05.12.2012 Aufrufe

Juli/August 2012 - Hospital zum Heiligen Geist

Juli/August 2012 - Hospital zum Heiligen Geist

Juli/August 2012 - Hospital zum Heiligen Geist

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Rund um den Glockenturm<br />

Paula Karpinski – eine Streiterin für die Jugend<br />

Es ist ein kleiner, aber feiner Platz, ein kleines<br />

Rondeel mit exklusivem Blick auf dem Hamburger<br />

Hafen vor einem großen Gebäude.<br />

Die Rede ist von der Aussichtsplattform vor<br />

der Jugendherberge<br />

am Stintfang, die<br />

da eigentlich gar<br />

nicht stehen sollte.<br />

Ursprünglich wollte<br />

der Senat, allen<br />

voran der damalige<br />

Bürgermeister Max<br />

Brauer, dort nämlich<br />

ein repräsentatives<br />

und lukratives Hotel<br />

bauen. Das verhinderte<br />

eine streitbare<br />

Frau: Paula Karpinski,<br />

die erste nach<br />

1945 in ein deutschesLandeskabinett<br />

berufene Frau.<br />

Seit 1946 Jugendsenatorin,<br />

plädierte sie<br />

vehement für den Bau einer Jugendherberge<br />

und setzte sich nach zähem Ringen damit<br />

durch. Noch in diesem Jahr soll der bisher<br />

namenlose Vorplatz der Jugendherberge<br />

nach ihr benannt werden.<br />

Am 6. November 1897 als Tochter eines<br />

Hafenarbeiters und eines Dienstmädchens<br />

geboren, wuchs Paula Karpinski, geb. �ees,<br />

in sehr einfachen Verhältnissen auf. Diese<br />

Erfahrungen prägten ihr Zeit ihres Lebens<br />

herausragendes soziales Engagement, das<br />

vor allem Kindern und Jugendlichen galt.<br />

Sie absolvierte eine Ausbildung zur staatlich<br />

geprüften Wohlfahrtsp�egerin und<br />

engagierte sich schon früh in der Politik.<br />

Ihr Engagement als Vorstandsmitglied der<br />

Hamburger Sozialdemokraten und Mitglied<br />

der Hamburgischen Bürgerschaft zwischen<br />

1928 und 1933 brachte ihr während der NS-<br />

Zeit mehrere Verhaftungen ein.<br />

Nach dem Krieg gehörte sie von 1946<br />

bis 1968 der Hamburgischen Bürgerschaft<br />

an und wurde 1946 als erste Frau in<br />

der Geschichte Hamburgs Senatorin. Als<br />

Jugendsenatorin legte sie den Grundstein für<br />

eine moderne Jugendpolitik.<br />

»Max Brauer war dagegen;<br />

ich habe ihn weichgeknetet.«<br />

Sie setzte sich leidenschaftlich dafür ein,<br />

die Not der Nachkriegszeit für junge Menschen<br />

zu lindern. Ihrem Engagement ist die<br />

Einrichtung zahlreicher Heime für die vielen<br />

elternlosen Kinder und Jugendlichen zu<br />

verdanken. Auch die Tatsache, dass Hamburg<br />

als erste deutsche Großstadt beim Wiederaufbau<br />

den Bau von Kinderspielplätzen<br />

vorschrieb, ist ihrer Beharrlichkeit zuzuschreiben.<br />

Ebenso sorgte sie mit dafür, dass<br />

das Hamburger Volksparkstadion errichtet<br />

wurde. Später erinnerte sie sich: »Max Brauer<br />

war dagegen; ich habe ihn weichgeknetet.«<br />

1968 zog sie sich aus der aktiven Politik<br />

zurück, blieb aber bis ins hohe Alter an allen<br />

aktuellen �emen interessiert; noch mit über<br />

100 Jahren war ihr die tägliche Lektüre von<br />

Tageszeitungen ein Bedürfnis.<br />

Paula Karpinski starb am 8. März 2005<br />

im Alter von 107 Jahren. Wer sich mit ihrer<br />

Biographie und ihrem Wirken beschäftigt,<br />

verspürt den dringenden Wunsch, es<br />

möge doch heute mehr Politiker von ihrem<br />

Schlage geben: selbstlos, engagiert, aufrecht<br />

und bescheiden. Ingeborg Seppelt<br />

10 <strong>Juli</strong>/<strong>August</strong> <strong>2012</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!