Schreiben im Krieg Schreiben vom Krieg - Universidade de ...

194 Zwei Fronten, ein Krieg?zwar das Judentum, unterschied diesen eher kulturellen Begriff jedoch nicht deutlichvon dem des jüdischen Volkes.²Während des spanischen Bürgerkrieges (1936–1939) spiegelten die Feldpostbriefevieler Soldaten des aufständischen Lagers die Präsenz dieser Postulate in ihrer Vorstellungsweltwider. Viele franquistische Freiwillige und Soldaten waren davon überzeugt,gegen Russen oder mindestens gegen ›russifizierte‹ Spanier und auch gegen ausländischeSöldner im Dienst des internationalen Kommunismus zu kämpfen. »Der Russe«wurde zu einem Symbol des ›roten‹ Spanien, ohne dass der Begriff »der Russe« vomethnischen oder kulturellen Standpunkt aus näher definiert worden wäre und weiterhindiffus blieb. Vier Jahre später zitierten einige spanische Soldaten bei der ersten Begegnungmit russischen Bauern, Frauen und Kindern, die ihre Ablehnung des kommunistischenRegimes zum Ausdruck brachten, diese negative Einstellung als einen Beweisfür ihre eigenen Überzeugungen:»Wir sind erschrocken über die Rückständigkeit in diesen bolschewistischen Dörfern[…]. Alle einheimischen Bewohner, die nicht evakuiert worden sind, wollennichts von den Russen [sic] wissen, und wenn man sie nach Stalin fragt, dann antwortensie alle, dass man ihn mit dem Hals an einen Baum fesseln sollte, denn dieseLeute haben sehr unter dem russischen Regime gelitten.«³Zwischen Juli 1941, als sich die ersten Truppenteile mit ca. 18.000 Freiwilligen in Marschsetzten, und Februar 1944 kämpften an der Ostfront ca. 47.000 spanische Soldaten inder so genannten Spanischen Freiwilligendivision bzw. der 250. (spanischen) Divisionoder der Blauen Division, wie man sie im Allgemeinen nannte.⁴ Für den größten Teilder ersten Gruppe der Freiwilligen, in ihrer Mehrheit überzeugte Falangisten, war derRusslandfeldzug eine Fortsetzung des spanischen Bürgerkrieges. Sie waren überzeugt,in den Reihen einer unbesiegbaren Armee (der Wehrmacht) zu marschieren. Feldpost-2 Vgl. Gonzalo Álvarez Chillida: El antisemitismo en España. La imagen del judío (1812–2002),Madrid 2002, besonders 381–420, sowie Isabelle Rohr: The Spanish Right and the Jews, 1898–1945: Antisemitism and Opportunism, Brighton 2007.3 Der Brief wurde in einer lokalen Zeitung abgedruckt: Carta de Rusia. Lo que cuenta un voluntariode la División Azul, in: Voluntad, 8.2.1942, 4.4 Zur militärischen und diplomatischen Geschichte der Blauen Division gibt es zahlreicheUntersuchungen, sowohl von spanischen als auch von deutschen und amerikanischen Historikern.Die beste Synthese bietet bisher Xavier Moreno Juliá: La División Azul. Sangre españolaen Rusia, 1941–1945, Barcelona 2004. Zur Problematisierung der Motive der Freiwilligen, vgl.Xosé-Manoel Núñez: An Approach to the Social Profile and ideological motivations of theSpanish Volunteers of the ›Blue Division‹, 1941–1944, in: S. Levsen/Ch. Krueger (Hg.): WarVolunteering in Modern Times, Basingstoke 2010, 248–274.