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UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT - Astrium - EADS

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<strong>UNTERWEGS</strong> <strong>IN</strong> <strong>DIE</strong> <strong>ZUKUNFT</strong><br />

50 Jahre Raumfahrt am Bodensee<br />

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Richard Buckminster Fuller,<br />

Amerikanischer Visionär und Designer


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Das Land Baden-Württemberg und <strong>Astrium</strong> Friedrichshafen haben<br />

dieses Jahr allen Grund zu feiern: Während wir 2012 das 60. Landesjubiläum<br />

begehen, kann der <strong>Astrium</strong> Standort am Bodensee auf eine<br />

50-jährige Geschichte zurückblicken. Zu diesem runden Geburtstag<br />

gratuliere ich der Geschäftsleitung sowie allen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern sehr herzlich.<br />

Baden-Württemberg ist das führende Raumfahrtland in Deutschland: Mehr als 40 Prozent aller<br />

Beschäftigten der deutschen Raumfahrtindustrie arbeiten an Standorten in unserem Land. <strong>Astrium</strong><br />

Friedrichshafen leistet einen zentralen Beitrag zur Erfolgsgeschichte der Raumfahrt hierzulande:<br />

Seit 1962 wird am Standort am Bodensee geforscht, getüftelt und entwickelt. So hat sich das<br />

Unternehmen im Bereich der Radartechnologie und des Baus von Satelliten inzwischen europa- und<br />

weltweit einen exzellenten Ruf erarbeitet und trägt entscheidend dazu bei, dass Baden-Württemberg<br />

bei der Erforschung der Phänomene und Geheimnisse des Himmels und des Alls eine führende<br />

Rolle spielt.<br />

Der globale Klimawandel, die begrenzte Verfügbarkeit fossiler Energieträger sowie der Rückgang<br />

natürlicher Ressourcen stellen unser Land schon heute vor große Herausforderungen. Hierbei sind<br />

Satelliten unverzichtbare Diagnosewerkzeuge, da wir durch sie die Möglichkeit haben, globale Veränderungen<br />

zu messen und zu dokumentieren. Die Lösungen und Techniken von <strong>Astrium</strong> werden<br />

deshalb sicherlich einen entscheidenden Beitrag bei der Bewältigung dieser Herausforderungen<br />

leisten. Zudem haben viele zukunftsweisende Umwelttechnologien wie beispielsweise die Solarzelle<br />

ihren Ursprung in der Raumfahrtindustrie. Sie helfen uns, den Klimawandel zu bremsen und die<br />

Energiewende zu vollbringen. Ich bin überzeugt, dass die Luft- und Raumfahrtindustrie in Baden-<br />

Württemberg und insbesondere <strong>Astrium</strong> Friedrichshafen auch zukünftig wichtige Innovationsimpulse<br />

liefern werden, um die nachhaltige Entwicklung unseres Landes voranzutreiben.<br />

Der Unternehmensleitung sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünsche ich unvergessliche<br />

Jubiläumsfeierlichkeiten und für die Zukunft weiterhin alles Gute für die Raumfahrt am Bodensee.<br />

Winfried Kretschmann<br />

Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg<br />

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01.04.1962<br />

Start der Raumfahrtaktivitäten<br />

in FN mit Gründung der<br />

Dornier System GmbH<br />

27.10.1967<br />

Start der Höhenforschungsrakete<br />

Zenit von<br />

Salto di Quirra (Sardinien)


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Als sie sich 1962, vor genau 50 Jahren, auf den Weg<br />

zu den Sternen gemacht haben, waren die Mitarbeiter<br />

der neu gegründeten Dornier System GmbH<br />

Pioniere: 1962 war auch das Geburtsjahr der deutschen<br />

und europäischen Raumfahrt, und so war der<br />

Schwerpunkt des jungen Unternehmens nicht der<br />

Flugzeugbau – vielmehr war es „die Entwicklung,<br />

Herstellung, Wartung, Betreuung, Operation von<br />

Flugkörpern und Flugkörpersystemen, ähnlichem<br />

Fluggerät, Geräten, die der Raumfahrt dienen, sowie<br />

der dafür erforderlichen Einrichtungen“, wie es im<br />

Handelsregister des Amtsgerichts Tettnang heißt.<br />

Die Gründung der Tochtergesellschaft Dornier<br />

System – kurz DS – hatte der Physiker Dr. Heinz<br />

Busch vorgeschlagen; später wurde er ihr Geschäftsführer.<br />

Skeptische Führungskräfte sprachen im<br />

Zusammenhang mit der Neugründung vom „Zirkus<br />

Busch“. Im Nachhinein dürfte dieser Vergleich<br />

die Dornier System GmbH-Pioniere ehren: Auch<br />

Flugzeugpionier Claude Dornier hatte zu hören<br />

bekommen, er könne „geradesogut zum Zirkus<br />

gehen“, als er sich für den Luftschiffbau Zeppelin<br />

entschieden hatte, wie er in seinem Buch „Aus meiner<br />

Ingenieurlaufbahn“ schrieb.<br />

Im Vergleich zum im Handelsregister dokumentierten<br />

Portfolio, mussten die 30 Mitarbeiter der<br />

Dornier-Tochter, deren Keimzelle die Abteilung<br />

Sonderkonstruktion war, mit bescheidenen Mitteln<br />

in einer Baracke in der Schmidstraße in Friedrichshafen<br />

haushalten: Noch bevor sie den ersten<br />

Auftrag an Land gezogen hatten, bekamen sie eine<br />

Rechnung über rund 80.000 DM für Büromöbel.<br />

Der Bereich „Unternehmensforschung“ beispielsweise<br />

war für 2.179 DM mit drei Stahlschränken,<br />

einem Tonbandgerät, einer Tafel, zwei Stühlen und<br />

einer Typenkartei ausgestattet worden. Für die<br />

Entwicklung gab es eine Pausmaschine, ein Papierrollengerät<br />

und zwei Stahlschränke im Wert von<br />

08.11.1969<br />

Start des 1.deutschen<br />

Forschungssatelliten Azur<br />

(Kalifornien)<br />

insgesamt 1.978 DM. Das Anfangskapital betrug<br />

300.000 DM.<br />

Erstes Projekt des jungen Unternehmens, das bald<br />

ins Schloss Kirchberg umzog, war eine rückführbare<br />

und damit wieder verwertbare Höhenforschungsrakete:<br />

Nach dem Abschuss sollte sie einschließlich<br />

Nutzlast an Drachenflügeln auf ein vorher ausgewähltes<br />

Gebiet gefahrlos und sicher zur Erde zurückgeleitet<br />

werden. Nur so, hieß es, könnten Höhenforschungsraketen<br />

im dichtbesiedelten Europa<br />

verwendet werden. Das Projekt schlief irgendwann<br />

ein, obwohl die Entfaltung der Drachenflügel bei<br />

Abwürfen aus großer Höhe funktionierte.<br />

„Die Bergung einer Nutzlast mit einem Fallschirm<br />

war viel einfacher“, sagt Dr. Helmut Ulke, der 1968<br />

16.12.1972<br />

Start des ersten unter<br />

Friedrichshafener Führung<br />

gebauten Satelliten, Aeros-A<br />

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als Hauptabteilungsleiter Planung und Entwicklungskontrolle<br />

