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Methoden und Strategien zur Integration älterer Arbeitnehmer in das ...

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Ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong><strong>in</strong>nen durch<br />

zukunftsfähige betriebliche<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung fördern<br />

Workshopdokumentation<br />

Lucy Bangali <strong>und</strong> Josef Schmid (Hrsg.)


Eberhards Karls Universität Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Institut für Politikwissenschaft<br />

Melanchthonstraße 36<br />

72074 Tüb<strong>in</strong>gen<br />

www.sowi.uni-tueb<strong>in</strong>gen.de/wip/<br />

Ansprechpartner:<br />

Lucy Bangali, M.A.<br />

Institut für Politikwissenschaft/<br />

Forschungs<strong>in</strong>stitut für Arbeit, Technik <strong>und</strong> Kultur e.V. (F.A.T.K.)<br />

Haußerstraße 43<br />

72076 Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Tel: 07071-29-78386<br />

Fax: 07071 – 27467<br />

lucy.bangali@uni-tueb<strong>in</strong>gen.de<br />

www.uni-tueb<strong>in</strong>gen.de/fatk/<br />

Das Projekt wird gefördert durch <strong>das</strong> Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />

Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds – Ziel 3


Inhaltsverzeichnis<br />

1. EINLEITUNG ............................................................................................................................................ 1<br />

2. DAS LEBENSLANGE LERNEN IM PROZESS DER ARBEIT – METHODEN UND<br />

STRATEGIEN ZUR INTEGRATION ÄLTERER ARBEITNEHMER IN DAS<br />

BETRIEBLICHE QUALIFIZIERUNGSSYSTEM ................................................................................. 5<br />

3. BEISPIELE AUS DER PRAXIS............................................................................................................. 20<br />

3.1. LEBENSLANGES LERNEN ALS MOTOR FÜR DIE ERHALTUNG DER BESCHÄFTIGUNGSFÄHIGKEIT<br />

ÄLTERER ARBEITNEHMER IN DEN BETRIEBEN ..................................................................................... 20<br />

3.2. ENTWICKLUNG UND NUTZUNG DES HUMANPOTENZIALS ÄLTERER ARBEITNEHMER AUS DER<br />

UNTERNEHMENSPERSPEKTIVE............................................................................................................. 25<br />

4. FÖRDERUNG DER LERNMOTIVATION UND LEISTUNGSFÄHIGKEIT ÄLTERER<br />

ARBEITNEHMER IN EINER SICH WANDELNDEN ARBEITSWELT ......................................... 34<br />

5. BRAINSTORMING UND DISKUSSION: WELCHE ZUKUNFTSFÄHIGEN METHODEN UND<br />

STRATEGIEN SIND WICHTIG, UM DEN BEDARF DER UNTERNEHMEN ZU DECKEN?<br />

WELCHE INFORMATIONEN UND WISSENSCHAFTLICHEN HILFESTELLUNGEN<br />

WERDEN AUS DEM PROJEKT ERWARTET?.................................................................................... 49


1. E<strong>in</strong>leitung<br />

Am 22. September 2004 führte <strong>das</strong> Institut für Politikwissenschaft der Eberhard Karls Universität<br />

Tüb<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem Forschungs<strong>in</strong>stitut für Arbeit, Technik <strong>und</strong> Kultur<br />

e.V. (F.A.T.K.) e<strong>in</strong>en Workshop durch, auf dem <strong>das</strong> Thema „Ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong><strong>in</strong>nen<br />

durch zukunftsfähige betriebliche Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung fördern“ diskutiert<br />

wurde. Der Workshop ist Teil e<strong>in</strong>es vom Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium Baden-Württemberg im<br />

Rahmen des Europäischen Sozialfonds Ziel 3 geförderten Projekts: In e<strong>in</strong>em Altersatlas 1 für<br />

Baden-Württemberg sollen die bisher bei verschiedenen Institutionen verstreuten Daten über<br />

ältere Erwerbspersonen zusammengefasst werden. Außerdem sollen <strong>Strategien</strong> <strong>zur</strong> Nutzung<br />

dieses Potentials entwickelt werden. Das Projekt hat <strong>das</strong> Ziel bereits im Vorfeld die unterschiedlichen<br />

Zielgruppen - vor allem die Unternehmen – <strong>in</strong> den Diskurs e<strong>in</strong>zubeziehen <strong>und</strong><br />

für <strong>das</strong> Thema zu sensibilisieren. Defizite <strong>in</strong> der Beschäftigungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

sollen mit Hilfe von Informationsbereitstellung <strong>und</strong> Lösungsvorschlägen gem<strong>in</strong>dert werden<br />

<strong>und</strong> so e<strong>in</strong>en Beitrag <strong>zur</strong> Aktivierung des Potenzials <strong>älterer</strong> Fachkräfte leisten.<br />

Das Problem <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> besteht <strong>in</strong> fast allen Branchen dar<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s sie mit den gängigen<br />

Stereotypen konfrontiert s<strong>in</strong>d, sie seien im Vergleich zu jüngeren Mitarbeiter weniger<br />

lernfähig <strong>und</strong> lernmotiviert, erbrächten weniger Leistung <strong>und</strong> seien weniger <strong>in</strong>tegrationsfähig.<br />

Die Chancen auf e<strong>in</strong>en neuen Arbeitsplatz am Arbeitsmarkt s<strong>in</strong>ken mit zunehmendem Alter<br />

rapide. Die derzeitigen Arbeitslosenzahlen zeigen die Folgen dieser Entwicklung. Dementsprechend<br />

ist die Zahl der Arbeitslosen unter den 55- bis 60-Jährigen <strong>und</strong> Älteren <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg höher als bei allen anderen Altersgruppen.<br />

Mehrere Arbeitsmarkt-Studien auf der europäischen Ebene haben ergeben, <strong>das</strong>s die Erwerbsbeteiligung<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> Deutschland im Vergleich zu anderen EU- <strong>und</strong> OECD-<br />

Ländern niedrig ist. Denn <strong>in</strong> Deutschland wird die Zahl der 60- bis 64-Jährigen, die immer<br />

noch im Erwerbsleben stehen, immer weniger. Nur noch jeder fünfte der über 60-Jährigen ist<br />

erwerbstätig, weil die Unternehmen ihren Personalabbau <strong>und</strong> ihre Restrukturierungsmaßnahmen<br />

<strong>in</strong> großem Stil über die gesetzliche Vorruhestandsregelung bewältigen. Auf der anderen<br />

Seite nutzen viele <strong>Arbeitnehmer</strong> diese gesetzlichen Regelungen, um frühzeitig aus dem Erwerbsleben<br />

zu scheiden, weil sie mangels gezielter betrieblicher Förderung demotiviert s<strong>in</strong>d<br />

1<br />

Der Altersatlas ist e<strong>in</strong>e Datensammlung <strong>zur</strong> demografischen Entwicklung, Arbeitsmarktsituation <strong>und</strong> beruflichen<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> von dem Handlungsempfehlungen abgeleitet werden sollen.<br />

1


oder aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen frühzeitig aufhören müssen. Folglich <strong>in</strong>vestieren viele<br />

Personalverantwortlichen auch kaum <strong>in</strong> die Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>älterer</strong> Mitarbeiter. Verwehrt<br />

man Teammitgliedern aber den Zugang zu Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung, durch die sie ihre<br />

Qualifikationen auf den neuesten Stand br<strong>in</strong>gen könnten, s<strong>in</strong>ken die Leistungen tatsächlich.<br />

Dieser Teufelskreis kann dazu führen, <strong>das</strong>s ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> kaum noch Chancen auf e<strong>in</strong>en<br />

Wechsel des Arbeitsplatzes haben <strong>und</strong> verfrüht aus dem Arbeitsleben ausscheiden.<br />

Das Paradoxon besteht jedoch dar<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s der technologische Wandel <strong>und</strong> die neuen Formen<br />

der Arbeitsorganisation zu e<strong>in</strong>em vermehrten Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

geführt haben <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> Zukunft führen werden. Heute fehlen <strong>in</strong> manchen<br />

Branchen bereits Fachkräfte <strong>und</strong> durch den demographischen Wandel wird sich dieser<br />

Mangel bei wieder anlaufender Konjunktur noch verschärfen. Um e<strong>in</strong>e Kehrtwende <strong>in</strong> der<br />

Unternehmenshaltung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e bessere <strong>Integration</strong> <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> firmen<strong>in</strong>terne <strong>und</strong><br />

firmenexterne Bildungsprozesse zu erreichen, wurden Bildungsträger, Personalentwickler <strong>und</strong><br />

Wissenschaftler zum Austausch e<strong>in</strong>geladen.<br />

Die Veranstaltung vom 22. September 2004 nahm folgenden Verlauf: Im ersten Teil wurden<br />

die Teilnehmer von Prof. Dr. Josef Schmid, Leiter des Projektes, <strong>und</strong> Herr Studiendirektor<br />

Dieter Besemer, Referat für Berufliche Bildung im Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium Baden-<br />

Württemberg, begrüßt. Der erste Vortrag wurde von Prof. Dr. Felix Rauner vom Institut für<br />

Technik <strong>und</strong> Bildung der Universität Bremen zum Thema „Das lebenslange Lernen im Pro-<br />

zess der Arbeit – <strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Strategien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Integration</strong> <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> <strong>das</strong> betriebliche<br />

Qualifizierungssystem“ gehalten. Er machte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag deutlich, <strong>das</strong>s wenn<br />

man die umfängliche Literatur <strong>zur</strong> Weiterbildung, zum Entwicklungsstand, zu den Problemfeldern<br />

<strong>und</strong> zu den Vorschlägen für ihre Weiterentwicklung sichtet, dann kommt man rasch<br />

zu der Erkenntnis, <strong>das</strong>s die große Entwicklungsdynamik der Weiterbildung offenbar e<strong>in</strong>hergeht<br />

mit e<strong>in</strong>er die anderen Bildungssektoren (Hochschule, allgeme<strong>in</strong>e <strong>und</strong> berufliche Bildung)<br />

weit übertreffenden Unübersichtlichkeit. In se<strong>in</strong>em Vortrag versuchte er mit zehn Thesen <strong>zur</strong><br />

beruflichen Weiterbildung aus der Perspektive des technologisch-ökonomischen Wandels<br />

e<strong>in</strong>en Diskussionsbeitrag <strong>zur</strong> Strukturierung dieses aktuellen Themas zu leisten.<br />

Herr Karl-Hans Ste<strong>in</strong>er, Vorstand der Kreisbaugenossenschaft <strong>in</strong> Kirchheim Teck, beschrieb<br />

den Personalentwicklungsstand <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Unternehmen. In se<strong>in</strong>em Beitrag mit dem Titel<br />

„Lebenslanges Lernen als Motor für die Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

<strong>in</strong> den Unternehmen“ beschrieb er wie mit konkreten Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsangebote<br />

<strong>das</strong> Personal unabhängig vom Alter gezielt gefördert wird, <strong>in</strong>dem Maßnahmen <strong>und</strong><br />

2


erufliche Beratungen auch für ältere Mitarbeiter zugängig gemacht werden. Für <strong>das</strong> Unternehmen<br />

spielt <strong>das</strong> Alter ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>e Rolle bei der berufliche Förderung, denn die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>und</strong> Unternehmensstruktur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich ständig wandelnden <strong>und</strong> <strong>in</strong>novative<br />

Bauwirtschaft setzt auf die <strong>in</strong>dividuelle aber auch auf die kollektive Leistungsfähigkeit aller<br />

Mitarbeiter um e<strong>in</strong>en langjährigen Unternehmenserfolg zu gewährleisten. Diese Unternehmensstrategie<br />

zahlt sich aus. Trotz schwacher Konjunktur schreibt <strong>das</strong> Unternehmen anhaltend<br />

schwarze Zahlen.<br />

Das zweite Praxisbeispiel am Ende des ersten Teils referierte Herr Martien Elderhorst von<br />

der TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group - Expert Service im Rahmen des Themas „Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung<br />

des Humanpotenzials <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> aus der Unternehmensperspektive“. Hauptaugenmerk<br />

dieses Vortrags war die strategische <strong>und</strong> optimale altersgerechte Personalentwicklung<br />

durch <strong>das</strong> „Generatives Diversity Management“ <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf <strong>das</strong> Employability-<br />

Konzept <strong>und</strong> die Nutzung des Humankapitals <strong>in</strong>nerhalb der Unternehmen unter Berücksichtigung<br />

e<strong>in</strong>er alternden Belegschaft <strong>und</strong> des demographischen Wandels.<br />

Der zweite Teil des Workshops befasste sich mit der Förderung der Lernmotivation <strong>und</strong> der<br />

Leistungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong>. In diesem Themenkomplex referierte Prof. Dr. Stapf<br />

vom Institut für Psychologie an den Eberhard Karls Universität Tüb<strong>in</strong>gen zum Thema „För-<br />

derung der Lernmotivation <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich wandelnden<br />

Arbeitswelt“. Er stellte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vortrag dar, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Defizitmodell über die Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Lernmotivation <strong>älterer</strong> Erwerbspersonen e<strong>in</strong> Pauschalurteil darstellt. Er<br />

stellte weiterh<strong>in</strong> dar, <strong>das</strong>s Ältere genauso lernfähig s<strong>in</strong>d wie Jüngere, jedoch anders lernen <strong>und</strong><br />

auch anders gefördert werden müssen. Durch gezielte <strong>und</strong> altersgerechte Lernförderung <strong>in</strong><br />

den Unternehmen können die Lernmotivation <strong>und</strong> somit die Leistungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

gefördert <strong>und</strong> erhöht werden.<br />

In Anschluss daran wurden die Workshopteilnehmer aufgefordert, an e<strong>in</strong>em Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g<br />

mit Diskussion teilzunehmen. Unter dem Titel „Welche zukunftsfähigen <strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Strategien</strong><br />

s<strong>in</strong>d wichtig, um den Bedarf der Unternehmen zu decken? Welche Informationen <strong>und</strong><br />

wissenschaftlichen Hilfestellungen werden aus dem Projekt erwartet?“ wurden mit Hilfe von<br />

