Amtshilfe der anderen Art Sonnmatt Tamara de Icco - Bernhard Raos

32 aktuellFreikircheDer Herr hats genommenIn der Toggenburger Freikirche Sonnmatt hängt der Haussegen schief. Die Mitgliederstreiten sich um Millionen von Franken. Text: Bernhard Raos; Foto: Martin Mischkulnig/13 PhotoIn den Gottesdiensten der Sonnmatt-Vereinigung ist gern die Rede von«herzlicher Fürsorge, welche die Seelereinigt zu ungefärbter Bruderliebe». Dochdie Bruderliebe ist seit Monaten getrübt.Kritische Vereinsmitglieder wurden ausgeschlossen;nach Beschwerden wurde derEntscheid aber vorerst noch nicht vollzogen.Ein Zivilprozess vor dem KreisgerichtToggenburg ist hängig.In der Öffentlichkeit ist die christlicheFreikirche aus Mogelsberg SG weitgehendunbekannt. Sie bekennt sich zur norwegischenBrunstad Christian Church (siehe«Hintergrund»). «Die Vereinigung ist unauffällig.Über ihre Aktivitätenweiss ich nichts», sagtVreni Wild, Gemeindepräsidentinvon Neckertal, zu derauch Mogelsberg gehört.«Soweit ich es beurteilenkann, sind die Sonnmatt-Leute von der Bevölkerungakzeptiert.»Ausbau in MogelsbergDas Zentrum der Sonnmatt-Anhänger liegt ausserhalbdes Dorfs, versteckt in einerwaldumsäumten Geländemulde.Zum Komplex gehörenein grosser, schlichterAndachtsraum, mehrereHäuser, ein Bistro sowieSport- und Spielplätze. AnSonntagen treffen sich hier oft mehrerehundert Leute zu Gottesdiensten und gemeinsamerFreizeit. Meist sind es Familienmit Kindern. Ihnen soll mehr geboten werden:Geplant ist ein Zentrumsbau samtSporthalle, was sich die Freikirche 16 MillionenFranken kosten lassen will.Doch am Geld liegt es, dass der Haussegenin der Sonnmatt schief hängt: Dieinterne Opposition argwöhnt, Spendengelderwürden zweckentfremdet und allerleiSteuertricks angewandt – vor allem, umein neues Glaubenszentrum der Brunstad-Zentrale in Norwegen mitzufinanzieren.Alles drehe sich nur noch ums Geld, unddie religiöse Orientierung werde zur Nebensache,monieren die Kritiker. Fürs Erstehat das Kreisgericht Toggenburg der Sonnmatt-Vereinigungper superprovisorischerVerfügung untersagt, die Hypothek auf denLiegenschaften in Mogelsberg zu erhöhen.Im Weiteren soll das Gericht prüfen, ob eineÄnderung beim Stiftungszweck rechtsgültigerfolgt ist. Damit waren die umstrittenenGeldflüsse nach Norwegen legitimiertworden.Tatsächlich hat die Vereinigung in denletzten Jahren kräftig an der Finanzschraubegedreht. Anstelle von freiwilligen Kollektenverpflichten sich Mitglieder mit demStatus «aktiver Teilnehmer» beispielsweise,Gigantisch: Geplante Erweiterung des Zentrums der Freikirche in Norwegen.Der Komplex hätte viermal mehr Zimmer als Norwegens grösstes Hotel.jeden Monat 830 Franken pro Familie zuentrichten. Das ist viel Geld und führt teilweisedazu, dass sich Mitglieder verschulden.Der Gruppendruck ist gross, auchwenn Vereinspräsident Renzo Davatz erwähnt,dass klamme Mitglieder «einenReduktionsantrag bewilligt erhalten». Einpaar Dutzend würden nichts bezahlen.Davatz spricht von rund 650 «Sonnmatt-Freunden»;170 davon sind aktiveMitglieder. Bezahlen nur schon 150 denvollen Monatsbeitrag, kommt über eineMillion Franken pro Jahr zusammen. SprudelndeGeldquellen sind auch die beidenvereinseigenen Firmen Fortas und Aventas.Fortas ist im Bereich Baureinigung, Rückbauund Allroundservice tätig, Aventas imImmobiliengeschäft.Das Geschäftsmodell von Fortas: Offiziellsind die Mitarbeiter nach den Vorgabendes Gesamtarbeitsvertrags angestellt.Doch nur ein Teil behält den Lohn auch fürsich. Hinzu kommen Teilnehmer am Austauschprogrammder Freikirche – jungeLeute aus ganz Europa, die während Monatenfür Kost, Logis und ein Taschengeldauf Schweizer Baustellen arbeiten, ihr Einkommenaber grösstenteils der Freikirchespenden. Auf der Fortas-Referenzenlistestehen bekannte Ostschweizer Firmen undselbst Gemeinden wie Herisau und Rheineckoder auch das BaudepartementSt. Gallen.Ausbau im Oslofjord«Es hat Tradition bei uns,dass gewisse Tätigkeitendurch Gemeinschaftsmitgliederehrenamtlich erfolgen»,sagt Sonnmatt-ChefRenzo Davatz, der auch VerwaltungsratspräsidentvonFortas und Aventas ist. Manbetreibe diese Firmen, ummit