Entwicklungen im Gesellschaftsrecht VI - Baker & McKenzie
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Fallstricke bei Gründung und Kapitalerhöhung<br />
sionsbericht eines zugelassenen Revisors nachzuweisen. Sofern der Bilanzstichtag<br />
mehr als sechs Monate zurückliegt, ist zudem ein geprüfter<br />
Zwischenabschluss erforderlich (Art. 652d Abs. 2 OR). Anders als in<br />
Art. 652a Abs. 2 Ziff. 5 OR kann diese Frist nach der h.L. nicht auf neun<br />
Monate verlängert werden. 31<br />
Die h.L. geht davon aus, dass als frei verwendbar nur jener Teil des<br />
Eigenkapitals zu verstehen ist, der keiner Ausschüttungssperre unterliegt.<br />
32 Dabei soll es sich um die gleiche Ausschüttungssperre wie für<br />
Dividendenzahlungen handeln, ausser dass die Aufwertungsreserve ebenfalls<br />
zur Liberierung verwendet werden kann, weil dies Art. 671b OR<br />
ausdrücklich vorsieht. Zu beachten ist, dass freie Reserven, die durch die<br />
Statuten für Dividendenausschüttungen oder andere Zwecke reserviert<br />
sind, nicht ohne vorgängige Statutenänderung in Aktienkapital umgewandelt<br />
werden können. 33<br />
Die Best<strong>im</strong>mung, dass nur freie Reserven in Aktienkapital gewandelt<br />
werden können, ist m.E. zu hinterfragen. Bei der Liberierung durch Eigenkapital<br />
findet nämlich keine Ausschüttung statt und der Gesellschaft<br />
werden auch keine Mittel entzogen. Zudem ist der Vorgang handelsrechtlich<br />
auch für die Gesellschafter neutral, sofern die neuen Anteile den bisherigen<br />
Gesellschaftern paritätisch zugeteilt werden. 34 Zwar spricht man<br />
in diesem Fall von der Ausgabe von «Gratisaktien», doch in Tat und<br />
Wahrheit erhalten die Aktionäre überhaupt nichts und haben nach der<br />
Ausschüttung weder mehr noch weniger als vor der Ausschüttung. Hingegen<br />
ist jede Umwandlung von Reserven in Aktien- bzw. Stammkapital für<br />
die Gesellschaftsgläubiger vorteilhaft, weil dieses <strong>im</strong>mer stärker geschützt<br />
ist als die Reserven. Aus diesem Grund sollte sich der Gesetzgeber überlegen,<br />
ob de lege ferenda die Umwandlung von Reserven in Aktien- bzw.<br />
Stammkapital nicht zu erleichtern ist.<br />
3. Kapitalschnitt<br />
Ein Kapitalschnitt bzw. eine sog. Harmonika liegt vor, wenn das Aktienkapital<br />
herabgesetzt und um mindestens den gleichen Betrag sofort wieder<br />
31 BÖCKLI, § 2 N 119.<br />
32 BÖCKLI, § 2 N 117; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, § 52 N 138 f.; BasK-ZINDEL/<br />
ISLER, N 2 zu Art. 652d OR.<br />
33 BÖCKLI, § 2 N 117.<br />
34 Nach BÖCKLI, § 2 N 122 ist ein Bezugsrechtsausschluss «beinahe undenkbar».<br />
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