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Almen aktivierenNeue Wege für die Vielfalt


Almen aktivieren ........................................................................................................... 4Neue Wege für die VielfaltProjektgebiete ................................................................................................................. 6Almen für die VielfaltNutztiere ............................................................................................................................ 8Die eingesetzten Tierrassen im PortraitDie Roßalm .................................................................................................................... 12Wenn eine Alm brach fälltDer Kühkranz ............................................................................................................... 14Schwenden mit Ziegen und SchafenDie Tannbergalm ......................................................................................................... 16Weidepflege zeigt WirkungDie Kleinrechenbergalm .......................................................................................... 18Die goldene KlaueInsekten und Spinnentiere ..................................................................................... 20Wilde VielfaltBlaiken ............................................................................................................................ 22Wenn der Boden rutschtAgrobiodiversität ........................................................................................................ 24Aktivierte Almen sollen sich rechnen


Almen aktivierenNeue Wege für die VielfaltMit dem Interreg IV A Projekt „Almen aktivieren – neueWege für die Vielfalt“ wird ein Gegentrend zur Verbuschungund Verwaldung gestartet. Unterschiedliche Methodenzur nachhaltigen Bewirtschaftung von n<strong>at</strong>urschutzfachlichwertvollen Almweiden in Grenzertragslagen werden erarbeitetund Empfehlungen für die Praxis gegeben.Die Grenzregion zwischen Salzburg und Bayern verfügtüber ein großes Potenzial an n<strong>at</strong>urschutzfachlich wertvollenAlmweiden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden vieledieser Almen in Grenzertragslagen aufgegeben.Die heute brach liegenden Flächen wurden früher extensivbeweidet und beherbergen einen großen Pool an wertvollenTier- und Pflanzenarten. Werden diese Flächen nicht mehrgenutzt, dominieren monotone Grasbestände. Der Rückgangwertvoller Tier- und Pflanzenarten, Verbuschung undVerwaldung sind die Folge. Die Region ist für für die hoheVielfalt an autochthonen extensiven Nutztierrassen bekannt.Diese Tiere sind genügsam und optimal für die Beweidungsteiler, verbrachter oder entlegener Almen geeignet.Interreg IV A Projekt „Almen aktivieren – neue Wege fürdie Vielfalt“Leadpartner: Amt der Salzburger Landesregierung,Abt. 13 N<strong>at</strong>urschutzProjektpartner: Bayerische Akademie für N<strong>at</strong>urschutzund Landschaftspflege (ANL) in LaufenHerausgeber: Land Salzburg, vertreten durch die Abteilung 13und Freista<strong>at</strong> Bayern, vertreten durch die ANLProjektlaufzeit: 2009–2013Gefördert von der Europäischen Union mit Mitteln aus demEuropäischen Fonds für Regionale Entwicklung EFREGender Disclaimer: Die im Text gewählte männliche Form beziehtimmer gleichermaßen weibliche Personen ein. Auf eine Doppelbezeichnungwurde aufgrund einfacherer Lesbarkeit verzichtet.Durch die Entwicklungen in der Landwirtschaftsind die Lebensräume der alpinen Kulturlandschaftakut bedroht. Das Interreg-Projekt zeigtWege, wie diesem neg<strong>at</strong>iven Trend durch dieBeweidung mit autochthonen Nutztierrassenentgegengesteuert werden kann.4


abProjektgebieteAlmen für die VielfaltDie Projektgebiete liegen in Salzburg und Bayern in engerNachbarschaft. Fünf der Almflächen befinden sich in Bayernim Landkreis Traunstein. Sie sind alle im Besitz der BayerischenSta<strong>at</strong>sforste. Eine Fläche liegt in Salzburg, südlichvon Lofer im N<strong>at</strong>urpark Weißbach. Eigentümerin ist dieAgrargemeinschaft Kallbrunnalm. Alle Gebiete wurden zuProjektbeginn (2009) bereits seit mehreren Jahrzehntennicht mehr genutzt.Kleinrechenbergalm (a)Die Alm liegt südöstlich von Unterwössern an einem steilenSüdhang auf einer Seehöhe von 1.400 m.cKallbrunnalm/Kühkranz (b)Sie liegt im N<strong>at</strong>urpark Weißbach im Pinzgau zwischen 1.600und 1.800 m Seehöhe. Der Kühkranz und der angrenzendeHochkranz sind aufgrund des Blumenreichtums weithinbekannt. Die Brachefläche umfasste das Pl<strong>at</strong>eau sowie Teileder steilen Südflanke.6


