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Modelle sozialer (Grund-) Sicherung in der Diskussion

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<strong>Modelle</strong> <strong>sozialer</strong>(<strong>Grund</strong>-) <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><strong>Diskussion</strong>WerkstattBericht 24Christian Trappunter Mitarbeit von Jürgen Bach© Sekretariat für ZukunftsforschungGelsenkirchen 1999


VorwortDer vorliegende WerkstattBericht ist die überarbeitete Fassung e<strong>in</strong>er Studie, die zum Jahreswechsel1998/99 für das M<strong>in</strong>isterium für Arbeit und Soziales, Stadtentwicklung, Kultur undSport des Landes Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen erstellt worden ist. Ziel dieser Studie ist es, dieVorschläge zur Reform bzw. zum Umbau <strong>der</strong> Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>, wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong>aktuellen politischen <strong>Diskussion</strong> s<strong>in</strong>d, h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Geme<strong>in</strong>samkeiten und Unterschiede zusystematisieren und h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Konstruktionspr<strong>in</strong>zipien zu klassifizieren. Leitend s<strong>in</strong>d dabeidie Fragen:• Welche <strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen <strong>Diskussion</strong> relevanten Vorschläge gibt es?• An welchen Elementen <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> setzen diese Vorschläge an?• Wie werden diese Vorschläge begründet?• Auf welchem Verständnis von den Aufgaben <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> beruhen diese Vorschläge?In dieser Studie geht es zwar schwerpunktmäßig um die Instrumente bzw. Elemente e<strong>in</strong>ersozialen <strong>Grund</strong>sicherung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er materiellen „Letztsicherung“, die das sozioökonomischeExistenzm<strong>in</strong>imum gewährleisten soll; diese Letztsicherung aber ist <strong>in</strong>tegralerBestandteil des gesamten <strong>Sicherung</strong>ssystems und kann deshalb nicht unabhängig von <strong>der</strong>Ausgestaltung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Systemkomponenten betrachtet werden. Es ist aber nicht Ziel dieserStudie, das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gesamtheit zu analysieren und zu verorten.Da es sich bei den Systemen <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> um e<strong>in</strong>en höchst komplexen Bereichgesellschaftlicher Organisation handelt, <strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e Vielzahl wechselseitigerVerschränkungen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelsysteme und e<strong>in</strong>e Durchmischung unterschiedlichster Aufgabenstellungenund Konstruktionspr<strong>in</strong>zipien gekennzeichnet ist, wurde beson<strong>der</strong>es Gewicht auf dieklare Darstellung <strong>der</strong> verschiedenen Konstruktionspr<strong>in</strong>zipien und Anspruchsgrundlagen gelegt,die <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> zugrunde liegen: In ihnen und ihrer jeweiligen Gewichtungdokumentiert sich das gesellschaftliche Verständnis von Aufgaben und Stellenwert <strong>sozialer</strong><strong>Sicherung</strong> und damit das Selbstverständnis <strong>der</strong> Gesellschaft.Wegen <strong>der</strong> zentralen Bedeutung <strong>der</strong> Gestaltungspr<strong>in</strong>zipien und Gestaltungsformen ist dem Texte<strong>in</strong> Stichwortverzeichnis („statt e<strong>in</strong>es Glossars“) angehängt, das auf die entsprechendenDef<strong>in</strong>itionen bzw. Präzisierungen im Text verweist; auf den dort angegebenen Seiten ist <strong>der</strong>Begriff <strong>in</strong> <strong>der</strong> Textpassage, auf die verwiesen wird, unterstrichen. Term<strong>in</strong>i, die im Text def<strong>in</strong>iertbzw. ausreichend präzisiert werden, s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>em vorgestellten Pfeil gekennzeichnet. So kannaus je<strong>der</strong> Textpassage über das Stichwortverzeichnis unmittelbar auf die im Text angeführteDef<strong>in</strong>ition bzw. Präzisierung zugegriffen werden. Auf e<strong>in</strong> ursprünglich vorgesehenes Glossarwurde verzichtete, weil <strong>der</strong> Text <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Kompaktheit die im Glossar aufzuführendenBegriffsbestimmungen zum e<strong>in</strong>en schon enthält, zum an<strong>der</strong>en aber sich durch den Verweis aufdie Textpassagen auch die Verortung <strong>in</strong> den Gesamtzusammenhang für den Leser schnellererschließt.Aufgabe des Sekretariats für Zukunftsforschung ist es, Orientierungswissen für die Gestaltunge<strong>in</strong>er lebenswerten Zukunft zu erarbeiten. Insofern kann sich die Studie nicht mit e<strong>in</strong>em Sachstandsberichtbegnügen, son<strong>der</strong>n schließt mit den zentralen Herausfor<strong>der</strong>ungen für dieGestaltung e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Sicherung</strong> als Bestandteil e<strong>in</strong>er Nachhaltigen Entwicklung, wie sie sichals Fazit aus <strong>der</strong> Studie ergeben. Damit dokumentiert dieser WerkstattBericht nicht nur dengegenwärtigen Stand <strong>der</strong> <strong>Diskussion</strong>, son<strong>der</strong>n trägt hoffentlich selbst dazu bei.Rolf Kreibich/ Christian Trapp Gelsenkirchen, August 19992


InhaltAbbildungs-und Tabellenverzeichnis ............................................................5E<strong>in</strong>leitung....................................................................................................61. <strong>Grund</strong>züge des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Deutschland................71.1 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftsordnung.............................................................71.2 Die Konzeption <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>......................................................................91.3 Konstruktionspr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ...........................................101.4 Die Ausgestaltung des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>...................................................121.4.1 Die Mehrgliedrigkeit des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>................................................121.4.2 Der Versicherungscharakter des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>.....................................141.4.3 Der Pr<strong>in</strong>zipienmix....................................................................................................141.4.4 Das Volumen des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>..........................................................152. Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Diskussion</strong>................................................172.1 Konzeptionelle Beschränkungen..............................................................................182.2 Aktuelle Probleme...................................................................................................193. Alternative <strong>Modelle</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ...........................................213.1 <strong>Grund</strong>bauste<strong>in</strong>e alternativer Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>..........................................213.2 <strong>Modelle</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> zur <strong>Diskussion</strong> ..............................................................233.2.1 Das Modell <strong>der</strong> SPD................................................................................................213.2.2 Das Modell <strong>der</strong> BÜNDNIS 90/ Die Grünen.............................................................253.2.3 Anfor<strong>der</strong>ungen an die soziale <strong>Sicherung</strong> aus Sicht <strong>der</strong> CDU....................................273.2.4 Das Modell <strong>der</strong> F.D.P.............................................................................................283.2.5 Das Modell <strong>der</strong> PDS................................................................................................303.2.6 Soziale <strong>Sicherung</strong> im Bericht <strong>der</strong> Kommission für Zukunftsfragen <strong>der</strong> FreistaatenBayern und Sachsen ...............................................................................................313.2.7 Soziale <strong>Sicherung</strong> aus Sicht <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft selbständiger Unternehmer(ASU) e.V................................................................................................................333.2.8 Vorschläge des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft ..................................343.2.9 Vorschläge <strong>der</strong> Bundesvere<strong>in</strong>igung Deutscher Arbeitgeberverbände........................353.2.10 Die Stellungnahme <strong>der</strong> Kirchen...............................................................................363.2.11 Die Stellungnahme <strong>der</strong> Zukunftskommission <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung.............................................................................................................424. Soziale <strong>Grund</strong>sicherung <strong>in</strong> Europa..................................................434.1. <strong>Grund</strong>züge <strong>sozialer</strong> M<strong>in</strong>destsicherung <strong>in</strong> den Staaten <strong>der</strong> Europäischen Union........474.1.1 Die Konstruktionspr<strong>in</strong>zipien .....................................................................................474.1.2 Die rechtliche Regelung ..........................................................................................483


4.1.3 Die primäre Orientierung.......................................................................................484.1.4 Das <strong>Sicherung</strong>sniveau ............................................................................................494.1.5 Die <strong>Sicherung</strong>sfunktion...........................................................................................494.1.6 Die F<strong>in</strong>anzierung....................................................................................................504.2 Ausgewählte Län<strong>der</strong>beispiele..................................................................................514.2.1 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Dänemark..............................................................................514.2.2 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landen...................................................................524.2.3 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Frankreich..............................................................................535. Herausfor<strong>der</strong>ungen für die Ausgestaltung e<strong>in</strong>er sozialen(<strong>Grund</strong>-)<strong>Sicherung</strong>......................................................................... 54Literatur- und Quellenverzeichnis .............................................................. 57Zusätzliche verwendete Materialien:.......................................................... 61Anhang .................................................................................................... 60statt e<strong>in</strong>es Glossars ................................................................................... 674


Abbildungs- und TabellenverzeichnisAbbildung 1: <strong>Grund</strong>formen <strong>der</strong> Sozialen <strong>Sicherung</strong>...............................................................12Abbildung 2: Die <strong>Grund</strong>pfeiler <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> nach Ausgabenvolumen 1997 undBeitragssätzen 1998.........................................................................................13Abbildung 3: Entwicklung des Sozialbudgets und se<strong>in</strong>er Teile von 1950 bis 1995 <strong>in</strong> v.H. desBruttosozialprodukts .........................................................................................16Abbildung 4: Synopse <strong>der</strong> Positionen zum Umbau bzw. zur Reform des Sozialstaats...............23Abbildung 5: Tabellarische Synopse <strong>der</strong> betrachteten <strong>Modelle</strong>: Soziale <strong>Grund</strong>sicherung ........39Abbildung 6: Tabellarische Synopse <strong>der</strong> betrachteten <strong>Modelle</strong>: Sozialversicherungssystem .....41Abbildung 7: Bürgergeld, lohnergänzende E<strong>in</strong>kommenszuschüsse, Verzicht aufSozialbeiträge. E<strong>in</strong> Überblick ............................................................................46Abbildung 8: Leistungen <strong>der</strong> Sozialversicherungen .................................................................65Abbildung 9: Zentrale Daten zur Beitragspflichtigkeit von Arbeitnehmern ...............................665


E<strong>in</strong>leitungDie Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die <strong>Diskussion</strong> geraten. Die Erosion <strong>der</strong> Versicherungspflichtigenbasis,die zunehmende Zahl <strong>der</strong> anspruchsberechtigten Leistungsempfänger, „Kostenexplosionen“<strong>in</strong> Teilsystemen sowie die sukzessive Erweiterung des Kreises <strong>der</strong> Anspruchsberechtigtenhaben angesichts <strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>nden wirtschaftlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen undverän<strong>der</strong>ter Wertorientierungen zu e<strong>in</strong>er Legitimations- und F<strong>in</strong>anzierungskrise <strong>der</strong> kollektivenSozialversicherungssysteme geführt: Den Beitragspflichtigen werden immer höhere Leistungenabverlangt, während ihre eigenen Ansprüche immer weiter gesenkt werden. S<strong>in</strong>kendesLeistungsniveau bei steigenden Beitragssätzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Renten- und Arbeitslosenversicherung,private Zuzahlungen für Medikamente und (zahn)ärtzliche Leistungen sowie die Herausnahmevon Leistungen aus den gesetzlichen Versicherungsleistungen – e<strong>in</strong>e „ausgewogene“ Beitrags-Leistungs-Relation, wie sie für die Akzeptanz je<strong>der</strong> „Versicherung“ essentiell notwendig ist, ist fürviele Beitragszahler immer schwerer erkennbar 1 . Dabei s<strong>in</strong>d es“... nicht die Politiker, die den bisherigen Gesellschaftsvertrag aufkündigen, das korporatistische,erwerbsorientierte, beitragsf<strong>in</strong>anzierte deutsche Sozialversicherungssystem, ess<strong>in</strong>d die gesellschaftlichen Verhältnisse, die ihn <strong>in</strong> Frage stellen. Nicht (nur) weil er zu teuer,son<strong>der</strong>n weil die soziale Welt e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e geworden ist, muß er verän<strong>der</strong>t werden.Es s<strong>in</strong>d nicht so sehr kurzfristige F<strong>in</strong>anz- und Sozialkrisen, son<strong>der</strong>n langfristigeEntwicklungen, die den Gesellschaftsvertrag <strong>in</strong> Frage stellen.” (Dettl<strong>in</strong>g 1996, S. 21)Wieviel an Sicherheit kann, soll o<strong>der</strong> muß <strong>der</strong> Staat se<strong>in</strong>en Bürgern heutzutage unter dengeän<strong>der</strong>ten Bed<strong>in</strong>gungen geben, welche sozialen Lasten s<strong>in</strong>d von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zu tragen?Und auf welche Art und Weise soll o<strong>der</strong> kann das geschehen?Dieser Text greift diese Fragen auf, <strong>in</strong>dem er die <strong>in</strong> <strong>der</strong> aktuellen politischen <strong>Diskussion</strong> bef<strong>in</strong>dlichenVorschläge zur Ausgestaltung e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Sicherung</strong> aufzeigt und h<strong>in</strong>sichtlich ihrerkonzeptionellen und methodischen Vorstellungen h<strong>in</strong>terfragt. Durch die bloße Gegenüberstellung<strong>der</strong> verschiedenen Vorschläge zur Neu- o<strong>der</strong> Umgestaltung des Systems <strong>sozialer</strong><strong>Sicherung</strong>, ihrer jeweiligen Ansprüche und Voraussetzungen, soll vermieden werden, daß sichdie <strong>Diskussion</strong> wie<strong>der</strong>um nur auf die kurzfristig effektivste und pragmatischste Form des„Herumdokterns“ an den Symptomen <strong>der</strong> offensichtlich o<strong>der</strong> nur sche<strong>in</strong>bar überfor<strong>der</strong>ten Sozialversicherungssystemekonzentriert.Zuvor sollen aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kurzen Abriß <strong>Grund</strong>lagen und <strong>Grund</strong>verständnis des bestehendenSystems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Deutschland dargestellt und <strong>der</strong>en Problemfel<strong>der</strong> angerissenwerden, um anschließend e<strong>in</strong>e systematische Verortung <strong>der</strong> diskutierten Reform-Vorschlägevornehmen zu können. Abschließend sollen die <strong>Grund</strong>züge <strong>der</strong> <strong>Sicherung</strong>ssysteme <strong>in</strong> denStaaten <strong>der</strong> europäischen Union dargestellt werden, um den theoretischen Alternativen <strong>der</strong>aktuellen politischen <strong>Diskussion</strong> ggf. realisierte Alternativen zur Seite zu stellen.1 Zwar will die neue Bundesregierung – folgt man den Verlautbarungen <strong>der</strong> entsprechenden Bundesm<strong>in</strong>isterien –Teile dieser Entwicklung wie<strong>der</strong> zurücknehmen bzw. die Belastung <strong>der</strong> Beitragszahler zurückführen, doch bleibenweiterh<strong>in</strong> eklatante Verwerfungen zwischen Konstruktionspr<strong>in</strong>zip und faktischer Ausgestaltung, wie z.B. die Sozialversicherungspflichtigkeitvon Überstunden- und Son<strong>der</strong>entlohnungen, die aber bei Leistungsbezug nicht <strong>in</strong> dieBemessungsgrundlage e<strong>in</strong>gerechnet werden, bestehen.6


1. <strong>Grund</strong>züge des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong>DeutschlandArbeitslosigkeit – nicht die soziale <strong>Sicherung</strong> an sich –, dom<strong>in</strong>iert die politische <strong>Diskussion</strong> seit Mitte<strong>der</strong> 90er Jahre. Doch es ist nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die absolute Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen – we<strong>der</strong> die <strong>der</strong>offiziell ausgewiesenen noch die <strong>der</strong> faktisch Betroffenen – o<strong>der</strong> die Höhe <strong>der</strong> verlautbartenArbeitslosenquote, son<strong>der</strong>n die Art <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit und <strong>der</strong>en Folgen für die Gesellschaft<strong>in</strong>sgesamt, die <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit diese herausragende Bedeutung verleiht (vgl. z.B. Krupp 1998,S. 585). Die andauernde und sich verfestigende Massenarbeitslosigkeit <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>erdaraus resultierenden zunehmenden f<strong>in</strong>anziellen Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>haben die breite öffentliche <strong>Diskussion</strong> über Möglichkeiten und Grenzen, Ausgestaltung und Inhalt<strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>ssysteme entfacht 2 . Denn die Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> s<strong>in</strong>d diejenigengesellschaftlichen Systeme, <strong>in</strong> denen sich die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen strukturellerVerän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Wirtschaft und Gesellschaft am deutlichsten nie<strong>der</strong>schlagen und die <strong>der</strong>enAuswirkungen sozialverträglich sowohl für die Gesellschaft als auch für den E<strong>in</strong>zelnen auffangensollen.1.1 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> WirtschaftsordnungIm Konzept <strong>der</strong> deutschen Wirtschaftsordnung – <strong>der</strong> Sozialen Marktwirtschaft auf die sich alledemokratischen Parteien und Verbände berufen – wird <strong>der</strong> Staat auf e<strong>in</strong>e eigenständige Sozialpolitikfestgelegt und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verfassung <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland durch Art. 20 GG undArt. 28 GG auf die Sozialstaatlichkeit verpflichtet; dieses Sozialstaatsgebot wird im <strong>Grund</strong>gesetzjedoch nicht weiter erläutert (Adam 1992, S. 63). Se<strong>in</strong>e konkrete Ausgestaltung ist somit dasErgebnis <strong>der</strong> jeweiligen politischen Willensbildung. Verpflichtend aber bleibt die <strong>Grund</strong>idee:„S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> sozialen Marktwirtschaft ist es, das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Freiheit auf dem Markte mit dem dessozialen Ausgleichs zu verb<strong>in</strong>den.“ (Müller-Armack 1956, S. 390; Hervorhebung im Orig<strong>in</strong>al)Zu diesem Zweck basiert das Konzept <strong>der</strong> Sozialen Marktwirtschaft auf dem Zusammenspiel vierer<strong>Grund</strong>pr<strong>in</strong>zipien:• dem Wettbewerbspr<strong>in</strong>zip,• dem Sozialpr<strong>in</strong>zip,• den konjunkturpolitischen Pr<strong>in</strong>zipien und• dem Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Marktkonformität (Hardes/ Rahmeyer/ Schmid 1988, S. 33 f.).2 Von e<strong>in</strong>er f<strong>in</strong>anziellen Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sozialversicherungssysteme zu sprechen, ist vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong>Entwicklung, wie sie ohne die Beitragserhöhungen bzw. Leistungskürzungen <strong>der</strong> letzten Jahre stattgefunden hätte,sicherlich gerechtfertigt, doch schw<strong>in</strong>gt schon <strong>in</strong> dieser Formulierung e<strong>in</strong>e politische Bewertung mit: So ist esbeispielsweise e<strong>in</strong>e Frage des politisch-gesellschaftlichen Weltbildes, ob e<strong>in</strong>e Erhöhung des Bundeszuschusses zurRentenversicherung angesichts <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Rentenversicherung wahrzunehmenden Funktionen „systemkonform“ seio<strong>der</strong> nicht.7


Das Wettbewerbspr<strong>in</strong>zip besagt, daß die soziale Marktwirtschaft e<strong>in</strong>e grundsätzlichmarktwirtschaftlich koord<strong>in</strong>ierte Wirtschaftsordnung darstellen soll. Der Marktmechanismus soll dentechnischen und ökonomischen Fortschritt und damit e<strong>in</strong> Wirtschaftswachstum sichern, das als<strong>Grund</strong>lage e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Erhöhung des Lebensstandards und <strong>der</strong> Lösung <strong>sozialer</strong> Konfliktebetrachtet wird: Erst die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schafft die f<strong>in</strong>anziellen Voraussetzungenfür e<strong>in</strong>e effektive Sozialpolitik und trägt dazu bei, soziale Konflikte materiell zu entschärfen.Das Sozialpr<strong>in</strong>zip beruht h<strong>in</strong>gegen auf <strong>der</strong> Erkenntnis, daß die Ergebnisse e<strong>in</strong>er freienMarktwirtschaft nicht zwangsläufig dem gesellschaftlichen Anspruch <strong>sozialer</strong> Gerechtigkeit im S<strong>in</strong>nee<strong>in</strong>er „ausgewogenen“ Komb<strong>in</strong>ation leistungs- und bedarfsgerechter Verteilung entsprechen (vgl.z.B. Röpke 1968, S. 57 f.) und for<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e ausgleichende Korrektur sozial ungerechtfertigterMarktergebnisse. Das Zusammenwirken von Wettbewerbs- und Sozialpr<strong>in</strong>zip soll das sozioökonomischeKonfliktpotential <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft verm<strong>in</strong><strong>der</strong>n (vgl. Thieme 1991, S. 15). Diesenbeiden Pr<strong>in</strong>zipien sollte mit <strong>der</strong> konkreten Ausgestaltung des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> den50er und 60er Jahren sowie den nachfolgenden Verän<strong>der</strong>ungen Rechnung getragen werden.Die konjunkturpolitischen Pr<strong>in</strong>zipien schließlich sollten e<strong>in</strong>e Verstetigung des wirtschaftlichenWachstums gewährleisten, um den Ausgleich zwischen <strong>der</strong> wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und<strong>der</strong> Berücksichtigung <strong>sozialer</strong> Belange von konjunkturellen Entwicklungen unabhängig zu machen,während das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Marktkonformität verlangt, daß die e<strong>in</strong>gesetzten wirtschaftspolitischenMittel den Marktmechanismus nicht (unzumutbar) bee<strong>in</strong>trächtigen 3 .Im Rahmen <strong>der</strong> deutschen Wirtschaftsordnung handelt es sich bei <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> um e<strong>in</strong>en„Sozialvertrag“ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en „Versicherung auf Gegenseitigkeit“ (Engelhardt 1995,S. 20), dessen <strong>Grund</strong>lagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Rechtsgebiet – dem Sozialrecht 4 – zusammengefaßts<strong>in</strong>d 5 und nach Art. 95 GG e<strong>in</strong>er eigenen Gerichtsbarkeit unterliegen (Schäfers 1990, S. 223).Ziel dieser allgeme<strong>in</strong>en Versicherungen ist es, <strong>in</strong>dividuelle Existenzrisiken – wie dieArbeitsunfähigkeit durch Alter, Invalidität, Krankheit o<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit – gesellschaftlichaufzufangen (Hamm 1976, S. 88).Schon <strong>in</strong> dieser, vom Inhalt her weitverbreiteten Def<strong>in</strong>ition zeigt sich e<strong>in</strong> grundsätzliches Dilemmades deutschen Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>en. Je nach gesellschaftspolitischer <strong>Grund</strong>überzeugung(Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip 6 auf Basis <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Verpflichtung zur Eigenleistung und –vorsorgeo<strong>der</strong> kollektive Verantwortlichkeit für die Lage des E<strong>in</strong>zelnen) kann die For<strong>der</strong>ung des obenangeführten Sozialpr<strong>in</strong>zips unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert werden: Entwe<strong>der</strong> „als ergänzende3 <strong>der</strong> Problematik, die Marktkonformität e<strong>in</strong>zelner Instrumente im konkreten Fall zu bestimmen, war sich Müller-Armack bewußt; deshalb wurde dieses Pr<strong>in</strong>zip von ihm auch nie e<strong>in</strong>deutig def<strong>in</strong>iert, son<strong>der</strong>n als Anspruch formuliert4 Zu den Auswirkungen <strong>der</strong> Regelung <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> im Sozialrecht auf Form und Inhalt <strong>der</strong> sozialen<strong>Sicherung</strong> selbst siehe (Zacher 1985, S. 48-66).5 E<strong>in</strong>e Ausnahme bildet die Arbeitslosenversicherung, die nach § 1 Abs. 2 SGB I als Teil <strong>der</strong> Arbeitsför<strong>der</strong>ung nichtune<strong>in</strong>geschränkt <strong>der</strong> Sozialversicherung zugerechnet wird (Schul<strong>in</strong> 1993, S. 21, Fßn. 15; vgl. auch Engelhardt 1995,S. 18).6 Im Gegensatz zur plakativen Verkürzung des Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zips auf die Formel, das e<strong>in</strong>e größere E<strong>in</strong>heit erstdann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leistungspflicht stünde, wenn die kle<strong>in</strong>ere E<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>e Aufgabe nicht aus eigener Kraft bewerkstelligenkönne, damit also alle Aufgaben von <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>stmöglichen E<strong>in</strong>heit wahrgenommen werden sollten, be<strong>in</strong>haltet dasSubsidiaritätspr<strong>in</strong>zip dem S<strong>in</strong>n nach e<strong>in</strong>e zweiseitige Zuordnungsregel: Der E<strong>in</strong>zelne soll befähigt werden, se<strong>in</strong>eeigenen Aufgaben verantwortlich wahrnehmen zu können, was auch durch Bildung von Großorganisationengeschehen kann, danach aber se<strong>in</strong>e Aufgaben auch verantwortlich wahrnehmen (Engelhardt 1995, S. 6 ff.; vgl. auchKurbjuweit 1996).8


staatliche Fürsorge im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er sozialen M<strong>in</strong>destsicherung o<strong>der</strong> als allumfassende staatlicheVersorgung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er vollen Absicherung des Lebensstandards <strong>in</strong> allen Wechselfällen desLebens“ (Adam 1992, S. 63). Damit werden – provokativ formuliert – Fragen wie die nach <strong>der</strong>normativen Begründung von Rentenzahlungen aus Versichertenbeiträgen an noch arbeitsfähigeRentner o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung als Sozialversicherungaufgeworfen, wenn diese doch das Risiko <strong>in</strong>dividueller Arbeitsunfähigkeit – also <strong>der</strong> persönlichenUnfähigkeit, trotz eigenen Bemühens eigenes E<strong>in</strong>kommen durch Arbeit zu erwerben – nicht abere<strong>in</strong>e strukturelle Arbeitsunmöglichkeit, wie sie <strong>in</strong> Zeiten e<strong>in</strong>er Massenarbeitslosigkeit und sichverfestigen<strong>der</strong> Langzeitarbeitslosigkeit gegeben ist, abdecken soll. Die den verschiedenenmöglichen Antworten auf solcher Art Fragen zugrundeliegenden unterschiedlichen Sichtweisenkommen auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> konkreten Ausgestaltung des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Deutschland zumAusdruck.1.2 Die Konzeption <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>Das bundesdeutsche System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ist im wesentlichen als Versicherungssystem umdie Erwerbsarbeit herum konzipiert worden. Denn nur über Erwerbse<strong>in</strong>kommen lassen sichorig<strong>in</strong>äre Leistungsansprüche des o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erwerbstätigen und abgeleitete Leistungsansprüchese<strong>in</strong>er bzw. ihrer direkten Angehörigen an die kollektiven Sozialversicherungssysteme erwerben:Entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Pflichtversicherung als abhängig Beschäftigte(r) o<strong>der</strong> aber durch dieBereitstellung <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Mittel zur freiwilligen Selbstvorsorge.E<strong>in</strong>zig die Sozialhilfe als rechtlich verfaßte Form des Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zips im Sozialrecht istnicht an zeitliche und/o<strong>der</strong> materielle Anwartschaften gebunden und erfüllt damit die Funktione<strong>in</strong>er gesellschaftlich erbrachten sozialen <strong>Grund</strong>sicherung: Sie tritt immer dann <strong>in</strong> die Pflicht,wenn Voraussetzungen für den Leistungsbezug aus an<strong>der</strong>en (öffentlichen und privaten)Teilsystemen <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> nicht erfüllt s<strong>in</strong>d, etwa weil ke<strong>in</strong>e Anwartschaften vorliegen,diese nicht ausreichend s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> aber die e<strong>in</strong>getretene Bedarfslage nicht durch die Sozialversicherungabgedeckt ist (vgl. Schul<strong>in</strong> 1993, Rdnr. 53 f.); aber auch dann tritt die Sozialhilfenur e<strong>in</strong>, wenn ke<strong>in</strong>e Leistungspflicht Dritter, wie <strong>der</strong> Eltern, <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> o<strong>der</strong> des Ehepartners,vorliegt. Der Gewährung von Sozialhilfe geht deshalb im Gegensatz zur Leistungsgewährungdurch die Sozialversicherungen stets e<strong>in</strong>e Bedürftigkeitsprüfung voraus.Die Zentrierung <strong>der</strong> deutschen Sozialversicherungssysteme um das Erwerbse<strong>in</strong>kommen herum istFolge <strong>der</strong> Reformierung <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Weimarer Republik übernommenen Sozialversicherungen <strong>in</strong>den 50er und 60er Jahren, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Verlauf die bis dah<strong>in</strong> vorhandenen rudimentären Elementee<strong>in</strong>er <strong>Grund</strong>- bzw. M<strong>in</strong>destsicherung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Renten- und <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung zugunstene<strong>in</strong>er am jeweiligen Lebensstandard orientierten und dynamisierten Versicherungsleistungabgeschafft wurden. Ziel dieser Reformen war die Herstellung e<strong>in</strong>er „Leistungsgerechtigkeit“<strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>: Das Niveau <strong>sozialer</strong> Leistungen bestimmt sich seitherim Leistungsfall sowohl bei <strong>der</strong> Renten- als auch bei <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung imwesentlichen nach <strong>der</strong> jeweiligen Beitragsleistung, was angesichts <strong>der</strong> damaligen (Voll-)Beschäftigungssituation dem Anspruch grundsätzlicher Beitrags-Anspruchs-Äquivalenz beistruktureller Chancengleichheit am direktesten entsprach (vgl. Dör<strong>in</strong>g 1997, S. 15).9


