PDF-Download “Natur und Kunst” - Vermittlung von Gegenwartskunst
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Anregungen für den Kunstunterricht<br />
zu Giuseppe Penone anlässlich der<br />
dOCUMENTA (13)
Gedanken vorweg<br />
Die folgenden Seiten dienen als Anregung für den Kunstunterricht r<strong>und</strong> um den italienischen Künstler<br />
Guiseppe Penone anlässlich der dOCUMENTA (13). Das Unterrichtsmaterial beinhaltet theoretische<br />
Abhandlungen zum tief verwurzelten Zusammenhang zwischen Natur <strong>und</strong> Kunst. Zu den Teilgebieten<br />
Arte Povera, Guiseppe Penone, Joseph Beuys <strong>und</strong> der barocken Karlsaue, werden Aufgaben vorgeschlagen,<br />
die eine künstlerisch-pädagogische Heranführung an Kunst <strong>und</strong> Natur bieten. Lehrer wie<br />
Schüler können gleichermaßen, je nach Anspruch <strong>und</strong> verfügbarem Bearbeitungszeitraum, da<strong>von</strong><br />
profitieren.<br />
Wir wünschen bei der Bearbeitung des Lehr- <strong>und</strong> Lernmaterials viel Freude <strong>und</strong> würden uns über<br />
Anregungen, Erfahrungsberichte <strong>und</strong> konstruktive Kritik unter natur_kunst@gmx.de sehr freuen.<br />
Anna Elisabeth Börner <strong>und</strong> Johanna Maria Erler<br />
Bilder Titelseite: Anna Elisabeth Börner<br />
01
Mit der Natur Kunst machen<br />
Mit der Natur Kunst zu machen ist keine neue Technik, sondern eine alte Tradition, so alt wie die<br />
Kunst selbst. Denken wir an die Höhlenmalereien <strong>von</strong> Chauvet in Frankreich oder die Venus <strong>von</strong><br />
Willendorf, eine Kalksteinfigurine aus der Altsteinzeit. Beides sind Spuren der Vergangenheit, Kunstwerke<br />
<strong>und</strong> Beweise menschlicher Existenz <strong>und</strong> menschlichen Könnens zugleich. Es sind Beweise für<br />
die früheste Auseinandersetzung mit der Natur <strong>und</strong> Umwelt in einer zeit, als es keinen Fotoapparat<br />
oder Copicmarker gab <strong>und</strong> die Technik des Aquarells auch noch nicht erf<strong>und</strong>en war. Dennoch haben<br />
beide Werke bis heute Präsenz <strong>und</strong> das Thema Natur in der Kunst hat nicht an Aktualität verloren.<br />
Die Strategie mit Natur Kunst zu machen reicht bis zur aktuellen Kunstgegenwart. So pflanzt sich<br />
auch auf den documentas das Thema Natur <strong>und</strong> Umwelt immer wieder fort. In zahlreichen Arbeiten<br />
setzen sich die Künstler <strong>und</strong> Künstlerinnen der dOCUMENTA (13) kritisch mit dieser komplexen Themenwelt<br />
auseinander. Die Documenta in Kassel ist eine der wichtigsten Ausstellungen der <strong>Gegenwartskunst</strong><br />
in Europa. Dies zeigt, wie wichtig eine Betrachtung <strong>und</strong> Bearbeitung des Themas sowohl<br />
für Kunstrezeption als auch für die Kunstproduktion ist.<br />
Um die Natur wahrnehmen zu können, bedarf es sinnlicher <strong>und</strong> einfühlender Erlebnis-, Wahrnehmungs-,<br />
Erfahrungs- <strong>und</strong> Erkenntnisqualität. Diese Fähigkeiten werden auch beim Verstehen <strong>von</strong><br />
Kunst, der Kunstrezeption, sowie auch bei der bildnerischen Tätigkeit <strong>und</strong> Kunstproduktion benötigt.<br />
Eine Förderung des Naturverständnisses bei Kindern liegt daher im Sinne der Kunstpädagogik. Es<br />
sind also nicht nur die vielen Landschaftsgemälde, Zeichnungen, Collagen, Objekte, Skulpturen <strong>und</strong><br />
Aktionen bekannter Künstler der Kunstgeschichte, die auf den untrennbaren Zusammenhang<br />
zwischen Kunst <strong>und</strong> Natur hinweisen, sondern es ist<br />
auch unsere eigene bildnerische Entwicklung, die diese<br />
Verbindung verdeutlicht.<br />
Was hat das mit dir zu tun?<br />
Du hast bestimmt schon selbst mit einem Stock in den<br />
Sand gemalt, eine Klecker-Burg gebaut oder voller Eifer<br />
ein Indianerzelt aus Stöcken errichtet. Die Natur beflügelt<br />