M<strong>in</strong>dmapp<strong>in</strong>g als Moderationsmethode zahlreiche Ideen <strong>und</strong> Fragestellungen gesammelt.<br />

Kern der Diskussion war es herauszuarbeiten wie Bildungsträger <strong>und</strong> Unternehmen erfolgreich<br />

mite<strong>in</strong>ander kooperieren können <strong>und</strong> wie wichtige Probleme durch Zusammenarbeit bei<br />

dem Thema „Ältere <strong>Arbeitnehmer</strong>“, gelöst werden können. Dabei wurden viele Probleme<br />

aufgelistet, die bei der Zusammenarbeit im Rahmen des Themenfeldes vorkommen.<br />

3


Wir danken Herr Studiendirektor Dieter Besemer als Vertreter des Referats für Berufliche<br />

Bildung des Wirtschaftsm<strong>in</strong>isteriums Baden-Württemberg für se<strong>in</strong> Grußwort <strong>und</strong> die Teilnahme<br />

an der Veranstaltung. Unser Dank geht auch an die Referenten <strong>und</strong> die Workshop-<br />

Teilnehmer für ihre Beiträge <strong>und</strong> ihre rege Mitwirkung.<br />

Für die Mitarbeit an der Konzeption, der Durchführung, der Organisation, der Auswertung<br />

<strong>und</strong> der Dokumentation des Workshops seitens der Eberhard Karls Universität <strong>und</strong> des Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />

für Arbeit, Technik <strong>und</strong> Kultur e.V. (F.A.T.K.) sei Frau Julia Ruppel <strong>und</strong> Frau<br />

Anna Altenburger gedankt.<br />

4


2. Das lebenslange Lernen im Prozess der Arbeit – <strong>Methoden</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Strategien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Integration</strong> <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> <strong>das</strong><br />

betriebliche Qualifizierungssystem<br />

Prof. Dr. Felix Rauner, Institut Technik <strong>und</strong> Bildung Universität Bremen<br />

Das Thema der beruflichen Weiterbildung ist <strong>in</strong> der öffentlichen Diskussion positiv besetzt.<br />

Die Programmatik des lebenslangen Lernens wird <strong>in</strong> großer Übere<strong>in</strong>stimmung getragen:<br />

� von der Wirtschaft – unter Bezugnahme auf die human resources als dem zentralen Innovationsfaktor,<br />

� von den <strong>Arbeitnehmer</strong>organisationen – verknüpft mit der Forderung nach e<strong>in</strong>em Recht auf<br />

Weiterbildung sowie<br />

� von der Bildungspolitik <strong>und</strong> der Pädagogik – unter H<strong>in</strong>weis auf Bildungschancen <strong>und</strong> die<br />

freie Entfaltung der Persönlichkeit.<br />

Die berufliche Weiterbildung ist mittlerweile der sich am dynamischsten entwickelnde Bildungssektor.<br />

Die Kosten bzw. Investitionen für die berufliche Weiterbildung werden <strong>in</strong><br />

Deutschland auf jährlich ca. 40 Milliarden Euro geschätzt – mit steigender Tendenz. Der überwiegende<br />

Teil dieser Kosten fällt für den Bereich der betrieblichen Weiterbildung an.<br />

Sichtet man die umfängliche Literatur <strong>zur</strong> Weiterbildung, zum Entwicklungsstand, zu den<br />

Problemfeldern <strong>und</strong> zu den Vorschlägen für ihre Weiterentwicklung, dann kommt man rasch<br />

zu der Erkenntnis, <strong>das</strong>s die große Entwicklungsdynamik der Weiterbildung offenbar e<strong>in</strong>hergeht<br />

mit e<strong>in</strong>er die anderen Bildungssektoren (Hochschule, allgeme<strong>in</strong>e <strong>und</strong> berufliche Bildung)<br />

weit übertreffenden Unübersichtlichkeit. Ich möchte daher <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Vortrag mit zehn Thesen<br />

<strong>zur</strong> beruflichen Weiterbildung den Versuch unternehmen, aus der Perspektive des technologisch-ökonomischen<br />

Wandels e<strong>in</strong>en Diskussionsbeitrag <strong>zur</strong> Strukturierung dieses aktuellen<br />

Themas zu leisten.<br />

1. These: Der sich beschleunigende, durch technologische Innovationen ausgelöste<br />

Zuwachs an arbeitsprozessrelevanten Wissen (Wissensexplosion) führt nicht<br />

zwangsläufig zu e<strong>in</strong>er fortschreitenden Spezialisierung bei der Organisation betrieblicher<br />

Aufgaben.<br />

In e<strong>in</strong>er Vielzahl von Untersuchungen konnte mittlerweile die plausible Vermutung, <strong>das</strong>s der<br />

technologische Wandel <strong>in</strong> immer kürzeren Zeitabschnitten immer umfangreichere Mengen an<br />

spezifischem Wissen hervorbr<strong>in</strong>gt, <strong>das</strong> im Arbeitsprozess von den Beschäftigten bewältigt<br />

5


werden muss, e<strong>in</strong>drucksvoll untermauert werden. So hat z. B. der Umfang der Servicedokumentation<br />

für den Kfz-Service – um e<strong>in</strong> prom<strong>in</strong>entes Beispiel zu zitieren – zwischen 1930<br />

<strong>und</strong> 2000 um Zehnerpotenzen zugenommen. Die Servicedokumentation für den legendären<br />

Opel P4 betrug Mitte der 1930er Jahre gerade e<strong>in</strong>mal 50 Seiten. 1970 umfasste die Servicedokumentation<br />

für die e<strong>in</strong>schlägige Modellreihe bereits 2000 Seiten <strong>und</strong> heute liegt sie deutlich<br />

über 200 000 Seiten. Unterstellt werden kann, <strong>das</strong>s die Hersteller nur solche Informationen<br />

<strong>und</strong> Service- bzw. Reparaturanleitungen <strong>zur</strong> Verfügung stellen, die vom Kfz-Service für die<br />

qualifizierte Wahrnehmung der Service- <strong>und</strong> Reparaturaufgaben auch benötigt werden. Untersucht<br />

man den Teilbereich der Kfz-Elektronik, dann verstärkt sich der Effekt des Wissenszuwachs<br />

noch e<strong>in</strong>mal um e<strong>in</strong> Vielfaches. Wir haben es geradezu mit e<strong>in</strong>er Explosion des Wissenszuwachses<br />

zu tun. Interessant ist nun die Frage nach den Konsequenzen für die betriebliche<br />

Aufgabenorganisation. Naheliegend wäre, <strong>das</strong>s für diesen gigantischen Wissenszuwachs<br />

e<strong>in</strong>e entsprechende Spezialisierung bei der Aufgabenwahrnehmung vorgenommen werden<br />

muss. In e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternational vergleichenden Untersuchung dieses Phänomens konnte gezeigt<br />

werden, <strong>das</strong>s unterschiedliche Organisationskonzepte <strong>in</strong>ternational mite<strong>in</strong>ander konkurrieren.<br />

Abb. 1: „Wissensexplosion“ im Kfz-Sektor gemessen an der Service-Dokumentation für Kfz-<br />

Werkstätten<br />

6


Abb. 2 Zum Zusammenhang von Spezialisierung <strong>und</strong> Produktivität im Kfz-Service-Sektor (vgl. Rauner/Spöttl/Micknass<br />

1997)<br />

Das e<strong>in</strong>deutig überlegene betriebliche Organisationskonzept setzt auf den flexiblen Allro<strong>und</strong>-<br />

Service: „Alle Kompetenz aus e<strong>in</strong>er Hand“. Damit e<strong>in</strong>her geht <strong>das</strong> Berufskonzept des „Allro<strong>und</strong>-Mechanic“.<br />

Es gilt mittlerweile auch für Europa als wegweisend für die Organisation<br />

des Kfz-Service, die berufliche Erstausbildung <strong>und</strong> für die berufliche Weiterbildung. Aufzuklären<br />

bleibt, wie der gigantische Zuwachs an objektivem Wissen, subjektiv auf der Ebene<br />

des Arbeitsprozesswissens von den Kfz-Monteuren <strong>und</strong> -technikern bewältigt werden kann<br />

(Rauner/Spöttl/Micknass 1997). Für die betriebliche Weiterbildung bedeutet dies, dem Thema<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Unternehmensorganisation <strong>und</strong> betriebliche Organisationsentwicklung, dem organisationalen<br />

Lernen sowie dem Leitbild des lernenden Unternehmens die größte Aufmerksamkeit<br />

zu widmen. Wenn es gel<strong>in</strong>gt, Arbeitsorganisation <strong>und</strong> betriebliche Organisationsentwicklung<br />

<strong>in</strong> der betrieblichen Weiterbildung auf allen Hierarchieebenen effektiver zu gestalten<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Prozess des organisationalen Lernens <strong>in</strong> Gang zu setzen, dann erhöht dies die<br />

Chance, die direkten Wertschöpfungsprozesse effektiver zu gestalten <strong>und</strong> damit die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Unternehmen zu erhöhen.<br />

Die Rücknahme der Spezialisierung erfordert Zusammenhangsverständnis <strong>und</strong> die Fähigkeit,<br />

die je eigene Kompetenz <strong>in</strong> Geschäftsprozesse e<strong>in</strong>zuordnen <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. Anders<br />

formuliert: K<strong>und</strong>enorientiert denken <strong>und</strong> handeln.<br />

Hier s<strong>in</strong>d wir mit e<strong>in</strong>em Dilemma konfrontiert. Die computer- <strong>und</strong> netzbasierte <strong>Integration</strong> der<br />

produzierenden <strong>und</strong> verwaltenden Prozesse <strong>in</strong> Unternehmen erfordert zum Beispiel <strong>in</strong> der<br />

Instandhaltung e<strong>in</strong> breites Anlagenverständnis, <strong>das</strong>s weit über den eigenen Aufgabenbereich<br />

7


h<strong>in</strong>aus reicht. Der E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegriertes Produktionssystem am Ort A hat <strong>in</strong> der Regel<br />

Auswirkungen an sehr vielen anderen Orten im eigenen oder gar <strong>in</strong> anderen Unternehmen, die<br />

mit dem eigenen vernetzt s<strong>in</strong>d. Zugleich muss der Instandhalter bei e<strong>in</strong>er spezifischen Störung<br />

durch immer weitere Schichten computer- <strong>und</strong> netzbasierter Systeme <strong>und</strong> Aggregate bis auf<br />

die Hardware-Ebene durchdr<strong>in</strong>gen, um e<strong>in</strong>e Störung zu beheben. Dazu kommt die <strong>Integration</strong><br />

mikroelektronischer, hydraulischer <strong>und</strong> pneumatischer Technologien, die <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

getrennten Berufen zugewiesen waren. Diesem Dilemma: sich zugleich mehr Breitenwissen<br />

<strong>und</strong> Tiefenwissen aneignen zu müssen, können Instandhaltungsfachkräfte nicht entgehen.<br />

Alle bisherigen Versuche, durch e<strong>in</strong>e wissensbasierte Diagnose- <strong>und</strong> Selbstdiagnosetechnik<br />

dieses Dilemma aufzulösen, haben gezeigt, <strong>das</strong>s die Expertise qualifizierter Facharbeiter auf<br />

absehbare Zeit nicht durch künstliche Intelligenz ersetzt werden kann.<br />

2. These: Zwischen dem Umfang an objektivem <strong>und</strong> subjektivem Arbeitsprozesswissen<br />

gibt es weder e<strong>in</strong>en direkt-proportionalen Zusammenhang, noch lässt sich<br />

vom Umfang <strong>und</strong> der Qualität technologischer Innovationen <strong>das</strong> arbeits- <strong>und</strong> arbeitsprozessbezogene<br />

Wissen e<strong>in</strong>fach ableiten. Im E<strong>in</strong>zelfall kann sich <strong>das</strong> objektive<br />

<strong>und</strong> subjektive arbeitsrelevante Wissen auch umgekehrt proportional zue<strong>in</strong>ander<br />

verhalten.<br />

So hat z. B. der exponentielle Wissenszuwachs im Bereich der Kfz-Elektronik dazu geführt,<br />

<strong>das</strong>s der Anteil der Kfz-Elektriker/Elektroniker seit ca. 20 Jahren kont<strong>in</strong>uierlich (im Verhältnis<br />

zu den Kfz-Mechanikern!) abnimmt <strong>und</strong> schließlich <strong>zur</strong> Abschaffung dieses speziellen<br />

Berufes geführt hat. E<strong>in</strong>geführt wurde stattdessen der Universalberuf des Kfz-Mechatronikers.<br />

Technologische Innovationen können also auch dazu genutzt werden, <strong>in</strong> der Mensch-<br />

Masch<strong>in</strong>e-Interaktion die zunehmend programmgesteuerten Arbeitssysteme an die Fähigkeiten<br />

des Menschen anzupassen <strong>und</strong> dadurch den Umfang des Bedienungswissens drastisch zu<br />

reduzieren. In Branchen, die dem <strong>in</strong>ternationalen Qualitätswettbewerb besonders stark ausgesetzt<br />

s<strong>in</strong>d, wurde dieser Weg erfolgreich beschritten <strong>und</strong> damit der Weiterbildungsumfang <strong>in</strong><br />

diesen Aufgabenfeldern <strong>in</strong> Grenzen gehalten. In zahlreichen Berufen <strong>und</strong> Berufsfeldern<br />

herrscht jedoch noch e<strong>in</strong>e Tradition vor, nach der Qualifikationsanforderungen für e<strong>in</strong>e vorgegebene<br />