1.3 Konstruktionspr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>Mit <strong>der</strong> Feststellung, daß das deutsche System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> im wesentlichen alsVersicherungssystem konzipiert wurde, ist aber noch nichts über die grundsätzliche Art undWeise <strong>der</strong> Leistungsgewährung gesagt. Denn Leistungen nach dem Versicherungspr<strong>in</strong>zip könnensowohl nach dem Äquivalenz- als auch nach dem Solidarpr<strong>in</strong>zip gewährt werden:• E<strong>in</strong>e Leistungsgewährung nach dem Äquivalenzpr<strong>in</strong>zip bedeutet e<strong>in</strong>e direkte Abhängigkeit <strong>der</strong>Leistungsansprüche von den jeweils <strong>in</strong>dividuell geleisteten Beiträgen; die Höhe etwaigerAnsprüche ergibt sich aus <strong>der</strong> Höhe und teilweise <strong>der</strong> Laufzeit <strong>der</strong> zuvor geleisteten Beiträge.• E<strong>in</strong>e Leistungsgewährung nach dem Solidarpr<strong>in</strong>zip h<strong>in</strong>gegen ist <strong>in</strong> ihrer Höhe von den zuvor<strong>in</strong>dividuell geleisteten Beiträgen unabhängig. E<strong>in</strong>zige Voraussetzung für die Leistungsgewährungist, daß die Voraussetzungen für e<strong>in</strong>en generellen Leistungsanspruch erfüllt s<strong>in</strong>d;die Höhe <strong>der</strong> Leistungen ergibt sich aus den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> versicherten „Schadens“abwehrbzw. -kompensation.Mit diesen beiden Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Leistungsgewährung korrespondieren die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong>Leistungsf<strong>in</strong>anzierung, das Kapitaldeckungs- und das Umlageverfahren. Diese beiden Pr<strong>in</strong>zipienunterscheiden sich jedoch nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> dem Verhältnis von Anspruchs- zur Beitragshöhe,son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> Herkunft <strong>der</strong> Mittel, die zur Leistungserfüllung verwandt werden:• Beim Kapitaldeckungsverfahren werden die vom Versicherten selbst e<strong>in</strong>gezahlten Beiträge imBedarfsfall e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er Verz<strong>in</strong>sung an diesen wie<strong>der</strong> zurückgezahlt; <strong>der</strong> Versicherte legtmit se<strong>in</strong>en Beiträgen also e<strong>in</strong>en Kapitalstock für se<strong>in</strong>e eigenen späteren Leistungsbezüge an.Die maximale Höhe se<strong>in</strong>er Leistungsansprüche ergibt sich somit aus <strong>der</strong> Höhe diesesKapitalstocks zum Zeitpunkt des E<strong>in</strong>tritts des Versicherungsfalls e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>erangemessenen Verz<strong>in</strong>sung 7 . Die Leistungsgewährung erfolgt also <strong>in</strong> <strong>der</strong> extremsten Form desÄquivalenzpr<strong>in</strong>zips. 8• Beim Umlageverfahren h<strong>in</strong>gegen werden die laufenden Leistungsverpflichtungen durchlaufende Beitragse<strong>in</strong>nahmen bedient. Im Gegensatz zum Kapitaldeckungsverfahren erfolgtbeim Umlageverfahren also nicht nur e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tertemporaler, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terpersonaler bish<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tergenerativen Lasten- bzw. Risikoausgleich. Dabei können die Beiträgeentwe<strong>der</strong>, wie im Falle von Versicherungen, über Mitgliedsbeiträge erbracht werden (Umlageverfahreni.e.S.) o<strong>der</strong> aber von <strong>der</strong> Gesellschaft <strong>in</strong>sgesamt aufgebracht werden, wie im Fallee<strong>in</strong>er Steuerf<strong>in</strong>anzierung (Umlageverfahren i.w.S.).Neben die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Leistungsgewährung und Leistungsf<strong>in</strong>anzierung treten als dritte die <strong>der</strong>Leistungserbr<strong>in</strong>gung. Es werden das Sachleistungs- und das Geldleistungspr<strong>in</strong>zip unterschieden.• E<strong>in</strong>e Leistungsgewährung nach dem Sachleistungspr<strong>in</strong>zip bedeutet die Gewährung spezifischerLeistungen, die zur Abwehr bzw. Kompensation konkreter „Schadensfälle“ im Rahmen <strong>der</strong>7 Darüber h<strong>in</strong>ausgehende Leistungen <strong>der</strong> Kapitalsammelstellen wären dem Pr<strong>in</strong>zip nach Kreditgeschäfte.8 Ausführlicher zu den Problemen, die mit e<strong>in</strong>er Absicherung existenzieller Risiken mittels e<strong>in</strong>es Kapitaldeckungsverfahrensverbunden s<strong>in</strong>d: (Oeter 1989, S. 16-19; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 1998, S. 833-839).10


Versicherungsleistung notwendig s<strong>in</strong>d; die Leistung kann entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form tatsächlicherSachleistungen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Kostenerstattung für spezifische Leistungen erfolgen.• E<strong>in</strong>e Leistungsgewährung nach dem Geldleistungspr<strong>in</strong>zip bedeutet demgegenüber e<strong>in</strong>epauschalierte Auszahlung von Geldbeträgen, <strong>der</strong>en konkrete Verwendung dem Leistungsempfängerüberlassen wird.<strong>Grund</strong>legen<strong>der</strong> für die <strong>in</strong>haltliche Ausgestaltung des Sozialpr<strong>in</strong>zips <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Systems <strong>sozialer</strong><strong>Sicherung</strong> als die Art <strong>der</strong> Leistungsgewährung, <strong>der</strong> Leistungsf<strong>in</strong>anzierung o<strong>der</strong> die Form <strong>der</strong>Leistungserbr<strong>in</strong>gung aber ist die Art <strong>der</strong> Leistungsverpflichtung. Die oben angerissenenalternativen Vorstellungen von Aufgabe und Umfang <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> kommen denn auch <strong>in</strong> denverschiedenen Pr<strong>in</strong>zipien öffentlicher Leistungsverpflichtung am deutlichsten zum Ausdruck: <strong>Grund</strong>sätzlichlassen sich Leistungsverpflichtungen nach dem Fürsorgepr<strong>in</strong>zip, dem Versicherungspr<strong>in</strong>zipund dem Versorgungspr<strong>in</strong>zip unterscheiden:• Leistungen nach dem Fürsorgepr<strong>in</strong>zip stellen we<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>zelne Risiken ab, noch auf e<strong>in</strong>Unverschulden des Leistungsempfängers; e<strong>in</strong>ziges Kriterium für die Gewährung dieser<strong>in</strong>dividuellen Leistungen ist die <strong>in</strong>dividuelle Bedürftigkeit des e<strong>in</strong>zelnen. E<strong>in</strong> Rechtsanspruch aufLeistungen besteht allenfalls „dem <strong>Grund</strong>e nach“, die Leistungen werden entsprechend demSubsidiaritätspr<strong>in</strong>zip nach e<strong>in</strong>er Bedürftigkeitsprüfung auf Basis <strong>der</strong> Entscheidungenzuständiger Behörden aufgrund e<strong>in</strong>es Gesetzes von den Kommunen aus Steuermitteln gewährt.Träger s<strong>in</strong>d i.d.R. die Kommunen, somit letztlich die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Steuerzahler.• Im Gegensatz zu den Leistungen nach dem Fürsorgepr<strong>in</strong>zip, die auf e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Notlageabstellen, s<strong>in</strong>d Leistungen nach dem Versicherungspr<strong>in</strong>zip an <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>bestimmter gesellschaftlicher Gruppen orientiert. Leistungen nach dem Versicherungspr<strong>in</strong>zipwerden aus dem Beitragsaufkommen <strong>der</strong> Versicherten bei E<strong>in</strong>tritt des versicherten Risikofallesgewährt.• Leistungsverpflichtungen können schließlich aus dem Versorgungspr<strong>in</strong>zip abgeleitet werden.Dieses Pr<strong>in</strong>zip stellt ebenfalls auf die soziale <strong>Sicherung</strong> bestimmter gesellschaftlicher Gruppenab. E<strong>in</strong>en Rechtsanspruch auf Leistungen nach dem Versorgungspr<strong>in</strong>zip hat je<strong>der</strong> Staatsbürger,<strong>der</strong> Nachteile bzw. Schäden o<strong>der</strong> Opfer erlitten hat, die grundsätzlich auch jeden an<strong>der</strong>enhätten treffen können. Die Leistungen s<strong>in</strong>d unabhängig von <strong>der</strong> Bedürftigkeit für alle Leistungsbeziehergleich und werden aus dem Staatshaushalt f<strong>in</strong>anziert (etatisierte Leistungen). Trägerdieser Leistungen ist <strong>der</strong> Bund bzw. s<strong>in</strong>d die Län<strong>der</strong>, d.h. letztlich wie bei den Leistungen nachdem Fürsorgepr<strong>in</strong>zip die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Steuerzahler.Die <strong>Grund</strong>formen <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> und die Verschränkungen <strong>der</strong> unterschiedlichenPr<strong>in</strong>zipien lassen sich somit übersichtsartig wie folgt darstellen:11


Abbildung 1: <strong>Grund</strong>formen <strong>der</strong> Sozialen <strong>Sicherung</strong> 9Quelle: Jürgen Zerche und Fritz Gründger: Sozialpolitik – E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die ökonomische Theorie <strong>der</strong> Sozialpolitik,2. Aufl., Düsseldorf, 1996, S. 1021.4 Die Ausgestaltung des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>Im Rahmen des deutschen Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> kommen die oben aufgeführten Pr<strong>in</strong>zipien<strong>in</strong> unterschiedlicher Art und Weise zur Geltung. Der Verzicht <strong>der</strong> „Väter (und Mütter) des <strong>Grund</strong>gesetzes“,<strong>in</strong> diesem die Ausgestaltung <strong>der</strong> Wirtschafts- und Sozialordnung <strong>der</strong> BundesrepublikDeutschland verb<strong>in</strong>dlich zu regeln – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung, nach den ersten Wahlen ihre jeweiligenparteipolitischen Interessen <strong>in</strong> diesen Bereichen realisieren zu können (vgl. Adam 1992, S. 43) –führte dazu, daß die konkrete Ausgestaltung <strong>in</strong>nerhalb des durch das <strong>Grund</strong>gesetz gezogenenRahmens (vgl. Meißner/ Markl o.J., S. 29) nunmehr dem Gesetzgeber überlassen bleibt.Diese grundsätzliche Offenheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> konkreten Ausgestaltung dieser beiden für e<strong>in</strong>eGesellschaftsordnung fundamentalen Politikbereiche – <strong>der</strong> Wirtschafts- und <strong>der</strong> Sozialordnung –bef<strong>in</strong>det sich zwar <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>idee <strong>der</strong> Sozialen Marktwirtschaft, diese alsoffenen Prozeß ständiger Entwicklung zu verstehen (vgl. Z<strong>in</strong>n 1992, S. 11) und ist vomBundesverfassungsgericht auch mehrfach <strong>in</strong> ihrer Verfassungsmäßigkeit bestätigt worden (vgl. z.B.Benda o.J., S. 71), führte letztendlich aber zu e<strong>in</strong>er Gemengelage wi<strong>der</strong>streiten<strong>der</strong> Interessen undPr<strong>in</strong>zipien, die ihren konkreten Nie<strong>der</strong>schlag <strong>in</strong> dem System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> selbst fanden.1.4.1 Die Mehrgliedrigkeit des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>Das deutsche System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ist durch e<strong>in</strong>e Vielzahl unterschiedlicher Versicherungsträgerund die Vielfalt <strong>der</strong> bei diesen versicherten Leistungen charakterisiert. Als <strong>Grund</strong>pfeiler<strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> fungieren die gesetzliche Renten-, Unfall-, Kranken- und Arbeitslosen- sowieseit 1995 die Pflegeversicherung.9 In dieser Graphik wird das oben angeführte Solidarpr<strong>in</strong>zip mit Sozialpr<strong>in</strong>zip bezeichnet, ist aber nicht mit demSozialpr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> Kapitel 1.1 gleichzusetzen.12


Innerhalb dieser Versicherungen wie<strong>der</strong>um gibt es e<strong>in</strong>e Vielzahl von Versicherungsträgern: Soexistieren beispielsweise im Bereich <strong>der</strong> Krankenversicherung neben den Allgeme<strong>in</strong>enOrtskrankenkassen (AOK) e<strong>in</strong>e Vielzahl von Ersatz- und Betriebskrankenkassen sowie berufsspezifischeVersicherungsträger; die gesetzliche Rentenversicherung h<strong>in</strong>gegen wird vor allemvon <strong>der</strong> Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und den 23 Landesversicherungsanstalten(LVA) sichergestellt. Daneben aber treten Son<strong>der</strong>kassen wie die Seekasse, dieBundesknappschaft, die Bahnversicherungsanstalt und die Künstlersozialkasse. E<strong>in</strong>zig dieArbeitslosenversicherung ist bei nur e<strong>in</strong>em Versicherungsträger, <strong>der</strong> Bundesanstalt für Arbeit(BA), konzentriert.Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> jeweils e<strong>in</strong>er dieserVersicherungen „zwangsversichert“, d.h. gesetzlich zur Beitragszahlung verpflichtet 10 , dafürdiesen Versicherungsträgern gegenüber aber auch im Rahmen e<strong>in</strong>es Gesetzes anspruchsberechtigt.Die Höhe des jeweils zu leistenden Beitrags errechnet sich bis zur sogenanntenBeitragsbemessungsgrenze von <strong>der</strong>zeit DM 8.400.- jeweils als fester Prozentsatz des jeweiligenBruttoverdienstes. 11Abbildung 2: Die <strong>Grund</strong>pfeiler <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> nach Ausgabenvolumen 1997 undBeitragssätzen 1998Quelle: GLOBUS Infografik GmbH, Blatt Na 5210, 53. Jg. vom 9. November 1998Neben diese gesetzlichen <strong>Sicherung</strong>ssysteme treten im E<strong>in</strong>zelfall freiwillige privatrechtliche o<strong>der</strong>betriebliche Zusatzversicherungen.10 E<strong>in</strong>e Ausnahme bildet die gesetzliche Unfallversicherung, die die Arbeitgeber alle<strong>in</strong>e tragen.11 Zu den technischen Details <strong>der</strong> Beitragsbemessung siehe Anlage 2.13


1.4.2 Der Versicherungscharakter des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>Formal handelt es sich bei den Sozialversicherungen im wesentlichen um Versicherungen(Engelhardt 1995, S. 18), denn:• nur durch Beitragszahlungen können Ansprüche erworben werden,• Leistungen werden nur bei E<strong>in</strong>tritt vorher deutlich def<strong>in</strong>ierter Sachverhalte bzw. Tatbeständegewährt und• es erfolgt sowohl e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tertemporaler als auch e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terpersonaler Risikoausgleich.Von e<strong>in</strong>er privatrechtlichen Versicherung unterscheiden sich die öffentlichen Sozialversicherungenaber grundsätzlich durch• den Versicherungszwang, dem alle abhängig Beschäftigten mit e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommen oberhalbe<strong>in</strong>er Ger<strong>in</strong>gfügigkeitsgrenze unterliegen,• die Berechnung des jeweils zu leistenden Beitrags <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellenwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – im Gegensatz zur risikoabhängigen Prämienberechnungprivatwirtschaftlicher Versicherungen – sowie• ihre öffentlich-rechtliche Organisation und die Form <strong>der</strong> Selbstverwaltung.1.4.3 Der Pr<strong>in</strong>zipienmixIm Rahmen des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> werden <strong>in</strong> Deutschland die <strong>in</strong> Kapitel 1.3 angeführtenPr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Leistungsgewährung, Leistungserbr<strong>in</strong>gung und Leistungsverpflichtung <strong>in</strong>unterschiedlichster Form mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gemischt; e<strong>in</strong>zig die Art <strong>der</strong> Leistungsf<strong>in</strong>anzierung iste<strong>in</strong>heitlich geregelt: E<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Gesamtheit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Teils <strong>der</strong> gesetzlichenSozialversicherungen nach dem Kapitaldeckungsverfahren f<strong>in</strong>det <strong>der</strong>zeit nicht statt.• In Bezug auf die Leistungsgewährung f<strong>in</strong>den sich Unterschiede zwischen Äquivalenz- undSolidarpr<strong>in</strong>zip nicht nur zwischen den e<strong>in</strong>zelnen „Versicherungszweigen“, son<strong>der</strong>n zum Teilauch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>selben. So werden Leistungen <strong>der</strong> Renten- und <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherungim wesentlichen nach Maßgabe des Äquivalenzpr<strong>in</strong>zips gewährt, Leistungsansprüchean die Kranken-, Unfall- o<strong>der</strong> Pflegeversicherung h<strong>in</strong>gegen im S<strong>in</strong>ne desSolidarpr<strong>in</strong>zips abgegolten: Der Umfang <strong>der</strong> Leistungen bemißt sich <strong>in</strong> diesen Fällen nach<strong>der</strong> jeweiligen Notwendigkeit zur „Schadensregulierung“, nicht nach <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellenBeitragsleistung des Leistungsempfängers.Auch bei Leistungen aus <strong>der</strong> Renten- o<strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung werden aber nicht <strong>in</strong>allen Fällen alle Beitragsleistungen angerechnet bzw. nicht e<strong>in</strong>heitlich nur die tatsächlichen(materiellen) Beitragszahlungen berücksichtigt: So etwa bei <strong>der</strong> Nicht-Berücksichtigungaußertariflicher Son<strong>der</strong>entgelte, die zwar <strong>der</strong> Sozialversicherungspflicht unterliegen, abernicht anrechnungswirksam werden, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> (teilweisen) Berücksichtigung beitragsloserErziehungs- und Ausbildungszeiten; hier wird im E<strong>in</strong>zelfall das Äquivalenzpr<strong>in</strong>zip zugunstenan<strong>der</strong>er gesellschaftlich verantworteter Aufgaben, wie z.B. des Lastenausgleichs, durchbrochen.14


Vollends dem Solidarpr<strong>in</strong>zip zuzuordnen s<strong>in</strong>d Leistungen <strong>der</strong> Sozialhilfe, die als „letzteInstanz“ gesellschaftlicher Subsidiarität allen Bedürftigen offensteht, während Leistungen <strong>der</strong>Arbeitslosenhilfe nur Bedürftigen mit entsprechenden Anwartschaften, und auch dann nur <strong>in</strong>Abhängigkeit von <strong>der</strong> zuvor geleisteten Beitragshöhe, zustehen.• Auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Leistungserbr<strong>in</strong>gung f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> je nach zuerbr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Leistung unterschiedliches Mischsystem: Leistungen <strong>der</strong> Kranken-, Unfall- undPflegeversicherung werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel als Sachleistungen gewährt, d.h. spezifische, zur„Schadensregulierung“ bzw. zur Rehabilitation o<strong>der</strong> dauerhaften Pflege notwendigeLeistungen werden von den jeweiligen Versicherungsträgern übernommen o<strong>der</strong> erstattet,während Leistungen <strong>der</strong> Renten- o<strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung im wesentlichen als Geldleistungenausgezahlt werden; e<strong>in</strong>e Ausnahme stellen im Fall <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherungdie Unterhaltszahlungen bei Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen dar, die sowohlSachleistungs- als auch Geldleistungskomponenten enthalten. Die Sozialhilfe als letzteInstanz kollektiver <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> stellt ebenfalls e<strong>in</strong>e Mischung bei<strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipen bereit:Als Hilfe zum laufenden Lebensunterhalt folgt sie dem Geldleistungspr<strong>in</strong>zip, soweit es sichum die <strong>Sicherung</strong> des gesetzlich fixierten Existenzm<strong>in</strong>imums handelt, als Hilfe <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>enLebenslagen h<strong>in</strong>gegen folgt sie dem Sachleistungspr<strong>in</strong>zip. 12• Schließlich f<strong>in</strong>den sich auch die möglichen Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Leistungsverpflichtung <strong>in</strong>unterschiedlicher Form im deutschen System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> verwirklicht. Die wesentlichenund umfassendsten Teile des deutschen Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> s<strong>in</strong>d nach demVersicherungspr<strong>in</strong>zip organisiert; Aufgaben des Lastenausgleichs h<strong>in</strong>gegen erfolgen imwesentlichen nach dem Versorgungspr<strong>in</strong>zip. Die Sozialhilfe als öffentliche „Letztsicherung“beruht demgegenüber auf dem Fürsorgepr<strong>in</strong>zip.E<strong>in</strong>en Son<strong>der</strong>bereich im System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> stellt <strong>in</strong> Deutschland die Beamten- undSoldatenversorgung dar, die mit <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Form des Arbeitsverhältnisses dieserGruppen – Nichtkündbarkeit und spezifische Treuepflicht – begründet wird. E<strong>in</strong>e weitereSon<strong>der</strong>form f<strong>in</strong>det sich im Instrument <strong>der</strong> Arbeitslosenhilfe, das <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherungzugeordnet ist: Bei <strong>der</strong> Arbeitslosenhilfe handelt es sich um e<strong>in</strong>e Fürsorgeleistung desBundes, die bei Bedürftigkeit aus Steuermitteln bislang zeitlich unbefristet geleistet wird; sieberuht damit auf dem Fürsorgepr<strong>in</strong>zip, wird aber bei den Voraussetzungen wie auch bei<strong>der</strong> Bemessung <strong>der</strong> Anspruchshöhe wie e<strong>in</strong>e Versicherungsleistung gehandhabt.1.4.4 Das Volumen des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>Seit den 50er Jahren haben sich die Aufwendungen für die Soziale <strong>Sicherung</strong> deutlich erhöht:Der Anteil <strong>der</strong> Sozialausgaben stieg von 17% des Bruttosozialproduktes Ende <strong>der</strong> 40er Jahreauf 34% <strong>in</strong> 1995.12 Zu den unterschiedlichen Formen <strong>der</strong> Leistungserbr<strong>in</strong>gung nach Leistungsarten siehe Abbildung 8 im Anhang.15


Abbildung 3: Entwicklung des Sozialbudgets und se<strong>in</strong>er Teile von 1950 bis 1995 <strong>in</strong> v.H. desBruttosozialproduktsQuelle: Helmut Creutz: Warum stößt <strong>der</strong> Sozialstaat an se<strong>in</strong>e Grenzen? Versuch e<strong>in</strong>er Analyse, <strong>in</strong>: Zeitschrift fürSozialökonomie, 115. Folge, Dezember 1997, S. 5Dabei spielen <strong>in</strong>nerhalb des Sozialbudgets die Ausgaben für die Sozialhilfe als „Letztsicherung“und für die Arbeitslosenversicherung als dem Bereich, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Statistiken sich die Verän<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Wirtschafts- und Beschäftigungsstruktur am unmittelbarsten wi<strong>der</strong>spiegeln, e<strong>in</strong>e eheruntergeordnete Rolle; <strong>der</strong> größte Anteil entfällt auf Leistungen <strong>der</strong> Rentenversicherung und <strong>der</strong>Sozialausgaben außerhalb <strong>der</strong> Sozialversicherungen, wie das Wohngeld o<strong>der</strong> das K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld.Mit e<strong>in</strong>em Anteil von unter 30% am Brutto<strong>in</strong>landsprodukt 1995 liegen die Ausgaben für diesoziale Sicherheit nur knapp e<strong>in</strong>en Prozentpunkt über dem Durchschnitt für die Staaten <strong>der</strong>europäischen Union mit 28,5%. 13 Deutlich höhere Aufwendungen verzeichnen dieskand<strong>in</strong>avischen Län<strong>der</strong> mit zwischen 32,8% <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland und 35,6% <strong>in</strong> Schweden, die mitdeutlichem Abstand ger<strong>in</strong>gsten Aufwendungen <strong>in</strong> Relation zum Brutto<strong>in</strong>landsprodukt Irland mit19,7% und Portugal mit 20,7% (Europäische Kommission 1997, S. 65).13 Creutz weißt <strong>in</strong> <strong>der</strong> oben dargestellten Graphik für 1995 die Sozialausgaben mit e<strong>in</strong>em Anteil von 34% amBruttosozialprodukt aus, und das Bruttosozialprodukt ist zum<strong>in</strong>dest für die Bundesrepublik Deutschland i.d.R. höherals das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt, so daß <strong>der</strong> Anteil am Brutto<strong>in</strong>landprodukt noch höher läge; die von <strong>der</strong> EuropäischenKommission errechneten nur knapp 30% resultieren aus den unterschiedlichen Zurechnungskriterien, die bei <strong>der</strong>Europäischen Kommission zugunsten <strong>der</strong> europaweiten Vergleichbarkeit an<strong>der</strong>s aussehen als <strong>in</strong> den jeweiligennationalen Berechnungen16


2. Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Diskussion</strong>Die strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> letzten Jahre <strong>in</strong> Wirtschaft und Gesellschaft, ausgelöstdurch Globalisierung, Informatisierung und Individualisierung, führen heute zu e<strong>in</strong>er fortschreitendenErosion <strong>der</strong> Sozialversicherungssysteme <strong>in</strong> ihrer bestehenden Form als imwesentlichen beitragsf<strong>in</strong>anzierte Versicherungssysteme:• Die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation ökonomischer Wertschöpfungsketten und<strong>in</strong>nerbetrieblicher Prozesse <strong>der</strong> Leistungserstellung aufgrund <strong>der</strong> Internationalisierung <strong>der</strong>Wirtschaft, <strong>der</strong> Mult<strong>in</strong>ationalisierung von Unternehmen sowie <strong>der</strong> <strong>in</strong>tensiven Nutzungneuester Informations- und Kommunikationstechnologien haben zu Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong>Arbeitswelt geführt, die den bzw. die kont<strong>in</strong>uierlich Vollerwerbsbeschäftigte(n) immerweniger <strong>der</strong> Normalfall se<strong>in</strong> lassen; Friktionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erwerbsbiographie und damit <strong>in</strong> denBeitragsleistungen nehmen zu – mit den entsprechenden Auswirkungen auf Anwartschaften,Ansprüche und Leistungsniveaus.• Die erhöhten Anfor<strong>der</strong>ungen an die Flexibilität von Unternehmen und Arbeitnehmern führenzu e<strong>in</strong>er zunehmenden Ablösung des „Normal-Arbeitsverhältnisses“ – unbefristet, sozialversicherungspflichtigund durch Dienstvertrag geregelt – durch an<strong>der</strong>e Beschäftigungsformen:Befristete Beschäftigungsverhältnisse, neue Formen von Mehrfach-Beschäftigungsverhältnissen,Gleichzeitigkeiten von Dienst- und Werkverträgen, aber auch diezunehmende Bedeutung von Teilzeitarbeit und vor allem ger<strong>in</strong>gfügiger Beschäftigungentziehen den Sozialversicherungen die f<strong>in</strong>anzielle Basis.Diesen Belastungen auf <strong>der</strong> E<strong>in</strong>nahmenseite <strong>der</strong> Sozialversicherungen stehen aufgrund dessozio-demographischen Wandels und <strong>der</strong> wirtschaftlichen Entwicklung <strong>der</strong> letzten Jahregestiegene Ausgaben gegenüber:• Das zunehmende Alter <strong>der</strong> Bevölkerung z.B. führt zu e<strong>in</strong>er Verlängerung <strong>der</strong>Rentenbezugszeiten; gleichzeitig verschiebt sich das E<strong>in</strong>trittsalter <strong>in</strong> das beitragspflichtigeErwerbsleben aufgrund verlängerter Ausbildungszeiten und/ o<strong>der</strong> fehlen<strong>der</strong> Lehr- undArbeitsstellen nach h<strong>in</strong>ten, so daß sich bei Beibehaltung des Rentene<strong>in</strong>trittsalters <strong>der</strong>Erwerbszeitraum und damit die Zeit <strong>der</strong> Anwartschaft verkürzt, an das Alter gebundeneLeistungen <strong>der</strong> Sozialversicherungen – also <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Renten- und Krankenversicherungen– aber zunehmen.• Gleichzeitig wurde aber das durchschnittliche Rentene<strong>in</strong>trittsalter durch beschäftigungspolitischmotivierte Frühverrentungsprogramme gesenkt, was e<strong>in</strong>e zusätzliche Belastung <strong>der</strong>Rentenversicherungen zugunsten <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung und vor allem <strong>der</strong> Unternehmenbedeutete.Diese Belastungen <strong>der</strong> Sozialversicherungssysteme, die vor allem die Renten-, die Arbeitslosensowiedie Krankenversicherungen betreffen, führen zu e<strong>in</strong>er steten Beitragserhöhung für dieBeitragszahler bei gleichzeitiger Leistungssenkung für die Leistungsempfänger. Sie erhöhendamit aber die Unsicherheit bezüglich <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Tragfähigkeit und <strong>der</strong> normativenS<strong>in</strong>nhaftigkeit des bestehenden Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>; nicht nur die Frage nach nötigen17


und möglichen Reformen des bestehenden Systems steht im politischen Raum, son<strong>der</strong>n auch dienach grundsätzlich an<strong>der</strong>en Alternativen.2.1 Konzeptionelle BeschränkungenDabei s<strong>in</strong>d den möglichen Alternativen – unter Beibehaltung des Anspruchs, existentielle Notlagendes E<strong>in</strong>zelnen gesellschaftlich abzufangen – schon von <strong>der</strong> Art und Weise möglicher Konstruktionenher Grenzen gesetzt, die auch im gegenwärtigen deutschen System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> zum Tragenkommen:• In marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaften besteht e<strong>in</strong> natürliches Spannungsverhältniszwischen dem Leistungs- und dem Bedarfspr<strong>in</strong>zip; e<strong>in</strong>e Ausweitung des Leistungspr<strong>in</strong>zips – nurwer selber leistet, erhält entsprechende Gegenleistung – zu Lasten des Bedarfspr<strong>in</strong>zips belastetdie ohneh<strong>in</strong> schon benachteiligten wirtschaftlich und/ o<strong>der</strong> sozial Schwachen zusätzlich, e<strong>in</strong>eAusweitung des Bedarfspr<strong>in</strong>zips – alle<strong>in</strong> die Bedürftigkeit bestimmt, wer welche Leistungenerhält – h<strong>in</strong>gegen senkt möglicherweise die Leistungsbereitschaft <strong>der</strong> Leistungsfähigen (Watr<strong>in</strong>1990, S. 22 f.).• Ähnliches gilt für Leistungen nach dem Versicherungspr<strong>in</strong>zip bezüglich des Verhältnisseszwischen Solidarpr<strong>in</strong>zip und Äquivalenzpr<strong>in</strong>zip: E<strong>in</strong>e zu starke Betonung des Äquivalenzpr<strong>in</strong>zipswi<strong>der</strong>spricht <strong>der</strong> Aufgabe <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong>beson<strong>der</strong>e von Risikogruppen (z.B.Mehrfach- o<strong>der</strong> Dauerarbeitslose, chronisch Kranke); e<strong>in</strong>e zu starke Betonung des Solidarpr<strong>in</strong>zipsverm<strong>in</strong><strong>der</strong>t und gefährdet die Akzeptanz des bestehenden Systems <strong>der</strong> sozialen<strong>Sicherung</strong> durch jene, die <strong>der</strong>artige Leistungen nicht <strong>in</strong> Anspruch (zu) nehmen (brauchen)(vgl. W<strong>in</strong>terste<strong>in</strong> 1980, S. 17 ff).• Da zwischen <strong>der</strong> Inanspruchnahme e<strong>in</strong>er Leistung <strong>der</strong> Sozialversicherungen und dem eigenenBeitrag zu dieser ke<strong>in</strong> direkter Zusammenhang besteht, ist die Gefahr e<strong>in</strong>es verstärktenLeistungsmißbrauchs aufgrund <strong>der</strong> nichtkündbaren Zwangsmitgliedschaft gegeben, <strong>der</strong>letztendlich zu e<strong>in</strong>er „nachfrage<strong>in</strong>duzierten Kosten<strong>in</strong>flation“ führen kann (sogenanntes „moralhazard“-Problem)(Molitor 1987, S. 21 f.): Die Beiträge steigen, weil unrechtmäßig o<strong>der</strong> amRande <strong>der</strong> Legalität Leistungen <strong>in</strong> Anspruch genommen werden, mit <strong>der</strong> Bründung, manhabe schließlich lange genug e<strong>in</strong>gezahlt, ohne Leistungen <strong>in</strong> Anspruch genommen zuhaben.• Schließlich dient die staatliche Sozialpolitik, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>,dienen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e jene Bereiche, die dem Versorgungspr<strong>in</strong>zip entsprechen, den Politikernoftmals als e<strong>in</strong> Bereich politischen Wettbewerbs und unterliegt damit selbst politischen Kalkülen(Watr<strong>in</strong> 1990, S. 23). Der Ge- bzw. Mißbrauch <strong>der</strong> Sozialpolitik als „politische Manövriermasse"entzieht dieser aber oftmals e<strong>in</strong>e wesentliche <strong>Grund</strong>lage: die langfristige Perspektive.E<strong>in</strong> Beispiel mag die grundsätzliche Relevanz dieser Dilemmata erläutern: Die Rentenversicherungberuht verfahrenstechnisch auf dem Umlageverfahren, nicht dem Kapitaldeckungsverfahren,d.h. die heute zu leistenden Beiträge f<strong>in</strong>anzieren die laufenden Leistungsansprüche heutigerRentenempfänger, nicht die eigene zukünftige Rente. Das aber bedeutet:18


• Die Koppelung eigener zukünftiger Rentenansprüche alle<strong>in</strong> an eigene Beitragszahlungen imS<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Anwartschaft ergibt sich nicht aus <strong>der</strong> Logik des Rentensystems an sich; es warund ist e<strong>in</strong> politisches Instrument zu dessen Implementation – zur <strong>Sicherung</strong> <strong>der</strong> Akzeptanzdes Systems (vgl. Oeter 1989; vgl. auch Veil 1997).• Die Höhe <strong>der</strong> Rentenleistungen ist abhängig von <strong>der</strong> wirtschaftlichen Leistungskraft <strong>der</strong> dieseRenten f<strong>in</strong>anzierenden Generationen. Dieses sollte zwar mit <strong>der</strong> Koppelung <strong>der</strong> Rentenentwicklungan die Lohnentwicklung – die sogenannte Dynamisierung – berücksichtigt werden,doch dokumentiert sich die Leistungskraft e<strong>in</strong>er Gesellschaft nicht <strong>in</strong> den Lohn- undGehaltssummen <strong>der</strong> abhängig Beschäftigten, son<strong>der</strong>n im Sozialprodukt (vgl. z.B. Creutz1997, S. 4). E<strong>in</strong>e Erosion <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Beitragszahler durch z.B. vermehrte Selbständigkeit,zunehmende Verbeamtung, e<strong>in</strong>e zunehmende Zahl sozialversicherungsfreier Beschäftigungo<strong>der</strong> auch nur e<strong>in</strong>e Zunahme <strong>der</strong> registrierten Arbeitslosigkeit 14 führt zu e<strong>in</strong>er Konzentration<strong>der</strong> Leistungsverpflichtung bei den dadurch immer weniger werdenden Beitragszahlern 15 , dieim Interesse des sozialen Friedens zu e<strong>in</strong>er Beitragserhöhung bei gleichzeitiger Leistungsbeschränkungführen muß. E<strong>in</strong>e gesetzliche Festschreibung <strong>der</strong> zukünftig zu erwartendenRentenhöhe für heutige Beitragszahler aufgrund <strong>der</strong> Beitragszahlung an sich ist nichtorig<strong>in</strong>ärer Bestandteil des Umlageverfahrens, son<strong>der</strong>n „politische Dre<strong>in</strong>gabe“.2.2 Aktuelle ProblemeDie aktuelle <strong>Diskussion</strong> um die Systeme <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> entzündet sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel anfolgenden Punkten:• Die Lebenserwartung <strong>der</strong> Menschen steigt und damit auch die Dauer des Rentenbezugs.• Das Normalarbeitsverhältnis, also e<strong>in</strong>e existenzsichernde Vollzeitbeschäftigung wird fürimmer mehr Menschen zur Ausnahme, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Arbeitslosigkeitund selbst gewählte „Erwerbspausen“ nehmen zu.• Diese Erosion <strong>der</strong> Beitragszahlerbasis wird durch politisch motivierte E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die Arbeitsmarktordnung,wie z.B. die Ausweitung nicht <strong>der</strong> Versicherungspflicht unterliegen<strong>der</strong>Beschäftigungsverhältnisse (ger<strong>in</strong>gfügig Beschäftigte, Sche<strong>in</strong>selbständige), verstärkt. Dabeiist e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesen Beschäftigungsverhältnissen Arbeitenden mittelbar im Rahmen14 Zwar zahlt die Bundesanstalt für Arbeit Rentenversicherungsbeiträge für Leistungsempfänger, jedoch nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong>vollen Höhe <strong>der</strong> <strong>der</strong> Berechnung zugrundeliegenden Arbeitsentgelte.15 E<strong>in</strong> plakatives Beispiel: F<strong>in</strong>anzieren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Drei-Generationen-Modell mit jeweils 100 Erwerbstätigen anfangs100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 100 Rentner, so ergibt sich e<strong>in</strong> Verhältnis von 1:1. Wird von <strong>der</strong>nachfolgenden Generation ceteris paribus die Hälfte bei nom<strong>in</strong>ell gleichbleibenden E<strong>in</strong>künften verbeamtet o<strong>der</strong>selbständig – scheiden also als Beitragszahler aus –, so müssen trotz gleichgebliebener volkswirtschaftlicher Gesamt-Leistungsfähigkeit nun 50 sozial-versicherungspflichtig Beschäftigte 100 Rentner f<strong>in</strong>anzieren – e<strong>in</strong> Verhältnis von 1:2,erhöhte Steuererfor<strong>der</strong>nisse zur F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Beamten-Pensionen nicht berücksichtigt.19


e<strong>in</strong>er Familienmitversicherung sozialrechtlich abgesichert, also trotz fehlen<strong>der</strong> Beitragsleistungengrundsätzlich leistungsberechtigt.• Auch zahlt die Bundesanstalt für Arbeit für Leistungsbezieher niedrigere Beiträge zur RentenundKrankenversicherung als vom zugrundeliegenden Erwerbslohn her vergleichbar sozialversicherungspflichtigBeschäftigte, weil die Basis <strong>der</strong> Beitragsberechnung nicht dem vollenSatz <strong>der</strong> zugrundegelegten Arbeitsentgelte entspricht.• Diesen Belastungen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> gesetzlichen Sozialversicherungen auf <strong>der</strong> Beitragsseitestehen zusätzliche Belastungen auf <strong>der</strong> Leistungsseite gegenüber: Arbeitsmarktbed<strong>in</strong>gteRentenzugänge, wie die vorgezogene Altersgrenze bei Arbeitslosigkeit, Vorruhestandsregelungen<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n und das „Aussteuern“ älterer Menschen mittels <strong>der</strong>sogenannten „58er-Regelung“ mögen hier nur als Beispiele dienen.Diese Beispiele zeigen: Die Beitragszahlerbasis s<strong>in</strong>kt, während die Ausgabenverpflichtungen <strong>der</strong>Sozialversicherungen gleichzeitig und teilweise – wie im Falle <strong>der</strong> arbeitsmarktbezogenenSon<strong>der</strong>belastungen <strong>der</strong> Renten- und Arbeitslosenversicherung – gerade deshalb steigen.Wichtiger aber noch als diese auf die f<strong>in</strong>anzielle Seite <strong>der</strong> Sozialversicherungssystemeabstellenden Probleme s<strong>in</strong>d die dah<strong>in</strong>terstehenden, mit <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Konstruktion des deutschenSystems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> verbundenen Probleme:• Die zunehmende Kluft zwischen gesamtwirtschaftlicher Wertschöpfung und Beitragsbasis, diezu e<strong>in</strong>er Ungleichverteilung <strong>der</strong> Belastungen zuungunsten <strong>der</strong> Arbeitse<strong>in</strong>kommen führt. Dieungleiche Verteilung von Vermögens- und Erwerbse<strong>in</strong>kommen sowie diese ungleicheBelastung erfor<strong>der</strong>n aber an<strong>der</strong>e Umverteilungs- und <strong>Sicherung</strong>s<strong>in</strong>strumente, will man demZiel <strong>sozialer</strong> Gerechtigkeit entsprechen; dah<strong>in</strong>ter steht die Frage e<strong>in</strong>er Prüfung <strong>der</strong> sozialen<strong>Sicherung</strong>ssysteme nach dem Kriterium <strong>der</strong> Bedarfsgerechtigkeit.• Die Vermischung mehrerer Funktionspr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Versicherungssystem, mit <strong>der</strong> Folge,daß versicherungsfremde und versicherungsgemäße Leistungen je nach Gewichtung desAusgleichs- bzw. Äquivalenzgrundsatzes – Solidarpr<strong>in</strong>zip und Umlageverfahren auf <strong>der</strong>e<strong>in</strong>en, Äquivalenzpr<strong>in</strong>zip auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite – unterschiedlich def<strong>in</strong>iert werden, was zue<strong>in</strong>er steten Kontroverse um die Legitimität <strong>der</strong> Sozialversicherungssysteme führen muß.• Die Subsumierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben – wie <strong>der</strong> Absicherung existentiellerRisiken e<strong>in</strong>erseits und des Lastenausgleichs, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Familienlasten, Kriegsfolgelasteni.w.S. o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lasten <strong>der</strong> deutsch-deutschen Vere<strong>in</strong>igung an<strong>der</strong>erseits – unter e<strong>in</strong>emVersicherungssystem; hierunter fällt im weitesten S<strong>in</strong>ne auch die Varianz von Risikodef<strong>in</strong>itionen<strong>in</strong> Abhängigkeit von z.B. <strong>der</strong> Arbeitsmarktlage, wie sie sich beispielsweise bei<strong>der</strong> Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrenten <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong> konkreten Arbeitsmarktlagezeigt.• Auch ist die Frage, welche – auch existentiellen – Risiken gesamtgesellschaftlich durch dieSozialversicherungen zu tragen und welche <strong>in</strong>dividuell zu verantworten s<strong>in</strong>d – etwa beiNikot<strong>in</strong>- o<strong>der</strong> Alkoholmißbrauch sowie Extremsportarten – gesellschaftlich auch für dieJetztzeit noch nicht abschließend geklärt.20


Diesen Problemen und Fragen versuchen die verschiedenen alternativen Vorschläge zur Reformbzw. zum Umbau des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Teilen zubegegnen.3. Alternative <strong>Modelle</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>Die Vorschläge zur Reform bzw. zum Umbau des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> s<strong>in</strong>d so vielfältig, wiesich unterschiedliche Weltbil<strong>der</strong> zum Verhältnis von Staat bzw. Gesellschaft und Individuum <strong>in</strong>Parteien, Verbänden und gesellschaftlichen Institutionen f<strong>in</strong>den. Sie reichen somit von kle<strong>in</strong>enE<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> das bestehende Sozialversicherungssystem über e<strong>in</strong>e grundsätzliche Neuverteilungöffentlicher und privater Aufgabenwahrnehmung bis h<strong>in</strong> zu grundlegend neuen Gesellschaftsbil<strong>der</strong>n,<strong>in</strong> denen die soziale <strong>Sicherung</strong> entwe<strong>der</strong> vollständig privatisiert o<strong>der</strong> vollständig sozialisiertse<strong>in</strong> soll. Dabei werden die For<strong>der</strong>ungen nach e<strong>in</strong>er Reform bzw. e<strong>in</strong>em Umbau des Systems<strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> sowohl aus sozialethischen als auch f<strong>in</strong>anzwirtschaftlichen bzw. f<strong>in</strong>anzwissenschaftlichenMotiven heraus formuliert.3.1 <strong>Grund</strong>bauste<strong>in</strong>e alternativer Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>Denkbar s<strong>in</strong>d im wesentlichen drei verschiedene Modelltypen <strong>der</strong> Organisation e<strong>in</strong>es Systems<strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>: <strong>Modelle</strong> e<strong>in</strong>er bedarfsorientierten <strong>Grund</strong>sicherung, <strong>Modelle</strong> e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en<strong>Grund</strong>rente und <strong>Modelle</strong> e<strong>in</strong>er „marktorientierten Entstaatlichung“.• E<strong>in</strong>e bedarfsabhängige <strong>Grund</strong>sicherung soll durch den E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er öffentlich f<strong>in</strong>anziertenM<strong>in</strong>destsicherung das sozio-kulturelle Existenzm<strong>in</strong>imum gewährleisten und damit dieSozialhilfe für <strong>der</strong>en beson<strong>der</strong>e Aufgaben im Bereich <strong>der</strong> „Hilfe <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>enLebenslagen“ entlasten. Leistungen <strong>der</strong> bedarfsorientierten <strong>Grund</strong>sicherung sollenf<strong>in</strong>anzielle Ergänzungen zu unzureichenden Ansprüchen an die Sozialversicherungengewähren, s<strong>in</strong>d aber wie diese auch an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden(vgl. Schönig/ L’Hoest 1996, S. 5). Die Sozialhilfe übernimmt damit auch weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> denFällen, <strong>in</strong> denen diese Voraussetzungen nicht erfüllt s<strong>in</strong>d, die „Letztsicherung“, bliebe aberim wesentlichen <strong>der</strong> „Hilfe <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>en Lebenslagen“ vorbehalten; lediglich diestandardisierbaren und pauschalierbaren sozialen Risiken jenseits <strong>der</strong> Sozialhilfe im engerenS<strong>in</strong>ne, die dem Fürsorgepr<strong>in</strong>zip unterliegen, würden durch e<strong>in</strong>e bedarfsabhängige<strong>Grund</strong>sicherung abgedeckt.E<strong>in</strong>e bedarfsabhängige <strong>Grund</strong>sicherung ergänzte also das System <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er bestehendenForm bzw. organisierte es <strong>in</strong>tern um. Auch <strong>der</strong> Leistungsverpflichtung im Rahmen e<strong>in</strong>ersozialen <strong>Grund</strong>sicherung g<strong>in</strong>ge allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e Bedürftigkeitsprüfung voraus; die Gel<strong>der</strong>würden aber jedem zustehen, bei dem e<strong>in</strong>e solche Bedürftigkeit vorliegt. Im Gegensatz zuz.B. e<strong>in</strong>er <strong>Grund</strong>rente hielte die bedarfsabhängige <strong>Grund</strong>sicherung am Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zipfest: Eigenes Vermögen o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommen würde angerechnet, lediglich die21


vorrangige Leistungsverpflichtung Dritter würde auf die engste Kernfamilie beschränkt(Hauser 1996, S. 51 f.).Ziel e<strong>in</strong>er bedarfsabhängigen <strong>Grund</strong>sicherung soll es se<strong>in</strong>, „das mit Standardschutztatbeständenverbundene Armutsrisiko ursachengerecht zu erfassen, die f<strong>in</strong>anzielleBelastung <strong>der</strong> Kommunen zu mil<strong>der</strong>n und die Nicht<strong>in</strong>anspruchnahme von Leistungen zuverr<strong>in</strong>gern“ (Hauser, S. 50 f.). Die soziale <strong>Grund</strong>sicherung sollte durch den Bund ausSteuere<strong>in</strong>nahmen f<strong>in</strong>anziert werden, e<strong>in</strong> wesentlicher Teil <strong>der</strong> Aufwendungen für „Hilfe zumlaufenden Lebensunterhalt“ würde also von den kommunalen Haushalten auf den Bundeshaushaltverlagert.• E<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e <strong>Grund</strong>rente bedeutete demgegenüber grundsätzlich e<strong>in</strong>en Rechtsanspruchauf e<strong>in</strong> existenzsicherndes <strong>Grund</strong>e<strong>in</strong>kommen, das entwe<strong>der</strong> grundsätzlich o<strong>der</strong> aber beiE<strong>in</strong>kommensarmut ohne Erfüllung weiterer Voraussetzung allen Bürgern zusteht. Die Höhewäre unabhängig von <strong>der</strong> eigenen E<strong>in</strong>kommens- und Vermögenssituation für alleBerechtigten gleich, auf e<strong>in</strong>e vorrangige Leistungsverpflichtung Dritter würde verzichtet. Die<strong>Grund</strong>rente würde aus dem Steueraufkommen f<strong>in</strong>anziert, anspruchsberechtigt wäre je<strong>der</strong>(Wohn-)Bürger.• „Marktorientierte Enstaatlichung“ (Schönig/ L’Hoest 1996, S. 2) schließlich bedeutete dieM<strong>in</strong>imierung staatlicher <strong>Sicherung</strong>sleistungen und –systeme zugunsten verstärkter Selbstverantwortung,also e<strong>in</strong>e Stärkung des Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip zu Lasten <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Ausgleichs-und Umverteilungselemente <strong>in</strong> den Sozialversicherungszweigen. Ausgangspunktdieser Überlegungen ist die Behauptung, daß e<strong>in</strong>e Überbetonung des Solidargedankens diedeutschen Sozialversicherungssysteme f<strong>in</strong>anziell überlastet und Deutschland zu e<strong>in</strong>em„unsozialen Wohlfahrtsstaat“ gemacht habe; deshalb – und wegen se<strong>in</strong>er äußeren und<strong>in</strong>neren Bedrohung durch die Globalisierung und die s<strong>in</strong>kende Akzeptanz – sei <strong>in</strong> je<strong>der</strong>Lebenslage <strong>der</strong> „Anreiz“ zur Erwerbsarbeit und zur Selbstbeteiligung an <strong>der</strong> eigenen<strong>Sicherung</strong> zu erhöhen und <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> öffentlichen sozialen <strong>Sicherung</strong> zu senken(Schönig/ L’Hoest 1996, S. 2 f.). Soziale <strong>Sicherung</strong> würde <strong>in</strong> wesentlichen Teilen privatisiert,Instrumente des Lastenausgleichs und <strong>der</strong> Umverteilung als „versicherungsfremdeLeistungen“ aus den Sozialversicherungen ausgeglie<strong>der</strong>t.Von e<strong>in</strong>er Privatisierung <strong>der</strong> Sozialversicherungsleistungen versprechen sich e<strong>in</strong>ige Vertreter– unabhängig von <strong>der</strong> Auswirkung für den E<strong>in</strong>zelnen – zudem positive gesamtwirtschaftlicheEffekte: Privatisierte Eigenvorsorge führe zu e<strong>in</strong>er erhöhten Kapitalbildung mit erhöhtenChancen für Investitionen und <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Folge für e<strong>in</strong>e höhere Beschäftigung. Auch die Entlastung<strong>der</strong> Arbeitgeber durch den Wegfall des <strong>der</strong>zeit von ihnen aufzubr<strong>in</strong>genden Arbeitgeberanteilsund die damit verbundene Entlastung <strong>der</strong> Personalzusatzkosten lasse positiveNettoeffekte h<strong>in</strong>sichtlich Investitionen und Beschäftigung erwarten (z.B. Seffen 1995,S. 27 ff.). E<strong>in</strong>e solche Entlastung <strong>der</strong> Personalzusatzkosten resultierte auch aus <strong>der</strong> Steuerf<strong>in</strong>anzierung„versicherungsfrem<strong>der</strong> Leistungen“.Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen <strong>Diskussion</strong> bef<strong>in</strong>dlichen Vorschläge zur Umgestaltung des Systems <strong>sozialer</strong><strong>Sicherung</strong>, <strong>der</strong>en wichtigste Vertreter sowie die Hauptkritikpunkte an den vorgeschlagenen<strong>Modelle</strong>n lassen sich wie folgt zusammenfassen:22


Abbildung 4: Synopse <strong>der</strong> Positionen zum Umbau bzw. zur Reform des SozialstaatsQuelle: Werner Schönig und Raphael L’Hoest: Der gefor<strong>der</strong>te Sozialstaat. Gedanken zu e<strong>in</strong>er Systematik <strong>der</strong> Umbaudiskussion,<strong>in</strong>: Werner Schönig/ Raphael L’Hoest: Sozialstaat woh<strong>in</strong>?, 1996, S. 8Im weiteren Verlauf <strong>der</strong> Arbeit werden nur die <strong>in</strong> den ersten drei Zeilen <strong>der</strong> Matrix angeführtenPositionen näher betrachtet, da sich sowohl punktuelle Verän<strong>der</strong>ungsvorschläge zu e<strong>in</strong>zelnenSozialversicherungsbereichen als auch die soziale <strong>Sicherung</strong> als Menschenrechtspostulat aufe<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Ebene als <strong>der</strong> <strong>der</strong> Themenstellung dieser Arbeit bef<strong>in</strong>den.3.2 <strong>Modelle</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> zur <strong>Diskussion</strong>Die nachfolgend aufgeführten <strong>Modelle</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> stellen e<strong>in</strong>en Überblick über die<strong>der</strong>zeit von den Parteien, Verbänden und gesellschaftlichen Organisationen diskutierten Vorschlägedar. Da <strong>der</strong>artige <strong>Modelle</strong> bzw. Vorschläge von den jeweils zuständigen Gremienautorisiert se<strong>in</strong> müssen, um als Vorschlag <strong>der</strong> Organisation selbst zu gelten, wurden für diese23


