studie<br />
Die in diesem Abschnitt angeführten Daten wurden im Rahmen einer Studie erhoben, die im<br />
Zeitraum Januar bis April 2001 zusammen mit der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V.<br />
durchgeführt worden ist. Die Koordination der Fragebogenzuteilung und der Rückführung an<br />
die Universität Heidelberg wurde durch die Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. geleistet.<br />
Insgesamt gab es 15 Selbsthilfegruppen, die an der Studie teilgenommen haben. Die Zu-<br />
teilung zu den verschiedenen Gruppen erfolgte über die Entscheidung der Gruppenleiterinnen,<br />
den mit dem 12-Wochen-Programm verbundenen Mehraufwand zu tragen. Es handelt sich<br />
somit um ein naturalistisches Design. Die Gruppentreffen fanden in verschiedenen Städten im<br />
südlichen Raum Baden-Württembergs statt. Die Gruppengröße variierte von 4 bis 24 Teil-<br />
nehmerinnen. Die Teilnehmerinnen am 12-Wochen-Programm trafen sich wöchentlich über<br />
12 Wochen und führten das Programm gemäß den Anweisungen der Gruppenleiterinnen<br />
durch. Die Gruppenleiterinnen hatten je eine dreitägige Schulung in der Durchführung erhal-<br />
ten und ein ‚Handbuch für Gruppenleiterinnen’ ausgehändigt bekommen. Die dem Vergleich<br />
dienenden Gruppen trafen sich ebenfalls wöchentlich und führten inhaltlich ihre bisherige<br />
Struktur fort (so genannte Traditionelle Gruppen). Von den 76 Fibromyalgie-Betroffenen, die<br />
an dem 12-Wochen-Programm teilgenommen haben, und den 131 Betroffenen, die den Tra-<br />
ditionellen Gruppen zugeordnet waren, und je zum ersten Messzeitpunkt Fragebögen abgege-<br />
45
en hatten, haben in der Experimentalgruppe 71 und in den Traditionellen Gruppen 118 Per-<br />
sonen auch zum zweiten Messzeitpunkt Fragebögen abgegeben. Aufgrund methodischer Be-<br />
dingungen konnten noch 68 in der Experimentalbedingung und 118 in der Vergleichsgruppe<br />
in die erste Auswertung eingehen. Die Messinstrumente wurden vom ersten zum zweiten<br />
Messzeitpunkt beibehalten. Dabei wurde allerdings auf die Erhebung bestimmter soziodemo-<br />
grafischer und anamnestischer Daten verzichtet, da davon ausgegangen wurde, dass diese sich<br />
in einem Zeitraum von zwölf Wochen nicht verändern. Der Fragebogen der Teilnehmerinnen<br />
des 12-Wochen-Programms enthielt zum zweiten Messzeitpunkt zusätzlich einen so genann-<br />
ten Bewertungsteil, in dem die Teilnehmerinnen Angaben und Einschätzungen zu dem Pro-<br />
gramm machen konnten (Fragebögen zum 1. und 2. Messzeitpunkt siehe Franetzki (2003) und<br />
Schmidt (2003)).<br />
Zu beiden Zeitpunkten wurden ebenfalls die Angehörigen beider Gruppen in gesonderten<br />
Fragebögen zu Schmerzsymptomatik und Befindlichkeit der Fibromyalgie-Erkrankten sowie<br />
eigenen Reaktionen auf die Betroffenen befragt. Der Fragebogen der Angehörigen der Teil-<br />
nehmerinnen des 12-Wochen-Programms enthielt zudem zum 2. Messzeitpunkt eine ver-<br />
kürzte, aber ähnliche Version des Programmbewertungsteils (s. Anhang A).<br />
Dazu, dass die Durchführung des Programms im Rahmen von Selbsthilfegruppen der<br />
Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. durchgeführt wurde, äußert sich gesondert und aus-<br />
führlich Schmidt (2003).<br />
2.4.2. Messinstrumente<br />
Zu allen drei Messzeitpunkten wurden Teile des Schmerzfragebogens der Arbeitsgruppe<br />
Dokumentation der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS; Dillmann,<br />
Nilges, Saile & Gerbershagen, 1998), die Beschwerdeliste (Zerssen & Köller, 1976), die<br />
Allgemeine Depressionsskala (ADS; Hautzinger & Bailer, 1993), das Brief Symptom<br />
Inventory (BSI; Franke, 2000) und die Rheuma-Kontroll-Skala (RKS; Leibing, Hoyer,<br />
Romatzki & Ehlers, 1999) verwendet. Zusätzlich enthielt der Fragebogen der Teilnehmer-<br />
innen des 12-Wochen-Programms sowohl zum 2. als auch zum 3. Messzeitpunkt einen Teil<br />
mit spezifischen Fragen, die sich auf die Bewertung (Akzeptanz und subjektive Wirksam-<br />
keitseinschätzung) des Programms bezogen. Eine ausführliche Beschreibung der Mess-<br />
instrumente findet sich bei Schmidt 2003. Zusätzlich wurden alle Teilnehmerinnen des 12-<br />
Wochen-Programms gebeten, täglich ein tabellarisches Schmerztagebuch über den gesamten<br />
Verlauf der Studie zu führen, in dem durch einfaches Ankreuzen angegeben werden konnte,<br />
welche Bausteine am Tag durchgeführt worden waren und je auf einer 10stufigen Skala so-<br />
46
wohl die Schmerzstärke als auch das Wohlbefinden eingestuft werden konnten. Die Schmerz-<br />
tagebücher wurden im Rahmen der ersten Programmevaluation jedoch nicht ausgewertet.<br />
2.4.3. Zusammenfassung der Ergebnisse zum 2. Messzeitpunkt<br />
Im Folgenden werden die Ergebnisse geordnet nach den Bereichen psychische Befindlichkeit,<br />
Schmerzsymptomatik und Programmbewertung (in Anlehnung an die Aufgliederung der<br />
ersten Projektarbeiten), überblicksartig wiedergegeben.<br />
Psychische Befindlichkeit<br />
In Bezug auf die Effektivität des 12-Wochen-Programms im Bereich der psychischen<br />
Befindlichkeit konnte Franetzki (2003) in der Experimentalgruppe nach der Intervention<br />
stärker positive Effekte bezüglich der Variablen Depressivität (ADS) und der körperlichen<br />
und psychischen Beeinträchtigung (BSI) nachweisen als in der Traditionellen Gruppe.<br />
Positive Veränderungen zeigten sich auch in den BSI-Skalen Somatisierung, Ängstlichkeit<br />
und Depressivität. Die Effektstärken waren insgesamt jedoch klein bis mittel. Hinsichtlich der<br />
Variable Kontrollüberzeugung ließen sich nur sehr kleine Effektstärken nachweisen, was von<br />
der Autorin unter anderem auf die besondere Ausgangslage der Stichprobe zurückgeführt<br />
wurde (die Teilnehmerinnen aller Selbsthilfegruppen (Experimental- und Kontrollbedingung)<br />
zeigten eine im Vergleich zu durchschnittlichen Angaben bezüglich der Kontrollüberzeugung<br />
erhöhte Werte; womöglich weist dies auf einen Faktor hin, der im Zusammenhang mit der<br />
freiwilligen Organisation der Teilnehmerinnen in den Selbsthilfegruppen steht).<br />
Schmerzsymptomatik<br />
Die detaillierten Auswertungen zur körperlichen Befindlichkeit im Rahmen einer Arbeit von<br />
Gesele stehen noch aus. Daher wird hier insbesondere auf die diesbezüglich als Referenz-<br />
kriterien herangezogenen Daten bei Schmidt 2003 verwiesen. Gemäß Schmidt (2003) wies<br />
die 12-Wochen-Gruppe in allen Schmerzparametern bereits zum ersten Messzeitpunkt<br />
niedrigere Werte auf als die Traditionelle Gruppe. Aufgrund der Überprüfung von Inter-<br />
aktionseffekten lies sich feststellen, dass sich die 12-Wochen-Gruppe - im Gegensatz zu der<br />
Traditionellen Gruppe - nach der Intervention hinsichtlich einiger Schmerzmaße verbessert<br />
hat. So haben sich die Variablen durchschnittliche und momentane Schmerzstärke reduziert,<br />
ebenso wie die geringste Schmerzstärke, bei der die Veränderung besonders deutlich wird.<br />
Bezüglich der Variable Schmerztoleranz zeigten sich beide Gruppen zum zweiten<br />
Messzeitpunkt leicht schmerztoleranter. Die Variable Größte Schmerzstärke in den letzten<br />
vier Wochen verringerte sich auffälligerweise bei der Traditionellen Gruppe stark, während<br />
47
sie sich bei der 12-Wochen-Gruppe leicht erhöhte. Hinsichtlich der Variablen durch-<br />
schnittliche, geringste und momentane Schmerzstärke haben sich die Teilnehmerinnen der 12-<br />
Wochen-Gruppe sowohl im Prä-Post-Vergleich als auch im Vergleich mit der Traditionellen<br />
Gruppe signifikant verbessert.<br />
Programmbewertung<br />
Als konzeptuelle Neuerung auf dem Feld der <strong>Evaluation</strong>sforschung von chronischem<br />
Schmerz bewertete Franetzki (2003), dass das 12-Wochen-Programm unter nicht-<br />
professioneller Leitung von Fibromyalgie-Betroffenen selbst durchgeführt wurde. Die<br />
niedriger als erwartet ausgefallene Effektivität des Programms führt sie teilweise auf diese<br />
Tatsache zurück, in dem Sinne, dass die Hinzunahme oder Überantwortung an eine<br />
professionelle Leitung eventuell eine höhere Effektivität bewirken könnte. Eine denkbare<br />
Weiterentwicklung des Programms sieht sie in seiner zeitlichen Ausdehnung, damit sich die<br />
vermittelten Elemente festigen können. Der eigentliche Teil der Programmbewertung direkt<br />
im Anschluss an die Durchführung des 12-Wochen-Programms wurde in der Arbeit von<br />
Schmidt (2003) abgehandelt. Es wurden sowohl die Daten zur Akzeptanz und der subjektiven<br />
Wirksamkeitseinschätzung des Programms und seiner einzelnen Teile durch die Teil-<br />
nehmerinnen ausgewertet als auch diese in Bezug zu den Ergebnissen mit ausgewählten<br />
standardisierten Massen gesetzt. Es handelte sich dabei um eine Einpunkterhebung.<br />
Dementsprechend lag der Schwerpunkt der Arbeit in einer deskriptiven Auswertung.<br />
Insgesamt stieß das 12-Wochen-Programm bei den Teilnehmerinnen auf eine gute Akzeptanz.<br />
Dabei wurden die unterschiedlichen Bausteine des Programms als unterschiedlich wirksam<br />
von den Teilnehmerinnen eingeschätzt: die Ernährungsumstellung und die physiothera-<br />
peutischen Übungen empfanden die Teilnehmerinnen als besonders wirksam. Die psycholo-<br />
gischen Inhalte und die Entspannungsübungen wurden als wirksam erlebt. Die Einschätzung<br />
der edukativen Elemente fiel dagegen etwas geringer aus. Schmidt stellt in Bezug auf die<br />
Depressivität und die Symptomatik Effekte mittlerer Größe fest. In Bezug auf die<br />
Schmerzintensität konnten kleine Effekte gefunden werden. Zwischen den Gruppen konnten<br />
größere Effektstärken festgestellt werden, die jedoch von Schmidt auf Unterschiede in der<br />
Schwere der Beeinträchtigung zurückgeführt werden, die bereits vor der Intervention be-<br />
standen. Körperlich stärker beeinträchtigte Personen profitierten zudem weniger stark von<br />
dem 12-Wochen-Programm und erlebten die Intervention als weniger wirksam. Abschließend<br />
bewertet Schmidt (2003) das 12-Wochen-Programm als mögliche Ergänzung zu haus- und<br />
fachärztlicher Betreuung.<br />
48
3. Fragestellungen<br />
Die erste <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms diente der Prüfung der Effektivität dieses<br />
speziell für Fibromyalgie-Betroffene konzipierten Behandlungsprogramms in den Bereichen<br />
körperliche Symptomatik (Gesele, voraussichtlich 2005) und psychische Befindlichkeit<br />
(Franetzki, 2003) sowie der <strong>Evaluation</strong> der Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen<br />
(Schmidt, 2003) (s. 2.4.3.; <strong>Weiss</strong>, 1999). Die Konzeption des 12-Wochen-Programms<br />
entspricht den aktuellen Forderungen nach einer multimodalen und interdisziplinären<br />
Intervention bei Fibromyalgie und berücksichtigt wichtige Einzelaspekte, die sich im Rahmen<br />
multimodaler Behandlungsprogramme bereits als wirksam erwiesen haben (s. 2.2.2.).<br />
Aufgrund seiner Zusammensetzung kann das Programm der Verhaltensmedizin zugeordnet<br />
werden (s. 2.3.1.). Als Besonderheiten der Konzeption können die Ernährungsumstellung, die<br />
einen zentralen Stellenwert im Programm einnimmt, sowie seine Durchführung im Selbst-<br />
hilfekontext angesehen werden (s. 2.2.2.; 2.4.1.). Die erste <strong>Evaluation</strong> ergab leichte positive<br />
Effekte in den genannten Bereichen sowie eine positive Bewertung durch die Teil-<br />
nehmerinnen direkt im Anschluss an die Durchführung des Programms (s. 2.4.3.). Bei der<br />
Beurteilung <strong>eines</strong> Behandlungsprogramms stellt sich jedoch außer den Fragen, ob sich<br />
positive Veränderungen in wesentlichen Bereichen des psychischen und des körperlichen<br />
Wohlbefindens in Folge der Intervention kurzfristig nachweisen lassen und ob dieses von den<br />
Teilnehmern in der bestehenden Form als praktikabel akzeptiert und als wirksam befunden<br />
wird, die Frage, ob diese vermittelten Inhalte langfristig positive Effekte bewirken. Diese<br />
Frage gilt es durch die Arbeiten der Katamnesestudie zu klären. Die Arbeiten von Kadura<br />
(2004) und Roock (voraussichtlich 2005) untersuchen dabei die Langzeitwirkungen des 12-<br />
Wochen-Programms auf die körperliche bzw. die psychische Befindlichkeit der ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen jeweils ein Jahr nach der Durchführung des Programms. Die vorliegende<br />
Arbeit evaluiert die Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen ein Jahr nach der<br />
Durchführung des Programms. Diese Arbeiten leisten damit einen Beitrag zur Qualitäts-<br />
sicherung, wie sie im Rahmen der Anwendungsforschung zur Entwicklung und <strong>Evaluation</strong><br />
interdisziplinärer Interventions- und Präventionsprogramme sowie allgemein im Rahmen der<br />
Gesundheitsförderung gestellt wird (Baumann, 1998; Baumann & Reinecker-Hecht, 1998)<br />
und stellen damit eine Umsetzung der Zielsetzungen des Interessenzusammenschlusses FiNe<br />
dar (s. Einleitung).<br />
49
Mit der vorliegenden Arbeit soll folgende übergeordnete Fragestellung geklärt werden:<br />
• Wird das 12-Wochen-Programm auch ein Jahr nach seiner Durchführung noch von<br />
den ehemaligen Teilnehmerinnen als Behandlungsprogramm akzeptiert und positiv<br />
bewertet?<br />
Es soll geklärt werden, ob die Betroffenen nach einem Jahr das Programm immer noch positiv<br />
beurteilen und als wirksam einstufen. Da alle Angaben auf Selbstaussagen der Betroffenen<br />
beruhen, soll geprüft werden, ob die Angaben der Angehörigen zusätzlich zu einer<br />
Validierung dieser Aussagen beitragen. Außerdem soll darüber Aufschluss gewonnen werden,<br />
in welchem Maße die in der Intervention vermittelten Bewältigungsstrategien im Vergleich zu<br />
alltäglichem Gesundheitsverhalten und Behandlungsmaßnahmen in Bezug auf die Häufigkeit<br />
der Durchführung bzw. Anwendung und in Bezug auf die Einschätzung der Wirksamkeit<br />
abschneiden. Es wird erwartet, dass die Durchführung des Programms entsprechend seiner<br />
verhaltensmedizinischen Ausrichtung interventionsbedingt zu einer gesteigerten Aktivität der<br />
ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms in diesem Bereich im Vergleich zu<br />
den ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen geführt hat.<br />
Bei der <strong>Evaluation</strong> der Programmbewertung zum Zeitpunkt der Katamnese werden drei<br />
Bereiche gesondert betrachtet: Fragestellungen zur Programmbewertung, deren Beantwortung<br />
sich auf direkte Angaben der Teilnehmerinnen stützen, werden im Folgenden und auch im<br />
Ergebnisteil dem Bereich der direkten <strong>Evaluation</strong> zugeordnet. Zur Validierung der Angaben<br />
der ehemaligen Teilnehmerinnen sollen die Angaben der Angehörigen ausgewertet und in<br />
Bezug gesetzt werden. Dieser Bereich an Fragestellungen wird im folgenden Abschnitt und<br />
auch in den Ergebnissen als indirekte <strong>Evaluation</strong> bezeichnet. Um Effekte deutlicher auf das<br />
12-Wochen-Programm rückführen zu können, wurde erhoben, ob und wie intensiv weitere<br />
Maßnahmen im Laufe des Jahres nach der Durchführung des Programms von den ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen durchgeführt wurden, die nicht in dem Programm vermittelt wurden. Dieser<br />
Bereich wird im Folgenden und auch in der Darstellung der Ergebnisse als Auswertung der<br />
alltäglichen Bewältigungsstrategien bezeichnet.<br />
Direkte <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms im Rahmen der Nachuntersuchung<br />
Die Auswertung der Programmbewertung direkt im Anschluss an die Durchführung sollte<br />
Aufschluss über die Akzeptanz der Intervention sowie Prognosen über Compliance und -<br />
damit verbunden - der Stabilität von Effekten ermöglichen (Schmidt 2003). Es handelte sich<br />
50
dabei um eine Einpunkterhebung. Mit der vorliegenden Arbeit soll geprüft werden, wie das<br />
Programm als Ganzes sowie seine einzelnen Bestandteile ein Jahr später von den ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen durchgeführt und beurteilt werden und ob und in wiefern die Durch-<br />
führungsweise bzw. die Beurteilungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> des Programms abweichen.<br />
Für den Bereich der direkten <strong>Evaluation</strong> ergeben sich somit folgende Fragestellungen:<br />
• Wie groß ist die Akzeptanz des Programms bzw. seiner Bausteine ein Jahr nach<br />
Beendigung der Durchführung?<br />
Weicht die Akzeptanz von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />
• Wie ist die Gesamteinschätzung des Programms bzw. der einzelnen Programm-<br />
bausteine ein Jahr nach der Programmdurchführung?<br />
Weichen diese Einschätzungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />
• Wie werden einzelne Aspekte der Durchführung des 12-Wochen-Programms ein Jahr<br />
später beurteilt?<br />
Weicht diese Einschätzung von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />
• Wie werden die Auswirkungen des 12-Wochen-Programms ein Jahr nach der Durch-<br />
führung auf verschiedene Lebensbereiche beurteilt?<br />
Weichen diese Einschätzungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />
Indirekte <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms im Rahmen der Nachuntersuchung<br />
Die Auswertung von Angehörigenangaben zum Bewältigungsverhalten der ehemaligen Teil-<br />
nehmerinnen des 12-Wochen-Programms soll der Validierung der Angaben zur Akzeptanz<br />
und zur Wirksamkeit des Programms dienen.<br />
Für den Bereich der indirekten <strong>Evaluation</strong> ergeben sich folgende Fragestellungen:<br />
• Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Akzeptanz des 12-Wochen-<br />
Programms durch Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />
• Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Wirksamkeit des 12-Wochen-<br />
Programms durch Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />
Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien:<br />
Um Effekte deutlicher auf das 12-Wochen-Programm rückführen zu können, wurde erhoben,<br />
ob und wie intensiv weitere Maßnahmen im Laufe des Jahres nach der Durchführung des<br />
Programms von den ehemaligen Teilnehmerinnen durchgeführt wurden, die nicht in dem<br />
51
Programm vermittelt wurden. Hierbei soll zum einen geklärt werden, ob die Intervention zu<br />
einer gesteigerten Nutzung aktiver Bewältigungsstrategien bei den ehemaligen Teil-<br />
nehmerinnen des Programms im Vergleich zu den Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />
Gruppen geführt hat, wie aufgrund der verhaltensmedizinischen Ausrichtung des 12-Wochen-<br />
Programms zu erwarten ist. Es soll aufgedeckt werden, ob weitere Maßnahmen im Rahmen<br />
unstrukturierter Selbsthilfe besonders häufig von den Betroffenen angewendet und als<br />
wirksam eingestuft werden.<br />
Für diesen Bereich ergeben sich folgende Unterschiedshypothesen bzw. Fragestellungen:<br />
• Es wird erwartet, dass die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />
gegenüber den Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen interventionsbedingt<br />
mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen unstrukturierter Selbsthilfe in<br />
Anspruch nehmen.<br />
• Welche Bewältigungsstrategien außer denen, die im Programm vermittelten wurden,<br />
werden von den ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zusätzlich<br />
im Verlauf <strong>eines</strong> Jahres ausgeübt?<br />
• Wie verhalten sich die Durchführung und die Bewertung der im Programm<br />
vermittelten Verhaltensweisen gegenüber nicht vorgegebenen Verhaltensweisen, die<br />
von den Teilnehmerinnen in ihrem Lebensalltag zur Krankheitsbewältigung eingesetzt<br />
werden?<br />
Die Operationalisierung der einzelnen Fragestellungen wird gesondert im Methodenteil<br />
angegeben (s. 4.3.).<br />
4. Methoden<br />
Im nachfolgenden Kapitel werden das Design und die Durchführung der Katamnesestudie<br />
sowie die verwendeten Messinstrumente beschrieben. Es folgen die Operationalisierung der<br />
Fragestellungen und die Beschreibung der Stichprobe. Zum Abschluss wird auf die<br />
verwendeten Datenanalyseverfahren eingegangen.<br />
4.1. Design<br />
Es handelt sich bei der vorliegenden Untersuchung um ein 2 x 3-Design (Gruppe x Messzeit-<br />
punkt), wobei der Faktor Gruppe zweifach und der Faktor Messzeitpunkt dreifach gestuft ist.<br />
Der Faktor Gruppe unterscheidet zwei unabhängige Gruppenbedingungen: Die behandelte<br />
52
Gruppe stellen die Teilnehmerinnen der Gruppen dar, die das 12-Wochen-Programm<br />
durchgeführt haben. Sie werden im Folgenden auch als Experimentalgruppe (abgekürzt: EG<br />
bzw. 12-WG) bezeichnet. Als Vergleichsgruppe dienen die Teilnehmerinnen der Gruppen, die<br />
ihr übliches, inhaltlich nicht näher spezifiziertes Programm weiterführten. Diese Gruppen<br />
werden daher Traditionelle Gruppen (abgekürzt: TG) genannt. Da es sich hierbei nicht um<br />
eine im strengen Sinn unbehandelte Kontrollgruppe handelt, wird dieser Begriff in dieser<br />
Arbeit nicht verwendet. Der Faktor Messzeitpunkt gliedert sich in drei Messzeitpunkte: Der<br />
erste Messzeitpunkt (t1) lag direkt zu Beginn der Untersuchung (Januar 2001). Der zweite<br />
Messzeitpunkt (t2) lag 12 Wochen später, direkt im Anschluss an die Durchführung des 12-<br />
Wochen-Programms bzw. der Traditionellen Gruppen im Vergleichszeitraum (April 2001).<br />
Der dritte Messzeitpunkt lag ca. ein Jahr später (April 2002). Durch den Faktor Messzeitpunkt<br />
werden innerhalb der Gruppen jeweils abhängige Stichproben unterschieden.<br />
Die Zuteilung zu den unterschiedlichen Gruppenbedingungen (EG vs. TG) erfolgte über die<br />
Entscheidung der Gruppenleiterinnen, den mit der Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />
verbundenen Mehraufwand zu tragen. Es handelt sich somit um ein naturalistisches Design.<br />
4.2. Messinstrumente<br />
Im Folgenden werden die Fragebögen der Fibromyalgie-Betroffenen der beiden Unter-<br />
suchungsgruppen zum 3. Messzeitpunkt sowie die ihrer Angehörigen beschrieben.<br />
4.2.1. Teilnehmerinnenfragebögen<br />
Die Messinstrumente zum dritten Messzeitpunkt entsprechen im Wesentlichen denen des<br />
ersten und zweiten Messzeitpunkts (s. 2.4.2.): Grundstock des Fragebogens bildet wieder der<br />
Schmerzfragebogen der Arbeitsgruppe Dokumentation der DGSS (Dillmann, Nilges, Saile &<br />
Gerbershagen, 1998). Als weitere Erhebungsinstrumente wurden die Beschwerdeliste<br />
(Zerssen & Köller, 1976), die Allgemeine Depressionsskala (ADS; Hautzinger & Bailer,<br />
1993), das Brief Symptom Inventory (BSI; Franke, 2000) und die Rheuma-Kontroll-Skala<br />
(RKS; Leibing, Hoyer, Romatzki & Ehlers, 1999) angefügt (für ausführliche Angaben zu<br />
diesen Messinstrumenten sowie Angaben zu Testgütekriterien siehe Schmidt (2003)). Der<br />
Fragebogen der ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms enthält zusätzlich<br />
sowohl zum 2. als auch zum 3. Messzeitpunkt einen Teil mit 35 spezifischen Fragen, die sich<br />
auf die Bewertung (Akzeptanz und subjektive Wirksamkeitseinschätzung) des Programms<br />
beziehen (t3: Item 501 – 535). Es wurde gefragt, welche Elemente des Programms durch-<br />
geführt wurden. Anhand 10stufiger Likert-Skalen wurde um eine Einschätzung der Wirk-<br />
53
samkeit der Programmelemente gebeten. Die Antwortmöglichkeiten reichten von „sehr<br />
negativ“ (-5) über „keine Wirkung“ (= 0) bis „sehr positiv“ (= 5) (In der Auswertung wurden<br />
alle numerischen Skalen einheitlich in einen Wertebereich von 0 – 10 umkodiert). <strong>Dr</strong>ei<br />
Fragen beziehen sich auf wahrgenommene Auswirkungen des Programms auf verschiedene<br />
Lebensbereiche, deren Ausmaß wiederum anhand 10stufiger Skalen angegeben werden<br />
konnte. Neu hinzugekommen ist zum 3. Messzeitpunkt für beide Gruppen ein Katalog an 20<br />
Fragen, der sich auf den Zeitraum von einem Jahr zwischen den Untersuchungen bezieht, in<br />
dem nach sonstigen Aktivitäten oder Behandlungsmaßnahmen, die von den Teilnehmerinnen<br />
angewandt werden konnten, gefragt wird (Item 616 - 636) (s. Anhang A). Der Fragebogen für<br />
die ehemaligen Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen umfasst zum 3. Messzeitpunkt<br />
insgesamt 14 Seiten. Der Fragebogen für die ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />
Gruppen umfasst insgesamt 10 Seiten.<br />
4.2.2. Angehörigenfragebögen<br />
Zu allen drei Messzeitpunkten wurden den Teilnehmerinnen beider Gruppenbedingungen je<br />
Fragebögen für jeweils einen Angehörigen ausgeteilt. Die Angehörigenfragebögen bestanden<br />
im Wesentlichen aus einer reduzierten Form des Schmerzfragebogens der Arbeitsgruppe<br />
Dokumentation der DGSS (Dillmann, Nilges, Saile & Gerbershagen, 1998), wobei die<br />
Frageformulierungen entsprechend angeglichen wurden (Beispiel: Wie häufig treten die<br />
Schmerzen bei Ihrem Angehörigen auf?) (Item 1-6)). Zusätzlich werden mögliche Reaktionen<br />
des Angehörigen auf die Schmerzen des Betroffenen erfragt (Item 7). Die verwendeten<br />
Fragen entsprechen einer gekürzten Fassung der Partnerversion des MPI-D (der deutschen<br />
Version des West Haven-Yale Multidimensionalen Schmerzfragebogens (WHYMPI) von<br />
Kerns, Turk & Rudy, 1985; Partnerversion des WHYMPI, Flor, Kerns & Turk, 1987b; nach<br />
Flor, 1991). Die Fragebögen für die Angehörigen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />
Programms umfassen zudem zum 2. und 3. Messzeitpunkt einen spezifischen Fragenteil, der<br />
sich auf beobachtbare Auswirkungen des 12-Wochen-Programms bezieht (t2: Item 101-107;<br />
t3: Item 8-17). Der Fragebogen zum 3. Messzeitpunkt enthält zusätzlich Fragen zu Ver-<br />
haltensweisen, die von den Betroffenen im Verlauf des einen Jahres nach Durchführung der<br />
Studie durchgeführt werden konnten, die nicht Bestandteil des Programms waren (Item 18-<br />
35). Anschließend werden die Angehörigen nach Ihrer eigenen Beurteilung des Partner-<br />
treffens sowie Ihrer Einschätzung der Wirksamkeit des Programms auf Ihre Familie / Partner-<br />
schaft gefragt (t3: Item 36-39). Abschließend wird nach einer möglichen Unterstützung der<br />
Betroffenen durch die Angehörigen bei der Durchführung des 12-Wochen-Programms sowie<br />
54
verschiedenen Aspekten der Beurteilung des 12-Wochen-Programms durch die Angehörigen<br />
gefragt (t3: Item 40-44). An soziodemografischen Fragen wird das Verhältnis, in dem die<br />
Angehörigen zu den Teilnehmerinnen stehen, erfasst und erhoben, ob die Angehörigen mit<br />
den Teilnehmerinnen in einem Haushalt leben (Item 45-46) (s. Anhang A). Die Angehörigen-<br />
fragebögen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms umfassen zum ersten Messzeit-<br />
punkt drei, zum 2. Messzeitpunkt vier und zum 3. Messzeitpunkt sechs Seiten. Die Ange-<br />
hörigenfragebögen der Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen umfassen zum ersten<br />
Messzeitpunkt drei, zum 2. Messzeitpunkt vier und zum 3. Messzeitpunkt fünf Seiten.<br />
4.3. Operationalisierung der Fragestellungen<br />
Im Folgenden werden für die drei gesondert betrachteten Bereiche der Programmevaluation<br />
(s. 3.) die Operationalisierung der jeweiligen Fragestellungen angegeben.<br />
Operationalisierung der Fragestellungen der direkten <strong>Evaluation</strong>:<br />
• Frage 1: Wie groß ist die Akzeptanz des Programms und seiner Bausteine ein Jahr<br />
nach Beendigung der Durchführung? Weicht die Akzeptanz von der ersten <strong>Evaluation</strong><br />
ab? Wenn ja, in wiefern?<br />
Die Akzeptanz wird gemessen über die ganze oder teilweise freiwillige Fortführung der<br />
Programmbausteine, die gesondert für die einzelnen Maßnahmen erhoben wird (Item 502a –<br />
509a). Die Angaben des dritten Messzeitpunkts werden mit denen des zweiten verglichen.<br />
• Frage 2: Wie ist die Gesamteinschätzung des Programms bzw. der einzelnen Pro-<br />
grammbausteine ein Jahr nach der Programmdurchführung? Weichen diese Ein-<br />
schätzungen von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />
Gemessen wird die Wirksamkeitseinschätzung des Programms über die auf einer 10stufigen<br />
numerischen Skala angegebene Gesamtbewertung des Programms (Item 501). Die Antwort-<br />
möglichkeiten reichten von 0 = „sehr negative Wirkung“ über 5 = „keine Wirkung“ bis<br />
10 = „sehr positive Wirkung“. Die Wirksamkeitseinschätzung der einzelnen Programmbau-<br />
steine erfolgt über die Auswertung der Bewertung der einzelnen Programmbausteine, die<br />
ebenfalls anhand 10stufiger Skalen angegeben werden konnte, wobei den Werten 0 = „sehr<br />
negative Wirkung“, 5 = „keine Wirkung“ und 10 = „sehr positive Wirkung“ zugeordnet war.<br />
Die Angaben des dritten Messzeitpunkts werden mit denen des zweiten verglichen.<br />
55
• Frage 3: Wie werden einzelne Aspekte der Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />
ein Jahr später beurteilt? Weicht diese Einschätzung von der ersten <strong>Evaluation</strong> ab?<br />
Wenn ja, in wiefern?<br />
Die Teilnehmerinnen konnten anhand mehrerer 10stufiger Skalen eine Einschätzung einzelner<br />
Aspekte der Programmdurchführung angeben (Item 511 – 515). Die Angaben des dritten<br />
Messzeitpunkts werden mit denen des zweiten verglichen.<br />
• Frage 4: Wie werden die Auswirkungen des 12-Wochen-Programms ein Jahr nach der<br />
Durchführung auf verschiedene Lebensbereiche sowie das Inanspruchnahmeverhalten<br />
medizinischer Versorgungsleistungen beurteilt? Weichen diese Einschätzungen von<br />
der ersten <strong>Evaluation</strong> ab? Wenn ja, in wiefern?<br />
Anhand 10stufiger numerischer Skalen wurde nach dem Einfluss des durchgeführten<br />