bei der Dornier GmbH einstieg, dann<br />

den Flugkörper-Bereich bei der DS leitete und später<br />

Vorsitzender der Dornier GmbH wurde.<br />

Am Beispiel der Höhenforschungsrakete wird deutlich:<br />

Die Ideen sprudelten nur so, obwohl die Unterkunft<br />

in Kirchberg keineswegs komfortabel war<br />

- im Winter 1962/63 war es so kalt, dass sogar die<br />

Toiletten zugefroren waren. „Dafür konnte man sich<br />

mit Schlittschuhen das Mittagessen aus der Schweiz<br />

besorgen“, erinnert sich Manfred Kübler, ehemals<br />

Geschäftsführer und Arbeitsdirektor der Dornier<br />

System GmbH, schmunzelnd.<br />

Dem Projekt Höhenforschungsrakete folgten die<br />

ELDO-Rakete, die Ariane-Rakete, Studien zu bemannten<br />

Raumtransportern, Technologieaufgaben,<br />

der nationale Forschungssatellit A1 (Azur) und ein<br />

über drei Achsen stabilisierter Nachrichtensatellit.<br />

Mit Azur, gestartet am 8. November 1968, hatten<br />

die DS-Ingenieure die „erste richtige Hardware-Aufgabe“,<br />

wie es Manfred Kübler formuliert.<br />

Sieben Jahre nach Gründung des Unternehmens<br />

setzte das Forschungsministerium mit einer Entscheidung<br />

einen Meilenstein für die Dornier System<br />

GmbH: Das Friedrichshafener Unternehmen wurde<br />

für den Bau von Aeros das erste Mal als Haupt-<br />

22.10.1977<br />

Start des Forschungssatelliten<br />

ISEE 2 mit Delta von<br />

Cape Canaveral (Florida)<br />

auftragnehmer ausgewählt. 1972 sollte der Satellit<br />

starten. „Es gab Zeiten, da habe ich geglaubt, wir<br />

kriegen das zeitlich nicht hin“, erinnert sich Kurt-<br />

Johann Gluitz, früher Leiter der Raumfahrt Satelliten-<br />

Programme bei der DS.<br />

Der Stolz, einen Satelliten bauen zu dürfen,<br />

schweißte die Raumfahrer zusammen – Aeros<br />

wurde rechtzeitig fertig. Geos, die erste geostationäre<br />

Mission für die Messung von Teilchenströmen<br />

und ihren erdatmosphärischen Wechselwirkungen,<br />

folgte. Weiter ging es mit OTS, COS-B,<br />

Aerosat und Meteosat. Als die Europäische Weltraumorganisation<br />

ESA erstmals mit ISEE (International<br />

Sun – Earth Explorer) einen Hauptauftrag an<br />

die DS vergab, bedeutete dies einen weiteren Meilenstein<br />

für das Friedrichshafener Unternehmen. „Ohne<br />

Aeros und ISEE wären wir nie groß geworden, sondern<br />

Zulieferer geblieben“, ist Gluitz überzeugt.<br />

Dornier System stand jetzt auch für internationale<br />

wissenschaftliche Raumfahrtprojekte. Entwickelt<br />

wurden die Faint Object Camera für das Hubble-<br />

Space-Telescope der NASA und das Instrument<br />

Pointing System IPS für das Space Shuttle Transportsystem<br />

– beide Originale sind im Dornier Museum<br />

in Friedrichshafen zu sehen. Die Mitarbeit<br />

an der Kometensonde Giotto, Entwicklung und<br />

Bau des nationalen Röntgensatelliten (Rosat) und<br />

der Hauptauftrag für die International Solar Polar<br />

Mission (ISPM) – später in Ulysses umbenannt -<br />

folgten.<br />

Die Raumsonde „Ulysses“, die erste und bis heute<br />

einzige Mission über die Polkappen unserer<br />

Sonne, verließ mit Hilfe der Anziehungskraft des<br />

Planeten Jupiter die Ekliptik, sodass zum ersten<br />

Mal der Sonnenwind und das Magnetfeld über den<br />

Polregionen der Sonne untersucht und vermessen<br />

werden konnten. Fast gleichzeitig folgte der Bau<br />

der Cluster-Satellitenflotte, deren „Zweitauflage“<br />

seit 2000 im Formationsflug die Wechselwirkung<br />

Sonne – Erde und deren Einfluss auf unseren Planeten<br />

untersucht.<br />

28. 11.1983<br />

Start Spacelab 1 mit Space<br />

Shuttle Columbia (STS-9)<br />

von Cape Canaveral (Florida)


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Es war das rote Telefon. Sein schrilles Klingeln<br />

durchbrach am 16. Juli 1974 die Stille<br />

im Bunker des kalifornischen Raketenstartplatzes<br />

Vandenberg. Der amerikanische<br />

Sicherheitsoffizier nahm ab. Das Gespräch<br />

dauerte nur wenige Sekunden. Dann brach<br />

kurzzeitig ein heftiger Sprechfunkverkehr<br />

in den Kopfhörern der drei Satellitenspezialisten<br />

Alfred Setzer, Bernd Schöckel und<br />

Siegfried Paffenholz aus, die eigentlich dafür<br />

zuständig waren, die erfolgreichen Testergebnisse<br />

am Satelliten Aeros-B den amerikanischen<br />

Raketenverantwortlichen zu melden<br />

und „von Seiten der Nutzlast“ des Satelliten<br />

dann grünes Licht zu geben – Aeros sollte die<br />

Erde beobachten und untersuchen, welche<br />

Auswirkungen die Sonne auf die Atmosphäre<br />

hat. Die drei Techniker hörten Wortfetzen wie<br />

„Zug“ und „Start verzögern“. „Wir konnten<br />

aber relativ wenig damit anfangen“, erinnert<br />

sich Alfred Setzer.<br />

Ein amerikanischer Kollege klärte die<br />

Friedrichshafener Crew auf: Zwischen dem<br />

Startgelände und dem Pazifik gebe es eine<br />

Bahnlinie, und weil letztere älter sei als<br />

das Startgelände, habe die altehrwürdige<br />

„Southern Pacific Railways“ nach amerikanischem<br />

Recht immer „Vorfahrt“. Und<br />

weil „Safety Control“ einen herannahenden<br />

02.07.1985<br />

Start der Kometensonde<br />

Giotto mit einer Ariane-1<br />

von Kourou (Franz. Guyana)<br />

Güterzug gemeldet habe, sei der Startablauf<br />

unterbrochen worden. Der amerikanische<br />

Kollege fügte noch an, dass man insbesondere<br />

bei Güterzügen nie genau sagen könne,<br />

ob der Zug auch planmäßig durchfährt oder<br />

seine Fahrt verlangsamt oder ob er sogar im<br />

Bereich des riesigen Startareals anhalten<br />

würde. „Als der Kollege auf unsere Frage,<br />

ob denn schon mal ein Start wegen eines<br />

Zuges abgebrochen sei, lapidar antwortete:<br />

„of course, it may happen anytime!“ trug dies<br />

nicht gerade zu unserer Beruhigung bei“,<br />

sagt Alfred Setzer.<br />

Das Riesenproblem: Ein Startfenster von genau<br />

30 Minuten war vorgesehen. Würde es<br />

die Scout-Feststoffrakete mit dem deutschen<br />

Satelliten noch rechtzeitig schaffen?<br />

Wieder war es das rote Telefon, das dieses<br />

Mal alle Beteiligten erlöste: Der Güterzug<br />

war ohne Zwischenhalt zügig durchgefahren.<br />

Nach vier Minuten unglaublich langen Wartens<br />

hieß es „10, 9, 8, 7, … Die Rakete startete<br />

erfolgreich, die Mission von Aeros-B wurde<br />

ein voller Erfolg.<br />

Das rote Telefon werden diejenigen, die an<br />

der Mission beteiligt waren, nicht vergessen:<br />

Es hatte nicht einmal eine Wählscheibe.<br />

30.10.1985<br />

Start Spacelab D-1-Mission<br />

(STS-61A) u.a. mit dem<br />

Spiegelofen MHF<br />

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Dornier produziert in Oberpfaffenhofen mittlerweile<br />

