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PrivR 2013 11 20

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Vertragliche SchuldverhältnisseUnterscheide:Konsensualvertrag = Vertrag, der allein durch eineWillenseinigung (Konsens) zwischen den Parteien zustandekommtRealvertrag = Vertrag, der zu seiner Wirksamkeit zusätzlich dieÜbergabe einer Sache verlangt© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 2© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 1


Gesetzliche Vertragstypen :Veräußerungsverträge (Kauf, Tausch, Schenkung)Gebrauchsüberlassungsverträge (Miete, Pacht, Leihe; in gewissem Sinneauch Darlehen)Dienstleistungsverträge (Arbeitsvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag,Auftrag, Verwahrungsvertrag)GesellschaftsverträgeSicherungsverträge (Bürgschaft, Pfandbestellung)Glücksverträgewegen Privatautonomie im Schuldrecht keine Bindung der Parteien andie gesetzlichen Vertragstypen, dh auch frei gestaltete (zB gemischteoder atypische) Verträge denkbarBehandlung hängt vom Einzelfall ab; beachte Kombinationstheorieund Absorptionstheorie© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 3Verbraucherverträge:Verbrauchervertrag = Vertrag zwischen einem Unternehmer undeinem VerbraucherUnternehmer = Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweckabschließt, der mit ihrer auf Dauer angelegten Organisationselbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit in Verbindung steht, auchwenn nicht auf Gewinn ausgerichtet (§ 1 Abs 2 KSchG)Verbraucher = Person, auf die das nicht zutrifft (negativeVerbraucherdefinition)im österreichischen Recht können auch juristische Personen alsVerbraucher handeln; Existenzgründer werden wie Verbraucherbehandelt© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 4© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 2


Beachte:Der österreichische Verbraucherbegriff weicht in mehrerenPunkten vom europäischen Verbraucherbegriff ab:in Österreich auch nicht unternehmerisch tätige juristische Personen(Vereine, Stiftungen …) erfasstRechtsgeschäfte, die im Zusammenhang mit abhängiger beruflicherTätigkeit stehen, in Österreich erfasstin Österreich auch Geschäfte, die der Existenzgründung dienen, erfasstBei der Anwendung von Rom I-VO, CISG usw einerseitsund österreichischem Verbraucherschutzrecht andererseitskann es zu gewissen Inkonsistenzen kommen.© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 5Grundprinzipien des Verbrauchervertragsrechts:dient der Wiederherstellung von Vertragsparität bzw materiellerPrivatautonomie, die durch eine strukturelle Unterlegenheit desVerbrauchers gegenüber dem Unternehmer gestört istidR relativ zwingendes Recht, dh kann nicht zulasten desVerbrauchers abbedungen werden (wohl aber zu seinen Gunsten)beruht vielfach auf EU-Richtlinien (unterscheidemindestharmonisierende und vollharmonisierende Richtlinien)klassische Schutzmechanismen: Informationsrechte,Rücktrittsrechte, zwingende Vertragsbedingungen bzw Schutz vorunfairen Vertragsbedingungen© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 6© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 3


Überblick über die wichtigsten Regelungskomplexe:Konsumentenschutzgesetz (KSchG):- „Haustürgeschäfte“ (Rücktrittsrecht)- Fernabsatzverträge (Informationspflichten, Rücktrittsrecht)- Vorschriften zu missbräuchlichen Klauseln als Ergänzung von §§ 864a,879 Abs 3 ABGB („schwarze Listen“; Transparenzgebot)- Verbrauchsgüterkauf (Ergänzung und weitgehende Zwingendstellungder §§ 932 ff ABGB, gilt nicht für § 933a)- Reisevertrag (bes Vertragsrecht; SE für entgangene Urlaubsfreude ua)- VerbandsklageSondergesetze (jeweils mit umfassenden Informationspflichten undRücktrittsrecht): Timesharing, Kreditierungen (beachte: betrifft auchentgeltlichen Zahlungsaufschub!), Finanzdienstleistungen im Fernabsatz ua© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 7Übungsfälle:1. Ist in den folgenden Fällen aufgrund Verbraucherschutzvorschriften einRücktrittsrecht gegeben:a) A kauft in einem Webshop Kinderspielzeug für seine kleine Tochter;b) B will sich selbständig machen und nimmt einen Kredit in Höhe von50.000 auf;c) C kauft im Internet ein Kopiergerät für seine gut gehendeAnwaltskanzlei;d) Rechtsanwalt D lässt sich durch einen Vertreter, der unvermittelt beiihm zu Hause auftaucht, einen Staubsauger aufschwatzen;e) Großunternehmer E erwirbt im Supermarkt ein Paket Butter für seinFrühstück.2. Karla sieht, dass Unternehmer Udo, bei dem sie eine Waschmaschinegekauft hat, sehr unfaire Klauseln in seinen AGB verwendet. Was soll sietun?© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 8© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 4