unsere Phantasie, ist die Quelle <strong>von</strong> Kreativität <strong>und</strong> lässt<br />
uns schöpfen. Damit ist sie gleichsam produzierendes<br />
Prinzip. Aus der Natur zu schöpfen ist keineswegs nur<br />
eine Fähigkeit der hier erwähnten Künstler. Du wirst<br />
nach den ersten Aufgaben bereits sehen, wie inspirierend<br />
deine eigene Umgebung sein kann <strong>und</strong> wie viel<br />
Kreativität <strong>und</strong> Fertigkeiten in dir „<strong>von</strong> Natur aus“ stecken<br />
- im wahrsten Sinne.<br />
(Vgl. Bunk, Renate L.:Natur <strong>und</strong> Kunst. Zum Selbstverständnis<br />
künstlerischer Produktion <strong>und</strong> seiner Relevanz für ästhetische<br />
Erziehung.Dortm<strong>und</strong> 1989).<br />
02<br />
Bild: Anna Elisabeth Börner
Arte Povera<br />
Kunst <strong>und</strong> Natur gehen in der Arte Povera fließend ineinander über. Arte Povera heißt auf Deutsch<br />
Arme Kunst. Mit Armut hat die Kunstrichtung allerdings nichts zu tun. Den Begriff verwendete erstmals<br />
ein italienischer Kunstkritiker namens Germano Celant im Jahr 1967 . Arm steht nicht für ärmlich,<br />
dürftig oder schäbig <strong>und</strong> auch nicht dafür, dass die Künstler kein Geld für andere augenscheinlich<br />
bessere oder edlere Materialien hatten. Denn in der Arte Povera kann prinzipiell jedes Material gebraucht<br />
werden. Die Materialvielfalt reicht <strong>von</strong> Kohle, Wasser, Erde, Wellpappe, Plüsch u.v.m. bis hin<br />
zu Marmor, Bronze <strong>und</strong> Gold. Bis heute ist der Begriff identitätsstiftend für viele Italienische Künstler.<br />
Es handelt sich dabei um keine feste Gruppe mit klar beschriebenem Programm, sondern um Künstler<br />
mit ähnlichen Anliegen. Daher gibt es in der Arte Povera ganz unterschiedliche Ausdrucks- <strong>und</strong> Erscheinungsformen.<br />
Sie reichen <strong>von</strong> Performance, Skulpturen bis hin zur Malerei. Für die Künstler ist<br />
eine Auseinandersetzung mit ihrer persönlichen Umgebung <strong>und</strong> der elementaren Erfahrungen in der<br />
Natur sehr wichtig.<br />
Nach dem zweiten Weltkrieg ist ein Anknüpfen an alte Kunstgattungen <strong>und</strong> -stile nicht möglich. Zu<br />
stark <strong>und</strong> tiefgreifend ist die Zerstörung <strong>und</strong> die Künstler sind geprägt <strong>von</strong> den Kriegserfahrungen.<br />
Die gewählte Formsprache ist eher informell- d.h. eine Detailliertheit im Werk wird bewusst vermieden<br />
<strong>und</strong> es gibt kein einheitliches Konzept. Dennoch lassen sich zahlreiche Bezüge zu anderen Kunstströmungen<br />
finden wie zum Beispiel zur Minimalart oder zur Popart. Große Nähe zur Landart zeigt sich<br />
in Guiseppe Penones Arbeiten. In den sechziger Jahren trugen viele Künstler, unter ihnen auch der<br />
bekannte Vertreter Mario Merz, den Wunsch <strong>und</strong> Gedanken „ zurück zum Ursprünglichen“ zu finden.<br />
Das bedeutet, sich auf das wirklich Wesentliche zu beschränken, sich auf seine eigene Person zu besinnen<br />
<strong>und</strong> seine Umgebung bewusst <strong>und</strong> unverfälscht wahrzunehmen. Diese Erfahrungen sind in die<br />
Kunstwerke mit eingeflossen. Dadurch erfahren auch die verwendeten Materialien <strong>und</strong> die Natur eine<br />
neue Wertschätzung. Die Arte Povera ist daher weniger als ein Stil zu sehen, vielmehr ist sie ein<br />
neuer Impuls, ein Denkanstoß oder eine <strong>Vermittlung</strong>sstrategie zwischen Mensch, Natur <strong>und</strong> Kunst.<br />
Das Material steht im Vordergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> liefert dem Künstler die Werksidee. Bei Penones Arbeiten ist<br />
es beispielsweise der Wachstumsverlauf der Bäume <strong>und</strong> die typischen Eigenschaften <strong>von</strong> Holz. Die<br />
Ideen <strong>und</strong> die Formen des Kunstwerks entwickeln sich also oft erst während der Arbeit. Man bezeichnet<br />
