Praxis & Wissenschaft - Dr. Hans Ulrich Brauer, MA
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Indizes:<br />
Freilegung<br />
Kieferorthopädischoralchirurgische<br />
Therapie<br />
Retiniert verlagerter Eckzahn<br />
Keywords:<br />
impacted canines<br />
preorthodontic surgery<br />
surgical exposure<br />
Die oberen Eckzähne sind nach den<br />
Weisheitszähnen die am häufigsten<br />
impaktierten Zähne. Die Pathogenese<br />
der Impaktionen ist außerordentlich<br />
komplex, multifaktoriell,<br />
dynamisch und zudem von<br />
einer Vielzahl endogener<br />
und exogener Faktoren abhängig<br />
[12]. Als Ursache<br />
für eine Impaktion werden<br />
u.a. lokale (d.h. später<br />
Durchbruchszeitpunkt,<br />
wegen langem, komplizierten<br />
Durchbruchsweg<br />
der Eckzähne), iatrogene<br />
(zu frühe Retraktion der<br />
Frontzähne oder vorzeitige<br />
Entfernung der Milchzweier),<br />
allgemeine (Vitamin-D-Mangel,<br />
endokrine<br />
Störungen und febrile Erkrankungen)<br />
und genetische<br />
Faktoren genannt [1,5,17]. Die Angaben<br />
hinsichtlich der Prävalenz liegen<br />
bei 1 bis 2 Prozent. Das weibliche Geschlecht<br />
ist etwa doppelt so häufig betroffen<br />
[2]. Begründet wird dies durch die<br />
unterschiedliche Durchbruchsreihenfolge.<br />
So brechen bei Mädchen häufiger die<br />
zweiten Prämolaren vor den Eckzähnen<br />
durch. Abhängig vom Patientenalter und<br />
dem kieferorthopädischen Befund um-<br />
<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />
Chirurgische Freilegung impaktierter oberer Eckzähne: eine Literaturübersicht<br />
Impaktion<br />
der oberen Eckzähne<br />
Von <strong>Hans</strong> <strong>Ulrich</strong> <strong>Brauer</strong> und Albrecht Foernzler, Esslingen<br />
Impaktierte bleibende Oberkiefer-Eckzähne treten<br />
in der Population zu 1 bis 2 Prozent auf und<br />
müssen daher häufig in einer kombiniert<br />
kieferorthopädisch-oralchirurgischen<br />
Behandlungsstrategie in den Zahnbogen<br />
eingeordnet werden. Dargestellt wird der aktuelle<br />
Stand der Literatur zur chirurgischen Freilegung<br />
einschließlich der präoperativen Diagnostik.<br />
fasst das chirurgische Therapiespektrum<br />
die Entfernung lediglich des persistierenden<br />
Milchdreiers [10], die Freilegung<br />
des Eckzahnes, die chirurgische Freilegung<br />
des Eckzahnes mit Kleben eines Attachments<br />
und in ungünstigen Behandlungsfällen<br />
die Osteotomie des Zahnes<br />
(Abb. 1). Aufgrund der hohen funktionellen<br />
und ästhetischen Wertigkeit des<br />
Eckzahnes sollte die Entscheidung zur<br />
Entfernung stets sorgfältig abgewogen<br />
werden. Als eher selten praktizierte Verfahren<br />
wären noch Transplantation und<br />
chirurgische Reposition zu nennen (Tab.<br />
1). Die mechanische Einstellung retinierter<br />
oder impaktierter Eckzähne ist heutzutage<br />
zumeist eine kieferorthopädische<br />
Abb. 1 Panoramaschichtaufnahme impaktierter oberer, hoch verlagerter<br />
Eckzähne, persistierender Milchzähne 53, 63, 75 u. 85 und<br />
Nichtanlagen 35 u. 45 bei einer 32-jährigen Patientin<br />
Routinemaßnahme [13], für die eine Vielzahl<br />
von Apparaturen und Federn für die<br />
notwendige mechanische Kraft zur Verfügung<br />
stehen [18]. Die Wahl eines geeigneten<br />
Operationsverfahrens sorgt für<br />
eine einfachere aktive Einreihung des<br />
Zahnes und lässt das Behandlungsergebnis<br />
