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Kapuzinerkirche und Gruft in Brünn

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e<strong>in</strong>ander wie e<strong>in</strong> Ei dem andern. Wer sich das Äußere der <strong>Brünn</strong>er <strong>Kapuz<strong>in</strong>erkirche</strong>e<strong>in</strong>geprägt hat, wird sofort jede Kirche des Kapuz<strong>in</strong>erordens bei e<strong>in</strong>er Wanderung durche<strong>in</strong>e fremde Stadt erkennen. Auf me<strong>in</strong>en weiten Reisen im Auslande habe ich absichtlichdie <strong>Kapuz<strong>in</strong>erkirche</strong>n aufgesucht; sie bieten baulich <strong>und</strong> auch im Innern zwar nicht vielwas dem Kunstfre<strong>und</strong> von Interesse ist, aber die Grüfte unterhalb der Kirchen geben e<strong>in</strong>kulturgeschichtliches Bild e<strong>in</strong>er vergangenen Zeit. E<strong>in</strong>zelne dieser unterirdischenTotenstätten haben Weltberühmtheit erlangt: die Kapuz<strong>in</strong>ergruft <strong>in</strong> Wien als Ruhestätteder Habsburger <strong>und</strong> die <strong>Gruft</strong> der capucc<strong>in</strong>i <strong>in</strong> Palermo. Ich b<strong>in</strong> durch diese Totenstadt <strong>in</strong>Palermo geschritten, durch Gänge, <strong>in</strong> deren Nischen die mumifi-zierten Körper stehen,bekleidet mit dem Gewande, das ihrem Stande entsprach. Neben dem nobili <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erprächtigen Gewandung, den Degen an der Seite, steht e<strong>in</strong> Bischof mit dem Bischofsstab,dem Zeichen se<strong>in</strong>er Würde <strong>und</strong> weiter e<strong>in</strong> schlichter Ordensgeistlicher im härenenGewande. H<strong>und</strong>erte <strong>und</strong> H<strong>und</strong>erte reihen sich ane<strong>in</strong>ander, Staatsmänner <strong>und</strong> Offiziere,Frauen, Bürger <strong>und</strong> Kaufleute, Jugendliche <strong>und</strong> auch sogar K<strong>in</strong>der. Und alle sprechenzum Besucher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glicher Sprache:Was du bist, das war auch ich dere<strong>in</strong>st. Was ich b<strong>in</strong>, das wirst du se<strong>in</strong>!Auch unsere <strong>Kapuz<strong>in</strong>erkirche</strong> <strong>in</strong> <strong>Brünn</strong> birgt e<strong>in</strong>e <strong>Gruft</strong>. E<strong>in</strong>e Tafel an der Außenseite gibtdie Besuchszeiten an. Wir ziehen an der Glocke <strong>und</strong> ihr schriller Ton ruft den Pförtner zurStelle. E<strong>in</strong> Klosterbruder führt uns h<strong>in</strong>ab <strong>in</strong>s Reich der Toten. Abseits des Straßenlärms<strong>und</strong> des Hastens <strong>und</strong> Treibens der Stadt ist hier die Stille des Klosters. Vor Jahrzehntennoch wurde die Besichtigung mit Fackelbeleuchtung <strong>und</strong> im Kerzenlichte durchgeführt.Gespenstig huschten die Schatten durch die düsteren Räume. Heute wird beim Betretender <strong>Gruft</strong> das elektrische Licht e<strong>in</strong>geschaltet, dessen greller Sche<strong>in</strong> läßt die E<strong>in</strong>zelheitender Totenstätte auch im letzten W<strong>in</strong>kel deutlich hervortreten.Wir s<strong>in</strong>d nun <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>fachen, schmucklosen <strong>Gruft</strong>kapelle. An der Wand hängt, <strong>in</strong> Ölgemalt, das Bild des Pandurenoberst Trenk zwischen zwei Wappenschildern. Auf