dies als prozesshaft <strong>und</strong> den Vorgang nennt man Werksprozess. Kompositionsgesetze als<br />
Arbeitsanweisung oder gültige Kriterien für die Arbeit, gibt es in der Arte Povera nicht. Es sind die<br />
Eigenschaften des Materials, die unterschiedliche Struktur <strong>und</strong> Beschaffenheit, die eine wesentliche<br />
Rolle bei der handwerklichen Entstehung des Kunstwerks spielen. Man kann sagen, es ist ein Zusammenspiel<br />
<strong>von</strong> Zufall, Material <strong>und</strong> persönlichem Empfinden. Dabei geht es den Künstlern aber nicht<br />
um den bloßen Zufall <strong>und</strong> pure Materialität an sich. Es geht in der Arte Povera um die Frage nach<br />
der Bedeutung <strong>und</strong> nach der Geschichte der Dinge, die einem oft viel zu banal vorkommt, das einfache<br />
Ursprüngliche in seiner Komplexität erkennen <strong>und</strong> sich auf Kultur, Geschichte <strong>und</strong> Traditionen<br />
zu besinnen. Die Bedeutungen der Kunstwerke sind meist mehrdeutig <strong>und</strong> werden bewusst offen gehalten.<br />
Sie sollen den Betrachter zum Nachdenken <strong>und</strong> Erforschen anregen <strong>und</strong> Fragen aufwerfen,<br />
um mit der eigenen Umwelt in Dialog zutreten.<br />
(Vgl. Bätzner, Nike: Arte Povera. Manifeste Statements Kritiken. Dresden 1995)<br />
03
Aufgaben<br />
Die folgenden Aufgaben dienen der Einführung in das Thema <strong>und</strong> sind als Studien <strong>und</strong> Übungen ausgelegt.<br />
Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt zu Beginn in der kommunikativen Verständigung zum<br />
Thema <strong>und</strong> zur dargebotenen Theorie. Eine Vertiefung der einzelnen Übungen ist allerdings denkbar<br />
sowie das Kombinieren der Aufgaben.<br />
Baum deiner Nähe<br />
✍ Suche einen Baum in deiner Umgebung auf <strong>und</strong> untersuche ihn. Dies kann ein Baum auf dem<br />
Schulhof sein, vielleicht hast du aber auch einen ganz persönlichen Lieblingsbaum.<br />
Folgende Fragen können dir hilfreich sein: Warum habe ich diesen Baum gewählt? Wo steht er <strong>und</strong><br />
welche Bedeutung kommt ihm zu? Was sind typische Erscheinungsformen <strong>und</strong> Merkmale dieser<br />
Baumart? Was gibt es für Besonderheiten an diesem Baum? Wie wirkt er auf dich? Versuche sein<br />
Wesen <strong>und</strong> seinen Charakter zu beschreiben…<br />
Zum Untersuchen stehen dir deine Sinne Sehen, Hören <strong>und</strong> Fühlen zur Verfügung. Du kannst aber<br />
auch deine Untersuchung mit der Kamera festhalten, kleine Skizzen anfertigen, ein Blatt oder einen<br />
heruntergefallenen Ast mitnehmen. Begib dich auf Spurensuche. Denke auch daran nicht nur das<br />
Gewohnte wahrzunehmen sondern verändere deinen Blickwinkel – deine Sehgewohnheiten. Berichte<br />
<strong>von</strong> deinen Entdeckungen in der Klasse <strong>und</strong> präsentiere deine F<strong>und</strong>stücke. Überlegt gemeinsam im<br />
Anschluss eurer Untersuchung, was für eine Bedeutung ein Baum hat. Vielleicht könnt ihr auch eine<br />
kleine Ausstellung in der Schule organisieren – damit alle die Möglichkeit haben, den Baum mit anderen<br />
Augen sehen zu können.<br />
04<br />
Bild: Anna Elisabeth Börner
Frottage<br />
Diese Zufallstechnik wurde 1925 <strong>von</strong> dem Künstler Max Ernst erf<strong>und</strong>en. Mithilfe dieser Technik<br />
können Oberflächenstrukturen mit einem Graphitstift o.Ä. auf ein Blatt Papier durchgerieben<br />
werden. Diese Technik kann dabei helfen, neue Bildaussagen <strong>und</strong> Ideen zu entwickeln, da der eigentliche<br />
Bedeutungsursprung verloren geht. Max Ernst verwendete diese Durchreibetechnik oft<br />
zu Beginn seiner Arbeit um seine Angst vor dem weißen, leeren Blatt zu verlieren. Die so entstandenen<br />
Schraffuren waren oft Auslöser neuer Bildideen. Probiert es einmal aus! Ihr werdet<br />