Tannbergalm (c) (siehe Seite 7)Auch Seehuberalm oder Mayer-Gschwendter-Alm genannt,liegt die Alm südwestlich von Ruhpolding an einem mäßigsteilen Nordosthang am Tannberg auf einer Seehöhe von1.200 m.dHochkienbergalm (d)Auf einem südexponierten Hochpl<strong>at</strong>eau zwischen den Gipfelnder Hörndlwand und dem Seehauser Kienberg liegt dieAlm auf einer Seehöhe von ca. 1.500 m.eRoßalm/Obere Aschental-Alm (e)Am Pl<strong>at</strong>eau des Geigelsteins befindet sich die Alm auf einemder bedeutendsten Blumenberge Bayerns. Die brachliegendeFläche wurde bereits seit den 70er Jahren nicht mehrbewirtschaftet.Haidenholz-Bärenbadalm (f)Der schmale Almkessel ist ca. 3 Hektar groß und verbuschtstark mit L<strong>at</strong>schen. Die Fläche liegt nördlich des Geigelsteinsauf etwa 1.500 m Seehöhe.Pinzgauer RindNorikerpferdf8


NutztiereDie eingesetzten Tierrassen im PortraitAlpines Steinschaf Blobe-Ziege Pinzgauer Rind NorikerpferdVon der seltenen Blobe-Ziege gibt es derzeit nur noch170 Zuchttiere in Österreich.Beweidung schafft VielfaltFür die Beweidung werden ausschließlich Nutztiere verwendet,die für den Eins<strong>at</strong>z auf diesen Flächen optimal geeignetsind. Sie sind robust und genügsam und finden auch aufbrachliegenden Almweiden mit wenig schmackhaftem,rohfaserreichem Aufwuchs und mit Laub und Rinde vonGehölzen ihr Auslangen. Je nach Standortsitu<strong>at</strong>ion undProblemstellung wurden geeignete Nutztierrassen für dieWiederaufnahme der Beweidung ausgewählt:Die Blobe-ZiegeDie Blobe-Ziege ist eine sehr alte Gebirgsziegenrasse. Ihrursprüngliches Verbreitungsgebiet erstreckte sich über dengesamten Nord- und Südtiroler Alpenhauptkamm. Die Forcierung„moderner“ Leistungsrassen führte beinahe zumVerschwinden dieser äußerst genügsamen Ziegenrasse.Die Blobe-Ziegen sollen im Projekt die Steinschafe beimBeweiden der Grünerlen unterstützen.Das Alpine SteinschafDiese Schafrasse ist vom Aussterben bedroht und eineautochthone Nutztierrasse der Grenzregion von Bayern undSalzburg. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war das AlpineSteinschaf weit verbreitet. Es wurde von Schafrassen mithöherem Fleischertrag nahezu vollständig verdrängt. DasAlpine Steinschaf ist ein feingliedriges, kleines bis mittelgroßesGebirgsschaf mit breitem und tiefem Körper.Es ist für seine Genügsamkeit und Fruchtbarkeit bekannt.Blätter von Sträuchern und jungen Bäumen werden bevorzugtabgeweidet. Für die Offenhaltung und die Erstpflegevon verbrachten Magerweiden ist das Alpine Steinschafbesonders geeignet.Pinzgauer RindDas Original Pinzgauer Rind ist ein bodenständiges Rind mitcharakteristischer kastanienbrauner oder schwarzer Grundfarbeund weißer Farbzeichnung. Die dunklen Klauen sindhart, die Hörner hell mit schwarzen Hornspitzen. Das OriginalPinzgauer Rind ist besonders trittsicher und sehr gut fürschwierige Standorte geeignet. Aus diesem Grund wurde dieseRasse vor allem für die Beweidung der zum Teil stark versteintenvorderen Weidefläche der Tannbergalm ausgewählt.NorikerpferdDas Norikerpferd ist ein österreichisches Gebirgskaltblutpferd.Es ist als Arbeitspferd seit jeher ein wesentlicherBestandteil der österreichischen und bayerischen Berglandwirtschaft.Bis in die Mitte der 1970er Jahre war der Norikernoch unentbehrliches Arbeitstier bei der Feld- und Waldarbeitim Berggebiet. Heute wird er aus Tradition und Zuchtinteressegehalten. Im Projekt setzten wir diese Rasse zurWeidepflege ein. Als Rauhfutterverzehrer genügt diesen Tierenrohfaserreiches Futter, das von den Rindern verschmähtwird. Sie weideten auf der Tannbergalm nach den Rindernund erleichterten so den Bewirtschaftern die Almpflege.10