Programms auf die verschiedenen Lebensbereiche bzw. auf die Inanspruchnahme bestimmter<br />
Versorgungsleistungen gefragt (Item 532a – 535a). Die Angaben des dritten Messzeitpunkts<br />
werden mit denen des zweiten verglichen.<br />
Operationalisierung der Fragestellungen der indirekten <strong>Evaluation</strong><br />
• Frage 1: Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Akzeptanz des 12-<br />
Wochen-Programms durch die Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />
Die Angehörigen konnten pro Maßnahme des 12-Wochen-Programmms angeben, ob ihre von<br />
Fibromyalgie betroffene Angehörige aus ihrer Sicht die entsprechende Maßnahme durchge-<br />
führt hat und wenn ja, wie häufig (auf einer 5stufigen Skala mit den Antwortmöglichkeiten<br />
„täglich“, „mehrmals / Woche“, „einmal / Woche“, „weniger als einmal / Woche“, „nie“;<br />
Item 09 - 17).<br />
• Frage 2: Lassen sich die Angaben der Teilnehmerinnen zur Wirksamkeit des 12-<br />
Wochen-Programms durch die Einschätzungen ihrer Angehörigen bestätigen?<br />
Gemessen wird die Wirksamkeitseinschätzung des Programms über die auf einer 10stufigen<br />
numerischen Skala angegebene Gesamtbewertung des Programms (von 0 = „sehr negative<br />
Wirkung“ über 5 = „keine Wirkung“ bis 10 = „sehr positive Wirkung“). Wahrgenommene<br />
Auswirkungen konnten anhand 10stufiger Skalen eingeschätzt werden (0 = „sehr wenig hilf-<br />
reich“, 5 = „weder / noch“, 10 = „sehr hilfreich“; Item 36, 38, 39). Verglichen werden die<br />
Angaben der von den Angehörigen angegebenen Durchführungshäufigkeiten und wahrge-<br />
nommenen Auswirkungen mit den entsprechenden Angaben der Teilnehmerinnen.<br />
56
Operationalisierung der Fragestellungen der Auswertung alltäglicher Bewältigungsstrategien:<br />
• Unterschiedshypothese: Es wird erwartet, dass die ehemaligen Teilnehmerinnen des<br />
12-Wochen-Programms gegenüber den Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen<br />
interventionsbedingt mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen unstrukturierter<br />
Selbsthilfe in Anspruch nehmen.<br />
Das Ausmaß aktiver Bewältigungsstrategien wird über die Summe der Anzahl durchgeführter<br />
Verhaltensweisen berechnet (Item 530, 531, 616-636). Dabei werden unterschiedliche Ver-<br />
haltensweisen rational gebündelt.<br />
• Frage 1: Welche Maßnahmen außer denen, die im Programm vermittelten wurden,<br />
werden von den ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zusätzlich<br />
im Verlauf <strong>eines</strong> Jahres ausgeübt?<br />
Zu einem Katalog an alternativen Maßnahmen konnte je angegeben werden, ob diese<br />
durchgeführt wurden oder nicht (Item 530, 531, 624 – 636). Zusätzlich wurde die Möglichkeit<br />
zu offenen Nennungen anderer Sport- oder Bewegungsformen bzw. anderer Therapieformen<br />
gegeben (Item 627 und 636).<br />
• Frage 2: Wie verhalten sich die Durchführung und die Bewertung der im Programm<br />
vermittelten Verhaltensweisen gegenüber nicht vorgegebenen Verhaltensweisen, die<br />
von den Teilnehmerinnen in ihrem Lebensalltag zur Krankheitsbewältigung eingesetzt<br />
werden?<br />
Die Angaben bezüglich Durchführungshäufigkeit und Wirksamkeitseinschätzungen der im<br />
12-Wochen-Programm vermittelten Elemente werden mit den Angaben zu den zusätzlich<br />
gezeigten Verhaltensweisen verglichen.<br />
4.4. Durchführung der Katamnesestudie<br />
Die vorliegende Untersuchung ist die Nachuntersuchung zu einer Studie, die im Zeitraum<br />
Januar bis April 2001 von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> und Prof. <strong>Dr</strong>. Fydrich zusammen mit der Rheuma-Liga<br />
Baden-Württemberg e.V. in mehreren Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga im süddeutschen<br />
Raum durchgeführt worden ist (s. 2.4.1.). Zur Untersuchung der Langzeiteffekte des 12-<br />
Wochen-Programms wurde die gleiche Untersuchungsgruppe ca. zwölf Monate später erneut<br />
befragt. Dabei wurde die Ausgabe der Katamnesebögen wie schon zu den ersten beiden<br />
Messzeitpunkten über die Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. organisiert. Sämtliche ehe-<br />
maligen Gruppenleiterinnen wurden angeschrieben und erhielten je die Fragebögen für die<br />
57
Teilnehmerinnen sowie deren Angehörige zugeschickt. Die Verteilung der Bögen sowie das<br />
Einsammeln und Rücksenden oblag den Gruppenleiterinnen. Die Ausgabe der Katamnese-<br />
bögen erfolgte im April 2002. Der Rücklauf erfolgte bis August 2002. Die Dateneingabe fand<br />
am Psychologischen Institut der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg durch die Diplo-<br />
manden und Diplomandinnen des FiNe – Projekts statt. Wie zu den vorherigen beiden Mess-<br />
zeitpunkten war auch die Teilnahme an der Nachbefragung freiwillig. Alle Teilnehmerinnen<br />
und ihre Angehörigen wurden über die Zielsetzung der Studie informiert sowie über die<br />
anonymisierte Verwendung der Daten aufgeklärt.<br />
4.5. Stichprobe<br />
Zuerst werden einige Angaben zur Zusammenstellung des Datensatzes für die Nachunter-<br />
suchung gemacht. Es folgen Angaben zum Rücklauf und zur Fluktuation der Stichprobe zum<br />
dritten Messzeitpunkt. Anschließend folgt eine Darstellung der soziodemografischen Daten<br />
der Stichprobe der Teilnehmerinnen und abschließend Angaben zu den Angehörigen.<br />
4.5.1. Veränderungen des Datensatzes gegenüber der ersten <strong>Evaluation</strong><br />
Aus verschiedenen Gründen wird in dieser Arbeit nicht auf die absoluten Daten von Schmidt<br />
2003 zurückgegriffen: Zum einen erwies sich ein zu großer Anteil der eingegebenen Daten<br />
der ADS als fehlerhaft, was auf eine unterschiedliche Interpretation der teils uneindeutig aus-<br />
gefüllten Fragebögen im Rahmen dieses Messinstruments durch die ersten drei Projektmit-<br />
glieder zurückzuführen ist. Des Weiteren wurde im Rahmen der Computer gestützten Aus-<br />
wertung des BSI durch Beyer / Roock festgestellt, dass unter bestimmten Konstellationen der<br />
Eingabe der Daten diese bei ihrer Speicherung systematisch verändert wurden. In Rück-<br />
sprache mit dem Hogrefe Verlag konnte der Programmfehler behoben werden. Für beide Ver-<br />
fahren sind somit die Fragebögen des ersten und zweiten Messzeitpunktes erneut eingegeben<br />
und erneut berechnet worden. Die absoluten Unterschiede beliefen sich in der Regel auf Un-<br />
terschiede in der 1. bzw. 2. Nachkommastelle. Es traten in keinem Fall höhere Abweichungen<br />
auf. Zusätzlich wurde der Datensatz, auf den sich die beiden genannten Arbeiten beziehen,<br />
auf diejenigen Teilnehmerinnen reduziert, die auch zum dritten Messzeitpunkt ihre Frage-<br />
bögen verwertbar zurückgegeben hatten. Eine Parameterschätzung konnte zeigen, dass die<br />
hier verwendete Untergruppe aus den Auswertungen zum 2. Messzeitpunkt sich in wesent-<br />
lichen Daten nicht signifikant von der ursprünglichen Gruppe – weder zum ersten noch zum<br />
zweiten Messzeitpunkt – unterscheidet. Als Schätzparameter wurden dabei folgende, durch<br />
die Ergebnisse in den vorgenannten Arbeiten als wichtig erachtete, Variablen sowohl für die<br />
58
Gruppe der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms als auch für die Gruppe der Teil-<br />
nehmerinnen der Traditionellen Gruppen geprüft: Alter, durchschnittliche Schmerzstärke,<br />
geringste Schmerzstärke, erträgliche Schmerzstärke, Summe der Beschwerdeliste, Summe der<br />
fibromyalgiespezifischen Items, Skala Somatisierung des BSI (neuer Wert), Global Symptom<br />
Index des BSI (neuer Wert), Allgemeine Depressionsskala (neuer Wert), RKS - Summenwert.<br />
Als Prüfgröße wurden T-Tests an einer Stichprobe gerechnet, wobei als Testwert der jeweils<br />
aus der unkorrigierten Gruppe stammende Mittelwert genommen wurde und Signifikanz<br />
zweiseitig auf 5% Niveau getestet wurde.<br />
4.5.2. Rücklauf, <strong>Dr</strong>op-Out, Rechendatensatz<br />
Von den ursprünglich 76 Fibromyalgie-Betroffenen, die an dem 12-Wochen-Programm<br />
teilgenommen haben, gaben 68 Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms die Fragebögen<br />
zu den ersten beiden Messzeitpunkten ausgefüllt zurück. Von den 131 Betroffenen, die den<br />
Traditionellen Gruppen zugeordnet waren, gaben 118 Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />
Gruppen die Fragebögen zu den ersten beiden Messzeitpunkten ausgefüllt zurück. Von diesen<br />
Personen haben in der Experimentalgruppe 59 und in den Traditionellen Gruppen<br />
93 Personen auch zu t3 Fragebögen abgegeben. Die Rücklaufquote zum zweiten Messzeit-<br />
punkt war in beiden Versuchsbedingungen sehr gut (EG: 93% (es hatten 71 Personen<br />
Fragebögen zu t2 zurückgegeben, darunter 3, die nicht zu t1 abgegeben hatten und daher nicht<br />
weiter verwertbar waren); TG: 90%). Zum dritten Messzeitpunkt betrug die Rücklaufquote<br />
zur Ausgangsstichprobe 78% in der EG und 71% in der TG. Wird als Referenzgruppe die<br />
Stichprobe des 2. Messzeitpunkts genommen, liegen die Rücklaufquoten bei 87% für die EG<br />
und 79% für die TG. Der Rücklauf beträgt damit in beiden Versuchsbedingungen zum Zeit-<br />
punkt der Katamnese mindestens 70% der Ausgangsstichprobe und ist in der Experimen-<br />
talgruppe etwas höher als in der Vergleichsgruppe.<br />
Zur Auswertung wurden sowohl zum 2. Messzeitpunkt als auch zum 3. Messzeitpunkt nur<br />
Daten derjenigen Personen herangezogen, zu denen jeweils auch Daten zu dem bzw. den<br />
vorherigen Messzeitpunkten vorlagen. Dadurch reduzierten sich die komplett zu allen drei<br />
Messzeitpunkten vorliegenden Datensätze der Teilnehmerinnen auf 50 in der EG und auf 85<br />
in der TG. In einem weiteren Auswertungsschritt wurden diese Datensätze noch einmal<br />
reduziert um diejenigen Personen, die an sechs oder weniger der Treffen der EG bzw. nur<br />
unregelmäßig an den Treffen der TG teilgenommen hatten (Item 202 (EG) / 201 (TG)). Somit<br />
verblieben für die folgenden Auswertungsschritte 36 Datensätze für die EG und 61 Daten-<br />
sätze für die TG. Diese Korrektur wurde bereits im Rahmen der vorherigen Arbeiten<br />
59
(Schmidt, 2003; Franetzki, 2003) vorgenommen, jedoch nur für die EG und nicht für alle<br />
Auswertungsschritte. Im Rahmen einer besseren Interpretierbarkeit und Vereinheitlichung der<br />
Vorgehensweise wird für den 3. Messzeitpunkt in allen Arbeiten für alle Auswertungsschritte<br />
das Rechnen mit dem reduzierten Datensatz gewählt.<br />
Die Fragebögen der Angehörigen wurden in den bisherigen Projektarbeiten nicht verwertet.<br />
Da in dieser Arbeit Angaben der Angehörigen zum Zeitpunkt der Katamnese in die<br />
Auswertung mit einbezogen werden sollen (s. 3.), werden ebenfalls die Angaben zum<br />
Rücklauf der Angehörigenfragebögen angegeben: Zum ersten Messzeitpunkt beteiligten sich<br />
61 Angehörige der Teilnehmerinnen der EG und 107 Angehörige von Teilnehmerinnen der<br />
TG. Zum 2. Messzeitpunkt gaben 48 Angehörige der EG und 80 Angehörige der TG<br />
Fragebögen ausgefüllt zurück. Zum 3. Messzeitpunkt gaben noch 37 Bezugspersonen in der<br />
EG und 60 in der TG Fragebögen ausgefüllt zurück. Einige Teilnehmerinnen gaben an, keine<br />
Bezugspersonen zur Befragung in ihrer Nähe zu haben bzw. dass ihre Angehörigen zu einer<br />
Teilnahme an der Untersuchung nicht bereit seien. Die Beteiligungsquote gemessen zur<br />
Ausgangsstichprobe zu t1 der jeweiligen Teilnehmerinnen beträgt in der EG für t1 80% und<br />
für die TG 82%. Zu t2 beträgt sie für die Angehörigen der EG 69% und für die TG 61%. Zu<br />
t3 beträgt die Beteiligungsquote der Angehörigen der EG 49% und der TG 46%. Die<br />
Abnahme der Beteiligungsquoten in den unterschiedlichen Bedingungen ist damit zu den<br />
nachfolgenden Messzeitpunkten vergleichbar und die Beteiligung ähnlich hoch. Wird als<br />
Referenzgruppe die Stichprobe des 2. Messzeitpunkts genommen, beträgt die Beteiligungs-<br />
quote der Angehörigen der EG zum Katamnesezeitpunkt 77% und für die TG 75%.<br />
Auch für die Auswertung der Fragebögen der Angehörigen wurden nur diejenigen Datensätze<br />
von Personen herangezogen, die sowohl zum zweiten als auch zum dritten Messzeitpunkt ihre<br />
Fragebögen zurückgesandt hatten und deren zugehörige ehemalige Teilnehmerinnen am<br />
12-Wochen-Programm in die Auswertung mit eingehen konnten. Für die parallelisierte<br />
Gruppe von Angehörigen und den zugehörigen ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />
Programms konnten 23 Datensätze in die Auswertung der Nachuntersuchung eingehen.<br />
Es liegen keine systematischen Angaben zu Gründen vor, die zum Ausscheiden von Teil-<br />
nehmerinnen bzw. ihren Angehörigen an der Katamnesestudie geführt haben. Auf einigen der<br />
leer zurückgesandten Bögen wurden Hinderungsgründe an einer weiteren Teilnahme ver-<br />
merkt: So schied eine Teilnehmerin der 12-WG wegen Magersucht und eine Teilnehmerin der<br />
TG wegen Umzugs aus ihren jeweiligen Rheuma-Liga Ortsgruppen aus. Außerdem hatten<br />
sich zum Zeitpunkt der Katamnese zwei Gruppen aufgrund personeller Veränderungen<br />
aufgelöst, so dass trotz Einsatzes der Gruppenleiterinnen nicht alle ehemaligen Teil-<br />
60
nehmerinnen erreicht werden konnten (mündliche Mitteilung vom Landesgruppentreffen<br />
Rheuma-Liga e.V., April 2004). In der Angehörigengruppe schieden zwei Angehörige der EG<br />
wegen längerer Krankheit bzw. Krankenhausaufenthaltes aus und in der Angehörigengruppe<br />
der TG war ein Angehöriger verstorben.<br />
4.5.3. Soziodemografische Daten der Stichprobe der Teilnehmerinnen<br />
In Tabelle 1 werden die soziodemografischen Daten der Stichprobe zum 3. Messzeitpunkt<br />
hinsichtlich Alter, Geschlecht, Schulbildung und Personenstand für die beiden Gruppen<br />
getrennt wiedergegeben. Diese Angaben entstammen noch dem ersten Messzeitpunkt. Sie<br />
sind für den Katamnesezeitpunkt nicht noch einmal erhoben worden. Das Alter müsste<br />
dementsprechend in beiden Gruppen ein Jahr höher liegen. Die Angaben beziehen sich auf die<br />
zum 3. Messzeitpunkt vorliegende Untersuchungsgruppe, d.h. diese enthält nur Personen, die<br />
zu allen drei Messzeitpunkten Fragebögen ausgefüllt zurückgegeben hatten (s. 4.5.2.). Es<br />
besteht weiterhin zwischen beiden Gruppen ein signifikanter Altersunterschied (T = 2,4;<br />
df = 95; p = .016). Dabei ist die EG mit durchschnittlich 56,14 Jahren (SD = 8,3) deutlich<br />
älter als die TG mit einem Durchschnittsalter von 51,59 Jahren (SD = 9,1) (s. Tabelle 1). Der<br />
Anteil der Frauen an der Gesamtstichprobe ist in beiden Gruppen sehr hoch (12-WG:<br />
94.4% (34); TG: 93.4% (57)), der Anteil der Männer dagegen niedrig (12-WG: 5.6% (2); TG:<br />
6.6% (4)) und entspricht damit in etwa dem aufgrund der Erkrankung erwartbaren Verhältnis.<br />
Hinsichtlich der Schulbildung dominiert in beiden Stichproben der Hauptschulabschluss<br />
(12-WG: 41.7% (15); TG: 59% (36)). Die Mittlere Reife absolvierten in der 12-Wochen-<br />
Gruppe 30.6% (11) und in der Traditionellen Gruppe 23% (14). Das Abitur erreichten<br />
8.3% (3) der 12-WG und 6.6% (4) der TG. Einen Fachhochschulabschluss haben in der<br />
12-WG 13.9% (5) und in der TG 6.5% (4). 2 Personen in der 12-WG und 3 in der TG haben<br />
die Schule ohne Abschluss verlassen. Die prozentualen Häufigkeiten in beiden Bedingungen<br />
sind ähnlich verteilt. Ebenso sieht es bei der Verteilung der Kategorien bezüglich des<br />
Personenstandes aus: In beiden Gruppen ist der jeweils größte Anteil an Teilnehmerinnen<br />
verheiratet (12-W-G: 75% (27); TG: 78,7% (48)). In der 12-W-G sind darüber hinaus<br />
5,6% (2) ledig, 16,7% (6) verwitwet und 2,8% (1) geschieden. Von den Teilnehmerinnen der<br />
TG sind 6,6% (4) ledig, 6,6% (4) verwitwet und 8,2% (5) geschieden. Hinsichtlich den<br />
Verteilung der Kategorien in den Variablen Geschlecht, Schulbildung und Personenstand<br />
unterscheiden sich die Gruppen nicht signifikant voneinander (s. Tabelle 1).<br />
61
Tabelle 1: Soziodemografische Daten der Teilnehmerinnen<br />
Variablen Variablenausprägung 12-W-G TG Prüfgröße<br />
N = 36 N = 61<br />
Alter M = 56,14 M = 51,59 T = 2,4;<br />
SD = 8,33 SD = 9,12 df = 95; p = .016<br />
Geschlecht Weiblich 34 *(94,4%) 57 (93,4%) χ 2 = .039;<br />
df = 1; p = .843<br />
Männlich 2 (5,6%) 4 (6,6%)<br />
Schulbildung Kein Abschluss 2 (5,6%) 3 (4,9%) χ 2 = 3.232;<br />
df = 4; p = .520<br />
Hauptschule 15 (41,7%) 36 (59%)<br />
Mittlere Reife 11 (30,6%) 14 (23%)<br />
Abitur 3 (8,3%) 4 (6,55%)<br />
(Fach-)Hochschule 5 (13,9%) 4 (6,55%)<br />
Personenstand Ledig 2 (5,6%) 4 (6,6%) χ 2 = 3.396;<br />
df =3; p = .335<br />
Verheiratet 27 ( 75%) 48 (78,7%)<br />
Verwitwet 6 (16,7%) 4 (6,6%)<br />
Geschieden 1 (2,8%) 5 (8,2%)<br />
Anmerkungen: 12-W-G = 12-Wochen-Gruppen; TG = Traditionellen Gruppen<br />
*Prozentuale Angaben in Klammern<br />
Aktivität in der Rheuma-Liga zum Ausgangszeitpunkt<br />
Zum Ausgangspunkt der Studie engagierten sich 86,1% in der 12-Wochen-Bedingung und<br />
83,6% der Traditionellen Gruppen in der Rheuma-Liga. Dabei waren die Teilnehmerinnen der<br />
12-Wochen-Gruppen im Durchschnitt 5,1 Jahre aktiv (SD = 5,3) und die Teilnehmerinnen der<br />
Traditionellen Gruppen im Mittel 3,3 Jahre (SD = 3,2) (s. Tabelle 2). Die Gruppen unter-<br />
schieden sich somit prozentual nicht bezüglich ihres Engagements in der Rheuma-Liga<br />
voneinander, jedoch unterschieden sie sich signifikant in der Länge ihres Engagements in<br />
Jahren, wobei die Teilnehmerinnen der 12-WG deutlich länger in der Rheuma-Liga aktiv<br />
waren.<br />
Tabelle 2: Aktivität in der Rheuma-Liga<br />
Aktivität in der<br />
Rheuma-Liga<br />
12-WG<br />
N = 36<br />
TG<br />
N = 61*<br />
Prüfgröße n<br />
Ja 86,1% (31) 83,6% (51) χ 2 = .002; df = 1; p = .964 36/59<br />
Nein 13,9% (5) 13,1% (8)<br />
M In Jahren<br />
(SD)<br />
5,1 (5,3) 3,3 (3,2) T = 1.993.; df = 82; p = .05 31/51<br />
*In der TG fehlten 2 Angaben. Die prozentualen Angaben addieren sich daher nicht auf 100%.<br />
62
Weitere Teilnahme an Treffen der Rheuma-Liga<br />
Im Rahmen der Katamnese haben 59 Teilnehmerinnen aus den ehemaligen 12-Wochen-<br />
Gruppen den Fragebogen zurückgesandt. Aufgrund methodischer Überlegungen (s. 4.5.1.)<br />
schieden neun Personen für die weitere Auswertung aus. Von den verbleibenden 50 Personen<br />
geben 80% (40 Personen) an, weiterhin zu Treffen der Rheuma-Liga gegangen zu sein.<br />
18% (9) geben an, nicht mehr zu Treffen gegangen zu sein (1 missing). Reduziert man diese<br />
Gruppe auf diejenigen, die vor einem Jahr an mindestens der Hälfte der relevanten Treffen<br />
teilgenommen haben, so gehen von dieser Gruppe (36 Personen) noch 83% (30) weiterhin<br />
bzw. 17% (6) nicht mehr zu Rheuma-Liga-Gruppen. Vergleicht man diese Angaben mit<br />
denen der ehemaligen Teilnehmerinnen der TG so ergibt sich dort ein sehr ähnliches Bild:<br />
Von 61 Personen gehen 82% (50) weiterhin zu Treffen der Rheuma-Liga und 18% (11) gehen<br />
nicht weiter zu den Treffen (s. Tabelle 3).<br />
Tabelle 3: Weitere Teilnahme an Treffen der Rheuma-Liga<br />
Weitere Teilnahme an 12-W-G TG<br />
Prüfgröße n<br />
Treffen der Rheuma-Liga N = 36 N = 61<br />
Ja 83,3% (30) 82% (50) Χ 2 = .029; df = 1; p = .864 36/61<br />
Nein 16,7% (6) 18% (11)<br />
Hinderungsgründe für die Teilnahme an Treffen der Rheuma-Liga<br />
Auch zum 3. Messzeitpunkt wurden Hinderungsgründe für die Teilnahme an den Treffen der<br />
Rheuma-Liga erhoben (s. Tabelle 4). Von den Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen<br />
geben 30,6% (11 Personen) an, durch einige der möglichen Hinderungsgründe von der Teil-<br />
nahme an Treffen der Rheuma-Liga abgehalten worden zu sein (hierbei waren Mehrfach-<br />
nennungen möglich): 13,9% (5) geben an, durch organisatorische Gründe an der Teilnahme<br />
gehindert gewesen zu sein, 11,1% (4) führen gesundheitliche Gründe an und je eine Person<br />
konnte aufgrund familiärer bzw. gruppenspezifischer Gründe nicht an Treffen teilnehmen. In<br />
den Traditionellen Gruppen geben 49,2% aller Teilnehmerinnen (30 Personen) Hinderungs-<br />
gründe an: Gesundheitliche Gründe stehen dabei mit fast einem Viertel der Untersuchungs-<br />
gruppe an erster Stelle (24,6%; 15 Personen), gefolgt von familiären Gründen (16,4%;<br />
10 Personen) und organisatorischen Hinderungsgründen (8,2%; 10 Personen).<br />
63
Tabelle 4: Hinderungsgründe für die weitere Teilnahme zu t3<br />
Hinderungsgründe 12-WG TG<br />
Gesundheit (incl.<br />
aus N =36 aus N = 61<br />
Arzttermine & Kuraufenthalte) 11,1% (4) 24,6% (15)<br />
Organisation 13,9% (5) 8,2% (5)<br />
Familie<br />
Beruf<br />
Urlaub<br />
2,8% (1) 16,4% (10)<br />
Gruppe 2,8% (1)<br />
Da bei dieser Frage Mehrfachnennungen erlaubt waren, wird von einer statistischen Prüfung<br />
des Unterschieds zwischen beiden Gruppen abgesehen. Es fällt aber auf, dass in den Traditio-<br />
nellen Gruppen deutlich mehr Hinderungsgründe benannt werden und diese sich zwar über-<br />
wiegend auf die gleichen Kategorien beziehen, dort jedoch anders verteilt zu sein scheinen.<br />
Hier ist insbesondere zu nennen, dass fast ein Viertel dieser Gruppe angibt, aufgrund gesund-<br />
heitlicher Gründe an Treffen gefehlt zu haben, während dies in der ehemaligen Experimental-<br />
gruppe nur rund 11% als Hinderungsgrund für die Teilnahme anführen. Dabei haben in<br />
beiden Gruppen prozentual gleich viele Personen weiterhin an den Treffen teilgenommen.<br />
Allgemein kann bei den Angaben zu t3 angenommen werden, dass insgesamt weniger Gründe<br />
für die Verhinderung an der Teilnahme von Treffen aufgeführt werden als zu t2, da der be-<br />
trachtete Zeitraum, an dem an Treffen teilgenommen werden konnte, viel größer ist (d.h. auch<br />
wenn in absoluten Zahlen eine größere Anzahl an Treffen innerhalb <strong>eines</strong> Jahres versäumt<br />
worden sein kann, so ist das relative Verhältnis bezogen auf den 12-Wochen-Zeitraum (ohne<br />
die entsprechenden Auswahl-/Ausweichmöglichkeiten) günstiger). Denkbar wäre aber auch<br />
eine gegenläufige Argumentation: innerhalb <strong>eines</strong> Jahres könnte jede Teilnehmerin viel<br />
häufiger und auch in allen Bereichen von Hinderungsgründen zur Teilnahme betroffen<br />
werden). Der Vergleich der Angaben zu den beiden Messzeitpunkten jeweils für die Gruppen<br />
getrennt ergibt folgendes Bild (s. Tabelle 5):<br />
Tabelle 5: Hinderungsgründe an der (weiteren) Teilnahme: Vergleich t2 - t3, 12-WG - TG<br />
Hinderungsgründe T2<br />
12-WG<br />
(n aus N = 36)<br />
T3<br />
12-WG<br />
(n aus N = 36)<br />
T2<br />
TG<br />
(n aus N = 61)<br />
T3<br />
TG<br />
(n aus N = 61)<br />
Gesundheit 25% (9) 11,1% (4) 23% (14) 24,6% (15)<br />
Organisation 16,7% (6) 13,9% (5) 4,9% (3) 8,2% (5)<br />
Familie 13,9% (5) 2,8% (1) 9,8% (6) 16,4% (10)<br />
Beruf<br />
Urlaub<br />
Gruppe 2,8% (1) 2,8% (1)<br />
64
Betrachtet man die Angaben zum Zeitpunkt der Katamnese fällt als erstes die starke Abnahme<br />
des Bereichs „Gesundheit“ als Hinderungsgrund für die Teilnahme an Treffen der Rheuma-<br />
Liga bei der behandelten Gruppe auf (von 25% auf 11,1%), während prozentual dieser<br />
Bereich in der Traditionellen Gruppe zu beiden Zeitpunkten annähernd gleich geblieben ist<br />
(23% bzw. 24,6%). Das Verhältnis von organisatorischen Hinderungsgründen bezogen auf die<br />
jeweils noch in Gruppen Engagierten scheint unabhängig vom betrachteten Zeitraum<br />
aufzutreten und innerhalb der Gruppen ungefähr gleich zu bleiben. Er liegt in der EG<br />
allerdings höher als in der TG (ca. 15% in der EG, beide Messzeitpunkte; 6,5% in der TG,<br />
beide Messzeitpunkte). Familiäre Umstände spielen als Hinderungsgründe ebenfalls in beiden<br />
Gruppen eine Rolle: Während hier in der EG eine deutliche Abnahme zur Katamnese zu<br />
verzeichnen ist (von ca. 14% auf ca. 3%), geben in der TG mehr der Befragten in diesem<br />
Bereich an, an der Teilnahme an Treffen gehindert worden zu sein (Zunahme von ca. 10% auf<br />
ca. 16,5%). Die erfragten Kategorien „Beruf“ und „Urlaub“ erwiesen sich als nicht relevant,<br />
wohl deswegen, weil ein Großteil der Stichprobe bereits nicht mehr erwerbstätig ist (ca. 63%<br />
beider Gruppen sind nicht berufstätig und zusätzlich 12,7% (TG) bzw. knapp 18% (EG) zu t1<br />
arbeitsunfähig geschrieben- die Angaben wurden nur zu t1 erhoben; s. Schmidt, 2003). Auch<br />
Schwierigkeiten in Bezug auf die Gruppen werden nicht als Hinderungsgründe genannt (nur<br />
eine Person in der EG), wobei anzumerken ist, dass durchaus einige der Gruppen in dem<br />
1-Jahreszeitraum personelle Schwierigkeiten auszutragen hatten, was zum Beispiel zur<br />
Auflösung von zwei der Gruppen führte, die am 12-Wochen-Programm teilgenommen hatten<br />
(mündliche Mitteilung vom Landesgruppentreffen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg<br />
e.V., April 2004). Bemerkenswert ist dabei, dass auch aus diesen Gruppen noch Rück-<br />
sendungen im Rahmen der Katamnese kamen und sich diese Schwierigkeiten auch zu t3 nicht<br />
nennenswert in der Begründung für ein Fernbleiben der Treffen nieder schlugen. Andererseits<br />
kann die Frage natürlich auch von denjenigen, die keine Möglichkeit mehr hatten, sich in<br />
einer Gruppe zu engagieren, unbeantwortet geblieben sein.<br />
4.5.4. Angaben der Angehörigen<br />
Außer dem Verhältnis, in dem die Angehörigen zu den Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />
Programms stehen, und der Frage, ob die Angehörigen mit in einem Haushalt leben, wurden<br />
keine weiteren soziodemografischen Angaben zu den Angehörigen erhoben. In Tabelle 6<br />
werden die Häufigkeiten und entsprechenden prozentualen Angaben wiedergegeben. Diese<br />
wurden sowohl zu t1 als auch zu t3 erhoben und stimmten für die 23 Datensätze der Katam-<br />
nese überein, so dass davon ausgegangen werden kann, dass es sich tatsächlich um dieselben<br />
65
Angehörigen handelt. Den überwiegenden Anteil an Bezugspersonen stellen dabei Ehepartner<br />
dar (21 von 23 bzw. 91%). In einem Fall handelt es sich um einen nicht-ehelichen Partner und<br />
in einem weiteren Fall um ein Kind einer Teilnehmerin. 91,3% leben mit ihren Angehörigen<br />
in einem gemeinsamen Haushalt und 2 Personen (8,7%) leben in einem getrennten Haushalt.<br />
Tabelle 6: Verhältnis des Angehörigen zur Teilnehmerin<br />
Item n (aus N = 23) % (aus N = 23)<br />
In welchem Verhältnis stehen Sie zu Ihrem Angehörigen?<br />
Der Angehörige / die Angehörige ist...<br />
Ehemann / Ehefrau 21 91,3<br />
Partner/Partnerin 1 4,3<br />
Elternteil (Vater/Mutter) 0 0<br />
Kind (Tochter/Sohn) 1 4,3<br />
Leben Sie mit dem Angehörigen in einem Haushalt?* 21 / 2 91,3 / 8,7<br />
*= ja/nein<br />
4.6. Datenanalyseverfahren und Auswertungsmethodik<br />
Zur Auswertung der Daten kamen verschiedene Datenverarbeitungsprogramme zum Einsatz:<br />
für die Eingabe und Verwaltung der Rohdaten wurden die Programme Exel (Microsoft<br />
Corporation, 1985-2000) und Word (Microsoft Corporation, 1983-2001) verwendet, für die<br />
Auswertung des BSI WIN BSI (dt. Version, Hogrefe, 2000) und für die statistischen<br />
Auswertungen SPSS WIN (Version 10.0., SPSS Incorporation, 1999).<br />
Die Auswertung der Programmbewertung durch die Teilnehmerinnen orientiert sich an der<br />
methodischen Vorgehensweise bei Schmidt (2003). Es handelt sich vornehmlich um eine de-<br />
skriptive Auswertung. Da es sich im Fall der Nachuntersuchung allerdings nicht um eine Ein-<br />
punkterhebung handelt, werden hier die Programmbewertungen durch die Teilnehmerinnen<br />
zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung mit den Bewertungen direkt im Anschluss an die<br />
Durchführung des 12-Wochen-Programms mittels einfaktorieller Varianzanalysen mit Mess-<br />
wiederholung verglichen. Als Faktor wird der Messzeitpunkt zweistufig definiert (t2 und t3).<br />
Diese Vorgehensweise entspricht jeweils einem gepaarten T-Test für abhängige Stichproben.<br />
In der ersten Auswertung wurden verschiedene Items zu Skalen zusammengefasst und hierfür<br />
die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) berechnet, um zu überprüfen, ob für eine derartige<br />
inhaltliche Bündelung eine statistische Rechtfertigung gegeben werden kann. Die internen<br />
Konsistenzen betrugen .56 (Skala Physiotherapeutische Übungen), .71 (Skala Information)<br />
und .88 (Skala Psychologische Themen). Die Bündelungen der Items zu den entsprechenden<br />
Skalen werden ohne erneute Prüfung übernommen, um eine Vergleichbarkeit der betrachteten<br />
66
Aspekte zu beiden Messzeitpunkten zu gewährleisten. Für die Auswertung der zusätzlich zum<br />
3. Messzeitpunkt erhobenen Verhaltensweisen wird ebenfalls eine inhaltliche Bündelung von<br />
Items zu verschiedenen Skalen vorgenommen. Diese erfolgte anhand rational-logischer Über-<br />
legungen. Von einer Prüfung der internen Konsistenz wurde aufgrund der deutlich kleineren<br />
Stichprobe abgesehen (Itemzusammenfassung s. 5.3.2.).<br />
Bei der Auswertung der Angaben der Angehörigen werden im Rahmen dieser Arbeit vor-<br />
nehmlich die Daten zum 3. Messzeitpunkt berücksichtigt. Diese werden mit den Angaben der<br />
ehemaligen Teilnehmerinnen soweit möglich in Bezug gesetzt, so dass es sich um den Ver-<br />
gleich der gepaarten Datensätze der 12-WG mit denen der Angehörigen (A-12-WG) handelt.<br />
Die Auswertungen in dem Bereich der alltäglichen Bewältigungsstrategien sind vorwiegend<br />
deskriptiver Art, da es sich überwiegend um kategoriale Daten handelt. Die Prüfung von Zeit-<br />
und Gruppenunterschieden erfolgt daher anhand von Chi-Quadrat-Tests. Zur Überprüfung<br />
