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Praxis & Wissenschaft - Dr. Hans Ulrich Brauer, MA

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Indizes:<br />

Freilegung<br />

Kieferorthopädischoralchirurgische<br />

Therapie<br />

Retiniert verlagerter Eckzahn<br />

Keywords:<br />

impacted canines<br />

preorthodontic surgery<br />

surgical exposure<br />

Die oberen Eckzähne sind nach den<br />

Weisheitszähnen die am häufigsten<br />

impaktierten Zähne. Die Pathogenese<br />

der Impaktionen ist außerordentlich<br />

komplex, multifaktoriell,<br />

dynamisch und zudem von<br />

einer Vielzahl endogener<br />

und exogener Faktoren abhängig<br />

[12]. Als Ursache<br />

für eine Impaktion werden<br />

u.a. lokale (d.h. später<br />

Durchbruchszeitpunkt,<br />

wegen langem, komplizierten<br />

Durchbruchsweg<br />

der Eckzähne), iatrogene<br />

(zu frühe Retraktion der<br />

Frontzähne oder vorzeitige<br />

Entfernung der Milchzweier),<br />

allgemeine (Vitamin-D-Mangel,<br />

endokrine<br />

Störungen und febrile Erkrankungen)<br />

und genetische<br />

Faktoren genannt [1,5,17]. Die Angaben<br />

hinsichtlich der Prävalenz liegen<br />

bei 1 bis 2 Prozent. Das weibliche Geschlecht<br />

ist etwa doppelt so häufig betroffen<br />

[2]. Begründet wird dies durch die<br />

unterschiedliche Durchbruchsreihenfolge.<br />

So brechen bei Mädchen häufiger die<br />

zweiten Prämolaren vor den Eckzähnen<br />

durch. Abhängig vom Patientenalter und<br />

dem kieferorthopädischen Befund um-<br />

<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />

Chirurgische Freilegung impaktierter oberer Eckzähne: eine Literaturübersicht<br />

Impaktion<br />

der oberen Eckzähne<br />

Von <strong>Hans</strong> <strong>Ulrich</strong> <strong>Brauer</strong> und Albrecht Foernzler, Esslingen<br />

