Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse in Europa: Wie ...
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Belgischer Vorsitz des Rates der Europäischen Union<br />
3. Forum<br />
der <strong>Sozialdienstleistungen</strong> <strong>von</strong> <strong>allgeme<strong>in</strong>em</strong> <strong>Interesse</strong><br />
<strong>Sozialdienstleistungen</strong> <strong>von</strong> <strong>allgeme<strong>in</strong>em</strong> <strong>Interesse</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>:<br />
<strong>Wie</strong> kann ihre Qualität bewertet werden?<br />
Spezifisches H<strong>in</strong>tergrunddokument für die<br />
Qualitätsworkshops 01 und 02
2<br />
© 2010<br />
Föderaler Öffentlicher Dienst Soziale Sicherheit<br />
Boulevard du Jard<strong>in</strong> Botanique 50, boîte 100<br />
B-1000 Bruxelles<br />
Verantwortlicher Herausgeber: Tom Auwers<br />
www.socialsecurity.fgov.be/eu/en<br />
Teampresidency2010@m<strong>in</strong>soc.fed.be<br />
“Fallen leaves - The social lands - S<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g its relief”<br />
„Die Wirtschaft, die die mathematisch am weitesten entwickelte<br />
Sozialwissenschaft ist, ist gleichzeitig die sozial am wenigsten<br />
entwickelte, denn sie hat sich <strong>von</strong> den sozialen, historischen,<br />
politischen, psychologischen und ökologischen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
entfernt, die mit den Vorgängen untrennbar verbunden s<strong>in</strong>d.“<br />
Edgar MORIN, Auszug aus „Die sieben Fundamente des Wissens für e<strong>in</strong>e Erziehung der Zukunft“<br />
Dieses H<strong>in</strong>tergrundpapier ist nur <strong>in</strong> elektronischer Form verfügbar.<br />
Laden Sie diese Publikation über die Website des Föderalen Öffentlichen Dienstes Soziale Sicherheit herunter.<br />
http://socialsecurity.fgov.be/eu/en/agenda/26-27_10_10.asp<br />
Draft version –24. september 2010<br />
Die <strong>in</strong> dieser Publikation enthaltenen Informationen spiegeln nicht notwendigerweise<br />
den Standpunkt oder die Me<strong>in</strong>ung der Europäischen Kommission.<br />
E<strong>in</strong>e <strong>von</strong> der Europäischen Kommission kof<strong>in</strong>anzierte Veranstaltung<br />
GD Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit
INHALTSVERZEICHNIS<br />
E<strong>in</strong>führung: Die Bedeutung der Qualität <strong>von</strong> SDAI 4<br />
1. Kontext 5<br />
2. Bemerkungen und Initiativen der <strong>Interesse</strong>nvertreter 7<br />
3. Der freiwillige Qualitätsrahmen 11<br />
H<strong>in</strong>weis<br />
Die vorliegende Unterlage versucht, e<strong>in</strong>en kurzen Überblick über die Qualitätsthemen zu geben. Sie drückt ke<strong>in</strong>en<br />
spezifischen „Willen“ des Vorsitzes darüber aus. Für nähere Informationen verweisen wir auf die Workshops-<br />
Diskussionen sowie auf den zweiten zweijährlichen Bericht der Kommission (ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> Kürze).<br />
3
4<br />
E<strong>in</strong>führung: Die Bedeutung der Qualität <strong>von</strong> SDAI<br />
E<strong>in</strong>ige Entwicklungen der letzten Zeit setzen die <strong>Sozialdienstleistungen</strong> <strong>von</strong> <strong>allgeme<strong>in</strong>em</strong> <strong>Interesse</strong> (SDAI)<br />
verstärkt unter Druck: Nicht genug, dass die jüngste Wirtschaftskrise f<strong>in</strong>anzielle E<strong>in</strong>schränkungen mit sich<br />
