Kinder und Jugendliche im interaktiv-multimedialen Raum - interart 8
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30<br />
WerkstattBericht 30<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
ISBN 3-928635-31-X<br />
©2001 Sekretariat für Zukunftsforschung,<br />
Gelsenkirchen<br />
Christoph Micklisch<br />
Margit Fauser
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Vorwort<br />
Neue Medien werden für <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong>mer wichtiger. Computer- <strong>und</strong><br />
Videospiele, Internet <strong>und</strong> chat-rooms gehören für viele von ihnen zur täglichen Realität.<br />
Damit werden mult<strong>im</strong>ediale Gestaltung <strong>und</strong> Medienkommunikation zur gr<strong>und</strong>legenden<br />
Kulturtechnik für die Zukunft der jungen Generation.<br />
Der zukünftige Erfolg digitaler Medien wird vielfach in der Entwicklung<br />
menschengerechter Schnittstellen zu den neuen Technologien gesehen. Das bedeutet für<br />
die Konzeption der Hard- <strong>und</strong> Software, dass sowohl hinsichtlich der Nutzungsziele wie<br />
des Gebrauchs der Technologien, die Bedürfnisse des Menschen <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen<br />
müssen. Die neuen Medien selbst verändern die ästhetischen Gestaltungsprinzipien <strong>und</strong><br />
eröffnen neue kreative Räume des Denken <strong>und</strong> Handelns. Medienkompetenz wird häufig<br />
auf die Möglichkeiten der Anwenderkompetenz reduziert. Für die Zukunft wird es in<br />
besonderer Weise darauf ankommen auch das ästhetische <strong>und</strong> sinnliche Potential der<br />
Neuen Medien erfahrbar zu machen, denn sie bieten die Möglichkeit sensorische,<br />
gestalterische <strong>und</strong> kognitive Aspekte menschlichen Verhaltens einzubeziehen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Vermittlung angemessener Medienkompetenz eine<br />
ständige Herausforderung, der sich das Ministerium für Städtebau <strong>und</strong> Wohnen, Kultur<br />
<strong>und</strong> Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (MSWKS NRW) mit einem an <strong>Jugendliche</strong> <strong>und</strong><br />
Multiplikatoren gerichteten Modellvorhaben stellt. Das MSWKS NRW hat <strong>im</strong> Rahmen des<br />
Programms „Kulturelle Bildung <strong>im</strong> Medienzeitalter“ der B<strong>und</strong>-Länder-Kommission einen<br />
Förderantrag für das Modellvorhaben „Mult<strong>im</strong>ediatheater – Education – Environments“<br />
(MEET) gestellt. Ausgangspunkt des Vorhabens ist die Frage nach Wegen <strong>und</strong> Methoden<br />
zur Entwicklung von Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Gestaltungskompetenz mit <strong>und</strong> für die junge<br />
Generation. Das „An<strong>im</strong>ax Mult<strong>im</strong>ediatheater“ stellt die infrastrukturelle Basis des Projektes<br />
dar. Es bietet die Voraussetzung, die künstlerische Arbeit <strong>und</strong> die Entwicklung von<br />
Medienwerkzeugen zusammenzuführen sowie das ästhetische Potential neuer Medien<br />
erfahrbar zu machen. Das An<strong>im</strong>ax-Mult<strong>im</strong>ediatheater fungiert gewissermassen als<br />
„Forschungslabor“, in dem neue Medienwerkzeuge zu neuen Formen mult<strong>im</strong>edialer<br />
Gestaltung <strong>im</strong> Bereich der Bildung entwickelt <strong>und</strong> weiterentwickelt werden sollen. Mit<br />
anderen Worten: In dem „Labor“ sollen ästhetische Strategien in mult<strong>im</strong>edialen<br />
Kommunikationsprozessen erforscht <strong>und</strong> exper<strong>im</strong>entell erprobt werden. Das gesamte<br />
Modellvorhaben hat Werkstattcharakter <strong>und</strong> findet in Zusammenarbeit mit ausgewählten<br />
Schulen sowie außerschulischen Bildungs- <strong>und</strong> Jugendeinrichtungen statt.<br />
Das Sekretariat für Zukunftsforschung (SFZ) hat die wissenschaftliche Begleitung des<br />
MEET-Modellvorhabens übernommen. Der vorliegende Bericht „<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong>“ ist das Ergebnis der Untersuchung der ersten Phase<br />
des MEET-Modellvorhabens, der begehbaren Installation „Story Machine“. Mit „Story<br />
Machine“ wurde ein mult<strong>im</strong>edialer <strong>interaktiv</strong>er <strong>Raum</strong> für <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong><br />
geschaffen, der ganzheitliche, sinnliche Wahrnehmungen <strong>und</strong> Erfahrungen medial<br />
erzeugter Erlebnisräume erlaubt <strong>und</strong> neue kreative Ausdrucksformen <strong>im</strong> mult<strong>im</strong>edialen<br />
<strong>Raum</strong> zu entwickeln <strong>und</strong> auszuprobieren ermöglicht.<br />
Die Befragung der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n orientiert sich an den gr<strong>und</strong>legenden<br />
Aspekten von „Story Machine“. Hierbei handelt es sich um den mehrd<strong>im</strong>ensionalen<br />
Einsatz von Klang <strong>und</strong> Bild, eine sich weitestgehend selbsterklärende Nutzung der<br />
Installation, die Einbeziehung des Körpers <strong>und</strong> der Sinne <strong>und</strong> die Möglichkeit, mit<br />
anderen Nutzern gemeinsam den Fortgang der Geschichte zu erleben <strong>und</strong> auf die<br />
2
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Geschichte einzuwirken. Die Resonanz der Befragten war über wiegend positiv. „Das<br />
Bild, der Klang... man kam sich wie <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>schiff vor“ gab eines der <strong>Kinder</strong> an.<br />
Insgesamt konnte festgestellt werden, dass die Integration ganzheitlicher Wahrnehmung<br />
durch Bewegung, Klang <strong>und</strong> den Einsatz der eigenen St<strong>im</strong>me <strong>und</strong> die dreid<strong>im</strong>ensionalen<br />
Elemente erheblich dazu bei tragen, dass die Installation „von einem Teil der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong>n als annähernd perfekte Replik der Realität wahrgenommen wurde“. Mehr<br />
als alles andere betonten die <strong>Kinder</strong> in einer abschließenden Beurteilung über das Projekt<br />
das Erlebnis in der Gruppe. Das belegt ein Ergebnis, das wir aus zahlreichen anderen<br />
Studien kennen, dass die Isolation vor dem Bildschirm von den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n<br />
nicht gewünscht <strong>und</strong> als negativ empf<strong>und</strong>en wird. Ein überraschendes Ergebnis ist, dass<br />
die befragten <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n die virtuelle Erzählst<strong>im</strong>me, den sogenannten<br />
Vortex, als überwiegend positiv empfanden. Der Vortex fordert die <strong>Kinder</strong> an<br />
unterschiedlichen Stellen zu Handlungen <strong>und</strong> Entscheidungen auf. Wegen der großen<br />
Freiheit des einfachen <strong>und</strong> prozessorientierten Lernens <strong>im</strong> Rahmen der selbsterklärenden<br />
Informationswege gibt es ganz offensichtlich ein Bedürfnis nach Strukturierung <strong>im</strong><br />
mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong> zu existieren.<br />
Die Studie des SFZ zur „Story Machine“ belegt den Gewinn, den der ganzheitliche,<br />
mult<strong>im</strong>ediale Umgang mit den Neuen Medien bereitet <strong>und</strong> liefert wertvolle Impulse für die<br />
medienpädagogische Arbeit.<br />
Prof. Dr. Rolf Kreibich Gelsenkirchen <strong>im</strong> Juni 2001<br />
Wissenschaftlicher Direktor des<br />
Sekretariats für Zukunftsforschung<br />
3
Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
1 Einleitung ......................................................................................5<br />
2 Story Machine: Konzeption <strong>und</strong> Realisation..................................7<br />
2.1 Der Aufbau von Story Machine...................................................................7<br />
2.2 Die künstlerische Konzeption von Story Machine...........................................8<br />
2.3 Die medienpädagogische Begleitung ..........................................................9<br />
2.4 Story Machine <strong>im</strong> Rahmen des Mult<strong>im</strong>edia-Education-Environment...............11<br />
3 Befragung der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n....................................12<br />
3.1 Wahrnehmung mult<strong>im</strong>edialer Mehrd<strong>im</strong>ensionalität .....................................12<br />
3.2 Selbsterklärende Informationswege ...........................................................13<br />
3.3 Ganzheitliche Wahrnehmung...................................................................13<br />
3.4 Gruppenerlebnis.....................................................................................14<br />
3.5 Interaktivität ...........................................................................................16<br />
3.6 Gestaltungsebene...................................................................................17<br />
3.7 Geschlechtsspezifische Schwerpunktbildung...............................................21<br />
3.8 Altersspezifische Schwerpunktbildung ........................................................21<br />
4 Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Befragung ..............22<br />
5 Vorschläge mult<strong>im</strong>edialer Projekte in der Kulturellen Bildung ..23<br />
5.1 Einstiegsprojekte.....................................................................................24<br />
5.2 Aufbauprojekte.......................................................................................26<br />
6 Schlußbemerkungen ...................................................................31<br />
7 Bibliografie .................................................................................32<br />
Anhang 1..................................................................................................33<br />
4
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
1 Einleitung<br />
Der Einsatz neuer Medien hat nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens erfasst.<br />
Computer am Arbeitsplatz, Touch-Screen-Monitore in den Schalterhallen <strong>und</strong> Videospiele<br />
nicht nur in <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendz<strong>im</strong>mern verändern das tägliche Leben.<br />
Damit wird der Umgang mit den neuen medialen <strong>und</strong> technologischen Möglichkeiten zu<br />
einer wesentlichen Kulturtechnik unserer Gesellschaft. „Interaktivität, Integration<br />
nonlinearer Erzählung (Hypertext) <strong>und</strong> Gleichzeitigkeit verschiedener Medien (Mult<strong>im</strong>edia)<br />
sind die Basis einer neuen Kulturtechnik, die zukünftig neben schreiben, rechnen, lesen,<br />
malen, musizieren usw. als neue gesellschaftliche Ausdrucksweise erlernt werden muß.“ 1<br />
Der Erfolg zukünftiger digitaler Medien wird vielfach in Abhängigkeit von einer<br />
menschgerechten Schnittstelle zu den Neuen Technologien gesehen, wie sie z.Zt. an<br />
unterschiedlichen Orten (MEET-Projekt des ANIMAX Bonn, MIT Media Lab, GMD St.<br />
Augustin <strong>und</strong> viele andere) erprobt werden. Im Sinne eines ganzheitlichen Anspruchs<br />
finden hierbei die sensorischen, gestalterischen <strong>und</strong> kognitiven Aspekte menschlichen<br />
Verhaltens eine stärkere Berücksichtigung.<br />
Dies erfordert mehr, als den Zugang zu einer kommerziell dominierten, auf Bildschirm<br />
<strong>und</strong> Lautsprecher reduzierten digitalen Präsentationstechnologie zu schaffen, die den<br />
Benutzern <strong>und</strong> Benutzerinnen vorbest<strong>im</strong>mte Möglichkeiten zum Zweck des Konsums von<br />
Unterhaltung, Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen anbietet. Entgegen einem weit verbreiteten,<br />
derart reduzierten Zugang, stehen Vorhaben, die es sich zum Ziel gesetzt haben, das<br />
ästhetische <strong>und</strong> sinnliche Potential der Neue Medien erfahrbar zu machen.<br />
Das Medienzeitalter stellt auch die Kulturelle Bildung <strong>im</strong> Bereich der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong><br />
Jugendarbeit vor neue Herausforderungen. Mult<strong>im</strong>ediale Gestaltung <strong>und</strong><br />
Medienkommunikation wird in besonderem Maße für die junge Generation zur<br />
kulturellen Notwendigkeit, die in der konkreten Auseinandersetzung mit den Neuen<br />
Medien erlernt werden muss. Der Deutsche Kulturrat hat jüngst auf die große Bedeutung<br />
kultureller Bildung <strong>im</strong> digitalen Zeitalter hingewiesen. Die aktive Rezeption wie die eigene<br />
sinnlich-ästhetische Praxis in der Auseinandersetzung mit Kunst <strong>und</strong> Kultur muss heute<br />
auch die Neuen Medien einschließen. 2<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> will das ANIMAX Mult<strong>im</strong>ediatheater <strong>im</strong> Rahmen des<br />
Modellvorhabens Mult<strong>im</strong>ediatheater – Education – Environments (MEET) neue<br />
Medienwerkzeuge zu neuen Formen medialer Gestaltung <strong>im</strong> künstlerischen Prozeß<br />
(weiter)entwickeln. ANIMAX bietet die Möglichkeit, die künstlerische Arbeit <strong>und</strong> die<br />
Entwicklung von Medienwerkzeugen zusammenzuführen sowie das ästhetische Potential<br />
von (neuen) Medien erfahrbar zu machen. Es soll in diesem Sinne Labor <strong>und</strong> Plattform<br />
solcher Exper<strong>im</strong>ente sein: „Das Mult<strong>im</strong>ediatheater bietet einen medial gestalteten<br />
Erfahrungsraum (Environment) in dem sowohl Pädagogen als auch die jugendlichen<br />
Anwender unter Einbeziehung herkömmlicher künstlerischer Techniken in der<br />
Verbindung mit erweiterbaren Medientechnologien neue kreative Ausdrucksformen<br />
1<br />
Fleischmann, M. u.a.: Machbarkeitsstudie für ein Kompetenzzentrum Kunst, Kultur <strong>und</strong> Neue Medien, Bd1<br />
St. Augustin 1999, S. 5.<br />
2<br />
Kulturelle Bildung <strong>im</strong> digitalen Zeitalter: Standortbest<strong>im</strong>mung des Deutschen Kulturrates zu Kultur <strong>und</strong><br />
Bildung, in: neue musikzeitung, Ausgabe 07-08/2000.<br />
5
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
entwickeln können (....) das Projekt hat in diesem Sinne zum Ziel, modellhaft den Einsatz<br />
von komplexen <strong>und</strong> unmittelbar erfahrbaren Medienenvironments <strong>und</strong> intuitiv<br />
erfassbaren Interfaces <strong>im</strong> Bildungsbereich zu erproben.“ 3<br />
Die inhaltliche <strong>und</strong> ästhetische Konzeption solcher Projekte stellt sehr spezifische<br />
Anforderungen, vor allem in der Arbeit mit <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n, über die bislang<br />
wenig bekannt ist. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind Erkenntnisse hinsichtlich der Auswirkung <strong>und</strong><br />
Rezeptionsdynamik derart gestalteter <strong>interaktiv</strong>er mult<strong>im</strong>edialer Räume für deren<br />