demschmucklosen Altare steht e<strong>in</strong>e Muttergottes, e<strong>in</strong>e Holzschnitzerei, angeblich aus dem14. Jahrh<strong>und</strong>ert. In der Mitte der Kapelle ruht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Metallsarge die Leiche desKriegsmannes Trenk, se<strong>in</strong>erzeit Maria Theresias tapferster Offizier im Kriege gegenderen größten Fe<strong>in</strong>d, den „Alten Fritz". Durch e<strong>in</strong>en Glasdeckel kann man alleE<strong>in</strong>zelheiten genau betrachten. Der Leib ist grau, ledern, vertrocknet, mit e<strong>in</strong>em Tuchbekleidet, se<strong>in</strong>e Be<strong>in</strong>e stecken <strong>in</strong> mächtigen Stiefeln. Im Nachbarraume liegt <strong>Brünn</strong>s berühmtesterBarockbaumeister Mauriz Grimm, der über 50 Jahre h<strong>in</strong>durch ununterbrochenBauwerk auf Bauwerk schuf. Er baute die M<strong>in</strong>oritenkirche um <strong>und</strong> gab ihrdie Form, <strong>in</strong> der sie uns entgegentrat. Die Hl. Stiege im Nachbarraume ist gleichfalls se<strong>in</strong>Werk. Hervorzuheben ist aus der Reihe se<strong>in</strong>er Bauten der im Jahre 1733 begonnene Baudes Landtagsgebäudes auf dem Dom<strong>in</strong>ikanerplatze, des „Neuen Rathhauses".Neben dem großen Baumeister schlummert se<strong>in</strong>e Frau. In weiterer Folge reiht sich Sargan Sarg. Die Kapuz<strong>in</strong>er übten seit jeher das Amt der Totenbestattung aus. Noch <strong>in</strong>unseren Tagen war täglich e<strong>in</strong> graubärtiger Kapuz<strong>in</strong>er auf dem Zentralfriedhofe, dernamentlich bei Armenbegräbnissen se<strong>in</strong>e Funktion ausübte oder e<strong>in</strong>sprang, wenn ke<strong>in</strong>Priester bei e<strong>in</strong>em Begräbnisse bestellt war. In alten Zeiten waren die Vornehmen derStadt bemüht, sich e<strong>in</strong>e letzte Ruhestätte bei den Kapuz<strong>in</strong>ern zu sichern. Noch beiLebzeiten machten sie dem Kloster Geschenke <strong>und</strong> bedachten dieses <strong>in</strong> ihremTestamente. Die Adligen der Umgebung <strong>Brünn</strong>s, Staatsmänner, Krieger, vornehmeBürger <strong>und</strong> vornehme Frauen warten hier auf ihre Auferstehung. Der Führer verweist aufe<strong>in</strong>en Sarg <strong>und</strong> erläutert, daß dieser die sterblichen Überreste der Komtesse Elisabethvon Z<strong>in</strong>sendorf birgt, die — als Sche<strong>in</strong>tote begraben — im Sarge neuerlich zum Lebenerwachte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es schrecklichen Todes gestorben se<strong>in</strong> muß.Im Jahre 1784 hat Kaiser Josef II. die <strong>Gruft</strong> besucht <strong>und</strong> an Ort <strong>und</strong> Stelle verboten,daß weitere Bestattungen hier stattf<strong>in</strong>den <strong>und</strong> angeordnet, daß sogar die Kapuz<strong>in</strong>erselbst auf dem Gottesacker zu begraben seien.Still <strong>und</strong> nachdenklich steigen wir mit dem Führer wieder h<strong>in</strong>auf <strong>in</strong> das helle Licht desTages. E<strong>in</strong> Stück Kulturgeschichte des 17. <strong>und</strong> 18 Jahrh<strong>und</strong>erts hat e<strong>in</strong>e beredte Sprachegeführt. Vergessen s<strong>in</strong>d die Namen derer die da unten ruhen. Schönheit, Macht, Ruhm,Besitz, alles ist vergangen, nichts ist geblieben als Staub <strong>und</strong> Moder. Der Gang durch die

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