die Tankstruktur der zweiten Stufe der<br />

Ariane 1-4. Entwicklung und Produktionssteuerung<br />

waren in Friedrichshafen angesiedelt.<br />

Und: Ohne das ebenfalls vom Friedrichshafener<br />

Unternehmen entwickelte hoch komplexe Lebenserhaltungssystem<br />

(ECLS) hätten sich Astronauten<br />

nicht im Spacelab-Raumlabor aufhalten können –<br />

das System sorgte dort für die Aufrechterhaltung von<br />

Atmosphäre und Klima.<br />

Parallel zur Entwicklung des Spacelab-Lebenserhaltungssystems<br />

hat die DS auf dem Gebiet der Forschung<br />

unter Schwerelosigkeit eine führende Entwicklungsrolle<br />

in Europa aufgebaut. Themen wie<br />

Materialforschung, Life Science und Fluid Physics<br />

waren die Schwerpunkte für die Entwicklung von<br />

Versuchsanlagen, die im Spacelab geflogen sind.<br />

Eine weitere hoch komplexe Entwicklung war die des<br />

Microwave Remote Sensing Experiments (MRSE) für<br />

die erste Spacelab-Nutzlast. Damit hatte die DS den<br />

Einstieg in die Mikrowellentechnologie geschafft<br />

und somit den Grundstein gelegt für die moderne<br />

Erdbeobachtung mit ihrem kommerziellen Potenzial.<br />

Die herausragenden Erfolgsprojekte waren die europäischen<br />

ERS-Satelliten, deren Mission erst im Juli<br />

2011 mit dem Abschalten von ERS-2 endete.<br />

Mit dem Umweltsatelliten Envisat, Europas größtem<br />

EO-Satelliten (8,2 t; 10 m hoch), war ein weiteres<br />

herausragendes Projekt gefolgt.<br />

Die DS, die erfolgreich auf neue Technologien setzte,<br />

wuchs rasant. Ende 1962 waren es 71, fünf Jahre<br />

später 282. 1972 beschäftigte die Dornier System<br />

GmbH 766, 1977 waren es 1199, und 1982 rund<br />

1500 Mitarbeiter (einschließlich der Nicht-Raumfahrtbereiche).<br />

Nachdem Dornier Ende der 80er-Jahre zunächst in<br />

den deutschen Luft- und Raumfahrtkonzern DASA<br />

integriert wurde, gehört der Standort seit 2000 zum<br />

<strong>EADS</strong>-Konzern. Die Raumfahrt firmiert seither unter<br />

dem Namen <strong>Astrium</strong>.<br />

„Von der Raumfahrt hängen fundamentale Erkenntnisse<br />

für den Fortschritt in Medizin, Biologie, Datentechnik,<br />

Materialtechnologie, Mikroelektronik, in der<br />

Laser- und Sensortechnologie ab“, sagt Helmut Ulke<br />

heute. Digitalrechner beispielsweise wurden durch<br />

das Mondlandeprogramm revolutionär weiterentwickelt<br />

– große Rechnerschränke schrumpften zu<br />

kleinen Einheiten.<br />

Für die Zukunft wünscht sich der frühere Dornier-<br />

Chef heute, „dass auf allen Gebieten weiter in die<br />

Grundlagenforschung investiert wird. Sonst könnten<br />

wir den Anschluss verpassen und nicht mehr wettbewerbsfähig<br />

sein“.<br />

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19.05.1989<br />

Gründung der Deutschen<br />

Aerospace (DASA). Dornier<br />

ist Teil des neuen Luft- u.<br />

Raumfahrtkonzerns<br />

24.04.1990<br />

Start des Hubble Space<br />

Telescopes mit der FOC<br />

-Kamera aus FN;<br />

Discovery (STS-31)


Herr Dornier, Sie haben die Dornier<br />

System gegründet. Warum?<br />

Die Luftfahrttechnik hatte sich in<br />

den USA gegenüber dem Stand<br />

Deutschlands zur Zeit des Krieges<br />

stark weiterentwickelt. Die Fluggeräte<br />

waren komplexer und schneller<br />

geworden, ihr operativer Einsatz über<br />

große Distanzen setzte immer mehr<br />

das integrierte Zusammenwirken<br />

verschiedenster Faktoren voraus –<br />

nicht nur in der Luft, sondern auch<br />

am Boden. Dies alles zusammen<br />

bezeichnet man als System. Parallel<br />

zu dem Systembegriff wurde bei den<br />

fortschrittlichen Luftfahrtfirmen als<br />

äußerst nützliches Werkzeug die<br />

„Systemanalyse“ eingeführt. Man<br />

nannte diese Arbeiten oder dieses<br />

analytische Werkzeug auch „Operations<br />

Research“.<br />

Als Mitglied einer Deutschen Delegation<br />

hatte ich 1957 bei einer Rundreise<br />

in den USA Gelegenheit, die<br />

Methoden von Operations Research<br />

und Systemanalyse kennenzulernen.<br />

Besonders bei der Firma Northrop<br />

war dieses Verfahren recht weit<br />

entwickelt. Das hat mich bestärkt,<br />

auch bei Dornier auf diesem Gebiet<br />

tätig zu werden, eine entsprechende<br />

Abteilung aufzubauen und in diesem<br />

Zusammenhang ist wohl auch der<br />

Name „Dornier System“ entstanden.<br />

Es war dann die logische Konsequenz,<br />

dass bei der DS auch die<br />

Arbeiten für die Raumfahrttechnik<br />

aufgenommen wurden. Denn die<br />

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01.06.1990<br />

Start des deutschen<br />

Röntgensatelliten<br />

Rosat mit Delta-II von<br />

Cape Canaveral (Florida)<br />

Raumfahrt setzt, wie kaum ein anderes<br />

Aufgabengebiet, Systemtechnik<br />

und Systemanalyse voraus.<br />

Wie sehen Sie die Raumfahrt<br />

heute?<br />

Raumfahrttechnik ist mit ihren<br />

verschiedenen Aspekten heute fast<br />

zu einer nicht mehr wegzudenkenden<br />

Voraussetzung für das moderne<br />

gesellschaftliche Leben geworden.<br />

Der Stellenwert der Raumfahrt ist<br />

heute schon sehr groß und seine Bedeutung<br />

wird wahrscheinlich weiter<br />

zunehmen – vielleicht auf Gebieten,<br />

die wir uns momentan noch gar nicht<br />

vorstellen können.<br />

Die Möglichkeit, Forschung im<br />

schwerelosen Raum durchzuführen,<br />

ist für metallurgische Fragen wie<br />

auch für biologische und medizinische<br />

Aufgabenstellungen hilfreich.<br />

Bei zunehmender Nahrungsmittelverknappung<br />

wird sich die Satellitentechnik<br />

für die Beobachtung von<br />

Agrar-Anbaugebieten, die Verfolgung<br />

der Wetterentwicklung und ihre<br />

Vorhersagbarkeit, die Beobachtung<br />

der Umweltzerstörung und die<br />

Herausforderung des Klimawandels<br />

wie kaum eine andere Disziplin von<br />

großem Nutzen erweisen. Dank Weltraumteleskopen<br />

hat die Astronomie<br />

und Astrophysik heute Erkenntnisse<br />

über die Entstehung des Universums<br />

gewonnen, die faszinierend und<br />

einmalig sind.<br />

Welchen Stellenwert wird die<br />

Raumfahrt künftig einnehmen?<br />

Raumfahrtechnik erfordert große<br />

finanzielle Mittel, hohen industriellen<br />

und technologischen Standard, wissenschaftlich<br />

geschulte Projektteams,<br />

internationale Zusammenarbeit, aber<br />

auch gewisse geografische Voraussetzungen,<br />

denn kritische Versuche<br />

und die Starts von Raketen können<br />

nicht überall unternommen werden.<br />

Raumfahrt wird international und<br />

interdisziplinär eine große Zukunft<br />

haben und sicher auch als Impulsgeber<br />

für den Fortschritt wirken. Es ist<br />

ein Gebiet, auf dem ohne staatliches<br />

Engagement ein Mithalten im internationalen<br />

Rahmen nicht möglich ist.<br />

Was wünschen Sie sich für<br />

den Standort Friedrichshafen?<br />

Für den Standort am Bodensee wünsche<br />

ich mir sehr die weitere aktive<br />

Mitwirkung an der zivilen und wissenschaftlichen<br />

Weiterentwicklung<br />

der Raumfahrttechnik zum Nutzen<br />

der Menschen und der Gesellschaft.<br />

Ich erwarte, dass sich diese Arbeiten<br />

auch weiter befruchtend auf eine<br />

Vielzahl von aktuellen Fragestellungen<br />

auswirken werden, mit<br />

denen es unsere Zivilisation in den<br />

kommenden Jahrzehnten zu tun<br />

haben wird. Die Raumfahrt wird dazu<br />

Lösungsmöglichkeiten anbieten, so<br />

dass auch die rein wirtschaftliche<br />

Bilanz positiv sein wird.<br />

06.10.1990<br />

Start der Sonnensonde<br />

Ulysses mit Space Shuttle<br />

Discovery (STS-41) von<br />

Cape Canaveral (Florida)<br />

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17.07.1991<br />

Start von ERS-1 mit<br />

Ariane 40 von Kourou<br />

(Franz. Guyana)<br />

24.06.1993<br />

Fertigstellung der 1. Nutzlasttragstruktur<br />

Speltra<br />

für Ariane 5


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Geht es um Erdbeobachtungssatelliten, Wissenschaftssatelliten<br />

und wissenschaftliche Raumsonden,<br />

ist <strong>Astrium</strong> europaweit führend. Auf dem<br />

Gebiet der Radartechnologie sind die Experten aus<br />

Friedrichshafen sogar weltweit Spitze.<br />

Mit ihrer Hilfe kann die Erde unabhängig von Tageslicht<br />

und vom Wetter beobachtet werden. Mit den<br />

Sentinel-Erdbeobachtungs-Satelliten (Sentinel =<br />

Wächter) beispielsweise setzt die Europäische<br />

Raumfahrtorganisation ESA auf den <strong>Astrium</strong>-Standort<br />

Friedrichshafen: Das Unternehmen am Boden-<br />

see entwickelt und baut das C-Band-Radarinstrument<br />

für Sentinel 1A, Start 2013, und Sentinel 1B,<br />

Start 2014. Sentinel-1 ist eine wetter- und beleuchtungsunabhängige<br />

bildgebende Radarsatellitenmission<br />

für Land- und Ozeandienste. Ihnen folgt die<br />

Sentinel-2-Mission (Start 2014 und 2015) für hochauflösende<br />

optische Abbildungen für Landdienste.<br />

Den Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE (Earth<br />

Clouds, Aerosols and Radiation Explorer) baut<br />

<strong>Astrium</strong> Friedrichshafen ebenfalls im Auftrag der<br />

ESA. EarthCARE, der zum besseren Verständnis<br />

unseres Klimas beitragen soll, beobachtet Wolken,<br />

Kleinstpartikel in der Atmosphäre – Aerosole –<br />

sowie deren Einfluss auf die atmosphärische Strahlung.<br />

Der Satellit soll beispielsweise Wolken und<br />

Niederschläge und deren Auswirkungen auf die<br />

Strahlungsbilanz untersuchen. Klimaforscher und<br />

Meteorologen erwarten von dem zwei Tonnen<br />

schweren Satelliten, der im November 2015 ins All<br />

starten und dort drei Jahre seinen Dienst tun soll,<br />

wertvolle Daten für ihre Rechenmodelle.<br />

Ein flexibles, bei <strong>Astrium</strong> entwickeltes Konzept<br />

für kostengünstige Satellitenmissionen für wissenschaftliche<br />

Anwendungen, hat auch die NASA überzeugt:<br />

deren Experten haben <strong>Astrium</strong> als Haupt-<br />

21.04.1995<br />

Start des Erdbeobachtungssatelliten<br />

ERS-2 mit Ariane-40<br />

von Kourou (Franz. Guyana)<br />

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auftragnehmer des Jet Propulsion Laboratory der<br />