Die RoßalmWenn eine Alm brach fälltDie Roßalm (Obere Aschental-Alm) (a) liegt seit den frühen1970er Jahren brach. In der Folge h<strong>at</strong> sich die Veget<strong>at</strong>ionstark verändert. Die Auswirkungen auf die Veget<strong>at</strong>ion sindvon den Standortsbedingungen abhängig.Nach der Aufgabe der Beweidung setztdie n<strong>at</strong>ürliche Sukzession einAuf wüchsigen Standorten unter der Baumgrenze, wie aufder Roßalm kommt es nach der Aufgabe der Beweidung zueiner Umschichtung der Bestände. Die Biomasse fällt imHerbst zu Boden und bildet eine dichte Schicht aus unverrottetemPflanzenm<strong>at</strong>erial (b). Zarte Gräser und Kräuterbekommen unter dieser Schicht zu wenig Licht und sterbenab. Pflanzen mit hohem Wuchs und kräftigen Wurzeln setzensich durch und dominieren die Veget<strong>at</strong>ion. Meist sind diesHochstauden wie das Fuchs-Greiskraut (Senecio ov<strong>at</strong>us) undausläuferbildende Gräser, wie das Woll-Reitgras (Calamagrostisepigeos) oder Horstgräser wie die Rasenschmiele(Deschampsia cespitosa). Die Artenvielfalt sinkt. In einemnächsten Schritt kommt es zur Verbuschung. Diese kannrasch, zum Beispiel bei ausläuferbildenden Gehölzen wieGrünerlen, oder mitunter auch sehr langsam, über Jahrzehntehinweg ablaufen, zum Beispiel bei der Verbuschungmit L<strong>at</strong>schen (c). Die Keimung von Gehölzen ist nur schwermöglich, die Samen gelangen durch den dichten Bodenfilzkaum bis zum Mutterboden und vertrocknen unmittelbarnach der Keimung. Nährstoffarme, magere Standorte (d)sind nur schwach wüchsig. Hier bildet sich nur eine geringeStreuschicht aus unverrottetem Pflanzenm<strong>at</strong>erial. DieseBestände können sehr lange stabil bleiben. Allerdings findenin diesen Beständen unter der Waldgrenze Gehölze bessereKeimbedingungen. Die Verheidung und Verwaldung schreitetschneller voran. Die beweideten Flächen im Anschluss andie Roßalm beinhalten bis zu 50 Pflanzenarten auf wenigenQuadr<strong>at</strong>metern. Hingegen dominieren auf den Brachen nurein oder zwei Pflanzenarten. Insgesamt kommen kaummehr als 15 Arten auf der selben Flächengröße vor. DasHochpl<strong>at</strong>eau der Roßalm ist wertvoller Lebensraum vonRaufußhühnern. Eine Beweidung müsste an die Balz-, BrutundAufzuchthabit<strong>at</strong>e des Birkwilds angepasst erfolgen.Quelle: verändert aus Wuttej 2011a b c dAuf der Roßalm grenzt die Brache (links imBild) unmittelbar an die beweidete Nachbaralm(rechts im Bild) an. Der Unterschied derVeget<strong>at</strong>ion ist auf den ersten Blick erkennbar.12