Technik def<strong>in</strong>iert werden. Weiterbildung wird <strong>zur</strong> abhängigen <strong>und</strong> die Technik <strong>zur</strong><br />

unabhängigen Variable.<br />

8


Technologische<br />

Innovationen<br />

Arbeitsorganisation<br />

Abb. 3: Technologischer Determ<strong>in</strong>ismus <strong>in</strong> der Berufsbildungsplanung<br />

Qualifikations-/<br />

Bildungsanforderungen<br />

In dieser determ<strong>in</strong>istischen Tradition der Ausgestaltung des Zusammenhangs zwischen Technik,<br />

Arbeit <strong>und</strong> Qualifikation kann es dann sehr leicht zu e<strong>in</strong>em außerordentlich umfangreichen<br />

Weiterbildungsbedarf kommen. Die Ursache liegt dann jedoch nicht zwangsläufig <strong>in</strong> den<br />

Qualifikationsanforderungen, die durch die technologischen Innovationen an sich verursacht<br />

werden, sondern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mehr oder weniger arbeitsorientierten Gestaltung der Technik, vor<br />

allem im weiterbildungsrelevanten Bereich der programmgesteuerten Arbeitssysteme. Dieser<br />

Aufgabenbereich reicht von der Büroarbeit über die fertigungsbezogene Arbeit bis h<strong>in</strong> zu den<br />

unterschiedlichsten Formen <strong>in</strong>standhaltender Facharbeit.<br />

Programmgesteuerte Arbeitssysteme haben für <strong>das</strong> Lernen im Arbeitsprozess e<strong>in</strong>e außerordentlich<br />

große Bedeutung, da sie, anders als konventionell masch<strong>in</strong>isierte Arbeitssysteme,<br />

über e<strong>in</strong>e besonders hohe Plastizität bei der Gestaltung der Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Interaktion<br />

verfügen. Programmgesteuerte Arbeitssysteme bedürfen <strong>in</strong> allen Anwendungsfeldern jeweils<br />

der Entscheidung, wie die Aufgabenteilung <strong>und</strong> Aufgabenwahrnehmung zwischen Mensch<br />

<strong>und</strong> Masch<strong>in</strong>e gestaltet werden soll. Bei den KI-gestützten Arbeitssystemen (KI = Künstliche<br />

Intelligenz) geht es um die weitergehende Frage der Interaktion <strong>und</strong> Verteilung zwischen<br />

künstlicher <strong>und</strong> menschlicher Intelligenz. Nicht selten s<strong>in</strong>d die anthropozentrischen Lösungsansätze<br />

(Human Centred Systems) den technozentrischen Expertensystemlösungen überlegen<br />

(vgl. Fischer u. a. 1995). Innovationen <strong>in</strong> diesem Bereich wirken sich besonders gravierend<br />

auf den Strukturwandel im Beschäftigungssystem <strong>und</strong> damit auf den Weiterbildungsbedarf<br />

aus (vgl. Jansen 2000).<br />

3. These: Mit der Erhöhung der tutoriellen Qualität der Arbeitsgestaltung <strong>in</strong>formationstechnischer<br />

Arbeitssysteme kann e<strong>in</strong> großer Umfang e<strong>in</strong>er subjektiv belastenden<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er betriebswirtschaftlich kontraproduktiven Weiterbildung für<br />

unnützes „Oberflächenwissen“ vermieden werden.<br />

Nach unserer E<strong>in</strong>schätzung für den besonders weiterbildungsrelevanten Bereich der Arbeit an<br />

<strong>und</strong> mit programmgesteuerten Arbeitssystemen kann der Weiterbildungsumfang für e<strong>in</strong>e große<br />

Zahl von Weiterbildungssektoren deutlich reduziert werden. Dazu bedarf es der Vermeidung<br />

von Oberflächenwissen. Die Implementation von tutoriellen Elementen <strong>in</strong> computergestützte<br />

Arbeitssysteme bzw. die Erhöhung ihrer tutoriellen Qualität ist e<strong>in</strong> entscheidender An-<br />

9


satz, um <strong>das</strong> Lernen <strong>in</strong> Arbeitsprozessen zu verbessern. Damit ergibt sich auch die Möglichkeit,<br />

<strong>das</strong> multimediale Lernen außerhalb des Arbeitsprozesses e<strong>in</strong>zuschränken auf Lernprozesse,<br />

die nicht oder nur sehr schwer <strong>in</strong> den Arbeitsprozess <strong>in</strong>tegriert werden können. Dies<br />

bedeutet auch, die weitgehend separat vone<strong>in</strong>ander stattf<strong>in</strong>denden Entwicklungs- <strong>und</strong> Forschungsstränge,<br />

der Entwicklung programmgesteuerter Arbeitssysteme e<strong>in</strong>erseits sowie der<br />

Entwicklung darauf bezogener multimedialer Lernmedien andererseits, <strong>in</strong> tutoriellen Arbeitssystemen<br />

zusammenzuführen. Für die Entwicklungs<strong>in</strong>genieure stellt sich hier die neue Aufgabe,<br />

Werkzeuge <strong>und</strong> Masch<strong>in</strong>en für die Mensch-Masch<strong>in</strong>e-Interaktion auch unter didaktischen<br />

Gesichtspunkten zu gestalten. Dies heißt vor allem: Vermeiden von überflüssigem Bedienungswissen,<br />

Anpassen der technischen Systeme an die menschlichen Fähigkeiten, Lernformen<br />

<strong>und</strong> Verhaltensweisen <strong>und</strong> die Implementation von Unterstützungssystemen bei der<br />

Nutzung, Instandhaltung <strong>und</strong> Reparatur der Systeme (etwa durch Selbstdiagnosetechnik).<br />

Die expandierende Multimedia-Produktion für die Weiterbildung ist weith<strong>in</strong> durch deutlich<br />

überschätzte Markterwartungen gesteuert. Zugleich wird <strong>das</strong> didaktische Potenzial des multimedialen<br />

Lernens für die Arbeit (<strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> der Arbeit) erheblich überschätzt.<br />

4. These: Jede Form beruflicher Bildung – <strong>in</strong>sbesondere die berufliche Weiterbildung<br />

– steht vor der Lösung des Aktualitätsproblems: Die Frage, wie sich durch<br />

Bildung <strong>und</strong> Qualifizierung sicherstellen lässt, <strong>das</strong>s sich der Abstand zwischen<br />

technologischen Innovationen <strong>und</strong> der zeitlich nacheilenden beruflichen Qualifizierung<br />

möglichst gegen Null steuern lässt (Just-<strong>in</strong>-Time-Qualifizierung) ist<br />

falsch gestellt <strong>und</strong> entspr<strong>in</strong>gt dem problematischen Leitbild der Anpassungsqualifizierung.<br />

Dah<strong>in</strong>ter verbirgt sich <strong>das</strong> Leitbild e<strong>in</strong>er auf Anpassung an die technologisch-ökonomische<br />

Entwicklung zielende Weiterbildung <strong>und</strong> Personalentwicklung <strong>und</strong> e<strong>in</strong> determ<strong>in</strong>istisches<br />

(technozentrisches) Planungsmodell (Abb. 4 sequenzielles, technozentrisches Planen). Mit<br />

markt- <strong>und</strong> technologieorientierten Frühwarnsystemen wird versucht, die konkreten betrieblichen,<br />

organisatorischen <strong>und</strong> technologischen Entwicklungsaufgaben aus dem Marktgeschehen<br />

abzuleiten. Für die daraus resultierende Personalplanung <strong>und</strong> -entwicklung werden dann die<br />

Qualifikationsdefizite ermittelt. Daraus ergibt sich dann – nach diesem Planungsmodell – unmittelbar<br />

<strong>das</strong> Weiterbildungsprogramm.<br />

10


Planungshorizont<br />

Potenzialorientiertes<br />

Planen<br />

Synchronisierendes<br />

Planen<br />

Sequenzielles,<br />

technozentrisches<br />

Planen<br />

Marktpotenzial<br />

marktorientiertes<br />

Frühwarnsystem<br />

Marktanalyse<br />

technologischorganisatorisches<br />

Entwicklungspotenzial<br />

Technologie-Portfolio<br />

Technikorganisation<br />

Abb. 4: Potenzialorientierte Personalentwicklung (<strong>in</strong> Anlehnung an Staudt 1993<br />

Personal als<br />

Innovationspotenzial<br />

Just <strong>in</strong> Time-<br />

Personalentwicklung<br />

Personalanpassung<br />

Planungsfolge<br />

Ausgehend von der E<strong>in</strong>sicht, <strong>das</strong>s betriebliche Innovationen umso erfolgreicher aus dem betrieblichen<br />

Prozess entspr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> dort ebenso nachhaltig umgesetzt werden, je kompetenter<br />

<strong>und</strong> motivierter die Belegschaft ist, hat sich e<strong>in</strong> neues Leitbild für <strong>das</strong> „Lernende Unternehmen“<br />

durchgesetzt: Die Befähigung der Beschäftigten <strong>zur</strong> Mitgestaltung der Arbeitswelt <strong>in</strong><br />

ökonomischer, sozialer <strong>und</strong> ökologischer Verantwortung. Dieses Leitbild korrespondiert mit<br />

e<strong>in</strong>er Potenzialorientierung der Personalplanung: Rückkopplung von Personalpotenzial <strong>und</strong><br />

PE-Möglichkeiten auf Technikauswahl-/Implementation <strong>und</strong> Marktentwicklung (vgl. Staudt<br />

1993). Die Umsetzung dieses Leitbildes <strong>und</strong> -zieles <strong>in</strong> Formen <strong>und</strong> Inhalte beruflicher Weiterbildung<br />

hat weitreichende didaktische <strong>und</strong> weiterbildungsorganisatorische Konsequenzen.<br />

Das Lernen im Kontext betrieblicher Innovationsvorhaben <strong>und</strong> <strong>das</strong> Heranführen an die betrieblichen<br />

Brennpunkte e<strong>in</strong>er beteiligungsorientierten betrieblichen Organisationsentwicklung<br />

hat den großen Vorteil, Lernen unmittelbar mit betrieblichen Innovationen zu verknüpfen.<br />

Dieser Form des Lernens gilt der Vorzug vor den sem<strong>in</strong>aristischen Veranstaltungen zu<br />

kontextfreien Weiterbildungsthemen nach dem Muster universitärer Lehrveranstaltungen.<br />

11


Technologie<br />

(Entwicklung)<br />

Personal<br />

(Entwicklung)<br />

Organisation<br />

(Entwicklung)<br />

Abb. 5: Das iterative Planungsmodell e<strong>in</strong>er gestaltungsorientierten Personalentwicklung<br />

Bei kürzer werdenden Innovationszyklen, bei steigenden Kosten für immer leistungsfähigere<br />

Technologien, beim Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt sowie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sich verschärfenden<br />

<strong>in</strong>ternationalen Qualitätswettbewerb rückt die Frage nach zeitgemäßen <strong>Strategien</strong> <strong>und</strong><br />

Konzepten der Qualifizierung der Beschäftigten – die zentrale Ressource der Organisation<br />

von Innovation – <strong>in</strong>s Zentrum des ökonomischen Interesses. Am Beispiel der IT-Industrie<br />

lässt sich dies e<strong>in</strong>fach zeigen. Die <strong>in</strong>formationstechnischen Basis<strong>in</strong>novationen stehen <strong>in</strong> der<br />

Form von Norm-Bauste<strong>in</strong>en (Mikroprozessoren) <strong>und</strong> von Basissoftware sowie auf der Ebene<br />

der IT- oder IT-basierten Systemarchitekturen weltweit als „Rohstoff“ <strong>zur</strong> Verfügung. Wettbewerbsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> ökonomische Prosperität entspr<strong>in</strong>gt der Fähigkeit, Basis<strong>in</strong>novationen <strong>in</strong><br />

vermarktbare Produkte <strong>und</strong> wettbewerbsfähige Dienstleistungen zu transferieren: Die differenzielle<br />

Transformation <strong>und</strong> Applikation zunehmend offener IT-Systeme <strong>und</strong> Systemarchitekturen<br />

begründet Innovationsfähigkeit <strong>und</strong> wirtschaftlichen Erfolg. Die große Bedeutung,<br />

die der Transformation von technologischen Basis<strong>in</strong>novationen <strong>in</strong> wettbewerbsfähigen Produkten<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen zukommt, fordert <strong>zur</strong> Aufklärung der Transformationsprozesse<br />

heraus. Deren Qualität wird <strong>in</strong> ihrem Kern bestimmt durch die Qualität betrieblicher Organisationsentwicklung,<br />

die wiederum auf der Kompetenz <strong>und</strong> Kompetenzentwicklung der Beschäftigten<br />

basiert.<br />

E<strong>in</strong>e gestaltungsorientierte Personalentwicklung betrachtet den Zusammenhang zwischen<br />

technologischen Innovationen, der Organisation von Arbeit <strong>und</strong> der Qualifizierung <strong>in</strong> ihren<br />

Wechselverhältnissen <strong>und</strong> Wechselprozessen (vgl. Abb. 5).<br />

Die Dimension der Gestaltung wird <strong>zur</strong> zentralen Kategorie für die Analyse- <strong>und</strong> Entwicklungsstrategien.<br />

Mit der Leitidee <strong>und</strong> dem Konzept e<strong>in</strong>er gestaltungsorientierten Personalentwicklung<br />

korrespondiert <strong>das</strong> von Staudt vorgeschlagene „potenzialorientierte Personalentwicklungsmodell“<br />