NASA mit dem Bau der Grace-Satellitenzwillinge<br />

beauftragt. Sie vermessen seit März 2002 als Nachfolger<br />

des ebenfalls aus Friedrichshafen stammenden<br />

Satelliten Champ (2000 bis 2010) das Gravitationsfeld<br />

der Erde. Gegenwärtig denkt die NASA an<br />

eine Grace-Nachfolgemission.<br />

Gleich drei Swarm-Satelliten werden ab 2012 das<br />

Magnetfeld der Erde erforschen. Im Auftrag der<br />

ESA hat der <strong>Astrium</strong>-Standort Friedrichshafen<br />

die industrielle Führung der Mini-Satellitenflotte<br />

übernommen.<br />

16.11.1995<br />

Start des Infrarotteleskops<br />

ISO mit Isophot; Ariane 44P<br />

von Kourou (Franz. Guyana)<br />

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Seit Oktober 2010 misst Goce winzige Unterschiede<br />

im Schwerefeld der Erde. Auch an dieser Mission<br />

war der Standort Friedrichshafen beteiligt: Er hat<br />

die Satellitenplattform gebaut.<br />

Im so genannten StripMapModus (drei Meter Auflösung)<br />

nehmen die beiden nahezu baugleichen deutschen<br />

Radarsatelliten TanDEM-X und TerraSAR-X<br />

seit Januar 2011 synchron Daten von allen Kontinenten<br />

auf. Die Experten aus Friedrichshafen sind<br />

bei den dabei verwendeten Technologien weltweit<br />

führend. 2014 wird dieses Höhenmodell flächendeckend<br />

für die gesamte Landmasse der Erde – immerhin<br />

150 Millionen Quadratkilometer – verfügbar<br />

sein. Dabei wird die relative vertikale Genauigkeit<br />

zwei Meter (absolute vertikale Genauigkeit 10m)<br />

und das horizontale Raster 12x12 Meter betragen.<br />

2013 soll der weitgehend baugleiche Radarsatellit<br />

Paz für Spanien in den Orbit geschossen werden.<br />

Der <strong>Astrium</strong>-Standort Friedrichshafen trägt auch<br />

seinen Teil dazu bei, dass die Genauigkeit von<br />

Drei-Tage-Wettervorhersagen heute bei 98 Prozent<br />

liegt. Die Satelliten des Typs MSG (Meteosat Second<br />

Generation) liefern seit Sommer 2002 Daten aus<br />

einer geostationären Umlaufbahn für die Wettervorhersage.<br />

Die Experten vom Bodensee bekamen<br />

den Auftrag für die Untersysteme Energieversorgung,<br />

Antriebe sowie Bahn- und Lageregelung. Am<br />

19. Oktober 2006 wurde das System europäischer<br />

Wettersatelliten durch den polarumlaufenden<br />

Metop-A ergänzt. Der neue Satellit liefert ein Viertel<br />

aller weltweit erhobenen Wetterdaten. <strong>Astrium</strong><br />

ist Hauptauftragnehmer für diesen Satelliten. Der<br />

Standort Friedrichshafen zeichnet für das gesamte<br />

Nutzlastmodul und zwei der wichtigsten Messinstrumente<br />

verantwortlich. Der Start von Metop-B<br />

ist für 2012 vorgesehen, Metop-C soll 2018 folgen.<br />

Auch Cryosat-2, gestartet am 8. April 2010, erforscht<br />

die Erde. Mit den Daten des Satelliten, der die Dicke<br />

von Meer- und Landeis bestimmt, arbeiten bereits<br />

jetzt schon mehr als 40 wissenschaftliche Institute<br />

in aller Welt. Der Standort Friedrichshafen hatte die<br />

industrielle Führung bei diesem ESA-Vorhaben.<br />

10.12.1999<br />

Start des Röntgensatelliten<br />

XMM-Newton mit Ariane-5<br />

von Kourou (Franz. Guyana)<br />

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11.02.2000<br />

Start SRTM mit Space<br />

Shuttle Endeavour (STS-99)<br />

von Cape Canaveral (Florida)


Swarm: „Reise“ zum Mittelpunkt der Erde<br />

Auf diese Idee wäre Jules Vernes wohl nicht gekommen:<br />

Um Licht in die Zusammensetzung und die Prozesse im<br />

Erdinnern zu bringen, wird es nicht „Die Reise zum Mittelpunkt<br />

der Erde“, geben, wie der Titel seines Romans<br />

lautet – die Reise führt in die Gegenrichtung, und zwar<br />

ins Weltall.<br />

Swarm (englisch für Schwarm) lautet der Titel der Mission<br />

der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA, weil<br />

gleich drei bei <strong>Astrium</strong> in Friedrichshafen gebaute, identische<br />

Satelliten „ausschwärmen“ werden und das Magnetfeld<br />

der Erde messen sollen – ohne Magnetfeld, das<br />

uns beispielsweise gegen die Strahlung aus dem Weltall<br />

schützt, gäbe es uns schlichtweg nicht.<br />

„Der Auftrag fügt sich gut in die Geschichte unseres<br />

Standortes ein“, sagt Swarm-Projektleiter Albert Zaglauer.<br />

„Auch bei ISEE-B, gestartet 1977, Ulysses (1990),<br />

Aeros (1972) und den Cluster-Satelliten und Champ<br />

(2000) ging es darum, möglichst magnetisch saubere<br />

Satelliten zu bauen.“ Beim Bau der Halterung für das<br />

Magnetometer der drei Satelliten beispielsweise setzten<br />

die Ingenieure auf Keramik. Und lagen damit falsch:<br />

Das Material war nicht wie erwartet frei von Magnetismus<br />

– das Rohmaterial, das zur Herstellung der Keramik<br />

verwendet wurde, enthielt Verunreinigungen<br />

mit magnetischer Signatur. Also mussten sich die<br />

Ingenieure neu orientieren. Sie entschieden sich für<br />

einen dickwandigen Kohlefaserverbundwerkstoff (CFK) –<br />

dieses Mal mit Erfolg.<br />

Störungsfreies Arbeiten ist bei dieser Mission unabdingbar.<br />

Damit das die eigens für die Erdbeobachtungsmission<br />

entwickelten Magnetometer tun, sind sie auf einem<br />

langen Ausleger angebracht. In dieser Distanz zum Satelliten<br />

sind die unvermeidlichen Reststörungen so gering,<br />

dass das Magnetfeld der Erde äußerst präzise gemessen<br />

werden kann. Die Einheit für die Messungen ist Tesla.<br />

Die Feldstärke im Swarm-Orbit beträgt etwa 50.000 nanoTesla.<br />

Das spezielle Design des Satelliten erlaubt es,<br />

den Messfehler auf 0,3 nanoTesla zu begrenzen. „Das ist<br />

höchst anspruchsvoll und erfordert nicht nur eine gutes<br />

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17.05.2000<br />

Tag 1 des neuen europäischen<br />

Raumfahrtkonzerns<br />

<strong>Astrium</strong><br />

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Design, saubere Arbeit beim Zusammenbau, sondern insbesondere<br />