Impaktierte bleibende Oberkiefer-Eckzähne treten<br />

in der Population zu 1 bis 2 Prozent auf und<br />

müssen daher häufig in einer kombiniert<br />

kieferorthopädisch-oralchirurgischen<br />

Behandlungsstrategie in den Zahnbogen<br />

eingeordnet werden. Dargestellt wird der aktuelle<br />

Stand der Literatur zur chirurgischen Freilegung<br />

einschließlich der präoperativen Diagnostik.<br />

fasst das chirurgische Therapiespektrum<br />

die Entfernung lediglich des persistierenden<br />

Milchdreiers [10], die Freilegung<br />

des Eckzahnes, die chirurgische Freilegung<br />

des Eckzahnes mit Kleben eines Attachments<br />

und in ungünstigen Behandlungsfällen<br />

die Osteotomie des Zahnes<br />

(Abb. 1). Aufgrund der hohen funktionellen<br />

und ästhetischen Wertigkeit des<br />

Eckzahnes sollte die Entscheidung zur<br />

Entfernung stets sorgfältig abgewogen<br />

werden. Als eher selten praktizierte Verfahren<br />

wären noch Transplantation und<br />

chirurgische Reposition zu nennen (Tab.<br />

1). Die mechanische Einstellung retinierter<br />

oder impaktierter Eckzähne ist heutzutage<br />

zumeist eine kieferorthopädische<br />

Abb. 1 Panoramaschichtaufnahme impaktierter oberer, hoch verlagerter<br />

Eckzähne, persistierender Milchzähne 53, 63, 75 u. 85 und<br />

Nichtanlagen 35 u. 45 bei einer 32-jährigen Patientin<br />

Routinemaßnahme [13], für die eine Vielzahl<br />

von Apparaturen und Federn für die<br />

notwendige mechanische Kraft zur Verfügung<br />

stehen [18]. Die Wahl eines geeigneten<br />

Operationsverfahrens sorgt für<br />

eine einfachere aktive Einreihung des<br />

Zahnes und lässt das Behandlungsergebnis<br />

stabiler und ästhetisch befriedigender<br />

ausfallen [13]. Die Gesamtbehandlungsdauer<br />

zur Einordnung eines re-<br />

© die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009 1


<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />

Extraktion des persistierenden Milchdreiers<br />

Chirurgische Freilegung Labiale Impaktion:<br />

(offen/geschlossen) 1. lokale Schleimhautexzision<br />

2. apikaler bzw. lateroapikaler Verschiebelappen (offene Technik)<br />

3. Closed-eruption-Technik (Tunnelverfahren)<br />

Osteotomie des bleibenden Eckzahnes<br />

Transplantation/chirurgische Reposition<br />

tiniert verlagerten Eckzahnes wird von<br />

Grande et al. 2006 mit 1,9 Jahren angegeben<br />

[8].<br />

Klinische Untersuchung<br />

Die spezifische klinische Untersuchung<br />

umfasst die Inspektion und Palpation. Die<br />

klinische Inspektion liefert erste Hinweise<br />

auf die Lage des impaktierten Eckzahnes.<br />

Denn bei palatinal verlagerten<br />

Eckzähnen ist es gehäuft so, dass der Eckzahn<br />

auf die Wurzel des seitlichen Schneidezahnes<br />

drückt und somit die klinische<br />

Krone des Zweiers nach palatinal bewegt.<br />

Dadurch steht der seitliche Schneidezahn<br />

im Vergleich zum mittleren Schneidezahn<br />

rekliniert. Liegt der Eckzahn labial, kann<br />

die Krone des seitlichen Schneidezahnes<br />

nach vestibulär ausgelenkt werden [10].<br />

Eine sorgfältige Palpation kann gelegentlich<br />

eine Schwellung von derber Konsistenz<br />

an der palatinalen bzw. bukkalen<br />

Mundschleimhaut feststellen<br />

und somit die aus der<br />

Inspektion vermutete Lage<br />

des Eckzahnes bestätigen<br />

[5,10].<br />

Röntgendiagnostik<br />

Zur Diagnostik und Planung<br />

der chirurgischen<br />

Freilegung dient die Panoramaschichtaufnahme<br />

als<br />

Basis-Röntgendiagnostik<br />

(Abb. 2a). Palatinal verlagerte<br />

Eckzähne erscheinen<br />

dabei im Orthopantomogramm<br />

etwas vergrößert<br />

[7]. Aus der in der Panora-<br />

Palatinale Impaktion:<br />

1. Mukoperiostlappen (zweizeitig)<br />

2. Mukoperiostlappen (einzeitig, offene/geschlossene Technik)<br />

3. Freilegung und Schleimhautfenster (d.h. ohne Bekleben)<br />

Non-Therapie (unter sorgfältiger Abwägung Risiken/Aufwand/Nutzen/Alternativen)<br />

Tab. 1 Zahnärztlich-chirurgisches Therapiespektrum bei impaktieren Eckzähnen<br />