(vgl. Abb. 4).<br />

12


5. These: Die Basis jeder Form effektiver Weiterbildung ist e<strong>in</strong>e berufliche Erstausbildung.<br />

Dabei kommt dem Identifikations- <strong>und</strong> Motivationspotenzial, <strong>das</strong> von modernen, offenen <strong>und</strong><br />

dynamischen Berufsbildern ausgeht (so z. B. von den IT-Berufen, e<strong>in</strong>er großen Zahl von<br />

Handwerksberufen ebenso wie traditionsreichen akademischen Berufen wie Arzt, Ingenieur<br />

usw.), e<strong>in</strong>e zentrale Bedeutung zu. Jene Bereiche der beruflichen Erstausbildung, die sich an<br />

eng zugeschnittenen beruflichen Teilaufgaben oder an der Oberfläche des technologischen<br />

Wandels orientierten, s<strong>in</strong>d weder als F<strong>und</strong>ament für die berufsförmige Organisation der Arbeit<br />

noch für die Berufsbildung <strong>und</strong> schon gar nicht für <strong>das</strong> lebenslange Lernen geeignet.<br />

Breiter zugeschnittene <strong>und</strong> flexibel auszugestaltende Berufe s<strong>in</strong>d auch für die Zukunft e<strong>in</strong>e<br />

zentrale Größe für betriebliche Innovationen, entwickelte Fach-Arbeitsmärkte <strong>und</strong> e<strong>in</strong> effektives<br />

Weiterbildungssystem. In dieser auf der mitteleuropäischen Industriekultur basierenden<br />

Berufsbildungstradition sollte jedoch stärker als bisher <strong>das</strong> Element der Berufsentwicklung<br />

<strong>und</strong> der Begründung beruflicher Karrierewege <strong>in</strong>tegriert werden. In der kontrovers geführten<br />

Berufsbildungsdiskussion <strong>in</strong> der Europäischen Union wird dem Konzept der Berufsform der<br />

Arbeit als dem Bezugspunkt für e<strong>in</strong>e moderne Berufsausbildung <strong>und</strong> als Basis für <strong>das</strong> lebenslange<br />

Lernen <strong>das</strong> Konzept e<strong>in</strong>er modularisierten Qualifizierung entgegen gesetzt. Danach regelt<br />

e<strong>in</strong> modularisiertes Zertifizierungssystem den Weiterbildungsmarkt. E<strong>in</strong> Berufsbildungssystem<br />

erübrigt sich nach diesem Konzept bzw. es lässt sich auf rudimentäre Elemente der<br />

Berufsorientierung <strong>in</strong> der Sek<strong>und</strong>arstufe des Schulsystems reduzieren. Die Schwäche dieses<br />

sche<strong>in</strong>bar hochflexiblen <strong>und</strong> anpassungsfähigen Qualifizierungssystems liegt dar<strong>in</strong> begründet,<br />

<strong>das</strong>s Bildung als eigenständige Innovationsgröße aufgegeben wird <strong>und</strong> damit weitgehend ihr<br />

kreatives <strong>und</strong> gestaltungsorientiertes Potenzial e<strong>in</strong>büßt.<br />

6. These: Der Übergang <strong>und</strong> der Zusammenhang von beruflicher Erstausbildung zu<br />

den vielfältigen Formen <strong>und</strong> Inhalten der beruflichen Weiterbildung wird durch<br />

den Prozess des lebensbegleitenden Lernens so eng, <strong>das</strong>s es wenig s<strong>in</strong>nvoll ist, die<br />

(berufliche) Weiterbildung als vierte separate Säule des Bildungssystems neben<br />

dem Berufsbildungssystem zu etablieren. Dagegen spricht alles dafür, berufliche<br />

Bildung als Zusammenhang von Erstausbildung <strong>und</strong> Weiterbildung zu organisieren.<br />

Es ist <strong>in</strong> zahlreichen europäischen Ländern längst üblich, die berufliche Erstausbildung <strong>und</strong><br />

die Weiterbildung als e<strong>in</strong>e dritte Säule des Bildungssystems – neben <strong>und</strong> zwischen Schule <strong>und</strong><br />

Hochschule – auszugestalten. Dabei spielt die Ausgestaltung des Übergangs von der Schule <strong>in</strong><br />

13


die Berufsbildung <strong>und</strong> <strong>in</strong> die Arbeitswelt am unteren Ende des Berufsbildungssystems <strong>und</strong> der<br />

Übergang <strong>und</strong> die Verflechtung mit der Hochschulbildung am oberen Ende des Berufsbildungssystems<br />

e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle für die Erhöhung der Durchlässigkeit des gesamten<br />

Bildungssystems im Prozess des lebensbegleitenden Lernens. Erfahrungen mit der mitteleuropäischen<br />

Berufsbildungstradition <strong>und</strong> der engen Verzahnung von reflektierter Arbeitserfahrung<br />

<strong>in</strong> der Arbeitswelt <strong>und</strong> der darauf Bezug nehmenden systematisierenden Bildung <strong>in</strong> Berufsbildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

als den zwei Seiten e<strong>in</strong>er dualen bzw. kooperativen Berufsbildung<br />

legen es nahe, auch <strong>in</strong> der beruflichen Weiterbildung <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Hochschulbildung die Elemente<br />

dualer Bildung zu verstärken – im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Oberstufe e<strong>in</strong>es dualen bzw. kooperativen<br />

Berufsbildungssystems.<br />

7. These: Es gibt e<strong>in</strong>e erhebliche Diskrepanz zwischen der kaum strittigen Forderung<br />

<strong>und</strong> Programmatik nach lebenslangem Lernen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er mangelnden Akzeptanz<br />

vor allem des außerbetrieblichen Weiterbildungsangebotes (<strong>zur</strong> Erhöhung<br />

der Beschäftigungsfähigkeit) durch die Adressaten dieser Weiterbildung.<br />

Durch e<strong>in</strong>e beschäftigungsnahe Weiterbildung, vor allem f<strong>in</strong>anziert aus Mitteln der Arbeitsverwaltungen<br />

sowie des Europäischen Sozialfonds <strong>und</strong> anderen öffentlichen Mitteln soll erreicht<br />

werden, <strong>das</strong>s die Qualifikation der Beschäftigten den Anforderungen der Beschäftiger<br />

genügen. Studien zeigen <strong>in</strong>des, <strong>das</strong>s unter den Bed<strong>in</strong>gungen von Beschäftigungskrisen die<br />

Weiterbildungsförderung oft mit dem Entzug der Subsistenzmittel für Arbeitslose verknüpft<br />

wird. „Berufliche“ Weiterbildung wird <strong>in</strong> diesem Bereich vielfältig von den <strong>zur</strong> Weiterbildung<br />

Gedrängten als bedrohlich erlebt <strong>und</strong> im konkreten Fall nicht selten als dequalifizierend<br />

e<strong>in</strong>gestuft. Die <strong>in</strong>dividuelle Kosten-Nutzen-Abschätzung mündet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beachtlichen Umfang<br />

<strong>in</strong> Weiterbildungsabst<strong>in</strong>enz e<strong>in</strong>, wie e<strong>in</strong>e von der DFG f<strong>in</strong>anzierte Untersuchung von<br />

Bolder <strong>und</strong> Hendrich (2000) zeigt. „Lebenslanges Lernen heißt aus dieser Sichtweise lebenslanges<br />

Bemühen, um den <strong>in</strong>dividuellen Marktwert […]. Lebenslanges Lernen ist, mit aller<br />

Doppeldeutigkeit, lebenslängliches Lernen, ist die lebenslange Angst um Kompetenz; da es<br />

die ständige Erfahrung vermittelt, nichts bzw. immer zu wenig zu können <strong>und</strong> zu wissen“<br />

(Geissler 1996, S. 79 f., zitiert nach Bolder <strong>und</strong> Hendrich). Diese „<strong>in</strong>fantilisierende Erfahrung“<br />

fördert die Weiterbildungsabst<strong>in</strong>enz. Die Autoren kommen zu dem Schluss, <strong>das</strong>s „im<br />

Normalfall […] nichts für diese Form der Weiterbildung spricht“ (S. 234). Dagegen ergibt<br />

ihre umfangreiche empirische Untersuchung e<strong>in</strong>e deutliche Präferenz für <strong>das</strong> Lernen im Arbeitsvollzug.<br />

Nach dieser Untersuchung ist der verbreitete Glaube an die <strong>Integration</strong>swirkung<br />

des organisierten Lernens <strong>in</strong> der Bildungs- <strong>und</strong> Erwerbsbiografie Erwachsener e<strong>in</strong> Mythos.<br />

Dies gilt vor allem für die Zielgruppe, die lebenslang von Qualifikationsoffensiven profitieren<br />

14


soll. Bolder <strong>und</strong> Hendrich plädieren <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit anderen Erziehungswissenschaftlern<br />

für e<strong>in</strong>e Weiterbildungspädagogik, die darauf zielt, Lebensläufe professionell zu<br />

begleiten <strong>und</strong> nicht Anpassungs-, sondern Gestaltungskompetenz, zu vermitteln (Lenzen<br />

1997).<br />

8. These: Die Wahrnehmung von <strong>und</strong> die Beteiligung an Weiterbildung nimmt mit<br />

der Vorbildung der Adressaten zu. Dieses „Vorbildungs-Weiterbildungssyndrom“<br />

(Münck/Lipsmeier 1997), nach dem <strong>in</strong> Deutschland zwar 44 Prozent<br />

der leitenden Angestellten <strong>und</strong> 20 Prozent der Facharbeiter, aber nur sechs Prozent<br />

der Angelernten an Bildungsmaßnahmen teilnehmen, erweist sich als außerordentlich<br />

stabil <strong>und</strong> schwächt die Weiterbildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bereich, dem für die<br />

Entwicklung produktiver Betriebsstrukturen e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung zukommt.<br />

Untersuchungen zu den Weiterbildungskonzepten der Unternehmen zeigen, <strong>das</strong>s die Mehrzahl<br />

der Betriebe über ke<strong>in</strong> entwickeltes Weiterbildungskonzept verfügt. Noch immer s<strong>in</strong>d es<br />

eher ad hoc-Initiativen, die wechselseitig vom Management <strong>und</strong> vor allem von den Führungskräften<br />

ausgehen. Diese Praxis schwächt die betriebliche Personalentwicklung im Bereich der<br />

direkt wertschöpfenden Arbeit, der für die Erhöhung der Arbeitsproduktivität e<strong>in</strong> hoher Stellenwert<br />

zukommt. Produktive <strong>und</strong> <strong>in</strong>novative betriebliche Organisationskonzepte mit flachen<br />

Hierarchien <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er beteiligungsorientierten betrieblichen Organisationsentwicklung s<strong>in</strong>d<br />

auf e<strong>in</strong>e Rücknahme horizontaler <strong>und</strong> vertikaler Aufgabenteilung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Überlagerung der<br />

funktionsorientierten durch e<strong>in</strong>e geschäftsprozessorientierte Organisationsstruktur angewiesen.<br />

Dies wiederum stellt hohe Anforderungen an die Personalentwicklung <strong>in</strong>sbesondere für<br />

die Beschäftigten im direkt wertschöpfenden Bereich, dort also, wo Produkte konkret hergestellt<br />

werden <strong>und</strong> die produktionsnahen Dienstleistungen unmittelbar erbracht werden. Es gilt<br />

also, dem „Vorbildungs-Weiterbildungssyndrom“ <strong>in</strong> der Personalentwicklung entgegen zu<br />

wirken <strong>und</strong> dafür wirksame Konzepte betrieblicher Weiterbildung zu etablieren, wie sie vielfältig<br />

<strong>in</strong> Pilotprojekten (Lernstatt, Qualifikationszirkel u. ä.) entwickelt <strong>und</strong> erprobt wurden.<br />

9. These: Das Lernen <strong>in</strong> qualifizierenden Arbeitsprozessen ist e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>form<br />

menschlichen Lernens. Es kommt allerd<strong>in</strong>gs entscheidend darauf an, <strong>das</strong> wenig<br />

effektive, beiläufige Lernen im Arbeitsprozess zu e<strong>in</strong>em Lernen an herausfordernden<br />

Arbeitsaufgaben weiter zu entwickeln.<br />

Aktuelle Forschungen z. B. der pädagogischen Psychologie <strong>und</strong> der Expertiseforschung belegen,<br />

<strong>das</strong>s Erwachsene <strong>in</strong>sbesondere durch <strong>das</strong> Bewältigen „neuer“, herausfordernder Aufga-<br />

15


en lernen (vgl. Benner 1997). Dementsprechend kommt es auf <strong>das</strong> Identifizieren <strong>und</strong> Gestalten<br />

lernförderlicher beruflicher Aufgaben an. Es bedarf <strong>in</strong> diesem Zusammenhang der Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>fach zu handhabender Instrumente <strong>zur</strong> Identifizierung der für die Kompetenzentwicklung<br />

charakteristischen beruflichen Aufgaben. An Hand von arbeitspädagogischen<br />

Kriterien werden diese charakteristischen Arbeitsaufgaben dann <strong>in</strong> betriebsspezifische Arbeits-<br />

<strong>und</strong> Lernprojekte (ALP) übersetzt, so <strong>das</strong>s wertschöpfende Arbeit zugleich <strong>das</strong> berufliche<br />

Lernen gezielt fördert. Die ALP-Methodik ist e<strong>in</strong> Kernstück des Projektes <strong>und</strong> lehnt sich<br />

an <strong>das</strong> vom IT+B entwickelte Konzept der „Gestaltungsorientierten Lern- <strong>und</strong> Arbeitsaufgaben“<br />

(vgl. Howe u. a. 2002) an.<br />

Die Identifizierung der typischen bzw. charakteristischen Arbeitsaufgaben <strong>und</strong> -prozesse erfolgt<br />