auch ein tiefes Verständnis der physikalischen<br />

Zusammenhänge und die Anwendung anspruchsvoller<br />

mathematischer Methoden“, räumt der Swarm-Projektleiter<br />

ein.<br />

Wissenschaftler fordern, die Veränderungen des Erdmagnetfelds<br />

künftig noch besser zu beobachten – so ist<br />

bekannt, dass Schwankungen in der Ionosphäre, welche<br />

die Navigationselektronik beispielsweise von Flugzeugen<br />

irritieren können, durch das Magnetfeld erkennbar sind.<br />

Zudem gehen die Forscher davon aus, dass die Swarm-<br />

Satelliten die äußerst schwachen Magnetfelder, welche<br />

durch Ozeanströmungen induziert werden, erfassen<br />

können. Globale Messungen der Erdkruste durch Swarm<br />

versprechen zudem ein zielgerichtetes und Erfolg versprechendes<br />

Aufspüren neuer Ressourcen. Und: Es werden<br />

bessere Vorhersagen des Weltraumwetters und eine<br />

rechtzeitige Warnung vor Strahlengefahren erwartet.<br />

Ins Weltall starten die drei Satelliten im Sommer 2012<br />

mit einer Rakete vom Weltraumbahnhof Plesetsk rund<br />

800 Kilometer nordöstlich von Moskau. In 490 Kilometer<br />

Höhe werden sie auf eine polare Umlaufbahn ausgesetzt.<br />

Vier Jahre später fliegen zwei Satelliten in einer Orbit-<br />

Höhe von 300 Kilometer. Der dritte Satellit wird 90 Grad<br />

versetzt über den beiden seinen Dienst tun. „Wir fliegen<br />

möglichst tief, weil die Wissenschaftler eine möglichst<br />

hohe Signalstärke erhalten wollen“, sagt Swarm-Projektleiter<br />

Zaglauer. Die unterschiedlichen Messdaten der drei<br />

Satelliten ermöglichen es, die dreidimensionale Verteilung<br />

der Magnetfeldschwankungen zu dokumentieren.<br />

Von den durch die ESA veranschlagten Gesamtkosten der<br />

Mission in Höhe von rund 220 Millionen Euro braucht es<br />

für den Bau der Satelliten nicht einmal die Hälfte. „Weniger<br />

geht nicht“, sagt der Swarm-Projektleiter.<br />

16.07/09.08.2000<br />

Start der Cluster-II-Mission<br />

mit Sojus/Fregat von<br />

Baikonur (Kasachstan)<br />

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15.07.2000<br />

Start des Geoforschungssatelliten<br />

Champ mit COSMOS<br />

von Plesetsk (Russland)<br />

19.01.2001<br />

Gründung der<br />

Infoterra GmbH,<br />

Friedrichshafen


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Moderne Satelliten ermöglichen es uns, die Bausteine<br />

des Universums näher zu untersuchen und<br />

Fragen zu seiner Entwicklung und Zukunft zu entschlüsseln.<br />

Wissenschaftler können das All mit<br />

Weltraumteleskopen auch in Bereichen des elektromagnetischen<br />

Spektrums untersuchen, die von der<br />

Erde aus nicht zugänglich sind.<br />

Seit 10. Dezember 1999 ist das europäische Röntgenteleskop<br />

XMM-Newton im Dienst, die vier<br />

Cluster-II-Satelliten erkunden seit Sommer 2000 das<br />

Magnetfeld der Erde. Bei beiden ESA-Großprojekten<br />

hatte die heutige <strong>Astrium</strong> die industrielle Führung.<br />

Der Kometenjäger Rosetta wird erst 2014, kurz vor<br />

Ankunft bei seinem Zielkometen, wieder aktiviert.<br />

Am 2. März 2004 machte sich die von <strong>Astrium</strong> als<br />

Hauptauftragnehmer gebaute Raumsonde Rosetta<br />

auf die Reise zum Kometen Churyumov-Gerasimeko.<br />

Weit draußen in unserem Sonnensystem soll sie die<br />

Materie in ihrem nahezu ursprünglichen Zustand<br />

untersuchen. Am 5. September 2008 sammelte sie<br />

wertvolle Informationen des Asteroiden 2867 Steins.<br />

Am 10. Juli 2010 bescherte die Sonde der Erde weitere<br />

beeindruckende Bilder von Lutetia, einem Asteroiden,<br />

mit all seinen Einschlagskratern. 2014 wird<br />

Rosetta nach ihrer fast zehnjährigen, mehr als fünf<br />

Milliarden Kilometer langen Reise den Kometen<br />

Churyumov-Gerasimenko erreichen – in rund 675<br />

Millionen Kilometer Entfernung von der Erde. Dann<br />

soll der Lander Philae, der Weltraumtechnologie<br />

vom Bodensee an Bord hat, auf dem Kometen abgesetzt<br />

werden. Es ist die erste Landung auf einem<br />

Kometen überhaupt.<br />

Spektakuläre Bilder vom Mars liefert die in Friedrichshafen<br />

gebaute hochauflösende stereoskopische<br />

Kamera HRSC (High Resolution Stereo Camera)<br />

der Weltraumsonde Mars Express, und das schon<br />

seit 2004.<br />

01.03.2002<br />

Start des Umweltsatelliten<br />

Envisat mit Ariane 5 von<br />

Kourou (Franz. Guyana)<br />

Das größte jemals ins All gebrachte Spiegelteleskop<br />

ist Herschel. Gestartet am 14. Mai 2009, spürt es<br />

das unsichtbare Infrarotlicht ferner Galaxien auf<br />

und beobachtet die Geburt von Sternen und Planeten.<br />

Der Satellit Planck blickt bis zu den äußeren<br />

Grenzen des Weltalls und erforscht die kosmische<br />

Hintergrundstrahlung. An beiden ESA-Vorhaben<br />

hat <strong>Astrium</strong> entscheidend mitgewirkt: Für das<br />

Nutzlastmodul des Herschel-Satelliten, das aus dem<br />

Kryostaten (eine Art „Superkühlung“), der optischen<br />

Einheit mit den Instrumenten und dem Solargenerator<br />

mit Sonnenschutzschild besteht, war der <strong>Astrium</strong>-Standort<br />

Friedrichshafen verantwortlich. Die bei<br />

<strong>Astrium</strong> in Friedrichshafen entwickelten Teleskopspiegel<br />

des Satelliten Planck sollen das „erste Licht“<br />

des Universums einfangen: Mikrowellenstrahlung<br />

wird über diese Spiegel auf zwei hochempfindliche<br />

Instrumente fokussiert.<br />

17.03.2002<br />

Start der zwei Grace-Wissenschaftssatelliten<br />

mit Rockot<br />

von Plesetsk (Russland)<br />

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Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) blickt<br />

