Orchester - in Bietigheim-Bissingen
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TExT: Heike Siegel<br />
Förderung von Anfang an<br />
Seit Sommer 2010 gibt es das Landesförderprogramm<br />
S<strong>in</strong>gen — Bewegen — Sprechen,<br />
kurz „SBS“ genannt. SBS ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges<br />
musikalisch basiertes Bildungsangebot<br />
zur ganzheitlichen Förderung von K<strong>in</strong>dern<br />
zwischen drei und sechs Jahren und e<strong>in</strong><br />
nachweisbar erfolgreicher Weg zur nachhaltigen<br />
Förderung von K<strong>in</strong>dern, die e<strong>in</strong>en besonderen<br />
Sprachförderbedarf haben. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
fördert es die K<strong>in</strong>der sowohl <strong>in</strong> der Entwicklung<br />
ihrer kognitiven, motorischen und sozialen<br />
Kompetenzen und damit <strong>in</strong> ihrer gesamten<br />
Persönlichkeitsentwicklung. SPATZ macht<br />
!?<br />
Sprachförderung <strong>in</strong> allen Tagese<strong>in</strong>richtungen für<br />
K<strong>in</strong>der mit Zusatzbedarf (SpATZ)<br />
Für die Sprachförderung ab dem ersten K<strong>in</strong>dergartenjahr<br />
können die Träger unter dem Dach von SPATZ zwei<br />
Förderwege wählen: entweder die <strong>in</strong>tensive Sprachförderung<br />
(ISK) oder S<strong>in</strong>gen-Bewegen-Sprechen (SBS).<br />
SBS-Maßnahmen möglich, ohne dass auf die<br />
E<strong>in</strong>richtung oder die Eltern zusätzliche Kosten<br />
zukommen. Es steht künftig allen K<strong>in</strong>dertagesstätten<br />
im Land zur Verfügung.<br />
Der K<strong>in</strong>dergarten Weimarer Weg war beim<br />
Start von SBS mit dabei. Die ersten K<strong>in</strong>der, die<br />
an dem zweijährigen Unterrichtsprogramm<br />
teilgenommen haben, wurden zu Beg<strong>in</strong>n dieses<br />
Schuljahres e<strong>in</strong>geschult. Erzieher<strong>in</strong> Heike<br />
Siegel, die als Tandempartner<strong>in</strong> Musikschullehrkraft<br />
Ulrike Pollak begleitete, berichtet<br />
über ihre überaus positiven Erfahrungen mit<br />
S<strong>in</strong>gen — Bewegen — Sprechen.<br />
Die fünfzehn Vorschüler, die <strong>in</strong> den letzten<br />
zwei Jahren als Gruppe den SBS-Kurs im K<strong>in</strong>dergarten<br />
besuchen konnten, haben den K<strong>in</strong>dergarten<br />
verlassen und s<strong>in</strong>d nun <strong>in</strong> die Schule gekommen.<br />
Im K<strong>in</strong>dergarten Weimarer Weg setzte<br />
sich diese „Musikschulklasse“ aus zwei K<strong>in</strong>dergartengruppen<br />
zusammen: darunter K<strong>in</strong>der<br />
unterschiedlicher Herkunftsländer, zum Teil<br />
noch ohne deutsche Sprachkenntnisse. Auf der<br />
anderen Seite gab es K<strong>in</strong>der mit großem Wortschatz<br />
und dem Bedürfnis diesen auch anzuwenden.<br />
Und Familien mit unterschiedlichster<br />
sozialen Vernetzung … nicht anders als <strong>in</strong><br />
allen Jahren zuvor.<br />
Die familiären und sozialen Strukturen der<br />
Familien haben sich <strong>in</strong> den letzten beiden Jahren<br />
kaum geändert. Aber die K<strong>in</strong>der, die nun <strong>in</strong><br />
die Schule kommen, haben e<strong>in</strong> deutlich höheres<br />
Maß an Teamfähigkeit, s<strong>in</strong>d überdurchschnittlich<br />
sozialer, nehmen die anderen K<strong>in</strong>der aufmerksamer<br />
wahr und unterstützen sie konstruktiver<br />
als die Vorschüler <strong>in</strong> den Jahren zuvor.<br />
Der Wortschatz ist auch bei den K<strong>in</strong>dern<br />
mit anfangs ger<strong>in</strong>gen deutschen Sprachkenntnissen<br />
so erweitert, dass sie gut <strong>in</strong> die Schule<br />
kommen können. K<strong>in</strong>der mit anfangs großen<br />
Hemmungen gehen heute auf andere zu, werden<br />
gesucht und haben Freunde.<br />
Durch den Austausch nach der Musikstunde<br />
mit den Kolleg<strong>in</strong>nen im K<strong>in</strong>dergarten konnte oft<br />