Zusammenfassung ausschließlich publizierte o<strong>der</strong> aber uns von den Organisationen selbst aufunsere Anfrage h<strong>in</strong> zugesandte Materialien ausgewertet; auf e<strong>in</strong>e ausführliche Interviewreihewurde nicht zuletzt angesichts <strong>der</strong> kurzen Bearbeitungszeit verzichtet. Weil <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> Zeitnicht alle von uns angesprochenen Institutionen reagiert haben und uns nicht alle zugesagtenMaterialien zugegangen s<strong>in</strong>d, erhebt diese Übersicht ke<strong>in</strong>en Anspruch auf Vollständigkeit.Zusätzlich zu den vorliegenden Materialien wurden die Studien von Richard Hauser über „Zieleund Möglichkeiten e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Grund</strong>sicherung“ (Hauser 1996) und Bruno Kaltenborn über„<strong>Modelle</strong> <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>sicherung“ (Kaltenborn 1995) ausgewertet, die sich beide ebenfalls mitdem Thema dieser Studie, allerd<strong>in</strong>gs unter jeweils an<strong>der</strong>en Gesichtspunkten, beschäftigen.Beide Studien seien ausdrücklich zur Ergänzung empfohlen.3.2.1 Das Modell <strong>der</strong> SPDDas Modell e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Grund</strong>sicherung, wie es <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> SPD diskutiert wird, be<strong>in</strong>haltete<strong>in</strong>e bedarfsabhängige <strong>Grund</strong>sicherung, die, dem Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip folgend, immer dannleistungsverpflichtet se<strong>in</strong> soll, wenn eigene Erwerbsarbeit typischerweise nicht möglich o<strong>der</strong>gesellschaftlich nicht zumutbar ist (Ebert 1996, S. 18 f.). Der Vorrang <strong>der</strong> Existenzsicherungdurch die eigene Erwerbstätigkeit und das eigene E<strong>in</strong>kommen soll bestehen bleiben.Bei dem SPD-Modell e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Grund</strong>sicherung handelt es sich um e<strong>in</strong> Geldleistungssystem,also e<strong>in</strong> System auf <strong>der</strong> Basis des Geldleistungspr<strong>in</strong>zips, das <strong>in</strong> das bestehende soziale<strong>Sicherung</strong>ssystem <strong>in</strong>tegriert werden soll. In e<strong>in</strong>em ersten Schritt ist vorgesehen, die<strong>Grund</strong>sicherung im Alter und bei Invalidität zu gewähren, weil hier aufgrund <strong>der</strong> Arbeitsmarktentwicklungund <strong>der</strong> abnehmenden Tragfähigkeit <strong>der</strong> Ehe als Versorgungs<strong>in</strong>stitution mit e<strong>in</strong>erzunehmenden Zahl nicht existenzsichern<strong>der</strong> Rentenanwartschaften gerechnet wird.• Ziel dieses Systems ist es, Armut zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Zu diesem Zweck sollen Massentatbestände<strong>in</strong>dividueller Bedürftigkeit aus <strong>der</strong> Sozialhilfe herausgenommen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenenSystem zusammengefaßt werden, das die <strong>Sicherung</strong> auf dem Niveau e<strong>in</strong>es sozio-kulturellen<strong>Grund</strong>bedarfs sichert; dadurch soll <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die sogenannte „verschämte Armut“, diedurch Nicht-Inanspruchnahme zustehen<strong>der</strong> Leistungen <strong>der</strong> Sozialhilfe entsteht, beseitigtwerden.• Die bedarfsorientierte <strong>Grund</strong>sicherung soll das bestehende <strong>Sicherung</strong>ssystem ergänzen undneben die Sozialhilfe treten, die dadurch organisatorisch und f<strong>in</strong>anziell entlastet würde.Deren Aufgabe konzentrierte sich dann im wesentlichen auf die e<strong>in</strong>zelfallbezogene Hilfe <strong>in</strong>beson<strong>der</strong>en Lebenslagen.• Die soziale <strong>Grund</strong>sicherung soll steuerf<strong>in</strong>anziert werden, ihr Bezug wäre nicht an versicherungsrechtlicheVoraussetzungen gebunden. Anspruchsberechtigt wäre <strong>in</strong> diesem Modell diegesamte Wohnbevölkerung, sofern die an<strong>der</strong>en Anspruchsvoraussetzungen erfüllt s<strong>in</strong>d.• Das Leistungsniveau <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>sicherung entspräche dem <strong>der</strong> Sozialhilfe; vondieser unterschiede sich die soziale <strong>Grund</strong>sicherung aber durch die Pauschalierung <strong>der</strong>24


Leistungen. Diese Pauschalierung gelte auch für z.B. Wohnungs- und Heizkosten sowieübliche E<strong>in</strong>malhilfen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>hilfe mit zusammengefaßt würden.• Die Leistungsverpflichtung <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>sicherung ergäbe sich aus dem Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip.Im Rahmen dieses Pr<strong>in</strong>zips würde die Leistungspflicht Dritter auf K<strong>in</strong><strong>der</strong> undEltern beschränkt, die im selben Haushalt wie <strong>der</strong> Leistungsempfänger leben. Leistungsverpflichtetwären ebenfalls Ehepartner, nicht aber Partner <strong>in</strong> eheähnlichen Lebens- o<strong>der</strong>Wohngeme<strong>in</strong>schaften. Der Verweis auf das Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip erfolgt mit dem H<strong>in</strong>weis,daß dem Staat bzw. <strong>der</strong> Gesellschaft im Gegenzug die Verpflichtung auferläge, für ausreichendeMöglichkeiten eigener Erwerbse<strong>in</strong>kommen zu sorgen.• Die soziale <strong>Grund</strong>sicherung träte immer dann e<strong>in</strong>, wenn e<strong>in</strong>e eigene Erwerbsarbeit nichtmöglich o<strong>der</strong> nicht zumutbar ist und das sozio-kulturelle Existenzm<strong>in</strong>imum nach Anrechnungan<strong>der</strong>er E<strong>in</strong>kommen und des jeweiligen Vermögens nicht erreicht würde, also E<strong>in</strong>kommensarmutvorliegt. Als nicht möglich o<strong>der</strong> nicht zumutbar gilt Erwerbsarbeit im Alter, beiErwerbs- o<strong>der</strong> Berufsunfähigkeit sowie Arbeitslosigkeit, evtl. erweitert um Erziehungs- undErstausbildungszeiten (vgl. Ebert 1996, S.21). In allen an<strong>der</strong>en Fällen träte bei E<strong>in</strong>kommensarmutwie bisher die Sozialhilfe <strong>in</strong> die Pflicht, da – so wird argumentiert – <strong>in</strong> diesenFällen e<strong>in</strong>e „soziale Integrationsleistung“, e<strong>in</strong>e persönliche Hilfe im E<strong>in</strong>zelfall, notwendig sei.• In den Fällen e<strong>in</strong>er Leistungsverpflichtung <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>sicherung würde das eigeneE<strong>in</strong>kommen bzw. das eigene Vermögen durch Geldleistungen bis zum sozio-kulturellenExistenzm<strong>in</strong>imum aufgefüllt. Die Auszahlung <strong>der</strong> Gel<strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong> bedarfsabhängigen<strong>Grund</strong>sicherung erfolgte durch die jeweiligen Sozialversicherungsträger.3.2.2 Das Modell <strong>der</strong> BÜNDNIS 90/ Die GrünenIn <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> 80er Jahre for<strong>der</strong>ten die Grünen das „unbed<strong>in</strong>gte <strong>Grund</strong>e<strong>in</strong>kommen“,e<strong>in</strong>e soziale <strong>Grund</strong>rente, die unabhängig von <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen E<strong>in</strong>kommens- und Vermögenssituationjedem die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gewährleisten sollte. In diesem Modellsollte angesichts <strong>der</strong> hohen Arbeitslosigkeit und ergänzt durch e<strong>in</strong>e radikale Arbeitszeitumverteilung(20-Studen-Normalerwerbswoche) e<strong>in</strong>e Entkoppelung von Arbeit und E<strong>in</strong>kommenrealisiert werden, da das arbeitszentrierte Sozialversicherungssystem zu viele <strong>Sicherung</strong>slückenoffenbarte. Dieses <strong>Grund</strong>e<strong>in</strong>kommen sollte entwe<strong>der</strong> aus e<strong>in</strong>er anstelle <strong>der</strong> Arbeitgeberbeiträgezur Sozialversicherung e<strong>in</strong>zuführenden Bruttowertschöpfungssteuer, e<strong>in</strong>e Arbeitsmarktabgabenicht beitragspflichtiger Erwerbstätiger o<strong>der</strong> aus dem Steueraufkommen f<strong>in</strong>anziert werden (vgl.Hauser 1996, S. 46 f.). Mittlerweile propagieren aber auch BÜNDNIS 90/ Die Grünen e<strong>in</strong>ebedarfsorientierte <strong>Grund</strong>sicherung.Auch das Modell e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Grund</strong>sicherung, wie es <strong>der</strong>zeit bei den Grünen diskutiert wird,will das bestehende Sozialversicherungssystem nicht ersetzen, son<strong>der</strong>n ergänzen. Wie bei <strong>der</strong>SPD besteht die Hauptaufgabe <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>sicherung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vermeidung von E<strong>in</strong>kommensarmut.Das Modell <strong>sozialer</strong> <strong>Grund</strong>sicherung von BÜNDNIS 90/ Die Grünen ist Bestandteile<strong>in</strong>es Konzepts zum Umbau des Sozialstaats, <strong>der</strong> den <strong>Grund</strong>l<strong>in</strong>ien: stärkere Orientierung amBedarf, E<strong>in</strong>beziehung aller <strong>in</strong> die Solidarsysteme und Verbesserung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>nahmesituation <strong>der</strong>25


Sozialversicherungen durch erhöhte Zuschüsse aus Steuermitteln sowie schrittweiser Anhebung<strong>der</strong> Beitragsbemessungsgrenzen, folgen soll.• Ziel <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>sicherung soll es se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> „Abrutschen“ unter das sozio-kulturelleExistenzm<strong>in</strong>imum zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n; die soziale <strong>Grund</strong>sicherung füllte also unzureichende E<strong>in</strong>kommenund Vermögen bis zu diesem Existenzm<strong>in</strong>imum auf. Dah<strong>in</strong>ter steht die Überzeugungbzw. die Erfahrung, daß Armut und Arbeitslosigkeit ke<strong>in</strong> Resultat <strong>in</strong>dividuellenVersagens, son<strong>der</strong>n heutzutage e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es Lebensrisiko s<strong>in</strong>d; die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>ersozialen <strong>Grund</strong>sicherung bedeute somit e<strong>in</strong>e Anpassung <strong>der</strong> kollektiven <strong>Sicherung</strong>ssystemean die neuen Verhältnisse <strong>in</strong>dividuell nicht zu verantworten<strong>der</strong> Armuts- und Arbeitslosigkeitsrisikenund verän<strong>der</strong>ter gesellschaftlicher Realitäten.• Wie beim SPD-Vorschlag soll die soziale <strong>Grund</strong>sicherung die standardisierbaren undpauschalierbaren Armuts- und Risikotatbestände zusammenfassen und somit das bestehendeSozialversicherungssystem ergänzen: In ihr würden die Leistungen <strong>der</strong> „laufenden Hilfe zumLebensunterhalt“, <strong>der</strong> Arbeitslosenhilfe und die Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz <strong>in</strong>Form pauschaler Geldleistungen zusammengefaßt. Ebenso wie beim SPD-Modell würde die„Hilfe <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>en Lebenslagen“ bei <strong>der</strong> Sozialhilfe verbleiben. Durch diePauschalierung von „Massenrisiken“ sollen die Rechtssicherheit und die Transparenz erhöhtund die Verwaltungsabläufe vere<strong>in</strong>facht werden.• Anspruchsberechtigt sollen all jene Personen se<strong>in</strong>, „die über ke<strong>in</strong> ausreichendes E<strong>in</strong>kommeno<strong>der</strong> Vermögen verfügen, um ihren sozio-kulturellen M<strong>in</strong>destbedarf sicherzustellen, soweitsie ihren Wohnsitz o<strong>der</strong> rechtmäßigen Aufenthaltsort <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik haben“ (GrünesKonzept 1997, S. 4). Die <strong>Grund</strong>sicherung erfaßte somit nicht nur deutsche Staatsangehörigeund aufenthaltsberechtigte Auslän<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n alle Personen, die ihren Wohnsitz<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland haben.• Die soziale <strong>Grund</strong>sicherung bestünde aus e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Pauschale zuzüglich e<strong>in</strong>erWohnkostenpauschale (Kaltmiete und Heizkosten). Bis zur Bestimmung e<strong>in</strong>es sozio-kulturellenExistenzm<strong>in</strong>imums betrüge die allgeme<strong>in</strong>e Pauschale DM 800.- für Alle<strong>in</strong>stehendeund DM 560.- für jede weitere Person im Haushalt; für Alte und Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te erhöhten sichdie Leistungen um Mehrbedarfszuschläge <strong>in</strong> Höhe von 10% (Die grüne <strong>Grund</strong>sicherung1998, S. 8f.). Die allgeme<strong>in</strong>e Pauschale soll regelmäßig <strong>der</strong> Entwicklung des Verbrauchsverhaltensmittlerer E<strong>in</strong>kommensgruppen angepaßt werden, die Wohnkostenpauschale <strong>der</strong><strong>der</strong> Bruttowarmmieten von <strong>Grund</strong>sicherungsempfängern. Die soziale <strong>Grund</strong>sicherung kämeauch für Kranken- und Pflegeversicherungbeiträge sowie bei Arbeitslosen für die Arbeitslosenversicherungsbeiträge<strong>der</strong> Leistungsempfänger auf (Die grüne <strong>Grund</strong>sicherung 1998,S. 7).• Jedem erwerbsfähigen Leistungsempfänger wird unterstellt, sich um e<strong>in</strong>e angemessene undexistenzsichernde Arbeit zu bemühen. Auf e<strong>in</strong>e „Arbeitsverpflichtung“ von Leistungsempfängernmittels „Zwangsarbeit“ o<strong>der</strong> potentiellen Leistungskürzungen soll explizit verzichtetwerden, da gar nicht genügend existenzsichernde Arbeitsplätze zur Verfügungständen; auch soll damit <strong>in</strong>direkt gesellschaftlich notwendige und s<strong>in</strong>nvolle Arbeit, die nichtüber den Arbeitsmarkt erbracht wird, honoriert werden (vgl. Kaltenborn 1995, S. 57 f.).Erwerbslosen Leistungsbeziehern würde allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Recht, an Arbeitsför<strong>der</strong>ungsmaßnahmenteilzunehmen, e<strong>in</strong>geräumt; auch die Zuverdienstmöglichkeiten sollen für26


Leistungsbezieher verbessert werden. E<strong>in</strong>e Leistungspflicht Dritter sollte nur für tatsächlicheLebens- bzw. Haushaltsgeme<strong>in</strong>schaften bestehen (Die grüne <strong>Grund</strong>sicherung 1998, S. 9 f.).• Wie beim SPD-Modell erfolgte die Auszahlung <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>sicherung durchdiejenigen Sozialversicherungsträger, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Zuständigkeit die die E<strong>in</strong>kommensarmutbegründende Ursache liegt, also im Falle von Arbeitslosigkeit durch die Bundesanstalt fürArbeit, im Falle unzureichen<strong>der</strong> Rente durch die Rentenversicherung etc. Die F<strong>in</strong>anzierung<strong>der</strong> <strong>Grund</strong>sicherung soll durch den Bund und die Geme<strong>in</strong>den geme<strong>in</strong>sam erfolgen, diedurch die soziale <strong>Grund</strong>sicherung anfallenden Mehrkosten (veranschlagt s<strong>in</strong>d DM 12 Mrd.)sollen durch e<strong>in</strong>e Reform <strong>der</strong> Erbschaftssteuer und die Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er Vermögenssteueraufgebracht werden (Die grüne <strong>Grund</strong>sicherung 1998, S. 10 f.).3.2.3 Anfor<strong>der</strong>ungen an die soziale <strong>Sicherung</strong> aus Sicht <strong>der</strong> CDUVon <strong>der</strong> CDU als <strong>der</strong>jenigen Partei, die als Regierungspartei das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong>den letzen Jahren im wesentlichen gestaltet hat, gibt es naturgemäß ke<strong>in</strong>e grundlegendenAlternativvorschläge, wohl aber formulierte Vorstellungen zur Reform im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Weiterentwicklungdes bestehenden Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>.• Ziel <strong>der</strong> Sozialpolitik <strong>der</strong> CDU ist es, den E<strong>in</strong>zelnen zu befähigen, se<strong>in</strong> Leben selbstverantwortlichund aus eigener Kraft zu gestalten. Eigenvorsorge, Eigenverantwortung undSelbstbeteiligung sollen stärker als bisher staatliche Leistungen ersetzen. E<strong>in</strong>e „Staatsbürgerversorgung“wird deshalb grundsätzlich abgelehnt, weil sie den E<strong>in</strong>zelnen unzumutbar vonden Entscheidungen des Staates abhängig mache (CDU 1994, S. 63 f. und S. 68).• <strong>Grund</strong>sätzlich hält die CDU an <strong>der</strong> geglie<strong>der</strong>ten sozialen <strong>Sicherung</strong> fest, will aber <strong>der</strong>Eigen<strong>in</strong>itiative bzw. <strong>der</strong> Eigenverpflichtung des E<strong>in</strong>zelnen mehr Gewicht zukommen lassen.<strong>Grund</strong>lage des gesamten Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> soll das Versicherungspr<strong>in</strong>zip unddamit die Beitragsbezogenheit <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> se<strong>in</strong>. Gleichzeitig sollen die Sozialversicherungenvon „gesamtstaatlichen Aufgaben“ befreit werden; diese seien aus demSteueraufkommen zu f<strong>in</strong>anzieren (CDU 1994, S. 69).• <strong>Grund</strong>lage <strong>der</strong> Beitragsbemessung soll weiterh<strong>in</strong> das Arbeitse<strong>in</strong>kommen se<strong>in</strong>. Es gilt nachAnsicht <strong>der</strong> CDU jedoch, alle Dauerarbeitsverhältnisse <strong>der</strong> Sozialversicherungspflicht zuunterwerfen (CDU 1994, S. 68). Staatliche Sozialleistungen sollen „auf die wirklich Hilfsbedürftigenkonzentriert werden“ und deshalb steuerf<strong>in</strong>anzierte Sozialleistungen grundsätzlichnur noch e<strong>in</strong>kommens- und vermögensabhängig gewährt werden (CDU 1994, S. 63 f.).• Die Motivation bzw. die Verpflichtung zur Eigenvorsorge soll ausgebaut werden. Im Bereich<strong>der</strong> Altersvorsorge will die CDU die Bedeutung <strong>der</strong> privaten und betrieblichen Vorsorgeför<strong>der</strong>n und steigern, im Bereich <strong>der</strong> Krankenversicherung sollen gesetzliche Leistungendeutlicher nach ihrem gesundheits- und sozialpolitischen Wert beurteilt werden (CDU 1994,S. 70 ff.).27


• Zentrales Element <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> bleibt für die CDU das Erwerbse<strong>in</strong>kommen,zentrales Ziel die Schaffung von Arbeitsplätzen. Dem steht die For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeitmöglichst aller erwerbsfähigen Leistungsbezieher zur Seite; dies soll durch e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ationverbesserter Anreize und restriktiver Sanktionen bewerkstelligt werden. Nichterwerbsfähigesollen demgegenüber weiterh<strong>in</strong> bei Bedürftigkeit Leistungen <strong>der</strong> Sozial- bzw.Arbeitslosenhilfe erhalten.• Die Sozialhilfe soll zum e<strong>in</strong>en durch e<strong>in</strong>e engere Verzahnung mit <strong>der</strong> aktiven Arbeitsmarktpolitik,zum an<strong>der</strong>en durch e<strong>in</strong>e Absenkung <strong>der</strong> Leistungen für Asylanten f<strong>in</strong>anziell entlastetwerden. Arbeitsfähige Sozial- o<strong>der</strong> Arbeitslosenhilfeempfänger sollen durch Leistungsanreize<strong>in</strong> Form von maximal 6-monatigen Lohnzuschüssen und <strong>der</strong> Nichtanrechnung dieserZuschüsse auf die Sozialleistungen zur Arbeitsaufnahme motiviert und <strong>in</strong> den Erwerbsprozeß(re)<strong>in</strong>tegriert werden. (Durch diese Art von „Kombilohn“ – die Komb<strong>in</strong>ation unzureichen<strong>der</strong>Löhne seitens des Arbeitgebers mit öffentlich f<strong>in</strong>anzierten Zuschüssen, die zu e<strong>in</strong>em<strong>in</strong>sgesamt h<strong>in</strong>reichenden E<strong>in</strong>kommen führen – soll zudem die Beschäftigung imNiedriglohnbereich erhöht werden (vgl. CDU 1998, S. 40). Die Ablehnung e<strong>in</strong>er„zumutbaren“ Arbeit durch e<strong>in</strong>en Sozial- o<strong>der</strong> Arbeitslosenhilfeempfänger solldemgegenüber „aus Gründen <strong>der</strong> Gerechtigkeit“ zu Kürzungen des Sozialleistungsbezugesführen.3.2.4 Das Modell <strong>der</strong> F.D.P.Auch für die Liberalen ist e<strong>in</strong>e „staatliche Absicherung des Existenzm<strong>in</strong>imums“ unverzichtbar(FDP 1997, S. 36). Die f<strong>in</strong>anziellen Belastungen <strong>der</strong> bestehenden Sozialversicherungssystemeerfor<strong>der</strong>ten allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e Reform des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Richtung e<strong>in</strong>er steuerf<strong>in</strong>anzierten<strong>Grund</strong>sicherung des Existenzm<strong>in</strong>imums, ergänzt durch eigenverantwortliche undprivat zu erbr<strong>in</strong>gende Vorsorge jedes E<strong>in</strong>zelnen. Die steuerf<strong>in</strong>anzierte <strong>Grund</strong>sicherung soll <strong>in</strong>Form e<strong>in</strong>es „Bürgergeldes“ realisiert werden; die Zusammenfassung staatlicher und sozialversicherungsrechtlicherTransferleistungen mit den jeweiligen E<strong>in</strong>kommensteuerverpflichtungendes E<strong>in</strong>zelnen zu e<strong>in</strong>em „Bürgergeld“ soll zudem die Überw<strong>in</strong>dung von Arbeitslosigkeit durchBeschäftigungsausweitung im Niedriglohnbereich ermöglichen (FDP 1997, S. 37).• <strong>Grund</strong>lage <strong>der</strong> Idee e<strong>in</strong>es „Bürgergeldes“ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er „negativen E<strong>in</strong>kommensteuer“ iste<strong>in</strong>e Zusammenfassung des Steuer- und des (Sozial-)Transfersystems: Die jeweiligeSteuerpflicht und <strong>der</strong> jeweilige Transferleistungsbezug sollen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Systemzusammengefaßt werden, <strong>in</strong>dem die Steuerschuld und die Transferansprüche jedese<strong>in</strong>zelnen Bürgers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen System saldiert werden; <strong>der</strong> Saldo wird entwe<strong>der</strong>als Steuer erhoben o<strong>der</strong> als Transferleistung ausgezahlt – je nachdem, ob die Steuerverpflichtungeno<strong>der</strong> die Leistungsansprüche überwiegen. Bei e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong> Höhedes Existenzm<strong>in</strong>imums wären we<strong>der</strong> Steuern zu zahlen, noch würden Leistungsansprüchebestehen.• Ziel des „Bürgergeldes“ ist die Vere<strong>in</strong>fachung des Steuer- und Transfersystems sowie e<strong>in</strong>eVere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong> öffentlichen Umverteilungsmaßnahmen durch e<strong>in</strong> <strong>in</strong> sichgeschlossenes System, für dessen adm<strong>in</strong>istrative Abwicklung e<strong>in</strong>zig die F<strong>in</strong>anzämterzuständig se<strong>in</strong> sollen. Im Rahmen dieser Vere<strong>in</strong>fachung soll auch auf e<strong>in</strong>e Leistungsgewährung<strong>in</strong> Form von Sachleistungen verzichtet und die Zweckb<strong>in</strong>dung f<strong>in</strong>anzieller28


Zuwendungen aufgehoben werden (FDP 1994, S. 83). Im Vor<strong>der</strong>grund dieses Vorschlagsstehen also weniger <strong>in</strong>haltliche Verän<strong>der</strong>ungen als vielmehr verfahrenstechnische Vere<strong>in</strong>fachungen.• Im Bürgergeld sollen als Transferleistungen die Arbeitslosenhilfe, die Sozialhilfe, dasWohngeld, das BAföG, das K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und das Erziehungsgeld zusammengefaßt werden undsteuerliche Freibeträge, wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong>freibeträge sowie angemessene Freibeträge fürVorsorgeaufwendungen, berücksichtigt werden (FDP 1994, S. 83).• Die Höhe des Bürgergeldes soll sich nach den persönlichen Lebensumständen richten. DasF<strong>in</strong>anzamt – als alle<strong>in</strong>ige Verrechnungsstelle – ermittelt e<strong>in</strong>e den Lebensumständenentsprechende E<strong>in</strong>kommensgrenze; liegt das Jahrese<strong>in</strong>kommen oberhalb dieser Grenze,müssen für den überschießenden Betrag Steuern entrichtet werden, liegt es darunter, „wird<strong>der</strong> Differenzbetrag abzüglich des angerechneten Teils des erzielten E<strong>in</strong>kommens (...)ausgezahlt“ (FDP 1994, S. 83).• Es handelt sich somit beim Bürgergeld um e<strong>in</strong> Modell <strong>sozialer</strong> <strong>Grund</strong>sicherung mit zweiZielrichtungen: Zum e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Transparenz des mittlerweile unübersichtlichenSystems <strong>der</strong> Leistungsgewährung, zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> erhöhten Beschäftigung mittelsSubventionierung von Niedriglohntätigkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Form des Kombi-Lohns (FDP 1998, S.10; vgl. Schönig/ L’Hoest 1996, S. 3).• Um die Beschäftigung zu erhöhen, sollen nicht existenzsichernde Löhne im Zuge <strong>der</strong>Saldierung von Leistungsansprüchen des Bürgers an den Staat und Steuerverpflichtungengegenüber dem Staat nicht <strong>in</strong> voller Höhe auf das Bürgergeld angerechnet werden, umauch <strong>in</strong> diesem Bereich noch Leistungsanreize für die Erwerbsfähigen zu erhalten (FDP1997, S. 38).• Angesichts <strong>der</strong> demographischen Entwicklung und <strong>der</strong> damit verbundenen Belastungen <strong>der</strong>bestehenden Rentenversicherung soll die allgeme<strong>in</strong>e Alterssicherung verstärkt über<strong>in</strong>dividuelle Kapitalbildung erfolgen: Die „Freiräume für Eigenverantwortung <strong>in</strong>nerhalb undaußerhalb <strong>der</strong> gesetzlichen Sozialversicherung“ sollen deutlich ausgeweitet werden (FDP1997, S. 54).• Zudem soll aus f<strong>in</strong>anzwissenschaftlichen Gründen das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt desRentene<strong>in</strong>tritts erhöht sowie die Art des Übergangs vom Erwerbs- <strong>in</strong> den Rentnerstatusflexibler gestaltet werden. Dadurch soll ermöglicht werden, daß es die „Entscheidung dese<strong>in</strong>zelnen Bürgers [ist], auf welchem Niveau und mit welcher Gewichtung zwischen gesetzlicher<strong>Sicherung</strong>, betrieblicher Zusatzsicherung und re<strong>in</strong> privater Aufstockung nach demKapitaldeckungsverfahren die junge Generation <strong>in</strong>sgesamt für ihre Alterssicherung und fürihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> sorgen will“ (FDP 1997, S. 56f).29