Weiterentwicklung von großem Nutzen. Der Prozeß der Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung, wie die<br />
Evaluation der Projekte <strong>und</strong> ihrer Abläufe, liefern wertvolle Ergebnisse für die<br />
kontinuierliche Verbesserung des jeweils spezifischen Projekts <strong>und</strong> bieten eine Basis für<br />
den Transfer in andere Bereiche der kulturellen Bildung. Die prozessbegleitende<br />
Evaluation des Modellvorhabens MEET, die das Sekretariat für Zukunftsforschung<br />
übernommen hat, soll zu einer ständigen Revision der einzelnen Schritte beitragen <strong>und</strong><br />
hat die Verbesserung des Gesamtprojekts zum Ziel.<br />
Das erste Projekt mit dem dieser Ansatz <strong>im</strong> Rahmen des MEET-Modellvorhabens verfolgt<br />
wird, ist die begehbare Installation „Story Machine“. Mit ihr wurde ein mult<strong>im</strong>edialer<br />
<strong>interaktiv</strong>er <strong>Raum</strong> für <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> geschaffen, der ganzheitliche, sinnliche<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Wahrnehmungen medial erzeugter Erlebnisräume erlaubt <strong>und</strong> es<br />
ermöglicht, neue kreative Ausdrucksformen <strong>im</strong> mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong> zu entwickeln <strong>und</strong><br />
auszuprobieren.<br />
Die Untersuchung des Sekretariats für Zukunftsforschung (SFZ), deren zentrale Ergebnisse<br />
<strong>im</strong> vorliegenden Bericht „<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>en mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong>“<br />
zusammengefasst werden, entstand <strong>im</strong> Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung von<br />
MEET <strong>und</strong> wurde vom Ministerium für Städtebau <strong>und</strong> Wohnen, Kultur <strong>und</strong> Sport des<br />
Landes Nordrhein-Westfalen (MSWKS NRW) in Auftrag gegeben. Die empirische<br />
Erhebung <strong>und</strong> ihre Auswertung besorgte der Musik- <strong>und</strong> Medienpädagoge Christoph<br />
Micklisch <strong>im</strong> Auftrag des SFZ. Die Arbeit wurde von Margit Fauser (SFZ) begleitet, die den<br />
Bericht in der vorliegenden Form überarbeitete. Eine ausführlichere Version (Micklisch)<br />
der Erhebung liegt dem MSWKS NRW vor. Ton- <strong>und</strong> Bildbeispiele, die während der<br />
Erhebung aufgenommen wurden, sind auf der website des ANIMAX-Mult<strong>im</strong>ediatheaters<br />
(www.an<strong>im</strong>ax.de) abrufbar. Für die Studie evaluiert wurde die Wirksamkeit des Projekts<br />
<strong>und</strong> die Zufriedenheit der Zielgruppe. Hierzu wurden über 150 <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> zu<br />
ihren Erfahrungen mit „Story Machine“ befragt. Zusätzlich wurden die Autoren des<br />
Projekts nach ihren Vorstellungen <strong>und</strong> deren Umsetzung befragt. Abschließend enthält die<br />
Studie eine umfassende Zusammenstellung der technischen <strong>und</strong> inhaltlichen<br />
Möglichkeiten, mult<strong>im</strong>ediale Installationen auch in einzelnen Komponenten ohne allzu<br />
großen Aufwand oder <strong>im</strong>mense Kosten für die Kulturelle Bildung in der Jugendarbeit zu<br />
nutzen.<br />
3 ANIMAX-Kurzinformation <strong>im</strong> Eigenverlag, Bonn 1999.<br />
6
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
2 Story Machine: Konzeption <strong>und</strong> Realisation<br />
Die Befragung der am Projekt „Story Machine“ Beteiligten soll das Konzept, die<br />
Erwartungen, die Umsetzung der Ideen <strong>und</strong> die Art der Vorbereitung erfassen. Die<br />
Ergebnisse wurden anschließend hinsichtlich einzelner Aspekte mit den Ergebnissen der<br />
Befragung der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n verglichen. Aus dem Vergleich von Anspruch <strong>und</strong><br />
Realisierung konnten einige Empfehlungen für einen Transfer in die Kulturelle Bildung<br />
entwickelt werden (siehe Kapitel 5). Befragt wurden Doris Vila, Medienkünstlerin, die das<br />
Gesamtkonzept entwickelte; David Weinstein, Musiker <strong>und</strong> Komponist, der die<br />
musikalische Begleitung besorgte <strong>und</strong> das Konzept zusammen mit Doris Vila<br />
weiterentwickelte. Birgit Günster, Medienpädagogin, die die medienpädagogische<br />
Begleitung der „Story Machine“ übernommen hat <strong>und</strong> Bodo Lensch, Leiter des ANIMAX<br />
Mult<strong>im</strong>ediatheaters, der für die Gesamtleitung verantwortlich zeichnet <strong>und</strong> „Story<br />
Machine“ innerhalb des allgemeinen Ansatzes des ANIMAX-Mult<strong>im</strong>ediatheaters verortet.<br />
Vorab soll kurz der inhaltliche <strong>und</strong> technische Aufbau von „Story Machine“ <strong>und</strong> ihrer<br />
wichtigsten Aspekte beschrieben werden, um die nachfolgenden Äußerungen leichter<br />
verständlich zu machen.<br />
2.1 Der Aufbau von Story Machine<br />
„Story Machine“ ist ein begehbare Bühne, auf deren drei Seitenwände wie auf deren<br />
Boden Bilder projiziert werden. Die Teilnehmenden beeinflussen gemeinsam die<br />
Gestaltung des Spielortes <strong>und</strong> den weiteren Verlauf der Geschichte, ihre Bild- <strong>und</strong><br />
Klangprojektionen. Gr<strong>und</strong>legend ist bei dieser Arbeit, wie auch bei anderen Projekten<br />
des ANIMAX, ein erweiterter Mulitmediabegriff. „Mult<strong>im</strong>edia bedeutet hier die Gestaltung<br />
sämtlicher die Wahrnehmung des Menschen <strong>und</strong> seine (raumzeitliche) Orientierung<br />
betreffender Kommunikationsmedien <strong>im</strong> realen <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> die Realisation eines<br />
mult<strong>im</strong>odalen Feedbacks“, wie ANIMAX-Leiter Bodo Lensch betont 4 .<br />
Für den technischen Aufbau wurde ein kubusförmiger, vollständig abgedunkelter <strong>Raum</strong><br />
als Gr<strong>und</strong>gerüst gewählt. Innerhalb dieses Kubus wurde eine quadratische Bühne<br />
errichtet, die seitlich von auf- <strong>und</strong> zuklappbaren Hintergr<strong>und</strong>- Projektionsleinwänden,<br />
ähnlich aufklappbarer Buchseiten, <strong>und</strong> einem nichtbeweglichen Hauptprojektionsschirm<br />
begrenzt sind. Die eigentliche Aktionsbühne ist eine quadratische Gr<strong>und</strong>fläche mit<br />
dreiseitiger (teils flexibler) Projektionsbegrenzung <strong>und</strong> vorderseitiger Öffnung für Auf<strong>und</strong><br />
Abgänge. Dieser Gr<strong>und</strong>aufbau wird durch die außerhalb des Aktionsraumes z.T. an<br />
den Rändern des äußeren Kubus angebrachten Video- <strong>und</strong> Audioprojektionstechniken<br />
erweitert. Die Bildprojektionen auf die Wände des inneren Kubus erfolgen also von<br />
außen z.T. über Spiegel reflektierte Projektoren mit hoher Lichtleistung. Eine weitere<br />
bewegliche Projektion <strong>interaktiv</strong> steuerbarer Bilder erfolgt über einen an der Decke, über<br />
dem inneren Kubus angebrachten Projektor. Die Audiowiedergabe ist mehrkanalig<br />
angelegt <strong>und</strong> bewegt sich wahlweise über 12 um den inneren Kubus positionierte<br />
Surro<strong>und</strong>-Lautsprecher. Zusätzlich kann der Bühnenboden mit einem Klangsystem aus<br />
vier Akustikelementen in Vibration versetzt werden (So<strong>und</strong>floor).<br />
Im Verlauf der Interaktion bewegen sich die Besucher durch eine virtuelle Spielwelt, die<br />
abhängig von ihrer gemeinsam abgest<strong>im</strong>mten Intention unterschiedliche Verläufe<br />
nehmen kann. Zunächst wird in einer gemeinsamen Entscheidung die „Welt“ der<br />
Spielhandlung (Erde, Wasser oder Weltraum) ausgewählt. Geleitet durch die<br />
4 nachzulesen auf der website: http://www.an<strong>im</strong>ax.de/an<strong>im</strong>ax_web/presentation_de.htm vom 31.01.2001<br />
7
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
erläuternden Hinweise eines virtueller Erzählers („Vortex“ genannt) lösen die <strong>Kinder</strong> <strong>im</strong><br />
Verlauf des Geschehens unterschiedliche Aufgaben z.B. durch gemeinsames Rufen, die<br />
Auswahl wechselnder Führer der Gruppe (Piloten) oder durch koordiniertes Handeln in<br />
der Gruppe (Bewegungssequenzen, Kreis bilden etc.). Der Ablauf ist dabei durch das<br />
gemeinsames Handeln der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n mitbest<strong>im</strong>mbar. So entsteht ein<br />
Wirkungsgefüge aus ihren koordinierten Intentionen <strong>und</strong> nichtsequentiellen<br />
Spielverläufen, die in die Lösung einer Aufgabe, z.B. dem Einsammeln von beweglichen<br />
Dreiecksprojektionen oder der Steuerung des <strong>Raum</strong>schiffes durch gemeinsame<br />
Bewegungen, das Herbeiholen <strong>und</strong> Zusammensetzen der visuellen Elemente, bewirken.<br />
Die virtuelle Welt, in der sich die <strong>Kinder</strong> dabei bewegen, ist gekennzeichnet durch<br />
<strong>interaktiv</strong>e Steuerung der kombinierten audiovisuellen Projektionen <strong>und</strong> sensorische<br />
Wahrnehmungen einzelner Events.<br />
2.2 Die künstlerische Konzeption von Story Machine<br />
Aus terminlichen Gründen wurden Doris Vila <strong>und</strong> Dave Weinstein <strong>im</strong> gemeinsamen<br />
Gespräch befragt, so daß eine exakte Differenzierung der Antworten nicht <strong>im</strong>mer<br />
gegeben ist, sich jedoch aufschlussreiche Zusatzinformationen über die Zusammenarbeit<br />
ergaben. Im Folgenden werden kurz die wichtigsten Punkte zur künstlerischen Konzeption,<br />
zur Planung, den Erwartungen <strong>und</strong> der technischen Realisierung wiedergegeben.<br />
Die zentralen Ausgangspunkte für die Konzeption der „Story Machine“ waren auf der<br />
einen Seite die zunehmende Virtualisierung wichtiger Aspekte des Lebens <strong>und</strong> zum<br />
anderen der beobachtbare Übergang in eine stärker teamorientierte Arbeits- <strong>und</strong><br />
Lernwelt.<br />
Wichtiger Aspekt der Vorbereitung war die Auseinandersetzung mit der<br />
entwicklungspsychologischen Dynamik der Rezipienten sowie ihren altersspezifischen<br />
Möglichkeiten bei der Per- <strong>und</strong> Rezeption visueller <strong>und</strong> auditiver Eindrücke. So wurden die<br />
Autoren von „Story Machine“ während der Frühphase der Konzipierung pädagogisch <strong>und</strong><br />
psychologisch beraten <strong>und</strong> haben erste Testphasen mit kleineren Gruppen von <strong>Kinder</strong>n<br />
durchgeführt.<br />
Um eine für <strong>Kinder</strong> ansprechende Form zu finden, wurde deren spezifische Realität, ihre<br />
Kenntnis <strong>und</strong> ihr Umgang mit unterschiedlichen Medien bei der Konzeption von „Story<br />
Machine“ berücksichtigt. Beispielsweise wurde Filmmaterial alter Science Fiction oder<br />
Unterwasserfilme verwertet, weil „wir dachten, wenn wir kleine Exzerpte aus solchen<br />
Filmen verwenden, könnte man eine gemeinsame Sprache mit den Kids sprechen, also<br />
einen höheren Identifikationsgrad mit dem Geschehen erreichen“ (David Weinstein,<br />
Oktober 2000). Allerdings war klarer Ausgangspunkt, nicht die eind<strong>im</strong>ensionale Technik<br />
oder die inhaltlich-konzeptionelle Struktur herkömmlicher Computerspiele zu<br />
übernehmen: „Ich denke, der wohl wichtigste Aspekt dabei ist die Idee, <strong>Kinder</strong><br />
miteinander in einem künstlichen Environment gemeinsam handeln zu lassen. Das sollte<br />
jedoch nicht in der computerspieltypischen Struktur von Führer <strong>und</strong> Gefolgschaft<br />
geschehen“ (Doris Vila; Oktober 2000).<br />
Die herkömmlichen Beschränkungen be<strong>im</strong> Einsatz Neuer Medien <strong>und</strong> Technologien<br />
sollten durch die „Verknüpfung von Kunstenvironment <strong>und</strong> Videopsielenvironment ...<br />
hinsichtlich frei determinierbarer Handlungsräume überschritten werden können“ (David<br />
Weinstein; Oktober 2000). Dies umfasste eine Reihe von Aspekten ganzheitlicher<br />
Wahrnehmung <strong>und</strong> auszulösender Aktionen <strong>und</strong> Events, die mit „Story Machine“<br />
umgesetzt <strong>und</strong> erprobt wurden. Zentral ist das Agieren in der Gruppe, das<br />
Zustandekommen gemeinsamer Entscheidungen. In der ersten Version war auf eine<br />
Führungsperson oder –figur gänzlich verzichtet worden. Im weiteren Verlauf entschieden<br />
8
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
sich die Autoren aber für das Einsetzen eines virtuellen Erzählers, des sogenannten<br />
Vortex. Er fordert die <strong>Kinder</strong> an verschiedenen Stellen zu einzelnen Aktionen auf. Für die<br />
Führerschaft in der Gruppe wurde schließlich ein Rotationsverfahren gewählt. Die <strong>Kinder</strong><br />
befinden sich abwechselnd in der Rolle des leitenden Piloten <strong>und</strong> eines<br />
Gruppenmitglieds. „Diese Rotation, selbst organisiert von <strong>Kinder</strong>n <strong>im</strong> Prozess der<br />
Interaktion, stellt für mich etwas besonders Aufregendes dar, weil hier eben die<br />
angesprochene Determinierung von Führungspersonen selbständig in der Interaktion<br />
überschritten werden sollte“ (Doris Vila; Oktober 2000).<br />
Entscheidungen darüber wie viele <strong>Kinder</strong> die Installation jeweils gemeinsam besuchen<br />
sollten <strong>und</strong> wann <strong>und</strong> an welcher inhaltlichen Stelle des <strong>interaktiv</strong>en Geschehens, z.B.<br />
bei einer Anzahl von drei handelnden Personen, welche Entscheidungen getroffen<br />
werden können <strong>und</strong> welche Wirkung damit verknüpft werden soll, konnten erst in den<br />
Testphasen auf der realen Bühne getroffen werden, wie die Künstler betonen.<br />
Auch hinsichtlich der Bewegung einzelner Elemente <strong>und</strong> des Bodens bestand<br />
Unsicherheit, ob zu starke Vibrationen die <strong>Kinder</strong> verunsichern würden oder ob sie<br />
aufgr<strong>und</strong> heutiger Kinoerfahrungen an ein großes Aufgebot von special effects gewöhnt<br />
sind <strong>und</strong> ohne dieses sich möglicherweise schnell langweilen.<br />
Bezüglich der Dreid<strong>im</strong>ensionalität hat man sich <strong>im</strong> visuellen Bereich für eine nicht<br />
vollständig geschlossene Form entschieden. „Ich würde sagen, wir haben es hier mit<br />
2,5D anstelle von 3D zu tun. Diese nicht vollständige Dreid<strong>im</strong>ensionalität bietet jedoch<br />
Freiraum für die eigene Imaginationskraft der Besucher <strong>im</strong> Gegensatz zu vollständig<br />
geschlossenen 3D-Systemen mit Trackingbrillen“ (Doris Vila; Oktober 2000).<br />
Was das Zusammenwirken der einzelnen technischen <strong>und</strong> inhaltlichen Elemente<br />
anbelangt <strong>und</strong> ebenso die Reaktionen des Publikums, hätte man sich oft längere<br />
Probephasen gewünscht. „Die Planung <strong>und</strong> Realisation ist jedoch das eine – die wirkliche<br />
Überraschung <strong>und</strong> D<strong>im</strong>ension erschloss sich mir erst bei der Erfahrung auf der „Story<br />
Machine“ - Bühne. Erst dort kombiniert das Gehirn die Bewegung der Schwärme<br />
