Konferenz <strong>im</strong> Museum für Kommunikation Berlin,13. bis 15. September 20101. Auflage April 2011Satz und Gestaltung: Klartext Medienwerkstatt GmbH, EssenUmschlagbild Vor<strong>de</strong>rseite: Deutsche Soldaten be<strong>im</strong> <strong>Schreiben</strong> von Feldpostbriefenum 1915Umschlagbild Rückseite: Deutscher Feldpostbrief mit Gefallenenvermerk, 1942.Druck und Bindung: AALEXX Buchproduktion GmbH, Großburgwe<strong>de</strong>l© Klartext Verlag, Essen 2011ISBN 978-3-8375-0461-3Alle Rechte vorbehaltenwww.klartext-verlag.<strong>de</strong>
193Zwei Fronten, ein <strong>Krieg</strong>?Feldpostbriefe und <strong>Krieg</strong>serfahrung <strong>de</strong>r Kämpfer <strong>de</strong>rspanischen Blauen Division an <strong>de</strong>r Ostfront, 1941–1945Xosé-Manoel NúñezI. Der Bürgerkrieg als <strong>Krieg</strong> gegen die Fein<strong>de</strong> Spaniens,u. a. »die Russen«Das spanische reaktionäre Gedankengut verbreitete <strong>im</strong> ersten Drittel <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rtsein stereotypes, diffuses Bild von Russland, das sich <strong>im</strong> Wesentlichen auf dieVorstellung <strong>de</strong>r Rückständigkeit Russlands und auf eine gewisse Faszination für alles›Orientalische‹ beschränkte. Es hatte nur wenige kulturelle Vermittler zwischen Osteuropaund Spanien gegeben und viele Informationen stammten aus Berichten vonspanischen Sozialisten und Kommunisten über ihre Reisen in die Sowjetunion in <strong>de</strong>n1920er und 1930er Jahren, Schriften, die in <strong>de</strong>r Regel die Bewun<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Autoren fürdas kommunistische Reg<strong>im</strong>e wi<strong>de</strong>rspiegelten. Die spanischen Rechten hielten dagegen<strong>de</strong>n Sowjetkommunismus seit 1917/18 für einen Verbün<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>r Fre<strong>im</strong>aurer und<strong>de</strong>s Ju<strong>de</strong>ntums, <strong>de</strong>r sich die Zerstörung <strong>de</strong>r westlichen christlichen Zivilisation, undganz beson<strong>de</strong>rs Spaniens, <strong>de</strong>m Bollwerk <strong>de</strong>s europäischen Katholizismus, zum Zielgesetzt habe. Dennoch blieb in <strong>de</strong>n antikommunistischen Kreisen in Spanien das Bild<strong>de</strong>s Russen und <strong>de</strong>s sowjetischen Kommunismus eher vage und ging nicht über dieallgemein üblichen Verteufelungen hinaus. So wur<strong>de</strong>n während <strong>de</strong>s Bürgerkrieges dierepublikanischen Gegner häufig als russische Rotarmisten o<strong>de</strong>r als Befehlsempfängerrussischer Offiziere dargestellt, aber diese russischen Soldaten wur<strong>de</strong>n, abgesehen vonvereinzelten, rein rhetorischen Abbildungen, nicht als rassisch min<strong>de</strong>rwertige Untermenschendiffamiert.¹Ähnliches galt für das Bild <strong>de</strong>s Ju<strong>de</strong>n. Im aufständischen Lager dominierte während<strong>de</strong>s Bürgerkrieges unter <strong>de</strong>n spanischen Faschisten ganz ein<strong>de</strong>utig ein antisemitischerDiskurs, aber es war ein »Antisemitismus ohne Ju<strong>de</strong>n«. Zwar galten die Ju<strong>de</strong>n, genausowie die Kommunisten und Fre<strong>im</strong>aurer, als ewige Verschwörer, aber man betrachtete sienicht als eine biologisch <strong>de</strong>finierte Rasse, son<strong>de</strong>rn lediglich als Mitglie<strong>de</strong>r einer an<strong>de</strong>renReligion und einer an<strong>de</strong>ren Kultur. Ebenso verteufelte die franquistische Propaganda1 Vgl. u. a. Pablo Sanz Guitián: Viajeros españoles en Rusia. Madrid 1995, und Juan Avilés Farré:La Fe que vino <strong>de</strong> Rusia: La revolución bolchevique y los españoles (1917–1931), Madrid 1999.