sehen wie aus einer gewöhnlichen Blattstruktur plötzlich durch eure Phantasie etwas Neues entsteht.<br />
(vgl. Kunst & Unterricht Heft 223/224.1998)<br />
Jedes Naturmaterial ist <strong>von</strong> der Form, der Beschaffenheit <strong>und</strong> der Oberflächenstruktur anders. Bereichert<br />
euren Formenschatz an Strukturen <strong>und</strong> zeichnerischen Ausdruckspotenzial.<br />
✍ Sammelt verschiedene Strukturen auf einem Blatt. Achtet darauf, dass es groß genug ist <strong>und</strong><br />
scheut euch nicht vor Überlagerungen <strong>von</strong> Strukturen. Experimentiert mit dieser Technik <strong>und</strong> schaut<br />
euch anschließend euer so gewonnenes Bild genau an. Was erkennt ihr Neues darauf? Habt ihr<br />
vielleicht eine völlig neue Landschaft oder ein noch unbekanntes Lebewesen kreiert?<br />
In einem zweiten Schritt verwendet ihr wie Max Ernst die Technik nur zu Beginn <strong>und</strong> zeichnet dann<br />
mit den grafischen Mitteln wie zum Beispiel Kohle, Graphit, Tusche etc. weiter. Denkt dabei auch an<br />
den Hell-Dunkel-Kontrast.<br />
Entwickelt auf diese Weise einen ganz neuen Ort, eine neue Landschaft oder einen futuristischen<br />
Garten im Jahre 2087. Vergesst nicht, euch noch einen interessanten Namen bzw. Titel einfallen zu<br />
lassen.<br />
05<br />
Bild: Anna Elisabeth Börner
Farbstudien<br />
„Die Farben der Blätter sind geheimnisvoll. Das Rot ist Rost <strong>und</strong> Flamme.“<br />
(Mario Merz 1982 in: Eine Kunst-Geschichte in Turin 1965-1983. Köln. 1983)<br />
Kommt gemeinsam ins Gespräch - Was assoziiert ihr mit den einzelnen Begriffen: Farben, geheimnisvoll,<br />
Rot, Rost <strong>und</strong> Flamme?<br />
✍ Entwickelt zu Mario Merz` Zitat kleine Farbstudien (zum Beispiel auf ein DIN A4 Blatt, mit einzelnen<br />
Quadraten 10 cm x 10 cm, lasst zwischen den Quadraten etwas Platz <strong>und</strong> vergesst nicht den Rand).<br />
Wie könnte der Gegensatz bzw. Kontrast dazu aussehen? Entwickelt dazu eine weitere Farbstudie.<br />
Findet euch im Anschluss zusammen <strong>und</strong> präsentiert euch gegenseitig die Arbeiten. Diskutiert über<br />
die einzelnen Vorschläge, was waren die häufigsten Ideen <strong>und</strong> warum? Wie waren die Herangehensweisen<br />
<strong>und</strong> Vorüberlegungen?<br />
Überlegt euch zu anderen Farben einen kurzen Ausspruch <strong>und</strong> versucht ebenfalls die Stimmung mit<br />
Farbe <strong>und</strong> Pinsel auf Papier festzuhalten.<br />
Mario Merz – 1925 Mailand – 2003 Turin, in Italien<br />
Mario Merz ist ein Hauptvertreter der Arte Povera. Bekannt geworden ist er durch seine Iglu-Arbeiten,<br />
Iglus aus verschiedenen Materialien wie Glas, Weiden, Lehm u.v.m. Er suchte in den Dingen<br />
selbst den Zusammenhang zwischen Natur <strong>und</strong> Kultur. Er war ein Autodidakt, d.h. er studierte<br />
nie Kunst sondern vertraute seinem Gefühl.<br />
Kleiner Tipp: Schau dir einige Iglu-Arbeiten zum Beispiel auf wikipedia unter dem Suchbegriff<br />
Mario Merz oder auf youtube.com unter Mario Merz „Che cos´ è una casa?“ an, vielleicht bekommst<br />
du ja Lust auch eins zu bauen. Ein Weideniglu zu bauen wäre auch ein tolles Schulprojekt<br />
<strong>und</strong> eine echte Bereicherung für den Schulhof.<br />
06<br />
Bild: Anna Elisabeth Börner
Giuseppe Penone<br />
Zeder <strong>von</strong> Versailles, 2000-2003<br />
Giuseppe Penone<br />
Giuseppe Penone ersteigert eine entwurzelte Zeder aus<br />
dem Wald <strong>von</strong> Versailles. Dann gräbt er sich Schicht für<br />
Schicht in den Baum hinein <strong>und</strong> schält die Zeder heraus,<br />
wie sie im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert ausgesehen haben muss, er<br />
holt die Jugend des Baumes wieder hervor.<br />
Übertragt Penones Gedanken vom Kern des Baumes auf<br />
den Menschen – gibt es so etwas wie einen Wesenskern?<br />
Diskutiert in der Klasse.<br />
„Der Baum ist ein flüssiges Element <strong>und</strong> verhält<br />