gebracht hat, h<strong>in</strong>zu kommt auch noch, dass demografische und gesellschaftliche Neuheiten – aufgrund<br />
e<strong>in</strong>es Wandels der Familienstrukturen – <strong>in</strong> beachtlicher Weise das Umfeld geprägt haben, <strong>in</strong> dem sie zum<br />
Tragen kommen. Gleichzeitig war e<strong>in</strong>e Entwicklung der Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen (z.B. Teilzeitstellen,<br />
Niedriglohnjobs, Wanderarbeitnehmer) und des Arbeitsmarktes (z.B. häufiger Personalwechsel,<br />
zeitweiliger Arbeitskräftemangel, wachsende Kluft zwischen hoch- und unterqualifizierten Arbeitnehmern)<br />
festzustellen.<br />
Diese neuen Herausforderungen setzen e<strong>in</strong>e Anpassung der SDAI an die neue Realität voraus, aber nur unter<br />
Erhalt der Qualität. Diese Dimension wird oftmals außen vor gelassen. So gab es beispielsweise e<strong>in</strong>e Net<br />
toarbeitsplatzschaffung im Bereich SDAI, die jedoch ke<strong>in</strong>erlei Garantie im H<strong>in</strong>blick auf die Qualität dieser<br />
Jobs bot. Auch für die Leistungsbenutzer hat die Qualität an Bedeutung zugenommen: zu Recht s<strong>in</strong>d sie<br />
anspruchsvoller geworden und verlangen e<strong>in</strong>e Personalisierung der Dienste.<br />
Die „Europäische Beschäftigungsstrategie“ und die „Strategie für aktive E<strong>in</strong>gliederung“ fußen beide auf der<br />
Anerkennung des Bedarfs an qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen. Insbesondere die Strategie für aktive<br />
E<strong>in</strong>gliederung verfolgt e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tegrierten Ansatz mit drei Pfeilern: angemessene E<strong>in</strong>kommensunterstützung,<br />
aktive Arbeitsmarktstrategien und Zugang zu qualitativen <strong>Sozialdienstleistungen</strong> (Zweijahresbericht, 2008,<br />
S. 46).<br />
Neue Tools für die Gestaltung, Bewertung und Kontrolle der Erbr<strong>in</strong>gung <strong>von</strong> Dienstleistungen wurden<br />
e<strong>in</strong>geführt. Die öffentlichen Behörden stehen jedoch vor der Aufgabe, e<strong>in</strong>e hohe Qualität der SDAI zu wahren.<br />
Im Anschluss an die Veröffentlichung der Mitteilung über Dienstleistungen <strong>von</strong> <strong>allgeme<strong>in</strong>em</strong> <strong>Interesse</strong> (KOM<br />
(2007) 725 endg., Nov. 2007) hat die Europäische Kommission also diverse Initiativen gestartet, um e<strong>in</strong>e<br />
EU-Strategie zur Förderung der Qualität <strong>von</strong> SDAI zu entwickeln. Dazu gehörten:<br />
- die Initiierung <strong>von</strong> Projekten zur Def<strong>in</strong>ition <strong>von</strong> Qualitätsnormen für SDAI (VP/2008/004)<br />
- e<strong>in</strong>e Initiative des Ausschusses für Sozialschutz (SPC) zur Entwicklung e<strong>in</strong>es freiwilligen EU-<br />
Qualitätsrahmens mit Leitl<strong>in</strong>ien bezüglich Methoden zur Gestaltung, Bewertung und Kontrolle <strong>von</strong><br />
SDAI (SPC-Arbeitsprogramm 2009)<br />
- Schulungen für lokale Behörden<br />
Dieses Dokument soll e<strong>in</strong>en Überblick über die derzeitige Situation – was die Qualität <strong>von</strong> SDAI angeht<br />
– und jüngste Initiativen der <strong>Interesse</strong>nvertreter liefern sowie den freiwilligen Qualitätsrahmen def<strong>in</strong>ieren.