stabiler und ästhetisch befriedigender<br />
ausfallen [13]. Die Gesamtbehandlungsdauer<br />
zur Einordnung eines re-<br />
© die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009 1
<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />
Extraktion des persistierenden Milchdreiers<br />
Chirurgische Freilegung Labiale Impaktion:<br />
(offen/geschlossen) 1. lokale Schleimhautexzision<br />
2. apikaler bzw. lateroapikaler Verschiebelappen (offene Technik)<br />
3. Closed-eruption-Technik (Tunnelverfahren)<br />
Osteotomie des bleibenden Eckzahnes<br />
Transplantation/chirurgische Reposition<br />
tiniert verlagerten Eckzahnes wird von<br />
Grande et al. 2006 mit 1,9 Jahren angegeben<br />
[8].<br />
Klinische Untersuchung<br />
Die spezifische klinische Untersuchung<br />
umfasst die Inspektion und Palpation. Die<br />
klinische Inspektion liefert erste Hinweise<br />
auf die Lage des impaktierten Eckzahnes.<br />
Denn bei palatinal verlagerten<br />
Eckzähnen ist es gehäuft so, dass der Eckzahn<br />
auf die Wurzel des seitlichen Schneidezahnes<br />
drückt und somit die klinische<br />
Krone des Zweiers nach palatinal bewegt.<br />
Dadurch steht der seitliche Schneidezahn<br />
im Vergleich zum mittleren Schneidezahn<br />
rekliniert. Liegt der Eckzahn labial, kann<br />
die Krone des seitlichen Schneidezahnes<br />
nach vestibulär ausgelenkt werden [10].<br />
Eine sorgfältige Palpation kann gelegentlich<br />
eine Schwellung von derber Konsistenz<br />
an der palatinalen bzw. bukkalen<br />
Mundschleimhaut feststellen<br />
und somit die aus der<br />
Inspektion vermutete Lage<br />
des Eckzahnes bestätigen<br />
[5,10].<br />
Röntgendiagnostik<br />
Zur Diagnostik und Planung<br />
der chirurgischen<br />
Freilegung dient die Panoramaschichtaufnahme<br />
als<br />
Basis-Röntgendiagnostik<br />
(Abb. 2a). Palatinal verlagerte<br />
Eckzähne erscheinen<br />
dabei im Orthopantomogramm<br />
etwas vergrößert<br />
[7]. Aus der in der Panora-<br />
Palatinale Impaktion:<br />
1. Mukoperiostlappen (zweizeitig)<br />
2. Mukoperiostlappen (einzeitig, offene/geschlossene Technik)<br />
3. Freilegung und Schleimhautfenster (d.h. ohne Bekleben)<br />
Non-Therapie (unter sorgfältiger Abwägung Risiken/Aufwand/Nutzen/Alternativen)<br />
Tab. 1 Zahnärztlich-chirurgisches Therapiespektrum bei impaktieren Eckzähnen<br />
maschichtaufnahme ermittelten Neigung<br />
des nicht durchgebrochenen Zahnes ist<br />
eine prognostische Aussage über den<br />
weiteren kieferorthopädischen Behandlungsverlauf<br />
möglich [5]. Hierzu wurden<br />
verschiedene röntgenologische Analyseverfahren<br />
beschrieben. Das Fernröntgenseitenbild<br />
(FRS) liefert weitere Informationen.<br />
Die definitive Lagebestimmung<br />
des Eckzahnes erfolgt röntgenologisch<br />
mit Hilfe der Parallaxe-Technik. Als Referenzobjekt<br />
dient die Wurzel eines benachbarten<br />
Zahnes. Bei der Parallaxe-<br />
Technik werden ein Zahnfilm in orthoradialem<br />
Strahlengang, sowie eine weitere<br />
mesial- und/oder distal-exzentrische Aufnahme<br />
angefertigt („horizontal tube<br />
shift“). Wandert der Eckzahn in die gleiche<br />
Richtung wie die Strahlenquelle liegt<br />
der Zahn palatinal. Neben den Zahnfilmaufnahmen<br />
in Parallaxe-Technik, bietet<br />
sich zur Lageermittlung des impaktierten<br />
Eckzahnes zur Ergänzung der Pa-<br />
Abb. 2a Präoperative Panoramaschichtaufnahme bei einer 13-jährigen<br />