sich während seines Wachstums wie<br />
eine Flüssigkeit. Genauso wie das Wasser um<br />
einen Stein herum fließt.“<br />
Giuseppe Penone in: Diehl, Ute. art das Kunstmagazin 6/2012<br />
07<br />
http://4.bp.blogspot.com/_xfNBjfS0IAI/Sa9D4ndQ78I/<br />
AAAAAAAAAKI/Z6CtkDrQulM/s1600-h/penone.jpg<br />
http://musicarmonia.fr/index.php/fr/blog/83-beauxarts/<br />
106-giuseppe-penone-a-lorigine-etait-le-souffle<br />
„Mir war klar, dass ich nur etwas<br />
Interessantes sagen könnte, wenn ich<br />
authentisch wäre. Ich entschloss<br />
mich, mit natürlichen Materialien <strong>und</strong><br />
in einer Umgebung zu arbeiten, die<br />
ich seit meiner Kindheit kannte.<br />
Darin ist meine ganze Arbeit beschlossen.<br />
Die Erfahrung mit der Natur<br />
war entscheidend […] Ich machte die<br />
ersten Arbeiten über das Wachstum<br />
der Bäume.“<br />
Giuseppe Penone –<br />
1947 Garessio in Italien<br />
● Besuch der Handelsschule<br />
● Ausbildung an der Kunstakademie<br />
Turin<br />
● 1968 Rückkehr ins<br />
Heimatdorf<br />
● Teilnehmer an der<br />
Documenta 5, 7, 8 <strong>und</strong> 13<br />
● Penone lebt <strong>und</strong> arbeitet in<br />
Turin<br />
● Penone zählt zu den<br />
Vertretern der Arte Povera
Giuseppe Penone<br />
Essere fiume (Fluss sein) 1981-1995<br />
ausgestellt auf der dOCUMENTA (13)<br />
Schaut euch die beiden Steine an <strong>und</strong> vergleicht sie miteinander.<br />
Welcher Stein ist der „Echte“?<br />
Was bedeutet Echtheit in diesem Fall?<br />
Findet heraus, was ein „Trompe l'oeil“ ist <strong>und</strong> grenzt es zu<br />
Penones Arbeit „Fluss sein“ ab.<br />
Überlegt, inwiefern Penones Aussage über das „Porträt<br />
eines Steines“ zutreffen könnte.<br />
Welche Naturauffassung steckt dahinter?<br />
08<br />
Art.Das Kunstmagazin. Ausgabe Juni 2012<br />
„Ich schlug einen Block ab <strong>und</strong> bearbeitete<br />
den Stein genauso, wie es<br />
der Fluss getan hat. Ich kopierte so<br />
präzise wie möglich“.<br />
„Es ist schwieriger, einen Stein zu kopieren,<br />
als ein Porträt zu zeichnen.“<br />
story<br />
Die antiken Maler …<br />
„Zeuxis <strong>und</strong> Parrhasios befanden<br />
sich im Wettstreit. Zeuxis hatte<br />
Vögel mit einer täuschenden<br />
Darstellung <strong>von</strong> Trauben genarrt,<br />
Parrhasios aber einen schlichten<br />
Vorhang so trefflich ausgeführt,<br />
dass selbst der erfahrene Zeuxis<br />
ihn beiseite schieben wollte, um<br />
das Gemälde des Konkurrenten<br />
sehen zu können, das er in<br />
Wahrheit schon vor Augen ha te.“<br />
Löhr, Wolf Dietrich in: Triegel, Michael.<br />
Die Verwandlung der Götter.<br />
München 2010<br />
✍ Viele Menschen sammeln Gegenstände aus der Natur, weil sie sie als besonders ansehen<br />
oder weil sie sie an etwas erinnern. Gibt es ein Naturf<strong>und</strong>stück, das ihr für euch aufbewahrt?<br />
Überlegt, wie man diesen Gegenstand nachbilden könnte oder setzt ihn in „Szene“ (Zeichnung,<br />
Fotografie, Film … )<br />
✍ Geht auf die Suche nach zwei Naturf<strong>und</strong>stücken, die sich sehr ähneln (gleiches Material, ähnliche<br />
Oberflächenstrukturen) <strong>und</strong> versucht, das eine dem anderen anzugleichen. Stellt euch dazu<br />
Fragen wie: Wieso sieht es aus wie es aussieht? Was hat die Spuren verursacht? Wie lange mag<br />
das gedauert haben? Welche Rolle nehmt ihr beim Nachbilden ein?<br />
Um dem Gegenstand sinnlich näher zu kommen, könnt ihr wie folgt vorgehen: Nehmt ihn in die<br />
Hand <strong>und</strong> schaut ihn euch lange <strong>und</strong> genau an. Anschließend schließt die Augen <strong>und</strong> befühlt ihn.<br />
Dann nehmt Blatt <strong>und</strong> Stift zur Hand <strong>und</strong> übertragt das, was ihr fühlt, auf das Blatt. Ihr werdet<br />
merken, dass, obwohl ihr „blind“ vorgeht, der Gegenstand zu erkennen ist. Nehmt euch bei dieser<br />
Aufgabe viel Zeit.
