13.07.2015 Aufrufe

Winter 2013 - Rudolf Steiner Schule Zürcher Oberland

Winter 2013 - Rudolf Steiner Schule Zürcher Oberland

Winter 2013 - Rudolf Steiner Schule Zürcher Oberland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Wenn ehemalige Lehrer zu Kollegen werdenAls ich im Sommer 2007, den Rucksack voller Tatendrang, die heile Welt der RSSZOverliess, rechnete wohl niemand (mich eingeschlossen) damit, dass ich rund sechsJahre später als Kollege an die <strong>Schule</strong> zurückkehren würde.Glücklicherweise besteht das Leben aber nicht nur aus rationalen, vorausplanbarenEntscheidungen, sondern wird durch Zufälle gesüsst. Inspiriert von einemjungen Geschichtslehrer, der uns in der 11. Klasse – ebenfalls während seines Studiums– unterrichtete, klopfte ich an die Pforten des Heimathafens. Wie es ebendieser Zufall so wollte, gab es eine Vakanz für den Chemielehrer-Posten.Nach reiflicher Überlegung und mit der Überzeugung, dass mich die unbarmherzigeWelt des «Fressens und Gefressen-Werdens», in der ich mich nach meiner Waldorfzeiturplötzlich wiederfand, genügend von meiner prägenden Schulzeit emanzipierthätte, und ich deshalb unvoreingenommen mit innovativem Gedankengutmeinen Teil zur RSSZO beitragen könne, fasste ich den Entschluss, mich dieserHerausforderung zu stellen.Schon anlässlich der Gespräche mit der Mitarbeitergruppe, die aus meinem ehemaligenSportlehrer (Zdenek Koula), dem ehemaligen Mathelehrer (Ralf Henken),der mich sofort wieder als «Dödel im Quadrat»erkannte, und einer «Unbekannten»(Astrid Furger) bestand, die sich nach der gemeinsamen Tischfussball-Vergangenheitnicht gerade wie ein herkömmliches Job-Interview sondern eher wie einHeimspiel anfühlten, wurde mir allerdings klar, dass dies ein aussergewöhnlichesUnterfangen werden würde.Der erste Arbeitstag auf der anderen Seite der «schwedischen Gardinen» war dannein Sprung ins 273-Grad-Kelvin kalte Wasser, trotz der bekannten Standardbedingungen(von der Haldenstrasse in die <strong>Schule</strong> «latschen», auf den letzten DrückerSachen vorbereiten, um dann mit dem Morgenspruch endgültig auf Betriebstemperaturzu kommen) und trotz dem «Mami» (Franziska Zuppiger), das mir den Einfränklerfür den Hallo-Wach-Kaffee spendierte. Mit der <strong>Steiner</strong>-Pädagogik noch tiefunten im Rucksack dozierte ich im faktischen Monolog durch bis zur 10-Uhr-Pauseund zur Heiserkeit … immer darauf achtend, dass die – ach so wilden – Probanden,die 10.-Klässler, die mich realitätsnah an die eigenen Flausen erinnerten, mirnicht vollständig über den Kopf wuchsen. Ja, auch wir versandten kabellos InstantMessages während dem Unterricht und erquickten uns an den Missgeschicken anderer.Nur waren wir dafür nicht auf Smartphones angewiesen, was den Unterhaltungswertund die Kreativität erheblich steigerte. Hinkten uns die Lehrer damals18immer einen Schritt hinterher, so genügt es heute, die – trotz fortgeschrittenerTechnologie – einem herkömmlichen zusammengeknüllten Notizzettel deutlichunterlegenen Geräte zu kontrollieren. Trotz dieses vermeintlichen Vorteils war ichfroh, als die Glocke zum Pausentee lud.Das rettende Ufer in Form des berühmt-berüchtigten Lehrerzimmers war gefüllt mitbekannten und unbekannten Gesichtern, die mich auf mannigfaltige Arten musterten.Vom Regen in die Traufe gelangt, schüttelte ich fleissig Hände und sog die eigentlichbestens bekannten Eindrücke, nun aus geänderter Perspektive, neugierigauf. Es ergeben sich spannende Begegnungen, die sich über ein breites Spektrumerstrecken: vom Lehrer, der, wenn man ihm nicht gerade eine Schubkarre voll Mistholen muss, ganz in Ordnung zu sein scheint, über einen anderen, der einen nunnicht mehr als Halbschuh, sondern als menschliches Wesen wahrnimmt, bis zuderjenigen die einen, trotz neuer Ausgangslage, immer noch hart(meier)näckig fürein Projekt im Namentanzen gewinnen will, ist alles vorhanden.Natürlich ist es angenehm und ein stückweit auch bequem, ins alte (gemachte?)Nest zurückzukehren, um unter «geschützten Bedingungen» die ersten Gehversucheals Lehrer zu tätigen. Es kommen – auch von nicht-antizipierten Seiten –hilfreiche Tipps und Tricks aus einem reichhaltigen Erfahrungsfundus, die einemdas «Wärterdasein» erheblich vereinfachen. Gepaart mit den noch lebhaften Erinnerungenan die eigene Schulzeit und den Erfahrungen aus weiterführenden Bildungsinstitutionenversuche ich so, der Chemie an der RSSZO neues Leben einzuhauchen.Gleichzeitig ist es sehr speziell, an der Stätte zu lehren, an welcher die letzten,nicht immer glorreichen, Spuren aus der Sturm-und-Drang-Zeit noch nicht vollständigverwischt sind. Alte Muster machen befangen, im Positiven wie im Negativen,aber die Beziehungen und Gespräche innerhalb des Kollegiums sind vielfältig.Und ich bin froh um die unbekannten Gesichter, die der <strong>Schule</strong> nötige neueImpulse geben.Ich freue mich sehr, meinen – nach den Wanderjahren nun etwas diversifiziertergefüllten – Rucksack am Ursprung wieder zu öffnen und diesmal nicht nur einsondernauch auszupacken.Raphael Kunz19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!