Patientin zur Basis-Röntgendiagnostik. Da Zahn 13 im<br />
Vergleich zu 23 etwas vergrößert erscheint, ist dies ein Hinweis<br />
auf eine palatinale Impaktion des Eckzahnes.<br />
2 © die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009
noramaschichtaufnahme in einer zweiten<br />
Ebene besonders eine Oberkiefer-Aufbissaufnahme<br />
an [10]. Diese Parallaxe-<br />
Technik wurde von Keur 1986 als „vertical<br />
tube shift“ beschrieben (Abb. 2b) [11].<br />
Die Computertomographie (CT) bzw. die<br />
digitale Volumentomographie (DVT) sind<br />
als erweiterte, Einzelfällen vorbehaltene<br />
Röntgentechniken zu nennen, beispielsweise<br />
zur exakten Lageermittlung, zur<br />
Abklärung von Wurzelresorptionen und<br />
zur Erkennung von Ankylosen (Abb. 3)<br />
[21]. Insbesondere wird die digitale Volumentomographie<br />
auch zunehmend zur<br />
genaueren Planung der Biomechanik eingesetzt.<br />
Operatives Vorgehen<br />
Der klinischen Untersuchung und entsprechender<br />
Röntgendiagnostik schließt<br />
sich die Aufklärung des Kindes und der<br />
bzw. des Erziehungsberechtigten oder des<br />
erwachsenen Patienten an. Eine adäquate,<br />
dem Eingriff angemessene Aufklärung<br />
wird von der Rechtssprechung eingefordert<br />
und ist aus zahnärztlich-chirurgischer<br />
Sicht, da generell rechtliche Auseinandersetzungen<br />
zwischen Patienten und<br />
Zahnärzten aus unterschiedlichen Gründen<br />
zugenommen haben, unabdingbar<br />
[3]. Grundsätzlich gibt es verschiedene<br />
Möglichkeiten der Freilegung. Häufig<br />
wird grob unterteilt in offene und geschlossene<br />
Freilegungstechnik (so genannte<br />
offene bzw. geschlossene Elongation).<br />
Bei der Wahl des Zuganges orientiert<br />
sich das operative Vorgehen an<br />
der zu erwartenden Position des Eckzahnes<br />
[5,10]. Eine palatinale Lage des retinierten<br />
Zahnes wird deutlich häufiger angetroffen.<br />
Labial liegt der Eckzahn in etwa<br />
15 Prozent der Fälle [19].<br />
Freilegung labial verlagerter<br />
Eckzähne<br />
Das Operationsspektrum zur Freilegung<br />
labial verlagerter Zähne umfasst einfache,<br />
lokale Schleimhautexzisionen, apikale<br />
oder lateroapikale Verschiebelappen<br />
und die so genannte Closed-eruption-<br />
Technik (Tunnelverfahren).<br />
Befindet sich die Krone des Eckzahnes<br />
überwiegend koronal der Mukogingivalgrenze<br />
ist eine lokale Schleimhautexzision<br />
zur Darstellung des Zahnes ausreichend<br />
[13,20]. Nach Elongation und Einreihung<br />
des Zahnes in den Zahnbogen ist<br />
in diesen Fällen ein ausreichend breiter<br />
Abb. 2b Präoperative Oberkiefer-<br />
Aufbissaufnahme. Im Vergleich zur Abbildung 2a<br />
ist der impaktierte Eckzahn im Vergleich zu den<br />
Nachbarzähnen nach apikal gewandert („vertical<br />
tube shift"); somit liegt der Zahn palatinal.<br />
Streifen befestigte Gingiva zu erwarten.<br />
Bei Unklarheiten bezüglich des Verlaufes<br />
der mukogingivalen Grenzlinie besteht<br />
die Möglichkeit die Mukosa mit Lugol-<br />
Lösung (Schiller'sche Jodprobe) anzufärben<br />
[13]. Befindet sich die Krone des Eckzahnes<br />
zumindest annähernd auf Höhe<br />
der Mukogingivalgrenze ist ein apikaler<br />
Verschiebelappen zur Freilegung indiziert.<br />
Hierbei wird die befestigte Gingiva nach<br />
apikal verschoben, um ein parodontal suffizientes<br />
Behandlungsergebnis zu erreichen.<br />