Gesetzliche SchuldverhältnisseÜberblick über die wichtigsten Regelungskomplexe:SchadenersatzrechtBereicherungsrecht- Leistungskondiktionen (Rückforderung eines Vermögensvorteils,der bewusst und zweckgerichtet zugewendet wurde, zB Kaufpreiswurde versehentlich doppelt gezahlt)- Verwendungsansprüche (Vergütung für Vorteile, die durch Eingriffin fremde Rechte erlangt wurden; sonstige rechtsgrundloseVermögensverschiebungen)Recht der Geschäftsführung ohne AuftragRecht der Gläubigeranfechtung© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 10© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 5


Welches gesetzliches Schuldverhältnis liegt vor:1. Anton benutzt immer Bernds Rasenmäher, ohne dass Bernd das erlaubthätte.2. Anton gießt immer Bernds Blumen, ohne dass Bernd ihn dazu aufgeforderthätte.3. Anton fährt in trunkenem Zustand gegen Bernds Gartenzaun4. Anton kauft ein Fahrrad von Bernd und zahlt ihm den Kaufpreis. Irrtümlichüberweist er den Kaufpreis noch einmal, erkennt seinen Irrtum, undverlangt das zu viel Gezahlte zurück.5. Später ficht Anton den Vertrag erfolgreich an und verlangt sein gesamtesGeld zurück.© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> <strong>11</strong>Schadenersatzrecht© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 6


Grundgedanken des Schadenersatzrechts:grundsätzlich muss jeder Schäden an seiner Person und anseinem Vermögen selbst tragen (casum sentit dominus, § 13<strong>11</strong>)ausnahmsweise können Schäden auf ihren Verursacherüberwälzt werden, wenn ein Zurechnungsgrund vorliegt:Rechtswidrigkeit & Verschulden (Verschuldenshaftung) Gefährlichkeit einer Tätigkeit (Gefährdungshaftung;hh zB EKHG, LFG, PHG) rechtmäßige Inanspruchnahme fremden Gutes (Eingriffshaftung;hh zB bei Notstand § 1306a, best Immissionen § 364a)Ausgleichsfunktion, Präventionsfunktion,nach hM grundsätzlich nicht Sanktionsfunktion© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 13VerschuldenshaftungHaftung ex contractuHaftung ex delictoWichtigste Unterschiede zwischen Vertrags- und Deliktshaftung. Gehilfenhaftung (ex contractu: § 1313a; ex delicto: § 1315)Ersatzfähigkeit reiner Vermögensschäden (ex contractu: ja; ex delicto:grdsl nein, nur ganz ausnahmsweise) Beweislastverteilung (ex contractu: Verschuldensvermutung § 1298)© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 14© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 7


Voraussetzungen der Verschuldenshaftung:1. Schaden+2. Verursachung (Kausalität)+3. Rechtswidrigkeit (und Rechtswidrigkeitszusammenhang)+4. Verschulden© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 15Voraussetzungen der Verschuldenshaftung:1. Schadenrealer Schaden (= tatsächliche nachteilige Veränderung, durch sog„Naturalrestitution“ zu beheben) versus rechnerischer Schaden (negativeVermögensdifferenz)Vermögensschaden (= Nachteile an geldwerten Gütern) versusideeller/immaterieller Schaden (= Schmerzen, Trauer usw)positiver Schaden (= Beeinträchtigung bestehender Güter, bei jederFahrlässigkeit zu ersetzen) versus entgangener Gewinn (= Zerstörungkünftiger Gewinnchancen, grdsl nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit)reiner (bloßer) Vermögensschaden (= Vermögensschaden, bei dem nichtzugleich ein sog „absolut geschütztes Rechtsgut“ verletzt ist, zB Eigentum,Freiheit, körperliche Unversehrtheit)© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 16© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 8