über<br />

� Experten-Facharbeiter-Workshops <strong>und</strong><br />

� Führungskräfte-Workshops (vgl. Bremer/Jagla 2000 sowie Kle<strong>in</strong>er u. a. 2002).<br />

Aus den für die Fachkräftequalifizierung charakteristischen Arbeitsprozessen <strong>und</strong> -aufgaben<br />

ergeben sich die arbeitsprozessbezogenen Qualifizierungs<strong>in</strong>halte <strong>und</strong> <strong>das</strong> Arbeitsprozesswissen,<br />

<strong>das</strong> sich die Facharbeiter im Prozess des Lernens <strong>in</strong> der Arbeit aneignen. Neben der Aneignung<br />

beruflicher Kompetenz kommt der Herausbildung beruflichen Selbstbewusstse<strong>in</strong>s<br />

<strong>und</strong> der beruflichen Identität im Prozess des beruflichen Lernens e<strong>in</strong>e ganz zentrale Bedeutung<br />

zu. Betriebliche Belegschaften setzen sich aus „Praxisgeme<strong>in</strong>schaften“ (community of<br />

practise) zusammen, die vor allem durch ihre beruflichen Identitäten zusammen gehalten<br />

werden. Die <strong>in</strong> den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder publizierte <strong>und</strong> diskutierte These<br />

von der „Entberuflichung“ <strong>und</strong> der fortschreitenden Erosion der berufsförmigen Arbeit (Kutscha<br />

1992, Kern/Sabel 1994) ist weder e<strong>in</strong>e Gesetzmäßigkeit noch e<strong>in</strong> tragfähiges Leitbild für<br />

die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes <strong>und</strong> der betrieblichen Personalentwicklung. Beruflichkeit<br />

– auch <strong>und</strong> gerade wenn sie sich im Laufe e<strong>in</strong>es beruflichen Arbeitslebens verändert –<br />

hat e<strong>in</strong>en hohen Wert sowohl für die Persönlichkeitsentwicklung als auch für e<strong>in</strong> auf beruflichem<br />

Selbstbewusstse<strong>in</strong> basierendes Qualitätsbewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> berufliches Engagement (Leistungsbereitschaft).<br />

Daher kommt den domänenspezifischen (beruflichen) Praxisgeme<strong>in</strong>schaften<br />

<strong>in</strong> den Betrieben e<strong>in</strong>e nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Lernen im Prozess der Arbeit<br />

ist immer auch Lernen <strong>in</strong> Praxisgeme<strong>in</strong>schaften. Es kommt allerd<strong>in</strong>gs darauf an, die engen<br />

Grenzen beruflicher Praxisgeme<strong>in</strong>schaften, wie sie durch traditionelle Berufsbilder (<strong>und</strong><br />

ihre Unterteilung nach Fachrichtungen) gefördert wurde, zu Gunsten geschäftsprozessorientierter<br />

Gruppenbildung entgegenzuwirken.<br />

16


Schlussbemerkung:<br />

Die Vorteile e<strong>in</strong>er Weiterbildung im Arbeitsprozess liegen auf der Hand:<br />

� Wertschöpfende (produktive) Arbeit lässt sich mit der Personalentwicklung verb<strong>in</strong>den.<br />

� Sowohl Arbeitgeber als auch <strong>Arbeitnehmer</strong> haben e<strong>in</strong>e deutliche Präferenz für diese Form<br />

des Lernens.<br />

� Das Gelernte hat e<strong>in</strong>en unmittelbaren Bezug <strong>zur</strong> eigenen Arbeit der Beschäftigten <strong>und</strong><br />

weist zugleich darüber h<strong>in</strong>aus auf charakteristische berufliche Aufgaben.<br />

� Die Dokumentation der Lernergebnisse sichert die Verwertbarkeit der erworbenen Qualifikationen<br />

auf dem Arbeitsmarkt <strong>und</strong> für die berufliche Karriere.<br />

� Die Systematisierung <strong>und</strong> Vertiefung der Arbeitserfahrung <strong>und</strong> des Erfahrungswissens<br />

erfolgt <strong>in</strong> Auswertungs- <strong>und</strong> Reflexionsgesprächen <strong>in</strong> den Arbeits-, Projekt- bzw. Lerngruppen.<br />

Dadurch entsteht e<strong>in</strong> Know-how-Pool, der für <strong>das</strong> Wissensmanagement im Unternehmen<br />

genutzt werden kann.<br />

� Es entsteht e<strong>in</strong> Lernklima, <strong>in</strong> dem die Tradition der „Ausgelernten“ durch e<strong>in</strong>e Tradition<br />

des „Lernenden Unternehmens“ <strong>und</strong> des stetigen Weiterlernens ersetzt wird: Weiterlernen<br />

wird zu e<strong>in</strong>er Dimension des Arbeitsprozesses <strong>und</strong> der betrieblichen Organisationsentwicklung.<br />

Natürlich ist berufliche Weiterbildung nicht nur e<strong>in</strong>e Dimension <strong>zur</strong> Initiierung technologisch-ökonomischer<br />

Innovationen, sondern auch e<strong>in</strong>e Dimension von Arbeitsmarkt-, Sozial<strong>und</strong><br />

Bildungspolitik. Der formalisierten beruflichen Weiterbildung <strong>in</strong> Fachschulen <strong>und</strong> Hochschulen,<br />

der traditionellen Erwachsensenbildung sowie e<strong>in</strong> eng zu begrenzender Bereich von<br />

Umschulung <strong>und</strong> sozialpolitisch begründeten qualifizierenden Maßnahmen kommt im gesamten<br />

Weiterbildungsbereich natürlich e<strong>in</strong>e je eigenständige Bedeutung zu.<br />

Der Stand der Weiterbildungsforschung zeigt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> lebensbegleitende Lernen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

speziellen Form der beruflichen Weiterbildung so weit wie möglich mit dem Lernen <strong>in</strong> Arbeitsprozessen<br />

verknüpft werden sollte. Die öffentlichen F<strong>in</strong>anzierer beruflicher Weiterbildung<br />

haben allen Anlass, ihr System der F<strong>in</strong>anzierung e<strong>in</strong>er unübersehbaren Zahl von Weiterbildungsträgern<br />

(alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> wird ihre Zahl auf 1.200 geschätzt) zu überdenken <strong>und</strong> verstärkt<br />

<strong>in</strong> den Aufbau von Innovationsprogrammen zu <strong>in</strong>vestieren, durch die Qualifikation <strong>und</strong><br />

Qualifizierung als e<strong>in</strong>e Dimension „lernender Unternehmen“ <strong>und</strong> „lernender Regionen“ herausgefordert<br />

wird. Natürlich setzt dies voraus, <strong>das</strong>s die Unternehmen sich stärker <strong>und</strong> syste-<br />

17


matischer als bisher für die berufliche Weiterbildung – verknüpft mit e<strong>in</strong>er auf Innovation <strong>und</strong><br />

nicht nur auf Reproduktion zielenden betrieblichen Organisationsentwicklung – engagieren.<br />

18


Literatur<br />

Benner, P. (1997): Stufen <strong>zur</strong> Pflegekompetenz. From Novice to Expert. Bern, Gött<strong>in</strong>gen<br />

Bolder, A./Hendrich, W. (2000): Fremde Bildungswelten – Alternative <strong>Strategien</strong> lebenslangen<br />

Lernens. In: B. Dewe/H.-H. Krüger/W. Marotzki (Hrsg.) Studien <strong>zur</strong> Erziehungswissenschaft<br />

<strong>und</strong> Bildungsforschung, Band 18. Leske+Budrich. Opladen<br />

Bremer, R./ Jagla, H.-H. (2000): Berufsbildung <strong>in</strong> Geschäfts- <strong>und</strong> Arbeitsprozessen, Bremen<br />

B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF) (2001): Berufsbildungsbericht 2001.<br />

Bonn<br />

Howe, F./ Heermeyer, R./ Heuermann, H./ Höpfner, H.-D./ Rauner, F. (2002): Lern- <strong>und</strong> Arbeitsaufgaben<br />

für e<strong>in</strong>e gestaltungsorientierte Berufsbildung. Konstanz<br />

Jansen, R. (2000): Auswirkungen des Strukturwandels auf die Arbeitsplätze. Ergebnisse der<br />

BiBB/IAB-Erhebung 1998/99 zu Erwerb <strong>und</strong> Verwertung beruflicher Qualifikationen. <strong>in</strong>:<br />

Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis. 2/2000. S. 5–10<br />

Kern, H.; Sabel, C. (1994): Verblaßte Tugenden – die Krise des deutschen Produktionsmodells.<br />

In: Soziale Welt, Sonderband „Umbrüche gesellschaftlicher Arbeit“, S. 605–624.<br />

Gött<strong>in</strong>gen.<br />

Kle<strong>in</strong>er, M./ Rauner, F./ Re<strong>in</strong>hold, M./ Röben, P. (2002): Arbeitsaufgaben für e<strong>in</strong>e moderne<br />

Beruflichkeit. Identifizieren <strong>und</strong> Beschreiben von beruflichen Arbeitsaufgaben. Konstanz<br />

Kutscha, G. (1992): „Entberuflichung“ <strong>und</strong> „Neue Beruflichkeit“ – Thesen <strong>und</strong> Aspekte <strong>zur</strong><br />

Modernisierung der Berufsbildung <strong>und</strong> ihre Theorie. In: Zeitschrift für Berufs- <strong>und</strong> Wirtschaftspädagogik<br />

88. S. 535–548.<br />

Lenzen, D. (1997): Professionelle Lebensbegleitung – Erziehungswissenschaft auf dem Weg<br />

<strong>zur</strong> Wissenschaft des Lebenslaufes <strong>und</strong> der Humanontogenese. <strong>in</strong>: Erziehungswissenschaft<br />

8 (1997). S. 5–22<br />

Münck, D./Lipsmeier. A. (1997): Berufliche Weiterbildung. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Perspektiven im<br />

nationalen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen Kontext. Hohengehren<br />

Rauner, F. (2002): Die Bedeutung des Arbeitsprozesswissens für e<strong>in</strong>e gestaltungsorientierte<br />

Berufsbildung. In: Fischer, M./ Rauner, F. (Hg.): Lernfeld: Arbeitsprozess. Baden-Baden<br />

Rauner, F./ Schreier, N./ Spöttl, G. (2002): Die Zukunft computergestützter Kfz-Diagnose.<br />

Bielefeld<br />

Rauner, F./ Spöttl, G./ Micknass, W. (Hrsg). (1997): Service, Qualifizierung <strong>und</strong> Vertrieb im<br />

<strong>in</strong>ternationalen Automobil-Sektor. Ergebnisse des AutomobilWeltCongresses. Bremen<br />

Staudt, E./ Kröll, M./ von Hören, M. (1993) Personalentwicklung <strong>und</strong> Qualifizierung als strategische<br />

Ressource betrieblicher Innovation. In: Dybowski, G./ Haase, P./ Rauner, F.<br />

(Hrsg.) Berufliche Bildung <strong>und</strong> betriebliche Organisationsentwicklung. Berufliche Bildung,<br />

Band 15. Bremen. Donat. S. 34–67<br />

19


3. Beispiele aus der Praxis<br />

3.1. Lebenslanges Lernen als Motor für die Erhaltung der<br />

Beschäftigungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> den Betrieben<br />

Karl-He<strong>in</strong>z Ste<strong>in</strong>er, Vorstand der Kreisbaugenossenschaft Nürt<strong>in</strong>gen eG, Sitz<br />

Kirchheim unter Teck<br />

Die Kreisbaugenossenschaft Nürt<strong>in</strong>gen eG wurde im Jahre 1919 gegründet. Damit kann sie<br />

auf 85 Jahre Erfahrung im Wohnungsbau <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Wohnungsverwaltung <strong>zur</strong>ückblicken. Die<br />

Kreisbaugenossenschaft verwaltet ca. 1.250 eigene Mietwohnungen <strong>und</strong> ca. 700 Eigentumswohnungen.<br />

Zusätzlich s<strong>in</strong>d <strong>zur</strong>zeit 70 Wohne<strong>in</strong>heiten im Bau bzw. <strong>in</strong> der konkreten Bauvorbereitung.<br />

Die Kreisbaugenossenschaft Nürt<strong>in</strong>gen eG beschäftigt 26 Mitarbeiter. Das Durchschnittsalter<br />

der Mitarbeiter beträgt 48 Jahre. Nur fünf Mitarbeiter s<strong>in</strong>d unter 40 Jahre. Sieben Mitarbeiter<br />

s<strong>in</strong>d zwischen 40 <strong>und</strong> 50 Jahren alt, sechs zwischen 50 <strong>und</strong> 55 Jahren <strong>und</strong> acht Mitarbeiter<br />

s<strong>in</strong>d zwischen 55 <strong>und</strong> 63 Jahren alt. Zusätzlich beschäftigt die Kreisbaugenossenschaft drei<br />

hauptamtliche Hausmeister <strong>und</strong> 35 ger<strong>in</strong>gfügig Beschäftigte.<br />

Der Personalaufwand beträgt pro Mitarbeiter im Jahr ca. 59.000 Euro. Trotzdem ist Personalabbau<br />

ke<strong>in</strong> Thema. Altersteilzeit wird nur auf Wunsch e<strong>in</strong>zelner, langjähriger Mitarbeiter gewährt.<br />

Des Weiteren verzeichnet die Kreisbaugenossenschaft nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Fluktuation.<br />

Vier der 26 Mitarbeiter s<strong>in</strong>d schon seit über 25 Jahren bei der Kreisbaugenossenschaft. Nur<br />

sechs Mitarbeiter s<strong>in</strong>d seit weniger als fünf Jahren bei der Kreisbaugenossenschaft beschäftigt.<br />