(projizierter <strong>interaktiv</strong>er Dreiecke) mit dem an sie gekoppelten So<strong>und</strong> <strong>und</strong> es wirkt völlig<br />
überwältigend“ (David Weinstein; Oktober 2000).<br />
„Aber erst als ich dort (in „Story Machine“) war, konnte ich brauchbare Konzepte<br />
entwickeln, weil eine theoretische Bewältigung meine Imaginationskraft überschritten<br />
hätte. Erst dort konnte ich gezielt visuelle Bewegungspattern mit individuellen Klängen<br />
räumlich verbinden, z.B. ein Schiff hebt ab, fliegt, kommt wieder herunter etc. Dies konnte<br />
gezielt räumlich akustisch untermalt werden“ (David Weinstein; Oktober 2000).<br />
Insgesamt hat sich <strong>im</strong>mer wieder gezeigt, dass die konkrete Realisierung vor Ort oft<br />
überraschende Wirkung zeigte. Um zu Erfassen wie die <strong>Kinder</strong> auf einzelne Aspekte der<br />
Installation tatsächlich reagiert haben, wurde eine Befragung durchgeführt, deren<br />
Ergebnisse in Kapitel 3 <strong>und</strong> in der Zusammenfassung Kapitel 4 präsentiert werden. Sie<br />
sollen zur Weiterentwicklung dieser <strong>und</strong> anderer <strong>interaktiv</strong>er Installationen beitragen.<br />
2.3 Die medienpädagogische Begleitung<br />
Die medienpädagogische Begleitung von „Story Machine“ umfasst die Beteilung an der<br />
Vorbereitung <strong>und</strong> den Austausch mit den Autoren in den ersten Testphasen <strong>im</strong> ANIMAX<br />
sowie die Arbeit mit den <strong>Kinder</strong>n während der Laufzeit von „Story Machine“. „Für uns war<br />
sehr spannend nach der Planungsphase zu sehen, wie die <strong>Kinder</strong> wirklich denken <strong>und</strong><br />
9
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
reagieren. Deshalb haben wir auch Proben mit <strong>Kinder</strong>n gemacht, um zu relativieren, was<br />
wir uns als Erwachsene ausmalen“ (Birgit Günster; September 2000).<br />
Die medienpädagogische Begleitung ist <strong>im</strong> Einzelmodellprojekt „Story Machine“ ein<br />
wichtiger Punkt, denn zentrales Anliegen von „Story Machine“ ist herauszufinden wie<br />
<strong>Kinder</strong> an Medienkunst herangeführt werden können: „Es geht nicht darum, <strong>Kinder</strong> an<br />
den Computer heranzuführen, sondern um Medienkunst“ (Birgit Günster; September<br />
2000), wie die mit dieser Aufgabe betraute Medienpädagogin hervorhebt.<br />
Für die medienpädagogische Konzeption wurde zunächst nur an eine begleitende<br />
Funktion innerhalb der „Story Machine“ gedacht. Sowohl aus inhaltlichen wie auch aus<br />
organisatorischen Gründen wurde dann ein Rahmenprogramm angeregt, das sowohl<br />
der Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung dient als auch binnendifferenziert die Teilung großer<br />
Gruppen in kleinere ermöglichte. So gab es z.B vorher ein Astronautentraining, in dem<br />
best<strong>im</strong>mte Verhaltensnotwendigkeiten vorbereitet wurden. Dies geschah allerdings nicht<br />
<strong>im</strong> Sinne von „wir erklären euch...“, sondern eher <strong>im</strong> spielerischen Umgang <strong>und</strong> um<br />
Neugier zu wecken. In der Nachbereitung fand die malerische Umsetzung <strong>und</strong> Reflektion<br />
der unmittelbar zuvor gemachten Erfahrungen statt (zu einer ausführlicheren<br />
Beschreibung der Nachbereitung siehe Kapitel 3.6).<br />
Die äußere Gr<strong>und</strong>idee war geprägt von Doris Vilas künstlerischem Sujets des Buches –<br />
der Story. Alle medienpädagogischen Aktionen entfalteten sich auf der Basis dieser<br />
thematischen Vorgabe: z.B. Navigation innerhalb der Geschichte eines Buches (etwa als<br />
Astronaut) oder am Ende die Gestaltung eines Buches mit selbstgemalten Bildern.<br />
In der Vorbereitung wurden die <strong>Kinder</strong> beispielsweise auf den etwas reduzierten Einsatz<br />
der Dreid<strong>im</strong>ensionalität vorbereitet. Dabei war man davon ausgegangen, dass be<strong>im</strong><br />
Besuch der Installation die <strong>Kinder</strong> den Unterschied zu 3D bemerken. „Dennoch haben wir<br />
beobachten können, daß dieser Unterschied dann gar nicht mehr wahrgenommen wurde.<br />
Der Gegensatz zu herkömmlichen Computerspielen zeigte sich an dieser Stelle sehr<br />
deutlich. Die Projektion auf die Flügel, den Boden <strong>und</strong> den Hauptschirm bewirkte ein<br />
absolutes Eintauchen in diese Welt. Der Effekt ist meines Erachtens adäquat zu einer<br />
„echten“ 3D-Projektion oder Cave. Sie vergessen offenbar, daß sie sich in einem großen<br />
<strong>Raum</strong> befinden <strong>und</strong> gehen völlig in diesem Spiel auf“ (Birgit Günster; September 2000).<br />
Im Bereich des <strong>interaktiv</strong>en Umgangs zeigten die medienpädagogischen Arbeiten einige<br />
interessante Umgangsformen, speziell in Bezug auf die unterschiedlichen Altersgruppen.<br />
„Am Beispiel der <strong>interaktiv</strong>en Dreiecke wurde dies besonders deutlich. Dort war es jedoch<br />
zunächst nur eine Stufe des Bemerkens der Interaktivität. In der nächsten Stufe realisierten<br />
sie [die <strong>Kinder</strong>] die Interaktion untereinander, womit für mich ein wesentlicher Aspekt des<br />
Ganzen genannt ist. Es gab noch einen Unterschied zwischen den jüngeren <strong>und</strong> den<br />
älteren Besuchern. Erstere haben sich überwiegend auf die Bodenprojektion der<br />
beweglichen Dreiecke konzentriert, während sich die älteren mehr auf den<br />
Projektionsschirm konzentriert haben. Sie waren mehr mit der Reise über den Sichtschirm<br />
beschäftigt <strong>und</strong> haben z.T gar nicht mitbekommen, was der Schwarm unten machte. Die<br />
jüngeren haben dieses Element jedoch sehr genau beobachtet... Die älteren waren mehr<br />
an der Programmatik der virtuellen Welt interessiert, die jüngeren am spielerischen<br />
Aspekt, mit den Formen umzugehen“ (Birgit Günster; September 2000). Diese<br />
Unterschiede sind vermutlich entwicklungspsychologisch begründet, wie sich später auch<br />
bei der Analyse der gemalten Bilder gezeigt hat. In unterschiedlichen Entwicklungsstufen<br />
wird z.B die Räumlichkeit auch unterschiedlich wahrgenommen. Was die ganzheitliche<br />
Wahrnehmung anbelangt, hielten die Planer eine Reduktion der Intensität für sinnvoll,<br />
insbesondere die Beweglichkeit einzelner Elemente, die hier durch leichte Vibrationen des<br />
10
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
So<strong>und</strong>floors umgesetzt wurde. „Unsere Erfahrungen <strong>im</strong> letzten Jahr führten zu einer<br />
Reduktion der Intensität. Nach eigenen Versuchen waren wir der Ansicht, es würde zu<br />
stark auf den gesamten Organismus wirken. In diesem Jahr zeigte sich, daß hier durchaus<br />
mehr Intensität angebracht gewesen wäre. Die Verblüffung der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> ihre<br />
außergewöhnlichen Reaktionen auf dieses Element lassen einen verstärkten Einsatz<br />
wünschenswert erscheinen“ (Birgit Günster; September 2000). Auch die Aufnahmen mit<br />
den Infrarotkameras belegen die positive Resonanz der <strong>Kinder</strong> auf diese zusätzliche<br />
sensorische Komponente. Außerdem zeigte sich, dass das Element des<br />
Gruppenerlebnisses ebenfalls intensiviert werden könnte.<br />
„So kam jeder Pilot einmal in die Führungsposition, konnte aber, was ich wiederum für<br />
wichtig halte, nur mit dem Team <strong>im</strong> Rücken agieren – eine Doppelsteuerung. So etwas<br />
hätte noch mehr stattfinden können aber wir waren <strong>im</strong> Nachhinein fälschlicherweise<br />
unsicher bezüglich einer Überforderung der <strong>Kinder</strong>“ (Birgit Günster; September 2000).<br />
Die medienpädagogische Begleitung liefert so durch die Vorbereitung, die Begleitung der<br />
Testphasen <strong>und</strong> der Spielabläufe <strong>und</strong> deren Nachbereitung wichtige Erkenntnisse für die<br />
Ausgestaltung <strong>und</strong> Weiterentwicklung des Projekts; <strong>und</strong> sie bietet den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong>n die Möglichkeit – in diesem Fall mit Hilfe traditioneller malerischer<br />
Ausdrucksmittel – ihre Erfahrungen <strong>im</strong> mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong> zu erfassen <strong>und</strong> zu<br />
reflektieren. Weitere Möglichkeiten in diesem Bereich ergeben sich durch die<br />
Weiterbearbeitung der gemalten oder am Computer erzeugten Bilder durch technische,<br />
digitale Werkzeuge, der Kombination mit Klängen <strong>und</strong> ähnliches. Daraus ließen sich ganz<br />
eigene Projekte durch die <strong>Kinder</strong> entwickeln. Darüber hinaus könnten <strong>im</strong> Verlauf neue<br />
Formen der Zusammenarbeit zwischen Künstlern <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong>n ausprobiert werden (siehe<br />
hierzu Kapitel 6).<br />
2.4 Story Machine <strong>im</strong> Rahmen des Mult<strong>im</strong>edia-Education-<br />
Environment<br />
„Story Machine“ baut auf früheren Projekten <strong>und</strong> Erfahrungen von ANIMAX auf. „Wir<br />
haben 1997 mit sogenannten „Flocking Algorithmen“ begonnen, die sich auf die<br />
Eckpunkte von Dreiecken beziehen <strong>und</strong> damit große Bodenprojektionen durchgeführt. So<br />
wurde das Konzept der Figur entwickelt, die sich in einen Schwarm oder Teilschwarm<br />
verwandeln oder wieder in die Figur zurückfallen kann“ (Bodo Lensch; September 2000).<br />
Dabei konnten die Schwärme durch Berühren mittels zweier Zauberstäbe auf der<br />
Projektionsbühne zu kleinen Bildgeschichten bewegt werden. Diese Idee sollte für ein<br />
Projekt mit mehreren Künstlern weiterentwickelt werden. „Dabei sollte das<br />
Kooperationsverhalten von <strong>Kinder</strong>n <strong>im</strong> Mittelpunkt stehen. Kooperatives Verhalten in<br />
diesem Umfeld ohne zuviel Erklärung zu initiieren, das war der Ausgangspunkt“ (Bodo<br />
Lensch; September 2000). Wie eingangs (in Kapitel 2.1) bereits erwähnt, liegt der<br />
Vorgehensweise ein erweiterter Mult<strong>im</strong>ediabegriff zu Gr<strong>und</strong>e, der die körperlichen,<br />
sensorischen <strong>und</strong> sinnlichen Aspekte menschlicher Wahrnehmung einbezieht. Mit der<br />
spezifischen Ausgestaltung der <strong>interaktiv</strong>en Installation können die herkömmlichen<br />
Beschränkungen <strong>im</strong> Umgang mit Neuen Medien <strong>und</strong> digitalen Instrumenten überw<strong>und</strong>en<br />
werden. Sie lassen sich zu neuen Werkzeugen menschlicher Kommunikation formen, die<br />
ihrerseits „<strong>im</strong> Kontext künstlerischer Gestaltung die Frage nach der Ästhetik dieser auf der<br />
Basis erweiterter Medientechnik entstandenen Werke [stellen]“ (Bodo Lensch) 5 . Lensch<br />
5 nachzulesen auf der website http://www.an<strong>im</strong>ax.de/an<strong>im</strong>ax_web/presentation_de.htm<br />
11
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
orientiert sich dabei am Ästhetik-Begriff Nobert Bolz´: „Ästhetik orientiert sich nicht mehr<br />
an der Kunst, sondern an der Kommunikation. Und gerade wenn sie sich nicht mehr als<br />
historische Theorie der Künste versteht, kann Ästhetik zur neuen Leitwissenschaft werden:<br />
Theorie der medienvermittelten Wahrnehmung“ 6 .<br />
3 Befragung der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n<br />
Ziel der vorliegenden Studie ist es, durch die Evaluation von „Story Machine“ Erkenntnisse<br />
<strong>und</strong> Impulse für die Weiterentwicklung dieser <strong>und</strong> anderer <strong>interaktiv</strong>en Installation als<br />
Bestandteil der kulturellen Bildung zu liefern. Aus diesem Gr<strong>und</strong> liegen die Erfahrungen<br />
der Zielgruppe <strong>im</strong> Umgang mit „Story Machine“ <strong>im</strong> Zentrum der Evaluation. Zur<br />
Ermittlung dieser Erfahrungen wurden die <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n mit Hilfe eines<br />
Fragebogens befragt <strong>und</strong> um eine abschließende schriftliche Beurteilung des<br />
Gesamteindrucks gebeten. Zusätzlich wurden einzelne Vorgänge innerhalb des<br />
mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong>s per Infrarotkamera gefilmt <strong>und</strong> ausgewertet. Die Befragung der<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n orientierte sich an den gr<strong>und</strong>legenden Aspekten von „Story<br />
Machine“: dem mehrd<strong>im</strong>ensionalen Einsatz von Klang <strong>und</strong> Bild, die sich weitestgehend<br />
selbsterklärende Nutzung der Installation, die Einbeziehung des Körpers <strong>und</strong> der Sinne,<br />
die Möglichkeit, mit anderen Nutzern gemeinsam den Fortgang der Geschichte zu<br />
erleben <strong>und</strong> auf die Geschichte einzuwirken. Die Präsentation der Ergebnisse aus der<br />
Befragung der <strong>Kinder</strong> erfolgt ebenfalls entlang der zentralen abgefragten Aspekte von<br />
„Story Machine“. Sie werden in den einzelnen Kapiteln kurz erläutert <strong>und</strong> an einigen<br />
Stellen mit dem vorhandenen Instrumentarium <strong>im</strong> Umgang mit Neuen Medien verglichen.<br />
3.1 Wahrnehmung mult<strong>im</strong>edialer Mehrd<strong>im</strong>ensionalität<br />
Zur Gestaltung der Dreid<strong>im</strong>ensionalität wurden Audio- <strong>und</strong> Videoprojektionen aus<br />
mehreren Richtungen ausgesendet. Mehr als zwei Drittel der befragten <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong>n schätzten es als für die Erfahrung wichtig ein, dass die Bilder <strong>und</strong> Klänge<br />
von mehreren Seiten zu sehen bzw. zu hören waren. Die Verteilung der Altersjahrgänge<br />
zwischen vier <strong>und</strong> 18 Jahren ist relativ gleichmäßig. Die Tatsache, dass etwa ein Drittel<br />
der <strong>Kinder</strong> den Aspekt der Dreid<strong>im</strong>ensionalität als „weniger wichtig“ beurteilt, kann<br />
unterschiedliche Ursachen haben. Ihnen könnten die Erfahrungen dreid<strong>im</strong>ensionaler<br />
Wahrnehmung ganz allgemein weniger wichtig sein. Wahrscheinlicher erscheint aber,<br />
dass die Mindergewichtung aus der nicht unmittelbar empf<strong>und</strong>enen Dreid<strong>im</strong>ensionalität<br />
resultiert, die durch die räumliche D<strong>im</strong>ension der Audio- <strong>und</strong> Videoprojektionen ausgelöst<br />
wird. Dabei bleiben möglicherweise zu viele Fremdfaktoren (Gruppe, offene Räume,<br />
Abstand zu Oben <strong>und</strong> Hinten, Entfernung zum Bildschirm <strong>und</strong> zu den Lautsprechern)<br />
best<strong>im</strong>mend. Die Dreid<strong>im</strong>ensionalität <strong>im</strong> visuellen Bereich von „Story Machine“ ist <strong>im</strong><br />
Vergleich zur Nutzungsmöglichkeit von 3D-Shutterbrillen reduziert <strong>und</strong> räumlich durch die<br />
Projektswände s<strong>im</strong>uliert <strong>und</strong> begrenzt. Um unterschiedliche Wahrnehmung oder die<br />
Notwendigkeit größerer Virtualiät besser einschätzen zu können, wäre eine Untersuchung<br />
