der Stimme und sogar der Redeweise zu witzigen Nachahmern und Erzählern -, wo bleibtdann erst bei dieser anderen Art, dem Wortwitz, noch Raum flir ein System [ars}?" - "Sedcum illo in genere perpetuae festivitatis ars non desideretur (natura enim fingit homines etcreat imitatores et narratores facetos adiuvante et vultu et voce et ipso geilere sermonis) tumvero in hoc altero dicacitatis quid habet ars loci, cum ante illud facete dictum emissumhaerere debeat, quam cogitari potuisse videatur?" (Oe or. 11, 219) Schon bei Cicero war dasLachen nicht methodisch zu sistieren und zu limitieren; einzig die Negation seiner negierendenKraft durch Affirmation der Sozialität, durch den Willen zur Schonung der Würde(gravitas) anderer Personen wie der eigenen Person (vgl. Oe or. 11, 229), kann ihm Einhaltgebieten. (Die Position der Sozialität ist Negation der Negation des Lachens. Oder: dieWelt ist der Ernst der homerischen Götter.) Die Wirkung der Konzeption reicht, theoretischvermittelt über Shaftesburys ,test by ridicule', bis ins 19. Jahrhundert. (Wobei ihr Zusammenhangmit der Gattung des Prosaromans - Was ist ,Don Quichote' anderes als ein,Test? - nicht in Betracht gezogen ist.)203) Ein ,geschwätziger Dichter' ist eine contradictio in adiecto, i.e. kein Dichter, denn ,Geschwätzigkeit'ist als Verfehlung des Erhabenen die Negation des .Dichters'. Der Geschwätzigewird zum Thema des ridicule, das selbst eine Form des genus medium - des ethosdarstelltund damit zum Ziel des Rhetors. (Die ganze Konzeption gemahnt an Pseudo-Longin,doch erschien ein Druck der Schrift Vom Erhabenen erst 1554; zuvor ist, wie Otto Schönbergerim Nachwort zur einer deutschen Ausgabe [Stuttgart 1988) anführt, ein Einflußkaum spürbar. Der Frage, ob Valla Longin kannte, oder hier eine Kongruenz gedanklicherKonzepte vorliegt, die ihrerseits die spätere Konjunktur Longins iniziierte, kann an dieserStelle nicht weiter nachgegangen werden.)204) Vgl. I, 997f., Übers. nach: Gerl, Rhetorik, S. 189ff. Erst die Hypostase der Möglichkeitwahrer Sprache legitimiert die poetische ,Verrücktheit' in ihrem Anspruch.205) Oe vol. III,vii,3. S. 258.206) "Sie [die Rhetorik} erfreut sich ja daran, im weiten Meer und in den Wellen sich zu tummelnund mit schwellenden und rauschenden Segeln dahinzuschießen; sie weicht den Flutennicht. sondern gebietet ihnen: ich spreche von der höchsten und vollendeten Beredsamkeit"- "Nanque [eloquentiaD lato mari medijisque in undis vagari & tumidis ac sonantibusvelis volitare gaudet, nec fluccibus cedit sed imperat, de summa & perfecta loquor eloquentia."(I, 694; zitiert nach: Ger!, Rhetorik, S. 230; vg!. I, 963, Übers. nach: Ger!, Rhetorik,S. 175) Das Bild der Hochseefahrt ist topisch, Quintilian benutzt es im Vorwort des 12. Buches(2- 5) und postiviert damit die von Cicero (Oe or. 111, S. 145) noch Gefahr bedeutendeWendung (zur mittelalterlichen Tradition vg!. Ger!, Rhetorik, S. 89f.).207) "Sed memento non esse semper habendam auctoribus fidem qui etsi plura bene dixerunt,nonnunquam tamen more hominum lapsi sunt. ltaque stultissimum reor esse quisquis se totumlibris credit et non illos an vere dicant examinat diligenter; et hoc cum in ceteris rebustum precipue in virtutibus, quibus constat omnis ratio vivendi." - "But remember that wedo not always have to talce the authorities' word. Although ehey were right many times, yet,being human, ehey erred. I therefore consider anyone most foolish who entrusts hirnself eßtirelyto books and does not examine them carefully to see whether they tell the truth; andalthough it is necessary to do this in all cases, it is particularly important in reference to thevirtues, on which ehe whole design of our live depends." (Oe vol. III,iv,2, S. 236)208) Dabei ist sich Valla bewußt, daß die Kenntnis der Geschichte auf eine elitäre Gruppe beschränktist (vg!. De vol. lI,ix.9f., S. 158); er selbst gesteht (in der .Maske' Antonios) derAntike zwar die Ausarbeitung der .. litteras", der .. studia doctrinarum" und - als Wichtigstes- der "scientia dicendi" , nicht jedoch "sapientia" und .agnitio virtus" zu (Oe vol.III,vii,5, S. 260).209) Vgl. De vol. lII,x,lf .• S. 266f.210) Die Auseinandersetzung von Imperium und Sacerdotium ist nicht spezifisch oder kausal zuverstehen, sondern als Benennung des Prozesses der Herausbildung eines - wie man bei Vallaerkennt: cum grano salis - säkular fundierten Sprachspiels. Dabei ist freilich in Betrachtzu ziehen, daß das Recht in spätmittelalter!icher Episteme unter das Gebiet der Rhetorik437