Die Kreisbaugenossenschaft Nürt<strong>in</strong>gen eG bietet e<strong>in</strong>e Vielzahl von Weiterbildungsmaßnahmen<br />

an, zum Beispiel Weiterbildungen zum Fachwirt der Wohnungswirtschaft, zum EDV-<br />

Systembeauftragter, zum Wohnungseigentumsverwalter <strong>und</strong> zum Bilanzbuchhalter.<br />

Viele der Schulungsangebote werden über die Aareon-Bank <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z organisiert, so zum Beispiel<br />

Schulungsangebote zu GES - Hausbewirtschaftung <strong>und</strong> Mieten, Projektmanagement für<br />

Projektmitarbeiter, GES - WEG-Verwaltung, Word 2000 - Gr<strong>und</strong>lagen, GES - Rechnungse<strong>in</strong>gangsbuch,<br />

Aareon Archiv, Power-Po<strong>in</strong>t 2000 - Gr<strong>und</strong>lagen, GES - laufende Instandhaltung,<br />

GES für Auszubildende <strong>und</strong> Access 2000 - Gr<strong>und</strong>lagen.<br />

Zusätzlich bietet die Akademie der Wohnungs- <strong>und</strong> Immobilienwirtschaft (AWI) e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

von Schulungen an: Rechtssichere Zusammenarbeit mit Handwerkern, Instandhaltungsplanung<br />

auf der Basis von Bestands- <strong>und</strong> Zustandsdaten, Haustechnik für Hausmeister <strong>und</strong> -<br />

20


techniker, Marktforschung im Immobilienbereich, Neuausrichtung von Wohnungsunternehmen<br />

<strong>in</strong> der Zukunft, Öffentlichkeitsarbeit <strong>in</strong> Wohnungsunternehmen <strong>und</strong> Datenschutz <strong>in</strong><br />

Wohnungsunternehmen.<br />

Durch die vielfältigen Weiterbildungsangebote sollen die <strong>in</strong>dividuelle Beschäftigungsfähigkeit<br />

vor allem der älteren Mitarbeiter gefördert werden. Dies wirkt sich schließlich positiv auf<br />

die organisationale Beschäftigungsfähigkeit der Kreisbaugenossenschaft Nürt<strong>in</strong>gen eG aus.<br />

21


Folien<br />

KREISBAUGENOSSENSCHAFT NÜRTINGEN eG<br />

SITZ KIRCHHEIM UNTER TECK<br />

Gesamtbauleistung: ca. 5.000 Wohne<strong>in</strong>heiten<br />

Aktuell <strong>in</strong> der Verwaltung:<br />

ca. 1.250 eigene Mietwohnungen<br />

ca. 700 Eigentumswohnungen<br />

Im Bauträgergeschäft:<br />

Zur Zeit 70 Wohne<strong>in</strong>heiten im Bau bzw.<br />

konkreter Bauvorbereitung<br />

Wirtschaftliche Verhältnisse:<br />

Handelsbilanzsumme 36 Mio. €<br />

Eigenkapital 66 %<br />

Jahresüberschuss im Durchschnitt der<br />

letzten 3 Jahre 1,8 Mio. €<br />

Folie 3.1.1.<br />

Folie 3.1.2.<br />

22


26 Mitarbeiter (seit 15 Jahren konstant)<br />

davon 13 männlich<br />

13 weiblich<br />

Durchschnittsalter 48 Jahre<br />

8 Mitarbeiter zwischen 55 <strong>und</strong> 63 Jahren<br />

6 Mitarbeiter zwischen 50 <strong>und</strong> 55 Jahren<br />

7 Mitarbeiter zwischen 40 <strong>und</strong> 50 Jahren<br />

5 Mitarbeiter unter 40 Jahren<br />

Zusätzlich <strong>in</strong> der WEG-Verwaltung<br />

3 hauptamtliche Hausmeister<br />

35 ger<strong>in</strong>gfügig Beschäftigte<br />

Von den 26 Mitarbeitern s<strong>in</strong>d bei uns:<br />

4 seit über 25 Jahren,<br />

8 zwischen 10 <strong>und</strong> 25 Jahren,<br />

8 zwischen 5 <strong>und</strong> 10 Jahren,<br />

6 unter 5 Jahren.<br />

Der Personalaufwand beträgt pro<br />

Beschäftigten im Jahr ca. 59.000 €<br />

Ke<strong>in</strong> Personalabbau<br />

Altersteilzeit nur auf Wunsch e<strong>in</strong>zelner,<br />

langjähriger Mitarbeiter<br />

Ger<strong>in</strong>ge Fluktuation<br />

Weiterbildung<br />

Fachwirt der Wohnungswirtschaft<br />

EDV-Systembeauftragter<br />

Wohnungseigentumsverwalter<br />

Bilanzbuchhalter<br />

Fachzeitschriften<br />

Verbandsr<strong>und</strong>schreiben<br />

Folie 3.1.3.<br />

Folie 3.1.4.<br />

Folie 3.1.5.<br />

23


Vielzahl von Schulungsangeboten der<br />

Aareon-Bank, Ma<strong>in</strong>z<br />

z. B. Schulungsangebote für September 2004<br />

•GES - Hausbewirtschaftung <strong>und</strong> Mieten<br />

•Projektmanagement für Projektmitarbeiter<br />

•GES - WEG-Verwaltung<br />

• Word 2000 - Gr<strong>und</strong>lagen<br />

• GES - Rechnungse<strong>in</strong>gangsbuch<br />

• Aareon Archiv<br />

• Power-Po<strong>in</strong>t 2000 - Gr<strong>und</strong>lagen<br />

•GES – laufende Instandhaltung<br />

•GES für Auszubildende<br />

•Access 2000 - Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Sem<strong>in</strong>arangebote der Akademie der<br />

Wohnungs- <strong>und</strong> Immobilienwirtschaft - AWI<br />

z. B. Schulungsangebote für Oktober 2004<br />

•Rechtssichere Zusammenarbeit mit Handwerkern<br />

•Instandhaltungsplanung auf der Basis von Bestands<strong>und</strong><br />

Zustandsdaten<br />

• Haustechnik für Hausmeister <strong>und</strong> -techniker<br />

• Marktforschung im Immobilienbereich<br />

• Neuausrichtung von Wohnungsunternehmen <strong>in</strong> der Zukunft<br />

• Öffentlichkeitsarbeit <strong>in</strong> Wohnungsunternehmen<br />

•Datenschutz <strong>in</strong> Wohnungsunternehmen<br />

Länger dauernde Schulungen <strong>und</strong> Ausbildungen,<br />

z. Beispiel zum:<br />

•Fachwirt der Wohnungswirtschaft<br />

•Wohnungseigentumsverwalter<br />

•Bautechniker<br />

Folie 3.1.6.<br />

Folie 3.1.7.<br />

Folie 3.1.8.<br />

24


3.2. Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung des Humanpotenzials<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> aus der Unternehmensperspektive<br />

Martien Elderhorst, TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group Expert Service<br />

Die TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group - Expert Service bietet Cast<strong>in</strong>g für die Wirtschaft <strong>und</strong> Coach<strong>in</strong>g<br />

für Experten. Generatives Diversity Management spielt hierbei e<strong>in</strong>e große Rolle. Generatives<br />

Diversity Manegment nutzt Erkenntnisse über die Entwicklung der Kompetenz im Laufe des<br />

Erwerbslebens e<strong>in</strong>es Menschen. Dabei wir <strong>in</strong> vier Phasen unterschieden. Phase 1 wird als Expandieren<br />

bezeichnet. In dieser Phase bef<strong>in</strong>den sich biologisches <strong>und</strong> kognitives System auf<br />

dem Höchststand, während Persönlichkeit <strong>und</strong> soziale Kompetenz sowie Erfahrung <strong>und</strong><br />

Selbsterkenntnis noch nicht so stark ausgeprägt s<strong>in</strong>d. Die 2. Phase wird als Etablieren bezeichnet.<br />

In der 3. Phase s<strong>in</strong>d biologisches System, kognitives System, Persönlichkeit <strong>und</strong><br />

soziale Kompetenz sowie Erfahrung <strong>und</strong> Selbsterkenntnis etwa gleich stark ausgeprägt. In der<br />

Phase des Konzentrierens nehmen biologisches System <strong>und</strong> kognitives System immer weiter<br />

ab, während Persönlichkeit <strong>und</strong> soziale Kompetenz sowie Erfahrung <strong>und</strong> Selbsterkenntnis<br />

zunehmen. (Vgl. Folie 3.2.2.)<br />

Generatives Diversity Management basiert außerdem auf dem Konzept der Employability.<br />

Employability wird <strong>in</strong> Individuelle Employability <strong>und</strong> Organisationale Employability unterschieden.<br />

Individuelle Employability bezeichnet die Fähigkeit e<strong>in</strong>er Person, ihre Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Qualitäten <strong>in</strong> Arbeitskontexten so e<strong>in</strong>zusetzen <strong>und</strong> weiter zu entwickeln, <strong>das</strong>s die<br />

gegenwärtige <strong>und</strong> künftige Existenz gesichert werden kann. Organisationale Employability<br />

bezeichnet die Fähigkeit e<strong>in</strong>er Organisation Arbeitskontexte so zu gestalten, <strong>das</strong>s die Wertschöpfungsprozesse<br />

mit den verfügbaren Potenzialen der Beschäftigten realisiert werden können<br />

<strong>und</strong> die Existenz der Organisation gesichert wird. (Vgl. Folie 3.2.5.)<br />

Um sowohl die <strong>in</strong>dividuelle als auch die organisationale Emplyability zu gewährleisten, muss<br />

sicher gestellt werden, <strong>das</strong>s den sich mit zunehmendem Alter verändernden Kompetenzen<br />

Rechnung getragen wird um erhöhten Krankenstand, ger<strong>in</strong>ge Motivation, Produktivitätsdefizite,<br />

<strong>in</strong>effektive Teams <strong>und</strong> Abwanderungstendenzen zu vermeiden oder doch wenigstens zu<br />

verr<strong>in</strong>gern. (Vgl. Folie 3.2.10.)<br />

Individuelle <strong>und</strong> organisationale Employability muss gewährleistet werden um Generatives<br />

Diversity Management realisieren zu können. Kurzfristig müssen <strong>in</strong> Unternehmen deshalb<br />

folgende Maßnahmen umgesetzt werden (vgl. Folie 3.2.13.):<br />

- Bewusstse<strong>in</strong> entwickeln im Management<br />

- Sensibilisieren von Führungskräften<br />

25


- Methodische Ergänzung von Entwicklungsgesprächen<br />

- Sammeln von Erfahrung <strong>in</strong> abgrenzbaren Projekten<br />

- Etablierung organisationaler Employability<br />

Mittelfristig müssen Unternehmen (vgl. Folie 3.2.13.):<br />

- Erfahrungen auf Organisationse<strong>in</strong>heiten übertragen,<br />

- Aufgaben- <strong>und</strong> Verantwortungsstrukturen dynamisieren <strong>und</strong><br />

- die organisationale Employability stärken.<br />

Auf langfristiger Ebene müssen Unternehmen (vgl. Folie 3.2.13.):<br />

- Kompetenzorientierung <strong>in</strong> Lohn <strong>und</strong> Gehaltssystemen etablieren <strong>und</strong><br />

- die organisationale Employability stabilisieren.<br />

26


Folien<br />

TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group - Expert Service<br />

www.tuv.com<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung<br />

des Humanpotenzials <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

aus der Unternehmensperspektive<br />

Generatives Diversity Management<br />

TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Entwicklungen I<br />

www.tuv.com<br />

Biologisches System<br />

Kognitives System<br />

Erfahrung <strong>und</strong><br />

Selbsterkenntnis<br />

Persönlichkeit <strong>und</strong><br />

soziale Kompetenz<br />

Expandieren Etablieren Konsolidieren Konzentrieren<br />

Erwerbsleben<br />

© Elderhorst GmbH 2003<br />

Folie 3.2.1.<br />

Folie 3.2.2.<br />

27


TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Entwicklungen II<br />

www.tuv.com<br />

www.tuv.com<br />

explizit Wissen<br />

implizit<br />

impulsiv-<strong>in</strong>novativ Lösungsverhalten reflexiv-kreativ<br />

fluide Intelligenz<br />

kristall<strong>in</strong><br />

TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Entwicklungen III<br />

implizites<br />

Wissen<br />

Lernprodukt<br />

explizites<br />

Wissen<br />

fremdorganisiert<br />

Qualifikation<br />

Lernprozess<br />

Kompetenz<br />

selbstorganisiert<br />

formal<br />

Lernform<br />

<strong>in</strong>formell<br />

© Elderhorst GmbH 2003<br />

Folie 3.2.3.<br />

Folie 3.2.4.<br />

28


TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Employability<br />

Individuelle Employability Organisationale Employability<br />

Die Fähigkeit e<strong>in</strong>er Person,<br />

ihre Kompetenzen <strong>und</strong> Qualitäten<br />

<strong>in</strong> Arbeitskontexten e<strong>in</strong> zu setzen,<br />

<strong>und</strong> weiter zu entwickeln,<br />

um die gegenwärtige <strong>und</strong> künftige<br />

Existenz zu sichern.<br />

www.tuv.com<br />

TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Qualitäten <strong>und</strong> Kompetenzen<br />

www.tuv.com<br />

Gestaltungsbereiche<br />

Durchsetzend - Vollziehend zwischen<br />

Verwaltend <strong>in</strong>trovertiert -<strong>und</strong> Durchgründend<br />

extravertiert<br />

Kont<strong>in</strong>uität Versorgend <strong>und</strong> - Ausgleichend<br />