maschichtaufnahme ermittelten Neigung<br />

des nicht durchgebrochenen Zahnes ist<br />

eine prognostische Aussage über den<br />

weiteren kieferorthopädischen Behandlungsverlauf<br />

möglich [5]. Hierzu wurden<br />

verschiedene röntgenologische Analyseverfahren<br />

beschrieben. Das Fernröntgenseitenbild<br />

(FRS) liefert weitere Informationen.<br />

Die definitive Lagebestimmung<br />

des Eckzahnes erfolgt röntgenologisch<br />

mit Hilfe der Parallaxe-Technik. Als Referenzobjekt<br />

dient die Wurzel eines benachbarten<br />

Zahnes. Bei der Parallaxe-<br />

Technik werden ein Zahnfilm in orthoradialem<br />

Strahlengang, sowie eine weitere<br />

mesial- und/oder distal-exzentrische Aufnahme<br />

angefertigt („horizontal tube<br />

shift“). Wandert der Eckzahn in die gleiche<br />

Richtung wie die Strahlenquelle liegt<br />

der Zahn palatinal. Neben den Zahnfilmaufnahmen<br />

in Parallaxe-Technik, bietet<br />

sich zur Lageermittlung des impaktierten<br />

Eckzahnes zur Ergänzung der Pa-<br />

Abb. 2a Präoperative Panoramaschichtaufnahme bei einer 13-jährigen<br />

Patientin zur Basis-Röntgendiagnostik. Da Zahn 13 im<br />

Vergleich zu 23 etwas vergrößert erscheint, ist dies ein Hinweis<br />

auf eine palatinale Impaktion des Eckzahnes.<br />

2 © die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009


noramaschichtaufnahme in einer zweiten<br />

Ebene besonders eine Oberkiefer-Aufbissaufnahme<br />

an [10]. Diese Parallaxe-<br />

Technik wurde von Keur 1986 als „vertical<br />

tube shift“ beschrieben (Abb. 2b) [11].<br />

Die Computertomographie (CT) bzw. die<br />

digitale Volumentomographie (DVT) sind<br />

als erweiterte, Einzelfällen vorbehaltene<br />

Röntgentechniken zu nennen, beispielsweise<br />

zur exakten Lageermittlung, zur<br />

Abklärung von Wurzelresorptionen und<br />

zur Erkennung von Ankylosen (Abb. 3)<br />

[21]. Insbesondere wird die digitale Volumentomographie<br />

auch zunehmend zur<br />

genaueren Planung der Biomechanik eingesetzt.<br />

Operatives Vorgehen<br />

Der klinischen Untersuchung und entsprechender<br />

Röntgendiagnostik schließt<br />

sich die Aufklärung des Kindes und der<br />

bzw. des Erziehungsberechtigten oder des<br />

erwachsenen Patienten an. Eine adäquate,<br />

dem Eingriff angemessene Aufklärung<br />

wird von der Rechtssprechung eingefordert<br />

und ist aus zahnärztlich-chirurgischer<br />

Sicht, da generell rechtliche Auseinandersetzungen<br />

zwischen Patienten und<br />

Zahnärzten aus unterschiedlichen Gründen<br />

zugenommen haben, unabdingbar<br />

[3]. Grundsätzlich gibt es verschiedene<br />

Möglichkeiten der Freilegung. Häufig<br />

wird grob unterteilt in offene und geschlossene<br />

Freilegungstechnik (so genannte<br />

offene bzw. geschlossene Elongation).<br />

Bei der Wahl des Zuganges orientiert<br />

sich das operative Vorgehen an<br />

der zu erwartenden Position des Eckzahnes<br />

[5,10]. Eine palatinale Lage des retinierten<br />

Zahnes wird deutlich häufiger angetroffen.<br />

Labial liegt der Eckzahn in etwa<br />

15 Prozent der Fälle [19].<br />

Freilegung labial verlagerter<br />

Eckzähne<br />

Das Operationsspektrum zur Freilegung<br />

labial verlagerter Zähne umfasst einfache,<br />

lokale Schleimhautexzisionen, apikale<br />

oder lateroapikale Verschiebelappen<br />

und die so genannte Closed-eruption-<br />

Technik (Tunnelverfahren).<br />

Befindet sich die Krone des Eckzahnes<br />

überwiegend koronal der Mukogingivalgrenze<br />

ist eine lokale Schleimhautexzision<br />

zur Darstellung des Zahnes ausreichend<br />

[13,20]. Nach Elongation und Einreihung<br />

des Zahnes in den Zahnbogen ist<br />

in diesen Fällen ein ausreichend breiter<br />

Abb. 2b Präoperative Oberkiefer-<br />

Aufbissaufnahme. Im Vergleich zur Abbildung 2a<br />

ist der impaktierte Eckzahn im Vergleich zu den<br />

Nachbarzähnen nach apikal gewandert („vertical<br />

tube shift"); somit liegt der Zahn palatinal.<br />