vergleichbarer räumlicher <strong>und</strong> auditiver Erlebnisse mit Hilfe von Cyber-3D-Brillen <strong>und</strong><br />
Kopfhörern hilfreich. Möglicherweise ließe sich die Vermutung Doris Vilas, die nicht<br />
vollständig geschlossene Dreid<strong>im</strong>ensionalität lasse Spielraum für die eigene Phantasie der<br />
Teilnehmer (siehe Kapitel 2.2), dadurch widerlegen.<br />
6 ebda.<br />
12
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
3.2 Selbsterklärende Informationswege<br />
Der Aufbau von „Story Machine“ wurde bewusst einfach gehalten, insbesondere was die<br />
Handhabung der Installation anbetrifft. Bedienungsanleitungen <strong>und</strong> Nutzungserklärungen<br />
sollten durch die einfache Gestaltung vermieden werden. Die mehrkanaligen<br />
Informationswege, die einen nichtsequentiellen Zugriff erlauben <strong>und</strong> auf multisensorische<br />
Steuerung (Bewegung, St<strong>im</strong>me, etc.) reagieren, ermöglichen ein prozessorientiertes<br />
Lernen, <strong>im</strong> Gegensatz zur weitverbreiteten Standardsoftware. Dies funktioniert<br />
beispielsweise über visuelle Impulse, die logische Konsequenzen z.B. bei der Bewegung<br />
(Steuerung) erfordern.<br />
Zusätzlich wurde bei „Story Machine“ eine virtuelle Erzählst<strong>im</strong>me, der sogenannte Vortex,<br />
eingesetzt. Der Vortex fordert die <strong>Kinder</strong> an unterschiedlichen Stellen zu Handlungen <strong>und</strong><br />
Entscheidungen auf, die innerhalb der vorgegebenen Möglichkeiten den weiteren Verlauf<br />
best<strong>im</strong>men. Entgegen einer vollkommen intuitiv gestalteten <strong>und</strong> gestaltbaren Story wurde<br />
hier der Weg einer – wenn auch stark reduzierten - „guidance“ gewählt, entgegen den<br />
ursprünglichen Überlegungen der Autoren, gänzlich auf eine vorgegebenen Leitung zu<br />
verzichten. In der Befragung sollten sich die Teilnehmer dazu äußern, inwiefern sie die<br />
Leitung innerhalb des Geschehens für wichtig halten oder nicht. Drei Viertel der befragten<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n gaben an, die Erzählst<strong>im</strong>me als positiv <strong>und</strong> hilfreich empf<strong>und</strong>en<br />
zu haben.<br />
Eine stärker softwarebasierte <strong>und</strong> mehr auf visuell akustische Eigenorganisation der<br />
Besucher ausgerichtete Form wäre durchaus denk- <strong>und</strong> machbar gewesen. Diese<br />
Notwendigkeit wurde allerdings von den Befragten nicht gesehen. Offenbar besteht ein<br />
Bedürfnis nach Strukturierung <strong>im</strong> mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong>, trotz der großen Freiheiten des<br />
einfachen <strong>und</strong> prozessorientierten Lernens der selbsterklärenden Informationswege.<br />
3.3 Ganzheitliche Wahrnehmung<br />
Die Elemente Bewegung, Klang <strong>und</strong> St<strong>im</strong>meinsatz erlauben eine ganzheitliche<br />
Wahrnehmung <strong>im</strong> mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong> von „Story Machine“. Ausgabemedien wie<br />
Bildschirm <strong>und</strong> Lautsprecher beschränken be<strong>im</strong> derzeitigen Computerstandard <strong>im</strong><br />
Mult<strong>im</strong>ediabereich die haptischen <strong>und</strong> körperlichen Komponenten. Mit der Begehung<br />
<strong>und</strong> der multisensorischen Steuerung der Installation wurde versucht, den herkömmlichen<br />
Umgang mit Neuen Medien durch eine stärker auf den Menschen ausgerichtete Mensch-<br />
Maschine-Schnittstelle zu erweitern. Über 75% der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n gaben an,<br />
dass die Tatsache, dass sie sich in der Installation bewegen mussten wichtig war.<br />
Der zweite <strong>im</strong> Bereich der Ganzheitlichkeit zu untersuchende Faktor ist der sensorische<br />
Charakter der Installation. Die Möglichkeit der körperlichen Wahrnehmung ansonsten<br />
digitaler Vorgänge ist eines der Gr<strong>und</strong>probleme ganzheitlicher Vermittlung virtueller<br />
Welten. „Daß ich Klänge gespürt habe“ gaben mehr als zwei Drittel der Befragten als<br />
wichtige Erfahrung an.<br />
Als dritter ganzheitlicher Kommunikationskanal zwischen Medium <strong>und</strong> Technik wurde in<br />
„Story Machine“ die menschliche St<strong>im</strong>merfassung/Steuerung <strong>im</strong>plementiert. Die St<strong>im</strong>me<br />
als unmittelbares Instrument des Menschen <strong>und</strong> ihre Kopplung an die Atmung ist ein<br />
ideales Medium für eine akustisch auch kollektiv erlebbare Körperlichkeit <strong>und</strong> Intuitivität<br />
des Handelnden. Erste Ansätze hierzu sind bereits aus den handelsüblichen Spracherfassungsprogrammen<br />
<strong>im</strong> Bereich der Texteingabe in Textverarbeitungsprogrammen<br />
13
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
bekannt. Die Emotionalität einer St<strong>im</strong>meingabe als Steuerinstrument für komplexe<br />
Vorgänge ist dabei ein weitaus anspruchsvolleres Vorhaben. Als Parameter kann z.B. die<br />
Lautstärke (abhängig vom Erregungsgrad) oder die Klanghöhe <strong>und</strong> Formantenbildung<br />
analysiert <strong>und</strong> in Echtzeit in entsprechende Signale umgesetzt werden. In „Story Machine“<br />
wurde der Faktor Lautstärke <strong>und</strong> die Bildung best<strong>im</strong>mter Konsonanten (hier nach<br />
Aufforderung durch den „Vortex“) in Triggersignale, also zum Auslösen best<strong>im</strong>mter<br />
Programmverläufe, eingesetzt. Auch den Einsatz der St<strong>im</strong>me gaben fast drei Viertel der<br />
Befragten als wichtige Erfahrung an.<br />
Diese sensorischen Komponenten best<strong>im</strong>men <strong>im</strong> Wesentlichen den Echtheitsgehalt der<br />
individuellen Wahrnehmung. So gaben die <strong>Kinder</strong> in der abschließenden schriftlichen<br />
Beurteilung von „Story Machine“ oft an, sie hätten sich „fast so wie <strong>im</strong> richtigen Leben“<br />
gefühlt. Die Virtualität des Gesamtkonzeptes wird von einem Teil der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong>n durchaus als annähernd perfekte Replik der Realität empf<strong>und</strong>en. Die<br />
Einbeziehung ganzheitlicher Wahrnehmungsmöglichkeiten durch Bewegung, Klang <strong>und</strong><br />
den Einsatz der eigenen St<strong>im</strong>me <strong>und</strong> dreid<strong>im</strong>ensionaler Elemente in die S<strong>im</strong>ulation<br />
tragen erheblich dazu bei, dass die Virtualität als (Schein)Realität wahrgenommen wird.<br />
Hierzu exemplarisch einige Beispiele aus der schriftlichen Befragung.<br />
„Man kommt sich vor als ob man echt in seiner Welt ist“.<br />
„Ich dachte, dass ich echt unter Wasser war <strong>und</strong> hatte das Gefühl, echt etwas, eine<br />
Mission, zu machen. Es war richtig aufregend“.<br />
„Das Bild, die Klänge man kam sich wie in einem <strong>Raum</strong>schiff vor“.<br />
Insgesamt zeigte sich insbesondere eine Verschiebung der Wahrnehmung des virtuellen<br />
Charakters der Installation <strong>im</strong> Vergleich zu früheren Untersuchungen. 1983 erklärten<br />
noch 93,3% der Versuchspersonen einer Studie damals aktueller „Virtualität“ <strong>im</strong> Bereich<br />
Videospiel: „...daß ihnen der fiktive Charakter der Spielinhalte während des Spiels<br />
ununterbrochen bewusst bleibt, <strong>und</strong> auch die Ähnlichkeit möglicher Spielinhalte mit der<br />
Wirklichkeit wird von über zwei Dritteln der Versuchspersonen bestritten“. 7<br />
3.4 Gruppenerlebnis<br />
Wie bereits in der künstlerischen Konzeption zu sehen war, ist das Erleben <strong>und</strong> Handeln in<br />
der Gruppe ein zentraler Aspekt von „Story Machine“. Derzeit sind vor allem zwei Formen<br />
üblich, die die Isolation des Einzelnen vor dem Computer durchbrechen: Vernetzte<br />
Computer-Spiele wie „Quake II“, die von mehreren Spielern online <strong>im</strong> Internet, in speziell<br />
dafür eingerichteten Cafés oder bei sogenannten Netgame Parties gespielt werden; <strong>und</strong><br />
Chatrooms, in denen online Gespräche stattfinden <strong>und</strong> Informationen ausgetauscht<br />
werden.<br />
Der Aufbau von „Story Machine“ repräsentiert eine dritte mögliche Entwicklung, in der<br />
eine mult<strong>im</strong>ediale Vernetzung Gruppen(Computer)spiele mit räumlicher Bewegung<br />
erlaubt.<br />
Bei der Befragung gaben über 80% der <strong>Kinder</strong> an, dass die Tatsache, dass sie mit<br />
anderen zusammen waren, wichtig für ihre Erfahrung mit „Story Machine“ war. Denkbar<br />
wäre auch, dass Einzelne es vorziehen, die Installation alleine zu erproben. Dennoch<br />
7<br />
Schneekloth, H.-D./Emsbach, M.: Wirkungsd<strong>im</strong>ensionen des Videospiels. Eine psychologisch-soziologische<br />
Untersuchung, Hamburg 1983, S 68.<br />
14
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
entschied sich die Mehrheit der Befragten für das Gruppenerlebnis. Mehr als alle anderen<br />
Faktoren wurde in der abschließenden Beurteilung das Gruppenerlebnis ausdrücklich<br />
hervorgehoben.<br />
Insofern ist dieses Ergebnis auch konform mit den Erkenntnissen einer anderen aktuellen<br />
Untersuchung Petzolds: “Wenn die <strong>Kinder</strong> am Computer sitzen, dann sitzen sie dort<br />
häufig nicht allein. Auch solche Spiele, die nur fürs Alleinspielen konstruiert sind, werden<br />
regelwidrig - aber kreativ - gemeinsam mit Fre<strong>und</strong>en gespielt ("ich laufe, du schießt"),<br />
während Geräte wie der Gameboy, die auch für gemeinsames Spiel konstruiert sind,<br />
kaum dafür genutzt werden“ 8 . Auch ältere Untersuchungen insbesondere hinsichtlich des<br />
Computerspielverhaltens kamen zu vergleichbaren Ergebnissen: „Die reinen<br />
Spieler(innen) nutzen den Computer fast ausschließlich gemeinsam mit anderen. Sie<br />
spielen meistens nicht Zuhause, sondern bei Fre<strong>und</strong>en/Fre<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> Bekannten...“ 9<br />
Das Bedürfnis nach dem individuellen Erlebnis <strong>im</strong> mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong> ist offenbar<br />
gering. Eine <strong>im</strong> Jahr 1989 veröffentlichte Untersuchung belegt, dass damals, bei noch<br />
nicht vernetzten <strong>und</strong> <strong>interaktiv</strong>en Stand der Technik, 55% Jungen <strong>und</strong> mehr als 60%<br />
Mädchen in ihrer Einstellung zur Computertechnologie ein Verkümmern der<br />
zwischenmenschlichen Beziehungen befürchten. Dabei wurde der geschlechtspezifische<br />
Schwerpunkt bei den Mädchen hervorgehoben 10 . In der Umkehrung des Themas<br />
„Vereinsamung“ steht nun bei „Story Machine“ die nunmehr technisch mögliche<br />
Kompensation dieses Faktors durch Einbeziehung gruppen<strong>interaktiv</strong>er Dynamik zur<br />
Verfügung. Die Befragung zur „Story Machine“ ergab in dieser Hinsicht ein etwas anderes<br />
Bild als die zitierte Untersuchung. Die positive Bewertung des Gruppenerlebnisses ist in<br />
der Altersgruppe der vier bis 18 Jährigen bei Mädchen <strong>und</strong> Jungen gleich. Lediglich bei<br />
der Negativeinschätzung „nicht wichtig“ st<strong>im</strong>mten mehr männliche als weibliche Befragte<br />
zu.<br />
Wesentlich für das Erleben in der Gruppe ist auch die Position <strong>und</strong> die Selbsteinschätzung<br />
des Individuums innerhalb der Gruppe. Durch die Differenzierung der<br />
Gruppenmitglieder in jeweils temporär auslösend Handelnde <strong>und</strong> Mitläufer könnte die<br />
Situation entstehen, daß sich Einzelne aus dem Gesamtgeschehen auskoppeln oder<br />
Frustrationen bezüglich der eigenen Rolle entstehen. Diese Situation ist in<br />
pädagogischen Umfeldern (Klassen-/Gruppensituation) nicht ungewöhnlich. Dort wird<br />
versucht, dem Problem mit sogenannter Binnendifferenzierung zu begegnen, was jedoch<br />
bei der Heterogenität vieler Gruppen nicht <strong>im</strong>mer gelingt. Wie wird dies in einer<br />
mult<strong>im</strong>edialen Umgebung erfahren <strong>und</strong> wie werden Konflikte gegebenenfalls bewältigt?<br />
Für die Befragung wurde die individuelle Einschätzung der Rolle <strong>und</strong> Aufgabe innerhalb<br />
der Gruppe gewählt, weil damit eine Aussage zum Selbstverständnis <strong>und</strong> zu möglicher<br />
Ausgrenzung getroffen werden kann. Mehr als 80% der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n gaben<br />
bei dieser Frage an, ihre Aufgabe innerhalb der Gruppe als „wichtig“ empf<strong>und</strong>en zu<br />
haben. Der überwiegende Teil der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n sieht sich also in seiner<br />
Integration in das Gesamtgeschehen bestätigt. Dies ist insofern bemerkenswert, als kein<br />
äußeres Regulativ (etwa Eingriff in die Steuerung) bei erkennbarer Unterrepräsentation<br />
Einzelner gegeben war. Dies belegt auch, daß geschlechtsspezifische Differenzen <strong>im</strong><br />
Umgang mit dieser Art von Technik in den Hintergr<strong>und</strong> treten.<br />
8 Petzold, M.: Die Mult<strong>im</strong>edia Familie, Opladen 2000.<br />
9 Fauser, R./ Schreiber, N.: <strong>Jugendliche</strong>, Computer <strong>und</strong> Bildung, Bonn 1989, S.75.<br />
10<br />
Bauer, K. O./ Z<strong>im</strong>mermann, P.: Jugend, Joystick-Music-Box. Die Medienwelt <strong>Jugendliche</strong>r in Schule <strong>und</strong><br />
Freizeit. Opladen 1989, S. 85.<br />
15
3.5 Interaktivität<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Im Rahmen von „Story Machine“, wie auch <strong>im</strong> Gesamtkonzept des ANIMAX spielt die<br />
Verwendung <strong>interaktiv</strong>er Eingabe- <strong>und</strong> Ausgabemedien eine zentrale Rolle bei der<br />
Gestaltung von Installationen. „Die Software der Zukunft <strong>und</strong> die Schnittstellen zwischen<br />
einzelnen <strong>und</strong> der Matrix werden so konstruiert sein, dass die Menschen mit ihrem<br />
eigenen Intellekt <strong>und</strong> miteinander interagieren können. Und diese Systeme müssen so<br />
gebaut sein, dass sie sich in dem Maße verändern <strong>und</strong> weiterentwickeln, in dem die<br />
Systeme <strong>und</strong> die Intellekte voneinander lernen,“ 11 wie T<strong>im</strong>othy Leary seine Hoffnung auf<br />
eine lernorientierte Interaktion in <strong>und</strong> mit den Neuen Medien formuliert.<br />
Die Thematik der Interaktion ist eines der zentralen Anliegen bei der Entwicklung<br />
zukünftiger Hard- <strong>und</strong> Software. Sogenanntes „Interaktionsdesign“ bemüht sich um die<br />
Anpassung digitaler Medien an den menschlichen Verhaltensduktus. Dies geschieht bei<br />
Software durch zunehmend selbsterklärende Programmoberflächen <strong>und</strong> die Integration<br />
sogenannter „künstlicher Intelligenz“, also einer „Lernfähigkeit“ der Programme in<br />
Anpassung an ermittelte Eingabeparameter der Benutzer. Einfache Beispiele sind die<br />
Selbstadaption eines Lernprogramms, das seine Aufgabenstellung <strong>im</strong> Schwierigkeitsgrad<br />
an die Fehlerquote <strong>und</strong> Schwerpunkte des Benutzers anpasst oder die automatische<br />