Veränderung<br />

Erneuernd - Impulsierend<br />

Ausrichtung<br />

Inhalt<br />

Zusammenarbeit<br />

Prozess<br />

Die Fähigkeit e<strong>in</strong>er Organisation,<br />

Arbeitskontexte so zu gestalten,<br />

<strong>das</strong>s die Wertschöpfungsprozesse<br />

mit den verfügbaren Potenzialen<br />

der Beschäftigten realisiert werden<br />

<strong>und</strong> die Existenz der Organisation<br />

gesichert wird.<br />

Kompetenzen<br />

Fachlich <strong>und</strong> Methodisch<br />

Personal <strong>und</strong> Sozial<br />

Aktion <strong>und</strong> Handlung<br />

Funktionalistisch<br />

theoretisch Analytisch oder praktisch<br />

real Konzipierend oder ideal<br />

Visionär<br />

Fokus<br />

Folie 3.2.5.<br />

Folie 3.2.6.<br />

29


TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Qualitäten <strong>und</strong> Kompetenzen<br />

www.tuv.com<br />

Gestaltungsbereiche<br />

Ausrichtung<br />

Prozess<br />

Vollziehend<br />

Zusammenarbeit<br />

Durchgründend<br />

Ausgleichend<br />

TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Fokus<br />

www.tuv.com<br />

analytisch<br />

real<br />

funktionalistisch<br />

Inhalt<br />

Impulsierend<br />

Fach- <strong>und</strong> <strong>Methoden</strong>kompetenz<br />

Visionär<br />

theoretisch<br />

praktisch<br />

1 2 3 4 5<br />

Konzeptionell<br />

Personale <strong>und</strong> soziale Kompetenz<br />

Analytisch<br />

Aktions- <strong>und</strong> Handlungskompetenz<br />

Funktionalistisch<br />

visionär<br />

ideal<br />

Kompetenzen<br />

Fokus<br />

konzeptionell<br />

Folie 3.2.7.<br />

Folie 3.2.8.<br />

30


TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Tendenzielle Entwicklung des Fokus<br />

www.tuv.com<br />

www.tuv.com<br />

a v<br />

f k<br />

a v<br />

f k<br />

a v<br />

f k<br />

a v<br />

f k<br />

Expandieren Etablieren Konsolidieren Konzentrieren<br />

TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Indikatoren<br />

<strong>in</strong>dividuelle organisationale<br />

Krankenstand<br />

Produktivitätsdefizit<br />

Ger<strong>in</strong>ge Motivation<br />

Ineffektive Teams<br />

Abwanderungstendenz<br />

Folie 3.2.9.<br />

Folie 3.2.10.<br />

31


TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Gestaltungsfelder<br />

www.tuv.com<br />

Leistungen<br />

Verantwortlichkeiten<br />

Aufgaben<br />

Funktion<br />

Strukturen<br />

TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Gestaltungsfelder<br />

www.tuv.com<br />

<strong>Methoden</strong><br />

Leitideen<br />

Ressourcen<br />

Identität<br />

Funktionen Aufgaben <strong>und</strong> Verantwortlichkeiten<br />

Befugnisse <strong>und</strong> Rollen<br />

Organisation<br />

Befugnisse<br />

Rollen<br />

Verfahren<br />

Dynamisierung von Arbeitskontexten,<br />

so <strong>das</strong>s sie mit dem sich verändernden Fokus <strong>und</strong> der<br />

Kompetenzstruktur der Beschäftigten korrespondieren.<br />

Märkte<br />

Wertschöpfung<br />

Dynamische Gestaltung von Teams unter Berücksichtigung<br />

der Charakteristika der jeweiligen Erwerbslebensphasen.<br />

Folie 3.2.11.<br />

Folie 3.2.12.<br />

32


TÜV Rhe<strong>in</strong>land Group – Expert Service<br />

Generatives Diversity Management<br />

Realisierungsschritte<br />

www.tuv.com<br />

Kurzfristig - Bewusstse<strong>in</strong> entwickeln im Management<br />

- Sensibilisieren von Führungskräften<br />

- Entwicklungsgespräche methodisch ergänzen<br />

- Erfahrung sammeln <strong>in</strong> abgrenzbaren Projekten<br />

- Organisationale Employability etablieren<br />

Mittelfristig - Erfahrungen auf Organisationse<strong>in</strong>heiten übertragen<br />

- Aufgaben- <strong>und</strong> Verantwortungsstrukturen dynamisieren<br />

- Organisationale Employability stärken<br />

Langfristig - Kompetenzorientierung <strong>in</strong> Lohn <strong>und</strong> Gehaltssystemen<br />

- Organisationale Employability stabilisieren<br />

Folie 3.2.13.<br />

33


4. Förderung der Lernmotivation <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich wandelnden Arbeitswelt<br />

Prof. Dr. Kurt H. Stapf, Psychologisches Institut der Universität Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Die Leistungsfähigkeit des älteren <strong>Arbeitnehmer</strong>s <strong>und</strong> deren Förderung gew<strong>in</strong>nt über <strong>das</strong> wissenschaftliche<br />

Interesse h<strong>in</strong>aus große gesellschaftspolitische Aktualität vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

der drastischen Auswirkungen des demographischen Wandels, der Abnahme gut ausgebildeter<br />

junger Arbeitskräfte <strong>und</strong> der leeren Kassen im Renten- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen.<br />

Doch trotz der drastischen Auswirkungen des demographischen Wandels <strong>und</strong> des Mangels an<br />

gut ausgebildeten jungen Arbeitskräften halten viele Unternehmen immer noch an ihrer bisherigen<br />

Personalpolitik fest. Obwohl immer weniger qualifizierte junge Arbeitskräfte <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stehen, werden die gesetzlichen Regelungen <strong>zur</strong> Frühverrentung weiterh<strong>in</strong> genutzt. Dadurch<br />

entsteht e<strong>in</strong> gefährlicher Mangel an Fachkräften.<br />

Verantwortlich für <strong>das</strong> Festhalten an der bisherigen Personalpolitik s<strong>in</strong>d unter anderem weitverbreitete<br />

Vorurteile gegenüber älteren <strong>Arbeitnehmer</strong>n. Danach s<strong>in</strong>d ältere <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

generell weniger leistungsfähig, kaum lernfähig, langsamer <strong>in</strong> der Informationsaufnahme,<br />

weniger belastbar <strong>und</strong> häufiger krank als ihre jüngeren Kollegen.<br />

Wenn ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> aufgr<strong>und</strong> ihres Alters als weniger qualifiziert dargestellt werden,<br />

wird jedoch häufig vergessen, <strong>das</strong>s Qualifikation mehr be<strong>in</strong>haltet als Schnelligkeit, Flexibilität<br />

<strong>und</strong> Belastbarkeit. Dies zeigen Befragungen <strong>in</strong> Betrieben zu den Unterschieden zwischen<br />

Jung <strong>und</strong> Alt. Ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> haben laut diesen Befragungen zwar Defizite bei Kreativität,<br />

Lernbereitschaft, Lernfähigkeit, Flexibilität, körperlicher Belastbarkeit <strong>und</strong> beruflichem<br />

Ehrgeiz. Bei Kompetenzen wie theoretischem Wissen, Teamfähigkeit <strong>und</strong> psychischer Belastbarkeit<br />

liegen ältere <strong>und</strong> jüngere <strong>Arbeitnehmer</strong> jedoch gleich auf. Bei Kompetenzen wie<br />

Erfahrungswissen, Arbeitsmoral <strong>und</strong> Arbeitsdiszipl<strong>in</strong>, E<strong>in</strong>stellung <strong>zur</strong> Qualität, Zuverlässigkeit,<br />

Loyalität sowie Führungsfähigkeit werden ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> von den befragten Unternehmen<br />

sogar als besser qualifiziert angesehen. (Vgl. Folien 4.10. <strong>und</strong> 4.11.)<br />

Diese E<strong>in</strong>schätzungen zeigen, <strong>das</strong>s die Leistungsfähigkeit nicht automatisch mit zunehmendem<br />

Alter s<strong>in</strong>kt, sondern sie sich lediglich verändert. Damit diese Leistungsfähigkeit erhalten<br />

<strong>und</strong> genutzt werden kann, muss Rücksicht auf die veränderten Lern- <strong>und</strong> Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> genommen werden.<br />

Die veränderten Lernbed<strong>in</strong>gungen älteren <strong>Arbeitnehmer</strong> lassen sich mit dem Zwei-<br />

Komponenten-Modell der Intelligenz von Hacker (vgl. Folie 4.6.) erklären. Es unterscheidet<br />

zwei Arten der Intelligenz. Elementare Informationsverarbeitung ist Intelligenz als kognitive<br />

34


Basisoperationen <strong>und</strong> deren Tempo. Sie ist <strong>in</strong>haltsneutral, universell <strong>und</strong> veränderlich. Unterschiede<br />

s<strong>in</strong>d genetisch bed<strong>in</strong>gt. Beispiele für die elementare Informationsverarbeitung s<strong>in</strong>d<br />

Verarbeitungstempo, Erwerb <strong>und</strong> Abruf neuer Informationen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>prozeduren. Diese<br />

Art der Intelligenz nimmt mit zunehmendem Alter ab. Im Gegensatz dazu nimmt die zweite<br />

Art der Intelligenz, nämlich <strong>das</strong> Fakten- <strong>und</strong> Handlungswissen, mit zunehmendem Alter zu.<br />

Fakten- <strong>und</strong> Handlungswissen ist Intelligenz als Wissenssystem. Es ist <strong>in</strong>haltsspezifisch, kulturkreisabhängig<br />

<strong>und</strong> verfestigt. Unterschiede s<strong>in</strong>d lernbed<strong>in</strong>gt. Beispiele für diese zweite Art<br />

der Intelligenz s<strong>in</strong>d Berufswissen, soziale Intelligenz <strong>und</strong> sprachliche Leistungen. Das Leistungspotenzial<br />

e<strong>in</strong>es Menschen verändert sich also im Laufe se<strong>in</strong>es Lebens.<br />

Mit zunehmendem Alter kommen <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede <strong>in</strong> der physischen <strong>und</strong> psychischen<br />

Leistungsfähigkeit stärker zum Vorsche<strong>in</strong>: Die Fähigkeit <strong>älterer</strong> Mitarbeiter, Neues<br />

zu lernen, hängt stark vom Niveau <strong>und</strong> vom Umfang der Lernanforderungen des bisherigen<br />

Arbeitslebens ab. Anforderungsarme, monotone <strong>und</strong> repetitive Arbeit führt zu Dequalifizierung<br />

<strong>und</strong> Demotivierung. (Vgl. Folie 4.8.)<br />

Zukunftorientierte Personalpolitik nimmt also Rücksicht auf <strong>das</strong> veränderte Leistungspotenzial<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong>. Das bedeutet unter anderem, <strong>das</strong>s älteren <strong>Arbeitnehmer</strong>n nur Aufgaben<br />

zugemutet werden sollen, die sie auch erfüllen können. Besonders geeignet s<strong>in</strong>d Aufgaben,<br />

die den älteren <strong>Arbeitnehmer</strong>n vertraut s<strong>in</strong>d, die tra<strong>in</strong>ierbar s<strong>in</strong>d, für die Expertise vorliegt,<br />

die weitgehend selbstbestimmt bearbeitet werden können, bei denen es auf Kenntnisse<br />

über betriebliche Abläufe <strong>und</strong> auf <strong>in</strong>formelle Beziehungen ankommt, die komplexe Arbeitsabläufe<br />

be<strong>in</strong>halten <strong>und</strong> für deren Beherrschung Erfahrung e<strong>in</strong>e wichtige Rolle spielt. (Vgl. Folie<br />

4.12.)<br />

Um e<strong>in</strong>er Dequalifizierung <strong>und</strong> möglichem Arbeitsverlust vorzubeugen, ist Weiterbildung<br />

unbed<strong>in</strong>gt erforderlich. Die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen s<strong>in</strong>kt mit zunehmendem<br />

Alter aber deutlich (vgl. Folie 4.20.). Ohneh<strong>in</strong> schon besser qualifizierte <strong>Arbeitnehmer</strong> nehmen<br />

häufiger an Weiterbildungsmaßnahmen teil als ger<strong>in</strong>ger qualifizierte (vgl. Folien 4.21.<br />

<strong>und</strong> 4.22.). Dies lässt vermuten, <strong>das</strong>s besonders ältere <strong>und</strong> weniger qualifizierte <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

Hemmungen gegenüber Weiterbildungsmaßnahmen haben. Sie haben oft Angst vor Misserfolgen.<br />

Fehlende Information über Weiterbildungsmöglichkeiten <strong>und</strong> über die mit Weiterbildung<br />

verb<strong>und</strong>enen Chancen, fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte sowie fehlende altersspezifische<br />

Anforderungen der Weiterbildungsmaßnahmen stellen zusätzliche H<strong>in</strong>dernisse<br />

dar.<br />

Diese Hemmungen entstehen dann, wenn ke<strong>in</strong>e Rücksicht auf die spezifische Lernfähigkeit<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> genommen wird. Ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> lernen anders <strong>und</strong> langsamer als<br />

35


jüngere <strong>Arbeitnehmer</strong>. Ältere s<strong>in</strong>d oft lernentwöhnt. Deshalb profitieren sie besonders von<br />

selbstgesteuertem <strong>und</strong> aktivem Lernen. Für sie ist wichtig, <strong>das</strong>s Neugelerntes mit bestehendem<br />

Wissen verknüpft wird <strong>und</strong> <strong>in</strong> bestehende Konzepte e<strong>in</strong>gearbeitet werden kann. Deshalb<br />

s<strong>in</strong>d learn<strong>in</strong>g on the job <strong>und</strong> Teamwork ideal für die Weiterbildung <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong>.<br />