Streifen befestigte Gingiva zu erwarten.<br />

Bei Unklarheiten bezüglich des Verlaufes<br />

der mukogingivalen Grenzlinie besteht<br />

die Möglichkeit die Mukosa mit Lugol-<br />

Lösung (Schiller'sche Jodprobe) anzufärben<br />

[13]. Befindet sich die Krone des Eckzahnes<br />

zumindest annähernd auf Höhe<br />

der Mukogingivalgrenze ist ein apikaler<br />

Verschiebelappen zur Freilegung indiziert.<br />

Hierbei wird die befestigte Gingiva nach<br />

apikal verschoben, um ein parodontal suffizientes<br />

Behandlungsergebnis zu erreichen.<br />

Nach Bildung des Spaltlappens wird<br />

der den Zahnschmelz bedeckende Knochen<br />

mit einer Kürette, dem Raspatorium<br />

oder mit dem Skalpell entfernt und etwa<br />

zwei <strong>Dr</strong>ittel der Krone freigelegt [20]. Der<br />

verschobene Lappen wird am Periost mit<br />

Situationsnähten so adaptiert, dass die<br />

Zahnkrone zur Hälfte bis zu zwei <strong>Dr</strong>itteln<br />

frei bleibt. Um den Zugang offen zu halten,<br />

kann ein Streifen eingebracht werden<br />

[20]. Liegt der Zahn jedoch deutlich<br />

apikal dieser Grenze ist ein Tunnelverfahren<br />

anzuwenden, um Rezessionen<br />

vorzubeugen und um ein stabiles kieferorthopädisches<br />

Behandlungsergebnis zu<br />

erreichen [13]. Bei der Closed-eruption-<br />

Technik wird ein Lappen gebildet, ein<br />

Halteelement auf den impaktierten Zahn<br />

aufgebracht und der Lappen an seine Ausgangsposition<br />

zurückgeklappt, mit dem<br />

Ziel einen möglichst normalen Zahndurchbruch<br />

zu imitieren [20]. Vermette et<br />

al. 1995 fanden in einer Studie bessere ästhetische<br />

Ergebnisse bei der Anwendung<br />

der Closed-eruption-Technik im Vergleich<br />

zu der Technik mit apikalem Verschiebelappen<br />

[20].<br />

<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />

© die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009 3


<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />

Abb. 2c<br />

Zustand nach Entfernung 53<br />

und palatinaler Schnittführung<br />

unter Schonung des N. nasopalatinus<br />

zur Exploration der<br />

Zahnkrone des impaktierten<br />

Eckzahnes 13.<br />

Abb. 2d<br />

Wundverschluss nach<br />

Kleben des Halteelements<br />

und Streifeneinlage<br />

Freilegung palatinal verlagerter<br />

Eckzähne<br />

In der Literatur sind sowohl einzeitige als<br />

auch zweizeitige Vorgehensweisen beschrieben.<br />

Bei der zweizeitigen Prozedur<br />

wird in der ersten Sitzung der Eckzahn<br />

freigelegt, ein Gazestreifen eingebracht<br />

und dieser fixiert [9]. In einer zweiten Sitzung<br />

wird der Streifen dann entfernt und<br />

das Halteelement mit Hilfe der Säure-<br />

Ätz-Technik geklebt. Beim üblicheren<br />

einzeitigen Verfahren wird in einer Sit-<br />

zung der Eckzahn sowohl chirurgisch freigelegt,<br />

als auch mit dem Attachment beklebt.<br />

Zur Herstellung einer im Tiefziehverfahren<br />

hergestellten Miniplastschiene als<br />

Verbandsplatte wird präoperativ eine Alginatabformung<br />

mit einem konfektionierten<br />

Abformlöffel genommen. Nach<br />

Leitungsanästhesie mit Adrenalinzusatz<br />

am Foramen incisivum und Infiltrationsanästhesie<br />

am Gaumen werden, falls bisher<br />

nicht erfolgt, persistierende obere<br />

Milchdreier schonend entfernt. Danach<br />

erfolgt je nach zu erwartender Lage des<br />

Eckzahnes eine entsprechend gewählte<br />

Schnittführung. Prinzipiell empfiehlt es<br />

sich einen Mukoperiostlappen unter<br />

Schonung des N. nasopalatinus zu bilden,<br />

der eine ausreichende Übersicht gewährleisten<br />

sollte. Falls notwendig wird<br />

mit dem Raspatorium oder mit der Kugelfräse<br />

der den Zahnschmelz bedeckende<br />

Knochen vorsichtig entfernt bzw.<br />

abgetragen (Abb. 2c). Hierbei ist darauf<br />

zu achten, dass der Eckzahn nicht weiter<br />

als bis zur Schmelz-Zement-Grenze freigelegt<br />

wird, um späteren parodontalen<br />

Rezessionen vorzubeugen. Nach Exploration<br />