den erwirtschaftetenMitteln die «ideellen Werte»zu stützen – und nicht, um«persönlich reich zu werden».Wie viel die beiden Firmeneinbringen, will Davatznicht sagen. Sie seien normalsteuerpflichtig. Nicht aber der VereinSonnmatt: Was dort landet, bleibt dem Fiskusentzogen.Jüngst beschloss die Mitgliederversammlungauf Antrag des Vorstands, diezwei Firmen einer neuen Stiftung zu übertragen.Das sei zweckmässig, sagt Davatz.Seine Gegner verweisen auf Intransparenzbei den Geldflüssen und befürchten Haftungsfolgen.Konkret geht es um den Ausbaudes Konferenzzentrums am Hauptsitzder Freikirche in Norwegen und die damitverbundenen Risiken für die 60 nationalenGemeinschaften. Das gigantische Zentrumam Oslofjord mit einem Versammlungssaalfür 6800 Leute, Wohnungen und Häusern© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer Schweiz AG, - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung BEOBACHTER-2013-03-08-tui- e6bf7cd6be0e000049cc01351b07a56f

Die Mitglieder sollen für den teuren Bauin Norwegen geradestehen: Zentrumder Freikirche Sonnmatt in Mogelsberg SG5 | 2013 Beobachter 33foto: Niels Torpfür 8000 Besucher, Restaurants, Supermarkt,Yachthafen und einem TV-Kanalsoll 160 bis 320 Millionen Franken binden.Allein der Unterhalt kostet jährlich mehrereMillionen. Der teure Hauptsitz, anderthalbAutostunden von Oslo entfernt, wirdauch durch Spenden und Darlehen aus derSchweiz finanziert. Konkrete Zahlen willDavatz auch hier nicht nennen. Nur so vielsagt er: Die «internationale Mission» macheetwa 20 Prozent der jährlichen Einkünfteaus. Man geht von acht MillionenFranken über die letzten Jahre aus.Die gesamte Organisation und damitauch Sonnmatt in Mogelsberg haften mitihrem Vermögen für den norwegischenÜberbau. Zudem haben Mitglieder in eineArt Timesharing-Modell für Brunstad investiertund dort Wohnrechte erworben –kein Eigentum, quasi eine Vorschussmietemit Nutzungsrecht. Norwegische Medienstellen seit Jahren kritische Fragen zumFinanzgebaren der Freikirche und zumGruppendruck auf die Mitglieder. Wernicht regelmässig spende, dem werde mitdem Teufel gedroht, lautet ein Vorwurf.HintergrundDie Freikirche Sonnmatt und BrunstadIn der Schweiz zählt die Sonnmatt-Vereinigung rund 650 Anhänger, meistFamilien mit Kindern. Das Zentrum inMogelsberg SG gehört der StiftungSonnmatt. Diese hat die Gebäude demVerein Sonnmatt zur freien Nutzungübertragen. Laut Stiftungsurkunde istSonnmatt «untrennbar verbunden»mit der Brunstad Christian Church inNorwegen, einer Freikirche mit 30 000Mitgliedern in über 60 Ländern. Brunstadwird auch «Die Christliche Gemeinde»,nach ihrem Gründer Johan O. Smith«Smiths Freunde» oder «Norwegerbewegung»genannt und zählt zu den sogenanntencharismatischen Bewegungen.Glaubensbasis ist die Bibel, die wörtlichausgelegt wird. Die Gemeinschaft gilt alssehr konservativ; ehemalige Mitgliederäus sern sich kritisch zum Gruppendruck.Nach Intervention der Gewerkschaftenwurden in den letzten Monaten zwei Veranstaltungenvon Fremdmietern im Brunstad-Zentrumstorniert. Begründung: Manwolle nicht die Selbstausbeutung von Freiwilligenunterstützen.Zwei Kirchenführer als EigentümerHinterfragt wird vor allem die Rolle vonKare Johan Smith und Bernt Aksel Larsen,den zwei Führern der Brunstad ChristianChurch. Sie kontrollieren über eine internationalverschachtelte Struktur die grössteeuropäische Firma für Reitzubehör, Horze,sowie eine für Fertighäuser, IEC-Hus. Auchhier leisten Freiwillige einen grossen Teilder Arbeit. Zum Konstrukt gehört fernerdie millionenschwere ImmobilienfirmaKraakstad Invest AS mit Ableger in Zypern,wo Smith und Larsen als alleinige Aktionäreaufscheinen.«Unsere Aktivitäten dienen in der Praxisnachhaltig der Pflege der christlichenGemeinschaft», sagt Sonnmatt-PräsidentRenzo Davatz. Und Spenden würden durchdie übergeordnete Leitung in Norwegenmit «hohem Verantwortungsbewusstseineingesetzt». Doch daran mögen längstnicht mehr alle glauben.© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer Schweiz AG, - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung BEOBACHTER-2013-03-08-tui- e6bf7cd6be0e0000475e2030a6061b10