Anpassung des Schwierigkeitsgrades eines Computerspiels an die Erfolgsquote des<br />
Spielers. 12<br />
Durch die Einbeziehung spezieller Werkzeuge der virtuellen Realität können komplexere<br />
Vorgänge der Interaktion gesteuert werden. Dazu bedarf es allerdings der Erweiterung<br />
des bisherigen Spektrums von Computertastatur <strong>und</strong> Mausklick. „Jedes Werkzeug, das wir<br />
benutzen, hat eine menschliche Schnittstelle, <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Form dieser Schnittstelle<br />
hängt sowohl vom Können des Designers als auch von der Komplexität der Aufgabe, die<br />
das Werkzeug leisten soll, ab.“ 13 Gegenwärtig gebräuchliche Medien für <strong>interaktiv</strong>e<br />
Schnittstellen sind grob kategorisierbar in solche, die taktile Informationen auswerten,<br />
solche die verbale Informationen auswerten (Spracherkennung) <strong>und</strong> (mechanische,<br />
magnetische oder optische) Ortungssysteme.<br />
Durch das Durchbrechen der Unidirektionalität des Sender-Empfänger Verhältnisses wird<br />
eine neue Erzählweise wie beispielsweise bei „Story Machine“ möglich. Sie kann <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit der möglichen Herausbildung einer neuen kulturellen Identität<br />
gesehen werden, die sich aus einer weiteren Verbreitung vergleichbarer Mediensysteme<br />
ergeben könnte. „Eine neue Kultur vernetzter Individuen führt zu völlig neuen<br />
Erzählweisen. Möglichen Gefahren, wie z.B. Uniformierung, kann durch die<br />
Zusammenarbeit mit Künstlern entgegengewirkt werden. Voraussetzung ist das aktive<br />
Eingreifen der Medienkonsumenten bei kollektiver Verantwortung.“ 14<br />
11 Leary T.: Das interpersonale, <strong>interaktiv</strong>e, interd<strong>im</strong>ensionale Interface. In: Waffender, Manfred, Hrsg.:<br />
Cyberspace, Ausflüge in virtuelle Wirklichkeiten. Hamburg 1991, S. 280.<br />
12<br />
vgl. Enders, B.: Lehr <strong>und</strong> Lernprogramme in der Musik. In: Schaffrath, H. (hrsg.): Computer in der Musik.<br />
Stuttgart 1991, S. 105.<br />
13 Aukstakalnis, S./ Blatner, D.: Cyberspace, die Entdeckung künstlicher Welten, Köln, 1994, S. 21.<br />
14<br />
Fleischmann, M.: Globale Netzhaut <strong>und</strong> individualisierte Kommunikation, Mult<strong>im</strong>ediaforschung. Kunst <strong>und</strong><br />
Kultur. In:. IFG: Mensch Masse Medien, Ulm 1996, S.20.<br />
16
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Im Fragenkatalog wurden die Aspekte der Interaktivität speziell <strong>im</strong> Bereich der Video- <strong>und</strong><br />
Audiobeeinflussung erfragt. Weiterhin der Faktor des nicht-sequentiellen Zugriffs<br />
respektive der Anforderung, selbst zu überlegen, wie die Geschichte weitergeht.<br />
Daß die Klänge beeinflusst werden konnten empfanden 86 der 151 befragten <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong>n positiv; die Beeinflussung der Bilder wurde von 75% der Befragten positiv<br />
eingeschätzt; eine ebensolche Quote ergab die Einschätzung der Einflussnahme auf die<br />
Geschichte; dass an einzelnen Punkten Entscheidungen getroffen werden mussten <strong>und</strong> zu<br />
überlegen war, wie es weitergeht, empfanden weit über zwei Drittel der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong>n als positiv.<br />
Die positive Beurteilung <strong>im</strong> Bereich der Interaktivität war in der Häufigkeit nach dem<br />
Gruppenerlebnis der meistgenannte Faktor. Dabei vermischen sich <strong>im</strong> Einzelfall Aspekte<br />
der Bewegung, st<strong>im</strong>mlichen Äußerung, Gruppeninteraktion, Gefühlsäußerung <strong>und</strong> des<br />
subjektiven „Erlebens“. Hier wird deutlich, daß Interaktivität sich durchaus sinnvoll mit<br />
Aspekten der Dreid<strong>im</strong>ensionalität (Realitätsnähe) <strong>und</strong> Gruppendynamik verknüpfen <strong>und</strong><br />
intensivieren lässt.<br />
3.6 Gestaltungsebene<br />
An dieser Stelle soll auf die medienpädagogische Betreuung des Projekts eingegangen<br />
werden. Die Einschätzung der einführenden Vorbereitung war in die Befragung der <strong>Kinder</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n aufgenommen worden. Die in der Nachbereitung von den <strong>Kinder</strong>n<br />
angefertigten Bilder wurden ebenfalls in die Untersuchung aufgenommen <strong>und</strong> nach<br />
entwicklungspsychologischen Phasen unterschieden analysiert.<br />
Die Einführung in die „Story Machine“ vor ihrem Besuch wurde von drei Viertel der <strong>Kinder</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n als positiv hervorgehoben, darauf verzichten wollten die wenigsten.<br />
In einer medienpädagogisch f<strong>und</strong>iert konzipierten Nachbereitung (geleitet von Birgit<br />
Günster) wurden die <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n zu einer malerischen Umsetzung ihrer<br />
unmittelbar zuvor gemachten Erfahrungen angeregt. Abhängig von der jeweils gewählten<br />
„Welt“ unter Wasser, auf der Erde oder <strong>im</strong> Weltraum, bilden die Gr<strong>und</strong>motive der<br />
Videoprojektion die Vorlage für eigene abstrahierte oder dokumentierende malerische<br />
Ausführungen. Die Ausgangssituation für alle Bilder ist gleich. Eine leere DinA4 Seite, ein<br />
jeweils gleicher Satz an farblich sortierten Buntstiften, die Möglichkeit auf einem Poster die<br />
jeweilige Gr<strong>und</strong>landschaft noch einmal überprüfen zu können. Darauf aufsetzend wurden<br />
individuelle Erfahrungen <strong>und</strong> Erinnerungen umgesetzt. Die Analyse der angefertigten<br />
Bilder erfolgt getrennt nach den entwicklungspsychologischen Alterstufen, da jedem Alter<br />
spezifische bildliche <strong>und</strong> logische Voraussetzungen zugeordnet werden, die bei der<br />
Analyse berücksichtigt werden müssen. Die entwicklungspsychologischen Spezifika<br />
werden <strong>im</strong> Folgenden jeweils kurz genannt.<br />
1. Pre-Schema-Stufe (etwa Sieben- bis Neunjährige):<br />
die wesentlichen Aspekte dieser Stufe sind die Wechselhaftigkeit der Bedürfnisse <strong>und</strong><br />
Probleme <strong>und</strong> damit zusammenhängende bildliche Formen. „Durch die Möglichkeit,<br />
logisch-arithmetische Operationen vorzunehmen, können nun auch die zeitlichen<br />
Beziehungen (vorher <strong>und</strong> nachher) mit denjenigen der Dauer (kürzer oder länger)<br />
koordiniert werden. Auch räumliche Ordnungen, Ineinanderschachtelungen der<br />
Zwischenräume <strong>und</strong> Entfernungen, Erhaltungen der Länge, Flächen-Ausarbeitung eines<br />
17
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Systems von Koordinaten, Perspektiven <strong>und</strong> Projektionen etc. beginnen sich jetzt zu<br />
bilden.“ 15<br />
Bild WELTRAUMKINDER (2. Klasse)<br />
Interessanter Interessanter Aspekt Aspekt dieses dieses Bildes Bildes ist ist die die Zentrierung Zentrierung einer einer (der (der eigenen?) eigenen?) Perso Person Perso n umgeben umgeben von den<br />
<strong>interaktiv</strong>en <strong>interaktiv</strong>en Dreiecken Dreiecken der der der Installation. Installation. Auf Auf Auf eine eine weitere weitere Darstellung Darstellung des des komplexen komplexen visuellen visuellen Umfeldes Umfeldes Umfeldes wurde<br />
wurde<br />
vollständig vollständig verzichtet.<br />
verzichtet.<br />
Ganz besondere Anforderungen an eine inhaltlich-methodische Konzeption stellt der<br />
Besuch durch geistig behinderte <strong>Kinder</strong> dar (auch in Abhängigkeit der Art der<br />
Behinderung). Dies wurde bei „Story Machine“ nicht pr<strong>im</strong>är geplant <strong>und</strong> berücksichtigt<br />
<strong>und</strong> hätte für diese Zielgruppe auch eine andere Gestaltung erfordert. Dennoch haben<br />
solche <strong>Kinder</strong> die Installation besucht <strong>und</strong> versucht, ihre Eindrücke bildlich<br />
wiederzugeben. Die angefertigten Bilder dokumentieren die Differenz der Sichtweise zu<br />
den vorangehenden Beispielen nicht behinderter Altersgenossen. Hier wurde mehr Wert<br />
auf die Dynamik der Bewegung <strong>und</strong> Darstellung <strong>interaktiv</strong>er Elemente<br />
(„Augenschwärme“) gelegt, als auf ein farblich <strong>und</strong> räumlich abgest<strong>im</strong>mtes „schönes“<br />
Bild.<br />
2. Beginnender Realismus (Zehnjährige):<br />
Wesentliche entwicklungspsychologische Merkmale sind in dieser Phase, dass sich<br />
insbesondere der Aspekt des Gruppenerlebnisses ausprägt. Zunehmende<br />
Realitätsprüfung, wie sie auch in Hinsicht des „Märchencharakters“ von „Story Machine“<br />
eigentlich zu erwarten war, jedoch offenbar durch die Technikpräsenz häufig überdeckt<br />
wurde, äußert sich in der Bildgestaltung durch eine Zunahme der Bedeutung des <strong>Raum</strong>es,<br />
der räumlichen Beziehungen, Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Tragflächen. „Die Gr<strong>und</strong>linie verliert ihre<br />
Bedeutung als Mittel räumlicher Darstellung <strong>und</strong> die Häuser <strong>und</strong> Bäume stehen nicht<br />
mehr auf Linien, sondern wachsen aus dem Boden. Der H<strong>im</strong>mel ist nicht nur oben,<br />
sondern füllt das ganze Blatt. Das Kind beginnt, den Begriff der Tiefe zu erfassen <strong>und</strong> es<br />
benützt die Möglichkeit des Überschneidens, d.h. daß ein Baum, welcher aus dem Boden<br />
wächst, einen Teil des H<strong>im</strong>mels bedeckt.“ 16<br />
15<br />
Schetty, S.: <strong>Kinder</strong>zeichnungen – Eine entwicklungspsychologische Untersuchung. Basel/Sao Paulo. Zürich<br />
1974, S. 28.<br />
16<br />
Schetty,a.a.O. S. 34<br />
18
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Bild UNTER DER ERDE (zehn Jahre alt)<br />
In In diesem diesem Bild Bild erscheint erscheint auch auch erstmalig erstmalig die die die elaborierte elaborierte Anwendung Anwendung Anwendung des des Dreiecksthemas. Dreiecksthemas. Die Die Möglichkeit Möglichkeit der<br />
der<br />
Zusammensetzung Zusammensetzung komplexer komplexer Figuren Figuren aus aus Dreiecken Dreiecken – bei bei „Story „Story Machine“ Machine“ das das anzustrebe anzustrebende anzustrebe anzustrebe nde Ergebnis Ergebnis der<br />
Interaktion Interaktion in in in der der Gruppe Gruppe – wurde wurde vollständig vollständig aufgenommen aufgenommen <strong>und</strong> <strong>und</strong> tangramähnlich tangramähnlich umgesetzt.<br />
umgesetzt.<br />
3. Beginnender Pseudo-Realismus (Zehn- bis Dreizehnjährige):<br />
In dieser entwicklungspsychologischen Phase n<strong>im</strong>mt die Orientierung am Endprodukt <strong>und</strong><br />
seiner gestalterischen Ausformung bei der bildlichen Darstellung zu. Je nach<br />
Veranlagung n<strong>im</strong>mt die visuelle Analyse des Gesehenen eine verstärkte Rolle ein. Hier<br />
muß differenziert werden: “Das visuelle Kind konzentriert sich vermehrt auf die<br />
Erscheinung der Dinge, es bemüht sich in seiner Darstellung um die richtigen<br />
Proportionen <strong>und</strong> Bewegungen <strong>und</strong> es benützt <strong>im</strong>mer seltener die Übertreibung als ein<br />
Ausdrucksmittel. Im Gegensatz zum visuellen Kind, das sich mehr auf das Ganze richtet,<br />
konzentriert sich das nicht visuelle Kind auf die Details, die es emotionell interessieren. In<br />
seiner Ausdrucksweise benützt es weiterhin die affektive Übertreibung wichtiger<br />
Elemente.“ 17 Hier zwei Beispiele für die unterschiedlichen Typen:<br />
17 Schetty,a.a.O. S. 39<br />
19
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Bild GESAMTAUFBAU DER „STORY MACHINE“-BÜHNE (7.Klasse)<br />
Ein Ein eindrucksvolles eindrucksvolles Beispiel Beispiel für für den den beginnenden beginnenden Realismus Realismus (visuelles (visuelles Kind). Kind). Eine Eine vornehmlich vornehmlich künstlerische<br />
künstlerische<br />
Darstellung Darstellung des des sich sich „in „in der der Installation Installation Befindens“ Befindens“ zugunsten zugunsten einer einer akribischen akribischen Wiederg Wiedergabe Wiederg abe des des realen<br />
realen<br />
Aufbaus Aufbaus der der „Story „Story Machine“ Machine“-Bühne Machine“ Machine“ Bühne Bühne verzichtet. verzichtet. Die Die Detailtreue Detailtreue ist ist verblüffend. verblüffend. Nicht Nicht Nicht nur nur die die beweglichen<br />
beweglichen<br />
Seitenteile Seitenteile (Buchseiten), (Buchseiten), sondern sondern auch auch auch die die Verteilung Verteilung Verteilung der der der Dreiecksschwärme Dreiecksschwärme am am Bühnenboden Bühnenboden <strong>und</strong> <strong>und</strong> Details<br />
Details<br />
der der Hauptprojektionswand Hauptprojektionswand wurden wurden in in ihrer ihrer Bedeutung erkannt <strong>und</strong> aufgemalt.<br />
Bild UNTER WASSER (7. Klasse)<br />
Eine Eine weitere weitere Komponente Komponente des des Realismus Realismus (nicht (nicht visuelles visuelles Kind) Kind) von von ausgeschnittenen ausgeschnittenen Fototeilen Fototeilen Fototeilen zur zur<br />
zur<br />
Einbindung Einbindung von von Collagen Collagen in in ein ein ein selbstgemaltes selbstgemaltes Gr<strong>und</strong>bild.<br />
Gr<strong>und</strong>bild.<br />
In der medienpädagogischen Begleitung wurden nicht nur zweid<strong>im</strong>ensionale Bilder<br />
erstellt. In Orientierung an der audiovisuellen räumlichen Aufteilung der Installation<br />
wurden mit unterschiedlichen Materialien auf einem Pappuntergr<strong>und</strong> dreid<strong>im</strong>ensionale<br />
Collagen angefertigt. Diese Vorgehensweise eignet sich nicht nur für die räumlich<br />
orientierte Nachbereitung, sondern besonders für die Planung <strong>und</strong> Vorbereitung einer<br />
selbstgestalteten 3D-Installation. Unabhängig von dieser medienpädagogischen Intention<br />
ist es bemerkenswert, daß auch Doris Vila in der Projektphase ein dreid<strong>im</strong>ensionales<br />
Modell der „Story Machine“-Bühne aus Pappkarton gebaut hat.<br />
20
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit der<br />
Projektbeteiligten, wie dies <strong>im</strong> Rahmen von „Story Machine“ geschehen ist <strong>und</strong> sicher<br />
noch weiter <strong>und</strong> über einen längeren Zeitraum hätte vertieft werden können, wie die<br />
befragten Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen hervorhoben (siehe Kapitel 2). Um den<br />
entwicklungspsychologischen Zusammenhang mit der auditiven Wahrnehmung, dem<br />
Rezeptions-, Perzeptions- <strong>und</strong> Apperzeptionsverhalten der <strong>Kinder</strong> abzust<strong>im</strong>men sind<br />
Vorbereitungs- <strong>und</strong> Testphasen unumgänglich. Die Ergänzung der technischen,<br />
inhaltlichen, organisatorischen <strong>und</strong> vor allem ästhetischen Vorbereitung durch<br />
pädagogische <strong>und</strong> psychologische Aspekte ist bei der Erarbeitung einer kindergerechten<br />
Medienkunst-Installation unerlässlich.<br />
3.7 Geschlechtsspezifische Schwerpunktbildung<br />
Wie bereits unter dem Kapitel zum Gruppenerlebnis angesprochen wurde, besteht <strong>im</strong><br />