3.2.5 Das Modell <strong>der</strong> PDSWie SPD, BÜNDNIS 90/ Die Grünen und F.D.P. vertritt auch die PDS e<strong>in</strong> Modell e<strong>in</strong>er bedarfsorientierten<strong>Grund</strong>sicherung; diese soll als e<strong>in</strong>e Art Sockelsicherung Bestandteil aller vorhandenen<strong>Sicherung</strong>ssysteme se<strong>in</strong> und so das bestehende System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ergänzen.Vorrangiges Ziel <strong>der</strong> PDS bleibt es aber, allen Menschen e<strong>in</strong>e Erwerbstätigkeit zu ermöglichen;solange aber nicht gewährleistet sei, daß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> arbeiten will und kann, se<strong>in</strong>e Existenz durcheigene Arbeit auch sichern kann, bedürfe es e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Grund</strong>sicherung (Knake-Werner1996, S. 3).• Ziel <strong>der</strong> sozialen <strong>Grund</strong>sicherung sei es, Armut zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Die <strong>Grund</strong>sicherung soll ausSteuermitteln vom Bund f<strong>in</strong>anziert werden. Niedrige<strong>in</strong>kommen, die unter <strong>der</strong> Armutsgrenzeliegen, sollen auf etwa DM 1.425,- (zuzüglich Beitrag zur Krankenversicherung und ggf.Wohngeld (PDS 1996, S. 4)) aufgestockt werden – unabhängig davon, um welche Art vonE<strong>in</strong>kommen es sich handelt (PDS 1998a). Dies soll auch für Menschen ohne eigenes E<strong>in</strong>kommengelten: Die <strong>Grund</strong>sicherung soll die „laufende Hilfe zum Lebensunterhalt“ersetzen, auch die Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz sollen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>sicherungaufgehen. Für Pflege- und Erziehungszeiten sollen zudem zusätzlich zur <strong>Grund</strong>sicherungBeiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung analog e<strong>in</strong>es gesellschaftlichenDurchschnittse<strong>in</strong>kommens angerechnet werden.• Versicherungspflichtig wären alle Erwerbstätigen, die Beitragsbemessungsgrenze soll „deutlich“angehoben werden. Sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse sollen alsoabgeschafft werden (PDS 1996, S. 4); gleichzeitig soll e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destlohn e<strong>in</strong>geführt werden,um e<strong>in</strong>e Ausweitung von Niedriglohntätigkeiten zulasten <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>sicherung zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n(PDS 1998a).• Die Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen sollen nicht mehr (alle<strong>in</strong>) aufdie jeweiligen Löhne und Gehälter bezogen werden, son<strong>der</strong>n sich an <strong>der</strong> realen Wertschöpfungdes jeweiligen Unternehmens orientieren (PDS 1998b; vgl. auch PDS 1996,S. 4). Davon verspricht sich die PDS e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>e Beteiligung <strong>der</strong> Arbeitgeber an denSozialversicherungsbeiträgen entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft, an<strong>der</strong>erseitswürde die ungleichmäßige Belastung arbeits- und kapital<strong>in</strong>tensiver Unternehmen aufgrund<strong>der</strong> hohen Lohnnebenkosten deutlich reduziert.• E<strong>in</strong>e Mitversicherung von Ehepartnern soll aufgehoben werden, je<strong>der</strong> selbst versichert undgesichert se<strong>in</strong>. Auszubildende sollen von ihren Betrieben e<strong>in</strong>e Vergütung <strong>in</strong> m<strong>in</strong>destens <strong>der</strong>Höhe <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>sicherung erhalten, Studierende e<strong>in</strong> Stipendium <strong>in</strong> gleicher Höhe (PDS1996, S. 4).• Zudem soll das K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld, gestaffelt <strong>in</strong> drei Altersklassen, unabhängig vom Elterne<strong>in</strong>kommenzwischen DM 570.- für Unter-6jährige und DM 740.- für 12- bis 16jährige erhöhtwerden (PDS 1996, S. 4)• Schließlich soll je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt, e<strong>in</strong> unbefristetesArbeitslosengeld <strong>in</strong> m<strong>in</strong>destens <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>sicherung erhalten, auch ohne Anwartschaftenerworben zu haben. Die Arbeitslosenhilfe soll abgeschafft werden (PDS 1996,S. 4).30


3.2.6 Soziale <strong>Sicherung</strong> im Bericht <strong>der</strong> Kommission für Zukunftsfragen <strong>der</strong>Freistaaten Bayern und SachsenAuch wenn es nicht vorrangige Aufgabe <strong>der</strong> sogenannten „Zukunftskommission Sachsen/Bayern“ war, das Modell <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Deutschland zu betrachten, f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong><strong>der</strong>en Bericht zur „Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit <strong>in</strong> Deutschland“ doch klar formulierteFor<strong>der</strong>ungen nach e<strong>in</strong>er Umgestaltung <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>ssysteme mit dem Ziel, dieBeschäftigungslage und das gesellschaftliche Verständnis von Arbeit den verän<strong>der</strong>ten Gegebenheitenauf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „unternehmerische Wissenschaftsgesellschaft“ anzupassen. Bei denEmpfehlungen <strong>in</strong>des handelt es sich um ke<strong>in</strong> geschlossenes Konzept, son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong>e Reihevon E<strong>in</strong>zelmaßnahmen mit dem Ziel <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Beschäftigung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für dieDeutschen (vgl. z.B. Kommission 1997, S. 101); dieses sei nur möglich, wenn die Bevölkerungmittels e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation von Verpflichtung und Anreiz lerne, sich „unternehmerisch“ zu verhalten.• Zu diesem Zweck sollen auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite die Möglichkeiten <strong>der</strong> Vermögensbildung fürbreite Bevölkerungskreise verbessert, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite die Zumutbarkeitskriterien fürArbeitslose konsequenter durchgesetzt werden (Kommission 1997, S. 82, 89). Auch sollenGeme<strong>in</strong>den für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger vermehrt geme<strong>in</strong>nützige Arbeiten ausweisenund durchführen lassen (Kommission 1997, S. 105).• Die bestehenden <strong>Sicherung</strong>ssysteme sollen so gestaltet werden, daß sie e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>Höchstmaß <strong>in</strong>dividueller Gestaltungsmöglichkeiten und <strong>in</strong>dividueller kapitalgedeckter Vorsorgeermöglichen, an<strong>der</strong>erseits aber existentielle Risiken durch die im Umlageverfahrenf<strong>in</strong>anzierten gesetzlichen <strong>Sicherung</strong>ssysteme abgedeckt werden (Kommission 1997, S. 82).Vorgesehen ist also, die kollektive soziale <strong>Sicherung</strong> auf e<strong>in</strong>e („auskömmliche“) M<strong>in</strong>imalsicherungzurückzuführen.• Die Leistungen <strong>der</strong> gesetzlichen Sozialversicherungen sollen auf das Niveau existenzsichern<strong>der</strong>Versorgung gesenkt werden bzw. sich im Bereich <strong>der</strong> Kranken- und Pflegeversicherungauf die existenzbedrohenden „Schadensfälle“ beschränken (Kommission 1997,S. 107 f.). Die durch die Abschmelzung des Leistungs- und damit auch des Beitragsniveausverbundene Freisetzung von bislang <strong>in</strong> den Sozialversicherungen gebundenen Gel<strong>der</strong>nsollen zur <strong>in</strong>dividuellen Vermögensbildung genutzt werden. Dadurch werde sowohl dieBeteiligung breiter Bevölkerungskreise an <strong>der</strong> Wertschöpfung „von Wissen und Kapital“ alsauch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuell kapitalgedeckte Risikoabdeckung mittels Vermögens ermöglicht (vgl.Kommission 1997, S. 91 f.).• Um das unternehmerische Denken <strong>der</strong> Sozialversicherten zu för<strong>der</strong>n, sollen die Arbeitnehmerzudem <strong>in</strong> Zukunft das Bruttoarbeitsentgelt e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Arbeitgeberbeiträgeausgezahlt bekommen und sowohl ihre Lohn- und E<strong>in</strong>kommenssteuern als auch ihre Sozialabgabenjeweils <strong>in</strong>dividuell abführen. Dadurch sollen die Arbeitnehmer „e<strong>in</strong>e zutreffen<strong>der</strong>eVorstellung von den Kosten des Staates und <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>ssysteme erhalten“(Kommission 1997, S. 88); zudem würde die Wirtschaft entlastet. Die Kosten für die <strong>Grund</strong>versorgungim Falle von Krankheit o<strong>der</strong> Pflege wären grundsätzlich vom E<strong>in</strong>zelnen selber zutragen, nur im Falle e<strong>in</strong>er Bedürftigkeit sollte die Sozialhilfe dafür e<strong>in</strong>treten.31


• Um die Beschäftigung zu erhöhen, sollen die Personalzusatzkosten durch Senkung <strong>der</strong>Arbeitgeber- und -nehmerbeiträge zu den gesetzlichen <strong>Sicherung</strong>ssystemen reduziertwerden 16 . Die Leistungsverpflichtung <strong>der</strong> Sozialversicherungen – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> gesetzlichenAlterssicherung – sollen im Gegenzug steuerf<strong>in</strong>anziert durch den Staat gesichertwerden; Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em steuerf<strong>in</strong>anzierten Transfersystemzusammengefaßt werden (Kommission 1997, S. 105). Insgesamt soll also das Leistungsniveaugesenkt und die F<strong>in</strong>anzierungsbasis von den Beitragszahlern auf die Steuerzahlerverbreitert werden (Kommission 1997, S. 94).• Die Arbeitslosenversicherung h<strong>in</strong>gegen soll konzeptionell <strong>in</strong> die beiden Teile Risikoversicherungund Arbeitsför<strong>der</strong>ung unterteilt werden; <strong>der</strong> Versicherungsteil soll weiterh<strong>in</strong>beitragsf<strong>in</strong>anziert, <strong>der</strong> Arbeitsför<strong>der</strong>ungsbereich h<strong>in</strong>gegen steuerf<strong>in</strong>anziert werden(Kommission 1997, S. 105 f.). Diese Trennung <strong>der</strong> beiden Bereiche <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherungsoll auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite das Äquivalenzpr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versicherungsleistungstärken und auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite e<strong>in</strong>e engere Verflechtung <strong>der</strong> Instrumente aktiverArbeitsmarktpolitik mit <strong>der</strong> Sozialhilfe erlauben.• Ebenfalls zur Steigerung <strong>der</strong> Beschäftigung vor allem im Niedriglohnbereich und zur„L<strong>in</strong><strong>der</strong>ung“ des „Zuwan<strong>der</strong>erdrucks“ soll das Sozialhilfeniveau gesenkt werden. Wegen <strong>der</strong>im Sozialversicherungssystem unzureichenden <strong>Sicherung</strong> von Niedriglohnempfängern und<strong>der</strong> daraus folgenden Sozialhilfebedürftigkeit, sollen vor allem im Alter existenzsicherndeTransferansprüche gewährt werden, die von e<strong>in</strong>er vormaligen Erwerbsarbeit und den dabeierhaltenen Erwerbse<strong>in</strong>kommen unabhängig se<strong>in</strong> sollen (Kommission 1997, S. 98 f.).• Als Ergänzung zur marktgängigen Erwerbsarbeit schlägt die Kommission e<strong>in</strong>e sogenannte„Bürgerarbeit“ vor; diese Bürgerarbeit soll geme<strong>in</strong>wohlorientiert se<strong>in</strong>, allen Erwerbsfähigenoffen stehen, jedoch we<strong>der</strong> verpflichtend für die Bürger noch mit e<strong>in</strong>em Rechtsanspruchversehen se<strong>in</strong> (Kommission 1997, S. 82, 102). Diese Bürgerarbeit soll unentgeltlichgeleistet werden, Bedürftigen jedoch e<strong>in</strong> Recht auf e<strong>in</strong> „Bürgergeld“ 17 e<strong>in</strong>räumen. Dieses„Bürgergeld“ soll denen gewährt werden, die existentiell darauf angewiesen s<strong>in</strong>d. Obwohldas „Bürgergeld“ <strong>in</strong> Leistungsumfang und Anspruchsvoraussetzungen <strong>der</strong> Sozial- bzw.Arbeitslosenhilfe entsprechen soll und die F<strong>in</strong>anzierung aus den Haushalten <strong>der</strong> SozialundArbeitslosenhilfe erfolgen soll, würden Bezieher von Bürgergeld nicht als Sozial- o<strong>der</strong>Arbeitslosenhilfeempfänger betrachtet (Kommission 1997, S. 102). Im Gegensatz zuArbeitslosen brauchen Bürgergeld-Empfänger während <strong>der</strong> Bürgerarbeit, die <strong>in</strong> Form vonGeschlossenen Projekten organisiert werden soll, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung zustehen.16 vgl. dazu auch die Anmerkungen <strong>der</strong> Zukunftskommission <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung, zusammengefaßt wie<strong>der</strong>gegebenauf S. 42 ff., hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e S. 4417 Dieses Bürgergeld darf nicht mit dem Bürgergeld im S<strong>in</strong>ne des von <strong>der</strong> FDP vertretenen Konzeptes e<strong>in</strong>er negativenE<strong>in</strong>kommensteuer gleichgesetzt o<strong>der</strong> verwechselt werden! Während das Bürgergeld im FDP-Modell e<strong>in</strong>everwaltungstechnische Vere<strong>in</strong>fachung des Gesamtsystems <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> darstellt, ist das Bürgergeld imS<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Zukunftskommission e<strong>in</strong>e das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ergänzende o<strong>der</strong> zum Teil ersetzende Leistung,<strong>der</strong>en konkrete Ausgestaltung und <strong>der</strong>en substantielle Abgrenzung zu den schon bestehenden Fürsorge<strong>in</strong>strumentensich erst noch entwickeln soll (vgl. Kommission 1997, S. 102 f.)32


3.2.7 Soziale <strong>Sicherung</strong> aus Sicht <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft selbständigerUnternehmer (ASU) e.V.Der Bundesverband Junger Unternehmer sieht durch den „Wohlfahrtstaat“ Wachstum undWohlstand gefährdet und den Standort Deutschland bedroht; die gesetzliche Rentenversicherungbetrachtet er als Entmündigung <strong>der</strong> Bürger. Der Bundesverband for<strong>der</strong>t deshalb„die Privatisierung <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> allen ihren Zweigen“ (Mehr netto für alle 1997, S.67), <strong>der</strong> Staat solle ausschließlich im S<strong>in</strong>ne des Fürsorgepr<strong>in</strong>zips tätig werden. Angestrebt wirde<strong>in</strong> Versicherungszwang zur Abdeckung <strong>der</strong> existenzbedrohenden Risiken auf e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichenM<strong>in</strong>destniveau statt e<strong>in</strong>er Zwangsversicherung, als welche die <strong>der</strong>zeitigen Sozialversicherungssystemegesehen werden.• Die Sozialversicherungen sollen privatisiert werden. In allen Zweigen <strong>der</strong> Sozialversicherungsoll e<strong>in</strong>e gesetzliche M<strong>in</strong>destsicherung mit Versicherungszwang e<strong>in</strong>geführt werden, dieVersicherung soll bei privaten Versicherungsunternehmen erfolgen; lediglich die Rentenversicherungsoll davon ausgenommen werden. Die Arbeitgeberanteile zur Renten- ,Unfall-,Kranken- und Arbeitslosenversicherung sollen den Arbeitnehmern als ausgewiesene Lohnanteilemonatlich ausbezahlt werden.• Die Höhe <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung soll sich im Falle <strong>der</strong> Rentenversicherung an <strong>der</strong>Pfändungsgrenze laut Zivilprozeßordnung orientieren, im Falle <strong>der</strong> Unfall- und Krankenversicherungan den im Wettbewerb sich herausbildenden Beitragssätzen für dieversicherten Risiken und im Falle <strong>der</strong> Pflege- und Arbeitslosenversicherung am Sozialhilfesatz.Die M<strong>in</strong>destsicherung bezöge sich für die Unfallversicherung auf e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>imalsicherungüblicher „Schadensfälle“, für die Krankenversicherung h<strong>in</strong>gegen nur auf die notwendigenLeistungen zur Absicherung sogenannter „Großrisiken“. Darüber h<strong>in</strong>ausgehendeVersicherungsleistungen müßten auf den Versicherungsmarkt erworben werden; so wärebeispielsweise die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall e<strong>in</strong>e außerhalb <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherungzu versichernde Leistung.• Im Rahmen <strong>der</strong> Rentenversicherung soll für alle volljährigen Bürger e<strong>in</strong>e Versicherungspflichtbestehen. Diese Versicherungspflicht beläuft sich auf e<strong>in</strong>e standardisierte M<strong>in</strong>destsicherung(„Bürgerrente“) <strong>in</strong> Höhe des „konventionellen Existenzm<strong>in</strong>imums“ (<strong>der</strong>zeit veranschlagt mitknapp DM 1200.-). Für Leistungsansprüche nicht erwerbstätiger Haushaltsmitglie<strong>der</strong> sollenjeweils Beitragszuzahlungen vom Beitragszahler entrichtet werden; „abgeleitete Ansprüche“bzw. e<strong>in</strong>e kostenfreie Mitversicherung <strong>in</strong> <strong>der</strong> bisherigen Form soll es nicht mehr geben. DieBeitragszahlungen vorübergehend nicht Erwerbstätiger – z.B. Kranker o<strong>der</strong> Arbeitsloser –sollen h<strong>in</strong>gegen private E<strong>in</strong>kommensversicherungen abdecken; auch diese sollenPflichtversicherungen se<strong>in</strong>.• Die gesetzliche Krankenversicherung soll vollständig auf Marktpr<strong>in</strong>zipien umgestellt werden.Es besteht e<strong>in</strong> Versicherungszwang, bei vollständiger Freiheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahl des Versicherungsträgers.Versicherungsleistungen und Prämiensystem sollen sich im freien Wettbewerb<strong>in</strong>nerhalb des Gesundheitswesens herausbilden, die Risikoprämie danach den bis dah<strong>in</strong> zuzahlenden Pflichtbeitrag ersetzen. Der Versicherungspflicht soll e<strong>in</strong> Kontrahierungszwang fürdie Krankenversicherungen entsprechen, d. h. Krankenversicherungen könnten jenen, diebei ihnen versichert werden wollten, die Aufnahme nicht verweigern. (Mehr netto für alle1997, S. 79). Im Rahmen <strong>der</strong> Krankenversicherung sollen Leistungen grundsätzlich nach33


dem Sachleistungspr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> Form von Kostenerstattungen bei durchgängigerSelbstbeteiligung <strong>der</strong> Versicherten erbracht werden. Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krankenversicherung solldie Versicherung ausschließlich nach dem Individualpr<strong>in</strong>zip erfolgen, abgeleitete Ansprüche<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Mitversicherung Dritter soll es nicht geben.• Die Pflegeversicherung soll vollkommen privatisiert werden und nicht zwangsläufig zu denPflichtversicherungen gehören. Sollte sie aber als Pflichtversicherung bestehen bleiben, solle<strong>in</strong>e Versicherungspflichtgrenze e<strong>in</strong>geführt werden.• Die Arbeitslosenversicherung soll ebenfalls privatisiert werden: Versicherungspflichtig wärenalle Bürger, sofern sie nicht nachweislich ausreichend private Vorsorge getroffen haben, dieobligatorische <strong>Grund</strong>sicherung beliefe sich auf die Höhe <strong>der</strong> Sozialhilfe. Diese Absicherungsoll durch private Zusatzversorgungen aufgestockt werden können.• Der Staat wäre ausschließlich im S<strong>in</strong>ne des Fürsorgepr<strong>in</strong>zips leistungsverpflichtet. BeiBedürftigkeit übernähme er entwe<strong>der</strong> die Versorgung <strong>der</strong> Bedürftigen auf <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>lagedes Sozialhilfesatzes bzw. <strong>der</strong> Pfändungsgrenze laut Zivilprozeßordnung, o<strong>der</strong> er übernähmedie Zahlung <strong>der</strong> Beiträge, die Bedürftigen zum Abschluß e<strong>in</strong>er Versicherung auf demM<strong>in</strong>destsicherungsniveau fehlen. Transferleistungen des Staates, von <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong>Vermögensbildung bis h<strong>in</strong> zur Familienpolitik o<strong>der</strong> den Nulltarifen an weiterführendenBildungse<strong>in</strong>richtungen, sollen demgegenüber unter Berufung auf das Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zipganz entfallen o<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>e Elementarhilfe für die wirklich Bedürftigen beschränkt werden(Mehr netto für alle 1997, S. 88).3.2.8 Vorschläge des Bundesverbandes mittelständische WirtschaftBei den Vorschlägen des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) handelt es sichnicht um e<strong>in</strong> <strong>in</strong> sich geschlossenes Modell <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>, son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong>zelne <strong>in</strong>teressengeleiteteFor<strong>der</strong>ungen, die das bestehende System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> betreffen. Für denBundesverband steht die <strong>Sicherung</strong> des Wirtschaftsstandortes Deutschland und die Stärkung <strong>der</strong>Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer und kle<strong>in</strong>er Unternehmen an erster Stelle. Aus dieserPerspektive heraus hat für den BVMW e<strong>in</strong>e Reform <strong>der</strong> „überfor<strong>der</strong>ten Sozialsysteme“ vor allemunter dem Gesichtspunkt e<strong>in</strong>er f<strong>in</strong>anziellen und verwaltungstechnischen Entlastung für dieUnternehmen zu erfolgen. Zu diesem Zweck sollen Aufgaben des sozialen Ausgleichs und desMarktsystems vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrennt werden:• Der Staat soll die soziale <strong>Grund</strong>sicherung („<strong>Grund</strong>versorgung“) gewährleisten, darüberh<strong>in</strong>ausgehendeAnsprüche könnten nur durch private Zusatzvorsorge erworben werden. DieRentenversicherung soll durch e<strong>in</strong>e steuerf<strong>in</strong>anzierte „<strong>Grund</strong>rente“ 18 ersetzt, die zusätzlicheprivate Alterssicherung geför<strong>der</strong>t werden (Bundesverband o.J., S. 21).• Zur Senkung <strong>der</strong> Lohnzusatzkosten wird e<strong>in</strong>e Herausnahme „versicherungsfrem<strong>der</strong>Leistungen“ aus den Sozialversicherungen gefor<strong>der</strong>t; Leistungen <strong>der</strong> Arbeitslosen- und18 Dem Tenor des Gesamtpapieres folgend wird es sich dabei vermutlich aber nicht um e<strong>in</strong>e <strong>Grund</strong>rente im S<strong>in</strong>ne<strong>der</strong> <strong>in</strong> Kapitel 3.1 angeführten Def<strong>in</strong>ition handeln, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destrente geme<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>.34


Sozialhilfe sollen zudem das Lohnabstandsgebot wahren, also deutlich unterhalb vonErwerbse<strong>in</strong>kommen liegen. Die Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgenwären an den Arbeitnehmer direkt auszuzahlen (Bundesverband o.J., S. 20).• Als drittes for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> BVMW e<strong>in</strong> Bürgergeldsystem im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er negativen E<strong>in</strong>kommensteuer,wie es im Abschnitt über das Modell <strong>der</strong> FDP schon erläutert wurde (Bundesverbando.J., S. 21).3.2.9 Vorschläge <strong>der</strong> Bundesvere<strong>in</strong>igung Deutscher ArbeitgeberverbändeAuch für die Bundesvere<strong>in</strong>igung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) stehen die Wettbewerbsfähigkeitdes Standortes Deutschland und <strong>der</strong> deutschen Unternehmen im Zentrum ihrerÜberlegungen. Wie für den zuvor betrachteten Bundesverband mittelständische Wirtschaftersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> BDA <strong>der</strong> Sozialstaat zu teuer, das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ohne Leistungsreduzierungenüberfor<strong>der</strong>t und die Unternehmen zu stark belastet.Die BDA orientiert sich folglich bei ihren Reformvorschlägen an e<strong>in</strong>er wirksamen Reduzierung<strong>der</strong> Lohnnebenkosten und <strong>der</strong> steuerlichen Belastungen <strong>der</strong> Unternehmen. E<strong>in</strong>schnitte <strong>in</strong> dassoziale Leistungssystem <strong>der</strong> gesetzlichen Sozialversicherungen seien unvermeidlich.• Die Leistungen <strong>der</strong> gesetzlichen Sozialversicherungen sollen auf e<strong>in</strong>e Basissicherung zurückgeführtwerden, die durch private Zusatzversicherungen ergänzt werden könnten. Dadurchsollen e<strong>in</strong>e Trennung von Erwerbsarbeit und <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> erreicht und die Sozialversicherungsbeiträgegesenkt werden. Die ger<strong>in</strong>geren Sozialleistungsbeiträge würden dieUnternehmen f<strong>in</strong>anziell entlasten, die ger<strong>in</strong>gere Belastung <strong>der</strong> Arbeitnehmer h<strong>in</strong>gegenbefähige diese zu privater Eigenvorsorge (BDA 1998, S. 19). Diese private Zusatzversorgungüber die gesetzliche Basissicherung h<strong>in</strong>aus wirke als „marktwirtschaftlichesRegulativ“, das aufgrund se<strong>in</strong>er Kapitaldeckungsbasis e<strong>in</strong>e Überbeanspruchung <strong>der</strong>(volks)wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verh<strong>in</strong><strong>der</strong>e.• Sogenannte versicherungsfremde Leistungen wären für die BDA „sachgerecht“ zuf<strong>in</strong>anzieren, d.h. entwe<strong>der</strong> aus dem Steueraufkommen zu leisten o<strong>der</strong> aber <strong>in</strong> den Verantwortungsbereich<strong>der</strong> Begünstigten (rück-) zu überführen (BDA 1998, S. 20). BeitragsfreieAnrechnungszeiten sollten verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t o<strong>der</strong> ganz gestrichen werden: So sollte die Anrechnungvon Ausbildungszeiten entfallen und die beitragsfreie Mitversicherung des Ehepartnersim Rahmen <strong>der</strong> H<strong>in</strong>terbliebenenrente nur noch für K<strong>in</strong><strong>der</strong>erziehungszeiten o<strong>der</strong>Zeiten <strong>der</strong> Pflege Angehöriger gewährt werden (BDA 1998, S. 20).• Die verschiedenen Säulen des Sozialversicherungssystems sollten im Kern erhalten bleibenund weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Umlageverfahrens f<strong>in</strong>anziert werden. <strong>Grund</strong>lage blieben lohnbezogeneBeiträge, das Äquivalenzpr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leistungsbemessung und die geme<strong>in</strong>sameArbeitgeber/ Arbeitnehmer-F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Sozialversicherungen (BDA 1998, S. 14 f.). DieBeitragsbemessungsgrenze sollte <strong>in</strong> den alten Bundeslän<strong>der</strong>n auf dem gegenwärtige Stande<strong>in</strong>gefroren und <strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n schrittweise auf das westdeutsche Niveauangehoben werden und dann ebenso e<strong>in</strong>gefroren werden, bis dieser Betrag von <strong>der</strong>zeit DM8.400.- dem gesamtdeutschen Durchschnittslohn entspricht. Damit soll den darüberh<strong>in</strong>aus35