von weiteren Unterschiedshypothesen werden zweifaktorielle Varianzanalysen (ANOVA) mit<br />
den Faktoren „Gruppe“ und „Messwiederholung“ berechnet. Der Faktor „Gruppe“ unter-<br />
scheidet dabei zwischen den beiden Untersuchungsgruppen (EG vs. TG) (Between-Faktor).<br />
Der Faktor „Messzeitpunkt“ unterscheidet zwischen dem Messzeitpunkt direkt im Anschluss<br />
an die Durchführung des 12-Wochen-Programms (t2) und dem Zeitpunkt der Nachunter-<br />
suchung ein Jahr später (t3) (Within-Faktor). Die Berechnung von zweifaktoriellen Varianz-<br />
analysen wurde für die Auswertung der aktiven Bewältigungsstrategien (neu gebildete<br />
Skalen) vorgenommen.<br />
5. Ergebnisse<br />
Die Darstellung der Ergebnisse wird in folgende Bereiche gegliedert: Unter 5.1. werden die<br />
Ergebnisse zur Akzeptanz des 12-Wochen-Programms und der Programmbeurteilung durch<br />
die ehemaligen Teilnehmerinnen dargestellt. In Abschnitt 5.2. werden die Ergebnisse aus den<br />
Angaben der Angehörigen präsentiert. Unter 5.3. werden die Ergebnisse der Auswertung der<br />
alltäglichen Bewältigungsstrategien im Vergleich der beiden Untersuchungsgruppen sowie im<br />
Vergleich zu den im Programm vermittelten Strategien dargestellt.<br />
5.1. Direkte <strong>Evaluation</strong><br />
Die Ergebnisse der Direkten <strong>Evaluation</strong> beruhen auf den direkten Angaben der ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zu der Durchführung und Bewertung des<br />
gesamten Programms bzw. der einzelnen Elemente des Programms. Die Akzeptanz des<br />
12-Wochen-Programms wurde bei Schmidt (2003) gemessen an der Teilnahme an den<br />
67
Programmbausteinen und an der positiven Resonanz, die erhoben wurde über die positive<br />
subjektive Bewertung der Elemente durch die Teilnehmerinnen. Im Rahmen der Katamnese<br />
kann eine differenziertere Auswertung erfolgen, da nicht nur die Teilnahme an den<br />
Programmbausteinen gemessen wurde, sondern auch die Veränderung in der individuellen<br />
Akzeptanz der Bausteine in Form von einer Veränderung der Kombination an Maßnahmen<br />
ersichtlich wird. Unter 5.1.1. wird zunächst auf die Durchführung der selbständig weiter<br />
durchführbaren Maßnahmen allgemein in der Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen zu t3<br />
eingegangen. Dann wird betrachtet, wer von denjenigen, die zu t2 bestimmte Maßnahmen<br />
durchführten, diese noch zu t3 beibehält. Und abschließend wird die Teilnahme an den<br />
Maßnahmen aufgeschlüsselt in die prozentuale Zusammensetzung zu t3 anhand der Verän-<br />
derungen des individuellen Durchführungsmusters. Es folgen die subjektive Gesamtbewer-<br />
tung des Programms sowie die Bewertung seiner Bestandteile unter 5.1.2. und 5.1.3. In 5.1.4.<br />
werden verschiedene Aspekte der Durchführung beurteilt. Und in 5.1.5. wird die Ein-<br />
schätzung der Auswirkungen des Programms auf die Bereiche Familie / Partnerschaft und<br />
Inanspruchnahme des Gesundheitswesens ausgewertet.<br />
5.1.1. Akzeptanz des 12-Wochen-Programms<br />
Für die Beurteilung der Akzeptanz des 12-Wochen-Programms zum Katamnesezeitpunkt soll<br />
betrachtet werden, welche Maßnahmen im Verlauf des einen Jahres weiter durchgeführt<br />
wurden, wie sich die Zusammensetzung des individuellen Durchführungsmusters verändert<br />
hat und wie viele Maßnahmen im Durchschnitt weiter durchgeführt werden.<br />
Auf die Frage hin, ob die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms be-<br />
stimmte Maßnahmen des Programms ganz oder teilweise weiter durchführen, zeigt sich, dass<br />
auch ein Jahr später die Bereitschaft, einzelne Bausteine des Programms durchzuführen, noch<br />
verhältnismäßig groß ist (s. Tabelle 7): Ernährungsumstellung, Entspannungsübung und<br />
Dehnübung werden von 81% selbständig durchgeführt. Je ca. 70% führen die Gymnastik-<br />
übungen, die Übungen mit Gymnastikband sowie die Selbstbeobachtungsübung durch. Der<br />
Anteil an Teilnehmerinnen, die die Übungen mit dem Gymnastikball ausführen liegt bei 50%.<br />
Nur ein Fünftel (ca. 20%) der Gruppe führt Schmerztagebuch. Ein Jahr nach der Teilnahme<br />
am 12-Wochen-Programm führen somit 70 – 80% der ehemaligen Teilnehmerinnen mit<br />
Ausnahme von zwei Elementen die selbständig weiter durchführbaren Programmelemente<br />
durch, wobei ein Element bereits zur Programmdurchführung nicht von allen Teilnehmer-<br />
innen praktiziert werden konnte (Übungen mit Gymnastikball) und der Anteil derjenigen, die<br />
diese Übung durchführen, fast so groß ist wie zu t2.<br />
68
Tabelle 7: Teilnahme bzw. (teilweise) Durchführung der Programmbausteine*<br />
T2<br />
(Teilnahme)<br />
Prozentualer<br />
Anteil<br />
(n aus N = 36)<br />
T3<br />
(Durchführung)<br />
Prozentualer<br />
Anteil**<br />
(n aus N = 36)<br />
Ernährungsumstellung 88,9% (32) 80,6% (29)<br />
Entspannungsübung 94,4% (34) 80,6% (29)<br />
Dehnübungen 100% (36) 80,6% (29)<br />
Gymnastikübungen 94,4% (34) 72,2% (26)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikband 83,3% (30) 72,2% (26)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikball 55,6% (20) 50% (18)<br />
Selbstbeobachtungsübung 91,7% (33) 66,7% (24)<br />
Schmerztagebuch 91,7% (33) 19,4% (7)<br />
* In Tabelle 7 sind nur diejenigen der ursprünglichen Elemente des 12-Wochen-Programms<br />
aufgeführt, die auch selbständig (d.h. allein oder innerhalb der Gruppe) nach dem Ende des<br />
Programms fortgeführt werden konnten (nicht mehr enthalten sind die Items Partnertreffen, die<br />
Psychologischen Themen und die Informativen Themen).<br />
** Die auf 100% ergänzenden Prozente setzen sich aus Teilnehmerinnern zusammen, die die<br />
Maßnahmen nicht durch- bzw. weitergeführt haben oder die Frage unbeantwortet ließen.<br />
Zu t2 haben nicht alle Teilnehmerinnen alle Programmbausteine durchgeführt, sondern je ein<br />
individuelles Muster an Programmelementen. Die individuelle Zusammenstellung der Ele-<br />
mente, die zu t2 tatsächlich durchgeführt wurden, beruht auf der Freiwilligkeit der Durch-<br />
führung der Elemente, dem Fehlen an einzelnen Treffen, in denen bestimmte Programm-<br />
elemente durchgenommen wurden, der ausdrücklichen Anweisung, sich nicht zu überfordern<br />
in der Durchführung des Programms und seiner Elemente und dem vereinzeltem Auslassen an<br />
Antwortmöglichkeiten im Fragebogen. Zu t3 konnten die ehemaligen Teilnehmerinnen ent-<br />
sprechend ihr individuell akzeptiertes Durchführungsmuster an Programmelementen bei-<br />
behalten, einzelne Maßnahmen aufgeben, andere neu integrieren oder Maßnahmen gegen-<br />
einander austauschen. Die Angaben in Tabelle 7 liefern somit einen Eindruck der allgemeinen<br />
Akzeptanz der selbständig weiter durchführbaren Programmbausteine ein Jahr nach der Teil-<br />
nahme am gesamten Programm, unabhängig davon, ob die Elemente bereits zu t2 Teil der<br />
persönlichen Zusammenstellung an Elementen war oder nicht. Daher wird in Tabelle 8 ge-<br />
sondert betrachtet, wie die Teilnahme an den Programmbausteinen zum Zeitpunkt der<br />
Katamnese im Vergleich zum 2. Messzeitpunkt ist, wenn die Auswertung beschränkt wird auf<br />
diejenigen, die jeweils die entsprechenden Maßnahmen bereits zu t2 in ihrem individuellen<br />
Durchführungsmuster enthielten (s. Tabelle 8): Die Beibehaltensquote von Maßnahmen, die<br />
bereits zu t2 durchgeführt wurden, beträgt für sieben der acht Maßnahmen einen Prozentsatz<br />
≥ 69,7%. Das heißt, dass mindestens 70% derjenigen, die von diesen sieben Maßnahmen<br />
einen Baustein zu t2 tatsächlich durchgeführt haben, diesen auch ein Jahr später noch ganz<br />
69
oder teilweise weiter durchführen. Nur für das Führen <strong>eines</strong> Schmerztagebuchs liegt der<br />
Prozentsatz des Weiterdurchführens bei ungefähr einem Fünftel (21,2%) derjenigen und weist<br />
somit die mit Abstand niedrigste Beibehaltensquote aller Maßnahmen auf. Die geringste Bei-<br />
behaltensquote der anderen sieben Maßnahmen besteht bei den Übungen mit dem Gymnastik-<br />
ball bzw. Gymnastikband (69,7 bzw. 70%), die höchste bei dem Baustein Ernährungsum-<br />
stellung (84,4%). Bezogen auf die gesamte Gruppe (N = 36 Personen) bedeutet dies, dass die<br />
einzelnen Maßnahmen zu einem Prozentsatz zwischen 19,4% (7 Personen; Schmerztagebuch<br />
führen) bis 80,6% (29 Personen; Entspannungsübungen) zum Katamnesezeitpunkt durch-<br />
geführt werden.<br />
Tabelle 8: Beibehalten von Maßnahmen von t2 zu t3*<br />
T2<br />
Teilnahme<br />
Prozentualer<br />
Anteil<br />
(n aus N = 36)<br />
T3<br />
Fortführung<br />
Prozentualer<br />
Anteil an t2**<br />
70<br />
T3<br />
Fortführung<br />
Prozentualer<br />
Anteil<br />
(n aus N = 36)<br />
Ernährungsumstellung 88,9% (32) 84,4% 75% (27)<br />
Entspannungsübung 94,4% (34) 80,6% 80,6% (29)<br />
Dehnübungen 100% (36) 73,5% 69,4% (25)<br />
Gymnastikübungen 94,4% (34) 76,7% 63,9% (23)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikband 83,3% (30) 70% 38,9% (14)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikball 55,6% (20) 69,7% 63,9% (23)<br />
Selbstbeobachtungsübung 91,7% (33) 79,4% 75% (27)<br />
Schmerztagebuch 91,7% (33) 21,2% 19,4% (7)<br />
* Die auf 100% ergänzenden Prozente setzen sich aus Teilnehmerinnern zusammen, die die<br />
Maßnahmen nicht durch- bzw. weitergeführt haben oder die Frage unbeantwortet ließen. Die Angaben<br />
sind auf eine Nachkommastelle gerundet.<br />
**Die Teilnahmequote zu t2 gilt hier als 100%.<br />
Tabelle 9 zeigt die Zusammensetzung der Teilnahme an den Programmbausteinen zu t3 unter-<br />
gliedert in diejenigen, die eine Maßnahme schon zu t2 durchführten und zu t3 beibehalten,<br />
diejenigen, die eine Maßnahme zu t2 durchführten und zu t3 aufgeben und diejenigen, die<br />
eine Maßnahme zu t2 nicht durchführten, aber zu t3 hinzunehmen. Fehlende Angaben ergän-<br />
zen die Kategorien Beibehalten und Aufgeben auf 100%. Gemäß dem geringen Anteil an<br />
Personen, die die Maßnahme Schmerztagebuch führen beibehalten, ist hier der Anteil der-<br />
jenigen, die die Maßnahme aufgeben, mit Abstand am höchsten und beträgt 78,8%. Der<br />
Anteil derjenigen, die die anderen Maßnahmen aufgegeben haben, schwankt zwischen 16,7%<br />
(Entspannungsübung) und 26,5% (Dehnübungen). Neu hinzugenommen wurden zu je 100%<br />
des Anteils derjenigen, die die Maßnahme zu t2 nicht durchgeführt hatten, die Elemente<br />
Ernährungsumstellung, Dehnübungen und die Selbstbeobachtungsübung. Auf die gesamte
Gruppe bezogen sind dies 2,8 bis 5,6%. Die Gymnastikübungen wurden zur Hälfte derjeni-<br />
gen, die sie zu t2 nicht durchgeführt hatten, zur Katamnese aufgegriffen (8,3% der Gesamt-<br />
gruppe). Die Muskelaufbauübungen wurden zu 25% (mit Gymnastikband) bzw. zu 33% (mit<br />
Gymnastikball) aufgenommen (11,1 bzw. 2,8% der Gesamtgruppe). Das Führen <strong>eines</strong><br />
Schmerztagebuchs wurde von keiner der Personen, die diese Maßnahme zu t2 nicht durch-<br />
führte, zu t3 aufgenommen.<br />
Tabelle 9: Zusammensetzung der Teilnahme an den Programmbausteinen zu t3*<br />
Beibehalten Aufgegeben Hinzugenommen**<br />
%<br />
%<br />
%<br />
Ernährungsumstellung 84,4 12,5 100 (2 aus 2)<br />
(5,6% aus 36)<br />
Entspannungsübung 80,6 16,7 ***<br />
Dehnübungen 73,5 26,5 100 (1 aus 1)<br />
(2,8% aus 36)<br />
Gymnastikübungen 76,7 20 50 (3 aus 6)<br />
(8,3% aus 36)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikband 70 25 25 (4 aus 16)<br />
(11,1% aus 36)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikball 69,7 24,2 33,3 (1 aus 3)<br />
(2,8 aus 36)<br />
Selbstbeobachtungsübung 79,4 20,6 100 (2 aus 2)<br />
(5,6% aus 36)<br />
Schmerztagebuch 21,2 78,8 0 (0 aus 3)<br />
(0% aus 36)<br />
* Die auf 100% ergänzenden Prozente setzen sich aus Teilnehmerinnern zusammen, die die Frage<br />
unbeantwortet ließen. Die Angaben sind auf eine Nachkommastelle gerundet.<br />
**Die Prozentangabe bezieht sich auf den Prozentsatz derjenigen, die zu t2 die entsprechende<br />
Maßnahme nicht durchgeführt hatten. In dem ersten Klammerausdruck steht die Häufigkeitsangabe n<br />
aus der Anzahl derjenigen, die zu t2 die Maßnahme nicht durchgeführt hatten. In dem 2. Klammerausdruck<br />
steht der Prozentsatz umgerechnet auf die gesamte Gruppe mit N = 36 Personen.<br />
*** Diese Maßnahme hatten zu t2 alle durchgeführt.<br />
Aufgrund der quantitativen Besonderheit des Bausteins Schmerztagebuch führen gegenüber<br />
den anderen sieben Maßnahmen wird für die folgende qualitative Betrachtung der Teilnahme<br />
an den Maßnahmen dieser Baustein aus der Betrachtung herausgenommen. Wird die Teil-<br />
nahme an den Maßnahmen über die 36 Personen betrachtet, können verschiedene Durch-<br />
führungstypen unterschieden werden: Es gibt Personen, die alle Maßnahmen, die sie zu t2<br />
durchführten, auch nach einem Jahr noch ganz oder teilweise durchführen (Beibehalter;<br />
8 Personen). Einige wechseln Maßnahmen des Programms, d.h. sie geben mindestens eine<br />
Maßnahme des Programms auf und nehmen dafür mindestens eine neu hinzu (Wechsler; 8).<br />
Andere geben keine Maßnahme auf, aber nehmen mindestens eine hinzu (Erweiterer; 2). Eini-<br />
ge Personen geben einige Maßnahmen auf (Reduzierer; 14). Eine Teilnehmerin fällt mit ihrem<br />
71
Muster an Kombinationsmöglichkeiten besonders auf: Sie hatte zu t2 sechs Maßnahmen<br />
durchgeführt und alle zu t3 aufgegeben (nicht zugeordnet). Für drei Personen liegen keine<br />
vollständigen Datensätze über alle Maßnahmen vor (s. Tabelle 10). Somit wird in fast 40%<br />
der Fälle die individuelle Zusammenstellung der Durchführung von Maßnahmen zum Zeit-<br />
punkt der Katamnese verkleinert. Je ca. 22% behalten ihre Auswahl bei bzw. verändern sie.<br />
Und 5,6% erweitern ihre individuelle Auswahl. Bei einer Person (2,8%) kann von einer<br />
Aufgabe der Durchführung bzw. einem Abbruch gesprochen werden.<br />
Tabelle 10: Qualitative Betrachtung der Teilnahme an Programmbausteinen<br />
Durchführungstyp % (n aus N = 36)<br />
Beibehalter 22,2 (8)<br />
Reduzierer 38,9 (14)<br />
Wechsler 22,2 (8)<br />
Erweiterer 5,6 (2)<br />
Fehlende Angaben 8,3 (3)<br />
Sonstige 2,8 (1)<br />
Zu t2 hatten alle Personen mindestens fünf der acht Maßnahmen durchgeführt. Wird zu<br />
t3 betrachtet, wie viele Maßnahmen durchgeführt werden, ergibt sich folgendes Bild<br />
(s. Tabelle 11): Eine Person führt kein einziges Programmelement mehr durch. Je eine Person<br />
führt ein bzw. zwei Elemente durch. Zwei Personen führen drei Maßnahmen durch. Damit<br />
führen 11,2% der Gruppe nur noch 1-3 Maßnahmen, also weniger als die Hälfte der Maß-<br />
nahmen, selbständig weiter durch. 16,7% (6 Personen) führen genau die Hälfte der selb-<br />
ständig durchführbaren Elemente auch ein Jahr nach dem Abschluss des Programms weiter<br />
durch. Und 63,8% (23 Personen) führen auch ein Jahr nach Abschluss des Programms mehr<br />
als die Hälfte der Maßnahmen (5-8) weiter fort.<br />
Tabelle 11: Häufigkeitsverteilung für die Anzahl an durchgeführten Maßnahmen t2 - t3<br />
T2 %<br />
(n aus N = 36)<br />
T3 %<br />
(n aus N = 36)<br />
Anzahl der durchgeführten Maßnahmen<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 Fehlende Angaben<br />
2,8<br />
(1)<br />
2,8<br />
(1)<br />
2,8<br />
(1)<br />
5,6<br />
(2)<br />
16,7<br />
(6)<br />
13,9<br />
(5)<br />
11,1<br />
(4)<br />
19,4<br />
(7)<br />
19,4<br />
(7)<br />
27,8<br />
(10)<br />
25<br />
(9)<br />
36,1<br />
(13)<br />
8,3<br />
(3)<br />
2,8<br />
(1)<br />
5,6<br />
(2)<br />
72
5.1.2. Gesamtbewertung des Programms<br />
In die Auswertung der Gesamtbewertung gehen nur diejenigen Personen in die Betrachtung<br />
ein, die bereits zu t2 eine Bewertung vorgenommen hatten, um eine Aussage über die<br />
Veränderung der subjektiven Gesamtbewertung nach einem Jahr machen zu können.<br />
Wie bereits zu t2 liegt zum Zeitpunkt der Katamnese der Schwerpunkt der linksschiefen<br />
Verteilung im positiven Wertungsbereich (Bereich 7-10 Punkte). 77,7% der Befragten<br />
beurteilen ein Jahr später das gesamte Programm als wirksam bis sehr wirksam gegenüber<br />
77,8% zu t2. Der Mittelwert der Gesamtbewertung sank leicht von 8.23 auf 8.06, bei einer<br />
größeren Einheitlichkeit der abgegebenen Wertungen (t2: SD = 1.69; t3: SD = 1.34). Zu t3<br />
berichten drei Personen, keine Wirkung des Programms wahrgenommen zu haben (Vorjahr:<br />
eine Person). Keine Person nahm eine negative Gesamtbewertung vor, während das<br />
Programm zum 2. Messzeitpunkt von einer Person deutlich negativ beurteilt worden war<br />
(2 Punkte) (s. Tabelle 12). Die Veränderung der durchschnittlichen Bewertung des<br />
Programms ist nicht signifikant (F = .547; df = 30; p = .465; n = 31).<br />
Tabelle 12: Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms<br />
T2 %**<br />
Häufigkeitsverteilung für die Gesamtbewertung*<br />
Punkte 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
(n = 31)<br />
T3 %**<br />
(n = 31)<br />
2,8<br />
(1)<br />
*0 = sehr negativ, 5 = keine Wirkung, 10 = sehr positiv<br />
**an N = 36; fehlende Wertepaare: 13,9%, n = 5<br />
5.1.3. Bewertung der Programmbausteine<br />
In die Auswertung der Bewertung der Programmbausteine gehen nur diejenigen ein, die<br />
bereits zu t2 für die entsprechende Maßnahme eine Bewertung vorgenommen hatten, um eine<br />
Aussage über die Veränderung der subjektiven Bewertung nach einem Jahr machen zu<br />
können. In einem ersten Auswertungsschritt werden die Bewertungen der ganz oder teilweise<br />
weiter durchführbaren Programmbausteine (unabhängig davon, ob sie selbstständig oder in<br />
der Gruppe durchgeführt wurden) zu t3 wiedergegeben. Danach werden auch die psycho-<br />
logischen und informativen Themen beurteilt, wobei diese nicht in gleicher Form wie im<br />
Programm weiter durchgeführt werden konnten (eine weitere Beschäftigung mit den an-<br />
geregten Themen kann natürlich stattgefunden haben). Es geht hierbei um eine Einschätzung<br />
2,8<br />
(1)<br />
8,3<br />
(3)<br />
2,8<br />
(1)<br />
13,9<br />
(5)<br />
11,1<br />
(4)<br />
13,9<br />
(5)<br />
36,1<br />
(13)<br />
36,1<br />
(13)<br />
19,4<br />
(7)<br />
73<br />
13,9<br />
(5)<br />
11,1<br />
(4)
der Wirksamkeit dieser Elemente des Programms aus Langzeitperspektive. Auf Bewertungen<br />
bezüglich des Partnerschaftstreffens wird gesondert in anderem Zusammenhang in Bezug auf<br />
die Auswirkung des Programms auf den Bereich Familie / Partnerschaft eingegangen<br />
(s. 5.1.5.)). Gemäß der Auswertung zum 2. Messzeitpunkt werden einige der Programm-<br />
elemente zu größeren Einheiten zusammengefasst (s. Tabelle 13). Die Zusammenfassung<br />
erfolgte nach rational-logischen Gesichtspunkten. Die Überprüfung der internen Konsistenz<br />
war genügend zufrieden stellend (s. 4.6.).<br />
Tabelle 13: Überblick über die Zusammensetzung der gebündelten Programmbausteine<br />
Programmbausteine, gebündelt Item* (Nr.**)<br />
Physiotherapeutische Übungen Dehnübungen (503)<br />
Gymnastikübungen (504)<br />
Muskelaufbau / Gymnastikband (505)<br />
Muskelaufbau / Gymnastikball (506)<br />
Informationseinheiten Gesunder Schlaf (524)<br />
Umgang mit Ärzten und dem medizinischen System (525)<br />
Notfälle erkennen und managen (528)<br />
Psychologische Themen Pflege des eigenen Körpers (516)<br />
Womit kann ich mir gut tun? (517)<br />
Pflicht und Verantwortung (518)<br />
Nein sagen (519)<br />
Umgang mit Schmerz (520)<br />
Perlenfischen im Alltag (526)<br />
Anerkennung (527)<br />
*Einzelne Programmbausteine wurden der vereinfachten Darstellung halber in ihrer Bezeichnung<br />
abgekürzt.<br />
**Die Nummerierung der Items entspricht ihrer Nummerierung zu t3.<br />
Die Bewertung der einzelnen Programmbausteine direkt nach Beendigung des 12-Wochen-<br />
Programms (t2) ergab folgendes Bild: alle durchschnittlichen Angaben lagen im leicht positi-<br />
ven bis positiven Wertungsbereich (6.77 (Information) – 8.48 (Ernährung) von 10 möglichen<br />
Punkten). Die Mittelwertsunterschiede zwischen den Elementen und die unterschiedlich<br />
starken Streuungen ließen auf eine unterschiedlich starke Akzeptanz der Bausteine schließen.<br />
Die Personenanzahl der zugrunde liegenden Angaben schwankte zwischen 19 – 36 Personen,<br />
je nach Item, gemäß dem individuellen Durchführungsmuster. Für die Betrachtung der weiter-<br />
hin durchgeführten und bewerteten Maßnahmen liegen zu t3 alle abgegebenen durchschnitt-<br />
74
lichen Wertungen im positiven Bereich: am niedrigsten wurde das Element Gymnastik-<br />
übungen im zusammengefassten Baustein Physiotherapeutische Übungen beurteilt (7.83), am<br />
positivsten das Schmerztagebuch (8.60), wobei dies nur noch von fünf Personen geführt<br />
wurde. Die Anzahl der zugrunde liegenden Angaben schwankte gemäß der unterschiedlichen<br />
Beibehaltensquoten für die einzelnen Maßnahmen stark zwischen 5 - 26 (s. Tabelle 14).<br />
Tabelle 14: Bewertung der weiter durchführbaren Programmbausteine t2 – t3<br />
Programmbausteine,<br />
gebündelt<br />
Physiotherapeutische<br />
Übungen<br />
Programmbausteine<br />
T2<br />
T3<br />
n M (SD) M (SD)<br />
Ernährungsumstellung 26 8.73 (1.78) 7.88 (1.18)**<br />
Entspannungsübung 23 8.83 (1.40) 8.60 (1.14)<br />
Selbstbeobachtungsübung 20 8.65 (1.39) 8.55 (1.10)<br />
Schmerztagebuch 5 8.80 (1.10) 8.60 (1.14)<br />
Dehnübungen 27 8.47<br />
7.96*<br />
Gymnastikübungen 24 8.17<br />
(1.10)<br />
8.38<br />
(1.49) (1.66)<br />
Muskelaufbau mit<br />
20 8.45<br />
Gymnastikband<br />
(1.88)<br />
Muskelaufbau mit<br />
11 8.27<br />
Gymnastikball<br />
(1.27)<br />
Grau unterlegte Angaben weisen auf signifikante Veränderungen in der Beurteilung:<br />
* signifikant (p < .05)<br />
** hoch signifikant (p < .01)<br />
Die fett gedruckten Angaben beziehen sich auf den gebündelten Programmbaustein.<br />
7.87<br />
(1.23)<br />
75<br />
(1.81)<br />
7.83<br />
(1.24)<br />
8.20<br />
(1.36)<br />
8.00<br />
(1.55)<br />
Für sechs der acht weiter durchgeführten Maßnahmen änderten sich die Beurteilungen im<br />
Lauf des einen Jahres nicht signifikant, das heißt, sie blieben gleich positiv wie direkt nach<br />
der Programmdurchführung. Nur für zwei Maßnahmen sank die Bewertung statistisch<br />
bedeutsam (Ernährungsumstellung: F = 8.403; df = 25; p = .008; Dehnübungen: F = 6.567;<br />
df = 26; p = .017). Einige der Beurteilungen korrelieren über die beiden Messzeitpunkte hoch<br />
signifikant (p < .01-Niveau): Ernährungsumstellung, Dehnübungen, Übungen mit Gymnastik-<br />
band und Selbstbeobachtungsübung. Die Beurteilungen der Übungen mit Gymnastikball<br />
korrelieren signifikant (p = .027). Die Korrelationen der Beurteilungen der Gymnastik-<br />
übungen (p = .46) sowie des Schmerztagebuchs (p = .847) sind statistisch nicht signifikant.<br />
Im Gegensatz zu den Beurteilungen der weiterhin durchführbaren Maßnahmen, die nur ab-<br />
gegeben werden konnten, wenn der Baustein zu beiden Zeitpunkten durchgeführt worden war,<br />
können bei der Beurteilung der psychologischen und informativen Themen prinzipiell alle<br />
36 Personen alle Themen aus Langzeitsicht beurteilen. Entsprechend schwanken die Angaben<br />
zwischen 33 – 36, gemäß dem Muster fehlender Angaben. Es ergibt sich ein sehr ähnliches<br />
Beurteilungsbild wie zu t2: Alle Mittelwerte liegen im leicht positiven (M = 6.65, Thema
Umgang mit dem medizinischen System, zu je t2 / t3) bis positiven Bereich (M = 8.28,<br />
Thema Womit kann ich mir gut tun? zu t3; M = 8.47 zu t2) (s. Tabelle 15).<br />
Tabelle 15: Bewertung der nicht weiter durchführbaren Programmbausteine<br />
Programmbausteine, Programmbausteine n T2<br />
T3<br />
gebündelt<br />
M (SD) M (SD)<br />
Psychologische Pflege des eigenen 34 8.32 8.12<br />
Themen<br />
Körpers<br />
(1.57) (1.72)<br />
Womit kann ich mir gut 36 8.47 8.28<br />
tun?<br />
(1.50) (1.39)<br />
Pflicht & Verantwortung 35 8.03 7.91<br />
(1.56) (1.63)<br />
Nein sagen 36 8.04* 8.11 7.91 7.50<br />
(1.30) (1.56) (1.41) (2.66)<br />
Umgang mit Schmerz 36 8.08 7.92<br />
(1.54) (1.66)<br />
Perlenfischen im Alltag 36 8.06 8.19<br />
(1.64) (1.69)<br />
Anerkennung 33 7.30 7.58<br />
(2.05) (2.18)<br />
Information Gesunder Schlaf 35 6.91 7.20<br />
(2.06) (1.88)<br />
Umgang mit Ärzten & 34 6.77 6.65 7.00 6.65<br />
medizinischem System<br />
(1.95) (2.55) (1.54) (2.68)<br />
Notfälle erkennen & 33 7.06 7.24<br />
managen<br />
(1.98) (1.62)<br />
*Die fett gedruckten Angaben beziehen sich auf den gebündelten Programmbaustein.<br />
Keine der Veränderungen von t2 zu t3 ist statistisch signifikant. Die Bewertungen dieser<br />
Elemente des 12-Wochen-Programms verändern sich im Lauf <strong>eines</strong> Jahres nicht. Mit Aus-<br />
nahme der Themen Nein sagen (p = .073) und Anerkennung des Partners und von mir selbst<br />
(p = .067) korrelieren die Beurteilungen der psychologischen Themen je hoch signifikant über<br />
die beiden Messzeitpunkte (p < .01). Bei den informativen Themen korreliert die Beurteilung<br />
des Themas Umgang mit Ärzten und dem medizinischen System über beide Messzeitpunkte<br />
auf p < .01-Niveau (Gesunder Schlaf: p = .503; Notfälle erkennen: p = .017).<br />
5.1.4. Bewertung einzelner Aspekte der Programmdurchführung<br />
Die ehemaligen Teilnehmerinnen wurden auch im Rahmen der Katamnese gebeten, eine Ein-<br />
schätzung der Arbeitsmaterialien des 12-Wochen-Programms vorzunehmen sowie verschie-<br />
dene Durchführungsaspekte gesondert zu beurteilen. Die Teilnehmerinnen konnten jeweils<br />
anhand einer 10stufigen Skala beurteilen, wie sie die Arbeitsmaterialien und je die Anfangs-<br />
und die Abschlussrunde als Bestandteile der Sitzungen empfanden (0 = „sehr negativ“,<br />
5 = „weder / noch“, 10 = „sehr positiv“). In Bezug auf die Zeit, die für die vorgesehenen<br />
76
Inhalte pro Treffen zur Verfügung stand, reichten die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten<br />
von „zu reichlich“ bis „zu knapp“. In Bezug auf die Anzahl der Treffen reichte die Skala von<br />
„zu wenig“ bis „zu viele“ (s. Tabelle 16). Auch in diese Auswertung gehen nur diejenigen ein,<br />
die bereits zu t2 die entsprechenden Aspekte beurteilt haben. Die Angaben schwanken<br />
zwischen 33 – 36, gemäß dem Muster fehlender Angaben.<br />
Tabelle 16: Bewertung der Durchführung des 12-Wochen-Programms<br />
Durchführungsaspekt N T2 T3<br />
M (SD) M (SD)<br />
Zeit* 35 7.06 (2.01) 6.40 (1.90)<br />
Anzahl Treffen** 35 5.60 (1.70) 4.94 (1.47)<br />
Material*** 36 8.33 (1.88) 8.47 (1.50)<br />
Anfangsrunde*** 35 7.86 (2.07) 8.20 (1.61)<br />
Abschlussrunde*** 33 8.24 (1.39) 8.09 (1.65)<br />
* 0 = zu reichlich; 5 = genau richtig, 10 = zu knapp<br />
** 0 = zu wenig; 5 = genau richtig; 10 = zu viele<br />
*** 0 = sehr negativ; 5 = weder/noch; 10 = sehr positiv<br />
Grau unterlegte Angaben weisen auf signifikante Veränderungen in der Beurteilung (p < .05).<br />
Der Faktor Zeit wurde zu t2 insgesamt als leicht zu knapp eingestuft, wobei ~36% der Per-<br />
sonen angaben, dass die Zeit „genau richtig“ gewesen sei, ~22% diese als „leicht zu knapp“<br />
(Werte 6/7) einstuften und ~ 39% diese als „deutlich zu knapp“ einstuften (Werte 8-10). Zu t2<br />
hat also über die Hälfte der Teilnehmerinnen die Zeit als leicht bis deutlich zu knapp be-<br />
messen empfunden. Diese Einschätzung ist im Nachhinein ein wenig gesunken in Richtung<br />
des Bereichs, der das Empfinden als „genau richtig“ umschreibt: Zum Zeitpunkt der Katam-<br />
nese geben 40% der Befragten an, die zur Verfügung gestellte Zeit als „genau richtig“<br />
empfunden zu haben, ~25% gibt an, sie als „leicht zu knapp“ (Werte 6/7), 28,5% sie als<br />
„deutlich zu knapp“ (Werte 8-10) empfunden zu haben. Zwei Personen stuften die Zeit als<br />
„leicht zu reichlich“ (Werte 3/4), so dass insgesamt beurteilt werden kann, dass ein Jahr nach<br />
Beendigung des Programms immer noch die knappe Hälfte der Teilnehmerinnen bei ihrem<br />
Urteil bleibt, dass mehr Zeit für die vorgesehenen Inhalte wünschenswert gewesen wäre.<br />
Diese Wahrnehmung war zu t2 signifikant stärker als zu t3 (F = 5.044, df = 34; p = .031). Die<br />
Anzahl der Treffen wurde zu beiden Messzeitpunkten im Durchschnitt als „genau richtig“<br />
empfunden (t2: M = 5.60; SD = 1.70; t3: M = 4.94; SD = 1.47)). Während zu t2 dieser Wert<br />
in Richtung des Skalenbereichs „zu viele“ tendierte, sinkt die Beurteilung bei einer gleich-<br />
zeitig größeren Einheitlichkeit der Beurteilungen zu t3 statistisch bedeutsam in Richtung des<br />
Skalenbereichs „zu wenig“ (F = 5.044; df = 34; p = .021). Die Beurteilungen von Materialien<br />
sowie der Anfangs- und der Abschlussrunde als Bestandteilen der Durchführung des 12-<br />
Wochen-Programms fiel wie schon zu t2 auch in der Katamnese positiv aus: die Mittelwerte<br />
77
liegen im positiven Wirkungsbereich (>8) und für alle drei Aspekte werden nur Angaben<br />
zwischen 5-10 Punkten abgegeben (Anfangsrunde: M = 8.20; SD = 1.61; Abschlussrunde:<br />
M = 8.09, SD = 1.65; Material M = 8.47, SD = 1.5). Die Veränderungen der Beurteilungen<br />
dieser Aspekte zwischen den beiden Messzeitpunkten sind je nicht signifikant (Material:<br />
F = 0.303; df = 35; p = .586; Anfangsrunde: F = 0.554; df = 34; p = .362; Abschlussrunde:<br />
F = 0.431; df = 32; p = .516). Die Beurteilungen korrelieren pro Aspekt über die Messzeit-<br />
punkte alle hoch signifikant (p < .01). Nur für den Aspekt Anfangsrunde korrelieren die<br />
Beurteilungen von t2 mit t3 niedriger (p = .071).<br />
Abschließend kann noch einmal betont werden, dass auch zum Zeitpunkt der Katamnese als<br />
schwächster Punkt in der Bewertung von Aspekten, die in direktem Zusammenhang mit der<br />