viel tiefer ins Weltall hinein als das Vorgängerteleskop<br />

Hubble – und damit auch in längst vergangene<br />

Zeiten. Mit dem JWST (Start 2018) werden<br />

Forscher noch weiter zurückblicken können und sehen,<br />

was bereits rund 300 Millionen Jahre nach dem<br />

Urknall geschehen ist.<br />

Die <strong>Astrium</strong>-Raumfahrtingenieure in Ottobrunn<br />

und Friedrichshafen verantworten im Auftrag der<br />

ESA das 200 Kilogramm schwere Infrarot-Spektrometer<br />

NIRSpec, das auch schwächste Infrarotstrahlung<br />

erkennen und Spektren von bis zu 100<br />

Objekten gleichzeitig registrieren kann. Damit<br />

02.06.2003<br />

Start von Mars Express mit der<br />

Friedrichshafener Stereokamera<br />

HRSC mit Sojus/Fregat von<br />

Baikonur (Kasachstan)<br />

BepiColombo – Manche mögen‘s heiß<br />

Nicht einmal ein Sonnenbeter wäre<br />

auf diese Misson scharf: Beim<br />

Merkur herrscht die zehnfache<br />

Sonnenintensität verglichen mit<br />

der Erde und außerdem strahlt der<br />

Merkur selbst durch seine hohe<br />

Oberflächentemperatur von 450°C<br />

mit bis zu vierfacher Sonnenintensität.<br />

BepiColombo wurde die Raumsonde<br />

zu Ehren des 1984 verstorbenen<br />

italienischen Mathematikers<br />

Guiseppe (Bepi) Colombo<br />

benannt, von dem der größte<br />

Teil unseres Wissens über den<br />

Merkur stammt. Der innerste<br />

Planet der Sonne gilt als Schlüssel<br />

zur Geschichte unseres Sonnensystems.<br />

Ebenfalls mit dieser Mission<br />

wollen japanische Wissenschaftler<br />

das Magnetfeld des Merkurs<br />

erforschen. Deshalb besteht<br />

die Sonde BepiColombo aus mehreren<br />

Modulen: dem europäischen<br />

Orbiter der den Merkur umrundet<br />

und die Oberfläche und die<br />

wird die Beobachtungszeit für die Wissenschaftler<br />

100-fach verlängert.<br />

Der Satellit Gaia soll 2013 vom Weltraumbahnhof<br />

in Kourou gestartet werden und erzeugt eine hochpräzise<br />

dreidimensionale Karte unserer Galaxie und<br />

wird dafür innerhalb von fünf Jahren die Positionen<br />

von mehr als einer Milliarde Sterne vermessen müssen.<br />

<strong>Astrium</strong> Friedrichshafen ist für das Mechanik-<br />

und Thermalsystem sowie die Lieferung von wesentlichen<br />

Subsystemen von Gaia verantwortlich. Darin<br />

enthalten sind neben der Satellitenstruktur auch<br />

das Thermal- und das Antriebssystem des Satelliten.<br />

Zum Thermalsystem gehört unter anderem ein rund<br />

Zusammensetzung des Planeten<br />

erforscht, dem japanischen Orbiter<br />

für die Magnetfeldvermessung<br />

und dem Transfer Modul, das den<br />

sogenannten Stack, bestehend aus<br />

allen drei Modulen, zum Merkur<br />

bringt.<br />

Eine Raumsonde zu bauen, welche<br />

die am Merkur herrschenden Extremtemperaturen<br />

nicht nur aushält,<br />

sondern auch noch während<br />

der zweijährigen Mission hochpräzise<br />

Daten liefert, indem sie die<br />

komplette Oberfläche des Planeten<br />

abscannt, ist eine Herausforderung<br />

für die Ingenieure vom Bodensee.<br />

Dr. Markus Schelkle, <strong>Astrium</strong>-Projektleiter<br />

von BepiColombo, formuliert<br />

es so: „Das Zertifikat für<br />

BepiColombo lautet höchst anspruchsvoll,<br />

denn die Technologien<br />

sind völlig anders als die der<br />

bisherigen Missionen.“<br />

Größtes Problem ist die Solarzelle.<br />

Bisher gibt es keine, die eine<br />

02.04.2004<br />

Start der Kometensonde<br />

Rosetta mit einer Ariane-5G-<br />

Trägerrakete von<br />

Kourou (Franz. Guyana)


100 Quadratmeter großes entfaltbares, in Europa erstmalig<br />

gebautes Sonnenschutzschild. Es sorgt dafür,<br />

dass die Temperatur auf der hochsensiblen Optik um<br />

weniger als ein Hunderttausendstel Grad schwankt.<br />

derart hohe Strahlungsintensität<br />

aushält. Also haben die Ingenieure<br />

von <strong>Astrium</strong> die bestehende Technik<br />

verfeinert. Bis zu 230 Grad C°<br />

Hitze bei zehnfacher Sonnenintensität<br />

hält sie jetzt aus. Das reicht<br />

jedoch noch nicht für die direkte<br />

Sonnenbestrahlung in Merkurnähe,<br />

weshalb hier der Solargenerator<br />

relativ flach zur Sonne angestellt<br />

werden muss, um die<br />

Maximaltemperatur nicht zu überschreiten.<br />

Höchstens 45 Sekunden<br />

Reaktionszeit hat der Extra-Computer,<br />

der ausschließlich dafür<br />

sorgt, dass im Fehlerfalle der Solargenerator<br />

rechtzeitig aus der Sonne<br />

gedreht wird – jede weitere<br />

Sekunde würde das Aus für Bepi-<br />

Colombo bedeuten. Ein Eingreifen<br />

von der Erde käme viel zu spät,<br />

weil ein Befehl mit bis zu elf Minuten<br />

Verzögerung bei der Raumsonde<br />

ankäme.<br />

Die extremen Anforderungen bringen<br />

weitere Superlative mit sich:<br />

17.01.2005<br />

Ende der Ariane-Fertigung<br />

in FN: die letzte Satelliten-<br />

Tragstruktur vom Typ Sylda<br />

wird ausgeliefert<br />

Insgesamt 4,2 Tonnen wird der<br />

ganze Stack wiegen. 1,4 Tonnen<br />

davon entfallen auf den Treibstoff<br />

– BepiColombo braucht viel<br />

Energie, um den Merkur zu erreichen.<br />

Von diesen 1,4 Tonnen<br />

Treibstoff sind 580 Kilogramm<br />

Xenon für das Ionenantriebssystem.<br />

Nochmals die gleiche Menge<br />

Xenon muss als Reserve am Boden<br />

bereitgehalten werden, so dass<br />

im Notfall während der Bauphase<br />

nach- oder neu aufgetankt werden<br />

kann. Dies entspricht ungefähr<br />

zehn Prozent der Xenon Weltjahresproduktion<br />

(von 2007).<br />

Um BepiColombo vor der extremen<br />

Hitze zu schützen, verwenden die<br />

Ingenieure erstmals eine Thermalisolationsfolie,<br />

die mit bis zu 39<br />

Lagen, darunter beispielsweise<br />

Titan- und Polyamid-Plastikfolie,<br />

unterfüttert ist. Näherinnen haben<br />

die Folie und alle weiteren Schichten<br />

im Reinraum mit allergrößter<br />

Sorgfalt von Hand zusammenge-<br />

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näht – ein Loch hätte zur Folge,<br />

dass die Sonne einem Laser gleich<br />

BepiColombo zerstören würde.<br />

„Man muss sich den Hitzeschutz<br />

wie ein Ritterhemd vorstellen“, erklärt<br />

Projektleiter Schelkle. Durch<br />

die vielen Lagen wird nicht nur<br />

die Hitze abgehalten – die Außentemperatur<br />

von 400 Grad C° wird<br />

durch den Hitzeschutz auf 50 Grad<br />

Celsius im Innern der Sonde verringert.<br />

Auch die Antennen der<br />

Sonde werden speziell beschichtet,<br />

damit sie die hohen Temperaturen<br />

aushalten.<br />

19.10.2006<br />

Start des polarumlaufenden<br />

Wettersatelliten Metop-A<br />

mit Sojus von Baikonur<br />

(Kasachstan)<br />

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04.07.2006<br />

Start des Weltraumkühlschranks<br />

Melfi-1 mit Space<br />

Shuttle Discovery (STS-121)<br />

von Cape Canaveral (Florida)<br />

15.06.2007<br />

Start des deutschen Radarsatelliten<br />

TerraSAR-X<br />

mit Dnjepr von Baikonur<br />

(Kasachstan)


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Das Projekt Spacelab sei die letzte Möglichkeit einer<br />

europäischen Beteiligung an einem der Apollo-<br />

Nachfolgeprogramme und beim Spacelab handele<br />

es sich um ein Weltraumlabor mit „Hemdsärmelatmosphäre“<br />

- so steht es in einer „Dornier Unternehmensinformation“<br />

aus dem Jahr 1973. Die Wohlfühlumgebung<br />

im Spacelab konnten dann Astronauten<br />

erstmals im November 1983 genießen – Dank des<br />

Lebenserhaltungssystems ECLS aus Friedrichshafen.<br />

Ihre große Erfahrung haben die Friedrichshafener<br />

Raumfahrtexperten auch in das Lebenserhaltungssystem<br />

für das Europäische Weltraumlabor Columbus<br />

eingebracht, das seit Anfang 2008 als Teil der<br />

ISS im Einsatz ist. Aus dieser Kompetenz heraus<br />

entstanden auch eine Reihe von Spin-off Projekten<br />

mit Entwicklungen für Systeme zur Lebenserhaltung<br />

in Schutzräumen und U-Booten. Basierend auf<br />

diesen Erfahrungen wurde jetzt bei <strong>Astrium</strong> der<br />

nächste Schritt in Richtung eines regenerativen Lebenserhaltungssystems<br />

begonnen: Ein so genannter<br />

Sabatierreaktor wird genutzt, um in einem Kreislauf<br />

Sauerstoff für die Atemluft von Astronauten zu<br />

erzeugen.<br />

Zudem hat <strong>Astrium</strong> Friedrichshafen für die Internationale<br />

Raumstation ISS einen großen Teil der<br />

Experimentieranlagen entwickelt – das Unternehmen<br />

vom Bodensee ist als Kompetenzzentrum für<br />

die Entwicklung von Experimentieranlagen zur Forschung<br />

unter Schwerelosigkeit für Life-Science und<br />

Materialforschung seit Jahren weltweit führend auf<br />

dem Markt.<br />

Noch eine Besonderheit: An Bord des am 31. Oktober<br />

2011 gestarteten chinesischen Raumschiffs<br />

„Shenzhou-8“ war die von <strong>Astrium</strong> in Friedrichshafen<br />

entwickelte und gebaute Experimenieranlage<br />

„Simbox“. Mit Hilfe von 17 Experimenten aus den<br />

Bereichen Biologie und Medizin konnten deutsche<br />

und chinesische Wissenschaftler während des<br />

17-tägigen Flugs neue Erkenntnisse gewinnen.<br />

07. 02.2008<br />

Start des Raumlabors<br />

Columbus mit Space Shuttle<br />

Atlantis (STS-122) von Cape<br />

Canaveral (Florida)<br />

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17.03.2009<br />

Start der ESA-Schwerefeldmission<br />

Goce mit<br />

Rockot von Plesetsk<br />

(Russland)<br />

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„<strong>Astrium</strong> Services“ steht für umfassende, stationäre<br />

