Schreiben im Krieg Schreiben vom Krieg - Universidade de ...

Xosé-Manoel Núñez197der israelitischen Rasse gegenüber dem Faschismus«.¹⁰ Martínez Tessier schrieb am8. September 1941 Folgendes:»Die Juden werden gezwungen, am rechten Arm eine weiße Armbinde mit dem Sternihrer Rasse zu tragen. Diese Gestalten sind so, wie wir sie von so vielen Beschreibungenund Fotografien kennen. Sie werden für die härtesten Aufgaben eingesetzt, undsie haben keinerlei Rechte.«¹¹Erst in den nach 1945–50 veröffentlichten Erinnerungen wurden die Juden meistenspositiver beschrieben. So interpretierten die Verfassern die vereinzelten Proteste spanischerSoldaten gegen die Misshandlung jüdischer Häftlinge durch Deutsche in Grodno,Riga oder Vilnius als einen Beweis der positiven, nicht antisemitischen Einstellung derSpanier gegenüber den Juden. Doch abgesehen von einigen Fällen, in denen spanischeSoldaten einzelne Juden unter ihren Schutz stellten, was nicht als Beispiel für die Einstellungder gesamten Blauen Division verallgemeinern kann,¹² wäre es angemessener,die Haltung der spanischen Freiwilligen der Blauen Division gegenüber der jüdischenFrage als einen typischen Fall von ›Bystanders‹ des Holocausts zu beschreiben.III. Russland und die RussenWie sahen die spanischen Faschisten Russland? Im Prinzip fanden sie ihre Vorstellungenvom Sowjetkommunismus und von den Zuständen, die ihrer Meinung nach imFalle eines Sieges der Republikaner im spanischen Bürgerkrieg in Spanien geherrschthätten, bestätigt. Die Armut der russischen Bauern im Wolchow- und LeningraderGebiet, ihre als rückständig und barbarisch geltenden Bräuche, ihre Untertänigkeitund ihr angeblich »tragischer Fanatismus«, der sich bei den Älteren in Form einesreligiösen Fanatismus und bei den Jungen in Form eines militanten Atheismus äußerte,aber auch die sexuelle Freizügigkeit von Frauen und Männern, all dies unterstrich inden Augen der spanischen Freiwilligen die verderblichen sozialen Auswirkungen desKommunismus, der den Zusammenhalt der Familie und der bäuerlichen Gemeinschaftzerstörte. Russland stellte ›einen Rückschritt der Geschichte‹ dar, als Ergebnis des stalinistischenTerrors und der Vernichtung des Eigentums, der Ordnung und der sozialen10 Kriegstagebuch des Soldaten Federico Menéndez Gundín, Eintrag vom 31.8.1941, abgedrucktbei Ramón Cela: En Rusia con la División Azul, Ponferrada 2010, 140–41.11 Kriegstagebuch des Unterfeldwebels Jesús Martínez Tessier, Eintrag vom 8.9.1941 (Archiv derFamilie Martínez-Reverte, Madrid).12 So etwa bei Wayne Bowen:«A Great Moral Victory«: Spanish Protection of Jews on the EasternFront, 1941–1944, in: R. Rohrlich (Hg.): Resisting the Holocaust, Oxford/New York 1998,195–211.