Durchführung des Programms stehen (Zeit, Anzahl der Treffen, Material, Anfangsrunde,<br />
Abschlussrunde), angegeben wird, dass die Zeit für die vorgesehenen Inhalte als zu wenig<br />
empfunden worden ist, auch wenn dieser Eindruck nach einem Jahr weniger stark ist als<br />
direkt im Anschluss an die Durchführung des Programms. Alle anderen Aspekte in Zusam-<br />
menhang mit der Durchführung der Treffen werden als angemessen oder positiv bewertet.<br />
5.1.5. Beurteilung der Auswirkungen des 12-Wochen-Programms<br />
Auch zum 3. Zeitpunkt wurden die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />
um eine Einschätzung der Auswirkungen des Programms auf die Bereiche Familie / Partner-<br />
schaft und Inanspruchnahmeverhalten im Gesundheitswesen gebeten. Es gehen nur diejenigen<br />
in die Auswertung ein, die bereits eine Bewertung zu t2 abgegeben hatten.<br />
Familie / Partnerschaft<br />
Mögliche Auswirkungen des 12-Wochen-Programms auf den Bereich Familie / Partnerschaft<br />
(sofern vorhanden) konnten anhand einer 10stufigen numerischen Skala beurteilt werden.<br />
Hierbei reichten die Antwortmöglichkeiten von 0 = „sehr negativ“ über 5 = „weder / noch“<br />
bis 10 = „sehr positive Wirkung“. 19,4% (7 Personen) gaben zu t2 an, allein stehend bzw.<br />
ohne Partner zu sein. Zu t3 geben nur noch 11,1% (4) an, keinen Partner zu haben. Da auch<br />
diejenigen, die seit dem Ende des 12-Wochen-Programms neue Partner gefunden haben,<br />
mittel- und langfristige Auswirkungen des Programms zum Zeitpunkt der Katamnese wahr-<br />
nehmen können, gehen sie in die weitere Auswertung mit ein.<br />
Zum 2. Messzeitpunkt wurde die Auswirkung des Programms von den Teilnehmerinnen als<br />
leicht positiv eingeschätzt (M = 6.63; SD = 1.92). Zwei Personen stellten dabei negative Aus-<br />
wirkungen fest (Punkte 2 und 4, je einmal vergeben). Die durchschnittlich leicht positive<br />
78
Einschätzung erhöhte sich, wenn nur diejenigen in der Berechnung berücksichtigt wurden, die<br />
mit Partner bzw. Angehörigem am so genannten Partnertreffen teilgenommen hatten<br />
(M = 7.0; SD = 2,65; n = 7). Der Unterschied war jedoch statistisch nicht bedeutsam. Auch in<br />
der Nachuntersuchung lässt sich eine leicht positive Einschätzung der Auswirkung des<br />
Programms auf den Bereich Familie / Partnerschaft feststellen (M = 6.40; SD = 1.48). Es<br />
werden nur noch Angaben im neutralen bis positiven Bereich vergeben (Min = 5; Max = 10).<br />
Werden hier nur die Teilnehmerinnen betrachtet, deren Partner am Treffen teilgenommen<br />
hatten, zeigt sich jedoch kein Effekt: Der Mittelwert bleibt annähernd gleich (M = 6.43), bei<br />
einer größeren Streuung der Beurteilungen (SD = 1,81) (s. Tabelle 17).<br />
Tabelle 17: Bewertungen in Zusammenhang mit dem Partnertreffen<br />
Bewertungsaspekt n T2<br />
M (SD)<br />
Auswirkungen auf den<br />
Bereich Familie /<br />
Partnerschaft<br />
T3<br />
M (SD)<br />
n T2 mit<br />
Partner<br />
M (SD)<br />
T3 mit<br />
Partner<br />
M (SD)<br />
30 6.63 (1.92) 6.40 (1.48) 7 7.00 (2.65) 6.43 (1.81)<br />
Partnertreffen 15 7.13 (2.41) 7.20 (2.57) 7 7.29 (2.29) 8.14 (1.68)<br />
Geselliger Abend 24 8.29 (1.55) 7.92 (1.79) 6 8.33 (0.52) 7.83 (0.75)<br />
<strong>Dr</strong>ei Wünsche an meinen<br />
Partner / mich<br />
29 6.93 (1.60) 6.93 (1.69) 7 7.00 (1.41) 8.00 (1.53)<br />
Außer der Beurteilung der Auswirkungen auf den Bereich Familie / Partnerschaft soll an<br />
dieser Stelle auch auf die Beurteilung des Programmbausteins Partnertreffen eingegangen<br />
werden: Das Partnertreffen konnte anhand einer 10stufigen Skala in seiner Wirksamkeit<br />
beurteilt werden. Die Antwortmöglichkeiten reichten dabei von 0 = „sehr negative Wirkung“<br />
über 5 = „keine Wirkung“ bis 10 = „sehr positive Wirkung“. Insgesamt beurteilten die<br />
ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms diesen Baustein zu t3 positiv<br />
(M = 7.20; SD = 2.57; n = 15). Wird diese Einschätzung gesondert nur für die Teilnehme-<br />
rinnen betrachtet, deren Partner bzw. Angehöriger am Partnertreffen teilgenommen hatten,<br />
erhöht sich die positive Beurteilung deutlich (M = 8.14; SD = 1.68; n = 7; T = 1,883; df = 6;<br />
p = .109). Personen, die explizit angaben, ohne Partner am Partnertreffen teilgenommen zu<br />
haben, beurteilten dieses quasi als ohne Wirkung (M = 5.13; SD = 2.36; n = 8). Direkt im<br />
Anschluss an die Durchführung des 12-Wochen-Programms wurde der Programmbaustein<br />
ähnlich beurteilt (M = 7.13), bei ähnlich hoher Streubreite der Beurteilungen (SD = 2.42). Der<br />
Unterschied in der Beurteilung durch die gesamte Gruppe zwischen beiden Messzeitpunkten<br />
ist statistisch nicht bedeutsam (F = .03; df = 14; p = .865). Für die Gruppe derjenigen, deren<br />
Partner an dem Partnertreffen teilgenommen hatten, fiel die Beurteilung des Bausteins auch<br />
79
zu t2 erwartungsgemäß, wenn auch nur geringfügig, höher aus (M = 7.29; SD = 2.29; n = 7).<br />
Auch hier ist der Unterschied zwischen beiden Messzeitpunkten statistisch nicht bedeutsam<br />
(F = 2.82; df = 6; p = .143).<br />
Im Programm war vorgesehen, im Anschluss an das Partnertreffen einen geselligen Abend<br />
mit der Gruppe und den anwesenden Partnern zu verbringen. Dieser gesellige Abend wird<br />
auch nach Ablauf <strong>eines</strong> Jahres positiv beurteilt (M = 7.92; SD = 1.79; n = 24). Damit ist die<br />
Bewertung etwas gesunken (t2: M = 8.29; SD = 1.55), der Unterschied ist jedoch nicht<br />
signifikant (F = 1.115; df = 23; p = .302). Für die Untergruppe derjenigen, die mit Partner teil-<br />
genommen hatten, zeigt sich zu t3 ein leicht niedrigerer Wert (M = 7.83), bei einer deutlich<br />
höheren Einheitlichkeit der Beurteilungen (SD = 0.75). Auch zu t2 war die Einheitlichkeit der<br />
positiven Beurteilung für die Untergruppe deutlich höher (SD = 0.52), bei einem annähernd<br />
gleichen Mittelwert (M = 8.33). Die Einschätzung des Themas <strong>Dr</strong>ei Wünsche an meinen<br />
Partner / mich ist von t2 auf t3 gleich geblieben (t3: M = 6.93; SD = 1.60; n = 29;<br />
t2: M = 6.93; SD = 1.69). Werden nur diejenigen betrachtet, die einen Partner dabei hatten, so<br />
fällt die Beurteilung zu t3 deutlich positiver aus (M = 8.00; SD = 1,53; n = 7). Damit stieg die<br />
positive Beurteilung im Vergleich zu t2 für diese Untergruppe (M = 7.00; SD = 1,41). Die<br />
Zunahme der positiven Beurteilung ist statistisch jedoch nicht signifikant (F = 1.615; df = 6;<br />
p = .251).<br />
Inanspruchnahmeverhalten / Nutzung des medizinischen Systems<br />
Das Inanspruchnahmeverhalten im Gesundheitssystem wurde über drei Items erfragt: anhand<br />
je 10stufiger numerischer Skalen konnten Veränderungen in der Häufigkeit der Arztbesuche,<br />
der Besuche bei Krankengymnast / Physiotherapeut und der Massagetermine angegeben<br />
werden. Die Antwortmöglichkeiten reichten von 0 = „viel häufiger“ über 5 = „keine Wir-<br />
kung“ bis 10 = „viel seltener“.<br />
In der Katamnese ergibt sich ein sehr ähnliches und in sich einheitliches Bild wie direkt nach<br />
Beendigung des 12-Wochen-Programms: Die Mittelwerte der Veränderungsbeurteilungen lie-<br />
gen wieder knapp über bzw. nahe der Bewertungsmöglichkeit 5 (= „keine Wirkung“) (Arzt-<br />
besuche: M = 5.71; SD = 1.51); Besuche bei Krankengymnast / Physiotherapeut: M = 5.30;<br />
SD = 1.56; Massagetermine: M = 5.37; SD = 1.64) (s. Tabelle 18). Dies bedeutet, dass die<br />
ehemaligen Teilnehmerinnen keine Auswirkungen des Programms auf die Häufigkeit ihres<br />
Inanspruchnahmeverhaltens von Leistungen des Gesundheitssystems wahrnehmen. Allein für<br />
die Häufigkeit der Arztbesuche zeigt sich eine leichte Veränderung in Richtung einer Ab-<br />
nahme der Häufigkeit. Diese ist aber statistisch nicht signifikant. Das Ergebnis zu t3 ähnelt<br />
80
stark dem Ergebnis im Anschluss an die Durchführung des Programms: Auch zu t2 ließen<br />
sich in diesem Bereich für keine der gefragten Variablen Veränderungen feststellen (die<br />
Mittelwerte lagen bei M = 5.04 (SD = 1.29) für die Häufigkeit der Arztbesuche, M = 5.30<br />
(SD = 1.30) für die Häufigkeit der Krankengymnastik-/Physiotherapietermine und M = 5.58<br />
(SD = 1.64) für die Häufigkeit der Massagetermine). Die Unterschiede zwischen beiden<br />
Messzeitpunkten sind jeweils statistisch nicht signifikant (Arztbesuche: F = 2.717; df = 27;<br />
p = .111; Krankengymnastik / Physiotherapie: F = .000; df = 19; p = 1.0; Massagetermine:<br />
F = .166; df = 18; p = .688). Die Korrelationen der Beurteilungen über die beiden Mess-<br />
zeitpunkte sind für keinen der Aspekte signifikant.<br />
Tabelle 18: Beurteilung der Auswirkungen auf Inanspruchnahmeverhalten<br />
Auswirkungen auf die Häufigkeit N T2<br />
T3<br />
der...*<br />
M (SD)<br />
M (SD)<br />
Arztbesuche 28 5.04 (1.29) 5.71 (1.51)<br />
Besuche bei Physiotherapeut /<br />
Krankengymnast<br />
20 5.30 (1.30) 5.30 (1.56)<br />
Massagetermine 19 5.58 (1.64) 5.37 (1.64)<br />
*0 = viel häufiger, 5 = keine Wirkung, 10 = viel seltener<br />
5.2. Indirekte <strong>Evaluation</strong>: Angaben der Angehörigen<br />
Im Folgenden werden kurz die Angaben der Angehörigen der ehemaligen Teilnehmerinnen<br />
des 12-Wochen-Programms zur Akzeptanz der Programmbausteine durch die Teilnehme-<br />
rinnen zum Zeitpunkt der Katamnese dargestellt. Es folgt eine Auswertung der Angaben der<br />
Angehörigen zur Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms sowie der Aspekte, die im<br />
Zusammenhang mit dem Partnertreffen stehen. Abschließend werden die Angaben zur<br />
Akzeptanz der Programmbausteine durch die Angehörigen selbst dargestellt.<br />
Da direkt im Anschluss an die Durchführung des 12-Wochen-Programms keine Auswertung<br />
der Daten der Angehörigen erfolgte, werden im Anhang überblicksartig die entsprechenden<br />
deskriptiven Ergebnisse für den 2. Messzeitpunkt aufgeführt (s. Anhang B, Tabelle 1). Auf<br />
diese wird im Folgenden nur am Rande verwiesen, da es vornehmlich um die Auswertung der<br />
Katamnese geht. Da auch nicht alle Angaben der Angehörigen zur Programmbewertung in<br />
den nächsten Abschnitten abgehandelt werden können, erfolgt auch für den 3. Messzeitpunkt<br />
eine tabellarische Übersicht im Anhang für die deskriptiven Daten (s. Anhang B, Tabelle 2).<br />
5.2.1. Akzeptanz der Programmbausteine durch die Teilnehmerinnen<br />
Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms geben in der Nachuntersuchung<br />
nach einem Jahr recht hohe Beibehaltensquoten für die Weiterführung einzelner Maßnahmen<br />
81
des Programms an (s. 5.1.2.) bei einer durchweg positiven Beurteilung der weitergeführten<br />
Programmbausteine (s. 5.1.3.). Da im Allgemeinen hohe Abbruchquoten von Betroffenen bei<br />
Behandlungsprogrammen mit körperlicher Aktivierung berichtet werden (s. 2.2.2.) und die<br />
Effektivität von Behandlungsprogrammen mit der Teilnahme bzw. Weiterführung der Maß-<br />
nahmen zusammenhängt, soll geprüft werden, ob sich die Selbstaussagen der ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen durch Angaben ihrer Angehörigen bestätigen lassen.<br />
Zu t3 wurden die Angehörigen gefragt, ob aus ihrer Sicht die Patientin eine bestimmte Maß-<br />
nahme des 12-Wochen-Programms weiterhin durchgeführt hat. Zusätzlich konnte auf einer<br />
5stufigen Skala angegeben werden, wie intensiv die Teilnehmerin aus ihrer Sicht die ent-<br />
sprechende Maßnahme durchgeführt hat. Die Antwortmöglichkeiten waren „täglich“, „mehr-<br />
mals/Woche“, „einmal/Woche“, „weniger als einmal/Woche“ und „nie“. Die Angehörigen<br />
geben an, dass 87% der Teilnehmerinnen weiterhin ganz oder teilweise eine Ernährungs-<br />
umstellung durchführen. Ca. 70% führen je weiterhin die Dehnübungen und die Übungen mit<br />
Gymnastikband durch und je 56,5% die Gymnastikübungen sowie die Entspannungsübung.<br />
Knapp über die Hälfte führten weiterhin die Übungen mit dem Gymnastikball durch. Damit<br />
geben die Angehörigen an, dass sechs von acht Maßnahmen von über der Hälfte der Teil-<br />
nehmerinnen weiterhin durchgeführt werden. Nur für zwei der Maßnahmen liegen die An-<br />
gaben darunter: Die Selbstbeobachtungsübung führen noch knapp 40% und das Schmerz-<br />
tagebuch noch knapp 18% der Teilnehmerinnen laut ihrer Angehörigen durch (s. Tabelle 19).<br />
Alle Angaben zu der Intensität der Durchführung der Maßnahmen liegen durchschnittlich<br />
zwischen 1.0 und 2.58 und damit zwischen den Skalenwerten 1 („mehrmals/ Woche“) und<br />
3 („weniger als einmal/Woche“) (s. Tabelle 19). Die Streuweite der Angaben zur Durch-<br />
führungsintensität liegt für alle Maßnahmen zwischen 1 und 4, nur für die Übungen mit<br />
Gymnastikball liegt sie zwischen 2 - 4. In keinem Fall wurde angegeben, dass eine Maß-<br />
nahme „täglich“ durchgeführt wird.<br />
Tabelle 19: Weitere Durchführung der Maßnahmen aus Sicht der Angehörigen<br />
Maßnahmen Durchführung Durchführung Intensität<br />
n aus N = 23 % aus N = 23 n M (SD)<br />
Ernährungsumstellung 20 87 19 1.84 (0.76)<br />
Entspannungsübung 18 56,5 13 2.15 (1.07)<br />
Dehnübungen 19 60,9 12 2.25 (0.75)<br />
Gymnastikübungen 18 56,5 12 2.50 (0.80)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikband 19 60,9 12 2.58 (0.90)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikball 17 52,2 12 2.50 (0.90)<br />
Selbstbeobachtungsübung 14 39,1 8 2.00 (0.93)<br />
Schmerztagebuch 16 17,4 3 1.0 (0)<br />
82
In Tabelle 20 werden die Angaben der ehemaligen Teilnehmerinnen den Angaben der An-<br />
gehörigen zur weiteren Durchführung der Programmmaßnahmen gegenübergestellt: In der<br />
ersten Spalte der Tabelle 20 werden die prozentualen Durchführungsangaben der gesamten<br />
Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen am 12-Wochen-Programm noch einmal angeführt.<br />
Es zeigt sich, dass im Unterschied hierzu die Angaben derjenigen Untergruppe (N = 23),<br />
deren Angehörige auch zu t3 Fragebögen abgegeben haben, teilweise niedrigere Angaben zur<br />
Weiterführung machen als die gesamte Gruppe. Da hier jedoch von Interesse ist, wie ähnlich<br />
die Angaben der Angehörigen zu denen der ehemaligen Teilnehmerinnen sind, wird hier auf<br />
mögliche Ursachen dieser Unterschiede nicht eingegangen. Zur Beurteilung der Güte der An-<br />
gaben im Sinne einer Validierung durch die Angaben der Angehörigen reicht der Vergleich<br />
der Untergruppe mit den zugehörigen Angehörigen. Die absolute Höhe der Angaben der<br />
Durchführung liefert für alle Maßnahmen für beide Gruppen ein sehr ähnliches Bild: Nur für<br />
die Maßnahme Schmerztagebuch führen geben doppelt so viele Angehörige an, dass ihre<br />
betroffene Partnerin dies durchgeführt habe, als die Betroffenen selbst. Keiner der Unter-<br />
schiede zwischen den gepaarten Angaben der Gruppen erweist sich als statistisch bedeutsam<br />
(Schmerztagebuch führen: T = 1,464; df = 15; p = .164).<br />
Tabelle 20: Vergleich der Angaben zur Durchführung 12-WG mit A-12-WG<br />
Maßnahmen<br />
12-WG<br />
%**<br />
(n aus N = 36)<br />
12-WG<br />
%<br />
(n aus N = 23)<br />
83<br />
A-12-WG<br />
%<br />
(n aus N = 23)<br />
Ernährungsumstellung 80,6% (29) 82,6% (19) 82,6% (19)<br />
Entspannungsübung 80,6% (29) 60,9% (14) 56,5% (13)<br />
Dehnübungen 80,6% (29) 65,2% (15) 56,5% (13)<br />
Gymnastikübungen 72,2% (26) 52,2% (12) 52,2% (12)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikband 72,2% (26) 56,5% (13) 56,5% (13)<br />
Muskelaufbau mit Gymnastikball 50% (18) 43,5% (10) 47,8% (11)<br />
Selbstbeobachtungsübung 66,7% (24) 39,1% (9) 34,8% (8)<br />
Schmerztagebuch 19,4% (7) 8,7% (2) 17,4% (4)<br />
5.2.2. Bewertungen<br />
Die Angehörigen leben fast alle zusammen mit den Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />
Programms in einem Haushalt (s. 4.5.4.). Es wird daher davon ausgegangen, dass sich die<br />
Angehörigen zu dem 12-Wochen-Programm eine Meinung gebildet haben: Sie haben sowohl<br />
die Zeit während der 12 Wochen miterlebt, in denen dass Programm durchgeführt wurde, als<br />
auch die Auswirkungen davon im Lauf des einen Jahres nach der Durchführung. Außerdem<br />
bestand die Möglichkeit, an einem Baustein des Programms, dem so genannten Partnertreffen,<br />
selbst teilzunehmen. Von den 23 Angehörigen, die noch in der Auswertung der Nachunter-
suchung verbleiben können, geben 34,8% (8 Personen) explizit an, an dem Partnertreffen<br />
teilgenommen zu haben. Insgesamt hatten nur ca. 20% der Angehörigen von Teilnehmerinnen<br />
des Programms an dem Partnertreffen teilgenommen (s. Schmidt, 2003). Es handelt sich bei<br />
der in der Katamnese verbliebenen Gruppe also insbesondere um Angehörige, die zu diesen<br />
ursprünglich 20% gehörten. In der Beurteilung der Gesamtbewertung des 12-Wochen-Pro-<br />
gramms werden die Angehörigen gebeten, die Auswirkungen des Programms auf ihre von<br />
Fibromyalgie betroffene zugehörige Teilnehmerin einzuschätzen. Der Mittelwert liegt im<br />
leicht positiven Bereich (M = 7.32; SD = 1.46) (s. Tabelle 21). Es zeigt sich kein Unterschied<br />
in der Gesamteinschätzung des Programms für diejenigen, die an dem Partnertreffen teilge-<br />
nommen haben oder nicht. Es werden nur Angaben im Bewertungsbereich „keine Wirkung“<br />
bis „sehr positive Wirkung“ (5-9) vergeben. Die Beurteilung der Auswirkung des Partner-<br />
treffens auf die Familie / Partnerschaft fällt geringer aus und ist dem Bereich „keine<br />
Wirkung“ zuzuordnen (M = 6.32; SD = 1.84). Es zeigt sich kein Unterschied zwischen An-<br />
gehörigen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben bzw. nicht teilgenommen haben.<br />
Das Partnertreffen selbst wird leicht positiv bewertet (M = 6.75, SD = 1.49). Der Gesellige<br />
Abend wird ebenfalls leicht positiv beurteilt (M = 7.0; SD = 1.0).<br />
Tabelle 21: Bewertungen aus Sicht der Angehörigen<br />
A-<br />
A-<br />
12-WG<br />
12-WG<br />
Bewertungsaspekt<br />
n<br />
n<br />
teilg.<br />
aus N = 23 M (SD) aus N = 8 M (SD)<br />
Gesamtbewertung 22 7.32 (1.46) 8 7.5 (1.60)<br />
Auswirkungen auf<br />
Familie/Partnerschaft<br />
22 6.32 (1.84) 8 6.38 (2.20)<br />
Partnertreffen - - 8 6.75 (1.49)<br />
Geselliger Abend - - 5 7.0 (1.0)<br />
Anmerkungen: A-12-WG = Angehörige der 12-Wochen-Gruppen; A-12-WG teilg. = Angehörige der<br />
12-Wochen-Gruppen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben<br />
In Tabelle 22 werden die Angaben der Angehörigen den Angaben der zugehörigen Teil-<br />
nehmerinnen gegenübergestellt: Der Vergleich der Gesamtbewertungen für die gepaarten<br />
Gruppen ergibt einen signifikanten Unterschied (T = -2.358; df = 20; p = .029). Die Ange-<br />
hörigenbeurteilungen des gesamten Programms unterscheiden sich damit von denen ihrer<br />
zugehörigen Teilnehmerinnen. Sie beurteilen das Programm im Durchschnitt weniger deutlich<br />
positiv. Die Beurteilungen von Angehörigen und Teilnehmerinnen korrelieren dabei hoch<br />
signifikant (r = .610; p = .003; n = 21). Der Vergleich der Auswirkungen des Programms auf<br />
die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie zeigt keinen statistisch bedeutsamen Unterschied<br />
84
(T = -.969; df = 21; p = .344): die Angehörigen schätzen die Auswirkungen des Programms<br />
auf die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie zu t3 damit ähnlich ein wie die ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen. Die Beurteilungen korrelieren signifikant (r = .471; p = .027; n = 22). Das<br />
Partnertreffen wird von den Angehörigen ähnlich beurteilt wie von den zugehörigen Teil-<br />
nehmerinnen des 12-Wochen-Programms (T = -1.369; df = 6; p = .220). Die Beurteilungen<br />
der Teilnehmerinnen und ihrer Angehörigen korrelieren tendenziell signifikant (r = .744;<br />
p = .055; n = 7). Die Beurteilung des geselligen Abends fällt bei den Angehörigen niedriger<br />
als bei den Teilnehmerinnen aus. Dieser Unterschied ist signifikant (T = -3.207; df = 4;<br />
p = .033). Die Beurteilungen der Teilnehmerinnen und ihrer Angehörigen korrelieren<br />
statistisch nicht bedeutsam (r = .559; p = .327; n = 5).<br />
Tabelle 22: Vergleich der Bewertungen 12-WG mit A-12-WG zu t3<br />
12-WG A-<br />
12-WG A-<br />
n aus<br />
12-WG n aus mit Partner 12-WG<br />
Bewertungsaspekt N =<br />
N =<br />
teilg.<br />
23/23 M (SD) M (SD) 7/8 M (SD) M (SD)<br />
Gesamtbewertung 21/21 8.05 (1.32) 7.43 (1.40)* 7.5 (1.60)<br />
Auswirkungen auf<br />
Familie/Partnerschaft<br />
22/22 6.68 (1.55) 6.32 (1.84) 7/8 6.43 (1.81) 6.38 (2.20)<br />
Partnertreffen 15 7.80 (1.82) - 7/7 7.71 (2.06) 7.0 (1.41)<br />
Geselliger Abend 17 8.06 (1.92) - 5/5 8.20 (0.45) 7.0 (1.0)*<br />
Anmerkungen: A-12-WG = Angehörige der 12-Wochen-Gruppen; A-12-WG teilg. = Angehörige der<br />
12-Wochen-Gruppen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben<br />
* Der Gruppenunterschied ist signifikant (p < .05).<br />
5.2.3. Akzeptanz der Angehörigen für das 12-Wochen-Programm<br />
Die Durchführung des 12-Wochen-Programms hat direkte Auswirkung auf mit im Haushalt<br />
lebende Angehörige, zum Beispiel dadurch, dass die Zeit, die die Betroffenen in die Durch-<br />
führung investieren, nicht für andere Dinge aufwenden können oder darüber, dass die<br />
Ernährungsumstellung meist die im Haushalt kochenden und von Fibromyalgie betroffenen<br />
Frauen durchführen und dann weitere im Haushalt lebende Personen in irgendeiner Weise in<br />
die Ernährungsumstellung mit einbeziehen. Daher sollen hier kurz die Daten angegeben<br />
werden, die sich auf die Akzeptanz des Programms durch die Angehörigen zum Zeitpunkt der<br />
Katamnese beziehen. Erhoben wurden Angaben zur Bereitschaft, die Betroffenen bei der<br />
Durchführung zu unterstützen sowie das Programm weiterzuempfehlen.<br />
Auf die Frage, ob sie anderen Betroffenen die Teilnahme an einem solchen Programm<br />
empfehlen würden, antworten 18 Angehörige zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung mit ja<br />
(78,3%), die restlichen Angehörigen nehmen nicht explizit Stellung (missings). 7 Angehörige<br />
85
(30,4%) geben an, einzelne Elemente des Programms mitgemacht zu haben. 8 (34,8%) hatten<br />
an dem Partnertreffen während der Durchführung des 12-Wochen-Programms teilgenommen.<br />
<strong>Dr</strong>ei Angehörige (13%) geben an, dass sie ihre Partnerinnen anderweitig unterstützt haben.<br />
5.3. Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />
Die Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien soll ermöglichen, die Akzeptanz und<br />
die Bewertung der Programmelemente aussagekräftiger beurteilen zu können. Die Angaben<br />
der direkten <strong>Evaluation</strong> werden hier mit im Alltag genutzten Aktivitäten und Maßnahmen zur<br />
Krankheitsbewältigung verglichen. Des Weiteren soll geprüft werden, ob sich ein Jahr nach<br />
der Durchführung des 12-Wochen-Programms ein Unterschied in der Nutzung aktiver und<br />
passiver Bewältigungsstrategien zwischen den beiden Untersuchungsgruppen finden lässt.<br />
Vorbemerkung<br />
Bereits zu t2 wurden alle Teilnehmerinnen dazu befragt, ob und wenn ja, welche Maßnahmen<br />
außer der Teilnahme an den Gruppen der Rheuma-Liga durchgeführt bzw. welche anderen<br />
therapeutischen Angebote genutzt werden (Item Nr. 429, 430, 431, 436, 437). Es wurde<br />
jeweils gefragt, ob die entsprechende Maßnahme durchgeführt wurde und anschließend die<br />
Möglichkeit zur Bewertung der Wirkungsweise der Maßnahme anhand einer Beurteilung auf<br />
je einer 10stufigen Skala gegeben. Dabei reichten die Antwortmöglichkeiten von 0 = „sehr<br />
negative Wirkung“ über 5 = „keine Wirkung“ bis 10 = „sehr positive Wirkung“. Somit sollte<br />
ein Vergleich der Beurteilungen der Maßnahmen des 12-Wochen-Programms mit im Alltag<br />
genutzten Maßnahmen oder Aktivitäten ermöglicht werden. Für die Vergleichsgruppe der<br />
Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen wurde zu t2 im Rahmen des Gesamtfragebogens<br />
ebenfalls nach dem Erhalt bestimmter Behandlungsmaßnahmen gefragt (s. Fragebogen Teil 2<br />
zu t2, Schmidt, 2003). Diese Daten wurden jedoch im Rahmen der ersten <strong>Evaluation</strong> nicht<br />
ausgewertet. Die Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zeigten sich zum 2. Messzeit-<br />
punkt zu einem Großteil zusätzlich engagiert und beurteilten die selbst gewählten zusätzlichen<br />
Maßnahmen ähnlich positiv wie die Programmmaßnahmen, was für die <strong>Evaluation</strong> des Pro-<br />
gramms bestimmte Schwierigkeiten aufwarf (s. Schmidt, 2003). Dass keine vergleichbaren<br />
Daten zum Ausgangszeitpunkt der Studie erhoben wurden, warf ebenfalls Interpretations-<br />
probleme auf.<br />
Hier sollen diese zusätzlich von den Teilnehmerinnen beider Untersuchungsgruppen im All-<br />
tag genutzten Behandlungsmaßnahmen im Vergleich ausgewertet werden und in Bezug zu<br />
86
den Maßnahmen des 12-Wochen-Programms gesetzt werden. Der Schwerpunkt liegt hier je<br />
auf der Auswertung der Informationen zum Katamnesezeitpunkt.<br />
5.3.1. Maßnahmen außerhalb des 12-Wochen-Programms bzw. der Rheuma-Liga<br />
Zum 2. Messzeitpunkt wertete Schmidt (2003) unter der Rubrik „Zusätzliche Maßnahmen“<br />
für die 12-Wochen-Gruppe drei weitere Maßnamen aus, die außerhalb des Programms von<br />
den Teilnehmerinnen durchgeführt werden konnten (Selbsthilfemaßnahmen, Krankengym-<br />
nastik, Psychotherapie). Da die entsprechenden Daten für die Vergleichsgruppe nicht aus-<br />
gewertet wurden, soll hier vorab geprüft werden, ob bereits im Anschluss an die Programm-<br />
durchführung bzw. die Durchführung der Traditionellen Gruppen Unterschiede in diesem<br />
Bereich zwischen den beiden Untersuchungsbedingungen bestanden, wobei keine Rück-<br />
schlüsse auf das Zustandekommen dieser Unterschiede aus den vorhandenen Daten gezogen<br />
werden können. Dann sollen die im Alltag genutzten Bewältigungsstrategien ausführlicher für<br />
den Katamnesezeitpunkt ausgewertet werden. Da nicht alle Items in beiden Gruppen und auch<br />
nicht zu beiden Messzeitpunkten (t2 und t3) parallel erhoben wurden, werden in diesem<br />
Abschnitt nur die Daten ausgewertet, die parallelisiert betrachtet werden können.<br />
Zu t2 fiel ein Item in seiner Bewertung durch die 12-Wochen-Gruppe besonders auf: Die<br />
„Selbsthilfemaßnahmen außerhalb“ wurden am positivsten beurteilt (M = 9.08) und gleich-<br />
zeitig auch am einheitlichsten in dieser Bewertung (SD = 0.98), wobei 72,2% (26) angaben,<br />
derartige durchzuführen. Offen blieb zu t2 jedoch, was genau unter diesen Bereich der selbst<br />
gewählten Aktivitäten oder Behandlungsmaßnahmen fällt. Somit wurden zu t3 in beiden<br />
Gruppen neue Items erhoben, um einen genaueren Eindruck zu erhalten, welche Maßnahmen<br />
die Teilnehmerinnen außerhalb des Programms und unabhängig zu diesem zusätzlich durch-<br />
geführt haben. Die global formulierte Frage nach der Nutzung weiterer Selbsthilfemaßnahmen<br />
wurde leider nur der 12-Wochen-Gruppe gestellt. Der Vergleich zu t2 der Gruppen kann<br />
damit für dieses Item nicht erfolgen. Der Vergleich von bereits zu t2 für die EG ausge-<br />
werteten Items beschränkt sich somit auf die beiden Items Nutzung von Krankengymnastik<br />
und die Inanspruchnahme von Psychotherapie. Daher wird hier zusätzlich auch das Item<br />
Nutzung anderer Therapien ausgewertet, um ein umfassenderes Bild der beiden Gruppen zu t2<br />
zu erhalten, um etwaige Ausgangsunterschiede für die nachfolgende Katamnesebetrachtung<br />
aufzudecken.<br />
Die Maßnahme Krankengymnastik außerhalb der Rheuma-Liga Gruppen bzw. des 12-<br />
Wochen-Programms wurde noch einmal gesondert erhoben, da die Frage bestand, ob die<br />
Heterogenität des Krankheitsbildes evtl. doch dazu führt, dass individuelle Krankengymnastik<br />
87
im Rahmen der normalen Angebote auf dem Markt zu vergleichbaren oder gar positiveren<br />
Bewertungen führen als die im Programm verwendeten, spezifisch für Fibromyalgie-Patienten<br />
konzipierten krankengymnastischen Übungen. Außerdem sollte damit ein Vergleichswert<br />
zwischen den beiden Gruppen für Maßnahmen im körperlichen Bereich erhoben werden.<br />
In der 12-Wochen-Gruppe nahm die Hälfte der Teilnehmerinnen (50%, 18 Personen) direkt<br />
im Anschluss an das Programm bzw. parallel dazu zusätzlich Krankengymnastik. In der Tra-<br />
ditionellen Gruppe betrug der Anteil zu t2 54,1% (33). 5,6% (2 Personen) der EG befanden<br />
sich zu t2 in psychotherapeutischer Behandlung. In den Traditionellen Gruppen erhielten<br />
36,1% (22) Psychotherapie. Die Frage nach der Nutzung anderer Therapien bejahten<br />
38,9% (14) der EG und 16,4% (10) der TG zu t2 (s. Tabelle 23). Unter Andere Therapien<br />
wurde in der TG in offener Antwortmöglichkeit am häufigsten Massage genannt (8,2% (5)),<br />
gefolgt von Lymphdrainage und Fango (je 3,3% (2)). In der EG wurde am häufigsten Aku-<br />
punktur (11,1%; (4)) und am zweithäufigsten Massage (8,3%, (3)) angegeben (Häufigkeits-<br />
verteilungen mit allen Nennungen s. Anhang B, Tabelle 3). Massage wurde somit insgesamt<br />
in beiden Gruppen am häufigsten frei genannt und soll in der Langzeitbetrachtung weiter<br />
berücksichtigt werden.<br />
Damit unterschieden sich die beiden Gruppen bereits zu t2 in der Nutzung von zwei der drei<br />
alltäglichen Bewältigungsangebote: Während der Prozentsatz der Teilnehmerinnen, der Kran-<br />
kengymnastik in Anspruch nahm, in beiden Gruppen vergleichbar war (χ 2 = .037; df = 1;<br />
p = .847), befanden sich deutlich mehr der TG in psychotherapeutischer Behandlung als in der<br />
EG (χ 2 = 11.615; df = 1; p = .001) und deutlich mehr der Teilnehmerinnen der EG nutzen zu-<br />