allgemeinen die Annahme, dass der technisch basierte Charakter solcher Installationen<br />
wie „Story Machine“ dazu führt, dass Jungen diese weitaus positiver beurteilen als<br />
Mädchen. Wissenschaftliche Untersuchungen betonen oftmals den geschlechtsspezifische<br />
Unterschied bei der Verwendung neuer Technologien. 18 Diese Einschätzungen können<br />
nach den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung relativiert werden. Wie bereits <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit der Nutzung des Internet belegt, nehmen die geschlechtsspezifischen<br />
Unterschiede <strong>im</strong> Umgang mit neuen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsmedien ab.<br />
Tapscott belegt dies <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Internetverhalten US-Amerikanischer<br />
BürgerInnen: „Zwischen Herbst 1995 <strong>und</strong> Frühling 1997 ging die männliche<br />
Vorherrschaft <strong>im</strong> Internet von 66 auf 58 Prozent zurück“. 19<br />
Wie bereits <strong>im</strong> Kapitel über das Gruppenerlebnis beschrieben, wiesen die von Mädchen<br />
<strong>und</strong> Jungen gemachten Angaben kaum unterschiedliche Schwerpunktsetzungen auf.<br />
3.8 Altersspezifische Schwerpunktbildung<br />
Wird die in „Story Machine“ eingesetzte Technologie zur Realisation von Interaktivität in<br />
unterschiedlichen Altersgruppen auch unterschiedlich wahrgenommen? Hier könnten sich<br />
Differenzen ergeben, die eine Modifikation der eingesetzten Mittel, abhängig vom Alter<br />
erfordern würden. Dieser Bereich ist auch <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Entwicklung<br />
vorgefertigter Bildwelten für Rezipienten bzw. die Erstellung eigenen Materials durch die<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n innerhalb der medienpädagogischen Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung<br />
wichtig.<br />
Hierzu wurden die befragten <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n in zwei Gruppen eingeteilt, eine<br />
Altersgruppe von sechs bis neun Jähriger <strong>und</strong> eine von zehn bis 13 Jähriger. Zusätzlich<br />
wurden die Ergebnisse mit denen aus der Befragung der Begleitpersonen <strong>und</strong> anderer<br />
Erwachsener <strong>im</strong> Alter von 18 bis 60 Jahren verglichen.<br />
Die relative Differenz zwischen beiden Altersgruppen ist nur gering. Ein Vergleich mit der<br />
Gruppe der Älteren (18 bis 60 Jahre) fiel fast identisch aus, so daß hier weniger von<br />
altersspezifischen Präferenzen, sondern eher von einer dem Charakter der<br />
Interdisziplinarität entsprechendem Phänomen ausgegangen werden kann. Auffällig ist,<br />
18<br />
vgl. <strong>Jugendliche</strong> Lebensstilgruppen <strong>im</strong> statistischen Vergleich. Hier wird noch der „gesellige<br />
Computerfreak“ massiv bei den Jungen eruiert :Emsbach, Schneekloth, Stoffers: Elektronische Spiele <strong>und</strong><br />
Computer in der Jugendarbeit. Erkrath 1988, S. 110.<br />
19<br />
Tapscott, D.: Net Kids, Wiesbaden 1998, S. 96 <strong>und</strong> www.cyberatlas.com.<br />
21
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
daß beide den Bereich der Interaktivität der Klanggestaltung weniger wichtig als die<br />
visuelle Interaktivität einschätzen. In einer Verbindung von Video <strong>und</strong> Audio ist die<br />
auditive Wahrnehmung offenbar von der visuellen überdeckt <strong>und</strong> wird nur <strong>im</strong> Hintergr<strong>und</strong><br />
erfasst. Bei „Story Machine“ befinden sich die Teilnehmer in einem fast vollständig von<br />
Projektionsschirmen eingerahmten <strong>Raum</strong>. Die Lautsprecher befinden sich mit einigem<br />
Abstand dahinter. Möglicherweise ist diese Kombination aus räumlicher Trennung <strong>und</strong><br />
visueller Überdeckung ein Gr<strong>und</strong> für die Präferenzbildung.<br />
Ein weiterer Aspekt ist die mögliche altersspezifische Überforderung <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
der unterschiedlichen Eindrücke der Installation, die z.B. zu einer Passivität oder einer<br />
Verweigerung gegenüber inhaltlichen Ansprüchen führen könnte. Als Indikator, diesen<br />
Punkt zu untersuchen, wurde der kognitive Aspekt, das eigene Urteilen <strong>und</strong> Entscheiden,<br />
gewählt. Erwartet werden konnte, daß die jüngeren Teilnehmer den kognitiven Aspekt<br />
angesichts der Fülle der Wirkungen eher als nicht wichtig einschätzen. Im Vergleich der<br />
Ergebnisse zeigt sich, daß die Gruppe der 6-9-jährigen entgegen dieser Erwartung den<br />
kognitiven Aspekt als wichtig einschätzen <strong>und</strong> mit zunehmendem Alter diesbezüglich eine<br />
Abnahme zu verzeichnen ist. Eine Überdeckung der Bereitschaft zum Mitdenken ist also<br />
selbst bei starker Einbindung in mediale <strong>und</strong> <strong>interaktiv</strong>e Abläufe bei den befragten<br />
<strong>Kinder</strong>n in diesem Zusammenhang nicht gegeben.<br />
4 Zusammenfassung der Ergebnisse aus der<br />
Befragung<br />
Die Befragung der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n gibt wichtige Aufschlüsse über die Wirkung<br />
der Installation <strong>und</strong> die Erfahrungen, die die Zielgruppe gemacht hat. Bereits <strong>im</strong> Kapitel<br />
zur ´Konzeption <strong>und</strong> Realisation von „Story Machine“´ war zu sehen, dass viele<br />
Entscheidungen bei der Umsetzung auf der Gr<strong>und</strong>lage von Erfahrungen bei früheren<br />
Projekten <strong>und</strong> bei den vorgeschalteten Testphasen getroffen <strong>und</strong> z.T. wieder modifiziert<br />
wurden. Mit Hilfe der vorliegenden Ergebnisse lassen sich die einzelnen Komponenten<br />
dieser mult<strong>im</strong>edialen Installation in ihrer Wirkung besser erfassen. Sie bieten die<br />
Gr<strong>und</strong>lage, einzelne Aspekte zu überarbeiten, zu intensivieren oder abzuschwächen, um<br />
sie innerhalb des Gesamtkonzepts besser zur Wirkung zu bringen wie auch um sie separat<br />
oder in kleineren Projekten effektiv einzusetzen. Einschränkend ist an dieser Stelle<br />
festzuhalten, dass die einzelnen Aspekte der „Story Machine“ für die Teilnehmer„ziemlich<br />
schwer zu isolieren sind. Auch die <strong>Kinder</strong> wurden erst bei der Befragung auf den Aspekt<br />
der Einzelelemente aufmerksam“ wie die Medienpädagogin Birgit Günster zu bedenken<br />
gibt.<br />
So ist beispielsweise für den Aspekt der Dreid<strong>im</strong>ensionalität die Frage, ob der nicht<br />
vollständige geschlossene Einsatz <strong>Raum</strong> für die eigene Phantasie lässt oder vielmehr ein<br />
notwendiges Eintauchen in die virtuelle Realität erschwert, noch nicht geklärt.<br />
Sicherlich überraschend ist die positive Aufnahme des Vortex. Dieser virtuelle Erzähler<br />
leitet die Teilnehmer durch die Geschichte <strong>und</strong> fordert an unterschiedlichen Stellen zu<br />
Handlungen auf. Trotz der großen Freiheit, die die einfachen <strong>und</strong> weitgehend<br />
selbsterklärenden Informationswege bieten, scheint auch <strong>im</strong> mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong> ein<br />
Bedürfnis nach Strukturierung zu bestehen bzw. gerade von der potentiellen Freiheit<br />
hervorgerufen zu werden. Die Integration ganzheitlicher Wahrnehmung durch Bewegung,<br />
Klang <strong>und</strong> den Einsatz der eigenen St<strong>im</strong>me <strong>und</strong> die dreid<strong>im</strong>ensionalen Elemente tragen<br />
erheblich dazu bei, dass die Installation „von einem Teil der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n als<br />
annähernd perfekte Replik der Realität wahrgenommen wurde“ (siehe Kapitel 3.3).<br />
22
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Mehr als alle anderen Faktoren betonten die <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n in der<br />
abschließenden Beurteilung das Erlebnis in der Gruppe. Dies belegt, wie in vielen<br />
anderen Studien, dass die Isolation vor dem Bildschirm von den <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong>n nicht gewünscht oder als positiv empf<strong>und</strong>en wird. Trotzdem die Teilnehmer<br />
ihre Rollen zwischen leitenden Piloten <strong>und</strong> ´einfachen´ Gruppenmitgliedern während des<br />
Geschehens wechselten, sind daraus keine Konflikte entstanden. Die Bedeutung der<br />
dabei wechselnden eigenen Rolle schätzen die Befragten überwiegend positiv ein. Nicht<br />
nur die Interaktion in der Gruppe, auch die Interaktivität der medialen Komponenten<br />
selbst wird in besonderer Weise positiv wahrgenommen. Die Beeinflussung von Bild,<br />
Klang <strong>und</strong> Geschichte durch die Aktionen, Geräusche <strong>und</strong> Bewegungen der Teilnehmer<br />
erhält neben dem Gruppenerlebnis die wichtigste Bedeutung.<br />
Die Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung ist wichtiger Bestandteil der Arbeit mit „Story Machine“. Die<br />
Differenzierung <strong>im</strong> Umgang <strong>und</strong> das Erleben der <strong>Kinder</strong> je nach Alter <strong>und</strong><br />
entwicklungspsychologischer Phase müssen bei solchen Vorhaben berücksichtigt werden.<br />
Die enge <strong>und</strong> lange Vorbereitungsphase hat wertvolle Impulse geliefert für die weitere<br />
Ausgestaltung der Installation. Durch die vorliegenden Ergebnisse kann diese weiter den<br />
Bedürfnissen <strong>und</strong> Fähigkeiten der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n angepasst werden. Trotz<br />
alterspezifischer Unterschiede ist eine Überforderung be<strong>im</strong> Eingreifen <strong>und</strong> Interagieren mit<br />
Klang, Bild <strong>und</strong> Geschichte nicht zu beobachten.<br />
5 Vorschläge mult<strong>im</strong>edialer Projekte in der<br />
Kulturellen Bildung<br />
Innerhalb der Bereiche <strong>und</strong> Institutionen der kulturellen Bildung gibt es eine Reihe von<br />
Gründen, die eine Integration künstlerisch-technisch verb<strong>und</strong>ener Projekte erschweren.<br />
Erstens ist oft der technische Aufwand zu kostspielig <strong>und</strong> deshalb in den meisten<br />
Einrichtungen kaum realisierbar. Daraus resultiert zweitens, bereits <strong>im</strong> Vorfeld auf<br />
mögliche Planungen zur Einbindung vergleichbarer Konzepte in die Pädagogik zu<br />
verzichten. Drittens bietet der herkömmliche Unterrichtsrahmen an Schulen in den<br />
Lehrplänen <strong>und</strong> in der Praxis nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit zu interdisziplinärer<br />
<strong>und</strong> projektorientierter Arbeit. <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendbildungsstätten verfügen hier über<br />
bessere Rahmenbedingungen. Viertens fehlt es an ausgebildetem Lehrpersonal, das über<br />
die notwendige Kompetenz zur Bewältigung der auftauchenden technischen <strong>und</strong> den<br />
damit verb<strong>und</strong>enen didaktisch-methodischen Problemfeldern verfügt.<br />
Aus den Ergebnissen der vorliegenden Studie, der Befragung <strong>und</strong> der Analyse der<br />
Einzelkomponenten von „Story Machine“, können Vorschläge für inhaltlich vergleichbare<br />
Projekte gemacht werden, die trotz der genannten Probleme auch bei geringem<br />
finanziellen, personellen <strong>und</strong> logistischen Aufwand möglich sind.<br />
Hierzu ist es notwendig, den technischen Aufwand soweit zu reduzieren, daß mit<br />
min<strong>im</strong>alen Kosten inhaltlich wesentliche Anregungen <strong>und</strong> Erkenntnisse der „Story<br />
Machine“ Untersuchung in Projekten umgesetzt werden können. Das hier dargestellte<br />
Projekt ermöglicht eine Segmentierung in die unterschiedlichen Teiltechnologien <strong>und</strong> eine<br />
Einbeziehung bildnerisch- musikalischer Elemente des herkömmlichen pädagogischen<br />
Alltags, so daß modular die Betreuer <strong>und</strong> Pädagogen selbst in kleinen Schritten ausloten<br />
können, inwiefern sie die Inhalte partiell oder in einem größeren Projekt in der<br />
praktischen Arbeit verwenden können <strong>und</strong> wollen. Diese Möglichkeiten der Erarbeitung<br />
einzelner Komponenten gestattet auch eine didaktische Reduktion auf einzelne<br />
23
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Unterrichtsst<strong>und</strong>en oder Einheiten, die bei sukzessivem Aufbau auch über längere<br />
Zeiträume in ein größeres Projekt einmünden können. Im Schulunterricht eignen sich die<br />
Fächer Kunst, Musik, Deutsch (Literatur), Technik <strong>und</strong> Informatik als Plattformen für die<br />
unterschiedlichen Module. Natürlich können alle Module auch innerhalb z.B. eines<br />
Projektes <strong>im</strong> Kunst- oder Musikunterricht umgesetzt werden. Außerhalb der Schule<br />
bestehen keine Beschränkungen, d.h. es können Workshops angeboten oder<br />
längerfristige Ausbildungen <strong>und</strong> Projekte durchgeführt werden. Die untenstehenden<br />
Anregungen sind so angelegt, dass jeder, der einen Computer bedienen kann <strong>und</strong> über<br />
ein pädagogisches <strong>und</strong> künstlerisch-musikalisches Wissen verfügt, in der Lage ist, ohne<br />
Spezialausbildung, diese mit Inhalten zu füllen. Notwendig ist lediglich eine<br />
Exper<strong>im</strong>entierbereitschaft <strong>und</strong> die Einschätzung der kreativen Leistungsfähigkeit der<br />
Lerngruppen.<br />
Im folgende werden einige Projektvorschläge gemacht, die die audiovisuellen<br />
Komponenten von „Story Machine“ für separate <strong>und</strong> kleinere Einzelvorhaben zugängig<br />
machen. Die dafür notwendige Software ist zum Teil <strong>im</strong> Internet frei oder für geringe<br />
Beträge verfügbar; hierzu findet sich <strong>im</strong> Anhang eine Liste entsprechender Internet-<br />
Adressen.<br />
Es scheint für einen Einstieg wenig sinnvoll, sofort einen komplexen Bühnenaufbau zu<br />
installieren. Vielmehr sollte man in kleinen Workshops erst einmal die Eigenarten der<br />
Einzelkomponenten erproben <strong>und</strong> anwenden. So ergibt sich <strong>im</strong> Lehr- <strong>und</strong> Lernprozess ein<br />
erkenntnisbasiertes Baukastensystem, mit dem zunehmend größere Installationen <strong>und</strong><br />
Arbeiten verwirklicht werden können. Der Einsatz der vorgeschlagenen Projekte <strong>und</strong><br />
Komponenten ist je nach medienpädagogischer Zielsetzung auszuwählen <strong>und</strong><br />
entsprechend zu gestalten.<br />
5.1 Einstiegsprojekte<br />
Mit unterschiedlichen Programmen, sogenannten Music Visualizers, kann die visuelle<br />
Darstellung von Musik auf dem Computer erprobt werden.<br />
1. Veejay: Musik <strong>und</strong> Bild am Computer<br />
Erstellen eines DJ <strong>und</strong> VJ-Events: die <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n erstellen die Playlist<br />
(die Liste, der abzuspielenden Songs) <strong>und</strong> gestalten dazu Großleinwandprojektionen<br />
hierfür entworfener Bilder. Notwendig ist dafür das Programm Winamp <strong>und</strong> einige<br />