Verdienenden e<strong>in</strong>e größere Freiheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahl ihrer sozialen Absicherung e<strong>in</strong>geräumtwerden (BDA 1998, S. 18 f.).• Im Bereich <strong>der</strong> Unfallversicherung erwartete die BDA für die Unternehmen e<strong>in</strong>e Kostensenkungdurch e<strong>in</strong>e Verschärfung des Kausalitätspr<strong>in</strong>zips, also <strong>der</strong> Begründung e<strong>in</strong>erLeistungsverpflichtung ausschließlich durch e<strong>in</strong>en unmittelbaren Ursache- Wirkungszusammenhang.Die Unfallversicherung sollte nur noch für e<strong>in</strong>deutig mit <strong>der</strong> Arbeitnehmertätigkeitverbundene Schäden e<strong>in</strong>treten, alle an<strong>der</strong>en bislang von ihr gewährten Leistungenvon <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung bzw. <strong>der</strong> privaten Haftpflicht getragen werden; <strong>in</strong>diesem S<strong>in</strong>ne wären z.B. Wegeunfälle als allgeme<strong>in</strong>es Lebensrisiko e<strong>in</strong>zustufen und von <strong>der</strong>Krankenversicherung zu begleichen (BDA 1998, S. 21).• <strong>Grund</strong>sätzlich sollten Kumulationen von Versicherungsleistungen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden, die dasvormalige Arbeitse<strong>in</strong>kommen übersteigen. Im Falle gleichzeitiger Ansprüche an Unfall- undRentenversicherung sollten Altersrenten Vorrang vor Unfallrenten haben. Die M<strong>in</strong>destquotefür die M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit sollte von 20% auf 30% angehoben werden,kle<strong>in</strong>ere Unfallrenten „von Amts wegen abgefunden werden“ (BDA 1998, S. 32)• Die Arbeitslosenversicherung gewährte – unabhängig vom Familienstand – nur noch e<strong>in</strong>eBasissicherung <strong>in</strong> Höhe von 60% des letzten Nettoverdienstes; die Bezugsdauer sollteunabhängig von zeitlichen Anwartschaften und Alter des Leistungsempfängers nur nochmaximal 12 Monate gewährt werden. Erwogen wird auch die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es abgesenktenE<strong>in</strong>stiegsarbeitslosengeldes, das aber nicht genauer spezifiziert wird. (BDA 1998, S. 35)• Zur Erhöhung <strong>der</strong> Beschäftigung <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Niedriglohnbereich und unter Berufungauf den <strong>Grund</strong>satz <strong>der</strong> Subsidiarität soll e<strong>in</strong> Kombilohnmodell für Sozialhilfeempfängere<strong>in</strong>geführt werden: Erwerbse<strong>in</strong>kommen unterhalb des Sozialhilfesatzes würden nur degressivauf die Sozialhilfeleistung angerechnet (BDA 1998, S. 36).• Zudem sollten Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe unter den rechtlichen Regelungen <strong>der</strong>Sozialhilfe zusammengeführt und das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium auch aufSozialhilfebezieher angewendet werden (BDA 1998, S. 37 ff.). Arbeitsfähige Sozialhilfebeziehersollten wie Arbeitslose behandelt werden, unterlassene Arbeitssuche zu Leistungskürzungenführen können (BDA 1998, S. 35).• Maßnahmen <strong>der</strong> aktiven Arbeitsmarktpolitik sollten aus Steuermitteln f<strong>in</strong>anziert, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmendurch E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungshilfen ersetzt werden.3.2.10 Die Stellungnahme <strong>der</strong> KirchenAuch die evangelische und die katholische Kirche haben <strong>in</strong> ihrem geme<strong>in</strong>samen Papier zur wirtschaftlichenund sozialen Lage <strong>in</strong> Deutschland Vorstellungen über die zukünftige Gestaltung <strong>der</strong>sozialen <strong>Sicherung</strong> entwickelt. Da es <strong>in</strong> diesem Papier aber um e<strong>in</strong>e Stellungnahme zur heutigenSituation g<strong>in</strong>g, haben diese Vorschläge eher den Charakter von For<strong>der</strong>ungen nach Abstellung36


e<strong>in</strong>es Mangels; die dah<strong>in</strong>terstehende Vorstellung von Aufgaben und Instrumenten e<strong>in</strong>es Systems<strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ergibt sich oftmals erst durch Umkehrschluß.Auch den Kirchen geht es im Bereich <strong>der</strong> Wirtschafts- und Sozialpolitik <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um e<strong>in</strong>eAuse<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit den Folgen <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit und e<strong>in</strong>e höhere Beschäftigung (vgl. Füre<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 187 f., Ziff. 190). <strong>Grund</strong>sätzlich halten die Kirchen am bestehendenSozialversicherungssystem fest, denn trotz des gesamtwirtschaftlichen Wohlstandes seien Geldund<strong>Grund</strong>vermögen zu ungleich verteilt, als daß je<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage sei, sich aus eigener Kraftauch nur gegen elementare Lebensrisiken abzusichern; auch die Ergänzung <strong>der</strong> Sozialversicherungendurch e<strong>in</strong> steuerf<strong>in</strong>anziertes Transferleistungssystem solle erhalten bleiben (Füre<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 178).• Auch die Kirchen for<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Herausnahme „versicherungsfrem<strong>der</strong> Leistungen“ aus denSozialversicherungen, um die Lohnnebenkosten spürbar senken zu können; die unverzichtbarensollten über Steuern f<strong>in</strong>anziert werden, um alle leistungsfähigen Bürger<strong>in</strong>nen undBürger an den Aufwendungen zu beteiligen und den Faktor Arbeit zu entlasten (Für e<strong>in</strong>eZukunft 1997, Ziff. 20). Zu solchen versicherungsfremden Aufgaben zählen die Kirchenauch Maßnahmen <strong>der</strong> aktiven Arbeitsmarktpolitik und die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> deutschdeutschenVere<strong>in</strong>igung aus Versicherungsbeiträgen. Diese Lasten dürften nicht von denSozialversicherungen getragen werden, solange „wesentliche Bevölkerungsgruppen nichtzur F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Sozialsysteme“ beitrügen (Für e<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 188).• Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie familienpolitisch motivierter Lastenausgleich, h<strong>in</strong>gegens<strong>in</strong>d für die Kirchen <strong>in</strong>tegraler Bestandteil <strong>der</strong> gesetzlichen Sozialversicherungen;<strong>in</strong>sofern halten sie an <strong>der</strong> Mitversicherung Familienangehöriger und abgeleitetenAnsprüchen an die Sozialversicherungen fest. Voraussetzung für die weitere Beitragsf<strong>in</strong>anzierungsei aber e<strong>in</strong>e weitgehende Übere<strong>in</strong>stimmung des Kreises <strong>der</strong> Beitragszahler unddem <strong>der</strong> Leistungsempfänger – e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong>en Familien (Für e<strong>in</strong>e Zukunft 1997,Ziff. 189).• Die Aufwendungen für K<strong>in</strong><strong>der</strong> seien <strong>in</strong> realistischer Höhe von steuerlichen Belastungen freizustellen,das K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld und das Erziehungsgeld so zu erhöhen, daß K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht Ursachevon Armut <strong>in</strong> Familien se<strong>in</strong> könnten; alle<strong>in</strong> die Tatsache, K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu haben, dürfe auch <strong>in</strong>den unteren Lohngruppen nicht Ursache für den Bezug von Sozialhilfe se<strong>in</strong> (Für e<strong>in</strong>eZukunft 1997, Ziff. 197). K<strong>in</strong><strong>der</strong>erziehungszeiten sollten zudem <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherungstärker als bisher rentenanspruchsbegründend und rentensteigernd berücksichtigtwerden (Für e<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 195).• Das umlagef<strong>in</strong>anzierte System <strong>der</strong> gesetzlichen Sozialversicherung muß auch aus Sicht <strong>der</strong>Kirchen durch private Vorsorgeleistungen ergänzt werden. Dazu müsse die Vermögensbildung<strong>in</strong> Arbeitnehmerhand geför<strong>der</strong>t werden. Es wird zudem erwogen, die Absicherungdurch die gesetzlichen Sozialversicherungen für jene zu reduzieren, die „ohne starkeE<strong>in</strong>schränkungen des Lebensstandards“ Eigenvorsorge betreiben könnten (Für e<strong>in</strong>e Zukunft1997, Ziff. 186). Die Altersvorsorge soll durch „an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> Eigenvorsorge mitElementen e<strong>in</strong>er betrieblichen Vorsorge ergänzt werden“ (Mehr Beteiligungsgerechtigkeit1998, S. 11 f.).37


• Die Sozialhilfe als „Letztsicherungssystem“ soll <strong>in</strong> ihrer gegenwärtigen Form erhaltenbleiben; allerd<strong>in</strong>gs gelte es, die vorgelagerten <strong>Sicherung</strong>ssysteme „armutsfest“ zu gestalten.Dazu sollen sowohl das Arbeitslosengeld, die Arbeitslosenhilfe als auch die gesetzlicheRente „gesockelt“ werden, d.h. jeweils m<strong>in</strong>destens <strong>der</strong> Höhe des sozio-kulturellen Existenzm<strong>in</strong>imumsentsprechen; die dadurch entstehenden höheren Aufwendungen für die Sozialversicherungensollen aus dem Steueraufkommen ausgeglichen werden (Für e<strong>in</strong>e Zukunft1997, Ziff. 179).• Die Regelsätze <strong>der</strong> Sozialhilfe sollen sich am Bedarf orientieren und jährlich <strong>in</strong> Anlehnungan die durchschnittliche E<strong>in</strong>kommens- und Ausgabenentwicklung nicht nur <strong>der</strong> unterenLohngruppen, son<strong>der</strong>n aller Arbeitnehmer, fortgeschrieben werden. E<strong>in</strong>e Orientierung <strong>der</strong>Regelsätze an dem Lohnabstandsgebot halten die Kirchen für nicht immer sachgerecht, weilso <strong>der</strong> faktischen Bedürftigkeit von Familien mit mehreren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n wegen des unzureichendenLastenausgleichs nicht entsprochen werden könne (Für e<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 180).Weiterh<strong>in</strong> sprechen sich die Kirchen dagegen aus, Geldleistungen <strong>der</strong> Sozialhilfe durchSachleistungen zu ersetzen und verweisen auf die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Reform <strong>der</strong>Bedarfsprüfung, die <strong>in</strong> ihrer gegenwärtigen Form viele Anspruchsberechtigte davon abhalte,Ansprüche auch geltend zu machen (Für e<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 181).• Auch die Kirchen sprechen sich für e<strong>in</strong>e nur e<strong>in</strong>geschränkte Anrechnung von Erwerbse<strong>in</strong>kommenauf gesetzliche Fürsorgeleistungen aus, um die (legale) Beschäftigung zu erhöhen,sehen allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Problem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bereitstellung geeigneter Arbeitsmöglichkeiten (Für e<strong>in</strong>eZukunft 1997, Ziff. 181): Zentrales Problem sei die hohe Arbeitslosigkeit, die nicht durchdas Transfersystem behoben werden könne, an<strong>der</strong>erseits aber auch nicht zur E<strong>in</strong>schränkung<strong>sozialer</strong> Sicherheit bei denjenigen führen dürfe, die auf diese Leistungen angewiesen seien(Für e<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 186, Ziff. 190). Von Seiten <strong>der</strong> katholischen Kirche werdenexplizit befristete E<strong>in</strong>kommenszuschüsse als Instrument zur Entwicklung <strong>der</strong> Beschäftigung imNiedriglohnbereich <strong>in</strong> die <strong>Diskussion</strong> gebracht (Mehr Beteiligungsgerechtigkeit 1998,S. 10).• E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Beamten <strong>in</strong> die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme wird nichtvorgeschlagen, allerd<strong>in</strong>gs soll die Eigenbeteiligung <strong>der</strong> Beamten an ihrer Altersversorgungerhöht werden (Für e<strong>in</strong>e Zukunft 1997, Ziff. 184).Auf den folgenden Seiten werden die behandelten <strong>Modelle</strong> und Vorschläge noch e<strong>in</strong>mal tabellarischzusammengefaßt. Da das zugängliche und verwendete Material <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Aussagekraftund se<strong>in</strong>em Umfang sehr unterschiedlich war, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Tabellen nicht immer alle Fel<strong>der</strong>besetzt, obwohl die Parteien und Verbände auch <strong>in</strong> diesen Fällen oftmals e<strong>in</strong>e klare Me<strong>in</strong>ungvertreten. Sofern diese aber den verwendeten Materialien nicht e<strong>in</strong>deutig zu entnehmen war,werden sie nicht angeführt. Die Vorschläge des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft(BVMW) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tabelle nicht aufgeführt, da sie e<strong>in</strong>erseits we<strong>der</strong> umfassend noch <strong>in</strong> denVorschlägen konsistent s<strong>in</strong>d.38


Abbildung 5: Tabellarische Synopse <strong>der</strong> betrachteten <strong>Modelle</strong>: Soziale <strong>Grund</strong>sicherungSPDBÜNDNIS 90/Die GrünenCDUF.D.P.PrimäreOrientierungArmut verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n Armut verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n BeschäftigungVerfahrensvere<strong>in</strong>fachung/Beschäftigung<strong>Grund</strong>sicherungbedarfsabhängige<strong>Grund</strong>sicherungbedarfsorientierte<strong>Grund</strong>sicherungSozial-/ ArbeitslosenhilfealsM<strong>in</strong>destsicherungbedarfsabhängige<strong>Grund</strong>sicherung– <strong>Sicherung</strong>sniveausozio-kulturellesExistenzm<strong>in</strong>imum/pauschalierteSozialhilfesätzesozio-kulturellesExistenzm<strong>in</strong>imum; biszur FeststellungpauschaliertDM 800,- für Alle<strong>in</strong>stehende,DM 560.- jeHaushaltsmitglied, ggf.MehrbedarfszuschlägeSozial-/ Arbeitslosenhilfe;Ablehnung e<strong>in</strong>er„zumutbaren“ Arbeit ziehtKürzung nach sichExistenzm<strong>in</strong>imum,abhängig vonpersönlichenLebensumständen durchdegressive Anrechnungeigener E<strong>in</strong>kommenauch darüber h<strong>in</strong>aus– <strong>Sicherung</strong>sfunktionAufstocken nichtexistenzsichern<strong>der</strong>E<strong>in</strong>kommen/ VermögenAufstocken nichtexistenzsichern<strong>der</strong>E<strong>in</strong>kommen/ Vermögen;Beiträge an Kranken-,Pflege-, ggf.Arbeitslosenversicherungliegt <strong>der</strong> Saldo vonTransferleistungsansprüchenundSteuerschuld unterhalbdes Existenzm<strong>in</strong>imumswird bis dah<strong>in</strong>aufgestockt– F<strong>in</strong>anzierung aus Steueraufkommen aus Steueraufkommen aus Steueraufkommen– LeistungsartpauschalierteGeldleistungenpauschalierteGeldleistungenGeldleistungen, nichtzweckgebunden– Anspruchsberechtigt– Anspruchsvoraussetzungen– Anspruchsberechtigung– LeistungspflichtDritter– Leistungsstelle– Status imGesamtsystemWohnbevölkerungBedürftigkeit/E<strong>in</strong>kommensarmuteigene Erwerbsarbeitnicht möglich/ nichtzumutbarEhepartner; K<strong>in</strong><strong>der</strong> undEltern, die im selbenHaushalt lebenjeweilige SozialversicherungsträgerErgänzung des Systems;ersetzt „Hilfe zumlaufendenLebensunterhalt“Wohnsitz o<strong>der</strong> rechtmäßigerAufenthalt <strong>in</strong>DeutschlandBedürftigkeit/E<strong>in</strong>kommensarmutLebensunterhaltdauerhaft o<strong>der</strong>vorübergehend nicht zubestreitennur <strong>in</strong>nerhalb vonHaushalts-/ Lebensgeme<strong>in</strong>schaftenjeweilige SozialversicherungsträgerErgänzung des Systems;ersetzt „Hilfe zumlaufendenLebensunterhalt“ undLeistungen nachAsylbewerbergesetzE<strong>in</strong>kommens-/VermögensarmutHöhereTransferleistungsansprüchealsSteuerschuldHöhereTransferleistungsansprüchealsSteuerschuldF<strong>in</strong>anzämterErsetzt Sozial-/Arbeitslosenhilfe,Wohngeld, BAföG,K<strong>in</strong><strong>der</strong>- undErziehungsgeld sowiesteuerliche Freibeträge39


PDSZukunftskommissionASU BDA KirchenArmut verh<strong>in</strong><strong>der</strong>nBeschäftigung/ neuesVerständnis von ArbeitPrivatisierung <strong>sozialer</strong><strong>Sicherung</strong>Wettbewerbsfähigkeit desStandortes Deutschlandund <strong>der</strong> deutschenUnternehmenBeschäftigung;Soziale EthikBedarfsorientierte<strong>Grund</strong>sicherungSozialhilfe, „Bürgergeld“für BürgerarbeitPrivate Pflichtversicherung/SozialhilfeSozialhilfe„Sockelung“ <strong>der</strong>Sozialversicherungen;K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld,SozialhilfeDurchschnittlicherSozialhilfesatz:DM 1.425,- (zzgl.Krankenversicherungsbeitrag,ggf. Wohngeld)„auskömmliche“M<strong>in</strong>imalsicherung;existentielle Risikenwerden gesichert;Sozialhilfeniveau wirdgesenktSozialhilfeSozialhilfesatz;unterlassene Arbeitsuchezieht Kürzung nach sichBedarfsorientiert;<strong>in</strong> jedem Fall wirdzum<strong>in</strong>dest dasSozialhilfeniveaualsGesamte<strong>in</strong>künftegarantiertAufstocken nichtexistenzsichern<strong>der</strong>E<strong>in</strong>kommen; Beiträge zurKrankenversicherungVersorgung Bedürftiger <strong>in</strong>Höhe Sozialhilfesatz/Pfändungsgrenze;Übernahme <strong>der</strong>Versicherungsbeiträgevom Bund ausSteueraufkommenpauschalierteGeldleistungen„Lebensmittelpunkt <strong>in</strong>Deutschland“E<strong>in</strong>kommens-/VermögensarmutErgänzung des Systems;ersetzt „Hilfe zumlaufendenLebensunterhalt“ undLeistungen nachAsylbewerbergesetz„Bürgergeld“ alsexperimentelle Ergänzung40


Abbildung 6: Tabellarische Synopse <strong>der</strong> betrachteten <strong>Modelle</strong>: SozialversicherungssystemSPDBÜNDNIS 90/Die GrünenCDUF.D.P.gesetzlicheSozialversicherungenbleiben bestehenbleiben bestehen– Beitragsbemessungsgrenze– Sozialversicherungspflichtig– Rentenversicherung– Arbeitslosenversicherung– Krankenversicherung– Pflegeversicherungalle DauerarbeitsverhältnisseStärkung privater undbetrieblicherAltersvorsorgebefristeter„Kombilohn“: max. 6-monatige LohnzuschüsseundNichtanrechnung fürEmpfänger vonArbeitslosenhilfeBeurteilung <strong>der</strong>Leistungen nachgesundheits- undsozialpolitischen Wertverstärkt über<strong>in</strong>dividuelle Kapital- /Vermögensbildung;höhereRentene<strong>in</strong>trittsalter;gleiten<strong>der</strong> Übergang<strong>in</strong> RenteKombilohn: nichtexistenzsicherndeLöhne werden durchBürgergeldaufgestocktSozialhilfe„versicherungsfremdeLeistungen“nur noch „Hilfe <strong>in</strong>beson<strong>der</strong>enLebenslagen“steuerf<strong>in</strong>anziertnur noch „Hilfe <strong>in</strong>beson<strong>der</strong>enLebenslagen“engere Verzahnungmit aktiverArbeitsmarktpolitik;Leistungen fürAsylbewerber sollengekürzt werdensteuerf<strong>in</strong>anziertsonstiges41


PDSZukunftskommissionASU BDA Kirchenbleiben bestehen;grundsätzlich alsIndividualversicherung;Arbeitgeberanteil alsWertschöpfungsabgabe„deutlich erhöht“alle Erwerbstätigen,unabhängig von Verdienstund StundenzahlLeistungen auf dasNiveauexistenzsichern<strong>der</strong>Versorgung gesenkt;ergänzt durchkapitalgedeckteZusatzversicherungen[Verschiebung <strong>der</strong>Gewichte von Beitrags- zuSteuerf<strong>in</strong>anzierung]grundsätzlichIndividualversicherung;Versicherungspflicht beifreier Wahl desVersicherungsträgers(Kontrahierungszwangfür Versicherer)nur <strong>Grund</strong>sicherung,ergänzt durch privatekapitalgedeckteZusatzversicherungen;Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung o<strong>der</strong>StreichungbeitragsfreierAnrechnungszeitenbei DM 8.400,- e<strong>in</strong>frieren,bis Durchschnittslohngleich BemessungsgrenzefamilienpolitischmotivierterLastenausgleich als<strong>in</strong>tegraler Bestandteil;evtl. Reduzierung <strong>der</strong>Leistungen <strong>der</strong>Sozialversicherungenfür witschaftlich StarkebeitragsfreieSozialversicherung fürErziehungs- undPflegezeitenexistenzsicherndeTransferansprüche imAlter, unabhängig vonvormaligem E<strong>in</strong>kommenM<strong>in</strong>destsicherung„Bürgerrente“ ca. DM1.200,-; Zuzahlungen fürHaushaltsmitglie<strong>der</strong>beitragsfreieSozialversicherung fürErziehungs- undPflegezeiten; unbefristetesArbeitslosengeld <strong>in</strong><strong>Grund</strong>sicherungshöhe,auch ohne AnwartschaftBeitragsfreieSozialversicherung fürErziehungs- undPflegezeitenbeitragsfreieSozialversicherung fürErziehungs- undPflegezeitenKonsequentereDurchsetzung <strong>der</strong>Zumutbarkeitsanordnung;Arbeitsför<strong>der</strong>ungsteuerf<strong>in</strong>anziert; engereVerflechtung von aktiverArbeitsmarktpolitik undSozialhilfe<strong>Grund</strong>versorgunggrundsätzlich vomE<strong>in</strong>zelnen selber zutragen; bei Bedürftigkeitdurch SozialhilfeVersicherungspflicht füralle, sofern sie nichtnachweislich ausreichendprivate Vorsorge getroffenhaben; <strong>Grund</strong>sicherungauf SozialhilfeniveauKontrahierungszwang fürVersicherungsträger;Beiträge alsWettbewerbspreis nachRisikoprivatisiert; ke<strong>in</strong>ePflichtversicherung; fallsdoch, Versicherungspflichtgrenzee<strong>in</strong>führenZusammenführung vonArbeitslosen- undSozialhilfeaktive Arbeitsmarktpolitiksteuerf<strong>in</strong>anziertnur noch „Hilfe <strong>in</strong>beson<strong>der</strong>en Lebenslagen“Kombi-Lohn fürSozialhilfeempfänger mitdegressiver Anrechnungweiterh<strong>in</strong> sowohl Sach- alsauch Geldleistungen;Bedarfsprüfungreformierensteuerf<strong>in</strong>anziert bzw.(re)privatisiertSteuerf<strong>in</strong>anziertgesetzlicher M<strong>in</strong>destlohn;erhöhtes K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld (DM570,- bis DM 740,-)unabhängig vonE<strong>in</strong>kommen <strong>der</strong> Eltern;Abschaffung <strong>der</strong>ArbeitslosenhilfeAuszahlung auch <strong>der</strong>Arbeitgeberbeiträge an dieArbeitnehmer; Steuer undSozialabgaben vonArbeitnehmer abzuführenAuszahlung auch <strong>der</strong>Arbeitgeberbeiträge an dieArbeitnehmer;Sozialabgaben vonArbeitnehmer abzuführenUnfallversicherung nur fürUnfälle bei und während<strong>der</strong> Arbeit; ke<strong>in</strong>eKumulation vonLeistungen übervormaliges Arbeitsentgelth<strong>in</strong>ausLohnabstandsgebot nichtals absolutes Maß42


Abschließend soll noch auf den Bericht <strong>der</strong> Zukunftskommission <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftunge<strong>in</strong>gegangen werden, die selbst wie<strong>der</strong>um drei <strong>Modelle</strong> präsentiert; die ersten zwei dieser<strong>Modelle</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihren <strong>Grund</strong>zügen schon <strong>in</strong> den zuvor dargestellten <strong>Modelle</strong>n erläutert und <strong>in</strong>den Synopsen konzeptionell verortet worden.3.2.11 Die Stellungnahme <strong>der</strong> Zukunftskommission <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-StiftungAuch für die Zukunftskommission <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung steht die Schaffung neuerArbeitsplätze bzw. neuer Beschäftigungsverhältnisse im Vor<strong>der</strong>grund, denn „es gehört zu denB<strong>in</strong>senweisheiten, daß die beste Sozialpolitik e<strong>in</strong>e erfolgreiche Beschäftigungspolitik ist“(Zukunftskommission 1998, S. 259). So befürwortet sie im <strong>Grund</strong>satz alle Vorschläge, mittelse<strong>in</strong>er geeigneten Komb<strong>in</strong>ation von niedrigen Erwerbse<strong>in</strong>kommen und ergänzendenSoziale<strong>in</strong>kommen e<strong>in</strong>en Niedriglohnbereich jenseits bereits bestehen<strong>der</strong> Beschäftigungsfel<strong>der</strong> zuschaffen (Zukunftskommission 1998, S. 249). E<strong>in</strong>e bloße Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Regeln zurAnrechnung von Sozialleistungen bei eigenem Erwerbse<strong>in</strong>kommen aber lehnt dieZukunftskommission mit dem H<strong>in</strong>weis auf die im Vergleich zum jetzigen Zustand dann zwangsläufighöheren Kosten, vor allem aber wegen <strong>der</strong> bei diesem Verfahren immer gegebenenUngleichbehandlung von Sozialleistungsbeziehern und „Nur-E<strong>in</strong>kommensbeziehern“ <strong>in</strong> gleichenBeschäftigungsverhältnissen ab; zudem würden durch e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Anrechnungsregelnke<strong>in</strong>e zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen, weil sich die Arbeitskosten für den Arbeitgeber nichtverr<strong>in</strong>gerten (Zukunftskommission 1998, S. 249 f.).Ähnlich wie die F.D.P. spricht sich die Zukunftskommission für e<strong>in</strong> Bürgergeldsystem im S<strong>in</strong>nee<strong>in</strong>er negativen E<strong>in</strong>kommenssteuer aus (Zukunftskommission 1998, S. 262).• Mit diesem Bürgergeld würden existierende Barrieren zwischen Sozial- undBeschäftigungssystem beseitigt und neue, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten vor allemim bislang nicht rentablen Bereich e<strong>in</strong>facher privater Dienstleistungen geschaffen werdenkönnen.• Für die Zukunftskommission handelt es sich beim Bürgergeld um e<strong>in</strong> präventives Instrumentzur Vorbeugung gegen Arbeitslosigkeit, weil im Zuge <strong>der</strong> Verrechnung von Steuerschuld undE<strong>in</strong>kommenskraft existenzsichernde E<strong>in</strong>kommen auch im Niedrigstlohnbereich gewährleistetwürden.• Wie schon beim F.D.P.-Modell ausgeführt, sollen im Bürgergeld (fast) alle steuerf<strong>in</strong>anziertenSozialleistungen zusammengeführt werden; Schwierigkeiten werden nur bei <strong>der</strong>E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Arbeitslosenhilfe gesehen, die als steuerf<strong>in</strong>anzierte Leistung eigentlich aufdas Fürsorgepr<strong>in</strong>zip zurückzuführen ist, <strong>der</strong>en Gewährung aber von <strong>der</strong> Erfüllung vonAnwartschaften abhängig und <strong>der</strong>en Höhe lohn-bezogen ist, sich somit also an dasVersicherungspr<strong>in</strong>zip anlehnt. Das beitragsf<strong>in</strong>anzierte Sozialversicherungssystem bliebevom Bürgergeld weitgehend unberührt, nur sog. „versicherungsfremde Leistungen“, die imgesetzlichen Sozialversicherungssystem e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>dest- bzw. <strong>Grund</strong>sicherung gewährleistensollen, würden entbehrlich (Zukunfts-kommission 1998, S. 253).43