sätzliche therapeutische Angebote als Teilnehmerinnen der TG (χ 2 = 6.139; df = 1; p = .013).<br />
Die Maßnahmen wurden dabei in den Gruppen teils unterschiedlich beurteilt: Die Bewertung<br />
der anderen Therapien fällt in der EG tendenziell signifikant besser aus (T = 2.133; df = 13;<br />
p = .053; n = 10/5). Die Krankengymnastik wird knapp tendenziell besser beurteilt<br />
(T = 1.669; df = 46; p = .102; n = 18/30). Für die Beurteilung der psychotherapeutischen<br />
Angebote zeigt sich dagegen kein signifikanter Bewertungsunterschied (T = 1.480; df = 18;<br />
p = .156; n = 2/18).<br />
In der Nutzung von Massage unterschieden sich die beiden Gruppen nicht: in beiden Gruppen<br />
erhielt zu t2 ein Anteil von etwas über 8% der Teilnehmerinnen Massage. Da unter der<br />
offenen Formulierung anderer Therapien Mehrfachnennungen möglich waren, können die<br />
Bewertungen teilweise nicht den einzelnen Maßnahmen zugeordnet werden, so dass sich die<br />
Bewertungen für die Maßnahme Massage stark reduziert (je n = 1). Auf einen Vergleich der<br />
Bewertungen (je 9 Punkte) muss daher verzichtet werden.<br />
88
Tabelle 23: Maßnahmen außerhalb des Programms bzw. der Rheuma-Liga zu t2: 12-WG - TG<br />
Teilnahme und Bewertung<br />
Maßnahme<br />
Teilnahme*<br />
t2 12-WG<br />
n aus N = 36<br />
Bewertung<br />
Teilnahme*<br />
t2 TG<br />
n aus N = 61<br />
Bewertung<br />
% (n) n M SD % (n) N M SD<br />
Krankengymnastik 50 (18) 18 8.39 1.41 54,1 (33) 30 7.57 1.77<br />
Psychotherapie 5,6 (2) 2 10.0 0 36,1 (22)** 18 7.28 2.54<br />
Andere Therapien 38,9 (14) 10 9.30 0.95 16,4 (10)* 5 8.0+ 1.41<br />
Massage, offen genannt 8,3 (3) 1 9.0 - 8,2 (5) 1 9.0 -<br />
*Die zu 100% fehlenden Angaben setzen sich aus denjenigen zusammen, die die Frage verneinten<br />
bzw. unbeantwortet ließen.<br />
Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />
+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />
* signifikant (p < .05)<br />
** hoch signifikant (p < .01)<br />
In Tabelle 24 werden die Angaben zu den Maßnahmen außerhalb der Rheuma-Liga für beide<br />
Gruppen zu t3 angegeben (Häufigkeitsverteilungen mit allen Nennungen für das Item Andere<br />
Therapien s. Anhang B, Tabelle 4). Um eine Aussage über die Signifikanz der Unterschiede<br />
zwischen den Gruppen für die beiden Messzeitpunkte zu machen, werden die Antworten<br />
metrisch behandelt und mit einer zweifaktoriellen Varianzanalyse mögliche Effekte von<br />
Messzeitpunkt (Mzp), Gruppe und der Interaktion von Messzeitpunkt*Gruppe geprüft. Für<br />
die Nutzung von Krankengymnastik zeigen sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte<br />
für die Faktoren Gruppe und Messzeitpunkt (Mzp: F = 1.302; df = 1; p = .257; Gruppe:<br />
F = 1.895; df = 1; p = .172). Allerdings besteht ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen<br />
Mzp*Gruppe (F = 4.262; df = 1; p = .042). Für die Inanspruchnahme von Psychotherapie<br />
zeigt sich kein Messzeitpunkteffekt (F = .430; df = 1; p = .513), aber ein signifikanter Effekt<br />
für die Gruppe (F = 5.968; df = 1; p = .016). Die Interaktion von Mzp*Gruppe wird hoch<br />
signifikant (F = 7.344; df = 1; p = .008). Für die Inanspruchnahme anderer Therapien zeigen<br />
sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte für die Faktoren Gruppe und Messzeitpunkt<br />
(Mzp: F = .001; df = 1; p = .981; Gruppe: F = 1.642; df = 1; p = .203). Die Interaktion von<br />
Mzp*Gruppe wird hoch signifikant (F = 7.397; df = 1; p = .008). Für die offenen Nennungen<br />
von Massage zeigt sich ein signifikanter Effekt für den Faktor Messzeitpunkt (F = 4.976;<br />
df = 1; p = .028). Für den Faktor Gruppe und die Interaktion von Mzp*Gruppe zeigen sich<br />
keine statistisch bedeutsamen Effekte (Gruppe: F = .002; df = 1; p = .966; Mzp*Gruppe:<br />
F = .018; df = 1; p = .892).<br />
In der Bewertung der Maßnahmen außerhalb der Rheuma-Liga zu t3 unterschieden sich die<br />
Gruppen jeweils nicht (Krankengymnastik: T = .389; df = 37; p = .700; n = 9/30;<br />
89
Psychotherapie: T = -.143; df = 18; p = .888; n = 6/14; Andere Therapien: T = -.841; df = 21;<br />
p = .410; n = 7/16).<br />
Tabelle 24: Maßnahmen außerhalb der Rheuma-Liga zu t3: 12-WG – TG<br />
Teilnahme*<br />
T3 12-WG<br />
n aus N = 36<br />
Bewertung<br />
Teilnahme*<br />
t3 TG<br />
n aus N = 61<br />
Bewertung<br />
% (n) N M SD % (n) n M SD<br />
Krankengymnastik 44,4 (16) 9 8.44 1.42 57,4 (35) 30 8.23 1.43<br />
Psychotherapie 22,2 (8) 6 7.83 1.17 26,2 (16) 14 7.93 1.44<br />
Andere Therapien 25 (9) 7 7.0 3.51 27,9 (17) 16 7.94 1.88<br />
Massage, offen genannt 2,8 (1) 0 - - 3,8 (2) 1 9.0 -<br />
*Die zu 100% fehlenden Angaben setzen sich aus denjenigen zusammen, die die Frage verneinten<br />
bzw. unbeantwortet ließen.<br />
5.3.2. Alltägliche Bewältigungsstrategien<br />
Die zum 3. Messzeitpunkt erhobenen Verhaltensweisen, die im Verlauf des einen Jahres nach<br />
der ersten Untersuchung durchgeführt werden konnten, werden als alltägliche Bewältigungs-<br />
strategien der Teilnehmerinnen interpretiert. Hierzu liegen leider keine detaillierten Angaben<br />
zu t1 und t2 vor. Als Referenz für Veränderungen diesbezüglich innerhalb der Gruppen<br />
müssen daher die unter 5.3.1. ausgewerteten Maßnahmen außerhalb des Programms bzw.<br />
außerhalb der Traditionellen Gruppen herangezogen werden (s. 6.3.3.). Die hier erfolgende<br />
Auswertung bezieht sich somit ausschließlich auf den 3. Messzeitpunkt für beide Gruppen im<br />
Vergleich. Von besonderem Interesse gemäß der Fragestellungen (s. 3.) für die <strong>Evaluation</strong> des<br />
12-Wochen-Programms sind dabei mögliche Unterschiede zwischen den beiden Vergleichs-<br />
bedingungen in der Nutzung aktiver und passiver Bewältigungsstrategien sowie das jeweilige<br />
Ausmaß derselben. Zu diesem Zweck wurden die erhobenen Verhaltensweisen danach unter-<br />
teilt, ob es sich eher um passive oder um aktive Bewältigungsstrategien handelt (s. 2.2.2.;<br />
Aspekt: Kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansatz). Zur Erleichterung der Darstellung und<br />
der Diskussion der Ergebnisse wurden diese nach rational-logischen Gesichtspunkten zu vier<br />
verschiedenen Bewältigungsstrategien gebündelt (s. Tabelle 25). Die Zusammenfassung der<br />
Medikamente als Baustein Passive Bewältigung soll nicht bedeuten, dass nicht durchaus die<br />
Einnahme von Medikamenten die Teilnahme an Alltagsaktivitäten oder am sozialen Leben<br />
evtl. erst oder trotz der Schmerzen ermöglicht. Mit Fokus auf die Dimension Eigenverant-<br />
wortlichkeit und Aktivierung sind Medikamente jedoch als passive Bewältigung zu bewerten.<br />
Die Maßnahme Massage soll als weitere passive Bewältigungsstrategie ebenfalls im Rahmen<br />
des Vergleichs passiver und aktiver Strategien für die beiden Gruppen ausgewertet werden.<br />
Im Vergleich zu den anderen Maßnahmen wurde diese jedoch nicht als Item abgefragt,<br />
90
sondern konnte wie schon zu t2 in offener Äußerung unter der Nennung weiterer Therapien<br />
angegeben werden.<br />
Tabelle 25: Überblick über die Bündelung von Verhaltensweisen und ihre Zuordnung<br />
Verhaltensweisen, gebündelt Item (Nr.)<br />
Passive Bewältigung:<br />
Medikamente<br />
Aktive Bewältigungsstrategie 1:<br />
Körperliche Betätigung<br />
Aktive Bewältigungsstrategie 2:<br />
Informationsaufnahme<br />
Aktive Bewältigungsstrategie 3:<br />
Austausch<br />
Schmerzmittel (616)<br />
Psychopharmaka (617)<br />
Muskelentspannungsmittel (618)<br />
Anderes wichtiges Medikament (619)<br />
Spazierengehen (624)<br />
Fahrradfahren (625)<br />
Schwimmen bzw. Wassergymnastik (626)<br />
Andere Form von Sport oder Bewegung (627)<br />
Bücher (628)<br />
Videokassetten (631)<br />
Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen (632)<br />
Teilnahme an einer weiteren Selbsthilfegruppe (633b)<br />
In Tabelle 26 werden die Prozentualen Anteile für die Gruppen angegeben, die die jeweilige<br />
Bewältigungsstrategie in dem einen Jahr nach Durchführung des Programms bzw. der Ver-<br />
gleichsgruppen durchgeführt haben. Für verschiedene Bewältigungsstrategien zeigt sich dabei<br />
ein Unterschied zwischen den Gruppen: So werden in der TG signifikant mehr Schmerzmittel<br />
eingenommen als in der EG. Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen berichten tenden-<br />
ziell mehr Teilnehmerinnen der TG als der EG. Und ein höchst signifikanter Unterschied<br />
zeigt sich für die Nutzung von Videomaterial. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass die<br />
Formulierung im Fragebogen explizit nach dem Sehen von Videos von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> fragte und<br />
nicht allgemein nach dem Sehen von Videos zum Thema Fibromyalgie gefragt wurde. Da die<br />
ehemaligen Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen viel stärker mit Materialien von<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> zu der Erkrankung durch das Programm in Kontakt gekommen sind, verwundert<br />
dieser Unterschied nicht. Es ist eher auffällig, dass trotz dieser Einschränkung durch die Item-<br />
formulierung (die übrigens auch bei der Frage nach dem Lesen von Büchern gemacht wurde)<br />
zu je 1/3 bzw. der Hälfte auch Teilnehmerinnen der TG je Videos bzw. Bücher von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong><br />
in dem einen Jahr im Rahmen der privaten Auseinandersetzung mit Fibromyalgie genutzt<br />
haben. Für alle weiteren Maßnahmen ergeben sich keine statistisch bedeutsamen Unterschiede<br />
zwischen den Gruppen. Einzelne Maßnahmen werden in beiden Gruppen deutlich häufiger im<br />
Lauf <strong>eines</strong> Jahres genutzt als andere: Innerhalb der Medikamente werden in beiden Gruppen<br />
91
insbesondere Schmerzmittel eingenommen (EG: ca. 70%, TG: ca. 84%). Im Rahmen körper-<br />
licher Betätigung wird in beiden Gruppen von mehr als 70% der Teilnehmerinnen Spazieren<br />
gegangen und rund die Hälfte schwimmt oder betreibt Wassergymnastik (EG: ca. 56%, TG:<br />
ca. 50%) (Für die Häufigkeitsverteilungen der Nennungen unter dem Item Andere Form von<br />
Sport und Bewegung s. Anhang B, Tabelle 5).<br />
Tabelle 26: Häufigkeit der Durchführung alltäglicher Bewältigungsstrategien zu t3<br />
Alltägliche Bewältigungsstrategie 12-WG TG<br />
Prüfgröße<br />
% (n) %*(n) (für alle: df = 1)<br />
Schmerzmittel 69,4 (25) 83,6 (51) χ 2 = 4.037; p = .045*<br />
Psychopharmaka 50 (18) 39,9 (24) χ 2 = .788; p = .375<br />
Muskelentspannungsmittel 19,4* (7) 27,9 (17) χ 2 = .988; p = .320<br />
Anderes wichtiges Medikament 25* (9) 29,5 (18) χ 2 = .352; p = .553<br />
Massage (offene Äußerung) 2,8 (1) 3,8 (2) -<br />
Spazierengehen 72,2 (26) 70,5 (43) χ 2 = .003; p = .953<br />
Fahrradfahren 33,3 (12) 19,7 (12) χ 2 = 2.133; p = .144<br />
Schwimmen bzw. Wassergymnastik 55,6 (20) 49,2 (30) χ 2 = .278; p = .598<br />
Andere Form von Sport oder Bewegung 50 (18) 39,3 (24) χ 2 = .890; p = .345<br />
Bücher 72,2 (26) 57,4 (35) χ 2 = 2.159; p = .142<br />
Video 83,3 (30) 34,4 (21) χ 2 = 21.107;<br />
p = .000***<br />
Erfahrungsaustausch mit anderen<br />
Betroffenen<br />
58,3 (21) 95,1 (58) χ 2 = 3.709; p = .054+<br />
Teilnahme an einer weiteren<br />
Selbsthilfegruppe<br />
22,2 (8) 19,7 (12) χ 2 = .031; p = .860<br />
*Die zu 100% fehlenden Angaben setzen sich aus denjenigen zusammen, die die Frage verneinten<br />
bzw. unbeantwortet ließen.<br />
Grau unterlegte Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />
+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />
* signifikant (p < .05)<br />
** hoch signifikant (p < .01)<br />
*** höchst signifikant (p < .001)<br />
Tabelle 27 zeigt die Bewertungen der alltäglichen Bewältigungsstrategien für die beiden<br />
Gruppen. Diese liegen in der 12-WG alle im leicht positiven bis deutlich positiven Be-<br />
urteilungsbereich (6,60-9,08). Am höchsten positiv wird die Teilnahme an einer weiteren<br />
Selbsthilfegruppe bewertet (M = 9.08; SD = 0.93; n = 26), am niedrigsten die Einnahme von<br />
Muskelentspannungsmitteln (M = 6.60; SD = 1.34; n = 5). In der TG liegen die Bewertungen<br />
insgesamt niedriger in einer etwas niedrigeren Beurteilungsspannbreite (6.09-8.14). Am<br />
positivsten wird dabei ein anderes wichtiges Medikament beurteilt, das zusätzlich zu den<br />
anderen drei genannten Medikamentenkategorien angegeben werden konnte (M = 8.14;<br />
SD = 1.56; n = 14) und am niedrigsten wird in dieser Gruppe die körperliche Betätigung<br />
Fahrradfahren eingestuft (M = 6.09; SD = 2.39; n = 23). Dieses Item ist damit dem Bereich<br />
92
keine Wirkung zuzuordnen. Für einen Vergleich der Bewertungen nach der Zuordnung in<br />
aktive und passive Bewältigungsstrategien im Rahmen von zusammengefassten Maßnahmen-<br />
bündeln siehe 5.3.3. Im Einzelvergleich ergibt sich nur für die Beurteilung der Bücher von<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> ein statistisch tendenziell signifikanter Bewertungsunterschied zwischen den<br />
beiden Gruppen, da die Teilnehmerinnen der 12-WG diese wirkungsvoller beurteilen als die<br />
Teilnehmerinnen der TG (T = 1.801; df = 44; p = .079).<br />
Tabelle 27: Bewertung alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />
Alltägliche<br />
n 12-WG n aus TG<br />
Bewältigungsstrategie aus N = 36 M (SD) N = 61 M (SD)<br />
Schmerzmittel 19 7.26 (2.08) 46 7.00 (2.02)<br />
Psychopharmaka 13 8.00 (1.35) 19 7.32 (2.14)<br />
Muskelentspannungsmittel 5 6.60 (1.34) 15 6.80 (2.34)<br />
Anderes wichtiges<br />
Medikament<br />
7 7.29 (1.70) 14 8.14 (1.56)<br />
Spazierengehen 23 7.57 (1.78) 36 6.89 (2.34)<br />
Fahrradfahren 11 7.27 (2.33) 11 6.09 (2.39)<br />
Schwimmen bzw.<br />
Wassergymnastik<br />
16 8.44 (1.36) 29 7.69 (1.54)<br />
Andere Form von Sport<br />
oder Bewegung<br />
14 8.14 (1.56) 19 8.21 (1.32)<br />
Bücher 23 7.61 (1.59) 23 6.74 (1.68)+<br />
Video 23 8.26 (1.32) 15 7.53 (1.60)<br />
Erfahrungsaustausch mit<br />
anderen Betroffenen<br />
21 8.24 (1.26) 45 7.91 (1.58)<br />
Teilnahme an einer<br />
weiteren Selbsthilfegruppe<br />
26 9.08 (0.93) 11 8.73 (1.74)<br />
Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />
+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />
5.3.3. Aktive und passive Bewältigungsstrategien – Vergleich der Gruppen<br />
Tabelle 28 zeigt die Durchführungshäufigkeit für die gebündelten Bewältigungsstrategien: Es<br />
werden jeweils diejenigen Personen ausgeschlossen, die in mehr als einer Maßnahme pro<br />
Bündel einen fehlenden Wert haben. In allen anderen Fällen wurden Summenwerte für die<br />
zusammengefassten Bausteine gebildet. Für die Bündel Medikamente und Körperliche Be-<br />
tätigung ist Voraussetzung, dass mindestens zwei der zusammengefassten Maßnahmen<br />
durchgeführt wurden, um für dieses Bündel ein „durchgeführt“ zugewiesen zu bekommen.<br />
Für die beiden anderen Bündel wird dann ein „durchgeführt“ vergeben, wenn mindestens eine<br />
der beiden Maßnahmen durchgeführt worden ist. Entsprechend der Fragestellung (s. 3.)<br />
werden die Teilnahmeunterschiede der gebündelten Bewältigungsstrategien einseitig geprüft,<br />
da davon ausgegangen wird, dass die EG in den aktiven Strategien höhere Teilnahme-<br />
93
prozentsätze und in dem passiven Baustein einen niedrigeren Anteil als die TG aufweist.<br />
Entsprechend dieser Vermutung werden hier außer dem Chi-Quadrat nach Pearson mit p für<br />
die zweiseitige Signifikanzprüfung auch die exakten Werte nach Fisher angegeben für die<br />
einseitige Signifikanzprüfung (Diehl & Staufenbiel, 2001).<br />
Für das Maßnahmenbündel Passive Bewältigung ergibt sich kein statistisch bedeutsamer<br />
Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die prozentualen Angaben weisen in die<br />
erwünschte Richtung. Für die aktive Bewältigungsstrategie Körperliche Betätigung zeigt sich<br />
ebenfalls kein statistisch bedeutsamer Unterschied, wobei die prozentualen Angaben in die<br />
erwünschte Richtung weisen. Für die aktive Bewältigungsstrategie Informationsaufnahme<br />
zeigt sich ein höchst signifikanter Effekt, der - wie unter 5.3.1. bereits bei den Ergebnissen zu<br />
den Einzelmaßnahmen angeführt- wohl auf die einschränkende Formulierung der beiden<br />
Items dieses Bündels zurückzuführen ist. Für die aktive Bewältigungsstrategie Austausch<br />
zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Hier weisen die prozentualen<br />
Angaben zudem nicht in die erwünschte Richtung.<br />
Tabelle 28: Häufigkeit im Vergleich für die gebündelten Maßnahmen<br />
Zuordnung Gebündelte<br />
12-WG TG Prüfgröße<br />
Bewältigungsstrategien % (n) % (n) (für alle: df = 1)<br />
Passive Bewältigung Medikamente 50 (18) 57,4 (35) χ 2 = .708;<br />
p = .400;<br />
Fisher p = .266<br />
Aktive Bewältigung 1 Körperliche Betätigung 72,2 (26) 59 (36) χ 2 = 1.469;<br />
p = .225;<br />
Fisher p = .161<br />
Aktive Bewältigung 2 Informationsaufnahme 94,4 (34) 64 (39) χ 2 = 10.707;<br />
p = .001;***<br />
Fisherp=.001***<br />
Aktive Bewältigung 3 Austausch 88,9 (32) 95,1 (58) χ 2 = 2.323;<br />
p = .127;<br />
Fisher p = .139<br />
Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />
*** höchst signifikant (p < .001)<br />
Die EG bewertet alle Maßnahmenbündel im positiven Wirkungsbereich (>7; s. Tabelle 29).<br />
Entsprechend der Hypothesen zur Verteilung der Nutzung aktiver und passiver Strategien<br />
durch die Gruppen, kann erwartet werden, dass die aktiven Strategien im Vergleich zur<br />
passiven Bewältigung in der EG positiver beurteilt werden. Es zeigt sich, dass die Bewertung<br />
für die passive Bewältigung tatsächlich von allen vier Strategien von den ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms am niedrigsten beurteilt wird (7.26 gegenüber<br />
> 7.90 für alle aktiven Strategien). In der TG kann dieser Effekt nicht nachgewiesen werden.<br />
94
Die Beurteilungen der Maßnahmenbündel durch die TG divergieren stärker und liegen dabei<br />
alle im leicht positiven bis sehr positivern Bereich.<br />
Die Maßnahmenbündel werden im Gruppenvergleich ähnlich beurteilt. Nur für den Bereich<br />
Informationsaufnahme zeigt sich ein signifikanter Unterschied in der Beurteilung: Die EG<br />
beurteilt die Materialien von <strong>Dr</strong>. <strong>Weiss</strong> signifikant positiver.<br />
Tabelle 29: Bewertung der gebündelten Bewältigungsstrategien<br />
Zuordnung Maßnahmenbündel 12-WG<br />
M (SD)<br />
Passive<br />
Bewältigung<br />
Aktive<br />
Bewältigung<br />
Medikamente<br />
7.26 (1.48)<br />
TG<br />
M (SD)<br />
7.32 (1.57)<br />
95<br />
Prüfgröße N<br />
EG /<br />
TG<br />
T = -.131;<br />
df = 41; p = .896<br />
Körperliche 7.91 (1.33) 7.14 (1.81) T = 1.668;<br />
Betätigung<br />
df = 50; p = .102<br />
Informations- 7.96 (1.35) 6.94 (1.69) T = 2.447;<br />
aufnahme<br />
df = 52; p = .018*<br />
Austausch 7.79 (1.43) 8.01 (1.58) T = -.593;<br />
df = 69; p = .555<br />
Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />
* signifikant (p < .05)<br />
14 / 29<br />
21 / 31<br />
27 / 27<br />
26 / 45<br />
Da die Nennung von Massage von t2 zu t3 für beide Gruppen abgenommen hat (EG: t2 (3) -<br />
t3 (1), TG: t2 (5) - t3 (2)), wird hier kein Vergleich im Sinne einer weiteren passiven<br />
Bewältigungsstrategie zwischen den beiden Gruppen gezogen. Die Abnahme im Zeitverlauf<br />
in den beiden Gruppen ist größer als die Größe der verbleibenden n für einen Vergleich.<br />
Deskriptiv kann beschrieben werden, dass ein Jahr nach Durchführung der Studie sowohl in<br />
der EG als auch der TG die Nutzung von Massage in beiden Gruppen gesunken ist von 8,3%<br />
auf 2,8% in der EG und von 8,3% auf 3,3% in der TG.<br />
5.3.4. Programmnahe Maßnahmen<br />
Für die drei Items Ernährungsumstellung, Dehnübungen und Gymnastikübungen soll eine<br />
gesonderte Betrachtung vorgenommen werden, da bei diesen Items vermutet wird, dass auf<br />
Grund der Teilnahme an dem 12-Wochen-Programm, in dem diese Maßnahmen Bestandteile<br />
des Programms darstellten, hier für die ehemaligen Teilnehmerinnen im Vergleich zur TG ein<br />
höherer Anteil der Gruppe diese durchführt. Entsprechend dieser Vermutung werden auch<br />
hier zusätzlich zum Chi-Quadrat nach Pearson und Angabe der Wahrscheinlichkeit für die
zweiseitige Signifikanzprüfung auch die exakten Werte nach Fisher angegeben für die<br />
einseitige Signifikanzprüfung.<br />
Sowohl für die Maßnahme Ernährungsumstellung als auch die Dehnübungen zeigt sich ein<br />
statistisch bedeutsamer Gruppeneffekt in der gewünschten Richtung: Deutlich mehr ehemali-<br />
ge Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms führen diese Maßnahmen durch als Teil-<br />
nehmerinnen der TG (s. Tabelle 30). Für das Durchführen von Gymnastikübungen lässt sich<br />
kein Gruppeneffekt nachweisen, wobei die prozentualen Angaben in die vermutete Richtung<br />
weisen.<br />
Tabelle 30: Häufigkeit im Vergleich für Programmnahe Maßnahmen<br />
Alltägliche Bewältigungsstrategie 12-WG TG<br />
Prüfgröße<br />
% (n) %*(n) (für alle: df = 1)<br />
Ernährungsumstellung 66,7 (24) 26,2 (16) χ 2 = 18.776; p = .000***<br />
Fisher p = .000***<br />
Dehnübungen 83,3 (30) 59 (36) χ 2 = 5.250; p = .022*<br />
Fisher p = .018*<br />
Gymnastikübungen 69,4 (25) 54,1 (33) χ 2 = 2.232; p = .135<br />
Fisher p = .101<br />
Die grau unterlegten Felder kennzeichnen statistisch bedeutsame Gruppenunterschiede:<br />
+ tendenziell signifikant (p < .10)<br />
* signifikant (p < .05)<br />
** hoch signifikant (p < .01)<br />
*** höchst signifikant (p < .001)<br />
Für die Maßnahmen Ernährungsumstellung und Gymnastikübungen zeigen sich keine bedeut-<br />
samen Unterschiede in den Bewertungen, obwohl jeweils die 12-WG diese Maßnahmen im<br />
Mittel positiver beurteilt als die TG (Ernährungsumstellung: T = .802; df = 30; p = .429;<br />
n = 19/13; Gymnastikübungen: T = 1.068; df = 49; p = .291; n = 24/30). Die Dehnübungen<br />
werden dagegen von den ehemaligen Programmteilnehmerinnen signifikant besser beurteilt<br />
als in der Vergleichsgruppe (T = 2.350; df = 52; p = .023; n = 20/31) (s. Tabelle 31).<br />
Tabelle 31: Bewertung der Programmnahen Maßnahmen<br />
n 12-WG n<br />
TG<br />
aus N = 36 M (SD) aus N = 61 M (SD)<br />
Ernährungsumstellung 19 7.63 (1.50) 13 7.15 (1.86)<br />
Dehnübungen 24 8.13 (1.42) 30 7.03 (1.88)*<br />
Gymnastikübungen 20 7.40 (1.23) 31 6.94 (1.67)<br />
*Der Gruppenunterschied ist signifikant (p < .05).<br />
96
6. Diskussion<br />
Im Folgenden werden in Abschnitt 6.1. Aspekte der Durchführung der Studie diskutiert.<br />
Dabei werden vor allem diejenigen Aspekte näher betrachtet, die noch nicht Gegenstand der<br />
Vorgängerarbeiten waren. Dies gilt ebenso für die Diskussion methodischer Aspekte in Ab-<br />
schnitt 6.2. In 6.3. werden die Ergebnisse aus den drei Auswertungsbereichen diskutiert und<br />
in 6.4. wird ein Fazit gezogen.<br />
6.1. Diskussion der Durchführung<br />
Im Folgenden werden verschiedene Aspekte der Durchführung der Studie und der Nach-<br />
untersuchung diskutiert. Es wird auf Aspekte des Designs, der Messinstrumente und der mit<br />
dem 12-Wochen-Programm bereitgestellten Medien eingegangen.<br />
Die parallele Durchführung von Versuchs- und Kontrollgruppen kann im stationären Rahmen<br />
zu dem unüberwindbaren Problem der gegenseitigen Beeinflussung der Patientengruppen<br />
führen, so dass zeitversetzte Designs notwendig wären (Kaluza & Schulze, 2000). Die Selbst-<br />
hilfegruppen wurden alle regional im süddeutschen Raum durchgeführt. Teilweise gab es<br />
mehrere Selbsthilfegruppen in einem Kreis. Es ist also durchaus möglich, dass ein Austausch<br />
zwischen Gruppenmitgliedern der verschiedenen Bedingungen, vor allem aber zwischen den<br />
Gruppenleiterinnen sowohl der Versuchs- wie der Kontrollbedingung über die Inhalte des 12-<br />
Wochen-Programms stattfanden, da diese alle in dem gleichen Dachverband organisiert und<br />
dadurch häufig auch miteinander bekannt sind. Teilweise werden auch die gleichen Versor-<br />
gungsinstanzen (z.B. Ärzte, Versicherungen) von den verschiedenen Teilnehmerinnen in An-<br />
spruch genommen, was den Teilnehmerinnen in einigen Fällen auch bekannt ist (mündliche<br />
Mitteilung am Landesgruppentreffen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. im April<br />
2003). Außerdem konnten die Medien und Hilfsmedien, die zu dem 12-Wochen-Programm<br />
im Handel erhältlich sind, auch von anderen Teilnehmerinnen erworben werden. Da das Pro-<br />
gramm aber einigen Aufwand und auch eine Regelmäßigkeit bei der Umsetzung erfordert<br />
(z.B. Ernährungsumstellung) wird davon ausgegangen, dass derartige Möglichkeiten selten<br />
und unsystematisch in Anspruch genommen wurden. Da außerdem alle Teilnehmerinnen bei-<br />
der Bedingungen über die wissenschaftliche Fragestellung nach der Effektivität des 12-Wo-<br />
chen-Programms im Vergleich zu den bereits durchgeführten Gruppeninhalten aufgeklärt<br />
waren, kann es als unwahrscheinlich angesehen werden, dass einzelne Teilnehmerinnen quasi<br />
bewusst eine Verfälschung ihrer Bedingung herbeigeführt haben. Positiv ist zu bewerten, dass<br />
es überhaupt eine Vergleichsbedingung zu den Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />
gab, da dies bei vielen Studien zur Wirksamkeit von Behandlungsprogrammen für Fibro-<br />
97
myalgie nicht der Fall ist. Auch besteht häufig eine Kontrollgruppe, sofern eine erhoben wird,<br />
aus Patienten mit anderen, meist ebenfalls dem rheumatischen Formenkreis zugerechneten Er-<br />
krankungen. Dass hier eine Vergleichsgruppe mit ebenfalls von Fibromyalgie Betroffenen er-<br />
hoben wurde, verbessert die Aussagekraft gegenüber anderen Studien. Als schwierig müssen<br />
eventuelle mögliche inhaltliche Überschneidungen bei der Durchführung der Selbsthilfe-<br />
gruppen eingestuft werden, da die Inhalte der so genannten Traditionellen Gruppen nicht im<br />
Detail erfasst wurden. Zwar ist nicht anzunehmen, dass bewusst Inhalte des 12-Wochen-<br />
Programs in den Traditionellen Gruppen aufgegriffen wurden, jedoch kann nicht ausgeschlos-<br />
sen werden, dass einige Gruppen programmähnliche Maßnahmen, beispielsweise Gymnastik,<br />
integrierten.<br />
Auf eine biomedizinische Diagnostik wurde im Rahmen der Studie verzichtet, obwohl sie<br />
ursprünglich anders angelegt war (s. Schmidt, 2003). Auf der organisch-physiologischen<br />
Ebene hätte die Verringerung der Anzahl der aktiven <strong>Dr</strong>uckschmerzpunkte als ein Erfolgsmaß<br />
geprüft werden können. Da davon ausgegangen werden kann, dass eine <strong>Evaluation</strong> der kör-<br />
perlichen Symptomatik nicht valider als über andere Schmerzmasse erfolgen kann (s. 2.1.10),<br />
wird dieser Aspekt ähnlich wie schon bei Schmidt (2003) als nicht die Ergebnisse in Frage<br />
stellend angesehen, sollte aber trotzdem bei Verallgemeinerungen der Interpretationen der<br />
Ergebnisse bzw. dem Vergleich mit anderen Studien mit berücksichtigt werden.<br />
In neuerer Zeit wird außerdem empfohlen, als störungsübergreifendes und unspezifisches<br />
Maß die „Lebensqualität“ mit zu erheben. Dazu ist anzumerken, dass die Operationalisierung<br />
des Konstrukts „Lebensqualität“ noch nicht standardisiert ausgereift ist. Da viele Lebens-<br />
qualitätsfragebögen diese quasi mit umgekehrten Vorzeichen, also über vorhandene Mängel,<br />
Defizite und Belastungen erfassen, kann zumindest der Belastungs- und Einschränkungs-<br />
bereich als in dieser Studie erfasst gelten. Statt visueller Analogskalen, die sich inzwischen im<br />
Rahmen der Schmerzdiagnostik bei Fibromyalgie als nützlich erwiesen haben (s. 2.1.10.),<br />
wurden in der vorliegenden Studie numerische Ratingskalen verwandt. Zumindest prinzipiell<br />
kann davon ausgegangen werden, dass die Erfassung der Schmerzintensität durch diese<br />
verschiedenen Methoden ähnlich zufrieden stellend erfolgt (Kröner-Herwig, 2004a). Die<br />
Verwendung einer numerischen Ratingskala von 0-10 erscheint zudem ausreichend sensitiv<br />
und ist einfacher auszuwerten (Jensen & McFarland, 1993; nach Kröner-Herwig, 2004a).<br />
Positiv ist außerdem anzumerken, dass bei der Vermittlung der Programminhalte verschie-<br />
dene Medien (Gruppenleiterin, Handbuch, Programmheft, CD / Video, Informationsblätter)<br />
zur Verfügung gestellt werden konnten und können, da so eine abwechslungsreiche, aber<br />
dennoch standardisierte Form der Vermittlung ohne Verfälschung oder Weglassen bestimmter<br />
98
Bausteine geleistet werden kann. Außerdem kann die Vermittlung innerhalb einer Gruppe<br />
unter zu Hilfenahme von Geräten und Musik spielerischer gestaltet werden (Keel, 1999).<br />
6.2. Diskussion der Auswertungsmethodik<br />
Im Folgenden soll auf die gewählten Auswertungsverfahren und die damit verbundenen<br />
Probleme der Reichweite und der Verallgemeinerbarkeit der Aussagen eingegangen werden.<br />
Vorab soll die bei der gesamten <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms gewählte Vorgehens-<br />
weise bei der Auswertung der Daten betrachtet werden, der Einzelbetrachtung gegenüber<br />
einer Gruppenbetrachtung als Beobachtungseinheit den Vorzug zu geben.<br />
Allgemein lässt sich die Frage stellen, ob eine Auswertung mit Gruppen als Beobachtungs-<br />
einheiten einer Auswertung, die wie erfolgt auf den Einzelpersonen als Beobachtungsein-<br />
heiten basiert, im Rahmen der <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms dieser nicht vor-<br />
zuziehen gewesen wäre, da die Teilnehmerinnen jeweils in Gruppen organisiert waren und<br />
eine gegenseitige Beeinflussung nicht nur wahrscheinlich, sondern im positiven Sinne auch<br />
erwünscht war (s. 2.3.4.). Tatsächlich schieden einige Gruppen zum 3. Messzeitpunkt grup-<br />