Der KühkranzSchwenden mit Ziegen und SchafenAlles Geschmackssache: Der Kühkranz auf der Kallbrunnalmlag mehr als 50 Jahre brach. In diesem Zeitraum h<strong>at</strong> sichdie Veget<strong>at</strong>ion stark verändert. Zu Projektbeginn dominiertenHochstauden und Brachegräser. Die Grünerle h<strong>at</strong> sich von denGräben ausgehend in die offenen Weideflächen ausgebreitet.Trotz der fortschreitenden Verbrachung war der Kühkranz nochimmer Heim<strong>at</strong> für eine Vielzahl gefährdeter und geschützterPflanzenarten. Ziel am Kühkranz war, die Verbrachung undVerbuschung zu stoppen und die Entwicklung artenreicherMagerweiden zu fördern. Im Rahmen des Projektes „Almenaktivieren“ wird er seit 2009 auf einer Fläche von rund 22 ha mitrund 70 Alpinen Steinschafen und 10 Blobe-Ziegen beweidet.Futterselektion: Schafe und Ziegen sind wählerisch beider Futteraufnahme. Die modrig schmeckenden Gräser, diezwischen unverrotteter Streu wachsen, schmecken ebensowenig wie die hartlaubigen Blätter der Sauergräser. DieTiere bevorzugen die zarten, schmackhaften Blätter derGrünerlen. Nahezu alle Grünerlen wurden, soweit dieMäuler reichen, abgeweidet ((a) 2009, (b) 2010, (c) 2012).Änderung der Veget<strong>at</strong>ionszusammensetzung: Durch denTritt der Schafe und Ziegen wird die unverrottete Streuauflagein den Boden getreten und die Verrottung langsamgefördert. Reitgräser und Hochstauden sind trittempfindlich.Sie werden allmählich durch die typische Artengarniturartenreicher Almweiden ersetzt.Wertvolle Pflanzenarten bleiben erhalten: Viele Orchideenwie zum Beispiel die Kugel-Orchis (Traunsteinera globosa), dasKohlröschen (Nigritella sp.), oder ausgedehnte Bestände desknoblauchartig duftenden Allermannsharnisch (Allium victorials)und der Aurikel (Primula auricula) prägen den Kühkranzund begeistern die Wanderer. Die Anzahl der Schafe undZiegen am Kühkranz wurde so gewählt, dass eine Übernutzungder n<strong>at</strong>urschutzfachlich wertvollen Pflanzenbeständevermieden wird. In den veget<strong>at</strong>ionskundlichen Untersuchungen2012, drei Jahre nach Beginn der Beweidung, konnteimmer noch die vollständige Artengarnitur an n<strong>at</strong>urschutzfachlichwertvollen Pflanzenarten in den Monitoringflächenbeobachtet werden.a b cTelemetrieFünf Schafe und zwei Ziegen wurden am Kühkranz mitGPS-Sendern ausgest<strong>at</strong>tet. Alle 15 Minuten wurde die Positiondieser Tiere im Sender gespeichert. In der Karte sinddiese Werte für die gesamte Weideperiode als jeweils roterPunkt pro Signal dargestellt. Daraus lässt sich auf die räumlicheVerteilung der Tiere schließen. Einige Bereiche wurdenvon den Tieren bevorzugt aufgesucht. Das sind die schmackhafterenWeideflächen, die mit wertvollen Futtergräsern undKräutern durchsetzt sind. Weiters sind es die Ränder derGrünerlenbestände, die besonders gerne frequentiert wurden,um das Laub der Grünerlen zu äsen und im Schutz derSträucher zu lagern. Beliebte Rastplätze für die Tiere sinddie Kuppenbereiche und Verebnungen im Bereich der steilenSüdflanke. Große Bereiche der Alm, vor allem die Felspartien,die den größten Teil der n<strong>at</strong>urschutzfachlich wertvollenPflanzenarten beinhalten, sowie die steilen südexponiertenFlanken wurden nur sproadisch frequentiert.Die Türkenbundlilie und viele andere wertvollePflanzenarten gedeihen auf den extensiv beweidetenAlmweiden am Kühkranz. Die Blumenvielfaltist nachhaltig gesichert.14