• Durch die Zusammenfassung <strong>der</strong> jeweils <strong>in</strong>dividuellen Ansprüche auf Sozialtransferleistungen<strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong> jeweiligen Lebenssituation sei das Bürgergeld ke<strong>in</strong> füralle absolut gleicher pauschalierter Betrag, son<strong>der</strong>n nach <strong>in</strong>dividuellen „Sozial- undBedürftigkeitsmerkmalen differenziert“ (Zukunftskommission 1998, S. 254). Damit erfülltediese Form des Bürgergeldes e<strong>in</strong>e <strong>Grund</strong>sicherungsfunktion, die die jeweils <strong>in</strong>dividuellenLebenslagen und Lebenssituationen berücksichtigte.• Zur Sicherstellung ausreichen<strong>der</strong> Arbeitsanreize sollten eigene Erwerbse<strong>in</strong>künfte nach denVorstellungen <strong>der</strong> Zukunftskommission nur zum Teil angerechnet werden. Aus Gründen <strong>der</strong>F<strong>in</strong>anzierbarkeit hält die Zukunftskommission e<strong>in</strong>en Anrechnungssatz von unter 45% fürnicht möglich, zur <strong>Sicherung</strong> des Arbeitsanreizes e<strong>in</strong>en Anrechnungssatz von über 60% nichtfür s<strong>in</strong>nvoll, und schlägt e<strong>in</strong>e Anrechnung zu 50% vor (Zukunftskommission 1998, S. 257).• Zentraler Vorteil des Bürgergeldsystems ist für die Zukunftskommission dessen Haushaltsneutralität.Durch die re<strong>in</strong> verwaltungsmäßige Vere<strong>in</strong>fachung <strong>der</strong> Verrechnung vonSozialtransfer- und Erwerbse<strong>in</strong>kommen erfolge ke<strong>in</strong>e Absenkung des Niveaus <strong>sozialer</strong><strong>Sicherung</strong>, sei aber auch ke<strong>in</strong> erhöhtes Steuervolumen erfor<strong>der</strong>lich.• Die Zukunftskommission sieht Beschäftigungseffekte durch das Bürgergeld nicht nur durchdie Erschließung neuer Beschäftigungsfel<strong>der</strong> <strong>in</strong> bislang nicht existenten Niedrigstlohnbereichengegeben, son<strong>der</strong>n auch durch die erhöhte Akzeptanz von Arbeitszeitverkürzungenohne Lohnausgleich, die dadurch erfolgen würde, daß bei e<strong>in</strong>emAnrechnungssatz von 50% e<strong>in</strong>e mit <strong>der</strong> Arbeitszeitverkürzung verbundene Lohne<strong>in</strong>buße <strong>in</strong>Leichtlohngruppen – also bei denjenigen, die e<strong>in</strong>en Anspruch auf Transferzahlungen haben– zur Hälfte durch das Bürgergeld kompensiert würde (Zukunftskommission 1998, S. 258).• Zusammenfassend sieht die Zukunftskommission die Vorteile des Bürgergeldsystems <strong>in</strong> <strong>der</strong>Erhaltung und zusätzlichen Schaffung von Arbeitsplätzen <strong>in</strong> Leichtlohngruppen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>eim Dienstleistungsbereich, <strong>in</strong> <strong>der</strong> erhöhten Akzeptanz von aus beschäftigungspolitischenGründen notwendigen Arbeitszeitverkürzungen und den analog begründeten verbessertenMöglichkeiten zur E<strong>in</strong>richtung und Besetzung von Teilzeitarbeitsplätzen sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong>Transparenz, <strong>der</strong> Zuverlässigkeit und <strong>der</strong> nicht-diskrim<strong>in</strong>ierenden Ausgestaltung des Bürgergeldes(Zukunftskommission 1998, S. 259). Zudem würde durch die Verwaltungs- undVerfahrensvere<strong>in</strong>fachung die übermäßig aufgeblähte Sozialbürokratie zurückgeführt, diesich durch das Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von Sozialtransfer- und Steuersystem entwickelt habe, ohnedaß es bei den Erwerbstätigenhaushalten zu deutlichen Umverteilungseffekten gekommensei (Zukunftskommission 1998, S. 261).Weil aber die Zukunftskommission die Überführung des <strong>der</strong>zeitigen Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong><strong>in</strong> e<strong>in</strong> Bürgergeldsystem wegen <strong>der</strong> damit verbundenen notwendigen Umgestaltung sowohl desSozialleistungs- als auch gleichzeitig des Steuer- und des Beschäftigungssystems für politischkaum durchsetzbar hält, spricht sie sich – quasi als second-best-Lösung – für lohnergänzendeE<strong>in</strong>kommenszuschüsse aus (Zukunftskommission 1998, S. 262). Im Gegensatz zum Bürgergeldmodellbedürfe es zur Realisierung lohnergänzen<strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommenszuschüsse ke<strong>in</strong>erÄn<strong>der</strong>ungen im System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> o<strong>der</strong> im Steuersystem, auch würde die technischadm<strong>in</strong>istrativeAbwicklung aus Sicht <strong>der</strong> Zukunftskommission ke<strong>in</strong>e Probleme aufwerfen, wenndie Zuschüsse durch die Arbeitgeber ausgezahlt und gegenüber dem F<strong>in</strong>anzamt als Abzüge von<strong>der</strong> Steuerschuld verrechnet würden (Zukunftskommission 1998, S. 263 f.).44


• Auch lohnergänzende E<strong>in</strong>kommenszuschüsse bewirkten wie das gerade vorgestellte Bürgergeldmodelle<strong>in</strong>e Öffnung des Beschäftigungsmarktes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en bislang noch nicht existentenNiedriglohn-Bereich.• Notwendig sei aber die Festlegung e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>destlohns unterhalb <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigenLeichtlohntarife, von dem ab nicht existenzsichernde Erwerbse<strong>in</strong>kommen analog demKombilohnmodell durch staatliche Zuschüsse bis auf das Existenzm<strong>in</strong>imum aufgestocktwürden.• Um die Anreizfunktion eigenen Erwerbse<strong>in</strong>kommens zu erhalten, soll mit steigendemErwerbse<strong>in</strong>kommen <strong>der</strong> Zuschuß nicht <strong>in</strong> vollem Umfang <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommenserhöhungreduziert werden, son<strong>der</strong>n analog dem oben vorgestellten Bürgergeldmodell das eigeneErwerbse<strong>in</strong>kommen nur anteilig angerechnet werden. Dieser Anrechnungssatz erfülle zudemdie Funktion, e<strong>in</strong> „kollusives Zusammenwirken zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zuLasten des Fiskus zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n“ (Zukunftskommission 1998, S. 263).• Damit dieses Kombilohnmodell aber tatsächlich neue, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeitenherbeiführen könne, müsse die För<strong>der</strong>ung grundsätzlich unbefristet und nichtnur beson<strong>der</strong>en „Problemgruppen“ gewährt werden; auch dürfe sich die För<strong>der</strong>ung nichtnur auf vorher festgelegte „gesellschaftlich för<strong>der</strong>ungswürdige Tätigkeiten“ beschränken.An<strong>der</strong>nfalls sei die Gefahr groß, daß dieses Instrument nur Mitnahmeeffekte <strong>in</strong>duziere undnicht zur Generierung neuer Beschäftigungsfel<strong>der</strong> führe. (Zukunftskommission 1998,S. 264 f.)Weil aber die Eröffnung e<strong>in</strong>es Niedrigstlohnbereiches nicht ohne und erst recht nicht gegen dieGewerkschaften durchzusetzen sei, diese solchen Vorschlägen aber skeptisch gegenüberstünden,präsentiert die Zukunftskommission als third-best-Lösung e<strong>in</strong>en Vorschlag, <strong>der</strong> dieSenkung <strong>der</strong> Sozialversicherungsbeiträge bei Beibehaltung auch <strong>der</strong> gegenwärtigen Tarifstrukturvorsieht. Dadurch würden sich die Netto-Lohne<strong>in</strong>kommen <strong>der</strong> Arbeitnehmer erhöhen, gleichzeitigaber die Arbeitskosten <strong>der</strong> Arbeitgeber gesenkt. Diese Senkung <strong>der</strong> Sozialversicherungsbeiträgesolle degressiv gestaltet se<strong>in</strong> und bei e<strong>in</strong>em bestimmten Nom<strong>in</strong>allohnniveau auslaufen.Dadurch würden wie<strong>der</strong>um die Leichtlohngruppen geför<strong>der</strong>t und e<strong>in</strong>e Erweiterung <strong>in</strong> denNiedrigstlohnbereich möglich. Damit diese Stärkung des Niedriglohnbereichs aber nicht zuLasten <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> gehe, sollten die Beschäftigungsverhältnisse rechtlich weiterh<strong>in</strong> alssozialversicherungspflichtig und sozialversichert behandelt werden; <strong>der</strong> effektive Beitragsausfall<strong>in</strong> den Sozialversicherungskassen solle aus Steuermitteln ersetzt werden (Zukunftskommission1998, S. 267 f.). Für die Zukunftskommission wäre dieses Modell <strong>der</strong> gesenkten Sozialversicherungsbeiträgefür Niedrige<strong>in</strong>kommen „die bei weitem beschäftigungswirksamste Form,<strong>in</strong> <strong>der</strong> die <strong>der</strong>zeit diskutierte Entlastung <strong>der</strong> Kassen von „versicherungsfremden Leistungen“verwirklicht werden könnte“. (Zukunftskommission 1998, S. 268)Für die Zukunftskommission <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung stellen die drei vorgestellten <strong>Modelle</strong>– Bürgergeld, lohnergänzende E<strong>in</strong>kommenszuschüsse und Verzicht auf Sozialbeiträge beiNiedriglohne<strong>in</strong>kommen – jeweils abgestufte Instrumente zur Erschließung neuer, zusätzlicherBeschäftigungsbereiche im Niedrig- und Niedrigstlohnbereich dar.45


Im nachfolgend wie<strong>der</strong>gegebenen Überblick stellt die Kommission die zentralen Bestandteiledieser drei <strong>Modelle</strong> noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gegenüber:Abbildung 7: Bürgergeld, lohnergänzende E<strong>in</strong>kommenszuschüsse, Verzicht auf Sozialbeiträge.E<strong>in</strong> ÜberblickQuelle: Zukunftskommission <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung: Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, <strong>sozialer</strong> Zusammenhalt,ökologische Nachhaltigkeit. Drei Ziele – e<strong>in</strong> Weg, Bonn, 1998, S. 26846


4. Soziale <strong>Grund</strong>sicherung <strong>in</strong> EuropaAbschließend sollen den theoretischen <strong>Modelle</strong>n, wie sie Parteien und Verbände auf <strong>der</strong><strong>Grund</strong>lage <strong>der</strong> Erfahrungen mit dem bestehenden System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong>die <strong>Diskussion</strong> br<strong>in</strong>gen, realisierte Alternativen <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> den Staaten <strong>der</strong> europäischenUnion und ausgewählten Län<strong>der</strong>n zur Seite gestellt werden.Nicht nur vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Globalisierung und des verstärkten <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerbsum Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze bef<strong>in</strong>den sich auch die verschiedenen Systeme<strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> im Vergleich. Auch das Bestreben, <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> EuropäischenUnion <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Wirtschaftsunion e<strong>in</strong>e Sozialunion folgen zu lassen, stellt die Frage nachdem Bestand und <strong>der</strong> Beständigkeit nationaler <strong>sozialer</strong> Versicherungssysteme (Hanesch 1998,S. 15). Während Ende <strong>der</strong> 80er/ Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre Vergleiche des deutschenSozialversicherungssystems mit an<strong>der</strong>en Systemen <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> vornehmlich im Rahmen<strong>der</strong> Wertediskussion erfolgten, f<strong>in</strong>den sie heutzutage zumeist unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong>Kostenkonkurrenz <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> Arbeitskosten statt. Da dieser Konkurrenzkampfvor allem zwischen den Wirtschaftsblöcken <strong>der</strong> Triade Westeuropa–Nordamerika–Südost-Asienund im wesentlichen <strong>in</strong>nerhalb dieser Wirtschaftsblöcke geführt wird, s<strong>in</strong>d unter f<strong>in</strong>anzwirtschaftlichenund f<strong>in</strong>anzwissenschaftlichen Aspekten die Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> imangrenzenden Ausland von beson<strong>der</strong>er Bedeutung.4.1. <strong>Grund</strong>züge <strong>sozialer</strong> M<strong>in</strong>destsicherung <strong>in</strong> den Staaten <strong>der</strong>Europäischen UnionDie folgende kurze Übersicht betrachtet deshalb die Geme<strong>in</strong>samkeiten und Unterschiede <strong>in</strong> denRegelungsbereichen e<strong>in</strong>er sozialen M<strong>in</strong>destsicherung <strong>in</strong> den Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen Union;e<strong>in</strong>e darüberh<strong>in</strong>ausgehende Betrachtung <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong>ssysteme <strong>in</strong>sgesamt auch nur füre<strong>in</strong>zelne Län<strong>der</strong> würde aufgrund <strong>der</strong> Vielfalt <strong>in</strong> den Details den Rahmen dieser Arbeit deutlichsprengen 19 .4.1.1 Die Konstruktionspr<strong>in</strong>zipienInnerhalb <strong>der</strong> Europäischen Union, die mittlerweile fast ganz Westeuropa umfaßt, lassen sich <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er ersten Unterteilung vier Modelltypen <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> unterscheiden: das skand<strong>in</strong>avische,das angelsächsische und das kont<strong>in</strong>entaleuropäische <strong>Sicherung</strong>smodell sowie dieSysteme „rudimentärer <strong>Sicherung</strong>“ Südeuropas (Hanesch 1998, S. 15 f.). Während sich dasskand<strong>in</strong>avische Modell dadurch auszeichnet, daß <strong>in</strong> allen Versicherungssystemen mit Ausnahme<strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung allen Bürgern gleiche steuerf<strong>in</strong>anzierte <strong>Sicherung</strong>sleistungen <strong>in</strong> <strong>der</strong>19 E<strong>in</strong>e solch detaillierte Darstellung <strong>der</strong> <strong>Sicherung</strong>s- und Sozialversicherungssysteme <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Staaten <strong>der</strong>Europäischen Union f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong>: (MISSOC 1997). Die nachfolgende Übersicht faßt die Aussagen <strong>der</strong> MISSOC-Studie zur M<strong>in</strong>destsicherung <strong>in</strong> Europa unter dem Blickw<strong>in</strong>kel <strong>der</strong> jeweiligen Konstruktionsgrundsätze zusammen.47


Form von Bürgerrechten zustehen, spielen im angelsächsischen Modell Fürsorgeleistungen beiBedürftigkeit die größere Rolle; im kont<strong>in</strong>entaleuropäischen Modell h<strong>in</strong>gegen liegt die Hauptlast<strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> auf den Sozialversicherungen, während die südeuropäischen Län<strong>der</strong> dieVerantwortung für die soziale <strong>Sicherung</strong> noch immer im wesentlichen den Familien und denWohltätigkeitsnetzen zuweisen (Hanesch 1998, S. 15 f.; vgl. auch Europäische Kommission1998, S. 146 f.).4.1.2 Die rechtliche RegelungIn den meisten europäischen Staaten ist die soziale M<strong>in</strong>destsicherung jeweils e<strong>in</strong>heitlich undgesetzlich geregelt, lediglich <strong>in</strong> Spanien, Italien und Österreich wird die soziale <strong>Sicherung</strong>unterhalb <strong>der</strong> Ebene des Nationalstaates geregelt; während <strong>in</strong> Spanien die Regelungshoheit beiden 17 autonomen Regionen liegt, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Österreich die e<strong>in</strong>zelnen Bundeslän<strong>der</strong> und <strong>in</strong> Italiendie e<strong>in</strong>zelnen Regionen für die soziale M<strong>in</strong>destsicherung verantwortlich. Griechenland undPortugal verfügen demgegenüber über ke<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es System <strong>sozialer</strong> M<strong>in</strong>destsicherung; seitJuli 1997 wird <strong>in</strong> Portugal Familien aber zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> gewisses M<strong>in</strong>deste<strong>in</strong>kommen zurErfüllung <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>bedürfnisse garantiert ( Europäische Kommission 1998, S. 45).In fast allen Län<strong>der</strong>n besteht e<strong>in</strong> subjektives Recht auf Leistungen <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en beitragsunabhängigenM<strong>in</strong>destsicherung, e<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> Großbritannien werden die Entscheidungen über dieGewährung dieser Leistung jeweils von unabhängigen Schiedsgerichtsbeamten getroffen, denenauch die Auslegung <strong>der</strong> Bestimmungen obliegt; <strong>in</strong> Irland besteht ähnlich wie <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland e<strong>in</strong>Rechtsanspruch nur auf die nationalen Regelleistungen, weitere Pauschalzulagen o<strong>der</strong> Zulagenfür z.B. die Miete können aber von den lokalen Behörden nach eigenem Ermessen gewährtwerden.4.1.3 Die primäre OrientierungNicht nur <strong>in</strong> Deutschland wird versucht, mit den Systemen <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> drei oftmals mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>verbundenen Problemen gleichzeitig zu begegnen: <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit, <strong>der</strong> Armut und<strong>der</strong> sozialen Ausgrenzung. Deshalb steht zwar <strong>in</strong> den meisten Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen Uniondie Gewährleistung e<strong>in</strong>es Existenzm<strong>in</strong>imums und die Vermeidung von E<strong>in</strong>kommensarmut imVor<strong>der</strong>grund, e<strong>in</strong>e Verfestigung von Sozialhilfe- bzw. M<strong>in</strong>destsicherungsbezug bei bestimmtenPersonen bzw. Personengruppen soll aber vermieden werden. Aus diesem <strong>Grund</strong> wird <strong>in</strong> allenStaaten <strong>der</strong> Europäischen Union <strong>der</strong> Leistungsbezug – wenn möglich – mit Maßnahmen zurberuflichen und sozialen (Re)Integration verknüpft (vgl. Europäische Kommission 1998, S. 45ff.). So werden <strong>in</strong> fast allen Staaten <strong>der</strong> Europäischen Union E<strong>in</strong>künfte, die von Leistungsbeziehernaus Beschäftigung o<strong>der</strong> Berufsausbildung erworben werden, zum<strong>in</strong>dest für e<strong>in</strong>engewissen Zeitraum nicht bzw. nur degressiv auf die Leistungshöhe angerechnet und die (Wie<strong>der</strong>)E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> den Arbeitsprozeß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Län<strong>der</strong>n mit Maßnahmen <strong>der</strong> aktivenArbeitsmarktpolitik unterstützt (MISSOC 1997, S. 414 ff.).So reicht denn auch die Spannweite <strong>der</strong> Ziel-Bestimmung für die M<strong>in</strong>destsicherung von <strong>der</strong><strong>Sicherung</strong> des Bestreitens „elementarer Lebenskosten“ <strong>in</strong> Spanien bis h<strong>in</strong> zur <strong>Sicherung</strong> vonM<strong>in</strong>deste<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>sozialer</strong> und beruflicher Integration von48


Leistungsempfängern <strong>in</strong> Frankreich (MISSOC 1997, S. 386 ff.). Vorrangig aber ist <strong>in</strong> allenbetrachteten Systemen e<strong>in</strong>e eventuell bestehende Leistungsverpflichtung <strong>der</strong> beitragsf<strong>in</strong>anziertenSozialversicherungen: Die M<strong>in</strong>destsicherung stellt <strong>in</strong> allen genannten Län<strong>der</strong>n stets nur e<strong>in</strong>Instrument e<strong>in</strong>er Letztsicherung dar (MISSOC 1997, S. 396 ff.).4.1.4 Das <strong>Sicherung</strong>sniveauWie die unterschiedlichen Orientierungen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherungunterscheiden sich auch <strong>der</strong>en jeweilige Höhe und <strong>der</strong>en jeweiliger Umfang. Währendbeispielsweise <strong>in</strong> Frankreich, Irland und Großbritannien die Regelbedarfssätze durch die(National-)Regierung festgelegt werden, befanden <strong>in</strong> Schweden bislang die für die Sozialhilfezuständigen Geme<strong>in</strong>den jeweils eigenständig über die Höhe <strong>der</strong> sozialen M<strong>in</strong>destsicherung: Die„Nationale Behörde für Gesundheit und Wohlfahrt“ sprach nur Empfehlungen für Richtwerteaus; erst seit 1997 gibt es nationale Tarife für die Sozialhilfe (Europäische Kommission 1998, S.45). Auch <strong>in</strong> Spanien, Italien und Österreich bestimmen heute noch die Regionen bzw. dieBundeslän<strong>der</strong> eigenverantwortlich die Regelsätze für ihren Bereich. In Dänemark schließlichorientiert sich die Höhe <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung am Höchstbetrag <strong>der</strong> Leistungen bei Arbeitslosigkeit:Personen mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n erhalten 80%, Personen ohne K<strong>in</strong><strong>der</strong> 60% dieses Betrags; für Unter-25jährige gilt e<strong>in</strong> Son<strong>der</strong>satz. In F<strong>in</strong>nland erhalten alle<strong>in</strong>stehende Bedürftige e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destsicherung<strong>in</strong> Höhe von 80% <strong>der</strong> staatlichen Vollrente, die ggf. durch Familienzuschläge aufgestocktwird.Die konkrete Höhe <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung variiert <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Staaten jeweils nach Haushaltstypund Haushaltsgröße. Zusätzlich werden <strong>in</strong> den meisten Län<strong>der</strong>n Familienbeihilfengewährt; diese werden <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland und Schweden als Teil des Familiene<strong>in</strong>kommens voll, <strong>in</strong>Österreich je nach Bundesland unterschiedlich auf die Leistungen <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherungangerechnet. In Großbritannien wie <strong>in</strong> Irland h<strong>in</strong>gegen werden zwar Zulagen für Familien undAlle<strong>in</strong>erziehende gezahlt, ansonsten aber s<strong>in</strong>d dort Familienlastenausgleich und E<strong>in</strong>kommenshilfeim Rahmen <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung vollständig vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrennt.Innerhalb Spaniens, Italiens und Österreichs f<strong>in</strong>den sich aufgrund <strong>der</strong> regionalen bzw. kommunalenVerfaßtheit <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherungsträger und ihrer Regelungskompetenz deutlich unterschiedlicheRegelsätze. Dies war bis 1997 auch <strong>in</strong> Schweden <strong>der</strong> Fall.4.1.5 Die <strong>Sicherung</strong>sfunktionWie <strong>in</strong> Deutschland auch, werden durch die M<strong>in</strong>destsicherung bzw. den E<strong>in</strong>kommenszuschußE<strong>in</strong>kommen bzw. Vermögen unterhalb des jeweils def<strong>in</strong>ierten Existenzm<strong>in</strong>imums bis zu diesemaufgestockt. Neben diese <strong>Grund</strong>sicherung treten <strong>in</strong> Irland und Italien Beihilfen für außerordentlicheBedürfnisse. In allen Staaten <strong>der</strong> Europäischen Union werden zudem faktisch dieKosten e<strong>in</strong>er notwendigen mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung durch die M<strong>in</strong>destsicherung übernommen(MISSOC 1997, S, 418 ff.).49


Die M<strong>in</strong>destsicherung wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zeitlich unbefristet bis zum Ende <strong>der</strong> Notlage gewährt,e<strong>in</strong>zig Frankreich, Spanien und Italien sehen grundsätzlich e<strong>in</strong>e Befristung des Leistungsbezugsvor, die aber durch Verlängerungen den <strong>in</strong>dividuellen Bedarfslagen angepaßt werden können.Die Leistungen <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung werden <strong>in</strong> allen Län<strong>der</strong>n <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen – <strong>in</strong><strong>der</strong> Regel jährlich – entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Entwicklung des Preisniveaus o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Rentenbzw. <strong>der</strong> Löhne angepaßt; während aber z.B. die Anpassung <strong>in</strong> Belgien und Luxemburg beie<strong>in</strong>er Steigerung <strong>der</strong> Verbraucherpreise um über 2% bzw. 2,5% automatisch erfolgt, wird sie <strong>in</strong>Dänemark und Spanien jährlich neu bestimmt.Als nicht beitragsabhängige <strong>Grund</strong>sicherungselemente im Alter treten <strong>in</strong> Belgien, Spanien,Irland und Portugal Altersrenten bzw. e<strong>in</strong> garantiertes M<strong>in</strong>deste<strong>in</strong>kommen für ältere Menschen,<strong>in</strong> Großbritannien e<strong>in</strong>e Altersrente für Über-80jährige neben die allgeme<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destsicherung.Im Falle von Invalidität werden <strong>in</strong> Belgien, Frankreich, Irland, Italien, Portugal und GroßbritannienE<strong>in</strong>kommensersatzhilfen o<strong>der</strong> ggf. E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungsbeihilfen gewährt, die das eigeneE<strong>in</strong>kommen bis auf das Niveau <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung aufstocken; <strong>in</strong> Portugal bestehen Rentenansprüchefür Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te ohne Ansprüche an die Rentenversicherung, <strong>in</strong> Spanien für ChronischKranke und Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te mit e<strong>in</strong>er Erwerbsfähigkeitsm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von über 65%.4.1.6 Die F<strong>in</strong>anzierungWie schon bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> theoretischen <strong>Modelle</strong> deutlich wurde, lassen sich kollektive<strong>Sicherung</strong>ssysteme <strong>in</strong> marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaftssystemen nur als Mischformenvon Solidar- und Beitrags-Leistungs-Systemen organisieren. So f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> allenStaaten <strong>der</strong> Europäischen Union Mischf<strong>in</strong>anzierungen aus Beitragse<strong>in</strong>nahmen und Steueraufkommen;zum Teil werden – wie z.B. <strong>in</strong> Belgien, Frankreich und Luxemburg – zusätzlichzweckgebundene Sozialsteuern erhoben (Hanesch 1998, S. 21). Auch die im wesentlichengeme<strong>in</strong>same F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Beitragsaufkommen durch Arbeitgeber und Versicherte istallgeme<strong>in</strong>es Charakteristikum <strong>der</strong> europäischen Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>, wenngleich <strong>der</strong>Anteil <strong>der</strong> Arbeitgeberbeiträge <strong>in</strong> allen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen Union <strong>in</strong> den Jahren seit1980 zu Lasten <strong>der</strong> Versichertenbeiträge und <strong>der</strong> Steuerf<strong>in</strong>anzierung zurückgegangen ist(Hanesch 1998, S. 21; vgl. Europäische Kommission 1998, S. 56 f.).Im Falle <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung unterscheiden sich die europäischen Staaten aber im Detail teilsdeutlich: Werden <strong>in</strong> Frankreich, Großbritannien und Irland die Mittel für die M<strong>in</strong>destsicherungzu 100% vom Staat aufgewandt, und s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> Luxemburg und den Nie<strong>der</strong>landen immerh<strong>in</strong>noch 90%, so müssen <strong>in</strong> Italien, Schweden und Spanien die Kommunen bzw. die Regionenalle<strong>in</strong> für die Leistungsverpflichtungen aufkommen. In Dänemark und F<strong>in</strong>nland gilt e<strong>in</strong>e Lastenteilungzwischen Staat und Kommunen, <strong>in</strong> Belgien e<strong>in</strong>e Leistungsverteilung auf den Staat unddie Wohlfahrtsverbände. In Österreich schließlich s<strong>in</strong>d primär die Bundeslän<strong>der</strong> leistungsverpflichtet,ergänzt durch Sozialhilfeverbände und Kommunen (Euroatlas 1997, S. 134 ff.).50


4.2 Ausgewählte Län<strong>der</strong>beispieleAuf den ersten Blick und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form <strong>der</strong> kategorisierenden Zusammenfassung zeigen sich alsozwischen den Systemen <strong>sozialer</strong> M<strong>in</strong>destsicherung, wie sie <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Europäischen Unionrealisiert s<strong>in</strong>d, ke<strong>in</strong>e eklatanten Unterschiede, sieht man von dem Fehlen e<strong>in</strong>es ausgebautenSystems <strong>in</strong> Griechenland, Portugal und bis 1997 auch <strong>in</strong> Spanien ab: Die Unterschiede liegenim Detail <strong>der</strong> Gesamtsysteme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>, denn die M<strong>in</strong>destsicherung greift <strong>in</strong> allenbetrachteten Staaten erst dann, wenn e<strong>in</strong>e <strong>Sicherung</strong> über die „normalen“ <strong>Sicherung</strong>ssystemenicht mehr gegeben ist. Deshalb sollen zum Abschluß die Systeme <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> dreiausgewählten Län<strong>der</strong>n – Dänemark, den Nie<strong>der</strong>landen und Frankreich – noch detaillierterbetrachtet werden. Im Vergleich dieser drei Län<strong>der</strong> mit Deutschland und untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zeigt sichdie Vielfalt <strong>der</strong> Gestaltungsmöglichkeiten im System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>, wie sie sich trotz desbehaupteten nivellierenden Charakters von "Globalisierung" und Standortwettbewerb nicht nurdenken läßt, son<strong>der</strong>n schon realisiert ist.4.2.1 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> DänemarkDas dänische System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> gehört <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klassifikation Haneschs zu den <strong>Modelle</strong>ndes skand<strong>in</strong>avischen Typs: Das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ist im wesentlichen steuerf<strong>in</strong>anziert,lediglich die Arbeitslosenversicherung als freiwillige Versicherung <strong>der</strong> Arbeitnehmer gegen dieökonomischen Folgen <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit wird alle<strong>in</strong> aus Arbeitnehmerbeiträgen gespeist,während die privatrechtlich organisierte Arbeitsschadenversicherung (Unfallversicherung), diedie Unternehmen gegen die Risiken und Kosten von Arbeitsunfällen und Berufskrankheitensichert, hauptsächlich durch die Arbeitgeber f<strong>in</strong>anziert wird. Die obligatorische Zusatzrente zursteuerf<strong>in</strong>anzierten Volksrente schließlich wird zu e<strong>in</strong>em Drittel aus Arbeitnehmer- und zu zweiDritteln aus Arbeitgeberbeiträgen f<strong>in</strong>anziert; sie stellt – ebenso wie die Unfallversicherung – e<strong>in</strong>eMischform aus Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren dar (Köhler 1998, S. 229).Das steuerf<strong>in</strong>anzierte staatliche <strong>Sicherung</strong>ssystem sichert alle Dänen bzw. Wohnbürger vor Notlagenim Alter, durch Krankheit o<strong>der</strong> bei Invalidität: Es existiert e<strong>in</strong>e kollektive Verantwortlichkeitdes Staates für die wichtigsten sozialen Risiken – mit Ausnahme <strong>der</strong> ökonomischen Folgen vonArbeitslosigkeit. Diese Absicherung wird flankiert durch e<strong>in</strong>e Vielzahl sozialpolitischer Maßnahmenwie z.B. den umfassenden Familienschutz o<strong>der</strong> die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.Es handelt sich somit um e<strong>in</strong> „universalistisches“ System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> (Köhler 1998,S. 227)Die Leistungsgewährung erfolgt im dänischen System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> im großen und ganzenauf <strong>der</strong> <strong>Grund</strong>lage des Solidarpr<strong>in</strong>zips. So s<strong>in</strong>d we<strong>der</strong> Leistungen <strong>der</strong> Krankenversicherungnoch Alters- o<strong>der</strong> Invalidenrenten von irgendwelchen vormaligen Beitrags- o<strong>der</strong> auch nurSteuerzahlungen abhängig; maßgeblich für ihre Gewährung ist alle<strong>in</strong> die Erfüllung e<strong>in</strong>esgenerellen Leistungsanspruchs, also <strong>der</strong> E<strong>in</strong>tritt des „Versicherungsfalls“ (Köhler 1998, S. 226).E<strong>in</strong>e Abweichung von diesem Pr<strong>in</strong>zip f<strong>in</strong>det sich nur dort, wo ke<strong>in</strong>e direkten Leistungsansprüchebestehen – z.B. bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – o<strong>der</strong>, wie bei <strong>der</strong> Zusatzrente, privatwirtschaftlicheVersicherungselemente greifen (vgl. Köhler 1998, S. 226 ff.).51