Nach Bildung des Spaltlappens wird<br />
der den Zahnschmelz bedeckende Knochen<br />
mit einer Kürette, dem Raspatorium<br />
oder mit dem Skalpell entfernt und etwa<br />
zwei <strong>Dr</strong>ittel der Krone freigelegt [20]. Der<br />
verschobene Lappen wird am Periost mit<br />
Situationsnähten so adaptiert, dass die<br />
Zahnkrone zur Hälfte bis zu zwei <strong>Dr</strong>itteln<br />
frei bleibt. Um den Zugang offen zu halten,<br />
kann ein Streifen eingebracht werden<br />
[20]. Liegt der Zahn jedoch deutlich<br />
apikal dieser Grenze ist ein Tunnelverfahren<br />
anzuwenden, um Rezessionen<br />
vorzubeugen und um ein stabiles kieferorthopädisches<br />
Behandlungsergebnis zu<br />
erreichen [13]. Bei der Closed-eruption-<br />
Technik wird ein Lappen gebildet, ein<br />
Halteelement auf den impaktierten Zahn<br />
aufgebracht und der Lappen an seine Ausgangsposition<br />
zurückgeklappt, mit dem<br />
Ziel einen möglichst normalen Zahndurchbruch<br />
zu imitieren [20]. Vermette et<br />
al. 1995 fanden in einer Studie bessere ästhetische<br />
Ergebnisse bei der Anwendung<br />
der Closed-eruption-Technik im Vergleich<br />
zu der Technik mit apikalem Verschiebelappen<br />
[20].<br />
<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />
© die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009 3
<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />
Abb. 2c<br />
Zustand nach Entfernung 53<br />
und palatinaler Schnittführung<br />
unter Schonung des N. nasopalatinus<br />
zur Exploration der<br />
Zahnkrone des impaktierten<br />
Eckzahnes 13.<br />
Abb. 2d<br />
Wundverschluss nach<br />
Kleben des Halteelements<br />
und Streifeneinlage<br />
Freilegung palatinal verlagerter<br />
Eckzähne<br />
In der Literatur sind sowohl einzeitige als<br />
auch zweizeitige Vorgehensweisen beschrieben.<br />
Bei der zweizeitigen Prozedur<br />
wird in der ersten Sitzung der Eckzahn<br />
freigelegt, ein Gazestreifen eingebracht<br />
und dieser fixiert [9]. In einer zweiten Sitzung<br />
wird der Streifen dann entfernt und<br />
das Halteelement mit Hilfe der Säure-<br />
Ätz-Technik geklebt. Beim üblicheren<br />
einzeitigen Verfahren wird in einer Sit-<br />
zung der Eckzahn sowohl chirurgisch freigelegt,<br />
als auch mit dem Attachment beklebt.<br />
Zur Herstellung einer im Tiefziehverfahren<br />
hergestellten Miniplastschiene als<br />
Verbandsplatte wird präoperativ eine Alginatabformung<br />
mit einem konfektionierten<br />
Abformlöffel genommen. Nach<br />
Leitungsanästhesie mit Adrenalinzusatz<br />
am Foramen incisivum und Infiltrationsanästhesie<br />
am Gaumen werden, falls bisher<br />
nicht erfolgt, persistierende obere<br />
Milchdreier schonend entfernt. Danach<br />
erfolgt je nach zu erwartender Lage des<br />
Eckzahnes eine entsprechend gewählte<br />
Schnittführung. Prinzipiell empfiehlt es<br />
sich einen Mukoperiostlappen unter<br />
Schonung des N. nasopalatinus zu bilden,<br />
der eine ausreichende Übersicht gewährleisten<br />
sollte. Falls notwendig wird<br />
mit dem Raspatorium oder mit der Kugelfräse<br />
der den Zahnschmelz bedeckende<br />
Knochen vorsichtig entfernt bzw.<br />
abgetragen (Abb. 2c). Hierbei ist darauf<br />
zu achten, dass der Eckzahn nicht weiter<br />
als bis zur Schmelz-Zement-Grenze freigelegt<br />
wird, um späteren parodontalen<br />
Rezessionen vorzubeugen. Nach Exploration<br />
der Zahnkrone kann der Zahn vorsichtig<br />