Giuseppe Penone<br />
Idee di pietra<br />
ausgestellt auf der dOCUMENTA (13)<br />
Beschreibt, was ihr seht.<br />
Stellt Vermutungen an, aus welchem Material die Skulptur<br />
sein könnte.<br />
Vergleicht Penones Baum mit der Idee <strong>von</strong> Joseph Beuys'<br />
Eichen mit Wächter.<br />
Welche Parallelen <strong>und</strong> Unterschiede entdeckt ihr?<br />
09<br />
http://erhard-metz.de/2012/05/13/documenta-13-in-kassel-3/<br />
„Wenn ich eine Arbeit mit der Natur<br />
mache oder aus der Natur entstehen<br />
lasse, bin ich als Mensch der Natur<br />
nicht überlegen.“<br />
story<br />
Joseph Beuys<br />
Beuys pflanzte selbst im Zuge<br />
der Documenta 7 im Jahr 1982<br />
einige der 7000 Eichen. Jeder<br />
konnte ein Zertifikat erwerben<br />
<strong>und</strong> den Baum pflanzen lassen.<br />
Auf dem Friedrichsplatz lässt er<br />
die gleiche Anzahl an Steinen<br />
deponieren. Zu jedem der Bäume<br />
gehört nämlich ein sogenannter<br />
Wächter, ein Basaltstein, der das<br />
Wachstum der Eiche begleitet.<br />
✍ Geht auf die Karlsaue in Kassel <strong>und</strong> sucht Penones Baum, der seit zwei Jahren dort steht<br />
<strong>und</strong> der Eröffnung der dOCUMENTA (13) diente. In welcher Umgebung steht er? Wie fühlt er<br />
sich an?<br />
http://www.rosadora.de/blog/?p=2631
Joseph Beuys<br />
Joseph Beuys´ – Umgang mit der Natur<br />
Joseph Beuys gilt als ein umstrittener <strong>und</strong> wertgeschätzter<br />
Künstler der Moderne zugleich. Auch bei Beuys steht die<br />
ständige Auseinandersetzung mit dem persönlichen Umfeld<br />
<strong>und</strong> der Natur im Mittelpunkt seiner Arbeiten. Mit der Forderung<br />
einer umfassenden Veränderung der Gesellschaft<br />
kommt, im Gegensatz zu den Künstlern der Arte Povera, allerdings<br />
noch ein politisches Konzept hinzu.<br />
Um seine Arbeiten zu verstehen, muss man sich ausführlich<br />
(Vgl: Der kleine Duden Fremdwörter-<br />
damit beschäftigen <strong>und</strong> deren Konzepte kennen. Joseph<br />
buch. 3.Auflage. 1991 Mannheim)<br />
Beuys hat selbst viele seiner Arbeiten in kurzen Aufsätzen<br />
<strong>und</strong> Essays kommentiert. Des Weiteren nahm Beuys an zahlreichen<br />
öffentlichen Diskussionen im Fernsehen oder Radio teil. Das ist sehr hilfreich für die Auseinandersetzung<br />
mit seinen Werken. Sieht man sich ein Werk <strong>von</strong> Beuys zum ersten Mal an, wird man meist<br />
mit Unerwartetem konfrontiert. Seine Arbeiten sind symbolhaft <strong>und</strong> stecken voller Anspielungen <strong>und</strong><br />
Provokationen, welche verschlüsselt vorliegen. Große Bedeutung hat das verwendete Material <strong>und</strong><br />
deren Bedeutungsauffassung. So steht zum Beispiel Filz als natürliches Kleidungsmaterial für Schutz<br />
<strong>und</strong> Wärme. Das Nichtverstehen seiner Arbeiten deutete Beuys daher als ein verloren gegangenes Verständnis<br />
für die Natur. Daher war es sein persönliches Anliegen mittels seiner Kunst ein Verstehen der<br />
Natur wieder einzuleiten. Zudem beschäftigte sich Joseph Beuys viel mit der Frage nach dem Sinn <strong>und</strong><br />
der Funktion <strong>von</strong> Kunst in diesem Zusammenhang.<br />
Dass er sich intensiv <strong>und</strong> zeichnerisch mit der Natur auseinandergesetzt hat, zeigen seine umfangreichen<br />
Naturstudien <strong>und</strong> frühen Zeichnungen. Es sind vor allem dramatische Naturphänomene, Darstellungen<br />
<strong>von</strong> verletzten oder toten Tieren <strong>und</strong> keine idyllischen Naturstimmungen oder Landschaften, wie man<br />
es vielleicht erwarten würde. Eine andere sachlichere, naturwissenschaftliche Weise sich dem das Thema<br />
Natur künstlerisch anzunähern, ist das Anfertigen <strong>von</strong> Herbarien. Ein Herbarium ist eine Sammlung gepresster<br />
<strong>und</strong> getrockneter Pflanzenteile. Joseph Beuys sammelte getrocknete Pflanzenteile, Blütenblätter,<br />
Rindenstücke u.v.m. Nach der Dokumentation bearbeitete er die Seiten mit Hilfe <strong>von</strong> Zufallstechniken<br />
wie der Décalcomanie- einem Abziehverfahren, der Collage, durch grafische Mittel wie Schraffur,<br />
10<br />
http://www.neues-deutschland.de/artikel/197399.fett-<strong>und</strong>-filz.html<br />
„Jeder Mensch ist ein Künstler“<br />
Joseph Beuys<br />
● 1921 – 1986 in Deutschland<br />
● 1947 Kunststudium an der<br />