sogenannte Visual Plugins wie Geiss oder Psychedelic Screensaver. Damit können<br />
beliebige Musikdateien <strong>im</strong> MP3- oder WAV-Format abgepielt <strong>und</strong> mit z.T. <strong>interaktiv</strong>er<br />
Steuerung visualisiert werden.<br />
2. Virtuelle 3D-Landschaften gestalten<br />
Die Gestaltung virtueller Landschaften kann mit dem Programm Terragen erfolgen.<br />
Mit Hilfe eines PlugIns dieses Programms können diese Landschaften so ´gerendert´<br />
(errechnet) werden, dass man sich darin bewegen – z.B. durchfliegen – kann. Eine<br />
zustätzliche Vertonung ist mit Hilfe der Programme Logic Fun oder Cool Edit möglich.<br />
Dazu können eigene Klänge oder Stücke <strong>und</strong> Samples von beliebigen CDs verwendet<br />
werden.<br />
3. Dreid<strong>im</strong>ensionale Fahrten erleben<br />
Für weitere Bearbeitungen von Bildmaterial empfiehlt sich das Programm Xpose<br />
Dabei werden zuerst Bilder erstellt, die entsprechend eingescannt werden können.<br />
Durch Exper<strong>im</strong>ente mit selbstgezeichneten Bildern, die in ein für Anaglyphenbilder<br />
24
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
geeignetes Format eingescannt werden, werden unterschiedliche Bildinhalte auf ihre<br />
3D-Eignung hin untersucht <strong>und</strong> ausgewählt. Die ausgewählten Bilder werden mit dem<br />
Programm 3D Foto Studio in ein 3D-Format umgewandelt <strong>und</strong> abgespeichert.<br />
Danach erfolgt die Belegung von Tasten innerhalb des Programms Xpose mit den<br />
Bildern. Manipulationen werden durch unterschiedliche PlugIns vorgenommen;<br />
insbesondere das PlugIn „Tunnelfahrt“ eignet sich hervorragend für einen<br />
dreid<strong>im</strong>ensionalen Eindruck. In einer weiteren Projektphase können Bilder aus dem<br />
Programm Terragen oder mit Hilfe anderer Malprogramme am Computer gefertigte<br />
Vorlagen verwendet werden.<br />
Zusätzlich sind mit Xpose die Manipulationen der Bildmaterialien auf einer zeitlichen<br />
Ebene mit Klängen <strong>und</strong> Musik verknüpfbar. Dies kann beispielsweise mit dem<br />
Programm Logic Fun geschehen. Mit Logic Fun können Mehrspuraufnahmen von<br />
rhythmischen St<strong>im</strong>mäußerungen (Rap oder auch Body Percussion) aufgezeichnet <strong>und</strong><br />
verarbeitet werden. Diese werden anschließend mit passenden Bildern <strong>und</strong> visuellen<br />
Aktionen belegt. Den Einsatz synthetischer Klänge zu den Bildern wie bei „Story<br />
Machine“ erlauben Syntheseprogramme wie S<strong>im</strong>synth. Anhand dieses intuitiv leicht zu<br />
bedienenden Programms werden Klangergebnisse aufgezeichnet <strong>und</strong> wiederum in<br />
einem Samplebearbeitungsprogramm für den Einsatz in Xpose bearbeitet.<br />
Bei intensiverem Einsatz von Klangsynthese <strong>und</strong> Sampling für außergewöhnliche<br />
Klänge eignet sich hervorragend das Programm Dynamo von Native Instruments.<br />
Damit verfügt man über alle gängigen Synthese- <strong>und</strong> Samplingverfahren sowie ein<br />
kleines Aufnahme-Wiedergabeprogramm für die Ergebnisse. Hier ist nur die<br />
Verwendung eines leistungsfähigen Computers angeraten.<br />
Xpose-Tunnelbild. Mit dem Drücken einer dem PlugIn zugeordneten Taste können<br />
Fahrten in diesen „Tunnel“ unternommen werden. Bei Verwendung eines<br />
Anaglyphenbildes entsteht be<strong>im</strong> Blick durch die Rot-Grün Brille ein dreid<strong>im</strong>ensionaler<br />
Eindruck. Die Fahrt kann durch selbsterstellte Klangcollagen oder Musik ggf. <strong>im</strong> 3D-<br />
Surro<strong>und</strong>so<strong>und</strong> begleitet werden. Unterschiedliche Klangfahrten können<br />
aufgezeichnet <strong>und</strong> abgerufen werden. Bei Steuerung über die MIDI-Schnittstelle wird<br />
z.B. über Triggerobjekte (Triggerxylophon) die 3D-Fahrt live gesteuert.<br />
25
5.2 Aufbauprojekte<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
1. Live Videoclip<br />
Hier können auf einer Bühne von unterschiedlich vielen Personen selbsterstellte<br />
<strong>interaktiv</strong>e Audio-Video-Reaktionsspiele mit variablen Inhalten durchgeführt werden.<br />
Dabei dienen die Ergebnisse traditioneller Arbeitsweisen als Gr<strong>und</strong>lage für ein<br />
einfaches, inhaltlich flexibles Hör- <strong>und</strong> Seh-Reaktionsspiel. Dieses Projekt erlaubt den<br />
Einstieg in die Arbeit mit Audio <strong>und</strong> <strong>interaktiv</strong>en Bildprogrammen sowie ihrer Kopplung<br />
an Triggersignale.<br />
Das Projekt beinhaltet Folgende Komponenten mult<strong>im</strong>edialer Gestaltung:<br />
Wahrnehmung mult<strong>im</strong>edialer Mehrd<strong>im</strong>ensionalität (Audio Video-Korrelation);<br />
Ganzheitliche Wahrnehmung <strong>und</strong> Äußerung (Bewegung, Körpereinsatz);<br />
Gruppenerlebnis (bei mehreren Spielern Koordination in der Gruppe); Bildnerische<br />
Kreativität (Gestaltung der Audio <strong>und</strong> Video Inhalte).<br />
Benötigte Hard- <strong>und</strong> Sotfware-Ausrüstung:<br />
Pentium Computer mit So<strong>und</strong>karte bzw. MIDI-Interface; Arkaos Xpose-Software oder<br />
MIDI-Bildsoftware; Triggermikrofone; Trigger-Midi-Wandler; Computer-Aktivboxen;<br />
Projektionsleinwand;<br />
Zur Vorbereitung: Tonaufnahmegerät, Software Logic Fun, Scanner 20<br />
Aufbau der Installation (siehe Abb. 1):<br />
(1) Pentium Computer mit So<strong>und</strong>karte bzw. MIDI-Interface (die Anzahl der PCs ist<br />
abhängig von der Gruppengröße), mit Arkaos Xpose-Software oder MIDI-<br />
Bildsoftware;<br />
(2) Triggerobjekte: die Triggermikrofone (Mikrofonkapseln aus dem Elektronikladen,<br />
die Kabel werden mit Klinkensteckern verlötet) können an den für das jeweilige<br />
Spiel benötigten Objekten (bemalte Kartons, Holzstücke usw.) angebracht werden;<br />
durch das Anschlagen der Mikros werden die zuvor vorbereiteten Bilder ausgelöst<br />
(s.u.) 21<br />
(3) Trigger-Midi-Wandler: die Signale aus den Triggermikrofonen werden hier in<br />
MIDI-Daten umgewandelt; mit Geräten wie z.B. Yamaha DTXpress Module oder<br />
Roland TD5;<br />
(4) Lautsprecher: zwei Paar Computer-Aktivboxen;<br />
(5) Videoprojektor: für die Hauptinstallation wird ein Computerbildprojektor benötigt,<br />
der gegebenenfalls ausgeliehen werden kann (beipielsweise bei der<br />
20<br />
Zum erstellen stereoskopischer Bilder siehe Schubert, R.: Höhen <strong>und</strong> Tiefen, Stereoskopische Aufnahmen<br />
mit Flachbettscannern, in: C´t Computermagazin 18/1998; S. 179<br />
Anstatt eines Scanners kann zum Einlesen von Bildern auch eine Webcam benutzt werden, die an die USB-<br />
Schnittstelle des Computers angeschlossen wird. Damit können bewegte Bilder oder Standbilder<br />
aufgenommen <strong>und</strong> weiterverarbeitet werden. Bei einer Aufführung oder Performance können mit der<br />
Webcam erfasste Bilder auch live weiterverwendet werden.<br />
21<br />
Mit einem Triggermikrofon werden Signale produziert – durch Anschlagen mit den Händen oder einem<br />
Gegenstand -, die mit Hilfe eines Trigger-MIDI-Wandlers in (vom Computer oder Synthesizer lesbare)<br />
MIDI-Daten umgewandelt werden. Entweder wird dann über einen angeschlossenen PC Klang<br />
widergegeben oder der als Wandler fungierende Interactive Controller erzeugt selbst Klänge.<br />
26
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Stadtbildstelle). Für Spiele in kleinen Räume eignet sich auch ein Fernseher als<br />
Wiedergabemonitor. 22<br />
(6) Transparentleinwand: für die Projektion von Bildern <strong>und</strong> Farben wird eine<br />
transparente Projektionsleinwand benötigt. Sie kann beispielsweise aus einem an<br />
Zeltstangen aufgehängten Bettuch oder durchsichtigem Stoff, z.B. dünnem weißen<br />
Nylonstoff, gebaut werden. Durch den dahinter angebrachten Projektor wird<br />
verhindert, dass die Spieler durch ihre Aktion die Projektion beeinflussen bzw.<br />
unterbrechen.<br />
(7) Aktionsbühne: die Installation kann in jedem <strong>Raum</strong>, <strong>Kinder</strong>- oder Schulz<strong>im</strong>mer<br />
aufgebaut werden.<br />
Abb. Abb. 1<br />
1<br />
Vorgehensweise:<br />
Für die auditive Gestaltung werden Klänge zu vorgegebenen Themen gesammelt. Das<br />
kann auf unterschiedliche Weise geschehen:<br />
Mit aufnahmefähigem Walkman oder Cassettenrecorder werden thematisch<br />
unterschiedliche Umweltgeräusche gesammelt, gemeinsam ausgewertet <strong>und</strong> für die<br />
22 Für weitere flankierende Projektionen z.B. auch die rechten <strong>und</strong> linken Außenwände eines Bühnen <strong>und</strong><br />
Aktionsraumes eignen sich Diaprojektoren. Die Dias können entweder abfotografierte auch<br />
selbstgefertigte Bilder sein oder mit unterschiedlichen Glasmalfarben direkt auf die inneren<br />
Transparenzflächen von Glasrahmendias aufgetragen sein. Bei Exper<strong>im</strong>enten mit unterschiedlichen<br />
Paraffinflüssigkeiten zwischen transparenten Plastikfolien entstehen auch schnell Effekte wie ein unter der<br />
Projektionshitze variierendes Flüssigkeitsbild. Dreid<strong>im</strong>ensionale analoge Effekte entstehen z.B. auch be<strong>im</strong><br />
Einsatz einer Nebelmaschine <strong>im</strong> Projektionskegel. Klarsichtfolien <strong>im</strong> Bereich der Projektionen können<br />
diesen Effekt verstärken.<br />
27
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Installation ausgewählt. Sie werden als WAV-Files vom Cassettenrecorderausgang<br />
über den Eingang der So<strong>und</strong>karte in den Computer mit Hilfe des Programms Logic<br />
Fun zur Weiterverarbeitung überspielt. Mit der Aufnahmefunktion des Windows<br />
Recorders können auch unmittelbar an den Computern Geräusche erzeugt <strong>und</strong> mit<br />
Logic Fun aufgenommen werden. Oder die Geräusche, Musik <strong>und</strong> Klänge werden<br />
direkt vom CD-Rom Laufwerk des Computers abgespielt <strong>und</strong> in Logic Fun<br />
aufgenommen.<br />
Die Klänge eines Themenbereiches (eine selbsterf<strong>und</strong>ene Klanggeschichte) werden in<br />
Collagetechnik hintereinander geschnitten, so daß sich eine Audioabfolge – also ein<br />
auditiver Handlungsstrang ergibt. Dieser Handlungsstrang ist später die Gr<strong>und</strong>lage für<br />
das Spiel, in dem die Benutzer auf die hintereinander auftauchenden Klänge allein<br />
oder in Gruppen durch Abrufen passender Bilder reagieren müssen. 23<br />
Nach der Auswahl geeigneter Klangcollagen, z.B. zu einem best<strong>im</strong>mten Thema wie<br />
„Hektik“, „Verkehr“, „Ruhe“, „Urwald“ werden nach traditioneller Verfahrensweise<br />
jeweils zu den Einzelklängen der Collage passende Bilder gemalt. Dabei ist folgendes<br />
zu beachten: Die Anzahl der Triggermikrofone begrenzt die Anzahl der <strong>interaktiv</strong><br />
abrufbaren Bilder. D.h. bei sechs Triggern sollte ein Audio-Video-Thema auch nur<br />
sechs Kombinationsmöglichkeiten aus Bild <strong>und</strong> Klang beinhalten. Um die Bilder<br />
weiterzuverarbeiten, müssen sie mit einem Scanner eingelesen werden <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />
Programm Xpose unterschiedlichen Tasten (MIDI-Events) zugeordnet werden.<br />
Die auf der Bühne in selbsterstellten Objekten angebrachten Triggermikrofone<br />
ermöglichen es den Benutzern nun, durch Anschlagen die zu den Klängen passenden<br />
Bilder (Bewegtan<strong>im</strong>ationen oder auch AVI-Clips) abzurufen. Durch die an den<br />
Triggermikrophonen entstehenden Signale werden Bilder/Farben <strong>im</strong> Fernseher <strong>und</strong><br />
Töne/Klänge in den Lautsprechern angesteuert bzw. <strong>im</strong> PC abgerufen; hier als eine Art<br />
Trigger-Baumstammxylophon: einzelne Baumstämme werden dabei mit<br />
Triggermikrofonen beklebt. Durch Anschlagen mit einem Holzstock wird ein Impuls<br />
ausgelöst, der in diesem Fall von einem MIDI-Triggergerät in MIDI-Daten<br />
umgewandelt <strong>und</strong> über die MIDI-Schnittstelle an einen Synthesizer geleitet wird. Dieser<br />
reagiert mit beliebig wählbaren Klängen seines Klangspeichers.<br />
Die Durchführung des Spiels kann alleine oder in einer Gruppe geschehen:<br />
Für ein Gruppenspiel kann ein Wettkampf inszeniert werden. Eine „Jury“ verfügt über<br />
eine grafische Aufzeichnung, über den Klangverlauf <strong>und</strong> die jeweilig zuzuordnenden<br />
Bilder in einem Zeitraster. Unterhalb des Rasters kann abgehakt werden, ob die<br />
jeweiligen Korrelationen, die von den Spielern hergestellt werden sollten, st<strong>im</strong>men.<br />
Gewinner ist, wer die Aufgabe am besten löst.<br />
Für einen einzelnen Spieler könnte die Aufgabe so lauten:<br />
Höre zunächst einmal die Klänge <strong>und</strong> stelle dir innerlich Bilder vor, die dazu passen<br />
könnten. Probiere die unterschiedlichen Objekte aus <strong>und</strong> merke dir, welche Bilder sie<br />
23 Zum Sammeln von Klängen <strong>und</strong> der pädagogischen Arbeit <strong>im</strong> Umfeld dieser Verfahrensweise empfiehlt<br />
sich als Informationsgr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> Ideenquelle das Buch „Kassettenrecorderspiele <strong>und</strong><br />
Tonbandproduktionen – Modelle <strong>und</strong> Projekte für den Unterricht“ von Meyer-Denkmann, G. ,<br />
Regensburg 1984. Zur Schüler-Collagearbeit mit Logic Fun oder praktikablen Arbeit mit dem Sequenzer<br />
in Unterrichtssituationen: Micklisch, C.: „Mit dem Veejay <strong>und</strong> MP3 auf der Datenautobahn“ AFS-Magazin,<br />
Oldershausen 10/2000. Micklisch, C.: Spiel den Techno – Know How zum Instrumentarium <strong>und</strong> zur<br />
Produktion von Techno <strong>im</strong> Musikunterricht. Raabits Musik, 2000.<br />
28
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
be<strong>im</strong> Anschlagen hervorrufen. Überlege, bevor du es ausprobierst, welche Bilder zu<br />
welchen Klängen passen könnten. Du hast nur einen Versuch – jetzt werden die<br />
Klänge noch einmal abgespielt <strong>und</strong> Du schlägst die passenden Bildobjekte an, damit<br />
ein passender Videoclip entsteht.<br />
Für sechs Spieler wäre die Aufgabe beispielsweise:<br />
Jeder bezieht seine Position an einem Objekt. Probiert eure Objekte abwechselnd aus<br />
<strong>und</strong> merkt euch euer jeweiliges Bild. Jetzt hört ihr Klänge <strong>und</strong> jeder versucht zu<br />
behalten, wann der zu seinem Bild passende Klang auftaucht. Die Klänge werden<br />
noch mal abgespielt <strong>und</strong> ihr schlagt <strong>im</strong>mer dann auf euer Objekt, wenn ihr meint, daß<br />
euer Bild dazu passt.<br />
2. Synästhesiemaschine<br />
Dieses Projekt orientiert sich an technisch-musikalischen Versuchen der Kunst-<br />
Musikgeschichte, in denen eine (synästhetische) Verknüpfung von Farben <strong>und</strong> Musik<br />
angestrebt wurde. Analoge Vorgänger dieses „Instruments“ waren z.B. das<br />
„Farbenklavier“ Johann Gottlob Krügers aus dem Jahre 1743/44 oder auch die<br />
Versuche Wendelin Weißhe<strong>im</strong>ers am sogenannten „Pyrophon“. Das Zusammenwirken<br />