luxiert werden. Um das Halteelement<br />
mit der bewährten Adhäsivtechnik<br />
zu befestigen, ist eine adäquate Blutstillung<br />
notwendig. Es hat sich als zweckmäßig<br />
erwiesen das Halteelement mit einer<br />
Arterienklemme zu adaptieren. Die<br />
Kette des Halteelements wird an der kieferorthopädischen<br />
Apparatur bzw. an den<br />
Zähnen mit einem Faden fixiert. In einigen<br />
Fällen ist eine leichte bogenförmige<br />
Kürzung des Mukoperiostlappens mit der<br />
Schleimhautschere bzw. dem Skalpell<br />
sinnvoll. Der Lappen wird zurückgeklappt<br />
und mit Situationsnähten spannungsfrei<br />
fixiert (Abb. 2d). Ein <strong>Dr</strong>ainagestreifen<br />
kann eingebracht werden, um den Zugang<br />
offen zu halten und die Verbandsplatte<br />
eingegliedert. Alternativ kann versucht<br />
werden über die Extraktionsalveole<br />
des Milchdreiers den Eckzahn<br />
freizulegen und ein Halteelement zu kleben<br />
oder, wie von Kokich & Mathews<br />
2006 beschrieben, auch lediglich eine palatinale<br />
Fenestrierung des Eckzahnes anzulegen,<br />
um zunächst einen spontanen<br />
Durchbruch abzuwarten [13]. Chaushu et<br />
al. 2005 fanden bei dem Vergleich zwischen<br />
offener und geschlossener Freilegungstechnik<br />
bei palatinal verlagerten<br />
Zähnen, dass die geschlossene Elongation<br />
als angenehmer im postoperativen<br />
Heilungsablauf empfunden wird [4]. Evidenz,<br />
ob offene oder geschlossene Freilegungstechnik<br />
bei palatinal verlagerten<br />
Eckzähnen zu bevorzugen sind, gibt es<br />
derzeit nicht [16]. Eine gewisse Tendenz<br />
geht in Richtung geschlossener Elongation<br />
[12].<br />
Nachsorge und kieferorthopädische<br />
Anschlussbehandlung<br />
Als Medikation sind zumeist Schmerzmittel<br />
ausreichend. Prinzipiell empfiehlt sich<br />
am ersten postoperativen Tag ein Kontrolltermin.<br />
Ein eventuell eingebrachter<br />
Streifen kann entfernt bzw. gewechselt<br />
werden. Nach sieben bis zehn Tagen erfolgt<br />
die Nahtentfernung und die kiefer-<br />
4 © die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009
orthopädische Einordnung beginnt. Hierfür<br />
stehen zahlreiche Apparaturen, wie<br />
T<strong>MA</strong>-Peitsche, palatinale Hebel, Overlay-<br />
Technik mit superelastischem Bogen oder<br />
elastischen Gummifäden, zur Verfügung<br />
[5]. Von Schubert 2008 wurde die kieferorthopädische<br />
Einordnung mit dem Easy-<br />
Way-Coil-(EWC-)System vorgestellt, eine<br />
Technik bestehend aus einem Lingualknopf<br />
und einer sukzessiv zu kürzenden<br />
Remanium-Zugfeder [18]. Eventuell ist eine<br />
Mechanik an einer Quadhelix sinnvoll.<br />
Erwähnen sollte man noch, dass auch der<br />
Einsatz von Miniimplantate zur forcierten<br />
Elongation möglich ist [15]. Nicht empfehlenswert<br />
ist die Verankerung an herausnehmbaren<br />
Apparaturen.<br />
Diskussion<br />
Die chirurgische Freilegung orientiert sich<br />
an der Lage des Eckzahnes. Ziel der gemeinsamen<br />
Behandlung ist die erfolgreiche<br />
Einordnung des Zahnes im Hinblick<br />
auf ein ästhetisches und stabiles kieferorthopädisches<br />
Behandlungsergebnis, sowie<br />
suffiziente parodontale Verhältnisse.<br />
Durch die Säure-Ätz-Technik ist eine sichere<br />
Befestigung des Attachments am<br />
Eckzahn gewährleistet, andere beschrie-<br />
bene Verfahren, wie die Umschlingung,<br />