fällt (vgl. Brinkmann, Hermeneutik, S. 16). Valla (Antonio) erkennt explizit an: ,,[...) cumesset a principio a1ia quedam ratio serviendi rebus divinis alia terrenis [ ...)" - ,,[... ) becausethere was from the beginning one set of criteria for observing divi ne requirements and anotherfor earthly ones, [ .. .)" (De vol. IH,ix,1, S. 264) Bezeichnenderweise ist Antonio da Rhooder Raudensis selbst Franziskaner (vgl. De vol. I,i,l, S. 52; zum Personal von Oe vol. vgl.De Panizza Lorch. In: De vol., S. 20ff.).211) Zum sozialgeschichtlichen Hintergrund vgl. Burke, Renaissance, S. 223ff., bes. S. 234 Zum,Mythos der Demokratie'.212) Vgl. Anm. 3l.213) Eine kurze inhaltliche Konturierung der ,humanitas' bietet De vol. IH,iv,15, S. 242.214) ,,[...} tune ab his omnibus ad omnes disciplinas latine scriptas tamquam ad optimam mercimoniamproperatum est [ ...} ut illius (nummi) beneficio omnes omnia, quae usquam essent,mercari et sua ipsi aliis venditare possent, sie acepta lingua latina velut aureo nummo nationescuncta, quae apud alios scripta erant, discere potuerunt et sua vicissim docere, eum anteanihil aliud legerent, nisi quod a popularibus suis cornpositurn esset." (H, 283; zitiertnach: Gerl, Rhetorik, S. 239) Valla selbst beruft sich im Sprache-Münze-Vergleich auf rhetorischeTradition: ,,[...} cum tota sit illa Quintiliani disputatio de laude consuetudinis 10-quendi adversus analogiam, de quarum utraque ita ait: Consuetudo vero certissima loquendimagistra, utendumque plane sermone, ut nummo, cui publica forma est." (I, 385) - beiGerl abweichend als: "Denn wer weiß nicht, daß sich der größte Teil des Sprechens aufAutorität und Gewohnheit stützt, worüber Quintilian folgendes sagt: Die Gewohnheit istdie sicherste Sprachlehrerin; man muß die Sprache weitgehend gebrauchen wie eine Münze,deren Prägung öffentlich ist." - "Nam quis neseit maximam loquendi partem autoritate niti& consuetudine, de qua ita ait Quintilianus: Consuetudo est certissima loquendi magistra,utendumque plane sermone, ut numero cui publica forma est." (Ausgewiesen als: I, 385;zitiert nach: Gerl, Rhetorik, S. 209)215) Der Sprache eignet Wert charakter: typologisch benennend und exemplifizierend selektiertsie Handlungen. (Interessant wäre ein Vergleich mit der Sprachtheorie de Saussures, in welcherder Wertcharakter der langue als selektive kognitive Handlung gefaßt wird.)216) Obwohl sie historisch eher Krisenindiz zu sein scheint - und Vallas Rhetorikideal Geschichtsklitterung:wie die Sophistik Krise der traditionalen Gesellschaft ist, steht die ciceronianischeRhetorik für die Krise der Republik und die quintilianische für die Krise desImperiums. Die ideale civitas mit der ersehnten pax romana changiert zwischen Republikund Imperium, meint aber auf jeden Fall Zeiten, in den die Rhetorik keine exemplarischeFormulierung findet.217) V gl. Burke, Renaissance, S. 255ff. u. Bauer/Matis, Geburt, S. 88ff.218) Inhaltlich wird der Begriff der ,verisimilitudo' im nächsten Kapitel erörtert werden.219) Die ,qualitative Perspektive' ist nicht aus der Summe der Argumente zu verstehen; gegendas Ideal kompilatorischer Vollständigkeit setzt Valla auf die qualitative Kohärenz einer selektivenArgumentation: "Quod si qua videbunrur non esse dicta que dici potouissent, hecmea ratio esc ur que maxime necessaria videntur attingam, cetera non tarn omittarn quamsub illis maioribus significata hominum estimationi relinquam. Ut solent face re quimagnam vim pecunie solvunt; non annumerant illam recipientibus sed appendunt, [...)" -"And if ehe reader sees that some things that could have been said have not been said, lethirn note that my method is to touch on the matters that seeem absolutely necessary, andnot so much to omit the rest as to leave it to men's appraisal, as having been a1ready signifiedunder those major points. The payers of a great sum of money are accustomed to actingsimilarly: ehey do not count it but weigh it out to the recipients; [...)" (De vol. II,Prooem.,5,S. 134)220) Bei Val la hat diese Konzeption keinerlei auf Naturwissenschaft weisende Konsequenz;nichtsdestoweniger bildet die Sistierung einer säkular argumentierenden Perspektive eine notwendigeVoraussetzung naturwissenschaftlichen Denkens.221) Dies scheint der weiter unten getroffenen Feststellung, daß die Renaissance nicht über einenkanonischen Naturbegriff verfüge, zu widersprechen. - Und in der Tat, sie verfügt über438
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anders sein kann, wenn das Verstehe
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haltenden Begriffs ist. Für den Me
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ve que les regles du fini reuissent
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Tetens, Johann Nikolaus. Sprachphil
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punkt der Unterscheidung von Gesetz
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Aus dem Programmliteratu rwissensch