1. Kontext<br />
In der EU s<strong>in</strong>d die Mitgliedstaaten um allgeme<strong>in</strong> zugängliche, qualitative und nachhaltige Gesundheitsfürsorge<br />
und Langzeitpflege bemüht (Unausgewogenheiten beim Zugang zu diesen Dienstleistungen sollen behoben<br />
werden). Gleichzeitig soll garantiert werden, dass Behandlungen und Pflege nicht Armut und f<strong>in</strong>anzielle<br />
Abhängigkeit nach sich ziehen.<br />
Die Qualität <strong>von</strong> SDAI ist vor allem Befugnis der e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedstaaten. In der gegenwärtigen Debatte<br />
fordern e<strong>in</strong>ige jedoch e<strong>in</strong>e stärkere Koord<strong>in</strong>ierung der nationalen Politiken und die Festlegung übergeordneter<br />
Grundsätze für die Qualität der Dienstleistungen.<br />
Es ist zu beobachten, dass trotz großer Unterschiede zwischen den Ländern geme<strong>in</strong>same Trends im Bereich<br />
Qualitätsentwicklung bei <strong>Sozialdienstleistungen</strong> auszumachen s<strong>in</strong>d.<br />
Abbildung : Arten und Methoden der Qualitätsbewertung und -Verbesserung 1<br />
Art der<br />
Qualitätsbewertung<br />
und -Verbesserung<br />
Schlüsselpr<strong>in</strong>zip<br />
Bewertungstools und<br />
-Methoden<br />
Source : Maas & Rodrigues, 2010, p.5<br />
1 Maas, F. & Rodrigues, R. (30.06.2010). Achiev<strong>in</strong>g excellence <strong>in</strong> social service provision, Discussion Paper. European Centre for Social<br />
Welfare Policy and Research.<br />
Qualitätskontrolle<br />
der Produkte und<br />
Dienstleistungen<br />
Inspektion,<br />
Qualitätssicherung,<br />
M<strong>in</strong>destnormen<br />
Interne Kontrolle,<br />
Selbstregulierung,<br />
Checklisten, externe<br />
Kontrolle<br />
Qualitätsverwaltung<br />
Verbesserung der<br />
Prozessqualität<br />
Interne<br />
Qualitätsverwaltung,<br />
Zertifizierung durch<br />
dritte Stelle<br />
Exzellenzmodelle<br />
Ständige<br />
Verbesserung<br />
Interne<br />
Qualitätsverwaltung,<br />
Zertifizierung durch<br />
dritte Stelle, soziales<br />
Audit, Benchmark<strong>in</strong>g<br />
5
6<br />
Da (private, geme<strong>in</strong>nützige oder gew<strong>in</strong>norientierte) Organisationen und E<strong>in</strong>richtungen für<br />
Pflegedienstleistungen öffentliche Gelder erhalten, müssen sie <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er (staatlichen) Akkreditierungsstelle<br />
zugelassen werden. Es könnte e<strong>in</strong>e erste Möglichkeit se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e gewisse M<strong>in</strong>destqualität zu gewährleisten.<br />
M<strong>in</strong>destnormen treten häufig <strong>in</strong> Form <strong>von</strong> Anforderungen an Strukturen auf (z.B. Infrastrukturvorschriften,<br />
Sicherheitsmaßnahmen, Personalansprüche).<br />
E<strong>in</strong>ige Länder haben nationale Normen oder Leitl<strong>in</strong>ien aufgestellt, um e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an<br />
Qualitätsanforderungen sicherzustellen. Wenige jedoch haben sich verpflichtet, Qualitätsziele zu erreichen.<br />
Neben der Zulassung können auch nachfolgende Inspektionen (durch nationale oder regionale Gremien)<br />
dafür sorgen, dass Qualitätsanforderungen e<strong>in</strong>gehalten werden. Nicht selten kann sich <strong>in</strong>folge erhöhter<br />
Inspektionen auch e<strong>in</strong> Trend <strong>in</strong> Richtung Selbstregulierung und Autoevaluierung abzeichnen. Gut möglich,<br />
dass dies e<strong>in</strong> gesteigertes Bewusstse<strong>in</strong> für die Bedeutung <strong>von</strong> Qualität widerspiegelt (als Instrument zur<br />
Verbesserung der organisationseigenen Leistung oder als „Verkaufsargument“).<br />
Weitere Methoden, qualitative Dienstleistungen sicherzustellen, lauten:<br />
- Überprüfung der Zufriedenheit der Leistungsnehmer (z.B. Umfragen, Beschwerdesysteme),<br />
unabhängig und nicht vom Anbieter selbst durchgeführt<br />