Wie bei <strong>der</strong> Krankenversicherung erfolgt die Leistung <strong>der</strong> Sozialhilfe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation vonSach-, Geld- und Beratungsleistungen. Die Mittel <strong>der</strong> Sozialhilfe werden vorzugsweise für dievorbeugende Beratung zur Abwendung <strong>sozialer</strong> Probleme verwendet, die Geldleistungen dienen<strong>der</strong> <strong>Sicherung</strong> des wirtschaftlichen Existenzm<strong>in</strong>imums.Ziel des dänischen Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> ist die schnelle und kostengünstige „Hilfe ause<strong>in</strong>er Hand“; deshalb s<strong>in</strong>d Renten- und Krankenversicherungen lokal bzw. regional organisiertund werden von den jeweiligen lokalen und regionalen Geme<strong>in</strong>den verwaltet (Köhler 1998,S. 233 f.). Die Abgrenzung <strong>der</strong> Zuständigkeitsbereiche <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Sozialversicherungenerfolgt nicht nach formal-juristischen Kriterien, son<strong>der</strong>n nach den Kriterien <strong>in</strong>haltlicher Zweckmäßigkeit.So umfaßt die Gesundheitsversorgung nicht nur die unmittelbare mediz<strong>in</strong>ische Versorgung,son<strong>der</strong>n auch die Heimkrankenpflege, die Heimhilfen, die Betreuung von Pflegeheimenund Altenwohnungen sowie alle Rehabilitationsleistungen.Insgesamt ist das dänische System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> auf die Versorgung <strong>der</strong> Bürger ausgerichtet:Mit Ausnahme <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destsicherung als Fürsorgeleistung bei Bedürftigkeit werden dieLeistungen unabhängig von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Bedürftigkeit gewährt. Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>der</strong> Staat erstdann zur Leistung verpflichtet, wenn die aus e<strong>in</strong>er privaten Leistungsverpflichtung resultierendeVersorgung abgelaufen ist, wie z.B. bei <strong>der</strong> Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die <strong>der</strong> Arbeitgeberzu tragen hat und die die Kommunen nach 20 Tagen für maximal weitere 52 Wochenübernehmen (Köhler 1998, S. 229 f.): Auch das dänische System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> beruht alsoauf e<strong>in</strong>er Form des Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zips. So entsteht z.B. für den E<strong>in</strong>zelnen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>klagbaresRecht auf Sozialhilfe, wenn er nachweist, sich selbst ausreichend um Erwerbse<strong>in</strong>kommen bemühtzu haben; auch erhält nur <strong>der</strong>jenige die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Re<strong>in</strong>tegration <strong>in</strong> den Arbeitsmarktüber Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e private Arbeitslosenversicherung abgeschlossenhat, die dokumentiert, daß er für die Risiken aus e<strong>in</strong>er abhängigen Beschäftigung vorgesorgthat.4.2.2 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landenIn den Nie<strong>der</strong>landen f<strong>in</strong>den seit e<strong>in</strong>igen Jahren Reformen des Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> statt,mit denen e<strong>in</strong>e bewußte Trennung von gesellschaftlich zu erbr<strong>in</strong>genden und <strong>in</strong>dividuell zusichernden Leistungen herbeigeführt werden soll. Das nie<strong>der</strong>ländische System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>gehört, <strong>der</strong> Klassifikation Haneschs folgend, zu den <strong>Modelle</strong>n des kont<strong>in</strong>entaleuropäischenTyps: Die Leistungen werden im wesentlichen durch Beiträge f<strong>in</strong>anziert, das Gewicht liegt aufden Sozialversicherungen. Den privaten Versicherungen kommt dabei <strong>in</strong>folge <strong>der</strong>fortschreitenden Senkung des Leistungsniveaus und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung des Kreises <strong>der</strong>Anspruchsberechtigten bei den gesetzlichen Sozialversicherungen e<strong>in</strong>e immer größereBedeutung zu; dies gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die kapitalgedeckte betriebliche Alterssicherung sowiefür die privaten Krankenversicherungen (Kötter 1998, S. 340).Die staatlichen Sozialversicherungen sichern im Alter, bei Invalidität, beim Tod des Unterhaltsverpflichteten,bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit; e<strong>in</strong>e spezielle gesetzlicheUnfallversicherung gibt es nicht, ihre Aufgaben aber s<strong>in</strong>d durch die an<strong>der</strong>en Versicherungssystemeabgedeckt.52


Das nie<strong>der</strong>ländische Sozialversicherungssystem ist zweigliedrig: Neben die Versicherung <strong>der</strong>nie<strong>der</strong>ländischen Bevölkerung als Ganzes <strong>in</strong> den sogenannten Volksversicherungen treten diestaatlichen Arbeitnehmerversicherungen, <strong>in</strong> denen die Arbeitnehmer und ihreFamilienangehörigen versichert s<strong>in</strong>d. Während die Volksversicherungen die <strong>Grund</strong>- bzw.M<strong>in</strong>destsicherung übernehmen, leisten die Arbeitnehmerversicherungen Lohnersatz beiE<strong>in</strong>kommensausfall: Die Arbeitnehmerversicherungen be<strong>in</strong>halten also die Krankengeldversicherung,die Erwerbsunfähigkeitsversicherung und die Arbeitslosenversicherung sowie diemediz<strong>in</strong>ische Versorgung als Ergänzung zur Versicherung gegen außergewöhnliche Krankheitskostendurch die Volksversicherung; das Krankenversicherungssystem nimmt also e<strong>in</strong>eZwischenstufe e<strong>in</strong>, da <strong>in</strong> ihm zwar grundsätzlich alle E<strong>in</strong>wohner <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lande versichert s<strong>in</strong>d,bestimmte Sachleistungen aber nur Arbeitnehmern, Arbeitslosen und Rentnern gewährt werden(vgl. Kötter 1998, S. 340 f.).Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Volksversicherungen erfolgt aus Arbeitnehmerbeiträgen, e<strong>in</strong>zig dieKrankenversicherungen werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geme<strong>in</strong>sam f<strong>in</strong>anziert. DieBeiträge für die Arbeitnehmerversicherungen, wie die Invaliditäts- o<strong>der</strong> die Arbeitslosenversicherung,werden h<strong>in</strong>gegen entwe<strong>der</strong> alle<strong>in</strong> von den Arbeitgebern o<strong>der</strong> aber von Arbeitnehmernund Arbeitgebern zusammen aufgebracht (Kötter 1998, S. 344 f.); die Beiträge <strong>der</strong>Arbeitgeber können dabei je nach betrieblichem Invaliditätsrisiko bzw. Industriezweig variieren.Vollständig steuerf<strong>in</strong>anziert ist nur die Früh<strong>in</strong>validenversicherung, da <strong>der</strong> durch sie versichertePersonenkreis ke<strong>in</strong>e eigenen Beiträge aufweisen kann; Früh<strong>in</strong>valide im S<strong>in</strong>ne des Gesetzesmüssen seit ihrem 17. Lebensjahr erwerbsunfähig se<strong>in</strong> (Kötter 1998, S. 344).4.2.3 Soziale <strong>Sicherung</strong> <strong>in</strong> FrankreichIn Frankreich, nach Haneschs Kategorisierung wie die Nie<strong>der</strong>lande ebenfalls e<strong>in</strong> Land mite<strong>in</strong>em kont<strong>in</strong>entaleuropäischen System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>, gibt es über 100 E<strong>in</strong>zelsysteme, diesich <strong>in</strong> vier große Blöcke unterteilen lassen: das allgeme<strong>in</strong>e System, die Son<strong>der</strong>systeme, die fürdie Landwirtschaft zuständigen Systeme und die Systeme für die Selbständigen außerhalb <strong>der</strong>Landwirtschaft. Während das allgeme<strong>in</strong>e System die Mehrheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer <strong>in</strong> Industrie undHandel, aber auch Studenten, Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te und die Empfänger bestimmter Leistungen <strong>in</strong> denFällen Krankheit, Mutterschaft, Invalidität und Tod, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, Alterund Verwitwung sichert, werden <strong>in</strong> den Son<strong>der</strong>systemen nur sehr wenige Personen erfaßt undzum Teil nur gegen bestimmte Risiken abgesichert, während die <strong>Sicherung</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>enBereiche ebenfalls durch das allgeme<strong>in</strong>e System erfolgt; im Bereich <strong>der</strong> Landwirtschaft gibt es jee<strong>in</strong> <strong>Sicherung</strong>ssystem für die Betreiber landwirtschaftlicher Betriebe und die Arbeitnehmer <strong>in</strong> <strong>der</strong>Landwirtschaft, während für die Selbständigen je e<strong>in</strong> System für die Handwerker, die Gewerbetreibendenund die freien Berufe <strong>der</strong>en <strong>Sicherung</strong> übernimmt. E<strong>in</strong>zig das Krankenversicherungssystemumfaßt alle selbständigen Berufe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen System, wenn auch mit e<strong>in</strong>er Vielzahlvon Versicherungsträgern (MISSOC 1997, S. 76).Im allgeme<strong>in</strong>en System s<strong>in</strong>d grundsätzlich alle abhängig Beschäftigten aus dem Industrie-,Handels- und Dienstleistungssektor pflichtversichert, unabhängig von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Beschäftigungo<strong>der</strong> <strong>der</strong> Art und Höhe <strong>der</strong> Entlohnung. E<strong>in</strong>e freiwillige Versicherung ist darüberh<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> <strong>der</strong>Kranken- und Mutterschaftsversicherung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Alters-, <strong>der</strong> Invaliden- und <strong>der</strong> Arbeitsunfallversicherungmöglich; die freiwillige Alterssicherung steht auch Personen offen, die K<strong>in</strong><strong>der</strong>53


versorgen o<strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te unentgeltlich pflegen, sowie Franzosen, die außerhalb Frankreichsals Arbeitnehmer beschäftigt s<strong>in</strong>d. (Kaufmann 1998, S. 241).Auch im französischen Sozialversicherungssystem erfolgt e<strong>in</strong>e Mitversicherung Dritter, <strong>der</strong>enUmfang allerd<strong>in</strong>gs je nach Versicherungsleistung zum Teil stark variiert. So erhalten Familienversicherteaus <strong>der</strong> Mutterschaftsversicherung nur Sachleistungen, während EigenversicherteMutterschaftsgeld als Lohnersatzleistungen erhalten. Die Versicherungsleistungen <strong>der</strong> Krankenkassenerstrecken sich demh<strong>in</strong>gegen im Rahmen <strong>der</strong> Mitversicherung Dritter nicht nur auf dieFamilienangehörigen, „son<strong>der</strong>n auch auf den Lebensgefährten o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Person, die vomVersicherten une<strong>in</strong>geschränkt unterhalten wird“ (Kaufmann 1998, S. 242).Die Leistungserfüllung erfolgt im Krankheitsfall wie <strong>in</strong> Deutschland durch Kostenerstattung bzw.Rechnungsbegleichung. <strong>Grund</strong>sätzlich aber s<strong>in</strong>d bis auf wenige Ausnahmen alle Leistungen <strong>der</strong>Krankenversicherung mit e<strong>in</strong>er Selbstbeteiligung des Versicherten versehen, die von 20% beiHonoraren im Krankenhaus bis zu 65% bei Medikamenten reicht; diese Selbstbeteiligung kannaber wie<strong>der</strong>um durch Zusatzversicherungen verr<strong>in</strong>gert werden (Kaufmann 1998, S. 242).Im Falle <strong>der</strong> Altersversorgung unterscheidet das französische Alterssicherungssystem die Basisrenteund die obligatorische Zusatzrente, die von den jeweiligen Zusatzversorgungskassen fürArbeitnehmer, für leitende Angestellte bzw. Angestellte des öffentlichen Dienstes gewährtwerden. Das Erreichen <strong>der</strong> Altersgrenze für den Rentenbezug beendet allerd<strong>in</strong>gs nicht automatischdas Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, „e<strong>in</strong>e erzwungene Verrentung ist nichtzulässig“ (Kaufmann 1998, S. 243); bei e<strong>in</strong>er Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über diesenZeitpunkt h<strong>in</strong>aus wird allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Rente gewährt (MISSOC 1997, S. 249).5. Herausfor<strong>der</strong>ungen für die Ausgestaltung e<strong>in</strong>ersozialen (<strong>Grund</strong>-)<strong>Sicherung</strong>Globalisierung und e<strong>in</strong> marktzentrierter Wettbewerbsfetischismus stellen nicht nur gewachseneStrukturen <strong>in</strong> Frage, son<strong>der</strong>n auch die <strong>Grund</strong>lage des Sozialwesens zur Disposition. In e<strong>in</strong>er Zeitund Welt des beschleunigten Wandels än<strong>der</strong>n sich Bedarfe und Notwendigkeiten – auch <strong>der</strong>existentiellen <strong>Sicherung</strong>. Doch gibt es Anfor<strong>der</strong>ungen, die nicht nur aus dem gesellschaftlichenSelbstverständnis erwachsen, son<strong>der</strong>n für das Überleben e<strong>in</strong>er Gesellschaft unter den gegebenenBed<strong>in</strong>gungen unabd<strong>in</strong>gbar s<strong>in</strong>d. Aus dem Blickw<strong>in</strong>kel e<strong>in</strong>er nachhaltigen und sozialverträglichenEntwicklung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er marktwirtschaftlich organisierten „entwickelten“ Gesellschafts<strong>in</strong>d dies:1. Die Verständigung auf das Ziel e<strong>in</strong>er sozialen <strong>Grund</strong>sicherung. Dazu bedarf es e<strong>in</strong>erkritischen Überprüfung von Ansprüchen und Notwendigkeiten; nicht f<strong>in</strong>anztechnischeFragen, son<strong>der</strong>n Fragen nach S<strong>in</strong>n und Zweck <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> – Wertfragen – müssengestellt werden. Ob – und wenn, aus welchem <strong>Grund</strong> – Transferleistungen an jeneerfolgen, die auch ohne diese Leistungen wirtschaftlich stark genug wären, sich selber zusichern und zu versorgen, ist die e<strong>in</strong>e Frage. Wichtiger aber ist die Frage, ob die Systeme54


<strong>sozialer</strong> Sicherheit das gewährleisten (können), was sie vorrangig leisten sollen: Die Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungexistentieller Armut und <strong>sozialer</strong> Ausgrenzung.2. Die Tatsache, daß es trotz des gesamtwirtschaftlichen Reichtums <strong>in</strong> Deutschland und <strong>der</strong>hohen materiellen Aufwendungen für das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> Armut und weiterh<strong>in</strong>materiell existenzbedrohende Risiken <strong>in</strong> Deutschland gibt, führt zu zwei konkretenFor<strong>der</strong>ungen: Erstens zur For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er Armutsberichtserstattung, die gesellschaftlicheBedarfe <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> dokumentiert, zweitens zur For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er Armutsfestigkeit desSystems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong>, die grundsätzlich und <strong>in</strong> jedem Fall e<strong>in</strong> Abrutschen unter dieSchwelle <strong>der</strong> Existenzsicherung unmöglich werden läßt.3. Das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> muß <strong>in</strong>stitutionell armutsfest se<strong>in</strong>, d.h. es darf nicht nurformal-rechtlich Ansprüche auf e<strong>in</strong>e <strong>Grund</strong>- bzw. M<strong>in</strong>destsicherung gewähren, son<strong>der</strong>nmuß diese auch so gestalten, daß sie faktisch <strong>in</strong> Anspruch genommen werden (können).Die deutsche Sozialhilfe erfüllt aufgrund <strong>der</strong> Stigmatisierung <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger<strong>in</strong>folge <strong>der</strong> fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz sowie <strong>der</strong> historisch gewachsenen Artund Weise <strong>der</strong> Bedürftigkeitsprüfung und Leistungsgewährung diese Aufgabe nicht.4. Das System <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> muß materiell armutsfest se<strong>in</strong>, d.h. die <strong>Sicherung</strong> desExistenzm<strong>in</strong>imums – wie auch immer def<strong>in</strong>iert – muß unbed<strong>in</strong>gt und absolut se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>egesellschaftlich organisierte <strong>Grund</strong>- bzw. M<strong>in</strong>destsicherung darf nicht politisiert werden,<strong>in</strong>dem „gesellschaftliches Fehlverhalten“ mit Entzug o<strong>der</strong> Reduktion <strong>der</strong> existentiellen<strong>Sicherung</strong> sanktioniert wird.5. Solange sich die Gesellschaft als Geme<strong>in</strong>wesen versteht, muß e<strong>in</strong> Lastenausgleich zwischendenen, die die Lasten tragen und denen, die davon profitieren, daß sie diese Lasten nichttragen, erfolgen. Hier ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e an den Familienlastenausgleich aber auch an denAusgleich struktureller Benachteiligungen zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt zu denken.Ob dieser Lastenausgleich <strong>in</strong>nerhalb o<strong>der</strong> außerhalb <strong>der</strong> Sozialversicherungssystemeerfolgt, ist h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> gesellschaftlichen Übere<strong>in</strong>kunft.6. Auch nicht marktfähige o<strong>der</strong> nicht marktgängige Arbeiten, die aber als für die Gesellschaftnotwendig o<strong>der</strong> wünschenswert angesehen werden, dürfen nicht mehr mit dem Verzichto<strong>der</strong> dem Verlust <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> „bestraft“ werden. Die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschafts-und Gesellschaftsstruktur e<strong>in</strong>erseits und <strong>der</strong> Vermögens- und E<strong>in</strong>kommensverteilungan<strong>der</strong>erseits rücken die Frage nach e<strong>in</strong>er Neuverteilung <strong>der</strong> Lasten zwischen denGenerationen und den Geschlechtern <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues Licht. Auch hier bedarf es e<strong>in</strong>es neuengesellschaftlichen Konsenses – nicht weil das System an<strong>der</strong>nfalls nicht mehr f<strong>in</strong>anzierbarbleibt, son<strong>der</strong>n weil es zunehmend den Bezug zur gesellschaftlichen Realität verliert.7. Soziale M<strong>in</strong>destsicherung ist als „Letztsicherung“ immer als Hilfe im E<strong>in</strong>zelfall zu verstehen,wie kollektiv die Systeme auch ausgestaltet se<strong>in</strong> mögen. Damit aber müssen e<strong>in</strong>zelfallbezogeneHilfen möglich se<strong>in</strong>, die im Rahmen standardisierter und pauschalierter Geldleistungssystemenur schwerlich zu realisieren s<strong>in</strong>d. Deshalb müssen auch weiterh<strong>in</strong> Sachleistungenim E<strong>in</strong>zelfall möglich se<strong>in</strong> – nicht weil sich bei ihnen die Bedürftigkeit deutlicherprüfen läßt, son<strong>der</strong>n weil nur sie Ermessensspielräume und damit Situationsbezogenheit <strong>der</strong>Entscheidungen erlauben.55


Der Ausblick auf die <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Europäischen Union realisierten Systeme<strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> dokumentiert: Auch im zusammenwachsenden Europa ist e<strong>in</strong>e Ausgestaltung<strong>der</strong> <strong>Sicherung</strong>ssysteme, die die Geschichte <strong>der</strong> jeweiligen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungberücksichtigt und die Mentalität <strong>der</strong> Bürger beachtet, möglich. So sollten we<strong>der</strong> die <strong>der</strong>zeitigef<strong>in</strong>anzielle Situation <strong>der</strong> Sozialversicherungssysteme bzw. die absolute Höhe <strong>der</strong> Kosten noch dieErwartung e<strong>in</strong>er gesamteuropäischen Regelung <strong>der</strong> sozialen <strong>Sicherung</strong> leitend für die Aus- o<strong>der</strong>Umgestaltung des deutschen Systems <strong>sozialer</strong> <strong>Sicherung</strong> se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n die Notwendigkeit,gesellschaftlich erkannte Mißstände sozialverträglich abzustellen. Existentielle Risiken, die nichtdas physische Überleben, son<strong>der</strong>n die soziale Integration bedrohen, s<strong>in</strong>d gesellschaftlichdef<strong>in</strong>iert und unterliegen damit <strong>der</strong> steten <strong>Diskussion</strong> über Wertvorstellungen, nicht nur f<strong>in</strong>anztechnischerMöglichkeiten. Diese <strong>Diskussion</strong> gilt es verstärkt zu führen, wenn nicht gar, sie erstwie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Bewußtse<strong>in</strong> zu holen.56


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PDS (1997): Arbeit ist genug da! Arbeit schaffen und umverteilen (Prospekt), hg. von <strong>der</strong>Bundestagsgruppe <strong>der</strong> PDS, Arbeitsbereich: Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik,12. Dezember 1997PDS (1998): Umverteilung von oben nach unten, Alternativen <strong>der</strong> PDS zur Steuer- undAbgabenpolitik (Prospekt), hg. von <strong>der</strong> PDS-Fraktion im Landtag Brandenburg,Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, <strong>der</strong> PDS im Sächsischen Landtag, imThür<strong>in</strong>ger Landtag und im Abgeordnetenhaus von Berl<strong>in</strong>, 5. Mai 1998PDS (1998): Damenwahl; Für an<strong>der</strong>e Arbeit, mehr Zeit und e<strong>in</strong> selbstbestimmtes Leben(Prospekt), hg. von <strong>der</strong> PDS im Bundestag, 2. Juli 1998pro urban – Gesellschaft für kommunale Entwicklung mbH (1998): Möglichkeiten für die Neugestaltung<strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Sozialversicherung über e<strong>in</strong>e „Wertschöpfungsabgabe“(Gutachten, Auftraggeber: PDS), Berl<strong>in</strong>, Februar 1998Rürup, Bert (1998): Die Rolle des Wohlfahrtsstaates <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> Globalisierung – E<strong>in</strong>e Politikdes freien Marktes führt zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>stabilen und nicht zukunftsfähigen Gesellschaft, <strong>in</strong>:Frankfurter Rundschau Nr. 272, 23. November 1998, S. 7Standfest, Erich (1998): Reformpolitik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rentenversicherung <strong>in</strong> Deutschland(<strong>Diskussion</strong>spapier des DGB), Düsseldorf 1998Ste<strong>in</strong>ke, Rudolf (1998): Die Sackgassen <strong>der</strong> Zukunftskommission – Streitschrift wi<strong>der</strong> dieKommission für Zukunftsfragen <strong>der</strong> Freistaaten Bayern und Sachsen, hg. von <strong>der</strong>Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen, <strong>in</strong>: Schriftenreihe <strong>der</strong>Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen Nr. 33, Berl<strong>in</strong> 1998SPD (1996): Zukunft des Sozialstaates – Wege zur sozialen <strong>Grund</strong>sicherung, hg. von <strong>der</strong>Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Bonn, März 1996SPD (1998): Aufbruch und Erneuerung – Deutschlands Weg <strong>in</strong>s 21. Jahrhun<strong>der</strong>t.Koalitionsvere<strong>in</strong>barung zwischen <strong>der</strong> SPD und Bündnis/DIE GRÜNEN, Bonn, 20.Oktober1998Veil, Mechthild (1997): Zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Frauen im Sozialstaat – E<strong>in</strong>Län<strong>der</strong>vergleich zwischen Frankreich, Schweden und Deutschland, <strong>in</strong>: Aus Politik undZeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, hg. von <strong>der</strong> Bundeszentralefür politische Bildung, B52/97 1997, S. 29 – 38Wagner, Gert et al. (1998): Kapitaldeckung: Ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>mittel für die Altersvorsorge, hg. vomDeutschen Institut für Wirtschaftsforschung, <strong>in</strong>: Wochenbericht 46/98, 65. Jahrgang,Berl<strong>in</strong>, 12. November 1998Wezel, Birgit (1996): E<strong>in</strong>e marktwirtschaftliche Reform <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung, hg. vomUnternehmer<strong>in</strong>stitut <strong>der</strong> ASU e.V. , Bonn, Februar 199664


AnhangAbbildung 8: Leistungen <strong>der</strong> SozialversicherungenQuelle: Jürgen Zerche und Fritz Gründger: Sozialpolitik – E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die ökonomische Theorie <strong>der</strong> Sozialpolitik,2. Aufl., Düsseldorf, 1996, S. 11065


Abbildung 9: Zentrale Daten zur Beitragspflichtigkeit von ArbeitnehmernQuelle: Soziale Sicherheit, Heft 1/1998, S. 2766


statt e<strong>in</strong>es GlossarsÄquivalenzpr<strong>in</strong>zip .......................................................9Arbeitslosenhilfe.......................................................14Bedarfspr<strong>in</strong>zip ...........................................................17Bürgerarbeit...............................................................31Bürgergeld .................................................................27FDP-Modell..........................................................27Modell <strong>der</strong> Kommision für Zukunftsfragen ...31Fürsorgepr<strong>in</strong>zip..........................................................10Geldleistungspr<strong>in</strong>zip .................................................10<strong>Grund</strong>renteallgeme<strong>in</strong>e.......................................................21Modell des BVMW.............................................33<strong>Grund</strong>sicherungbedarfsabhängige ................................................20soziale ......................................................................8Kapitaldeckungsverfahren .........................................9Kausalitätspr<strong>in</strong>zip .....................................................35Kombilohn.................................................................27Leistungserbr<strong>in</strong>gungAusgestaltung <strong>der</strong>................................................14Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong>.......................................................9 fLeistungsf<strong>in</strong>anzierungAusgestaltung <strong>der</strong>................................................13Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong>.........................................................9LeistungsgewährungAusgestaltung <strong>der</strong>................................................13Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong>......................................................... 9Leistungspr<strong>in</strong>zip....................................................... 17LeistungsverpflichtungAusgestaltung <strong>der</strong>............................................... 14Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong>....................................................... 10Marktwirtschaftsoziale ..................................................................... 6moral-hazard.............................................................. 17Sachleistungspr<strong>in</strong>zip................................................... 9Solidarpr<strong>in</strong>zip .............................................................. 9soziale <strong>Grund</strong>sicherung............................................ 8soziale <strong>Sicherung</strong>angelsächsisches Modell ................................... 47Ausgestaltung <strong>der</strong>............................................... 11kont<strong>in</strong>entaleuropäisches Modell....................... 47Konzeption <strong>der</strong>..................................................7, 8skand<strong>in</strong>avisches Modell..................................... 46Sozialhilfe ................................................................... 8Sozialpr<strong>in</strong>zip................................................................ 7Sozialversicherung .................................................. 13Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip................................................... 7Umlageverfahren ........................................................ 9Versicherungspr<strong>in</strong>zip ............................................... 10Versorgungspr<strong>in</strong>zip .................................................. 10Wettbewerbspr<strong>in</strong>zip ................................................... 767

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