penweise aus der Untersuchung aus: Zwei der Gruppen lösten sich aufgrund persönlicher<br />
Entscheidungen der Gruppenleiterinnen bzw. der Teilnehmerinnen auf (s. 4.5.3.). In einem<br />
Fall konnte eine Gruppe geschlossen nicht in die vorliegende Auswertung eingehen, da sie<br />
anstatt der Fragebögen für die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms die-<br />
jenigen für die Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen erhalten hatte und somit den<br />
gesamten Fragenbereich zur Bewertung des 12-Wochen-Programms nicht beantworten<br />
konnte. Es ist anzunehmen, dass das Ausscheiden der drei Gruppen nicht mit der Akzeptanz<br />
bzw. Wirksamkeit des Programms zusammenhängt, da der Zuteilungsfehler bei den Frage-<br />
bögen jede der experimentellen Gruppen hätte treffen können und die Gründe für das Nicht-<br />
Weiterführen der Gruppen anscheinend nicht auf eine negative Bewertung des Programms<br />
zurückzuführen sind, da sich die ehemaligen Leiterinnen dennoch bemühten, die ehemaligen<br />
Teilnehmerinnen zu erreichen und Fragebögen an die Rheuma-Liga zurück zu senden. Eine<br />
Auswertung nach Gruppen als Beobachtungseinheiten kann vor allem dann aufschlussreich<br />
sein, wenn zu erwarten ist, dass spezifische Gruppenbedingungen zu einem differentiellen<br />
Reagieren auf das Programm beitragen. Eine etwaige Hypothesenbildung in dieser Richtung<br />
ist bei dem derzeitigen Forschungsstand zu Fibromyalgie noch nicht gegeben. Es liegt nahe,<br />
dass im weiteren Forschungsverlauf die stärkere Fokussierung auf die Beschreibung und<br />
Bildung von Untergruppen der Betroffenen innerhalb des Krankheitsbildes genau in diese<br />
Richtung weist, wobei dann die entsprechenden Untergruppen als Beobachtungseinheiten<br />
99
aufgefasst und als Behandlungseinheiten organisiert werden können (Meyer-Lindenberg &<br />
Gallhofer, 1998; Leibing, Rüger & Schüßler, 1999; Walen, Cronan, Serber et al., 2002;<br />
Giesecke, Williams, Harris et al., 2003). Zum Beispiel weisen bereits einige Ergebnisse in die<br />
Richtung, dass stärker depressive an Fibromyalgie Betroffene einer anderen medikamentösen<br />
Behandlung und auch multimodalen Behandlung bedürfen bzw. dieser positiver zugänglich<br />
sind als nicht zugleich depressive Patienten (Leibing, Rüger & Schüßler, 1999; Müller, Stratz<br />
& Tolk, 2003). In unserem Fall der lokal bedingten und zusammengefassten Gruppen kann<br />
jedoch angenommen werden, dass vor allem unspezifische Faktoren der Durchführung des<br />
12-Wochen-Programms, die aufgrund der erhobenen Daten nicht zurück verfolgt werden<br />
können, einen Einfluss auf stärkeres oder niedrigeres Profitieren von dem Programm in den<br />
verschiedenen Gruppen gehabt haben. Differentielle Einflüsse der Gruppenzugehörigkeit<br />
wären auch deshalb nicht in einem nennenswerten Ausmaß zu erwarten gewesen, da die aus-<br />
führliche Beschreibung in dem „Handbuch für Gruppenleiterinnen“, welches den Gruppen-<br />
leiterinnen zur Durchführung zur Verfügung gestellt worden war (s. 2.4.1.), bei einer gleich-<br />
zeitig eher als zu knapp bemessen empfundenen Zeit, die zur Umsetzung der Anleitungen pro<br />
Treffen gegeben war (s. 5.1.4.), nicht viel Möglichkeit für eine starke Individualisierung der<br />
Durchführung in den Gruppen führen konnte (differentielle Einflüsse der Wirksamkeit<br />
psychischer und körperlicher Voraussetzungen der Einzelpersonen wurden im Rahmen der<br />
ersten <strong>Evaluation</strong> von Schmidt (2003) untersucht). Allerdings ist es möglich, dass bestimmte<br />
positive Veränderungen innerhalb der gesamten Traditionellen Gruppe auf inhaltliche Unter-<br />
schiede in der Ausgestaltung der einzelnen Traditionellen Gruppen und somit auf Verände-<br />
rungen in nur einigen der Traditionellen Gruppen zurück zu führen sind. Hier könnte eine<br />
Betrachtung nach Gruppen Aufschluss darüber geben, ob sich eine eigentlich der traditio-<br />
nellen Bedingung zugeordnete Gruppe beispielsweise in den durchgeführten Inhalten (z.B.<br />
durch Hinzunahme von Funktionsgymnastik) den 12-Wochen-Gruppen ähnlicher verhalten<br />
hat und daher positivere Resultate als die eher rein gesprächsorientierten Gruppen erzielte. Da<br />
zu den Inhalten der Traditionellen Gruppen im Detail keine Angaben vorliegen, könnte ein<br />
bestehender Gruppeneffekt in dieser Studie jedoch nicht interpretiert werden. Für den Ver-<br />
gleich der beiden Bedingungen (EG vs. TG) stellt die Betrachtung nach Einzelpersonen wohl<br />
eher die konservativere Vergleichsbedingung dar.<br />
Bei den vorgenommenen Auswertungsschritten handelt es sich vornehmlich um deskriptive<br />
Beschreibungen der erhobenen Daten und um Mittelwertsvergleiche zwischen den beiden<br />
Gruppen bzw. zwischen dem Zeitpunkt direkt im Anschluss an die Durchführung des 12-<br />
Wochen-Programms und den Katamnesezeitpunkt. Für die Berechnung mehrerer Mittelwert-<br />
100
vergleiche an derselben Stichprobe ergibt sich das Problem des Anstiegs des α-Fehlers, der<br />
damit die Wahrscheinlichkeit der fälschlichen Ablehnung einer Nullhypothese erhöht (Sachs,<br />
1992). Diese Problematik ist insbesondere relevant, wenn bei mehrfacher Testung bereits das<br />
Signifikant-Werden <strong>eines</strong> Mittelwertvergleichs zu der Ablehnung einer globalen Hypothese<br />
führen würde. Eine Möglichkeit der Korrektur dieses Fehleranstiegs stellt die Bonferroni-<br />
Korrektur dar (Bortz, 1999). In der vorliegenden Arbeit handelt es sich in einem Fall der<br />
Fragestellungen um eine Unterschiedshypothese, die anhand von Mittelwertvergleichen ge-<br />
prüft werden sollte (s. 5.3.3.). Hierzu wurden vier kategorial erhobene Variablen zwischen<br />
den Gruppen miteinander verglichen und die einzelnen Vergleiche mittels Chi-Quadrat-Tests<br />
geprüft. In einem Fall scheint bereits die Itemformulierung das Ergebnis stark zu beeinflus-<br />
sen, so dass der Vergleich nicht die eigentliche Fragestellung beantworten lässt. Ursprünglich<br />
war geplant, die drei aktiven Bewältigungsstrategien zu einem aktiven Bewältigungsscore zu-<br />
sammen zu fassen. Da jedoch ein Maßnahmenbündel aus oben genanntem Grund nicht mehr<br />
in einen weiteren Verarbeitungsschritt eingehen konnte und für die anderen beiden aktiven<br />
Bewältigungsstrategien die Ergebnisse in entgegen gesetzte Richtung weisen, wurde die Zu-<br />
sammenfassung nicht vorgenommen und der Betrachtung und Diskussion der einzelnen Ver-<br />
gleiche inhaltlich der Vorzug gegeben (s. 6.3.3.). Die Einzelvergleiche führen bereits auf dem<br />
unkorrigierten Niveau in keinem Fall zu statistisch signifikanten Ergebnissen. Alle anderen<br />
Fragestellungen sowie die übergeordnete Fragestellung sind explorativer Natur (s. 3.).<br />
6.3. Diskussion der Ergebnisse<br />
In den folgenden drei Abschnitten werden die Ergebnisse aus den einzelnen Auswertungs-<br />
bereichen in Hinblick auf die je zugehörigen Fragestellungen dargestellt und diskutiert und<br />
am Ende des jeweiligen Unterabschnitts noch einmal kurz zusammengefasst.<br />
6.3.1. Diskussion der Angaben der Teilnehmerinnen<br />
Als Akzeptanz des 12-Wochen-Programms zum Zeitpunkt der Katamnese gilt hier die<br />
möglichst hohe Weiterführung an Maßnahmen, die im Programm vermittelt wurden. Es zeigt<br />
sich, dass einige der Bausteine auch ein Jahr später noch von 80% der ehemaligen Teil-<br />
nehmerinnen ganz oder teilweise durchgeführt werden (Ernährungsumstellung, Entspan-<br />
nungsübung und Dehnübung). Je ca. 70% führen die Gymnastikübungen, die Übungen mit<br />
Gymnastikband sowie die Selbstbeobachtungsübung durch. Damit führen mindestens 70%<br />
der ehemaligen Teilnehmerinnen 75% (6 von 8) der selbständig weiter durchführbaren Maß-<br />
nahmen des 12-Wochen-Programms nach einem Jahr noch durch. Damit kann die Akzeptanz<br />
101
zum Katamnesezeitpunkt im Sinne einer möglichst hohen Weiterführung an Programm-<br />
elementen als gegeben angesehen werden. Darüber hinaus bleibt erfreulicherweise durch die<br />
Kombination der Maßnahmen auch der multimodale Charakter des Programms bei der<br />
Weiterführung erhalten, da die beliebtesten und am häufigsten durchgeführten Maßnahmen<br />
aus allen Bereichen stammen. Der Anteil an Teilnehmerinnen, die die Übungen mit dem<br />
Gymnastikball weiterhin ausführen, liegt wie bereits zu t2 bei ca. 50%. Auch dieser Prozent-<br />
satz ist damit als relativ hoch anzusehen, zumal es sich um eine von drei Übungen im<br />
gymnastischen Bereich zur körperlichen Aktivierung handelt und die beiden anderen<br />
Übungen zu 70% weiter durchgeführt werden, so dass diese Maßnahme von vielen der<br />
Teilnehmerinnen nicht als einzige gymnastisch vermittelte Maßnahme weiter durchgeführt<br />
wird. Dies spricht dafür, dass die drei gymnastischen Maßnahmen nicht als konkurrierend<br />
aufgefasst werden, sondern allen dreien ein Platz in dem Programm zukommt. Sie werden<br />
ergänzend oder in Kombination durchgeführt. Womöglich ist die Nutzung der Maßnahmen<br />
auch von der aktuellen Symptomatik abhängig, so dass die Auswahl ein breites Spektrum an<br />
gymnastischen, für Fibromyalgie genug schonenden und damit akzeptablen Übungen<br />
ermöglicht. Der niedrige Prozentsatz bei der Fortführung des Schmerztagebuchs ist in<br />
Zusammenhang mit dem Umstand zu sehen, dass die in einem sehr hohen Maße weiter<br />
geführte Selbstbeobachtungsübung eine ähnliche Aufgabe erfüllen soll: Anscheinend wird<br />
nicht die Auseinandersetzung mit der persönlichen Symptomatik und den individuellen<br />
Zusammenhängen im Kontext der anderen Maßnahmen für weniger wichtig oder akzeptabel<br />
gehalten, sondern vielen ist eine Beibehaltung speziell dieser Maßnahme zu aufwendig. Die<br />
Funktion des Schmerztagebuchs kann zudem bereits innerhalb der zwölf Wochen der Durch-<br />
führung des Programms erfüllt worden sein, da bereits in diesem Zeitraum Zusammenhänge<br />
zwischen auslösenden und verstärkenden bzw. die Symptomatik mildernden Faktoren<br />
erkennbar werden können. Diejenigen Teilnehmerinnen, die sich trotzdem für eine Fort-<br />
führung entschieden haben, bewerten diese Maßnahme zu t3 sehr positiv. Dies kann so inter-<br />
pretiert werden, dass bei diesen Teilnehmerinnen der Erkenntnisgewinn, den das Führen des<br />
Schmerztagebuchs bringen soll, noch nicht während der zwölf Wochen als abgeschlossen<br />
betrachtet wurde, da beispielsweise vorher wenige Einsichten in Zusammenhänge der persön-<br />
lichen Symptomatik bestanden, persönliche Umstände dazu beitragen, dass sich dieser<br />
Prozess langsamer vollzieht als bei anderen oder auf Grund besonderer Verhältnisse<br />
(beispielsweise eine individuelle Vielfalt an Symptomen oder zusätzlich vorhandenen<br />
Erkrankungen) die Symptome schwieriger zu überblicken und Zusammenhänge daher erst bei<br />
längerer Betrachtung zu erkennen sind.<br />
102
Zusammenfassend kann also den weiter durchführbaren Maßnahmen des 12-Wochen-<br />
Programms eine sehr hohe Akzeptanz im Sinne einer weiteren selbständigen Durchführung<br />
bescheinigt werden. Wird das Führen des Schmerztagebuches außer Acht gelassen, so wird<br />
jede Maßnahme durchschnittlich von nur einem Fünftel (20,8%) der ehemaligen Teilnehme-<br />
rinnen im Anschluss an die Programmdurchführung aufgegeben. Nur in dem Fall einer Person<br />
kommt es zu einer kompletten Programmaufgabe, deren Ursachen nicht bekannt sind. Auch<br />
wenn in Übereinstimmung mit anderen Forschungsergebnissen zur Beteiligungs- und Weiter-<br />
führungsquote bei von Fibromyalgie Betroffenen die Durchführung der einzelnen Maßnah-<br />
men im Laufe <strong>eines</strong> Jahres sinkt, zeigt sich für die Akzeptanz der Maßnahmen hier ein viel<br />
differenzierteres Bild: Maßnahmen werden nicht nur aufgegeben, sondern gegen andere Pro-<br />
grammelemente ausgetauscht oder neu in den persönlichen Bewältigungskatalog aufge-<br />
nommen. Das persönliche Programm, welches aus den Elementen des 12-Wochen-Pro-<br />
gramms bereits in den ersten 12 Durchführungswochen zusammengestellt wurde, wurde von<br />
einigen beibehalten, von anderen sogar erweitert oder eben reduziert.<br />
Nur wenige Autoren berichten außer den Abbruchquoten und den subjektiven Bewertungen<br />
von Maßnahmen durch die Teilnehmer (meist nach einem kürzeren Katamnesezeitraum)<br />
differenziert über die tatsächliche Art der Integration von Maßnahmen in den Lebensalltag. So<br />
konnten Mengshoel, Forseth, Haugen et al. (1995) zum Beispiel sechs Monate nach der<br />
Durchführung <strong>eines</strong> zehnwöchigen Fibromyalgie-Programms, das ebenfalls kognitive und<br />
verschiedene praktische Übungselemente enthielt, berichten, dass 8 von 16 Teilnehmern die<br />
im Programm vermittelten Entspannungsübungen in ihren Alltag integriert haben. 7 Personen<br />
behielten die Ernährungsumstellung bei. Dies entspräche somit einer Weiterführungs- bzw.<br />
Integrationsquote von 50 bzw. 43,8%. Die mit dem 12-Wochen-Programm erzielten Weiter-<br />
führungsquoten für diese beiden Bereiche liegen damit um 30 bzw. 36,5 Prozentpunkte höher.<br />
Die Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms durch die ehemaligen Teilnehmerinnen<br />
hat sich im Verlauf <strong>eines</strong> Jahres nicht bemerkenswert verändert: der Anteil derjenigen Teil-<br />
nehmerinnen, die das Programm als Ganzes wirksam bis sehr wirksam beurteilen, ist mit<br />
77,7% gegenüber 77,8% zu t2 gleich geblieben. Der Mittelwert der Gesamtbewertung sank<br />
leicht von 8.23 auf 8.06, bei einer größeren Einheitlichkeit der abgegebenen Wertungen. Zu t3<br />
berichten drei Personen, keine Wirkung des Programms wahrgenommen zu haben, während<br />
dies direkt im Anschluss an das Programm nur eine Person urteilte. Dafür nahm keine Person<br />
in der Nachuntersuchung eine negative Gesamtbewertung des Programms vor, während es<br />
zum 2. Messzeitpunkt von einer Person deutlich negativ beurteilt worden war. Die durch-<br />
schnittlichen Bewertungen der Wirksamkeit der weiterhin durchgeführten Maßnahmen liegen<br />
103
alle im positiven Bereich (auf einer 10stufigen Skala zwischen 7.83 und 8.60, wobei der Wert<br />
0 für „sehr negativ“ und der Wert 10 für „sehr positiv“ steht): Dabei wird das Element Gym-<br />
nastikübungen im zusammengefassten Baustein Physiotherapeutische Übungen am nied-<br />
rigsten, aber immer noch wirksam beurteilt. Am positivsten wird das Führen <strong>eines</strong> Schmerz-<br />
tagebuchs bewertet, wobei dies nur noch von fünf Personen geführt wird. Nur für zwei der<br />
acht weiter durchführbaren Maßnahmen sind die Bewertungen gegenüber der Erhebung direkt<br />
im Anschluss an das Programm statistisch signifikant gesunken (Ernährungsumstellung,<br />
Dehnübungen), wobei diese immer noch als wirksam eingestuft werden und dies zwei der drei<br />
Maßnahmen sind, die im Lauf des einen Jahres am häufigsten beibehalten wurden. Dies kann<br />
damit zusammenhängen, dass beide Maßnahmen innerhalb des 12-Wochen-Programms spezi-<br />
fische Funktion haben und trotz der gesunkenen Beurteilung nicht durch andere Maßnahmen<br />
ersetzt werden können. Zudem werden beide Maßnahmen weiterhin als „wirksam“ eingestuft,<br />
nur die Rangfolge und die absolute Einschätzung der Maßnahmen in der Beurteilung haben<br />
sich geändert. Für alle anderen Maßnahmen sanken die Beurteilungen ebenfalls, allerdings so<br />
leicht, dass keine dieser Veränderungen statistisch bedeutsam wurden. Die untersuchten<br />
Fragestellungen zu den Bewertungen sind offen formuliert worden, da sowohl denkbar war,<br />
dass im Lauf <strong>eines</strong> Jahres die Beurteilungen durch die längerfristige Anwendung <strong>eines</strong><br />
Bausteins positiver oder negativer ausfallen. Insbesondere für die psychologischen und infor-<br />
mativen Themen bestand die Vermutung laut Schmidt (2003), dass die im Vergleich zu den<br />
anderen Bausteinen geringer positive Beurteilung darauf zurückführen sei, dass direkt im An-<br />
schluss an die Durchführung des Programms noch nicht genug Zeit gewesen sei, dass positive<br />
Effekte der Themen im Alltag der Teilnehmerinnen ausgemacht werden konnten. Umso auf-<br />
fälliger ist, dass ausgerechnet bei diesen Bausteinen die Beurteilungen von t2 zu t3 durchweg<br />
hoch korrelieren und die Mittelwerte annähernd gleich geblieben sind. Hier muss gefragt<br />
werden, was die Teilnehmerinnen zu t3 beurteilt haben: geben sie ihre Meinung zu t2 wieder,<br />
beurteilen sie die Maßnahmen aus der Sicht nach einem Jahr so ähnlich oder haben die<br />
Auswirkungen, die in dem einen Jahr durch die Beschäftigung mit den Themen des Pro-<br />
gramms erfolgen können, keinerlei verändernde Auswirkungen auf die Beurteilungen? Für die<br />
Beurteilung der Themenbausteine wäre es daher günstig gewesen, ähnlich zu den weiter<br />
durchführbaren Elementen, eine Frage zu formulieren, die die weitere Beschäftigung oder An-<br />
wendung mit den Themen erfasst (z.B.: Haben Sie von diesem Themeninhalt etwas für sich<br />
angewendet?). Die Beurteilung der psychologischen Themen fällt dabei vergleichbar zu den<br />
Bewertungen der weiter durchführbaren Maßnahmen aus und ist immer noch als deutlich<br />
„wirksam“ einzustufen. Der Baustein Information wird dagegen wie zu t2 am niedrigsten<br />
104
ewertet, wenn auch als „wirksam“ eingestuft. Die Vermutung, dass der Nutzen der infor-<br />
mativen Themen sich erst mit der Zeit zeigt, kann in seiner Tendenz als bestätigt angesehen<br />
werden, da allein bei der Beurteilung dieser Maßnahmen im Rahmen der Nachuntersuchung<br />
eine positivere Bewertung als direkt im Anschluss an das Programm abgegeben wird. Diese<br />
positivere Bewertung ist auf die positivere Beurteilung von zwei der drei Themen (Notfälle<br />
erkennen & managen und Gesunder Schlaf) zurück zu führen, wobei die Veränderung dieser<br />
Beurteilung statistisch jedoch nicht bedeutsam ist.<br />
Die subjektive Wirksamkeitseinschätzung des gesamten Programms sowie seiner einzelnen<br />
Bestandteile ist damit zusammenfassend auch ein Jahr nach der Durchführung als durchweg<br />
positiv anzusehen. Fast 80% der ehemaligen Teilnehmerinnen stufen das Programm ein Jahr<br />
nach seiner Durchführung als „wirksam“ bis „sehr wirksam“ ein. Nur 8,3% (drei Personen)<br />
beurteilen das 12-Wochen-Programm insgesamt als „nicht wirksam“.<br />
Die in der vorliegenden Arbeit ermittelten Wirksamkeitseinschätzungen der in dem Pro-<br />
gramm vermittelten Maßnahmen sind damit vergleichbar positiv wie die Zufriedenheitsmaße<br />
mit durchgeführten Behandlungsmaßnahmen <strong>eines</strong> ebenfalls multimodalen, allerdings sta-<br />
tionär durchgeführten vierwöchigen Fibromyalgie-Programms für Gruppen von Wild und<br />
Müller (2002): Dort lagen auf einer selbst entwickelten, 10stufigen Zufriedenheitsskala, die<br />
Mittelwerte alle über dem Wert 7, wobei einzelne Maßnahmen deutlich positiver und/oder<br />
einheitlicher beurteilt wurden als andere. Bemerkenswert ist, dass die zum 12-Wochen-<br />
Programm ähnlichen Maßnahmen (Gymnastik, Entspannung, Ernährung) trotz der größeren<br />
Anzahl an Maßnahmen und Beurteilungsaspekten vergleichbar positiv bewertet werden.<br />
Auffallend ist zudem, dass in der Studie von Wild und Müller die Patienten mit den Be-<br />
handlungsmaßnahmen, die als eher passive Bewältigungsstrategien bezeichnet werden können<br />
(z.B. Lymphdrainage, Kälte, Sandliege), im Durchschnitt weniger zufrieden sind. Das 12-<br />
Wochen-Programm ist spezifisch zur Selbstanwendung für Fibromyalgie-Betroffene konzi-<br />
piert und ist damit „aktiv“ angelegt. Dies scheint somit auch den Bewertungen von Be-<br />
handlungsmaßnahmen durch die Betroffenen zu entsprechen, selbst wenn diese in einem<br />
anderen Kontext angeboten werden. Es ist wünschenswert, dass im Bereich des Patienten-<br />
Selbstmanagements, insbesondere bei einer chronischen Erkrankung wie der Fibromyalgie,<br />
ähnliche Ergebnisse in Hinblick auf die Behandlungszufriedenheit wie unter professioneller<br />
Anleitung bzw. stationär erzielt werden können. Dies scheint in der vorliegenden Studie trotz<br />
der Durchführung unter der Leitung von geschulten Betroffenen und im ambulanten Rahmen<br />
gelungen zu sein.<br />
105
An einzelnen Aspekten zur Durchführung des 12-Wochen-Programms beurteilen die ehe-<br />
maligen Teilnehmerinnen zum Katamnesezeitpunkt erneut die zur Verfügung stehende Zeit,<br />
die Anzahl der Treffen, die Anfangs- und die Abschlussrunde sowie die zur Verfügung ge-<br />
stellten Materialien. Über die Hälfte der Teilnehmerinnen hatte direkt im Anschluss an das<br />
Programm die zur Verfügung gestellte Zeit für die Durchführung der Inhalte als „leicht zu<br />
knapp“ bis „deutlich zu knapp“ bemessen empfunden. Diese Einschätzung ist im Nachhinein<br />
statistisch bedeutsam gesunken in Richtung des Bereichs, der das Empfinden als „genau<br />
richtig“ umschreibt: Zum Zeitpunkt der Katamnese geben 40% der Befragten an, die zur Ver-<br />
fügung gestellte Zeit als „genau richtig“ empfunden zu haben, etwa 25% geben an, sie als<br />
„leicht zu knapp“, 28,5% sie als „deutlich zu knapp“ empfunden zu haben. Zwei Personen<br />
stufen die Zeit als „leicht zu reichlich“ ein, so dass insgesamt beurteilt werden kann, dass ein<br />
Jahr nach Beendigung des Programms immer noch die knappe Hälfte der Teilnehmerinnen<br />
bei ihrem Urteil bleibt, dass mehr Zeit für die vorgesehenen Inhalte wünschenswert gewesen<br />
wäre. Die Anzahl der Treffen wurde zu beiden Messzeitpunkten im Durchschnitt als „genau<br />
richtig“ empfunden. Während zu t2 dieser Wert in Richtung des Skalenbereichs „zu viele“<br />
tendierte, sinkt die Beurteilung bei einer gleichzeitig größeren Einheitlichkeit der Beurtei-<br />
lungen statistisch bedeutsam in Richtung des Skalenbereichs „zu wenig“. Dies könnte darauf<br />
hin deuten, dass die Teilnehmerinnen im Lauf des einen Jahres feststellen, dass sie bestimmte<br />
Maßnahmen doch gerne über einen längeren Zeitraum im Rahmen der angeleiteten Selbst-<br />
hilfegruppe durchgeführt hätten oder erst später ein Bedarf entsteht, bestimmte Aspekte ver-<br />
tiefter zu bearbeiten. Die Beurteilungen von Materialien und Anfangs- und Abschlussrunde<br />
als Bestandteilen der Durchführung des 12-Wochen-Programms fiel wie schon zu t2 auch in<br />
der Katamnese einheitlich positiv aus: die Mittelwerte liegen alle deutlich im positiven<br />
Wirkungsbereich (>8).<br />
Damit wird auch zum Zeitpunkt der Katamnese der Faktor Zeit innerhalb der<br />
Durchführungsaspekte am schwächsten bewertet: von der Hälfte der ehemaligen Teilnehme-<br />
rinnen wird die zur Verfügung stehende Zeit für die vorgesehenen Inhalte als „zu knapp“<br />
empfunden, auch wenn dieser Eindruck ein Jahr nach der Durchführung des Programms<br />
weniger ausgeprägt ist als direkt im Anschluss an die Programmdurchführung. Alle anderen<br />
Aspekte in Zusammenhang mit der Durchführung der Treffen werden weiterhin als<br />
angemessen empfunden bzw. positiv bewertet.<br />
Wie schon direkt im Anschluss an die Programmdurchführung lässt sich in der Nachunter-<br />
suchung eine leicht positive Einschätzung der Auswirkung des Programms auf den Bereich<br />
Familie / Partnerschaft feststellen. Es werden zudem nur noch Angaben im neutralen bis<br />
106
positiven Bereich vergeben. Werden hier nur die Teilnehmerinnen betrachtet, deren Partner<br />
am Partnertreffen teilgenommen hatten, zeigt sich im Gegensatz zur ersten <strong>Evaluation</strong> jedoch<br />
kein Effekt: Der Mittelwert bleibt für beide Gruppen annähernd gleich, entgegen der Er-<br />
wartung, dass diejenigen, deren Partner teilgenommen haben, eine positivere Wirkung fest-<br />
stellen könnten, da auch die Partner direkt in das Programm eingebunden waren und daher<br />
langfristig mehr Auswirkungen auf die Partnerschaft stattgefunden haben könnten. Dieser<br />
Effekt scheint sich nur in der Beurteilung des Partnerschaftstreffens und des an diesem<br />
Treffen bearbeiteten Themas „<strong>Dr</strong>ei Wünsche an meinen Partner und mich“ niederzuschlagen:<br />
Dort beurteilen diejenigen Teilnehmerinnen, deren Partner an dem Treffen teilgenommen<br />
hatten, diese beiden Elemente positiver. Allerdings ist dieser Unterschied statistisch nicht<br />
bedeutsam. Im Vergleich zur ersten <strong>Evaluation</strong> fällt die Beurteilung innerhalb der Gruppe,<br />
deren Partner teilgenommen haben, zum Katamnesezeitpunkt etwas positiver aus. Auch hier<br />
sind die Unterschiede jedoch statistisch nicht bedeutsam. Die sehr positive Beurteilung des<br />
gemeinsam veranstalteten geselligen Abends dagegen ist zum Katamnesezeitpunkt leicht<br />
gesunken, wird aber immer noch positiv bewertet. Vermutlich ist die Einbindung der Ange-<br />
hörigen bzw. Partner durch die Teilnahme an einem Treffen zu gering, um sich – außer in den<br />
Beurteilungen des Treffens als solchem und der zu bearbeitenden Aufgabe – auch in spür-<br />
baren Auswirkungen auf die Beziehung bemerkbar zu machen. Da zudem die Beurteilung<br />
durch die gesamte Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen im Vergleich zu den anderen<br />
Programmelementen eher mäßig ausfällt, und die Wahrnehmung dieses Angebots durch An-<br />
gehörige als eher unbefriedigend bezeichnet werden muss, könnte darüber nachgedacht<br />
werden, ob dieser Punkt nicht zugunsten der intensiveren Behandlung anderer Elemente ge-<br />
strichen werden könnte und damit auch dem Empfinden, dass die zur Durchführung des<br />
Programms zu Verfügung stehende Zeit von der Hälfte der ehemaligen Teilnehmerinnen eher<br />
als „zu knapp“ empfunden wurde, entgegen gewirkt werden. Die dagegen deutlich positivere<br />
Beurteilung des geselligen Abend könnte darauf hindeuten, dass dieses Element möglicher-<br />
weise Funktionen im informellen Bereich erfüllt und Bedürfnisse abdeckt, die in dem sehr<br />
<strong>strukturierten</strong> und inhaltlich gefüllten Programmrahmen ansonsten zu kurz kommen, so dass<br />
darüber nachgedacht werden könnte, den geselligen Abend zum Beispiel von dem Partner-<br />
treffen zu entkoppeln und innerhalb des 12-Wochen-Programms ein weiteres Mal durch-<br />
zuführen.<br />
In Bezug auf Auswirkungen auf das Inanspruchnahmeverhalten von Angeboten des Gesund-<br />
heitswesens wurden von den Teilnehmerinnen direkt im Anschluss an die Programmdurch-<br />
führung mehrheitlich keinerlei Veränderungen festgestellt. Dies wurde von Schmidt (2003)<br />
107
dadurch erklärt, dass die Wahrnehmung gravierender Veränderungen in diesen Variablen be-<br />
zogen auf den kurzen Zeitraum nicht zu erwarten wäre, da ein kurzer Zeitraum Schwan-<br />
kungen unterliegt und die zeitliche Nähe zur Durchführung die volle Entfaltung des Pro-<br />
gramms und damit eine spürbare und messbare Auswirkung in etwaigen Bereichen noch nicht<br />
stattgefunden haben konnte. Auch ein Jahr später ergibt sich allerdings ein sehr ähnliches und<br />
in sich einheitliches Bild wie direkt nach Beendigung des 12-Wochen-Programms: Es werden<br />
im Durchschnitt keine Veränderungen bezüglich der Häufigkeit der Arztbesuche, der Besuche<br />
bei Krankengymnast / Physiotherapeut oder der Massagetermine festgestellt, wobei die Ten-<br />
denzen zum Nachuntersuchungszeitpunkt alle in die erwünschte Richtung weisen.<br />
Leider liegen keine Vergleichsdaten aus Untersuchungen mit Fibromyalgie-Patienten vor.<br />
Werden Angaben aus dem Bereich der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />
mit in die Betrachtung aufgenommen, zeigt sich, dass in der Experimentalgruppe zudem eine<br />
Verlagerung der Nutzung von Angeboten im Gesundheitswesen stattgefunden hat: Deutlich<br />
mehr nehmen im Vergleich zum Zeitpunkt der ersten <strong>Evaluation</strong> psychotherapeutische Hilfe<br />
in Anspruch, obwohl keine Verschlechterung des psychischen Befindens vorliegt (Roock,<br />
voraussichtlich 2005). Dies könnte auch darauf hinweisen, dass Fibromyalgie-Betroffene<br />
einer aufdeckenden Therapie zunächst kritisch gegenüber stehen (Keel, 1995) und beispiels-<br />
weise erst das Ausschöpfen anderer therapeutischer Angebote dazu führt, dieses Angebot für<br />
sich wahrzunehmen. Dann hätte die Teilnahme an dem 12-Wochen-Programm mit seinem<br />
vielfältigen Angebot an Maßnahmen dazu beigetragen, dass die Nutzung psychotherapeu-<br />
tischer Behandlungsangebote akzeptabler geworden ist. Evtl. ist auch der Spielraum, in dem<br />
körperlich und funktionell Verbesserungen erzielt werden können, den Betroffenen durch die<br />
Bearbeitung der informativen und psychologischen Themen deutlicher geworden, so dass die<br />
Bereitschaft, in psychotherapeutischen Angeboten zusätzlich nach anderweitigen Ver-<br />
besserungsmöglichkeiten der eigenen Situation zu suchen, gestiegen ist.<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse der direkten <strong>Evaluation</strong>:<br />
Die Ergebnisse zur Akzeptanz des 12-Wochen-Programms zwölf Monate nach der Durch-<br />
führung legen nahe, dass die Art und Weise, in der die einzelnen Programmelemente ver-<br />
mittelt wurden, zu einer hohen Akzeptanz der Maßnahmen führt, die sich nicht nur in „guten<br />
Noten“ ausdrückt, sondern zu einer tatsächlich hohen Weiterführung dieser Maßnahmen über<br />
einen längeren Zeitraum führt, sogar in dem Sinne, dass einige Teilnehmerinnen im Lauf<br />
<strong>eines</strong> Jahres im Anschluss an die Programmdurchführung Maßnahmen aufgreifen, die sie<br />
während des 12-Wochen-Programms selbst nicht durchgeführt haben. Es kann vermutet<br />
108