der Zahnkrone kann der Zahn vorsichtig<br />

luxiert werden. Um das Halteelement<br />

mit der bewährten Adhäsivtechnik<br />

zu befestigen, ist eine adäquate Blutstillung<br />

notwendig. Es hat sich als zweckmäßig<br />

erwiesen das Halteelement mit einer<br />

Arterienklemme zu adaptieren. Die<br />

Kette des Halteelements wird an der kieferorthopädischen<br />

Apparatur bzw. an den<br />

Zähnen mit einem Faden fixiert. In einigen<br />

Fällen ist eine leichte bogenförmige<br />

Kürzung des Mukoperiostlappens mit der<br />

Schleimhautschere bzw. dem Skalpell<br />

sinnvoll. Der Lappen wird zurückgeklappt<br />

und mit Situationsnähten spannungsfrei<br />

fixiert (Abb. 2d). Ein <strong>Dr</strong>ainagestreifen<br />

kann eingebracht werden, um den Zugang<br />

offen zu halten und die Verbandsplatte<br />

eingegliedert. Alternativ kann versucht<br />

werden über die Extraktionsalveole<br />

des Milchdreiers den Eckzahn<br />

freizulegen und ein Halteelement zu kleben<br />

oder, wie von Kokich & Mathews<br />

2006 beschrieben, auch lediglich eine palatinale<br />

Fenestrierung des Eckzahnes anzulegen,<br />

um zunächst einen spontanen<br />

Durchbruch abzuwarten [13]. Chaushu et<br />

al. 2005 fanden bei dem Vergleich zwischen<br />

offener und geschlossener Freilegungstechnik<br />

bei palatinal verlagerten<br />

Zähnen, dass die geschlossene Elongation<br />

als angenehmer im postoperativen<br />

Heilungsablauf empfunden wird [4]. Evidenz,<br />

ob offene oder geschlossene Freilegungstechnik<br />

bei palatinal verlagerten<br />

Eckzähnen zu bevorzugen sind, gibt es<br />

derzeit nicht [16]. Eine gewisse Tendenz<br />

geht in Richtung geschlossener Elongation<br />

[12].<br />

Nachsorge und kieferorthopädische<br />

Anschlussbehandlung<br />

Als Medikation sind zumeist Schmerzmittel<br />

ausreichend. Prinzipiell empfiehlt sich<br />

am ersten postoperativen Tag ein Kontrolltermin.<br />

Ein eventuell eingebrachter<br />

Streifen kann entfernt bzw. gewechselt<br />

werden. Nach sieben bis zehn Tagen erfolgt<br />

die Nahtentfernung und die kiefer-<br />

4 © die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009


orthopädische Einordnung beginnt. Hierfür<br />

stehen zahlreiche Apparaturen, wie<br />

T<strong>MA</strong>-Peitsche, palatinale Hebel, Overlay-<br />

Technik mit superelastischem Bogen oder<br />

elastischen Gummifäden, zur Verfügung<br />

[5]. Von Schubert 2008 wurde die kieferorthopädische<br />

Einordnung mit dem Easy-<br />

Way-Coil-(EWC-)System vorgestellt, eine<br />

Technik bestehend aus einem Lingualknopf<br />

und einer sukzessiv zu kürzenden<br />

Remanium-Zugfeder [18]. Eventuell ist eine<br />

Mechanik an einer Quadhelix sinnvoll.<br />

Erwähnen sollte man noch, dass auch der<br />

Einsatz von Miniimplantate zur forcierten<br />

Elongation möglich ist [15]. Nicht empfehlenswert<br />

ist die Verankerung an herausnehmbaren<br />

Apparaturen.<br />

Diskussion<br />

Die chirurgische Freilegung orientiert sich<br />

an der Lage des Eckzahnes. Ziel der gemeinsamen<br />

Behandlung ist die erfolgreiche<br />

Einordnung des Zahnes im Hinblick<br />

auf ein ästhetisches und stabiles kieferorthopädisches<br />

Behandlungsergebnis, sowie<br />

suffiziente parodontale Verhältnisse.<br />

Durch die Säure-Ätz-Technik ist eine sichere<br />

Befestigung des Attachments am<br />

Eckzahn gewährleistet, andere beschrie-<br />

bene Verfahren, wie die Umschlingung,<br />

die Anschlingung, das Anschrauben oder<br />

Zementieren von Fixationselementen sind<br />

obsolet geworden [12].<br />

Filippi et al. 1999 untersuchten bei 59 Patienten,<br />

bei denen palatinal verlagerte<br />

Eckzähne operativ entfernt werden mussten<br />

und bei denen der N. nasopalatinus<br />

glatt durchtrennt wurde, das Ausmaß der<br />

Sensibilitätsstörung [6]. Es ergab sich,<br />

Abb. 3 Digitale Volumentomographie (DVT) zur Darstellung des retiniert verlagerten Zahnes 13 bei einer<br />