aDie TannbergalmWeidepflege zeigt WirkungbDie rund 10 ha große Tannbergalm wurde über Jahrzehntenicht mehr beweidet. Vom Almbewirtschafter wurde sieim Jahr 2010 aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Überweite Bereiche dominierten „Weideunkräuter“. AusgedehnteBrennnesselfluren und Farnbestände prägten die Alm. Aufder Tannbergalm wurde versucht, durch ein optimiertesBeweidungsverfahren die Weideunkräuter zu reduzieren unddie Pflanzenvielfalt zu steigern.Pinzgauer Rinder und Norikerpferde ergänzen sichAuf der Tannbergalm wurden die Tiere auf den Flächen alternierendgealpt. Zuerst konnten die Jungrinder (a) nach Herzenslustdie besten Gräser und Kräuter aus der Weideflächefressen. Danach wurden sie auf die zweite Fläche getriebenund konnten dort weiterfressen. Auf die erste Weideflächewurden nach den Rindern die genügsamen und robustenNorikerpferde (c) getrieben. Pferde können bereits abgeweideteFlächen sehr gut nutzen. Sie haben einen hohen Bedarfan rohfaserreichem Futter und verzehren die Weidereste.Dadurch können sie die Qualität der Weideflächen verbessern.Auf der Tannbergalm wurde nichts dem Zufall überlassen.Waren die Flächen von den Pferden gut abgeweidet,wurde die gesamte Almweide einer Pflegemahd unterzogen(d). Dadurch erlangten die typischen Gräser und Kräuter derAlmweiden einen Startvorteil. Im Gegens<strong>at</strong>z zu vielen Hochstaudenund Farnen vertragen die typischen Pflanzenartender artenreichen Almweiden Verbiss und Mahd. Viele lichtbedürftigeBergblumen gelangen zur Blüte, zum Beispiel diePerücken Flockenblume (Centaurea pseudophrygia (b)). VonJahr zu Jahr h<strong>at</strong> sich die Weidefläche verbessert. Die Tierekommen im Herbst gesund und gut genährt von der Almnach Hause.Nach drei Jahren wurde die Verbrachung durch die Beweidungmit Norikern und Pinzgauer Rindern sowie durch einePflegemahd gestoppt. Die von Wurmfarn dominierten Beständekonnten binnen zwei Jahren in kräuterreiche Almweidenumgewandelt werden.Der Almbewirtschafter auf der Tannbergalm mäht nachder Beweidung die Weidereste gleichmäßig ab.vorhernachhercd16