die Anschlingung, das Anschrauben oder<br />
Zementieren von Fixationselementen sind<br />
obsolet geworden [12].<br />
Filippi et al. 1999 untersuchten bei 59 Patienten,<br />
bei denen palatinal verlagerte<br />
Eckzähne operativ entfernt werden mussten<br />
und bei denen der N. nasopalatinus<br />
glatt durchtrennt wurde, das Ausmaß der<br />
Sensibilitätsstörung [6]. Es ergab sich,<br />
Abb. 3 Digitale Volumentomographie (DVT) zur Darstellung des retiniert verlagerten Zahnes 13 bei einer<br />
18-jährigen Patientin<br />
dass nach mehr als vier Wochen nach dem<br />
Eingriff weder subjektive noch objektive<br />
Sensibilitätsausfälle festgestellt wurden.<br />
Selbstverständlich hat die chirurgische<br />
Freilegung unter möglichster Schonung<br />
von Hart- und Weichgewebe zu erfolgen.<br />
In manchen Fällen kann auch der Einsatz<br />
von ultraschall-getriebenen Instrumenten<br />
zur Entfernung des den Zahn umgebenen<br />
Knochens, wie in der Literatur beschrieben,<br />
hilfreich sein [9]. Als Alternative<br />
zu einer im Tiefziehverfahren<br />
hergestellten Miniplastschiene kann eine<br />
präoperativ angefertigte, mit kieferorthopädischen<br />
Halteelementen versehene<br />
Verbandsplatte eingegliedert werden<br />
[14]. Nachteilig ist hierbei sicherlich der<br />
erhöhte zeitliche und finanzielle Aufwand<br />
in der Herstellung, in einigen Fällen wird<br />
jedoch ein verbesserter Halt erreicht.<br />
<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />
© die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009 5
<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />
Fazit<br />
Die operative Freilegung impaktierter<br />
Eckzähne im Oberkiefer stellt einen routinemäßig<br />
durchgeführten chirurgischen<br />
Therapieschritt im Rahmen der kombiniertkieferorthopädisch-oralchirurgischen<br />
Behandlung dar. Es ist darauf zu<br />
achten, dass die Schnittführung möglichst<br />
eine gute Übersicht bietet, der Eingriff<br />
unter Schonung von Hart- und Weichgewebe<br />
durchgeführt wird, sowie parodontologische<br />
Aspekte berücksichtigt. ■<br />
Danksagung<br />
Für die kritische Durchsicht des Manuskriptes<br />
möchten wir uns bei <strong>Dr</strong>. Florian<br />
Weber, M.A., Leiter Kieferorthopädie der<br />
Akademie für Zahnärztliche Fortbildung<br />
Karlsruhe (Direktor: Prof. <strong>Dr</strong>. W. Walther),<br />
recht herzlich bedanken.<br />
[1] Bishara SE, Kommer DD, McNeil MH, Montagana<br />
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Summary<br />
Surgical exposure of impacted maxillary<br />
canines: a review of literature. 1 – 2 of the<br />
population have impacted maxillary canines.<br />
These young patients often are in<br />
need of a combined orthodontic and surgical<br />
therapy. This review presents the recent<br />
literature concerning both the surgical<br />
interventions and the important preoperative<br />
diagnostics.<br />
Korrespondenzadresse<br />
<strong>Dr</strong>. med. dent. <strong>Hans</strong> <strong>Ulrich</strong> <strong>Brauer</strong>, M.A.<br />
Zahnarzt, Master of Arts Integrated Practice in<br />
Dentistry<br />
<strong>Praxis</strong>klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Dr</strong>. A. Foernzler<br />
Kollwitzstraße 8, D-73728 Esslingen<br />
E-Mail info@dr-brauer-ma.de<br />
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6 © die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009