und mobile End-to-End-Lösungen für sichere und<br />

kommerzielle Satellitenkommunikation und Netzwerke,<br />

Ausrüstungen und Systeme für Hochsicherheits-<br />

und kommerzielle Satellitenkommunikation<br />

sowie maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen<br />

im Bereich Geo-Informationen weltweit. Am<br />

Standort Friedrichshafen ist <strong>Astrium</strong> Services mit<br />

den Bereichen Geo-Informationsdienste und der zum<br />

Bereich „Satcom Systems & Solutions“ gehörenden<br />

Tochtergesellschaft ND Satcom vertreten.<br />

14.05.2009<br />

Start der Teleskope<br />

Herschel/Planck mit<br />

Ariane-5 ECA von<br />

Kourou (Franz. Guyana)<br />

Bereits in den frühen 1990-er Jahren wurden neben<br />

dem Vertrieb von Erdbeobachtungsdaten der Satelliten<br />

Landsat, SPOT und ERS topografische Kartierungen<br />

mit flugzeuggestützten interferometrischen<br />

SAR-Systemen durchgeführt. Mit der wachsenden<br />

Bedeutung der Erdbeobachtung erfolgte im Jahr 2001<br />

die Gründung einer service-orientierten Tochtergesellschaft,<br />

der Infoterra GmbH. Ziel war es, die am<br />

Standort entwickelten technologischen Fähigkeiten<br />

zu bündeln und für eine kommerzielle Nutzung weiter<br />

zu entwickeln und einzusetzen.<br />

08.04.2010<br />

Start des ESA-Eisforschungssatelliten<br />

Cryosat-2<br />

mit Dnjepr von<br />

Baikonur (Kasachstan)


Ein besonderes Augenmerk richtete sich in den ersten<br />

Jahren auf die Entwicklung von innovativen<br />

Produkten und Lösungen für die Bereiche topografische<br />

Kartierung, landwirtschaftliche Informationsdienste,<br />

Landnutzungskartierung und Umweltüberwachung.<br />

Viele dieser Erfahrungen brachte<br />

die Infoterra in die Entwicklung des europäischen<br />

GMES-Programms (Global Monitoring for Environment<br />

and Security) ein. Es wurden operationelle<br />

Produkte und Dienste sowie Standards und der Aufbau<br />

einer europäischen Produktionskapazität für<br />

Landnutzungs- und Landüberwachungsprodukte<br />

maßgeblich vom Bodensee aus mitgestaltet und<br />

vorangetrieben.<br />

Mit der Unterzeichnung der Öffentlich-Privaten-<br />

Partnerschaftsvereinbarung zwischen <strong>Astrium</strong> und<br />

dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />

(DLR) im März 2002 wurde das Satellitenprogramm<br />

TerraSAR-X ins Leben gerufen. Seit Januar 2008 liefert<br />

TerraSAR-X wetterunabhängig hochauflösende<br />

Radarsatellitendaten, die von den Friedrichshafener<br />

Geoinformationsexperten für vielfältige Anwendungsbereiche<br />

eingesetzt werden. Im Juni 2010<br />

erfolgte dann der Start des TerraSAR-X „Zwillings“<br />

TanDEM-X. Zusammen erfassen die beiden Satelliten<br />

die Datenbasis für ein globales digitales Höhenmodell<br />

mit einer einzigartigen Kombination aus Qualität,<br />

Genauigkeit und Abdeckung.<br />

Mit der Integration der Tochterunternehmen<br />

Infoterra und Spot Image in den Geschäftsbereich<br />

<strong>Astrium</strong> Geo-Information-Services im Jahr 2010,<br />

erfolgte eine Erweiterung der Produktpalette um innovative<br />

Lösungen wie Monitoringdienste, 3D-Modelle<br />

und thematische Kartierungen, die die Daten<br />

verschiedenster Satelliten verbinden.<br />

ND SatCom ist einer der weltweit führenden Lieferanten<br />

von satellitenbasierten Kommunikationssystemen<br />

und Bodenstationen. Die innovativen<br />

Systemlösungen und Satellitenübertragungstechnologien<br />

werden weltweit von Kunden aus den Bereichen<br />

Telekommunikation, Internet, Radio und<br />

Fernsehen, von Unternehmen, Regierungsbehörden<br />

21.06.2010<br />

Start des deutschen<br />

Radarsatelliten TanDEM-X<br />

mit Dnjepr von<br />

Baikonur (Kasachstan)<br />

und Militärs eingesetzt, um Daten schnell, zuverlässig<br />

und sicher zu übertragen. Die Kernkompetenz<br />

von ND SatCom ist die Systemintegration maßgeschneiderter<br />

Kommunikationsinfrastrukturen für<br />

den B2B-Sektor sowie die Produktion von Kernkomponenten<br />

wie z.B. die Modemfamilie SKYWAN und<br />

die Antennenserie SKYRAY. Mit der SKYWAN-Netzwerklösung<br />

verbindet die ND SatCom die IT-Welt<br />

mit der der Satellitenkommunikation und bietet voll<br />

integrierte und optimierte Lösungen zur weltweiten<br />

Bereitstellung von Online-Applikationen.<br />

Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung im Bereich Satellitenkommunikation<br />

ist ND SatCom eine zuverlässige<br />

Quelle für umfassende und sichere Lösungen,<br />

die schlüsselfertige und maßgeschneiderte Systeme<br />

beinhalten.<br />

Die ND SatCom hat ihren Hauptsitz in Immenstaad<br />

und beschäftigt Mitarbeiter in Vertriebs- und Servicebüros<br />

in Deutschland, den USA, Kanada, Mexiko,<br />

Dubai, China, Südafrika und Singapur. Weiterhin<br />

verfügt ND SatCom über vier Produktionsstätten in<br />

Beijing, Dallas und Dubai. Sämtliche Forschungs-<br />

und Entwicklungsaktivitäten werden am Hauptsitz<br />

von ND SatCom in Immenstaad ausgeführt.<br />

01.03.2011<br />

<strong>Astrium</strong> ist jetzt Mehrheitseigner<br />

der Friedrichshafener<br />

ND SatCom und besitzt<br />

75,1 Prozent der Anteile<br />

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Herr Settelmeyer, gibt es einen<br />

neuen Trend in der Raumfahrt?<br />

Eckard Settelmeyer: Ja. Wir beobachten<br />

zwei wichtige Trends, neben<br />

der Beherrschung von einzelnen<br />

Systemelementen - wie beispielsweise<br />

Instrumenten, Satelliten oder Bodenstationen<br />

- wird die Beherrschung der<br />

kompletten Systemkette immer wichtiger.<br />

Die am operationellen Nutzen<br />

orientierten Raumfahrtanwendungen<br />

treten immer stärker in den Vordergrund.<br />

Diese Entwicklung ist für die<br />

Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit<br />

entscheidend und daher ganz oben auf<br />

unserer Agenda.<br />

Können Sie diese Entwicklungen<br />

an Beispielen erläutern?<br />

Eckard Settelmeyer: Der konkrete<br />

Nutzen von Kommunikationssatelliten<br />

ist inzwischen so selbstverständlich,<br />

dass der Satellit an sich gar nicht<br />

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mehr wahrgenommen wird, und es ist<br />