18-jährigen Patientin<br />

dass nach mehr als vier Wochen nach dem<br />

Eingriff weder subjektive noch objektive<br />

Sensibilitätsausfälle festgestellt wurden.<br />

Selbstverständlich hat die chirurgische<br />

Freilegung unter möglichster Schonung<br />

von Hart- und Weichgewebe zu erfolgen.<br />

In manchen Fällen kann auch der Einsatz<br />

von ultraschall-getriebenen Instrumenten<br />

zur Entfernung des den Zahn umgebenen<br />

Knochens, wie in der Literatur beschrieben,<br />

hilfreich sein [9]. Als Alternative<br />

zu einer im Tiefziehverfahren<br />

hergestellten Miniplastschiene kann eine<br />

präoperativ angefertigte, mit kieferorthopädischen<br />

Halteelementen versehene<br />

Verbandsplatte eingegliedert werden<br />

[14]. Nachteilig ist hierbei sicherlich der<br />

erhöhte zeitliche und finanzielle Aufwand<br />

in der Herstellung, in einigen Fällen wird<br />

jedoch ein verbesserter Halt erreicht.<br />

<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />

© die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009 5


<strong>Praxis</strong> & <strong>Wissenschaft</strong><br />

Fazit<br />

Die operative Freilegung impaktierter<br />

Eckzähne im Oberkiefer stellt einen routinemäßig<br />

durchgeführten chirurgischen<br />

Therapieschritt im Rahmen der kombiniertkieferorthopädisch-oralchirurgischen<br />

Behandlung dar. Es ist darauf zu<br />

achten, dass die Schnittführung möglichst<br />

eine gute Übersicht bietet, der Eingriff<br />

unter Schonung von Hart- und Weichgewebe<br />

durchgeführt wird, sowie parodontologische<br />

Aspekte berücksichtigt. ■<br />

Danksagung<br />

Für die kritische Durchsicht des Manuskriptes<br />

möchten wir uns bei <strong>Dr</strong>. Florian<br />

Weber, M.A., Leiter Kieferorthopädie der<br />

Akademie für Zahnärztliche Fortbildung<br />

Karlsruhe (Direktor: Prof. <strong>Dr</strong>. W. Walther),<br />

recht herzlich bedanken.<br />

[1] Bishara SE, Kommer DD, McNeil MH, Montagana<br />

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canines. Am J Orthod 1976;69:371-387.<br />

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[3] <strong>Brauer</strong> HU, Dick M, Walther W.<br />

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Gerichtsgutachten. ZWR - Das Deutsche<br />

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exposure of impacted teeth: a comparison of closedversus<br />

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[11] Keur JJ. Radiographic localization techniques.<br />

Aust Dent J 1986;31:86-90.<br />

Summary<br />

Surgical exposure of impacted maxillary<br />

canines: a review of literature. 1 – 2 of the<br />

population have impacted maxillary canines.<br />

These young patients often are in<br />

need of a combined orthodontic and surgical<br />

therapy. This review presents the recent<br />

literature concerning both the surgical<br />

interventions and the important preoperative<br />

diagnostics.<br />

Korrespondenzadresse<br />

<strong>Dr</strong>. med. dent. <strong>Hans</strong> <strong>Ulrich</strong> <strong>Brauer</strong>, M.A.<br />

Zahnarzt, Master of Arts Integrated Practice in<br />

Dentistry<br />

<strong>Praxis</strong>klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Dr</strong>. A. Foernzler<br />

Kollwitzstraße 8, D-73728 Esslingen<br />

E-Mail info@dr-brauer-ma.de<br />

Literatur<br />

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6 © die dental praxis, XXVI, Heft 7/8-2009

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