von Farben, Formen <strong>und</strong> Klängen/Musik hat viele Generationen von Künstlern<br />
<strong>und</strong> Komponisten fasziniert <strong>und</strong> beschäftigt (u.a. Schönberg, Skrjabin, Kandinsky<br />
u.v.m.). Im Kontext der Gestaltung mult<strong>im</strong>edialer Räume können viele der älteren<br />
Vorstellungen aufgenommen werden. Erst heute sind viele Projekte <strong>und</strong> Visionen<br />
vergangener Zeiten durch die Digitaltechnik realisierbar. Der untenstehende<br />
technische Aufbau entspräche einer aktuellen „Synästhesiemaschine“. Mit dem Projekt<br />
dieses Mult<strong>im</strong>edia-Farbinstruments findet eine Integration von Klang <strong>und</strong> Bild,<br />
Interaktivität zwischen den Akteuren, die freie Gestaltungsmöglichkeit der<br />
audiovisuellen Inhalte sowie die Koordination von Inhalt <strong>und</strong> Bewegung <strong>und</strong> die<br />
Reflexion über Ursache <strong>und</strong> Wirkung statt.<br />
Benötigte Hard- <strong>und</strong> Software:<br />
Pentium Computer, Xpose, Triggeranlage, Trigger-MIDI-Wandler, MIDI-Keyboard<br />
(Synthesizer oder Sampler), Fernseher<br />
Aufbau der Installation (siehe Abb. 2):<br />
(1) PC<br />
(2) Triggermikrophone an Objekten 24<br />
(3) Trigger-MIDI-Wandler<br />
(4) Lautsprecher<br />
(5) MIDI-Keyboard<br />
(6) Fernseher oder Beamerprojektion von der Decke<br />
24 Durch die an den Triggermikrophonen ausgelösten Signale werden Bilder/Farben <strong>im</strong> Fernsehr <strong>und</strong><br />
Töne/Klänge in den Lautsprechern ausgelöst bzw. <strong>im</strong> PC abgerufen; hier als eine Art Trigger-<br />
Baumstammxylophon: einzelne Baumstämme werden dabei mit Triggermikrofonen beklebt. Durch<br />
Anschlagen mit einem Holzstock wird ein Impuls ausgelöst, der in diesem Fall von einem MIDI-<br />
Triggergerät in MIDI-Daten umgewandelt <strong>und</strong> über die MIDI-Schnittstelle an einen Synthesizer geleitet<br />
wird. Dieser reagiert mit beliebig wählbaren Klängen seines Klangspeichers.<br />
29
Abb. Abb. 2<br />
2<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Vorgehen:<br />
Eine Gruppe von Spielern gruppiert sich um den <strong>im</strong> Mittelpunkt liegenden Fernseher<br />
(noch besser sind Videoprojektionen von der Decke). Über Betätigen der einzelnen<br />
Instrumente können, abhängig vom Keyboard, beliebige Klänge angesteuert werden,<br />
die in diesem Fall jedoch für jede Station gleich sind (also z.B. ein Xylophon). Die<br />
Instrumente sind als Tonleiter in einer Reihe durchgest<strong>im</strong>mt. Dies wird in der<br />
Vorbereitung durch Zuordnung einzelner Triggereingänge zu MIDI-Notennummern<br />
erreicht. Deshalb sind einfache, nicht transponierbare monophone Melodien (Töne)<br />
<strong>und</strong> Schichtklänge (Töne oder Samples) mit diesem Instrument spielbar. Kombiniert<br />
mit unterschiedlichen Farbbildern (reine Farben z.B. des Farbkreises, gegenständliche<br />
oder abstrakte zweid<strong>im</strong>ensionale oder dreid<strong>im</strong>ensionale Bilder) bieten sich viele<br />
Gestaltungsformen an. Die Verwendung von z.B. groben Stämmen <strong>und</strong> Holzklöppeln<br />
für das Spiel begünstigt in dieser Installation den psychomotorischen Aspekt <strong>und</strong> die<br />
körperliche Interaktion. Durch Platzwechsel kommt eine zusätzliche dynamische<br />
Komponente hinzu.<br />
Aufgabe könnte dabei sein, ein Farb- oder Bilderklavier zu bauen.<br />
Dabei müssen eine Reihe von Fragen bearbeitet werden: Welche Farben passen zu<br />
welchem Ton? Dabei könnten folgende Faktoren eine Rolle spielen: Ist der Klang<br />
rauh oder glatt, hell oder dunkel, hoch oder tief? Bzw. für das Bilderklavier: Welche<br />
(z.B. von einer CD-Rom) vorgegebenen Bilder passen zu welchem Klang? Es müssen<br />
dabei XG-Klänge (Samples) zu vorgefertigten oder zu selbst gemalten Bildern<br />
ausgewählt <strong>und</strong> zugeordnet werden.<br />
30
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Für einen ausgedehnten Spielverlauf – Spiel mit dem Farbenklavier - ist folgende<br />
Aufgabenstellung denkbar: Es wird ein Orchester, das unterschiedliche Versuche<br />
durchführt, z.B. Spielen von bekannten oder erf<strong>und</strong>enen Melodien mit dem<br />
Farbenklavier, Variationen in Tempo <strong>und</strong> Rhythmus –die Farben sollen dabei mit<br />
Klängen herausgefordert werden; die Spielenden können während des Spiels<br />
untereinander die Plätze wechseln, z.B. durch Rotation, hin <strong>und</strong> zurück; Jeder<br />
Spielteilnehmer darf <strong>im</strong>mer nur einer in „seinem Moment“ die Farben ansteuern. 25<br />
6 Schlußbemerkungen<br />
Der Einsatz der Neuen Medien ist vielfältig, er erlaubt eine Vielzahl von Ideen, Projekten<br />
<strong>und</strong> Inhalten zu realisieren. Die vorliegenden Ergebnisse der Befragung in den Kapiteln 3<br />
<strong>und</strong> 4 tragen zur Weiterentwicklung der Projekte <strong>im</strong> Rahmen des MEET-Modellvorhabens<br />
<strong>und</strong> anderer mult<strong>im</strong>edialer <strong>und</strong> <strong>interaktiv</strong>er Installationen bei. Mit dem Wissen um die<br />
Reaktionen der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n <strong>und</strong> die Wirkung der einzelnen Komponenten<br />
können diese besser ausgestaltet <strong>und</strong> in das Gesamtkonzept integriert werden; ebenso<br />
können sie als einzelne getrennt erarbeitet werden. Die Vorschläge <strong>und</strong> Beispiele <strong>im</strong><br />
voranstehenden Kapitel 5 ermöglichen es Einrichtungen der Jugendarbeit, sich die<br />
einzelnen Komponenten der „Story Machine“-Installation zu erarbeiten <strong>und</strong> aufeinander<br />
aufbauend zu komplexeren Projekten zusammenzusetzen.<br />
Wichtig ist es hervorzuheben, dass bei Medienkunstvorhaben, speziell für <strong>und</strong>/oder mit<br />
<strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n ein intensiver Austausch aller Beteiligten notwendig ist. In<br />
besonderem Maße ist <strong>im</strong> Rahmen des einzelnen Projekts eine enge Zusammenarbeit von<br />
Künstlern, Ingenieuren, Technikern, Programmierern, Pädagogen <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong>n hilfreich,<br />
um die Konzepte, deren Umsetzung <strong>und</strong> ihre Wirkung zielgerichtet in Einklang bringen zu<br />
können. Für eine intensivere Auseinandersetzung mit den Medienwerkzeugen ist eine<br />
noch stärkere Zusammenarbeit von <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Künstlern als <strong>im</strong> Fall der „Story Machine“<br />
durchaus wünschenswert. <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong>n könnten noch stärker in die<br />
Gestaltung miteinbezogen werden, so dass sie beispielsweise einzelne Ideen wie auch<br />
deren Umsetzung mit den Künstlern gemeinsam erarbeiten. „So entstünde eine erlebbare<br />
Auseinandersetzung mit Medienkunst“, wie die Medienpädagogin Birgit Günster<br />
(September 2000) eine mögliche Fortsetzung solcher Projekte beschreibt. Bodo Lensch<br />
empfiehlt die Einrichtung einer fest installierten Lernwerkstatt, in der <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Jugendliche</strong> kontinuierlich ihre Ideen in Partnerschaft mit kompetenten Begleitern <strong>und</strong> mit<br />
geeigneten Werkzeugen realisieren könnten. Die Einbeziehung medienkünstlerischer<br />
Ansätze in die Kulturelle Bildung kann dazu beitragen eine selbstbest<strong>im</strong>mte<br />
Auseinandersetzung mit digitalen Werkzeugen anzuregen <strong>und</strong> nicht be<strong>im</strong> passiven <strong>und</strong><br />
eingeschränkten Gebrauch stehen zu bleiben. Die Möglichkeiten von Neuen Medien <strong>und</strong><br />
digitalen Mitteln sind oftmals vorhanden, sie können <strong>und</strong> sollten auch für eine kreative<br />
Nutzung eingesetzt werden. Den vorgefertigten Standardlösungen <strong>und</strong> Funktionsinhalten<br />
können die eigenen Ansprüche entgegengehalten <strong>und</strong> der Gestaltungsgedanke kann<br />
durch analoge wie digitale Mittel weitergetragen werden. Aufgabe der Kulturellen Bildung<br />
ist es heute <strong>im</strong> wachsendem Maße, den kreativen Umgang mit den Neuen Medien zu<br />
erweitern, um die sinnlich-ästhetischen Möglichkeiten erfahrbar zu machen.<br />
25 Auf dieser Ebene können diverse Inhalte des Klassenmusizierens zur Anwendung gebracht werden,<br />
zusammen mit der Visualisierung eignen sich flankierende gestalterische Arbeiten, um dem Thema Musik<br />
<strong>und</strong> Bild vor- <strong>und</strong> nachbereitend näher zu kommen. Vgl.: Micklisch. C.: Computer, Musik <strong>und</strong> Bild –<br />
Synästhetik mit dem Computer <strong>im</strong> Musikunterricht. Praxis des Musikunterrichts, Sonderheft Musik <strong>und</strong><br />
Unterricht, Oldershausen 1999, S. 31.<br />
31
7 Bibliografie<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
ANIMAX- Kurzinformation <strong>im</strong> Eigenverlag, Bonn 1999<br />
Aukstakalnis, Steve/ Blatner, David: Cyberspace, die Entdeckung künstlicher Welten. Köln<br />
1994<br />
Bauer, Karl Oswald/ Z<strong>im</strong>mermann, Peter: Jugend, Joystick-Music-Box. Die Medienwelt<br />
<strong>Jugendliche</strong>r in Schule <strong>und</strong> Freizeit. Opladen 1989<br />
Emsbach, Schneekloth, Stoffers: Elektronische Spiele <strong>und</strong> Computer in der Jugendarbeit.<br />
Erkrath 1988<br />
Enders, Bernd: Lehr <strong>und</strong> Lernprogramme in der Musik. In: Schaffrath, Helmut (hrsg.):<br />
Computer in der Musik. Stuttgart 1991<br />
Fauser, Richard/ Schreiber, Norbert: <strong>Jugendliche</strong>, Computer <strong>und</strong> Bildung. Bonn 1989<br />
Fleischmann, Monika u.a.: Machbarkeitsstudie für ein Kompetenzzentrum Kunst, Kultur<br />
<strong>und</strong> Neue Medien, Bd1 St. Augustin 1999<br />
Fleischmann, Monika: Globale Netzhaut <strong>und</strong> individualisierte Kommunikation,<br />
Mult<strong>im</strong>ediaforschung. Kunst <strong>und</strong> Kultur. In:. IFG: Mensch Masse Medien. Ulm 1996<br />
http://www.an<strong>im</strong>ax.de/an<strong>im</strong>ax_web/presentation_de.htm vom 31.01.2001<br />
Kulturelle Bildung <strong>im</strong> digitalen Zeitalter: Standortbest<strong>im</strong>mung des Deutschen Kulturrates<br />
zu Kultur <strong>und</strong> Bildung, in: neue musikzeitung, Ausgabe 07-08/2000<br />
Leary, T<strong>im</strong>othy: Das interpersonale, <strong>interaktiv</strong>e, interd<strong>im</strong>ensionale Interface. In:<br />
Waffender, Manfred, Hrsg.: Cyberspace, Ausflüge in virtuelle Wirklichkeiten. Hamburg<br />
1991<br />
Meyer-Denkmann, Gertrud, „Kassettenrecorderspiele <strong>und</strong> Tonbandproduktionen –<br />
Modelle <strong>und</strong> Projekte für den Unterricht“ von Regensburg 1984<br />
Micklisch, Christoph: „Mit dem Veejay <strong>und</strong> MP3 auf der Datenautobahn“. AFS-Magazin,<br />
Oldershausen 10/2000<br />
Micklisch, Christoph: Spiel den Techno – Know How zum Instrumentarium <strong>und</strong> zur<br />
Produktion von Techno <strong>im</strong> Musikunterricht. Raabits Musik, Juli 2000<br />
Micklisch: Computer, Musik <strong>und</strong> Bild – Synästhetik mit dem Computer <strong>im</strong> Musikunterricht.<br />
Praxis des Musikunterrichts, Sonderheft Musik <strong>und</strong> Unterricht, Oldershausen 1999<br />
Petzold, Matthias: Die Mult<strong>im</strong>edia-Familie. Mediennutzung, Computerspiele, Telearbeit,<br />
Persönlichkeitsprobleme <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong>mitwirkung in Medien, Opladen 2000<br />
Schetty, Sylvia: <strong>Kinder</strong>zeichnungen – Eine entwicklungspsychologische Untersuchung.<br />
Basel/Sao Paulo. Zürich, 1974<br />
Schneekloth, H.-D./Emsbach, M.: Wirkungsd<strong>im</strong>ensionen des Videospiels. Eine<br />
psychologisch-soziologische Untersuchung, Hamburg 1983<br />
Schubert, R.: Höhen <strong>und</strong> Tiefen, Stereoskopische Aufnahmen mit Flachbettscannern, in:<br />
C´t Computermagazin 18/1998<br />
Tapscott, Don: Net Kids. Die digitale Generation erobert Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft,<br />
Wiesbaden 1998 <strong>und</strong> www.cyberatlas.com<br />
32
<strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendliche</strong> <strong>im</strong> <strong>interaktiv</strong>-mult<strong>im</strong>edialen <strong>Raum</strong><br />
Anhang 1<br />
Kostenlose <strong>und</strong> –günstige Programme <strong>und</strong><br />
Ausgangsmaterial <strong>im</strong> Internet<br />
Adressen zur Gestaltung von Tonmaterial<br />
Winamp stellt MP3-Player <strong>und</strong> Music Visualizers (PlugIns wie Psychedelic Screensaver,<br />
Albedo, Geiss usw.) zur Verfügung (www.winamp.com).<br />
Logic Fun ist ein Programm zur Erstellung <strong>und</strong> Bearbeitung von Audiocollagen u.ä.<br />
(www.emagic.de).<br />
Cool Edit <strong>und</strong> andere Audio- <strong>und</strong> Mult<strong>im</strong>ediaprogramme (wie Cthuga, Bomb, Cubic<br />
Studio Beta 1.2) werden von www.hitsquad.com angeboten.<br />
Musikdateien <strong>im</strong> MP3-Format werden von www.mp3.com bereitgestellt.<br />
Intel Realistic So<strong>und</strong> Experience ermöglicht die Bearbeitung von dreid<strong>im</strong>ensionalen<br />
Klangelemente (www.intel.com./IAL/rsx).<br />
S<strong>im</strong>synth, ein Syntheseprogramm, ist unter www.fruityloops.com erhältlich.<br />
Dynamo von Native Instruments gibt es als Demoversion <strong>und</strong> zu kaufen (ca. 300.- DM)<br />
unter bei www.native-instruments.com<br />
Adressen zur Gestaltung von Bildmaterial<br />
XposeIT ist ein Programm, das die Einbindung gescannter oder am Computer<br />
erzeugter <strong>und</strong> modifizierter Bilder in <strong>interaktiv</strong> steuerbare <strong>und</strong> bewegte grafische<br />
Darstellungen ermöglicht, bei www.arkos.be.<br />
Terragen, ein Program zur Gestaltung virtueller Landschaften, gibt´s unter<br />
www.terradreams.de/MainIndex.htm.<br />
3D Photo-Studio ist ein Programm zur anaglyphischen Darstellung beliebiger Bilder<br />
(http://www.filkorn.de).<br />
Mit Pano Magic können selbstgefertigte oder eingescannte Bilder in 360Grad-<br />
Panoramadarstellung bearbeitet werden<br />
(www.vrtools./products/panomagic/panomagic.htm).<br />
Dreid<strong>im</strong>ensionales Material <strong>und</strong> software zu seiner Bearbeitung werden unter<br />
www.3dcafe.com <strong>und</strong> www.bryceforum.de zur Verfügung gestellt.<br />
Bildvorlagen sind unter www.starosta.com/3Dschowcase erhältlich.<br />
Verschiedene Programme zur Gestaltung virtueller Welten stellt<br />
www.nada.kth.se/erena/tools.htm bereit.<br />
Interaktive Controller <strong>und</strong> Software zur Bearbeitung von Bild- <strong>und</strong> Tonmaterial<br />
finden sich beispielsweise unter: www.ste<strong>im</strong>.nl, www.so<strong>und</strong>beam.co.uk/refer.html,<br />
www.musicyellowpages.com/midicg.htm<br />
33