Münchener Rück, <strong>Hurrikane</strong> <strong>–</strong> <strong>stärker</strong>, <strong>häufiger</strong>, <strong>teurer</strong>Wasser als Katastrophenursache <strong>–</strong> Szenarien in den USAdie Schäden einen dreistelligen Milliarden-US$-Betragerreichen, ein substanzieller Teil davon wäre auf dieSturmflut zurückzuführen. Die Münchener Rück rechnetin diesem Fall mit versicherten Schäden in einer Größenordnungvon 100 Milliarden US$.Mississippi-Missouri-Hochwasser (St. Louis)St. Louis liegt am Zusammenfluss von Mississippi undMissouri. Im Sommer 1993 hatten wochenlange Niederschlägefast alle Gewässer <strong>im</strong> nördlichen Mittelwestenüber die Ufer treten lassen. Fast 50 000 km 2 Land warenüberflutet, 200 000 Menschen mussten evakuiert werden.Obwohl überwiegend ländliche Gebiete überschwemmtwaren, summierten sich die Schäden auf 21 MilliardenUS$. Die Versicherungswirtschaft zahlte 1,3 MilliardenUS$, davon kamen 270 Millionen US$ aus dem NationalFlood Insurance Program. „The Great Flood of ‘93“ warkeineswegs das schl<strong>im</strong>mste denkbare Ereignis, be<strong>im</strong>nächsten Hochwasser könnten auch große Stadtflächenund Industrieareale überflutet werden.Hochwasser am unteren Mississippi (New Orleans)Die große Mississippi-Flut von 1927 war bis zu Katrina dieschwerste Überschwemmung der US-amerikanischenGeschichte <strong>–</strong> und der Auslöser für den Bau der heutigenDeiche am Unterlauf des Flusses. Heftige Regenfälle <strong>im</strong>Zentrum des Mississippi-Gebiets füllten <strong>im</strong> Herbst 1926die Nebenflüsse in Kansas and Iowa. Anfang 1927 verlagertensich die Überschwemmungen nach Kentuckyund Tennessee; <strong>im</strong> Mai war der Mississippi River unterhalbvon Memphis 100 km breit. Der Deich wurde mit 30 tDynamit gesprengt, das Wasser abgeleitet <strong>–</strong> New Orleanswar gerettet.Obwohl am Tennessee viele Staudämme gebaut wurden,ist eine erneute Flut dieser Größenordnung nicht auszuschließen.Kritisch für die Versicherungswirtschaft wäredann auch der Abschnitt zwischen Baton Rouge und NewOrleans, der als „längster Hafen der USA“ gilt.Abb. 15 Höhenprofil von New OrleansBNewOrleansA30302010MississippiAFlutmauer 23 ftProject Flowline* 18 ftDurchschnittliches jährlichesHochwasser 14 ftSPH Design Elevation* 11 ftHurrikanschutzDeich und Flutmauer 17,5 ftB2010LakePontchartrain0NormalnullNormaler Wasserstand des Sees 1 ft0<strong>–</strong>10<strong>–</strong>20ftCanal St. at RiverSt. Louis CathedralEsplanade at St. ClaudeDerbigny at I<strong>–</strong>10Gentilly Blvd at AllenDillard Univ. CampusSt. Anthony atWildair DrWainright Drat L. C. S<strong>im</strong>onUNO Side of Wainright Dr<strong>–</strong>10<strong>–</strong>20ftGezeigt wird ein Querschnitt von der CanalStreet am Ufer des Mississippi bis zum Uferdes Lake Pontchartrain nahe der Universityof New Orleans.Grafik: Münchener Rück* Standard Project Hurricane (SPH) Design Elevation und MississippiProject Flowline wurden vom U.S. Army Corps of Engineers festgelegtund sind für den Hochwasserschutz an der Küste maßgeblich.22
Münchener Rück, <strong>Hurrikane</strong> <strong>–</strong> <strong>stärker</strong>, <strong>häufiger</strong>, <strong>teurer</strong>Wasser als Katastrophenursache <strong>–</strong> Szenarien in den USADeichbruch <strong>im</strong> Central Valley/Kalifornien (Sacramento)Der fruchtbarste Teil Kaliforniens ist das Central Valley,gebildet vom Sacramento River <strong>im</strong> Norden und vom SanJoaquin River <strong>im</strong> Süden. Gut 40 % der amerikanischenObst- und Gemüseernte werden hier produziert. BeideFlüsse fließen zwischen Deichen, die zum Teil über150 Jahre alt und mittlerweile marode sind. Bereits 2004brach bei Stockton ein Deich und setzte 50 km 2 landwirtschaftlicheFläche unter Wasser. Der Schaden lag bei100 Millionen US$. Die Sanierung der Deiche wird nochJahre dauern.Sacramento, die Hauptstadt Kaliforniens, liegt <strong>–</strong> nur 10 müber dem Meeresspiegel <strong>–</strong> am gleichnamigen Fluss, derjedes Jahr zur Schneeschmelze in der Sierra Nevada Hochwasserführt. Keine Stadt der USA hat