staatlichen Kunstakademie<br />
Düsseldorf<br />
● Zeichner, Bildhauer, Kunsttheoretiker,<br />
bekannter Aktions<strong>und</strong><br />
Objektkünstler<br />
● Erweiterte den Kunstbegriff<br />
der Gegenwart „anthropologischer<br />
Kunstbegriff“<br />
● Anthropologie ist die Wissenschaft<br />
vom Menschen <strong>und</strong><br />
seiner Entwicklung in natur-<br />
- <strong>und</strong> geisteswissenschaftlicher<br />
Hinsicht
Joseph Beuys<br />
Kritzeln oder Übermalung. Dabei nahm er stets Bezug zur Struktur der Blätter <strong>und</strong> reagiert mit der<br />
Wahl der bildnerischen Mittel auf das vorliegende Material. Die Herbarien sind nicht nur sachliche Dokumentation<br />
der Dinge sondern Arbeiten, die mit Phantasie, persönlichen Empfindungen <strong>und</strong> Spontanität<br />
verschmelzen. Sie tragen somit neben der inhaltlichen auch eine sinnliche Information.<br />
Ab den frühen 50ern entstanden zahlreiche Arbeiten im Raum <strong>und</strong> Aktionen. Joseph Beuys verwendete<br />
dafür den Begriff „plastische Bilder“. Als „soziale Plastik bezeichnete Joseph Beuys seine Plastiken im<br />
Außenraum, darunter zählt auch die Arbeit „7000 Eichen“. Diese Arbeit entstand 1982 anlässlich der<br />
Documenta7. Mit dieser Aktion zeigte Joseph Beuys auf eindrucksvolle Weise, dass jeder in der Lage<br />
ist seine sozialen Verhältnisse umzugestalten. Noch heute bereichern die Bäume das Stadtbild <strong>von</strong> Kassel<br />
<strong>und</strong> stimmen den Betrachter nachdenklich. Wie gehen wir heutzutage mit unserer Umwelt <strong>und</strong> unserer<br />
Umgebung um?<br />
Fragmente <strong>von</strong> getrockneten Pflanzenteilen <strong>und</strong> kein stimmungsvolles Ganzes. Damit möchte Joseph<br />
Beuys den Betrachter aufmerksam machen, provozieren, zum Nachdenken anregen <strong>und</strong> Veränderungen<br />
einfordern. Auch unsere Natur ist nicht mehr rein idyllisch <strong>und</strong> ursprünglich. Wir Menschen haben uns<br />
die Natur zu Eigen gemacht, hineingegriffen, sie angepasst, gereinigt, zerstückelt, gegliedert <strong>und</strong> damit<br />
in ihrer Ursprünglichkeit zerstört. Tretet einmal in Beuys Fußstapfen <strong>und</strong> setzt euch selbst kritisch <strong>und</strong><br />
künstlerisch mit den umgebenden Dingen auseinander. Wo seht ihr einen falschen Umgang mit der<br />
Natur – einen kritischen Zustand <strong>und</strong> überlegt wie ihr darauf aufmerksam machen könnt.<br />
✍ Sammelt getrocknete Pflanzenteile. Klebt diese auf ein weißes Papier <strong>und</strong> ergründet mit graphischen<br />
Mitteln die Eigenheiten, Charakteristik <strong>und</strong> Struktur der Planzenteile.<br />
✍ Setzt euch kritisch mit eurer Umgebung auseinander <strong>und</strong> entwickelt selbst ein Konzept für<br />
eine soziale Plastik. Anregungen liefern auch die Arbeiten <strong>von</strong> Guiseppe Penone.<br />
11
Berufsbild Schreiner<br />
WENN MAN...<br />
Giuseppe Penone bei der Arbeit zuschaut, dann würde man vielleicht erst mal gar nicht an<br />
einen Künstler denken. Seine Arbeit unterscheidet sich nicht so sehr <strong>von</strong> der eines Schreiners.<br />
Allein das Ziel ist ein anderes: Während Penone auf ein künstlerisches Produkt hinarbeitet, fertigt<br />
der Schreiner Gebrauchsgegenstände oder Bauelemente an. Doch beide müssen sich mit der<br />
Bearbeitung <strong>von</strong> Holz auskennen, Werkzeuge benutzen <strong>und</strong> manchmal viel Staub einatmen. Der<br />
Schreiner (auch Tischler genannt) ist ein sehr alter Beruf. Menschen haben, seit sie sich der<br />
Werkzeuge bedienen, auch Holz bearbeitet. Als eigenständiger Beruf entstand der Schreiner<br />
im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> ist damit einer der ältesten <strong>und</strong> traditionsreichsten Berufe überhaupt.<br />
Damals organisierten sich die Tischler in Zünften, es gab Lehrlinge, Gesellen <strong>und</strong> Meister. Diese<br />
Einteilung hat heute noch Bestand.<br />
WIE WIRD MAN SCHREINER?<br />
In Deutschland ist das ein Ausbildungsberuf, der in der Regel drei Jahre dauert. Das erste Jahr<br />
kann an einer Berufsschule abgelegt werden <strong>und</strong> nennt sich Berufsgr<strong>und</strong>bildungsjahr (BGJ).<br />
Dann muss man sich einen Betrieb suchen, in dem man weitere zwei Jahre als Geselle tätig<br />