Die KleinrechenbergalmDie goldene KlaueDie Veget<strong>at</strong>ion reagiert sehr schnellDie Kleinrechenbergalm (a) wurde im Rahmen des Projektsnach nahezu 50-jähriger Brachezeit zu einer Sommerweidefür 16 junge Alpine Steinschafwidder (b). Dadurch wurdedie Alm binnen weniger Jahre zum Dreh- und Angelpunktder Zuchtwiddersömmerung in Bayern. Da die Alm nicht erschlossenist, wurde das Zaunm<strong>at</strong>erial mit der Tragtierstaffelder Gebirgstragtierkompanie in Bad Reichenhall auf dieWeidefläche gebracht (c). Höhepunkt der Sömmerung stelltder jährliche Almabtrieb mit der anschließenden Körung undVersteigerung der jungen Widder dar (d).Die BeweidungVor der Beweidung mit Schafen wurden die Weideflächen hinund wieder von den Rindern der benachbarten Jochbergalmaufgesucht. Diese weideten kaum. Nur punktuell wurden diewenig schmackhaften Gräser und Hochstauden angeknabbert.Der weiche, zum Teil trittempfindliche Boden zeigtetrotz der extensiven Beweidung vor allem in den feuchtenBereichen Trittschäden und Bodenverwundungen. Seit 2009werden rund 2,5 ha der Kleinrechenbergalm mit Schafenbestoßen. Die Veget<strong>at</strong>ion ist nahezu vollständig abgeweidetund es sind trotzdem keine Trittschäden entstanden. Schafesind wegen ihres geringen Körpergewichts besonders geeignet,trittempfindliche oder steile Almflächen abzuweiden.Durch das ständige Hin- und Herziehen der Schafe wird derBoden gefestigt ohne die Grasnarbe zu schädigen. Aus dieserEigenschaft heraus erklärt sich der Begriff „goldene Klaue“.Ergebnisse(e) Vor Beweidung (2008): Die offenen Flächen der Kleinrechenbergalmbestehen nahezu vollständig aus Hochgrasflurenund Hochstaudenfluren (in kräftigem Grün dargestellt).(f) Nach drei Jahren Beweidung (2012): Die wenig schmackhaftenGräser und Kräuter sind großteils verschwunden. Anihre Stelle sind gute, kräuterreiche Weiden wie die Milchkrautweideund die Rotschwingel-Straußgrasweide getreten(in Hellgrün dargestellt).eabfcd18


Insekten und SpinnentiereWilde VielfaltNicht nur der Regenwald Amazoniens, auch unsere heimischeN<strong>at</strong>ur wartet mit einer überraschenden Vielfalt anOrganismen auf. Von den rund 70.000 Arten Mitteleuropassind über 70 % Tiere. Die allermeisten davon – etwa 40.000Arten – sind Insekten und Spinnentiere.Tierartenvielfalt auf AlmenEs sind vor allem diese kleinen Tiere, die für Vielfalt sorgen unddas Funktionieren von Ökosystemen mit einem ausgewogenenNebeneinander von Pflanzenfressern und Räubern sicherstellen.Almen können außerordentlich reich an Tierarten sein.Die Untersuchung im Rahmen des Projekts „Almen aktivieren“erbrachte für ausgewählte Tiergruppen folgende beeindruckendeArtenzahlen: 168 Spinnenarten, 109 Wanzenarten, 102Zikadenarten, 48 verschiedene Tagfalter, 44 Laufkäferarten, 19Heuschreckenarten und 11 Arten von Weberknechten.Tiere als Indik<strong>at</strong>oren für N<strong>at</strong>urnäheAuf Almen vermischen sich Arten der Talräume mit jenender Montan- und Subalpinstufe. Abhängig ist diese Vielfaltin erster Linie vom Vorhandensein n<strong>at</strong>urnaher Biotope wieMager- und Felsrasen, Hochstaudenfluren, Tümpel undMoore. Hier tummeln sich sonnenhungrige Heuschrecken,finden Schmetterlinge Nektarpflanzen, jagen Wasserläuferüber das Wasser und lauern Spinnen auf ihre Beutetiere.Die standortangepasste und n<strong>at</strong>urverträglichealmwirtschaftliche Nutzung fördert eine hohe Artenvielfalt.Auf zu intensive Nutzung reagieren die meistenTierarten äußerst empfindlich; übrig bleiben dann wenige,anspruchslose Arten, die auch im Kulturland der Tallagenhäufig sind.Wiederbeweidung – neues LebenBeweidung garantiert das Offenhalten der Almen unterhalbder Waldgrenze. Grasreiche und artenarme Weidebrachenkönnen damit in kräuterreiche, lückige und für Tierarten<strong>at</strong>traktive Lebensräume verwandelt werden. Von großerBedeutung ist dabei, dass die Abgrenzung der Weideflächenund die Nutzungsintensität auf die wertvollen TierlebensräumeRücksicht nimmt.Verborgene SchätzeBei der Wiederbeweidung – wie bei jeder almwirtschaftlichenNutzung – ist unbedingt auf die Schonung der feuchten bisnassen sowie trockenen und mageren Flächen Rücksicht zu nehmen.Moore, Tümpel, Mager- und Felsrasen an Extremstandortenund Erosionsrinnen sind langfristig stabile Lebensräume,auch ohne Beweidung. Und genau diese oft nur kleinflächig vorhandenenSonderstandorte mit all ihren Strukturen bergen dengrößten Sch<strong>at</strong>z an Vielfalt, den eine Almlandschaft zu bieten h<strong>at</strong>.Zoologische Forschung gibt Einblick in die Vielfalt vonTierarten auf Almen.20