werden, dass diese hohe Akzeptanz durch die im 12-Wochen-Programm eingebaute Mög-<br />
lichkeit der individuellen Zusammenstellung der Maßnahmen und vor allem ihre individuell<br />
zu gestaltende Durchführungsintensität mit bedingt wird: so wird zum Beispiel das Verein-<br />
fachen oder Abkürzen der Ernährungsumstellung mit expliziten Hinweisen und Tipps dazu im<br />
Programm „vorweggenommen“. Ebenso wird mehrfach innerhalb des „Handbuchs für Grup-<br />
penleiterinnen“ (2000) bzw. dem Buch zum Fibromyalgie-Programm (2000) als Anleitung<br />
angegeben, sich bei der Durchführung der einzelnen Maßnahmen - zum Beispiel der<br />
gymnastischen Übungen – nicht zu überfordern, wobei gleichzeitig die Sinnhaltigkeit der<br />
einzelnen Maßnahmen erklärt und um eine möglichst multimodale Teilnahme gewoben wird.<br />
Der „Vorfahrt“ für die aktuell vorhandenen persönlichen Bedürfnisse und konstitutionellen<br />
oder anderweitigen Möglichkeiten wird im 12-Wochen-Programm also ein hoher Stellenwert<br />
beigemessen und ermöglicht so vielleicht die große Akzeptanz bzw. die große Bereitschaft,<br />
das Programm bzw. mehrere seiner Maßnahmen über den Zeitraum von einem Jahr fort-<br />
zuführen. Außerdem handelt es sich bei der Untersuchungsgruppe zum einen bereits durch<br />
den Kontext bedingt evtl. um eine hoch motivierte Personengruppe (Selbsthilfekontext), in<br />
der zusätzlich ein für diese Patientengruppe untypisch hoher Wert an internalen Kontroll-<br />
überzeugungen nachgewiesen werden konnte (s. RKS-Wert zu t1, Franetzki (2003)). Einzelne<br />
Aspekte der Durchführung des 12-Wochen-Programms werden auch ein Jahr später weiterhin<br />
positiv beurteilt, wobei allerdings anzumerken ist, dass die Hälfte der ehemaligen Teilnehme-<br />
rinnen die zur Verfügung stehende Zeit weiterhin als „zu knapp“ bemessen empfindet, bei<br />
gleichzeitigem Empfinden, dass die Anzahl der Treffen „genau richtig“ war. Es sollte daher<br />
bei einer erneuten Durchführung des 12-Wochen-Programms überlegt werden, ob die Dauer<br />
der einzelnen Treffen verlängert werden könnte, ohne dass Ermüdungserscheinungen auf-<br />
treten, oder aber ob einzelne Programmpunkte weniger häufig oder in gekürzter Form durch-<br />
geführt werden können. Die Ergebnisse zu den wahrgenommenen Auswirkungen auf die<br />
Familie bzw. Partnerschaft (nur leicht positive) sowie zu der Beurteilung des Partnertreffens<br />
(mäßig positiv) könnten dahingehend interpretiert werden, dass dieses kein zwingendes<br />
Element des 12-Wochen-Programms darstellt, was sich auch mit der noch unklaren, da teils<br />
widersprüchlichen, Forschungslage zur Bedeutung sozialer Unterstützung bei Fibromyalgie<br />
deckt. Andererseits werden in dem partnerschaftlichen Bereich zumindest leicht positive<br />
Auswirkungen sowohl direkt im Anschluss an das Programm als auch in der Katamnese ein<br />
Jahr später festgestellt, während im Bereich des Inanspruchnahmeverhaltens von Leistungen<br />
des Gesundheitswesens keinerlei spürbare Auswirkungen von den ehemaligen Teilnehmer-<br />
innen weder kurzfristig noch ein Jahr später berichtet werden.<br />
109
6.3.2. Diskussion der Angaben der Angehörigen<br />
Die Angaben der Angehörigen zum Zeitpunkt der Katamnese zur weiteren Durchführung von<br />
Programmmaßnahmen bestätigen die von den ehemaligen Teilnehmerinnen gemachten Aus-<br />
sagen: in keinem Fall weichen die Aussagen der Angehörigen statistisch bedeutsam von<br />
denen ihrer betroffenen Partnerinnen ab.<br />
Bei der Beurteilung der Gesamtbewertung des 12-Wochen-Programms wurden die Angehö-<br />
rigen gebeten, die Auswirkungen des Programms auf die Teilnehmerinnen einzuschätzen. Der<br />
Mittelwert liegt im leicht positiven Bereich. Es zeigt sich kein Unterschied in der Gesamtein-<br />
schätzung des Programms für diejenigen, die an dem Partnertreffen teilgenommen haben oder<br />
nicht. Es werden nur Angaben im Bewertungsbereich „keine Wirkung“ bis „sehr positive<br />
Wirkung“ vergeben. Der Vergleich der Gesamtbewertungen für die gepaarten Gruppen ergibt<br />
einen signifikanten Unterschied: Die Angehörigen bewerten das Programm im Durchschnitt<br />
weniger deutlich positiv als die ehemaligen Teilnehmerinnen. Die Beurteilungen von Ange-<br />
hörigen und Teilnehmerinnen korrelieren dabei hoch signifikant. Dies bedeutet, dass die An-<br />
gaben der Angehörigen die Selbstaussagen der ehemaligen Teilnehmerinnen in der Richtung,<br />
nicht aber in der Höhe stützen. Der Vergleich der Beurteilung der Auswirkungen des 12-<br />
Wochen-Programms auf die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie zeigt dagegen keinen<br />
statistisch bedeutsamen Unterschied: die Angehörigen schätzen die Auswirkungen des Pro-<br />
gramms auf die gemeinsame Partnerschaft bzw. Familie in der Nachuntersuchung ähnlich ein<br />
wie die ehemaligen Teilnehmerinnen. Die Beurteilungen korrelieren signifikant. Die Beurtei-<br />
lung der Auswirkung des Partnertreffens ist in beiden Gruppen dem Bereich „keine Wirkung“<br />
zuzuordnen. Es zeigt sich kein Unterschied zwischen Angehörigen, die an dem Partnertreffen<br />
teilgenommen haben und denen, die nicht teilgenommen haben. Somit bestätigen die Anga-<br />
ben der Angehörigen diejenigen der Teilnehmerinnen zu den Auswirkungen des Programms<br />
auf die gemeinsame Beziehung.<br />
Zur Beurteilung der Angaben der Angehörigen zur Programmbewertung wäre eine Überprü-<br />
fung der Ähnlichkeit der Angaben zur Einschätzung des Krankheitszustandes der Betroffenen<br />
vorweg wünschenswert gewesen, da davon ausgegangen werden muss, dass die Wahrneh-<br />
mung der körperlichen und psychischen Befindlichkeit der Betroffenen das Referenzkriterium<br />
für die Beurteilung der Wirksamkeit des Programm darstellt. Dies ist im Rahmen der vor-<br />
liegenden Arbeit jedoch aufgrund des Umfangs nicht leistbar. Eine abweichende Einschät-<br />
zung des Krankheitszustandes der Betroffenen durch die Angehörigen könnte zum Beispiel<br />
erklären, dass die Angehörigen das Programm insgesamt weniger positiv bewerten als die<br />
Teilnehmerinnen.<br />
110
Die von den Angehörigen abgegebenen Einschätzungen zum Partnertreffen und dem gesel-<br />
ligen Abend geben wider, wie sie diese Programmpunkte in Bezug auf sich selbst empfunden<br />
haben und stellen somit keine Validierung der Angaben der Teilnehmerinnen dar. Sie wurden<br />
erhoben, um festzustellen, wie diese Elemente von denjenigen Partnern langfristig beurteilt<br />
werden, die bereit waren, daran teil zu nehmen. Das Partnertreffen wird von den Angehörigen<br />
etwas weniger positiv („leicht positiv“) beurteilt als von den zugehörigen Teilnehmerinnen<br />
des 12-Wochen-Programms („positiv“). Der Unterschied ist statistisch jedoch nicht bedeut-<br />
sam. Die Beurteilung des geselligen Abends durch die Angehörigen entspricht der Beurtei-<br />
lung des Partnertreffens und ist ebenfalls leicht positiv. Diese Bewertung des geselligen<br />
Abends ist damit signifikant niedriger als durch die Teilnehmerinnen, so dass vermutet<br />
werden kann, dass der gesellige Abend für die ehemaligen Teilnehmerinnen eine andere<br />
Funktion erfüllt oder einen anderen Stellenwert hat. Es fällt auf, dass tendenziell die Be-<br />
wertung des geselligen Abends durch die Teilnehmerinnen höher ist, deren Partner an dem<br />
Treffen und Abend anwesend waren, so dass dies darauf hinweisen könnte, dass die Teil-<br />
nehmerinnen die Anwesenheit ihres Partners positiv in die Beurteilung einbeziehen.<br />
Da die Durchführung des 12-Wochen-Programms sowie auch die Weiterführung von Maß-<br />
nahmen Auswirkungen auf die Gestaltung des Alltags haben und dies die mit im Haushalt<br />
lebenden Personen direkt oder indirekt betrifft, ist es wichtig, dass die Durchführung von dem<br />
Programm und seinen einzelnen Maßnahmen mit dem Lebensalltag der Betroffenen und ihrer<br />
Angehörigen vereinbar ist. Hierfür sollen an dieser Stelle kurz die Angaben der Angehörigen<br />
zu ihrer Akzeptanz und Bereitschaft, die Betroffenen bei der Durchführung zu unterstützen,<br />
wiedergegeben werden, auch wenn dies über die eigentlichen Fragestellungen dieses Aus-<br />
wertungsbereichs hinausgeht. 30,4% der Angehörigen geben an, einzelne Elemente des 12-<br />
Wochen-Programms mitgemacht zu haben. 34,8% hatten an dem Partnertreffen während der<br />
Durchführung des Programms teilgenommen. 13% geben an, dass sie ihre Partnerinnen ander-<br />
weitig dabei unterstützt haben, das Programm durchführen zu können. 78,3% würden die<br />
Teilnahme an einem solchen Programm, ein Jahr nachdem ihre Partnerinnen an diesem teil-<br />
genommen haben, auch anderen von Fibromyalgie-Betroffenen weiter empfehlen.<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse der indirekten <strong>Evaluation</strong>:<br />
Die Angaben der Angehörigen zur Durchführung der Programmmaßnahmen zum Zeitpunkt<br />
der Katamnese bestätigen die von den ehemaligen Teilnehmerinnen gemachten Aussagen.<br />
Dagegen weichen die Einschätzungen der Angehörigen zur Gesamtbewertung des 12-Wo-<br />
chen-Programms von denen der ehemaligen Teilnehmerinnen dahingehend ab, dass sie dieses<br />
111
niedriger positiv bewerten. Sowohl das Partnertreffen als auch der gesellige Abend werden<br />
von den Angehörigen leicht positiv beurteilt. Über drei Viertel der Angehörigen würden ein<br />
Jahr später die Teilnahme an einem derartigen Programm auch anderen Betroffenen<br />
empfehlen.<br />
6.3.3. Diskussion der Auswertung alltäglicher Bewältigungsstrategien<br />
Es konnte nicht gezeigt werden, dass die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Pro-<br />
gramms ein Jahr später interventionsbedingt mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen<br />
unstrukturierter Selbsthilfe in Anspruch nehmen als die Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />
Gruppen. Für die aktive Bewältigungsstrategie Informationsaufnahme zeigt sich zwar ein<br />
höchst signifikanter Gruppeneffekt, dieser muss jedoch sehr wahrscheinlich auf die einschrän-<br />
kende Formulierung der beiden Items, die dieses Maßnahmenbündel bilden, zurückgeführt<br />
werden (s. 5.3.1.). Für die zwei für den Vergleich verbleibenden aktiven Bewältigungsstra-<br />
tegien lassen sich keine statistisch bedeutsamen Gruppenunterschiede in der Häufigkeit der<br />
Durchführung der Strategien zeigen: Für das Maßnahmenbündel Körperliche Betätigung<br />
weisen die prozentualen Angaben in die erwartete Richtung. Für die aktive Bewältigungsstra-<br />
tegie Austausch weisen die prozentualen Angaben nicht in die erwartete Richtung. Für das<br />
Maßnahmenbündel Passive Bewältigung ergibt sich kein statistisch bedeutsamer Unterschied<br />
zwischen den beiden Gruppen. Die prozentualen Angaben weisen zwar in die angenommene<br />
Richtung, allerdings könnte dieses Ergebnis auch mit einer stärkeren Beeinträchtigung der<br />
Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen, die bereits vor der Durchführung der Studie be-<br />
stand, zusammenhängen. Es kann vermutet werden, dass sich das Verhältnis der Nutzung von<br />
aktiven zu passiven Strategien innerhalb und zwischen den Gruppen durch die Programm-<br />
durchführung verändert hat. Hier zeigt sich für den Katamnesezeitpunkt das erwünschte Ver-<br />
hältnis: Innerhalb der Gruppe der ehemaligen Programmteilnehmerinnen ist die passive Be-<br />
wältigungsstrategie Medikamenteneinnahme die am wenigsten genutzte (50%). Alle aktiven<br />
Bewältigungsstrategien werden dagegen deutlich stärker genutzt (>70% - ca. 95%). In der<br />
Traditionellen Gruppe ist der Abstand zwischen den prozentualen Anteilen deutlich weniger<br />
ausgeprägt (Medikamenteneinnahme: 57,4%; Aktive Bewältigungsstrategien zwischen 59%-<br />
ca. 95%). Zu den ersten beiden Messzeitpunkten sind zwar Angaben zur Medikamentenein-<br />
nahme erhoben worden, diese liegen jedoch nicht in vergleichbarer Form zu den diesbezüg-<br />
lichen Angaben zum Katamnesezeitpunkt vor, so dass erst eine Überarbeitung der Informatio-<br />
nen für einen Vergleich notwendig ist. Dieser könnte noch Aufschluss über Ausgangswert-<br />
unterschiede im Medikamentengebrauch der beiden Gruppen bzw. bezüglich Veränderungen<br />
112
in diesem Bereich innerhalb der Gruppen geben. Da über die aktiven alltäglichen Bewälti-<br />
gungsstrategien zu den ersten beiden Messzeitpunkten jedoch keine Informationen vorliegen,<br />
könnte anhand der vorliegenden Daten leider keine Aussage darüber getroffen werden, ob<br />
sich das Verhältnis der Nutzung der Strategien im Verlauf über die Zeit verändert hat.<br />
Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms bewerten alle Maßnahmenbün-<br />
del im positiven Wirkungsbereich, wobei die passive Bewältigungsstrategie am niedrigsten<br />
beurteilt wird. Dieser Effekt kann dagegen bei den Teilnehmerinnen der Traditionellen Grup-<br />
pen nicht nachgewiesen werden: diese beurteilen die Bewältigungsstrategien alle im leicht<br />
positiven bis sehr positiven Bereich, wobei die Beurteilungen stärker streuen als in der 12-<br />
Wochen-Gruppe. Die Maßnahmenbündel werden dabei im Gruppenvergleich ähnlich bewer-<br />
tet. Nur für den Bereich Informationsaufnahme zeigt sich ein signifikanter Unterschied in der<br />
Beurteilung, der sehr wahrscheinlich wiederum auf die einschränkende Itemformulierung der<br />
zu dem Bündel gehörenden beiden Items zurückzuführen ist (s. 5.3.1.).<br />
Allgemein zeigt sich, dass in beiden Gruppen viele der ehemaligen Teilnehmerinnen im<br />
Bereich der alltäglichen Bewältigung verschiedene Maßnahmen zusätzlich zu der Teilnahme<br />
an den Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga ergreifen. Zwei Medikamentengruppen und be-<br />
stimmte Arten körperlicher Bewegung werden dabei bevorzugt genutzt: In beiden Gruppen<br />
werden von der Mehrheit der Betroffenen Schmerzmittel eingenommen. Dabei nehmen die<br />
Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen signifikant mehr Schmerzmittel ein als die<br />
Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen (ca. 84% gegenüber ca. 70%). In beiden Gruppen<br />
werden zudem von einem hohen Anteil der Betroffenen Psychopharmaka eingenommen<br />
(EG: 50%; TG: ca. 40%). Im Rahmen körperlicher Betätigung wird in beiden Gruppen von<br />
mehr als 70% der Teilnehmerinnen Spazieren gegangen und rund die Hälfte schwimmt oder<br />
betreibt Wassergymnastik. Zusätzlich treiben in der ehemaligen Teilnehmerinnengruppe des<br />
12-Wochen-Programms 50% eine andere Form von Sport oder Bewegung und in den Tra-<br />
ditionellen Gruppen ca. 40%. Auffallend ist die unterschiedliche Nutzung des Angebots des<br />
Erfahrungsaustauschs mit anderen Betroffenen: hier geben tendenziell mehr Teilnehmerinnen<br />
der ehemaligen Traditionellen Gruppen an, dieses Angebot für sich zu nutzen als in der 12-<br />
Wochen-Gruppe (ca. 95% gegenüber ca. 60%). Ein höchst signifikanter Unterschied zeigt<br />
sich für die Nutzung von Videomaterial, der wiederum auf die Formulierung des zugehörigen<br />
Items zurückgeführt wird (s. 5.3.1.). Für alle weiteren Maßnahmen ergeben sich keine<br />
statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Bewertungen der all-<br />
täglichen Bewältigungsstrategien liegen in der Gruppe der ehemaligen Teilnehmerinnen des<br />
12-Wochen-Programms alle im leicht positiven bis deutlich positiven Beurteilungsbereich<br />
113
(6,60-9,08). Am höchsten positiv wird die Teilnahme an einer weiteren Selbsthilfegruppe<br />
bewertet, am niedrigsten die Einnahme von Muskelentspannungsmitteln. In der Gruppe der<br />
ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen liegen die Bewertungen insgesamt<br />
niedriger in einer etwas niedrigeren Beurteilungsspannbreite (6.09-8.14). Am positivsten wird<br />
dabei ein anderes wichtiges Medikament beurteilt, das zusätzlich zu den anderen drei er-<br />
fassten Medikamentenkategorien angegeben werden konnte und am niedrigsten wird in dieser<br />
Gruppe die körperliche Betätigung Fahrradfahren eingestuft (Bereich „keine Wirkung“).<br />
Somit weisen zumindest die Bewertungen der Maßnahmen auf die Bevorzugung aktiver Be-<br />
wältigungsmaßnahmen in der Experimentalgruppe gegenüber der Bevorzugung passiver Be-<br />
wältigung in der Vergleichsgruppe hin.<br />
Die in dem einen Jahr erfolgte weitere Durchführung von Programmelementen kann als hoch<br />
angesehen werden (s. 6.3.1.). Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms<br />
zeigen dennoch gleichzeitig nicht weniger, sondern eher mehr, Verhaltensweisen körperlicher<br />
Betätigung im Lebensalltag als die Vergleichsgruppe. Dies kann für sich genommen als er-<br />
folgreiche Aktivierung verstanden werden, da die weitere Durchführung der Programmmaß-<br />
nahmen quasi zusätzlich zu dem normalen Bewältigungsprogramm erfolgt (verglichen mit<br />
dem Engagement der Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen).<br />
Auffallend ist, dass bestimmte körperliche Betätigungsformen im Lebensalltag, zudem ten-<br />
denziell in beiden Untersuchungsgruppen, besonders positiv bewertet (Schwimmen bzw.<br />
Wassergymnastik und Andere Form von Sport oder Bewegung). Unter dem Item Andere<br />
Form von Sport oder Bewegung werden vielfach andere Formen von Gymnastik oder in der<br />
Traditionellen Gruppe auch mehrfach Entspannungsarten genannt. Dies weist darauf hin, dass<br />
es sich bei vielen der anderen sportlichen Betätigungen um zum 12-Wochen-Programm<br />
vergleichbare körperliche Aktivitäten handelt, hier also keine prinzipiell andersartigen körper-<br />
lichen Betätigungsformen ausgeübt und positiv bewertet werden. Aufschluss über ungenutzte<br />
Potentiale im Rahmen unstrukturierter Selbsthilfe bei Fibromyalgie scheinen eher die unter<br />
dem Item Andere Therapien angegebenen Nennungen zu liefern. Deren Vielfalt legt jedoch<br />
nahe, dass es sich hier um teils sehr individuelle Präferenzen oder eben nicht für die Mehrheit<br />
der Betroffenen hilfreiche Angebote handelt. Die positive Bewertung von Schwimmen bzw.<br />
Wassergymnastik könnte ein Hinweis darauf sein, dass hier zusätzliche Aspekte zu der<br />
körperlichen Betätigung als angenehm empfunden werden (z.B. sozialer Rahmen, Kälte), da<br />
trotz der vergleichsweise etwas positiveren Beurteilung zu den körperlich aktiven Elementen<br />
des 12-Wochen-Programms die Programmmaßnahmen von deutlich mehr ehemaligen Teil-<br />
nehmerinnen im Lauf <strong>eines</strong> Jahres durchgeführt werden.<br />
114
Der Gruppenvergleich für die Durchführung programmähnlicher Maßnahmen zeigt, dass auch<br />
Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen Maßnahmen wie Ernährungsumstellung oder<br />
Dehnübungen durchführen, allerdings in einem statistisch höchst signifikant bzw. signifikant<br />
niedrigerem Ausmaß: eine Ernährungsumstellung führen ca. 26% gegenüber ca. 67% in den<br />
12-Wochen-Gruppen durch. Dehnübungen werden von 59% gegenüber ca. 83% in den 12-<br />
Wochen-Gruppen praktiziert. Gymnastikübungen werden dagegen in beiden Gruppen von<br />
über der Hälfte der Teilnehmerinnen durchgeführt, wobei auch hier der Prozentsatz der<br />
ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms höher liegt (ca. 70% gegenüber<br />
55%). Die Bewertungen dieser Maßnahmen fallen erwartungsgemäß in der Gruppe der ehe-<br />
maligen Programmteilnehmerinnen positiver aus. Allerdings wird dieser Unterschied nur für<br />
die Beurteilungen der Dehnübungen statistisch signifikant. Dies kann dahingehend interpre-<br />
tiert werden, dass den ehemaligen Programmteilnehmerinnen der mit diesen Maßnahmen ver-<br />
bundene Nutzen deutlicher geworden ist oder aber dass die Durchführung dieser Maßnahmen<br />
wirkungsvoller gestaltet werden kann und diese daher auch wirksamer erlebt werden.<br />
Bevor die Ergebnisse der Diskussion der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien<br />
noch einmal zusammengefasst werden, soll kurz auf die Ausgangssituation direkt im An-<br />
schluss an das Programm bzw. an die Durchführung der Traditionellen Gruppen eingegangen<br />
werden: Bereits zu t2 unterschieden sich die beiden Vergleichsgruppen in der Nutzung von<br />
zwei der drei damals erhobenen alltäglichen Bewältigungsangebote: Während der Prozentsatz<br />
an Teilnehmerinnen, der Krankengymnastik in Anspruch nahm, in beiden Gruppen vergleich-<br />
bar war, befanden sich deutlich mehr Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen in psycho-<br />
therapeutischer Behandlung als in der Experimentalgruppe (dieser Unterschied wurde hoch<br />
signifikant) und deutlich mehr der Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen nutzten zusätz-<br />
liche therapeutische Angebote als Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen (signifikanter<br />
Unterschied). Die Maßnahmen wurden dabei in den Gruppen teils unterschiedlich beurteilt:<br />
Die Bewertung der anderen Therapien fiel in den 12-Wochen-Gruppen deutlich besser aus<br />
(signifikanter Unterschied) und auch die Krankengymnastik wurde tendenziell besser be-<br />
urteilt. Für die Beurteilung der psychotherapeutischen Angebote zeigte sich dagegen kein be-<br />
deutsamer Unterschied. Zum Katamnesezeitpunkt wurden die gleichen Variablen noch einmal<br />
erhoben und es ergibt sich folgendes Bild: Für die Nutzung von Krankengymnastik zeigen<br />
sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte für die Faktoren Gruppe und Messzeitpunkt.<br />
Allerdings besteht ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen den beiden Faktoren. Dies be-<br />
deutet, dass sich die beiden Gruppen im Verlauf des einen Jahres in Bezug auf die Maßnahme<br />
115
Krankengymnastik gegensätzlich entwickelt haben: Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-<br />
Wochen-Programms nehmen weniger, die der Traditionellen Gruppen mehr Krankengymnas-<br />
tik in Anspruch. Dies könnte zum Beispiel damit zusammenhängen, dass die Teilnehmerinnen<br />
der 12-Wochen-Gruppen im Rahmen des Programms spezifisch für Fibromyalgie-Betroffene<br />
entwickelte gymnastische Übungen erlernt haben, die sie auch in einem hohen Maße nach der<br />
Programmdurchführung anwenden, so dass der Bedarf an Krankengymnastik gesunken ist.<br />
Dies kann aber nur vermutet werden, da die Betroffenen gleichzeitig angeben, dass sich ihre<br />
Termine beim Krankengymnasten nicht spürbar verringert haben. Die Auswirkung scheint<br />
sich also eher darauf zu beziehen, dass entweder die Anwendung der Krankengymnastik im<br />
häuslichen Rahmen gesunken ist oder aber dass von den ehemaligen Programmteilnehme-<br />
rinnen kein Bezug zwischen der Abnahme der Inanspruchnahme von Krankengymnastik und<br />
dem 12-Wochen-Programm gesehen wird. Für die Inanspruchnahme von Psychotherapie zeigt<br />
sich kein Messzeitpunkteffekt, aber ein signifikanter Effekt für die Gruppe. Die Interaktion<br />
der beiden Gruppen wird zudem hoch signifikant: Die ehemaligen Teilnehmerinnen des Pro-<br />
gramms nehmen ein Jahr nach der Durchführung des 12-Wochen-Programms deutlich mehr<br />
psychotherapeutische Hilfe in Anspruch, während die ehemaligen Teilnehmerinnen der Tra-<br />
ditionellen Gruppen gleichzeitig deutlich weniger als im Vorjahr in Anspruch für sich neh-<br />
men, so dass Teilnehmerinnen beider Gruppen zum Katamnesezeitpunkt annähernd gleich oft<br />
das Angebot psychotherapeutischer Hilfe nutzen. Für die Inanspruchnahme anderer Therapien<br />
zeigen sich keine statistisch bedeutsamen Haupteffekte für die Faktoren Gruppe und Mess-<br />
zeitpunkt. Die Interaktion der beiden Faktoren wird jedoch hoch signifikant, da zum 3. Mess-<br />
zeitpunkt deutlich weniger Teilnehmerinnen der 12-Wochen-Gruppen noch andere Therapien<br />
nutzen, während der Prozentsatz in der Vergleichsgruppe deutlich gestiegen ist. Für die<br />
offenen Nennungen von Massage zeigt sich ein signifikanter Effekt für den Faktor Mess-<br />
zeitpunkt. Für den Faktor Gruppe und die Interaktion der beiden Faktoren zeigen sich keine<br />
statistisch bedeutsamen Effekte: in beiden Gruppen nehmen die Teilnehmerinnen das Ange-<br />
bot von Massage weniger wahr. In der Bewertung der Maßnahmen außerhalb der Rheuma-<br />
Liga zu t3 unterschieden sich die Gruppen jeweils nicht, d.h. die Bewertungsunterschiede, die<br />
noch zu t2 bestanden haben, sind nun ausgeglichen. Diese Veränderungen in der Nutzung von<br />
verschiedenen Behandlungsangeboten weist darauf hin, dass die Zusammenhänge im Inan-<br />
spruchnahmeverhalten bei Fibromyalgie komplex zu sein scheinen und Auswirkungen von<br />
Behandlungsmaßnahmen evtl. schwieriger als bei anderen rheumatischen Erkrankungen über<br />
eine einfache Verringerung im Inanspruchnahmeverhalten gemessen werden können. Die<br />
Frage nach bestehenden Ausgangswertunterschieden in diesem Bereich bei den beiden Unter-<br />
116
suchungsgruppen vor der Intervention kann nicht geklärt werden, da zu diesem Bereich zu t1<br />
keine Angaben erhoben wurden. Direkt nach der Programmdurchführung unterschieden sich<br />
die Gruppen in der Nutzung zusätzlicher Behandlungsangebote deutlich voneinander. Diese<br />
Unterschiede haben sich allerdings im Lauf des einen Jahres in allen Variablen verringert. Für<br />
eine Beurteilung des Zustandekommens der Unterschiede zu t2 sowie der Verringerung der-<br />
selben zu t3 fehlen leider Angaben zu diesem Bereich zum 1. Messzeitpunkt.<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse der Auswertung der alltäglichen Bewältigungsstrategien:<br />
Die ehemaligen Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms nehmen ein Jahr später nicht<br />
mehr aktive Bewältigungsstrategien im Rahmen unstrukturierter Selbsthilfe in Anspruch als<br />
die ehemaligen Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen: Für die aktive Bewältigungs-<br />
strategie Körperliche Betätigung weisen die prozentualen Angaben in die erwartete Richtung.<br />
Für die aktive Bewältigungsstrategie Austausch weisen die prozentualen Angaben nicht in die<br />
erwartete Richtung. Für das Maßnahmenbündel Passive Bewältigung ergibt sich kein statis-<br />
tisch bedeutsamer Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die ehemaligen Teilnehme-<br />
rinnen des 12-Wochen-Programms nutzen die passive Bewältigungsstrategie am wenigsten<br />
und alle aktiven Bewältigungsstrategien dagegen deutlich stärker. In der Vergleichsgruppe ist<br />
der Abstand zwischen den prozentualen Anteilen der verschiedenen Bewältigungsstrategien<br />
deutlich weniger ausgeprägt. Die 12-Wochen-Gruppe beurteilt die passive Bewältigungs-<br />
strategie im Vergleich mit den aktiven Bewältigungsstrategien am niedrigsten. Dieser Effekt<br />
kann in der Traditionellen Gruppen nicht nachgewiesen werden. In beiden Gruppen ergreifen<br />
viele Personen zusätzlich zu der Teilnahme an den Selbsthilfegruppen der Rheuma-Liga<br />
weitere Maßnahmen im Bereich der alltäglichen Bewältigung. Hier ergibt sich nur für die<br />
Nutzung des Angebots des Erfahrungsaustauschs mit anderen Betroffenen ein tendenziell<br />
signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen, da mehr ehemalige Teilnehmerinnen der<br />
Traditionellen Gruppen diesen für sich in Anspruch nehmen. Der Vergleich der Durchführung<br />
programmähnlicher Maßnahmen zeigt, dass ehemalige Teilnehmerinnen der Traditionellen<br />
Gruppen die Maßnahmen Ernährungsumstellung und Dehnübungen signifikant weniger<br />
häufig durchführen. Diese Ergebnisse sind vorsichtig mit Hinblick darauf zu bewerten, dass<br />
starke Veränderungen in der Nutzung von Behandlungsangeboten zwischen den Messzeit-<br />
punkten t2 und t3 evtl. auch auf eine Veränderung der Nutzung der alltäglichen Be-<br />
wältigungsstrategien hinweisen können, die auf anderen Einflüssen als den unterschiedlichen<br />
Behandlungsbedingungen beruht. Zur abschließenden Bewertung fehlen jedoch Vergleichs-<br />
daten zu diesen Bereichen zum ersten Messzeitpunkt.<br />
117
6.4. Fazit / Ausblick<br />
Behandlungsprogramme, selbst wenn sie auf jahrelangen Erfahrungen der sie anwendenden<br />
Ärzte oder anderen Anbieter beruhen, werden häufig nicht evaluiert. In sofern stellt bereits die<br />
erste <strong>Evaluation</strong> des 12-Wochen-Programms einen Ansatz zur Umsetzung der Forderung nach<br />
einer Bewertung von Maßnahmen im Gesundheitswesen dar. Die Nachuntersuchung soll<br />
ermöglichen, die Stabilität der Effekte über einen längeren Zeitraum beurteilen zu können.<br />
Die Aufrechterhaltung bzw. Veränderung von Effekten im körperlichen bzw. psychischen<br />
Bereich ist Gegenstand der Arbeiten von Kadura (2004) und Roock (voraussichtlich 2005).<br />
Dabei hat sich für den körperlichen Bereich im Rahmen der Nachuntersuchung gezeigt, dass<br />
hinsichtlich bestimmter Schmerzparameter auch ein Jahr nach der Programmdurchführung<br />
Verbesserungen aufrechterhalten werden und auch im Bereich der funktionellen Beschwer-<br />
den, die besonders typisch bei Fibromyalgie zu sein scheinen, noch signifikant positive<br />
Effekte gegenüber der Ausgangssituation erzielt werden (Kadura, 2004). Die Arbeit zu der<br />
Aufrechterhaltung bzw. Veränderung von Effekten im psychischen Bereich steht noch aus<br />
(Roock, voraussichtlich 2005).<br />
Die Zusammensetzung des 12-Wochen-Programms entspricht der Forderung nach einem<br />
multidimensionalen Behandlungskonzept bei Fibromyalgie (Strobel, Wild & Müller, 1998).<br />
Als zum Zeitpunkt seiner Konzeption neu bzw. besonders am 12-Wochen-Programm kann die<br />
Ernährungsumstellung angesehen werden. Den aktiv weiter durchführbaren Maßnahmen des<br />