- Verträge zwischen Anbietern und Leistungsnehmern bezüglich der Rechte und Pflichten dieser<br />
letzten<br />
- öffentliche Aussagen der Behörden <strong>in</strong> Bezug auf das M<strong>in</strong>destleistungsniveau, dass jeder<br />
Leistungsnehmer erwarten kann<br />
- Verträge zwischen Gesundheitsdiensten und (F<strong>in</strong>anzierungs-)Behörden bezüglich<br />
M<strong>in</strong>destqualitätsnormen<br />
- konstantes, geschultes und qualifiziertes Pflegepersonal, da hier e<strong>in</strong> starker Bezug zur Qualität<br />
besteht (siehe oben)<br />
Diese verstärkte Orientierung am Leistungsnehmer und die daraus resultierende breitere Auswahl haben<br />
auch zu <strong>in</strong>tensiveren Forderungen nach transparenten Qualitätsnormen und Def<strong>in</strong>itionen auf der<br />
Nachfrageseite geführt. Auf der anderen Seite nutzen die Anbieter <strong>von</strong> Dienstleistungen Qualität als<br />
Differenzierungsfaktor.<br />
Zuletzt sollte man sich bewusst se<strong>in</strong>, dass nicht mit allen Dienstleistungen gleich verfahren werden kann.<br />
Die Qualitätsbewertung sollte sektorspezifisch erfolgen. Regionale/lokale Unterschiede sollten h<strong>in</strong>gegen<br />
überwunden werden, wenn die Qualität <strong>von</strong> Dienstleistungen auf dem Prüfstand steht. Und so sollte das<br />
Kredo der „kont<strong>in</strong>uierlichen Qualitätsverbesserung“ zum Leitwort sämtlicher SDAI werden.
2. Bemerkungen und Initiativen der <strong>Interesse</strong>nvertreter<br />
Es herrscht E<strong>in</strong>igkeit auf EU-Ebene, dass jede Person Anrecht auf Zugang zu qualitativ hochwertigen<br />
Dienstleistungen der sozialen Sicherheit haben sollte. Der freie Markt gewährt nicht immer allen diesen Zugang,<br />
was e<strong>in</strong> (f<strong>in</strong>anzielles) Engagement der öffentlichen Hand fordert : Die Behörden müssen dafür Sorge tragen,<br />
dass diese Leistungen für alle Bürger erschw<strong>in</strong>glich bleiben. Dies könnte zwar erst umfangreichere Ausgaben<br />
der Regierung erforderlich machen. Jedoch gleichen verbesserte Präventionsdienste diesen Verlust aus, da sie<br />
ihrerseits langfristige Ausgaben reduzieren.<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund kann die Sozialwirtschaft e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielen: Die Unternehmen dieses<br />
Marktsegments s<strong>in</strong>d Private<strong>in</strong>heiten, die sich aber gleichzeitig auf das allgeme<strong>in</strong>e <strong>Interesse</strong> konzentrieren.<br />
Die derzeitige Praxis der Ausschreibung sozialer Dienstleistungen führt zu e<strong>in</strong>em Qualitätsrückgang,<br />
da Kostenkürzungen Personalabbau bewirken, wo doch motivierte, qualifizierte Arbeitnehmer und<br />
Personalbeständigkeit <strong>von</strong> wesentlicher Bedeutung s<strong>in</strong>d, um persönliche Beziehungen zu den Leistungsbenutzern<br />
aufzubauen und ihnen Qualitätsarbeit zu bieten. Darüber h<strong>in</strong>aus könnte die lokale Geme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong>direkt<br />
<strong>von</strong> der Existenz e<strong>in</strong>es Dienstes profitieren – nicht als direkter, sondern als potenzieller Leistungsbenutzer.<br />
Auch diese Perspektive sollte Berücksichtigung f<strong>in</strong>den. Qualitätskriterien sollten demnach nicht ausschließlich<br />
auf nationaler oder europäischer Ebene festgelegt werden, sondern auch <strong>Interesse</strong> für die lokale Dimension<br />
aufweisen. E<strong>in</strong>mal mehr könnten hier die Unternehmen der Sozialwirtschaft <strong>in</strong>s Spiel kommen, die ja häufig <strong>in</strong><br />
örtlichen Strukturen verankert s<strong>in</strong>d. Sie könnten besser (und schneller) Bedürfnisse bezüglich der Dienstleistu<br />
ngserbr<strong>in</strong>gung äußern.<br />
<strong>Wie</strong>derum andere weisen auf die Beteiligung und die demografische Eigenverantwortlichkeit (Kontrolle)<br />