BlaikenWenn der Boden rutschtDer Kühkranz auf der Kallbrunnalm ist von unzähligenBlaiken unterschiedlichen Alters überzogen (c). Im Rahmenvon „Almen aktivieren-neue Wege für die Vielfalt“ wurdeder Frage nachgegangen, wie sich die Nutzungsaufgabe derBeweidung am Kühkranz auf die Blaikenbildung ausgewirkth<strong>at</strong>. Blaiken rutschen nicht nur, weil es steil ist. Hangausrichtung,Bodentiefe und Bewirtschaftung sind weitereFaktoren, die das Losbrechen von Blaiken ganz maßgeblichmitbeeinflussen. Extensiv genutzte Mähwiesen undWeideflächen scheinen deutlich weniger erosionsgefährdetzu sein als Bracheflächen. Dabei sind jedoch nicht dieNutzungen an sich, sondern die damit direkt oder indirektverbundenen Veget<strong>at</strong>ions- bzw. Bodenveränderungen ausschlaggebend.Wie entstehen Blaiken?Bei den untersuchten Erosionsphänomenen am Kühkranzhandelt es sich um Transl<strong>at</strong>ionsbodenrutschungen („Blaiken“).Dabei rutscht der Oberboden auf einer Gleitfläche,die sich entweder im Boden selbst oder unmittelbar über22dem anstehenden Gestein befindet. Charakteristisch fürTransl<strong>at</strong>ionsbodenrutschungen sind bogenförmige, querzum Hang verlaufende Zugrisse, die der Rutschung vorausgehen.Sobald die Zugkräfte der kriechenden bzw. gleitendenBodendecke zu groß werden, beginnt die obere, ca. 20 –45 cm mächtige Bodenschicht mitsamt Veget<strong>at</strong>ionsdecke zurutschen (a), (b).Das Erosionsrisiko erhöht sich mit dem Rückgang derBewirtschaftung von Almflächen. Gerade in einem Zeitraumvon etwa 20 bis 40 Jahren nach dem Auflassen biszur Wiederbewaldung einer Almfläche können instabileZustände auftreten. Das sollte vor Brachlegung von Almflächenbedacht werden.Die Anzahl der kleinen erodierten Flächen (unter 100 m²)h<strong>at</strong> am Kühkranz in den letzten 60 Jahren um ca. 33 %zugenommen.Ursachen der Blaikenbildung am KühkranzDas Erosionspotential hängt mit den Veränderungen inNährstoff- und Wasserhaushalt, Veget<strong>at</strong>ions- und Bodenstruktur,die mit dem Brachfallen einhergehen, zusammen.Durch die Auflassung von Almflächen geht die Pflege durchden Bauern verloren. Kleine Erosionsflecken können sichoft unbemerkt zu großflächigen Anbrüchen ausweiten. DieBodenanalysen am Kühkranz konnten zeigen, dass die nichterodierten Bereiche einen höheren Humuswert aufwiesenals die erodierten Bereiche. Der höhere Humusgehalt deutetauf einen aktiven, mit Mikroorganismen und Bodentierenbesetzten Boden hin. Eine hohe Mikroorganismen- und Bodentieraktivitätbewirken zudem eine bessere Bodendurchlüftungund Versickerungseigenschaft des Bodens. Durchdie Brachlegung kann es zu einer Anreicherung von schwerzersetzbarem M<strong>at</strong>erial kommen. Das zeigt sich in weitererFolge auch im Boden-pH, da durch die liegen bleibendeBiomasse mehr Aminosäuren und Huminsäuren entstehen.Dies kann Bodenrutschungen begünstigen.a b cIm Gelände wurden 90 Bodenproben auf Blaiken, potentiellgefährdete Stellen und Referenzflächen entnommen,und physikalisch und chemisch im Labor analysiert