Voraussetzungen der Verschuldenshaftung:2. Verursachung (Kausalität)äquivalente Kausalität (= condicio sine qua non)adäquate Kausalität (= Ursache ist typischerweise und nicht nurbei Hinzutreten ganz außergewöhnlicher und normalerweise außerBetracht zu lassender Umstände geeignet, einen Schaden derbetreffenden Art herbeizuführen)© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 17Voraussetzungen der Verschuldenshaftung:3. Rechtswidrigkeit (und Rechtswidrigkeitszusammenhang)Rechtswidrigkeit = Verstoß gegen- gesetzliche Verhaltensanordnungen- gute Sitten- absolut geschützte Rechtspositionen (Leben, Eigentum usw,aber Interessenabwägung erforderlich)- rechtsgeschäftliche Pflichtenfehlt bei Rechtfertigungsgrund (zB Notwehr, Notstand)Rechtswidrigkeitszusammenhang / Schutzzweck der Norm(= Norm, gegen die verstoßen wurde, muss den Zweck gehabthaben, gerade Schäden der eingetretenen Art zu vermeiden)© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 18© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 9


Voraussetzungen der Verschuldenshaftung:4. Verschuldenmaßgeblich ist subjektive Vorwerfbarkeit (aber objektiver Verschuldensbegriff:Sachverständige § 1299 ABGB, Unternehmer § 347 UGB)Vorsatz (= bewusst rechtswidriges Handeln)- dolus eventualis- dolus directus- AbsichtFahrlässigkeit (= Sorgfaltsverstoß)- leichte Fahrlässigkeit- grobe Fahrlässigkeit© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 19Deliktsfähigkeit natürlicher Personenunter 7 Jahremind 7 aberunter 14 Jahrenicht deliktsfähigHaftung der Aufsichtspersonen iFdVerletzung ihrer Aufsichtspflicht ggf Billigkeitshaftung, § 1310mind 14 aberunter 18 Jahremind 18 Jahrevoll deliktsfähig, § 176© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> <strong>20</strong>© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 10


Übungsfälle:1. Professorin Paula behandelt im Familienrecht die Scheidungsgründe undschmückt sie aus didaktischen Gründen absichtlich recht plastisch aus.Student Sebastian, der gerade in einer Beziehungskrise steckt, erleideteinen depressiven Schub und muss ärztlich behandelt werden.2. Anton verursacht einen Verkehrsunfall. Durch die Sperrung der Straßeentgehen dem Ladeninhaber Ludwig 1.000 Euro Gewinn.3. Unter Verstoß gegen die gesetzlich erlaubten Ladenöffnungszeitenverkauft Viktor der Karla einen Kochtopf und ein Küchenmesser. Was ernicht ahnt: Karla geht nach Hause und ersticht mit dem Küchenmesserihren Ehemann Emil.© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 21Zurechnung des Verhaltens DritterErfüllungsgehilfe(§ 1313a)Besorgungsgehilfe(§ 1315)gilt bei Erfüllung bestehenderSchuldverhältnissegilt gegenüber jedem Dritten,dh bei deliktischer Haftungvolles Einstehenmüssenauch für selbständigeSubunternehmerZurechnung nur, falls untüchtigoder wissentlich gefährlich© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 22© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst <strong>11</strong>


Übungsfälle:1. Schneeräumunternehmer Achtsam erfüllt seine Verpflichtung gegenüberHauseigentümer Hugo, indem er den Subunternehmer Sebi beauftragt.Sebi zieht es vor, nach einer Party auszuschlafen anstelle den Gehsteigdes Hugo zu räumen/streuen. Hugo rutscht aus und bricht sich ein Bein.2. Passant Paul wird ebenfalls verletzt und überlegt, ob er auch denvermögenden Unternehmer Achtsam auf Schadenersatz in Anspruchnehmen kann oder ob er sich an Sebi halten muss.© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 23Weitere Punkte:Mehrheit von Schädigern: Bei Bestimmbarkeit der Anteile haftetjeder für seinen Anteil, sonst solidarische Haftung (§ 1302)Mitverschulden des Geschädigten führt zur Kürzung desErsatzanspruchs (§ 1304)Verjährung: grdsl 3 Jahre ab Kenntnis von Schaden undSchädiger, maximal 30 Jahre ab Schadenseintritt (§ 1489)© Christiane Wendehorst, <strong>20</strong><strong>11</strong>, <strong><strong>20</strong>13</strong> 24© Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst 12

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