ein höheres Flutrisiko.Die Deiche bieten lediglich Schutz gegen ein 100-jährliches Hochwasser <strong>–</strong> weniger als in New Orleans. EinDeichbruch <strong>im</strong> Stadtgebiet würde die Häuser von 300 000Menschen bis zu 9 m unter Wasser setzen. Obwohl nicht zubefürchten ist, dass Tausende in den Fluten ums Lebenkommen, wären die Schäden <strong>im</strong>mens.Sturzflut <strong>im</strong> Westen (Las Vegas, Denver)Las Vegas ist mit heute rund 1,7 Millionen Einwohnern dieam schnellsten wachsende Stadt in den USA. Die Wertekonzentrationist hoch: Neun der zehn weltgrößten Hotelsstehen hier. Die Stadt ist umgeben von Bergen, die sie umbis zu 600 m überragen; von dort drangen Sturzflutenschon mehrmals bis in die Stadt vor. Am 8. Juli 1999 fiel ineiner guten Stunde mehr als die Hälfte (bis zu 80 mm) desdurchschnittlichen Jahresniederschlags <strong>im</strong> Las VegasValley.Auch die „Mile-High City“ Denver (1 600 m über demMeeresspiegel) liegt direkt am Fuß hoher Berge. Gewitterstürmemit hohen Niederschlagsmengen, Hagel und Blitzeinschlägensind hier keine Seltenheit. Ein Regensturmdirekt über Denver könnte katastrophale Schäden verursachenund vielen Menschen das Leben kosten. Sturzflutenkönnten in zahlreichen weiteren Großstädten des amerikanischenWestens und Südwestens große Schäden anrichten,z. B. in San Antonio, Dallas und Austin.FazitDie Katastrophe von New Orleans alarmierte alle: Bevölkerung,Regierungen, Katastrophenexperten und Versicherungswirtschaft.Fieberhafte Aktivitäten waren die Folge.Ein Aktionismus, der vermutlich nicht lange anhalten wird.Der Fall New Orleans unterscheidet sich in zweifacherHinsicht von anderen Elementarschadenereignissen.Zunächst beruht der technische Schutz gegen Hochwasserauf einem pauschalen Gebietsschutz und nicht wie gegenSturm und Erdbeben auf der individuellen baulichen Vorsorgean Gebäuden. Damit sind Verantwortlichkeiten undZuständigkeiten anders gelagert. Außerdem haben kleineEinflüsse eine große Wirkung: Ein paar Zent<strong>im</strong>eter Wasserstandsunterschied,ein einziger Deichbruch können großeGebiete überschwemmen. Doch gerade das Schutzkonzeptverführt dazu, weniger wachsam zu sein, denn es verhinderthäufige, kleinere Überschwemmungen. Ein Großschadenerzeugt dann in der Regel ein „Hyperbewusstsein“,das vorübergehend alle Aufmerksamkeit auf diesen einenEreignistyp konzentriert. Beispiele sind neben Katrina dieÜberschwemmungen in Mitteleuropa 2002 und vor allemder Tsunami vom 26. Dezember 2004.Um uns in Zukunft vor den Folgen extremer Naturereignissezu schützen, müssen wir bislang undenkbare, abermögliche Katastrophenszenarien ins Auge fassen. Dabeiwird es schwierig bleiben, Alles-oder-nichts-Ereignissewie die Überflutung von New Orleans zu versichern, dennhier berechnet sich das Risiko aus einem Produkt aus fastnull (Wahrscheinlichkeit) mal fast unendlich (Schadenhöhe),also einem undefinierten Wert. Ein Beispiel: In denNiederlanden besteht ein Deichschutz, der nur mit einerWahrscheinlichkeit von kleiner als 10 <strong>–</strong>4 überwunden wird(= Wiederkehrperiode 10 000 Jahre); wenn dieses Szenarioaber dennoch eines Tages eintritt, wird ein Großteil desLandes unter Wasser stehen, die Schäden in die hunderteMilliarden Dollar gehen.Um für solche Szenarien gewappnet zu sein, bedarf eseiner funktionierenden Risikopartnerschaft von Bevölkerung,<strong>Assekuranz</strong> und Staat. Dazu gehört:<strong>–</strong> das Wissen aller Bevölkerungsteile um die Gefahr undentsprechende Schulungen, um sich <strong>im</strong> Katastrophenfallschützen zu können;<strong>–</strong> präventive Maßnahmen, um die katastrophalen Auswirkungenvon Naturgefahren zu mindern (Gesetze, Landnutzungsbeschränkungen,technische Schutzmaßnahmenetc.) und ein gut vorbereitetes Krisenmanagement(Notmaßnahmen, geeignete technische und materielleAusstattung, finanzielle Hilfsmittel usw.);<strong>–</strong> ein Risikomanagement, das es Erst- und Rückversicherernermöglicht, eine <strong>im</strong>mense Zahl an Schadenmeldungenkurzfristig abzuwickeln und hohe Kumulschädenzu tragen.23
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