AgrobiodiversitätAktivierte Almen sollen sich rechnenIm Rahmen eines eigenen Projektmodules wurden konkreteMethoden und Lösungsmöglichkeiten zur Inwertsetzung derModellalmen entwickelt. Sie vernetzen Aspekte des N<strong>at</strong>urschutzes,der Agrobiodiversität und der Regionalentwicklungund zeigen auf, wie sich die aktivierten Almen rechnenkönnen.Eigenartige Tiere, einzigartige Menschenund erlesene ProdukteDie im Projekt eingesetzten Nutztierrassen sind seit Jahrhundertenan die rauhe Bergwelt angepasst und perfektfür die extensive Beweidung geeignet. Die Tiere sind zudemhoch <strong>at</strong>traktiv und „eigenartig“ im besten Sinne des Wortes.Das Ergebnis ihrer Beweidung sind ökologisch intakteAlmen, wertvolle Produkte und die Garantie einzigartigerErlebnisqualität.Almen aktivieren muss sich lohnen –am besten mit GütesiegelIm Projekt wurden konkrete Ideen und Kriterien für einGütesiegel zu aktivierten Almen erarbeitet. In weitererFolge soll es Produkte und bewusstseinsbildende Angebotezu den Almen auszeichnen, die mit seltenen Nutztierrassenbestoßen werden und ökologisch intakt sind. Das Gütesiegelsoll Auskunft über Qualitätsmerkmale und Erhaltungsleistungenauf den Almen bieten. Jedes Produkt, vom Filzhut biszum Lammkotelett soll einen Herkunftsnachweis bekommen,den Namen des Herstellers aufweisen und somit eineeinfache und eindeutige Rückverfolgbarkeit jedes Angebotesbis zum Produzenten möglich machen.Bewusstseinsbildung und Produkte geben sich die HandDie Bewusstseinsbildungsangebote und Produkte zueiner aktivierten Alm sollen eng miteinander verwobenwerden. Bei jeder geführten Wanderung oder Veranstaltungsoll es Inform<strong>at</strong>ionen zu den Betrieben, Produktenund umgekehrt geben.Versteigerung der Jungwidder nach dem Almabtriebauf der Kleinrechenbergalm24


Interreg IV A Projekt „Almen aktivieren – neue Wege für die Vielfalt“Leadpartner: Amt der Salzburger Landesregierung, Abt. 13 N<strong>at</strong>urschutzProjektpartner: Bayerische Akademie für N<strong>at</strong>urschutz und Landschaftspflege (ANL) in LaufenHerausgeber: Land Salzburg, vertreten durch die Abteilung 13 und Freista<strong>at</strong> Bayern, vertreten durch die ANLProjektlaufzeit: 2009−2013Gefördert von der Europäischen Union mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung EFREIdee und Konzeption: eb&p Umweltbüro GmbH, Susanne AignerRedaktion: Bettina Burkart-Aicher, Günter Jaritz, Susanne AignerUnter Mitarbeit von (alphabetisch): S. Aigner, B. Burkart-Aicher, G. Egger, T. Frieß, G. Jaritz, Ch. Komposch, B. Stoischeck, B. Steurer,E. Tasser, K. WanningerGrafik: büro54, InnsbruckDruck: Tiroler Repro DruckBilder: G. Jaritz, B. Burkart-Aicher, S. Aigner, G. Egger, D. Wuttej, T. Frieß, Ch. Komposch, G. Kunz, B. Stoischek, K. WanningerNähere Infos und sämtliche Forschungsergebnisse finden sie als download unterwww.almenvielfalt.com26


www.almenvielfalt.com

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