ebenso normal, dass er mit höchster<br />

Zuverlässigkeit arbeitet.<br />

In der Navigation ist es ähnlich. Um<br />

ein hochpräzises und stabiles Signal<br />

zu gewährleisten und gleichzeitig<br />

preisgünstige Navigationssatelliten<br />

herzustellen, ist es auch für uns notwendig,<br />

das komplexe System als<br />

Ganzes zu verstehen und beurteilen<br />

zu können. Dasselbe gilt für die<br />

Wettersatelliten: In den Nachrichten<br />

sehen wir das aktuelle Satelliten-<br />

Wetterbild. Das sieht einfach aus,<br />

dahinter steht aber ein komplexes<br />

System, an dessen Elementen wir<br />

auch in Zukunft umfassenden Anteil<br />

haben wollen. Ganz entscheidend für<br />

unseren Standort ist es, dass auch die<br />

raumgestützte Erdbeobachtung eine<br />

starke Entwicklung hin zu operativen<br />

Systemen nimmt. In diesem Zukunftsbereich<br />

wird es entscheidend sein,<br />

neben dem eigentlichen Satelliten<br />

das gesamte System „End-to-End“ zu<br />

beherrschen.<br />

Wie erklären Sie sich diesen Trend<br />

zur nutzbringenden Anwendung?<br />

Eckard Settelmeyer: Unser 50-jähriges<br />

Standort Jubiläum feiern wir ja<br />

eingebettet in 50 Jahre erfolgreicher<br />

europäischer Raumfahrt. Etwa zwei<br />

Drittel dieser Zeitspanne dienten dazu,<br />

Raumfahrt-Fähigkeiten und -Infrastrukturen<br />

in Europa aufzubauen,<br />

von den USA zu lernen, dann eigene<br />

Großprojekte anzugehen, zunächst<br />

noch mit starker wissenschaftlicher<br />

und experimenteller Ausrichtung.<br />

Zugleich wuchs das Bewusstsein, dass<br />

dringende Umweltfragen nicht regional<br />

beantwortet werden können: Ozonloch,<br />

Klimaerwärmung, Abschmelzen der<br />

Gletscher, CO 2 -Belastung, sind globale<br />

Phänomene. Große Fragestellungen<br />

erfordern große Systeme. Die satellitengestützte<br />

Erdbeobachtung bietet heute<br />

– bedarfsgerecht - global messende,<br />

operative Satellitensysteme. Für eine<br />

effiziente und kontinuierliche Beobachtung<br />

des Zustands unserer Erde sind<br />

Satelliten die idealen Diagnosesysteme.<br />

Wie entwickelt sich der<br />

Wettbewerb?<br />

Eckard Settelmeyer: Der Wettbewerb<br />

wird härter und die Budgets für die<br />

einzelnen Satellitenmissionen enger.<br />

Satelliten werden in Bezug auf ihre<br />

steigende Leistungsfähigkeit immer<br />

günstiger. Der Trend von zunächst<br />

wissenschaftlich/experimentell<br />

orientierten hin zu operationellen/<br />

nutzungsorientierten Missionen wird<br />

also – auch in der Erdbeobachtung –<br />

von einem wachsenden kommerziellen<br />

Charakter unseres Geschäfts begleitet.<br />

Was bedeutet das für Sie und<br />

Ihre Mitarbeiter?<br />

Eckard Settelmeyer: <strong>Astrium</strong><br />

Friedrichshafen hat sehr viel zu bieten<br />

und ist bestens aufgestellt: Einzigartig<br />

und extrem wertvoll ist, dass wir hier<br />

bereits heute eine „End-to-End“ Fähigkeit<br />

besitzen. Von der Elektronik-Box<br />

über komplette Satellitensysteme bis


hin zum Geo-Informations-Service ist<br />

alles verfügbar!<br />

Diese sehr gute Basis gilt es weiter<br />

auszubauen, zum Beispiel auf dem<br />

Gebiet der Bodensegmente und des<br />

Bodenprocessings. Das zweite solide<br />

Fundament auf das wir selbstbewusst<br />

bauen können, ist die enorme, über<br />

viele Jahre und Projekte gewachsene<br />

Erfahrung unserer Mitarbeiter, ihre<br />

hohe technische Exzellenz. Unsere<br />

Mitarbeiter waren die Basis für unseren<br />

Erfolg in der Vergangenheit und<br />

sind es für alles, was nun kommt. Wir<br />

betreiben Raumfahrt mit Leidenschaft.<br />

Um im anziehenden Wettbewerb auch<br />

künftig gut zu bestehen, müssen wir<br />

uns mit der gleichen Leidenschaft, mit<br />

der wir Technologien vorantreiben,<br />

auch der Industrialisierung unseres<br />

Tagesgeschäfts widmen.<br />

Wie wollen Sie diese Herausforderungen<br />

meistern?<br />

Eckard Settelmeyer: Unternehmensintern<br />

haben wir unter dem Programm-<br />

Namen „Agile“ eine Reihe von Transformations-<br />

und Verbesserungsprojekten<br />

ins Leben gerufen. <strong>Astrium</strong> als<br />

große internationale Raumfahrtfirma<br />

vereinigt entscheidende Teile der<br />

Raumfahrtkompetenz in Europa: in<br />

Deutschland, Frankreich, England,<br />

Spanien und ansatzweise nun auch<br />

in Italien. „Agile“ hat zum Ziel, das<br />

breite Kompetenzspektrum an allen<br />

Standorten besser nutzbar zu machen,<br />

die Organisationsstrukturen wo immer<br />

möglich zu vereinfachen, die Effizienz<br />

der internen Abläufe zu verbessern<br />

und damit unsere Wettbewerbsfähigkeit<br />

und insbesondere die Kundenzufriedenheit<br />

zu steigern. Im Rahmen<br />

des Programms legen wir auch einen<br />

Schwerpunkt auf Qualitäts- und<br />

Termintreue unserer Zulieferer und<br />

Industriepartner.<br />

Stichwort Fachkräftemangel.<br />

Spüren Sie ihn bereits?<br />

Eckard Settelmeyer: In den Jahren<br />

2007 bis 2010 haben wir kräftig<br />

eingestellt und unsere Personalstärke<br />

um etwa 15 Prozent gesteigert. In den<br />

kommenden Jahren werden wir, schon<br />

aufgrund der Altersstruktur unserer<br />

Belegschaft, weiterhin neue Mitarbeiter<br />

einstellen. Wir beobachten allerdings,<br />

dass es bereits Gebiete gibt, in denen<br />

es schwierig ist, gute Fachkräfte zu<br />

finden. Dazu gehören beispielsweise<br />

die Elektronik, die Qualitätssicherung<br />

und der Bereich Software. Daher<br />

engagieren wir uns schon seit Jahren<br />

in Kooperationsprogrammen mit<br />

Hochschulen in Konstanz, Ravensburg,<br />

Stuttgart, Dresden und mit namhaften<br />

deutschen und europäischen Forschungseinrichtungen.<br />

So gewinnen<br />

wir hervorragende, exzellent ausgebildete<br />

Mitarbeiter.<br />

Mit Investitionen in Initiativen wie<br />

„Beruf und Familie“ bemühen wir uns<br />

zudem, gerade für junge Mitarbeiter<br />

und für Ingenieurinnen ein attraktiver<br />

Arbeitgeber zu sein. Und unsere extrem<br />

niedrige Fluktuation zeigt:<br />

Wer erst einmal zu uns gestoßen ist,<br />

der bleibt auch gerne.<br />

Wird <strong>Astrium</strong> weiter wachsen?<br />

Eckard Settelmeyer: <strong>Astrium</strong><br />

Friedrichshafen kann weiter wachsen,<br />

wir haben es selbst in der Hand. Die<br />

Raumfahrt ist fester Bestandteil der<br />

High-Tech Initiative der Bundesregierung.<br />

Im nationalen Rahmen sind für<br />

unseren Standort in diesem Jahr die<br />

Fortschreibung der Radar-Missionen<br />

und der Einstieg in das In-Orbit-<br />

Servicing mit dem Projekt DEOS von<br />

besonderer Bedeutung. Das nationale<br />

Raumfahrtbudget ist stabil, Deutschland<br />

will und wird im nationalen und europäischen<br />

Rahmen weiterhin eine Spitzenstellung<br />

einnehmen, und die ESA wird<br />

damit unser wichtigster Kunde bleiben.<br />

Zusätzlich haben wir derzeit hervorragende<br />

Chancen im Bereich Export, wo<br />

wir sehr gute Unterstützung durch die<br />

Bundesregierung erfahren. Gerade bei<br />

den Radarsatelliten haben wir uns in<br />

den letzten Jahren eine weltweit exzellente<br />

Position erarbeitet. Gleichzeitig<br />

werden auch optische Satellitensysteme<br />

außerhalb Westeuropas angefragt.<br />

Künftig wollen wir uns zudem<br />

stärker auf dem Gebiet der Bodensegmente<br />

positionieren und damit neue<br />

Marktchancen eröffnen.<br />

Stellen Sie sich vor, Sie hätten<br />

insgesamt fünf Wünsche frei...<br />

Wie lauten sie?<br />

Eckard Settelmeyer: Als erstes<br />

wünsche ich mir zufriedene Kunden:<br />

Qualität ist, wenn der Kunde wiederkommt.<br />

Als zweites wünsche ich mir,<br />

dass sich <strong>Astrium</strong> Friedrichshafen<br />

mit der gleichen Aufbruchstimmung<br />

wie vor 50 Jahren den neuen Bedingungen<br />

stellt und am Markt erfolgreich<br />

bleibt. Mein dritter Wunsch ist, dass<br />

<strong>Astrium</strong> als Arbeitgeber attraktiv für<br />

junge Nachwuchskräfte bleibt und wir<br />

unseren Mitarbeitern weiterhin interessante<br />

Entwicklungsmöglichkeiten<br />

auch im europäischen Umfeld bieten<br />

können. Mein vierter Wunsch betrifft<br />

den Ausbau unserer Infrastruktur<br />

und Einrichtungen am Standort – wir<br />

wollen und müssen auch in dieser<br />

Hinsicht ein attraktives und modernes<br />

Unternehmen bleiben.<br />

Mein fünfter und letzter Wunsch<br />

betrifft einen wichtigen Begleiter auf<br />

unserem Weg in die Zukunft:<br />

Ich wünsche mir für den <strong>Astrium</strong><br />

Standort Friedrichshafen das Glück,<br />

das bei allem Schaffen und aller Professionalität<br />

immer nötig ist, um erfolgreich<br />

zu sein.<br />

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