der <strong>Interesse</strong>nvertreter als wichtige Merkmale qualitativer Dienstleistungen h<strong>in</strong>. Effiziente Kommunikation<br />
und Kooperation zwischen diversen Dienstleistungsanbietern (wie der Sozialwirtschaft), Behörden,<br />
Leistungsbenutzern und <strong>Interesse</strong>nvertretern s<strong>in</strong>d für die Gewährleistung solcher Dienste ebenfalls<br />
ausschlaggebend.<br />
Bei der Ausarbeitung politischer Vorschläge zur Gewährleistung qualitativer SDAI muss man sich stets<br />
bestimmter Fallgruben bewusst se<strong>in</strong>. Zuerst e<strong>in</strong>mal verlangt das öffentliche Beschaffungswesen oft Zertifizier<br />
ungsverfahren, die für kle<strong>in</strong>e Akteure (der Sozialwirtschaft) zu restriktiv oder kostspielig se<strong>in</strong> könnten. Damit<br />
e<strong>in</strong>her geht die allgeme<strong>in</strong>e Anmerkung, dass e<strong>in</strong>e übermäßige Bürokratisierung zu vermeiden ist, wenn man<br />
effizient und flexibel bleiben möchte. Und letztlich können strikte Qualitätsnormen nicht immer sämtliche<br />
Aspekte der Qualitätsdimension (z.B. Auffassung der Bürger) bzw. die bestehende kulturelle und lokale<br />
Diversität widerspiegeln. Aus diesem Grund fordern so mache <strong>Interesse</strong>ngruppen Indikatoren auf drei Ebenen:<br />
subjektive Indikatoren (Zufriedenheit der Leistungsnehmer), objektive Indikatoren („neutral“ und extern,<br />
umweltbezogen, vergleichbar mit spezifischen Normen) und organisatorische Indikatoren (betriebliche Aspekte<br />
wie f<strong>in</strong>anzielle Verhältnisse, Ausbildung, …). Man geht da<strong>von</strong> aus, dass e<strong>in</strong>e Mischung dieser drei e<strong>in</strong>e bessere<br />
Qualitätsangabe liefern würde.<br />
7
8<br />
Viele <strong>Interesse</strong>nverbände (<strong>von</strong> Leistungsnehmern, Anbietern oder Behörden) haben ihre Ansichten zum<br />
Thema „Qualität der <strong>Sozialdienstleistungen</strong> <strong>von</strong> <strong>allgeme<strong>in</strong>em</strong> <strong>Interesse</strong>“ geäußert oder Initiativen <strong>in</strong> diesem<br />
Zusammenhang vorgeschlagen.<br />
Aus diesen Initiativen geht deutlich hervor, dass viele <strong>Interesse</strong>nvertreter der Me<strong>in</strong>ung s<strong>in</strong>d, es müsse – unter<br />
gleichzeitiger E<strong>in</strong>haltung des Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zips – e<strong>in</strong>e europäische Diskussion über die Qualität geführt<br />
werden: So wie nicht alle <strong>Sozialdienstleistungen</strong> gleich behandelt werden könnten, sei auch den nationalen<br />
Unterschieden zwischen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Daher plädieren e<strong>in</strong>ige nicht für strikte<br />
Qualitätsnormen, sondern für allgeme<strong>in</strong>ere Qualitätsleitl<strong>in</strong>ien auf EU Ebene. Geme<strong>in</strong>samer Nenner all ihrer<br />
Initiativen ist der Gedanke, dass die Leistungsnehmer im Zentrum des Qualitätszyklus stehen. Ihre Erfahrungen<br />
und Bemerkungen sollten bei der Bewertung <strong>von</strong> Diensten ausschlaggebend se<strong>in</strong>. Sie sollten auch ermutigt<br />
werden, Beiträge zu den Diskussionen zu leisten. E<strong>in</strong>mal mehr komme es auch hier auf gut geschultes Personal<br />
an, um die Kommunikation zwischen Dienstleistungsanbietern und -nehmern zu erleichtern.<br />
Dieser Teil wird sich e<strong>in</strong>gehender mit den Initiativen der <strong>Interesse</strong>nvertreter befassen. Weitere Informationen<br />
bezüglich dieser Initiativen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>em Bericht der Europäischen Kommission zu entnehmen, der Ende Oktober<br />
veröffentlicht werden und e<strong>in</strong>en umfassenden Überblick über die spezifischen Aktionen der diversen Stakeholder-<br />
Netzwerke während des letzten Jahrzehnts liefern soll.