ist <strong>und</strong> an einer speziellen Schule zusätzliche Theoriest<strong>und</strong>en erhält. Als Abschlussarbeit ist<br />
ein Gesellenstück anzufertigen. Das ist entweder ein selbstentworfenes Möbel, ein Teil einer<br />
Inneneinrichtung oder ein Bauteil (Treppen, Fenster, Türen...). Eine ähnliche Abschlussarbeit das<br />
sogenannte Meisterstück, wird absolviert, wenn der Meistertitel erlangt werden will. Es ist auch<br />
möglich im Rahmen eines Freiwilligen Jahres in der Denkmalpflege (FJD), das jedem<br />
zwischen 16 <strong>und</strong> 27 Jahren zusteht, diesen Beruf kennen zu lernen.<br />
WENN MAN GERNE...<br />
gestaltet, zeichnet, rechnet, misst, klebt, sägt, mit Maschinen arbeitet, den Geruch des Holzes mag,<br />
sich Dinge räumlich vorstellen kann, dann ist dieser Beruf ein denkbarer Weg. Man muss sich allerdings<br />
darauf einstellen, dass ab <strong>und</strong> zu auch größere körperliche Anstrengungen erforderlich sind.<br />
ijgd.de (Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege)<br />
http://www.ago.net/giuseppe-penone-the-hidden-life-within (Penone bei der Arbeit)<br />
Giuseppe Penone als Handwerker bei der Arbeit an einem<br />
industriell zugeschnittenen Holzbalken, aus dem er den ursprünglichen<br />
Baumstamm anhand der Jahresringe wieder<br />
herausschält.<br />
Informiert euch über den Beruf des Zimmermanns.<br />
Wie grenzt er sich vom Beruf des Schreiners ab? Was<br />
ist die sogenannte Walz? Was versteht man unter<br />
Zünften?<br />
12
KASSEL – Karlsaue<br />
Kassel, Carl Friedrich Roth 1736<br />
Welt- <strong>und</strong> Menschenbild im Barock<br />
13<br />
kurzporträt<br />
Karslaue, Kassel<br />
* 1680, 1,50 km² groß<br />
● barocke Landschaftsgestaltung<br />
● benannt nach Landgraf Karl<br />
● im 2. Weltkrieg teilweise<br />
zerstört<br />
● seit 1955 u.a. Standort<br />
der Documenta<br />
Eine neue naturwissenschaftliche Weltanschauung ging <strong>von</strong> der Entdeckung des Kopernikus aus. Dieser<br />
hatte entdeckt, dass die Erde sich um die Sonne dreht <strong>und</strong> nicht wie bisher angenommen, die<br />
Sonne sich um den vermeintlichen Mittelpunkt des Kosmos, die Erde, bewegt. Damit wird auch der<br />
Mensch seiner Stellung als Ziel <strong>und</strong> Sinn der Schöpfung entrückt. Der Mensch wird zu einem kleinen,<br />
unbedeutenden Faktor innerhalb einer durch Naturgesetze entzauberten Welt, die jetzt nach einem<br />
geordneten, organischen Prinzip funktioniert, in dem das Weltall zugleich unendlich <strong>und</strong> einheitlich<br />
erscheint. Das Merkwürdigste aber ist, dass der Mensch ein neues Gefühl des Selbstvertrauens <strong>und</strong><br />
des Stolzes aus dieser veränderten Stellung gewann. Das Bewusstsein, das große, übermächtige, ihn<br />
restlos beherrschende Universum zu begreifen, seine Gesetze berechnen zu können <strong>und</strong> damit die<br />
Natur gleichsam erobert zu haben, wurde ihm zur Quelle eines bis dahin unbekannten, grenzenlosen<br />
Selbstgefühls. Vgl.Hauser, Arnold. Sozialgeschichte der Kunst <strong>und</strong> Literaur. München 1990<br />
Die strenge Symmetrie, wie sie bei der Karlsaue zu finden ist, fußt auf dem Gedanken, dass der<br />
Mensch in der Lage ist, die Natur zu beherrschen <strong>und</strong> sie so anzulegen, wie er es wünscht. Vergleicht<br />
die barocke Naturauffassung mit der Penones <strong>und</strong> fragt euch, ob Penone letztlich als „Schöpfer“ eine<br />
ähnliche Haltung einnimmt wie ein Gartenarchitekt des Barock. Begründet eure Auffassung. Kennt<br />
ihr noch andere barocke Architektur in Kassel oder anderswo?<br />
✍ Begeht die Karlsaue <strong>und</strong> nehmt Zettel <strong>und</strong> Stift zur Hand. Versucht euren Laufweg<br />
einzuzeichnen <strong>und</strong> markiert besondere Orte (Fixpunkte wie Orangerie/Kunst/Pavillons). Formuliert<br />
dabei auch Eindrücke sowie Gefühle, die ihr vielleicht zu bestimmten Orten habt. Übertragt<br />
die Skizze auf ein DIN A3 Blatt. Hängt die „Erlebniskarten“ in der Klasse auf <strong>und</strong> vergleicht eure<br />
Eindrücke.<br />
Alternativ könnt ihr auch eine große gemeinsame Karte erstellen. Dazu skizziert zuerst die Karlsaue.<br />
Hier empfiehlt es sich als Vorlage für die Karlsaue eine aktuelle Karte heranzuziehen. Versucht<br />
hierbei auch auf die graphische <strong>und</strong> typographische Gestaltung zu achten.