Programms kann durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit eine hohe Akzeptanz im Sinne<br />
einer weiteren Durchführung über einen längeren Zeitraum bescheinigt werden. Dies wird<br />
durch die Angaben von Angehörigen bestätigt. Die ehemaligen Teilnehmerinnen bewerten<br />
zudem fast alle der weiter durchführbaren Programmelemente vergleichbar positiv wie in der<br />
ersten <strong>Evaluation</strong>. Die subjektive Wirksamkeitseinschätzung des gesamten Programms fällt<br />
auch ein Jahr nach der Durchführung positiv aus. Wünschenswert wären Informationen dazu,<br />
warum Maßnahmen aufgegeben wurden bzw. wie diese von denjenigen bewertet werden, die<br />
sie nicht weiter durchführen. So muss angenommen werden, dass die hohe Weiterführung der<br />
Maßnahmen mit den positiven Bewertungen derselben zusammenhängen, ohne dass dieser<br />
Zusammenhang anhand der vorliegenden Daten tatsächlich geprüft werden kann. Jensen,<br />
Turner und Romano (1991) fanden in einer Untersuchung von Patienten mit chronischen<br />
Schmerzen unterschiedlichen Typs, „dass die persönliche Meinung, verschiedene Verhaltens-<br />
weisen ausführen zu können, besser vorhersagt, was eine Person tun wird, als Überzeugungen<br />
darüber, wie effektiv diese Verhaltensweisen sind“ (nach Ruoß, 1998; S. 110). Sie folgern<br />
daraus, dass die Instruktion von Patienten, Übungen wirklich durchzuführen und damit den<br />
118
Patienten ihre eigene Selbstwirksamkeit zu demonstrieren wichtiger sei, als Patienten von der<br />
Wirksamkeit der Verhaltensweisen zu überzeugen. Dieses Ergebnis weist noch einmal darauf<br />
hin, wie wichtig es ist, bei der Anleitung der Interventionselemente nicht nur auf die Effek-<br />
tivität der Maßnahmen hinzuweisen, sondern, wie im Rahmen des 12-Wochen-Programms<br />
geschehen, wie wichtig die tatsächliche Teilnahme und Durchführung gemäß des jeweiligen<br />
Gesundheitszustandes während der Programmdurchführung sind.<br />
Eine Auswertung der Schmerztagebücher könnte weiteren Aufschluss über alltägliche Bewäl-<br />
tigungsstrategien, aber auch über die Akzeptanz der durch das Programm angeregten Haus-<br />
aufgaben bieten. Im Rahmen dieser Arbeit ist ein zusätzliches Einbeziehen auch dieser Daten<br />
jedoch des Umfangs wegen nicht möglich. Eine kurze Durchsicht der Schmerztagebücher der<br />
Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms ergab, dass vielfach Angaben in der Art ‚Musik<br />
hören’, ‚Stadtbummel’ etc. gemacht werden, also Angaben, die nicht direkt in Zusammenhang<br />
mit auslösenden oder aufrechterhaltenden Bedingungen des Krankheitsbildes gebracht werden<br />
können bzw. die in ihrem Wirksamkeitspotential nicht direkt an der vorherrschenden<br />
Schmerzsymptomatik ansetzen. Es handelt sich grob betrachtet um Aktivitäten, die zu dem<br />
Bereich der psychischen Bewältigung durch Ablenkung / Schmerzdefokussierung gerechnet<br />
werden können oder als Entspannungsmaßnahmen zum Einsatz gebracht werden. Hier wäre<br />
eine weitere Auswertung wünschenswert, da die verschiedenen Verhaltensweisen, die zur Ab-<br />
lenkung eingesetzt wurden, teilweise explizit durch das 12-Wochen-Programm angeregt<br />
wurden und als solche nicht in dem Fragebogen erfasst wurden.<br />
Patientenschulung kann als systematische und geplante Intervention für chronisch Kranke<br />
aufgefasst werden, die dem Erwerb von gesundheitsbezogenen Informationen, Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen, zur Verbesserung des Gesundheits-<br />
zustandes, psychosozialen Status, der Lebensqualität und der Selbsteffizienz und der Inan-<br />
spruchnahme von Gesundheitsleistungen dient (Burckhardt, Lorig, Moncur et al., 1994; Lorig<br />
& Visser, 1994; nach Genth, 2000). „Unklar ist (...) der optimale Mix aus krankheitsspezifi-<br />
schen Themen wie Selbstbeurteilung von Krankheitssymptomen, spezifischen Therapie- und<br />
Rehabilitationsformen und krankheitsunspezifischen Themen wie Schmerz- oder Stressbewäl-<br />
tigung oder Verbesserung von Selbsteffizienz für bestimmte Zielgruppen oder auch der Ein-<br />
satz von anderen Berufsgruppen (...), Laien oder Patienten als Schuler“ (ebd., S. 218). „Noch<br />
erhält nur ein kleiner Teil der Patienten mit chronischen rheumatischen Krankheiten eine<br />
Patientenschulung in dieser Form“ (ebd., S. 219) Eine Verbreitung vorhandener Schulungs-<br />
programme insbesondere im ambulanten Bereich hält der Autor für wünschenswert. In diesem<br />
119
Sinn ist dem 12-Wochen-Programm aufgrund der mit ihm erzielten positiven Effekte eine<br />
weitere Verbreitung unter Betroffenen zu wünschen.<br />
7. Zusammenfassung<br />
In der vorliegenden Arbeit wird die Akzeptanz und die Bewertung <strong>eines</strong> <strong>strukturierten</strong><br />
verhaltensmedizinischen Behandlungsprogramms für Fibromyalgie-Patienten („12-Wochen-<br />
Programm“ nach <strong>Weiss</strong>, 2000) durch die Teilnehmenden ein Jahr nach dessen Durchführung<br />
untersucht. Die Durchführung des Behandlungsprogramms erstreckte sich einmal wöchentlich<br />
über insgesamt zwölf Wochen und fand im Januar bis April 2001 im Rahmen von Selbsthilfe-<br />
gruppen der Rheuma-Liga Baden-Württemberg e.V. im süddeutschen Raum statt. Das<br />
Programm setzt sich aus einer Ernährungsumstellung, Entspannungs-, Dehn- und Gymnastik-<br />
übungen sowie verschiedenen Themeneinheiten, die entweder stärker informativen oder<br />
psychoedukativen Charakter haben, zusammen. Über die Gestaltung <strong>eines</strong> so genannten Part-<br />
nertreffens werden zudem Angehörige der Betroffenen in das Programm mit einbezogen. Von<br />
den ursprünglich 76 Fibromyalgie-Betroffenen, die an dem Programm teilgenommen haben,<br />
konnten noch 36 in die vorliegende Auswertung eingehen. Mindestens 70% der ehemaligen<br />
Teilnehmenden führen 75% der selbständig weiter durchführbaren Maßnahmen des 12-Wo-<br />
chen-Programms in dem einem Jahr im Anschluss an die Durchführung des Programms ganz<br />
oder teilweise durch. Damit kann die Akzeptanz zum Katamnesezeitpunkt im Sinne einer<br />
möglichst hohen Weiterführung an Programmelementen als gegeben angesehen werden. Der<br />
multimodale Charakter des Programms bleibt zudem bei der Weiterführung erhalten, da die<br />
beliebtesten und am häufigsten durchgeführten Maßnahmen aus verschiedenen Bereichen<br />
stammen. Die Bewertung des Programms gemessen als Wirksamkeitsseinschätzung durch die<br />
ehemaligen Teilnehmenden fällt insgesamt vergleichbar positiv zur ersten <strong>Evaluation</strong> aus:<br />
Nur für zwei der Maßnahmen sank die sehr positive Einschätzung deutlich ab, blieb aber<br />
positiv. Fast 80% der Befragten beurteilen ein Jahr später das gesamte Programm als<br />
„wirksam“ bis „sehr wirksam“. Die Ergebnisse zur Akzeptanz werden durch die Angaben von<br />
Angehörigen gestützt. Die Programmbewertung aus Sicht der Angehörigen fällt dagegen et-<br />
was niedriger positiv aus. Interventionsbedingte Effekte im Rahmen unstrukturierter Maß-<br />
nahmen im Lebensalltag konnten gegenüber einer Vergleichsgruppe, die aus Fibromyalgie-<br />
Betroffenen bestand, die ihre ursprünglichen Treffen im Rahmen der Rheuma-Liga Baden-<br />
Württemberg e.V. durchführten, nur für die Durchführung programmähnlicher Maßnahmen<br />
ausgemacht werden.<br />
120
8. Literaturverzeichnis<br />
Ackenheil, M. (1998). Genetics and pathophysiology of affective disorders: relationship to<br />
fibromyalgia. Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 5-7.<br />
Adam, O. (2001). Ernährung und Diät. In: Zeidler, H., Zacher, J., Hiepe, F. (Hrsg.).<br />
Interdisziplinäre klinische Rheumatologie: Innere Medizin-Orthopädie-Immunologie.<br />
S. 421-432. Springer.<br />
Anderberg, U. M., Liu, Z., Berglund, L., Nyberg, F. (1998). Plasma levels on nociceptin in<br />
female fibromyalgia syndrome patients. Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 77-80.<br />
Arbeitskreis Fibromyalgie der DGSS, Fibromyalgie-Syndrom - Minimalkonsens des<br />
Arbeitskreises. 5. Therapie. 2001, Der Schmerz, Heft 3.<br />
Bandura, A. (1977). Self-efficacy: Toward a Unifying Theory of Behavioral Change.<br />
Psychological Review, 84:2, S. 191-215.<br />
Basler, H.-D. (2001). Chronische Kopf- und Rückenschmerzen. Psychologisches<br />
Trainingsprogramm. Patientenhandbuch. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.<br />
Basler, H.-D., Rehfisch, H. P. (1989). Psychologische Schmerztherapie in Rheuma-Liga-<br />
Selbsthilfegruppen. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Band XVIII, Heft 3, S. 203-214.<br />
Baumann, U. (1998). Gesundheitsversorgung. In: Baumann, U., Perrez, M. (Hrsg.) Lehrbuch<br />
Klinische Psychologie – Psychotherapie. S. 320–345. Verlag Hans Huber, Bern.<br />
Baumann, U., Reinecker-Hecht, Ch. (1998). Methodik der klinisch-psychologischen<br />
Interventionsforschung. In: Baumann, U., Perrez, M. (Hrsg.) Lehrbuch Klinische Psychologie<br />
– Psychotherapie. S. 346-365. Verlag Hans Huber, Bern.<br />
Bennett, R. M. (1996). Fibromyalgia and the disability dilemma. A new era in understanding<br />
a complex, multidimensional pain syndrom. Arthritis and Rheumatology, 39, S. 1624-1627.<br />
Bennett, R. M. (1998). Disordered growth hormone secretion in fibromyalgia: a review of<br />
recent findings and a hypothesized etiology. Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2,<br />
S. 72-76.<br />
Berg, P. A. (1999a). Chronisches Müdigkeitssyndrom/Fibromyalgiesyndrom – Manifestation<br />
einer generalisierten neuroregulativen Funktionsstörung? In: Berg, P. A. (Hrsg.). Chronisches<br />
Müdigkeits- und Fibromyalgiesyndrom. Eine Standortbestimmung. S. 3-17. Springer.<br />
Berg, P. A. (1999b). Synopsis. In: Berg, P. A. (Hrsg.). Chronisches Müdigkeits- und<br />
Fibromyalgiesyndrom. Eine Standortbestimmung. S. 132-137. Springer.<br />
Bigatti, S. M., Cronan, T. A. (2002). A comparison of pain measures used with patients with<br />
fibromyalgia. Journal of Nursing Measurement, Vol. 10, No. 1. Springer Publishing Company<br />
121
Blumenstiel, K., Bieber, C., Eich, W. (2004). Fibromyalgiesyndrom. In: Basler, H.-D., Franz,<br />
C., Kröner-Herwig, B., Rehfisch, H.-P. Psychologische Schmerztherapie. 5. Auflage.<br />
S. 439-450. Springer.<br />
Boissevain, M. D., Mc Cain, G. A. (1991). Towards an integrated understanding of<br />
fibromyalgia syndrome. I. Medical and pathophysiological aspects. Pain, 45, S. 227-238.<br />
Burckhardt, C. S., Clark, S. R., Bennett, R. M. (1991). The Fibromyalgia Impact<br />
Questionnaire: Development and Validation. Journal of Rheumatology, 18, S. 728-733.<br />
Bortz, J. (1999). Statistik für Sozialwissenschaftler. Springer-Verlag. Berlin Heidelberg.<br />
Csillag, C. (1992). Fibromyalgia: the Copenhagen Declaration. Lancet, 340, S. 663-664.<br />
Culos-Reed, S. N., Brawley, L. R. (2000). Fibromyalgia, Physical Activity, and Daily<br />
Functioning: The Importance of Efficacy and Health-Related Quality of Life. Arthritis Care<br />
and Research, Vol. 13, Nr. 6, S. 343-351.<br />
Desmeules, J. A., Cedraschi, C., Rapiti, E., Baumgartner, E., Finckh, A., Cohen, P., Dayer, P.,<br />
Vischer, T. L. (2003). Neurophysiologic Evidence for a Central Censitization in Patients with<br />
Fibromyalgia. Arthritis and Rheumatism, Vol. 48, No. 5, S. 1420-1429.<br />
Diehl, J. M., Staufenbiel, Th. (2001). Statistik mit SPSS, Version 10.0. Verlag Dietmar Klotz<br />
Dillmann, U., Nilges, P., Saile, H. & Gerbershagen, H.-U. (1998). Schmerzfragebogen der<br />
Arbeitsgruppe Dokumentation der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes<br />
(DGSS). http://www.schmerz-zentrum.de<br />
Egle, U. T., Derra, C., Nix, W. A., Schwab, R. (1999). Fibromyalgie und myofasziale<br />
Schmerzsyndrome. In: Egle, U. T. (Hrsg.). Spezielle Schmerztherapie. S. 158-163. Schattauer<br />
Verlag. Stuttgart.<br />
Ehrlich, G. E. (2003). Pain is real; fibromyalgia isn't. The Journal of Rheumatology, August<br />
2003. http://www.jrheum.com/subscribers/03/08/1666.html<br />
Eich, W. (1998). Psychosomatische Aspekte der Therapie somatoformer Störungen am<br />
Beispiel der Fibromyalgie. In: Rudolph, G., Henningson, P. (Hrsg.) (1998). Somatoforme<br />
Störungen. S. 77 - 86. Schattauer Verlag. Stuttgart.<br />
Epstein, S. A., Kay, G., Clauw, D., Heaton, R., Klein, D., Krupp, L., Kuck, J., Leslie, V.,<br />
Masur, D., Wagner, M., Waid, R., Zisook, S. (1999). Psychiatric Disorders in Patients with<br />
Fibromyalgia. A Multicenter Investigation. Psychosomatics, 40, S. 57-63.<br />
Flor, H. (1991). Psychobiologie des Schmerzes. Verlag Hans Huber. Göttingen.<br />
Flor, H., Fydrich, Th., Turk, D. C. (1992). Efficacy of multidisciplinary pain treatment<br />
centers: a meta-analytic review. Pain, 49, S. 221-230.<br />
Franetzki, E. (2003). <strong>Evaluation</strong> <strong>eines</strong> <strong>strukturierten</strong> verhaltensmedizinischen<br />
Selbsthilfeprogramms bei Fibromyalgie: Veränderung der psychischen Befindlichkeit.<br />
Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Heidelberg.<br />
122
Franke, G. H. (1995). SCL-90-R. Die Symptom-Checkliste von Derogatis (Deutsche<br />
Version). Göttingen. Beltz<br />
Fricke, R., Treinies, G. (1985). Einführung in die Metaanalyse. Verlag Hans Huber. Bern<br />
Genth, E. (2000). Patientenschulung in der Rheumatologie – Qualitätsanforderungen.<br />
Zeitschrift für Rheumatologie, 59, S. 218-219.<br />
Giesecke, Th., Williams, D. A., Harris, R. E., Cupps, Th. R., Tian, X., Tian, Th. X., Gracely,<br />
R. H., Clauw, D. J. (2003). Subgrouping of Fibromyalgia Patients on the basis of Pressure-<br />
Pain Thresholds and Psychological Factors. Arthritis and Rheumatism, Vol. 48, No. 10,<br />
S. 2916-2922.<br />
Gowans, S. E., deHueck, A., Voss, S., Richardson, M. (1999). A randomized controlled trial<br />
of Exercise and Education for Individuals with Fibromyalgia. Arthritis Care and Research,<br />
Vol. 12, 2, S. 120-128.<br />
Gustafsson, M., Ekholm, J., Broman, L. (2002). Effects of a multiprofessional rehabilitation<br />
programme for patients with fibromyalgia syndrome. Journal of Rehabilitational? Medicine,<br />
34, S. 119-127.<br />
Hasenbring, M., Pfingsten, M. (2004). Psychologische Mechanismen der Chronifizierung –<br />
Konsequenzen für die Prävention. In: Basler, H.-D., Franz, C., Kröner-Herwig, B., Rehfisch,<br />
H.-P. (Hrsg.) Psychologische Schmerztherapie. 5. Auflage. S.99-118. Springer.<br />
Hautzinger, M., Bailer, M. (1993). Allgemeine Depressionsskala. Weinheim. Beltz.<br />
Hoffmann, A., Linder, R. (1999). Das chronische Müdigkeitssyndrom und seine Beziehung<br />
zum Fibromyalgiesyndrom. In: Berg, P. A. (Hrsg.). Chronisches Müdigkeits- und<br />
Fibromyalgiesyndrom. Eine Standortbestimmung. S. 18-34. Springer.<br />
Houdenhove, B. van, Neerickx, E., Onghena, P., Lysens, R., Vertommen, H. (2001).<br />
Premorbid “overactive” lifestyle in chronic fatigue syndrome and fibromyalgia. An<br />
etiological factor or proof of good citizenship? Journal of Psychosomatic research, Vol. 51, 4,<br />
S. 571-576.<br />
Jamison, R. N., Virts, K. L. (1990). The influence of family support on chronic pain.<br />
Behavioral Research And Therapy?, Vol. 28, No. 4, S. 283-287.<br />
Kadura, M. (2003). Katamnesestudie zu einem <strong>strukturierten</strong> verhaltensmedizinischen<br />
Selbsthilfeprogramm für Fibromyalgiepatienten : Veränderung der körperlichen<br />
Befindlichkeit. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Heidelberg.<br />
Kaluza, G., Schulze, H.-H. (2000). <strong>Evaluation</strong> von Gesundheitsförderungsprogrammen –<br />
Methodische Stolpersteine und pragmatische Empfehlungen. Zeitschrift für<br />
Gesundheitspsychologie, 8 (1), S. 18-24.<br />
Keel, P. J. (1995). Fibromyalgie: Integratives Krankheits- und Behandlungskonzept bei<br />
chronischen Rückenschmerzen. Fischer, Stuttgart.<br />
123
Keel, P. (1998). Psychological and psychiatric aspects of fibromyalgia syndrome (FMS).<br />
Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 97-100.<br />
Keel, P. (1999). Psychotherapeutische Strategien. Psycho, 25, S. 46-49.<br />
Keel, P. J., Bodoky, C., Gerhard, U., Müller, W. (1998). Comparison of Integrated Group<br />
Therapy and Group Relaxation Training for Fibromyalgia. The Clinical Journal of Pain, 14,<br />
S. 232-238.<br />
Kennedy, M., Felson, D. T. (1996). A prospective long-term study of fibromyalgia syndrome.<br />
Arthritis & Rheumatism, Vol. 39, No. 4, S. 682-685.<br />
Klein, R. (1999). Laborchemische, neurohormonelle und immunologische Befunde beim<br />
Fibromyalgie- und chronischen Müdigkeitssyndrom und ihre klinische Relevanz. In: Berg, P.<br />
A. (Hrsg.). Chronisches Müdigkeits- und Fibromyalgiesyndrom. Eine Standortbestimmung.<br />
Springer. S. 35-52.<br />
Kunz, R., Zink, A. (2000). Ziele und Methoden klinischer Studien. Zeitschrift für<br />
Rheumatologie, 59, S. 41-44.<br />
Kröner-Herwig, B. (2004a). Klinische Schmerzdiagnostik. In: Basler, H.-D., Franz, C.,<br />
Kröner-Herwig, B., Rehfisch, H.-P. (Hrsg.). Psychologische Schmerztherapie. S. 289-305.<br />
Springer.<br />
Kröner-Herwig, B. (2004b). Schmerz – eine Gegenstandsbestimmung. In: Basler, H.-D.,<br />
Franz, C., Kröner-Herwig, B., Rehfisch, H.-P. (Hrsg.). Psychologische Schmerztherapie.<br />
S. 3-15. Springer.<br />
Langer, H.-E., Mattussek, S. (1990). Patientenschulung in der Rheumatologie. Wiener<br />
Medizinische Wochenschau, 12, S. 349-351.<br />
Leibing, E., Hoyer, J., Romatzki, U., Ehlers, A. (1999). Die Rheuma-Kontroll-Skala (RKS) –<br />
Eine deutschsprachige Version des “Rheumatology Attitudes Index”. Verhaltenstherapie 9,<br />
S. 15-22.<br />
Leibing, E., Rüger, U., Schüßler, G. (1999). Biographische Risiko-Faktoren und psychische<br />
Störungen bei Patienten mit Fibromyalgie-Syndrom. Zeitschrift für Psychosomatische<br />
Medizin., 45, S. 142-156.<br />
Leventhal, L. J. (1999). Management of fibromyalgia. Annals of Internal Medicine, 131,<br />
S. 850-858.<br />
Lorenz, J. (1998). Hyperalgesia or hypervigilance? An evoked potential approach to the study<br />
of fibromyalgia syndrome. Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 19-22.<br />
Martin, L., Nutting, A., Macintosh, B. R., Edworthy, S. M., Butterwick, D., Cook, J. (1996).<br />
An exercise program in the treatment of fibromyalgia. The Journal of Rheumatology,<br />
Vol. 23:6, S. 1050-1053.<br />
Masi, A. T. (1998). Concepts of illness in populations as applied to fibromyalgia syndromes:<br />
a biopsychological perspective. Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 31-35.<br />
124
Mau, W., Raspe, H.-H. (1990). Das fibromyalgische Syndrom. Ein aktueller Beitrag zur<br />
Ätiologie, Diagnose und Therapie des sog. "Weichteilrheumatismus". Wiener Medizinische<br />
Wochenschrift, 12, S. 343-348.<br />
Mengshoel, A. M., Forseth, K. Ø., Haugen, M., Walle-Hansen, R., Førre, Ø. (1995).<br />
Multidisciplinary approach to fibromyalgia. A pilot study. Clinical Rheumatology, Vol. 14,<br />
No. 2, S. 165-170.<br />
Mengshoel, A. M., Haugen, M. (2001). Health status in fibromyalgia – A followup study. The<br />
Journal of rheumatology, 28, S.2085-2089.<br />
Meyer-Lindenberg, A., Gallhofer, B. (1998). Somatized depression as a subgroup of<br />
fibromyalgia syndrome. Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 92-93.<br />
Moore, J. E., Chaney, E. F. (1985). Outpatient Group Treatment of Chronic Pain: Effects of<br />
Spouse Involvement. Journal of Consulting and Clinical Psychology, Vol. 53, No. 3,<br />
S. 326-334.<br />
Müller, A., Hartmann, M., Eich, W. (2000). Inanspruchnahme medizinischer<br />
Versorgungsleistungen. Untersuchung bei Patienten mit Fibromyalgiesyndrom (FMS).<br />
Schmerz. 14. S.77-83.<br />
Müller, W., Lautenschläger, J. (1990). Die generalisierte Tendomyopathie (GTM). Teil I:<br />
Klinik, Verlauf, Differentialdiagnose. Zeitschrift für Rheumatologie, 49, S.11-21.<br />
Müller, W., Stratz, Th., Tolk, J. (2003). Die medikamentöse Therapie der Fibromyalgie.<br />
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt, 2/2003, S. 57-60.<br />
Murtagh, J. (2003). Fibromyalgia. Patient information. Australian doctor.<br />
http://www.ausraliandoctor.com.au<br />
Neeck, G. (1998). Fibromyalgie-Syndrom. Editorial. Psycho 25. Nr.1, S. 3.<br />
Neeck, G. (2001). 76.7 Fibromyalgie (M 79.0). In: Zeidler, H., Zacher, J., Hiepe, F. (Hrsg.).<br />
Interdisziplinäre klinische Rheumatologie: Innere Medizin-Orthopädie-Immunologie.<br />
S. 1109-1116. Springer.<br />
Nicassio, P. M., Schumann, C., Radojevic, V., Weisman, M. H. (1999). Helplessness as a<br />
Mediator of Health Status in Fibromyalgia. Cognitive Therapy and Research, Vol. 23, No. 2,<br />
S. 181-196.<br />
Nöller, V., Sprott, H. (2003). Prospective epidemiological Observations on the course of the<br />
disease in fibromyalgia patients. Journal of negative results in biomedicine. 2(1):4.<br />
Offenbaecher, M., Glatzeder, K., Ackenheil, M. (1998). Self-reported depression, familial<br />
history of depression and fibromyalgia (FM), and psychological distress in patients with FM.<br />
Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 94-96.<br />
Oliver, K., Cronan, T. (2002). Predictors of Exercise Behavior among Fibromyalgia Patients.<br />
Preventive Medicine, 35, S. 383-389.<br />
125
Pongratz, D. E., Späth, M. (1998). Morphologic aspects of fibromyalgia. Zeitschrift für<br />
Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 47-51.<br />
Ramsay, C., Moreland, J., Ho, M., Joyce, S., Walker, S., Pullar, T. (2000). An observerblinded<br />
comparison of supervised and unsupervised aerobic exercise regimens in<br />
fibromyalgia. Rheumatology, 39, S. 501-505.<br />
Raspe, H., Kaluza, G., Eich, W. (1999). Fibromyalgie und verwandte weichteilrheumatische<br />
Syndrome. In: Basler, H.-D., Franz, C., Kröner-Herwig, B., Rehfisch, H. P., Seemann, H.<br />
(Hrsg.). Psychologische Schmerztherapie. S. 487-497. Springer.<br />
Riedel, W., Neeck, G., Netter, P., Vaitl, D. (1999). Hormonale Regulation bei Patienten mit<br />
Fibromyalgie-Syndrom (FMS). Psycho, 25, S. 30-35.<br />
Romano, J. M., Turner, J. A., Friedman, L. S., Bulcroft, R. A., Jensen, M. P., Hops, H.,<br />
Wright, S. F. (1992). Sequential analysis of chronic pain behaviors and spouse responses.<br />
Journal of Consulting and Clinical Psychology, Vol. 60, No. 5, S. 777-782.<br />
Rossy, L. A., Buckelew, S. P., Dorr, N., Hagglund, K. J., Thayer, J. F., McIntosh, M. J.,<br />
Hewett, J. E., Johnson, J. C. (1999). A meta-analysis of fibromyalgia treatment interventions.<br />
Annals of behavioural medicine. 21(2). S. 180-191.<br />
Roy, B. A. (2001). Facts about Fibromyalgia Syndrome. In: Fit Facts from the American<br />
Council on Exercise. http://www.acefitness.org/fitfacts/pdfs/fitfacts/itemid_89.pdf<br />
Ruoß, M. (1998). Psychologie des Schmerzes. Chronische Schmerzen in<br />
kognitionspsychologischer Perspektive. Göttingen: Hogrefe.<br />
Russell, I. J. (1998). Neurochemical pathogenesis of fibromyalgia. Zeitschrift für<br />
Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 63-66.<br />
Sachs, L. (1992). Angewandte Statistik. Springer-Verlag. Berlin Heidelberg.<br />
Santen, M. van, Bolwijn, P., Landewé, R., Verstappen, F., Bakker, C., Hidding, A., Heijde, D.<br />
van der, Houben, H., Linden, S. van der (2002). High or Low Intensity Aerobic Fitness<br />
Training in Fibromyalgia: Does it matter? The Journal of Rheumatology, 29:3, S. 582-587.<br />
Santen, M. van, Bolwijn, P., Verstappen, F., Bakker, C., Hidding, A., Houben, H., Heijde, D.<br />
van der, Landewé, R., Linden, S. van der (2002). A randomized Clinical Trial Comparing<br />
Fitness and Biofeedback Training versus Basic Treatment in Patients with Fibromyalgia. The<br />
Journal of Rheumatology, 29:3, S. 575-581.<br />
Schmidt, E. (2003). <strong>Evaluation</strong> <strong>eines</strong> <strong>strukturierten</strong> verhaltensmedizinischen<br />
Selbsthilfeprogramms bei Fibromyalgie. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität<br />
Heidelberg.<br />
Schochat, T., Beckmann, C. (2003). Soziodemographie, Risikofaktoren und Reproduktionsanamnese<br />
bei Fibromyalgie. Ergebnisse einer bevölkerungsbezogenen Studie. Zeitschrift für<br />
Rheumatologie, 62, S. 46-59.<br />
126
Seligman, M. E. P. (1975; 1992 2.Aufl.) Erlernte Hilflosigkeit. Psychologie Verlags Union,<br />
Weinheim. Beltz<br />
Selwyn, C. M. R., David, L. S. (2002). Prescribed exercise in people with fibromyalgia:<br />
parallel group randomised controlled trial. In: BMJ. (2002) July 27. pp. 325 (7357): 185.<br />
http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?tool=pubmed&pubmedid=12142304<br />
Sim, J., Adams, N. (2002). Systematic review of randomized controlled trials of<br />
nonpharmacological interventions for fibromyalgia. The Clinical Journal of Pain, 18,<br />
S. 324-336.<br />
Späth, M., Neeck, G. (2002). Zur Begutachtung der Fibromyalgie. Zeitschrift für<br />
Rheumatologie, 61, S. 661-666.<br />
Späth, M., Neeck, G. (2003). Leserbrief: Fibromyalgie. Zeitschrift für Rheumatologie, 62,<br />
S. 300.<br />
Späth, M., Pongratz, D. (1999). Fibromyalgie – Klinisches Bild und Differentialdiagnosen aus<br />
neurologisch-myologischer Sicht. Psycho, 25, Nr. 1, S. 22-29.<br />
Strobel, E.-S., Wild, J., Müller, W. (1998). Interdisziplinäre Gruppentherapie für die<br />
Fibromyalgie. Zeitschrift für Rheumatologie, 57, S. 89-94.<br />
Thieme, K., Gromnica-Ihle, E., Flor, H. (2003). Operant Behavioral Treatment of<br />
Fibromyalgia: A Controlled Study. Arthritis & Rheumatism, 49, No.3, S. 314-320.<br />
Walen, H. R., Cronan, T. A., Serber, E. R., Groessl, E., Oliver, K. (2002). Subgroups of<br />
fibromyalgia patients: evidence for heterogeneity and an examination of differential effects<br />
following a community-based intervention. Journal of Musculoskeletal Pain. Vol. 10 (3).<br />
S. 9-32.<br />
Wallace, D. J. (1997). The Fibromyalgia Syndrome. Annals of Medicine, 29, S. 9-12.<br />
Wallace, D. J. (1999). What constitutes a fibromyalgia expert? Arthritis Care and Research,<br />
Vol. 12 (2), S. 82-84.<br />
Weber, H. (1994). Veränderung gesundheitsbezogener Kognitionen. In: Schwenkmezger, P.,<br />
Schmidt, L. R. (Hrsg.). Lehrbuch der Gesundheitspsychologie. Ferdinand Enke Verlag.<br />
Stuttgart.<br />
<strong>Weiss</strong>, Th. (2000). Handbuch für Gruppenleiterinnen: 12-Wochen-Programm. Nichtveröffentlichte<br />
Ausgabe.<br />
<strong>Weiss</strong>, Th. (1999, 2. Auflage 2000). Das Fibromyalgieprogramm. Econ Ullstein List Verlag<br />
München.<br />
<strong>Weiss</strong>, Th. (1997, 7. Auflage 2001). Fibromyalgie. Schmerzen überall. Econ Ullstein List<br />
Verlag München.<br />
White, K. P., Harth, M. (1996). An analytical review of 24 controlled clinical trials for<br />
fibromyalgia syndrome (FMS). Pain, 64, S. 211-219.<br />
127
Wigers, S. H., Stiles, T. C., Vogel, P. A. (1996). Effects of aerobic exercise versus stress<br />
management treatment in fibromyalgia. Scandinavian Rheumatology, Vol. 25, S. 77-86.<br />
Wild, J., Müller, W. (2002). Behandlungszufriedenheit von Fibromyalgiepatienten nach<br />
stationärer Rehabilitation. Zeitschrift für Rheumatologie, 61, S. 560-567.<br />
WIN BSI (2000). Grafische Auswertung des BSI, Version 3.1., dt. Version. Hogrefe.<br />
Wolfe, F., Ross, K., Anderson, J., Russell, I. J., Hebert, L. (1995). The prevalence and<br />
characteristics of fibromyalgia in the general population. Arthritis and Rheumatism, Vol. 38,<br />
No. 1, S. 19-28.<br />
Wolfe, F., Smythe, H. A., Yunus, M. B. et al. (1990). The American College of<br />
Rheumatology 1990. Criteria for the classification of fibromyalgia. Report of the Multicenter<br />
Criteria Committee. Arthritis and Rheumatism, 33, S. 160-172.<br />
Wolfe, F. (1997). The fibromyalgia problem. Journal of rheumatology, 24, S. 1247-1249.<br />
Wolfe, F., Anderson, J., Harkness, D., Bennett, R. M., Caro, X. Y., Goldenberg, D. L.,<br />
Russell, I. J., Yunus, M. B. (1997). A prospective, longitudinal, multicenter study of service<br />
utilization and costs in fibromyalgia. Arthritis and Rheumatism 40, S. 1560-1570.<br />
Wolfe, F., Hawley, D. J. (1998). Psychosocial factors and the fibromyalgia syndrome.<br />
Zeitschrift für Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 88-91.<br />
Worrel, L. M., Krahn, L. E., Sletten, Ch. D., Pond, G. R. (2001). Treating fibromyalgia with a<br />
brief interdisciplinary program: Initial outcomes and predictors of response. Mayo Clinic<br />
Proceedings, 76. S. 384-390.<br />
Yunus, M. B. (1998). Genetic factors in fibromyalgia syndrome. Zeitschrift für<br />
Rheumatologie, 57, Suppl. 2, S. 61-62.<br />
Zacher, J. (2001). Operative Methoden. In: Zeidler, H., Zacher, J., Hiepe, F. (Hrsg.).<br />
Interdisziplinäre klinische Rheumatologie: Innere Medizin-Orthopädie-Immunologie.<br />
S. 433-472. Springer.<br />
Zerssen, D., Köller, D. M. (1976). Klinische Selbstbeurteilungsskalen (KSB-S) aus dem<br />
Münchener Psychiatrischen Informations-System (PSYCHIS) München). Beschwerden-Liste.<br />
Weinheim: Beltz.<br />
128
Anhang A<br />
Fragebögen:<br />
Die Anschreiben und Fragebögen sind je auf die Hälfte ihrer originalen Größe verkleinert<br />
wiedergegeben.<br />
Anschreiben und Fragebogen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-Programms zu t3<br />
Anschreiben und Fragebogen der Teilnehmerinnen der Traditionellen Gruppen zu t3<br />
Anschreiben und Fragebogen der Angehörigen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />
Programms zu t2<br />
Anschreiben und Fragebogen der Angehörigen der Teilnehmerinnen des 12-Wochen-<br />
Programms zu t3<br />
129