Tabelle: Verfügbare Unterlagen über die Qualität der <strong>Sozialdienstleistungen</strong><br />
European Platform<br />
for Rehabilitation<br />
N<strong>in</strong>e Pr<strong>in</strong>ciples of Excellence <strong>in</strong>tended to provide a framework for the social<br />
service providers to evaluate their performance and to devise strategies for<br />
improvement (2002)<br />
the Council of Europe - legal framework for social service provision address<strong>in</strong>g the users’ needs and<br />
to allocate adequate human and f<strong>in</strong>ancial resources for this purpose (2003)<br />
- Policy Guidel<strong>in</strong>es for the design and implementation of <strong>in</strong>tegrated models of<br />
social services (2006)<br />
European Social<br />
Network<br />
European Association<br />
of Service Providers<br />
for persons with<br />
disabilities<br />
- set of recommendations on the accessibility of social services to all the<br />
persons who might need them, especially to those with physical, sensory or<br />
other communication difficulties (2006)<br />
- recommendation from Barcelona’s Conference (2010)<br />
Memorandum on a European Quality Pr<strong>in</strong>ciples Framework (2006)<br />
SOLIDAR Recommendations for European framework for quality of social and health<br />
services (2008)<br />
EUROCITIES position paper on the 2007 Communication, express<strong>in</strong>g views on the development<br />
of a European quality Framework (2008)<br />
Social Platform N<strong>in</strong>e Pr<strong>in</strong>ciples to achieve quality social and health services (2008)<br />
FEANTSA Quality <strong>in</strong> social services: the perspective of social services work<strong>in</strong>g with<br />
homeless people (2009)<br />
Eurodiaconia Pr<strong>in</strong>ciples for Quality Diaconal Social Services (2009)<br />
PROMETHEUS project Common Quality Framework for Social services of General Interest (2010)<br />
Bestehende Gesetze (wie das Gesetz über den Sozialschutz) führen schon Qualitätsgrundsätze an, wenn<br />
auch manchmal implizit. Wichtig ist jedoch, auf lokale Gegebenheiten e<strong>in</strong>zugehen: geme<strong>in</strong>same europäische<br />
Pr<strong>in</strong>zipien mit konkreten, lokal konzipierten Normen. Wirtschaftlich ausgedrückt würde dies dem Motto Th<strong>in</strong>k<br />
Global (d.h. europäisch) – Act Local entsprechen. Andere wiederum plädieren für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegriertere Vision<br />
diverser Dienste mit sektorübergreifenden Qualitätspr<strong>in</strong>zipien.<br />
9
10<br />
Zweitens besteht e<strong>in</strong> bedeutender Teil der Qualitätsbewertung dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en Blick auf die existierenden<br />
<strong>in</strong>ternationalen und europäischen Leitl<strong>in</strong>ien zu werfen, die e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Qualität <strong>von</strong> SDAI haben<br />
(könnten). Wir müssen nicht wieder bei Null anfangen. Dokumente wie die Allgeme<strong>in</strong>e Erklärung der<br />
Menschenrechte oder die EU-Charta der Grundrechte, aber auch Qualitätssysteme wie EQUASS und E-Qual<strong>in</strong> oder<br />
die „neun goldenen Regeln für SDAI“ der Europäischen Sozialplattform enthalten bereits Qualitätspr<strong>in</strong>zipien.<br />