e<strong>in</strong> fehlendes Puzzleteilchen e<strong>in</strong>e Antwort auf<br />
Bedürfnisse, Fähigkeiten und Entwicklungsschritte<br />
geben. Forderte e<strong>in</strong> bestimmtes K<strong>in</strong>d<br />
auch bei Frau Pollak oder nur im K<strong>in</strong>dergartenalltag<br />
<strong>in</strong>dividuelle Aufmerksamkeit? Welches<br />
K<strong>in</strong>d sucht welches immer oder nie bei Paararbeiten?<br />
K<strong>in</strong>der, die im K<strong>in</strong>dergartenalltag e<strong>in</strong><br />
Lied von der Musikschule sangen oder summten,<br />
e<strong>in</strong> Bild zum erarbeiteten Thema malten,<br />
konnten bei Bedarf leichter unterstützt wer-<br />
Netzwerk<br />
den. Ich wusste ja, was im Unterricht behandelt<br />
wurde. Spiel und Üben auf dem Metallophon war<br />
anfangs e<strong>in</strong>e Herausforderung für K<strong>in</strong>der und<br />
Eltern. Schnell war für mich klar, dass die Vorschüler<br />
e<strong>in</strong>en eigenen „Hausaufgabenraum“ haben<br />
mussten. Als dieser im Büro gefunden war<br />
und e<strong>in</strong>e Übeliste für jeden Tag der Woche an<br />
der Wand h<strong>in</strong>g, mussten sowohl die Vorschüler<br />
als auch deren Eltern lernen, dass die Aufgaben<br />
täglich alle<strong>in</strong>e gemacht werden sollten.<br />
Alle respektierten bald, dass jedes K<strong>in</strong>d eigene<br />
Hausaufgabenentwicklungen machen muss.<br />
Und zwar alle<strong>in</strong>e!<br />
Die K<strong>in</strong>der lernten, eigenverantwortlich zu<br />
üben, ihre Hausaufgaben vor Ulrike Pollak und<br />
vor der Gruppe zu präsentieren und oder auch<br />
damit umzugehen, e<strong>in</strong>mal ke<strong>in</strong>en Stempel zu<br />
bekommen. Den gab es nur dann, wenn jeden<br />
Tag geübt worden war! Meistens waren die K<strong>in</strong>der<br />
hochmotiviert, sie suchten sich Übepartner<br />
und lernten schnell, ihre Probleme durch Ausprobieren<br />
oder Fragen zu lösen. Und wenn e<strong>in</strong><br />
K<strong>in</strong>d trotz regelmäßigen Übens immer wieder<br />
e<strong>in</strong> Musikstück falsch spielte, konnten wir genauer<br />
nach dem Problem suchen. Hat e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />
nie geübt, war es auch hier e<strong>in</strong> Signal genauer<br />
h<strong>in</strong>zuschauen. Hat das K<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Interesse an<br />
Musik? Versteht es die Aufgabe nicht? Spielt es<br />
lieber als zu üben?<br />
Wir Erwachsenen haben gelernt, sensibel mit<br />
den kle<strong>in</strong>en Informationen, die uns die K<strong>in</strong>der<br />
mitgeteilt haben, umzugehen und darauf aufzubauen,<br />
ihre Stärken zu nutzen, sowie die verborgenen<br />
Seiten der K<strong>in</strong>der manchmal mehr,<br />
manchmal weniger, zu wecken. Vieles wäre<br />
ohne die Wahrnehmung von Frau Pollak nicht<br />
<strong>in</strong> das Bewusstse<strong>in</strong> von uns Erzieher<strong>in</strong>nen getreten.<br />
Der offene, regelmäßige Austausch nach<br />
e<strong>in</strong>er Musikschulstunde war wichtig für die<br />
vertrauensvolle Tandemarbeit und hat mich<br />
im Alltag oft begleitet. Die K<strong>in</strong>der haben gelernt,<br />
ihre Stärken zu erkennen, ihre Schwächen<br />
durch e<strong>in</strong> wenig Arbeit kle<strong>in</strong>er werden zu<br />
lassen, nicht alles können zu müssen und vor<br />
allem mit viel Spaß und geme<strong>in</strong>samem Tun e<strong>in</strong><br />
starker Mensch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er festen, vertrauensvollen,<br />
bunten Geme<strong>in</strong>schaft zu se<strong>in</strong>.<br />
Auch die Grundschullehrer der Weimarer<br />
Weg Schule loben bei den jetzigen neuen Erstklässlern<br />
die auffallend tolle Zusammenarbeit<br />
unter e<strong>in</strong>ander. Das Sozialverhalten ist bee<strong>in</strong>druckend:<br />
die K<strong>in</strong>der können besser zuhören<br />
und Anweisungen klarer umsetzen.<br />
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