Gewisse <strong>in</strong>ternationale Übere<strong>in</strong>kommen (z.B. Alma-Ata-Erklärung (WHO)) gehen sogar noch weiter: Sie legen<br />
deutliche Kriterien und Leitl<strong>in</strong>ien für die praktische Anwendung <strong>von</strong> Qualitätspr<strong>in</strong>zipien dar (über die EU-<br />
Gesetzgebung h<strong>in</strong>aus). Diese werden h<strong>in</strong>gegen häufig missachtet.<br />
Was Normen anbelangt, gibt es ebenfalls konkrete Initiativen. Die ISO-Normen wurden ursprünglich für die<br />
<strong>in</strong>dustrielle Produktion geschaffen, später dann auch an die Dienstleistungen angepasst. Spezifische Normen<br />
für SDAI gibt es zurzeit nicht.<br />
Die dritte Betrachtung bezieht sich auf den Ausgangspunkt der Qualitätsbewertung. An dieser Auffassung,<br />
nach der der Markt e<strong>in</strong> hohes Qualitätsniveau sicherstellen kann, üben e<strong>in</strong>ige <strong>Interesse</strong>nvertreter Kritik. Sie<br />
monieren, dass der e<strong>in</strong>zelne Leistungsbenutzer nicht immer im Zentrum der Überlegungen stehe. Stattdessen<br />
würden Qualitätsverbesserungen als verkaufsförderndes Mittel betrachtet. Sie bitten darum, den Bedürfnissen<br />
des E<strong>in</strong>zelnen <strong>von</strong> Beg<strong>in</strong>n an und während des gesamten Prozesses der Dienstleistungsplanung Rechnung zu<br />
tragen.<br />
Viertens stellt sich weiterh<strong>in</strong> die Frage, welche Normen oder Pr<strong>in</strong>zipien auf europäischer Ebene umgesetzt<br />
werden sollen. Die EASPD ist der Überzeugung, dass Qualitätspr<strong>in</strong>zipien auf europäischer Ebene angesiedelt<br />
werden sollten, während Qualitätsnormen auf lokaler oder regionaler Ebene bleiben könnten, da die Bedürfnisse<br />
der E<strong>in</strong>zelnen <strong>von</strong> ihrer jeweiligen sozioökonomischen Lage und den persönlichen Umständen abh<strong>in</strong>gen. Normen<br />
gehörten demnach <strong>in</strong> die Nähe der Bürger, sprich auf die lokale Ebene.
3. Der freiwillige Qualitätsrahmen<br />
Die Kommission hat ihre Unterstützung für e<strong>in</strong>en freiwilligen EU-Qualitätsrahmen für SDAI bekundet.<br />
Insbesondere über das PROGRESS-Programm könnte die Kommission auch europaweite Initiativen sowie den<br />
Austausch bester Praktiken fördern.<br />
Der freiwillige europäische Qualitätsrahmen soll im Rahmen des SPC geschaffen werden. Die Bedeutung<br />
se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung wird auf EU-Ebene allseits anerkannt: Sowohl die Europäische Kommission (Präsident<br />
Barroso) als auch der Rat haben ihre Unterstützung zum Ausdruck gebracht. Das Mandat des Rates vom<br />
Juni 2009 war unmissverständlich.<br />
Es sei darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass die Annahme dieses Dokuments nur auf freiwilliger Basis erfolgen kann, da<br />
das Dokument auch ke<strong>in</strong>en rechtsverb<strong>in</strong>dlichen Charakter haben wird. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass der<br />
Rahmen aufgrund se<strong>in</strong>es Ursprungs im SPC bereits das Ergebnis e<strong>in</strong>es Konsenses darstellen wird.<br />
11
Event co-f<strong>in</strong>anced by the European Commission<br />
DG Employment, Social Affairs and Equal Opportunities