(Vgl. Folie 4.29.)<br />

Zusammenfassend lässt sich also sagen, <strong>das</strong>s die Arbeitsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> durch<br />

vier <strong>in</strong>tegrative Fördermaßnahmen entscheidend verbessert werden kann. Ergonomie gewährleistet,<br />

<strong>das</strong>s ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> ke<strong>in</strong>e physisch für sie nicht mehr geeigneten Aufgaben ausführen<br />

müssen. Die Arbeitsorganisation sollte für ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> flexibler gestalten werden.<br />

Die Leistungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> soll durch geistiges <strong>und</strong> körperliches Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

erhalten werden. Berufliche Weiterbildung garantiert gleichbleibende bzw. gesteigerte<br />

Qualifikation <strong>und</strong> sollte altersgemäß stattf<strong>in</strong>den (vgl. Folie 4.30.).<br />

36


Folien<br />

Zur Bedeutung des Themas:<br />

Die Leistungsfähigkeit des älteren <strong>Arbeitnehmer</strong>s<br />

<strong>und</strong> deren Förderung gew<strong>in</strong>nt über <strong>das</strong><br />

wissenschaftliche Interesse h<strong>in</strong>aus große<br />

gesellschaftspolitische Aktualität vor dem<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der drastischen Auswirkungen<br />

• des demographischen Wandels,<br />

• der Abnahme gut ausgebildeter junger<br />

Arbeitskräfte,<br />

• der leeren Kassen im Renten- <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Altersstruktur von 1996 bis 2012 (Re<strong>in</strong>hardt, 2004)<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

< 20 20 - 50 > 50 > 60<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

1996<br />

2002<br />

2012<br />

Folie 4.1.<br />

Folie 4.2.<br />

37


Perspektiven der Personalentwicklung<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

(vgl. Ueppimg, 1997)<br />

Was heißt ältere Mitarbeiter?<br />

Die OECD def<strong>in</strong>iert 1967:<br />

„Als alternde oder ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> werden Personen<br />

bezeichnet, die <strong>in</strong> der zweiten Hälfte ihres Berufslebens<br />

stehen, aber <strong>das</strong> Rentenalter nicht erreicht haben <strong>und</strong><br />

noch ges<strong>und</strong>, d. h. arbeitsfähig s<strong>in</strong>d.“ Die Zuordnung zu<br />

dieser Gruppe variiert<br />

- branchenspezifisch,<br />

- betriebsspezifisch,<br />

- berufsspezifisch,<br />

- tätigkeitsspezifisch.<br />

Defizit - Modell<br />

Danach s<strong>in</strong>d ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> generell<br />

• weniger leistungsfähig<br />

• kaum lernfähig<br />

• langsamer <strong>in</strong> der Informationsaufnahme<br />

• weniger belastbar<br />

• häufiger krank<br />

Älterwerden ist schicksalhaft <strong>und</strong> umfassend mit<br />

dem Verlust von körperlicher <strong>und</strong> geistiger<br />

Leistungsfähigkeit verb<strong>und</strong>en = Pauschalurteil<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Folie 4.3.<br />

Folie 4.4.<br />

Folie 4.5.<br />

38


Zwei-Komponentenmodell der Intelligenz<br />

(nach Hacker, 1996)<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Entwicklung des relativen Leistungspotentials<br />

im Laufe e<strong>in</strong>er durchschnittlichen<br />

Erwerbsbiographie (nach Heimer et al., 2001)<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Zunehmende <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Varianz<br />

mit dem Lebensalter<br />

Inter<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede <strong>in</strong> der physischen <strong>und</strong><br />

psychischen Leistungsfähigkeit nehmen mit<br />

steigendem Alter zu:<br />

Die Fähigkeit <strong>älterer</strong> Mitarbeiter, Neues zu lernen,<br />

hängt stark vom Niveau <strong>und</strong> vom Umfang der<br />

Lernanforderungen des bisherigen Arbeitslebens ab.<br />

Anforderungsarme, monotone <strong>und</strong> repetitive Arbeit<br />

führt zu Dequalifizierung <strong>und</strong> Demotivierung.<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Folie 4.6.<br />

Folie 4.7.<br />

Folie 4.8.<br />

39


Bandbreite der Leistungsstreuung mit<br />

zunehmendem Alter (vgl. Buck & Reif, 1995)<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Unterschiede zwischen Jung <strong>und</strong> Alt<br />

aus der Sicht von Betrieben I<br />

Kreativität<br />

Lernfähigkeit<br />

Flexibilität<br />

Leistungspotentiale<br />

Lernbereitschaft<br />

Körperliche Belastbarkeit<br />

Beruflicher Ehrgeiz<br />

Theoretisches Wissen<br />

Teamfähigkeit<br />

Psychische Belastbarkeit<br />

Ältere<br />

Beschäftigte<br />

( Häufigkeit der Nennungen (aus baua: 2004)<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Unterschiede zwischen Jung <strong>und</strong> Alt<br />

aus der Sicht von Betrieben II<br />

Loyalität<br />

Leistungspotentiale<br />

Erfahrungswissen<br />

Arbeitsmoral, -diszipl<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>stellung <strong>zur</strong> Qualität<br />

Zuverlässigkeit<br />

Führungsfähigkeit<br />

(<br />

(<br />

(<br />

(<br />

(<br />

(<br />

((<br />

((<br />

((<br />

Ältere<br />

Beschäftigte<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

( Häufigkeit der Nennungen (aus baua: 2004)<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Jüngere<br />

Beschäftigte<br />

(<br />

(<br />

(<br />

(<br />

(<br />

(<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

(((<br />

((<br />

((<br />

((<br />

Jüngere<br />

Beschäftigte<br />

Folie 4.9.<br />

Folie 4.10.<br />

Folie 4.11.<br />

40


Kompetenzprofil e<strong>in</strong>es Älteren<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

(vgl. Ueppimg, 1997)<br />

Die Förderung der Arbeitsfähigkeit <strong>älterer</strong><br />

Mitarbeiter muss auf verschiedenen Ebenen<br />

erfolgen:<br />

1. Auf der gesellschaftlichen Ebene,<br />

2. auf der Management-Ebene,<br />

3. auf der Ebene des Arbeitsprozesses <strong>und</strong> der<br />

betrieblichen Organisation sowie<br />

4. auf der <strong>in</strong>dividuellen Ebene.<br />

Was ist zu tun ?<br />

• Vorurteile abbauen<br />

• Aufklärung <strong>und</strong> Ermutigung der Älteren<br />

• Defizitmodell <strong>zur</strong>ückweisen<br />

• Statt dessen <strong>das</strong> Kompetenzmodell propagieren<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Vier Kategorien der Arbeitsaktivität <strong>und</strong> erwarteten<br />

Korrelation <strong>zur</strong> altersabhängigen Arbeitsleistung<br />

(nach Warr, 1995)<br />

Task<br />

category<br />

Basic capacities<br />

and more<br />

exceeded with<br />

<strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g age<br />

Performance<br />

can be<br />

enhanced by<br />

experience<br />

Expected<br />

relationship<br />

with age<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Illustrative job content<br />

1 Yes No Negative Cont<strong>in</strong>uous paced data-process<strong>in</strong>g;<br />

rapid learn<strong>in</strong>g; heavy lift<strong>in</strong>g<br />

2 Yes Yes Zero Skilled manual work<br />

3 No No Zero Relatively <strong>und</strong>ermand<strong>in</strong>g activities<br />

4 No Yes Positive Knowledge-based judgements with<br />

no time pressure<br />

Folie 4.12.<br />

Folie 4.13.<br />

Folie 4.14.<br />

41


Anpassung der Anforderungen<br />

an den alternden Menschen <strong>und</strong><br />

die Nutzung se<strong>in</strong>es Erfahrungswissens<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Altern <strong>und</strong> Arbeitskapazität<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Erforderliche Führungsqualitäten von<br />

Vorgesetzten aus der Sicht von<br />

älter werdenden <strong>Arbeitnehmer</strong>n<br />

(nach Ilmar<strong>in</strong>en, 1999)<br />

• Aufgeschlossene – nicht stereotype Haltung<br />

gegenüber dem Alter<br />

• Bereitschaft <strong>zur</strong> Kooperation<br />

• Fähigkeit <strong>zur</strong> <strong>in</strong>dividuellen Arbeitsplanung<br />

• Kommunikationsfähigkeit <strong>und</strong> Informationsbereitschaft<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Folie 4.15.<br />

Folie 4.16.<br />

Folie 4.17.<br />

42


Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

(nach Baltes, 1990)<br />

Intelligenz-Gew<strong>in</strong>ne <strong>und</strong> Verluste (Schleicher, 1973)<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

(nach Kuwan, 2001<br />

Folie 4.18.<br />

Folie 4.19.<br />

Folie 4.20.<br />

43


Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

(nach Kuwan, 2001)<br />

E<strong>in</strong>wände Älterer gegen Weiterbildung<br />

(vgl. Axhausen et al., 2002)<br />

53%<br />

41%<br />

65%<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

(nach Kuwan, 2001)<br />

Weiterbildung belastet<br />

die Familie zu stark<br />

Weiterbildung kann mir<br />

bei der jetzigen<br />

Arbeitsmarktlage auc h<br />

nicht helfen<br />

Ich b<strong>in</strong> zu alt für<br />

Fortbildung<br />

Lernwiderstände <strong>und</strong> Lernentwöhnung<br />

Folie 4.21.<br />

Folie 4.22.<br />

Folie 4.23.<br />

44


Weiterbildungsbarrieren bei älteren<br />

<strong>und</strong> wenig qualifizierten Mitarbeitern<br />

• Angst vor Mißerfolg <strong>in</strong>folge negativer Bildungserfahrungen<br />

• fehlende Information über Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

• fehlende Information über die mit Weiterbildung<br />

verb<strong>und</strong>enen Chancen<br />

• fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte<br />

• fehlende altersspezifische Anforderungen der<br />

Weiterbildungsmaßnahmen<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Lernfähigkeit im Altersverlauf (vgl. Lehr, 2000)<br />

Laborstudien zeigen abfallende Lernleistungen mit dem Alter bei<br />

„s<strong>in</strong>nlosem“ Lernmaterial, bessere Leistungen bei s<strong>in</strong>nvollem Material<br />

- e<strong>in</strong> langsameres Lerntempo,<br />

- ger<strong>in</strong>geres Er<strong>in</strong>nerungsvermögen,<br />

Die Gründe hierfür: abnehmende kognitive Basiskapazität<br />

- ferner langsamere Informationsverarbeitung,<br />

- e<strong>in</strong> weniger wirksames Arbeitsgedächtnis,<br />

- e<strong>in</strong>e kürzere Gedächtnisspanne,<br />

- zudem ist der Lernprozeß ist störanfälliger.<br />

Studien im beruflichen Umfeld h<strong>in</strong>gegen zeigen zwar e<strong>in</strong> langsameres<br />

Lerntempo, aber e<strong>in</strong>en ähnlichen Lernerfolg wie bei Jüngeren,<br />

- wenn ke<strong>in</strong>e Zeitrestriktion vorliegt,<br />

- wenn der Anwendungsbezug gegeben ist,<br />

- wenn Lerngewohnheiten berücksichtigt werden.<br />

Lernschwierigkeiten treten <strong>in</strong>sbesondere beim Umlernen auf.<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Lernmotivation<br />

• Die Lernmotivation ist <strong>in</strong>dividuell abhängig von<br />

Motiven der Person: persönliche Lerngeschichte<br />

Selbstkonzept: E<strong>in</strong>schätzung der eigenen<br />

Leistungsfähigkeit<br />

Lernzielen: <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sisch oder extr<strong>in</strong>sisch<br />

• Lernbereischaft nur begrenzt vom Alter abhängig<br />

• Instrumentalität beruflicher Weiterbildung:<br />

Lernbereitschaft wird von Kosten-Nutzen-<br />

Überlegungen bestimmt<br />

Was br<strong>in</strong>gt mir <strong>das</strong>?<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Folie 4.24.<br />

Folie 4.25.<br />

Folie 4.26.<br />

45


Lernbed<strong>in</strong>gungen<br />

• Ältere s<strong>in</strong>d lern- <strong>und</strong> unterrichtsentwöhnt<br />

• Hilfreich ist selbstgesteuertes, aktives Lernen:<br />

• Dabei bestimmen die Lernenden selbst<br />

Lernziele <strong>und</strong> Lern<strong>in</strong>halte<br />

Anknüpfung an die Arbeitswelt<br />

Lerntempo <strong>und</strong> Lernzeit<br />

mehr Wiederholungen werden benötigt<br />

Umgang mit Fehlern<br />

Teilnehmer-Zusammensetzung<br />

Lernhilfen<br />

Zuziehen externer Experten<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Lernbed<strong>in</strong>gungen<br />

• Entwicklungsfördernde Arbeitsgestaltung<br />

Ganzheitlichkeit<br />

Selbständige Planung, Ausführung, Kontrolle<br />

Inhaltliche Freiheitsgrade<br />

Zeitliche Freiheitsgrade<br />

• Rückmeldungen<br />

•Interaktionsmöglichkeiten<br />

Leistungserwartung der Umwelt bee<strong>in</strong>flußt die<br />

Leistungsfähigkeit des Individuums<br />

Förderung durch angemessene Forderung<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Selbstorganisiertes Lernen im Betrieb<br />

(nach Hörwick, 2003)<br />

Mite<strong>in</strong>ander<br />

reden<br />

Lerngelegenheiten<br />

entdecken<br />

Arbeitsplatz,<br />

Gruppe, Produkt<br />

Navigationssystem<br />

für selbständig<br />

lernende<br />

Mitarbeiter<br />

Wissensquellen<br />

nutzen<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Bilanzierung<br />

eigener<br />

Lernprozesse<br />

Input nutzen<br />

Folie 4.27.<br />

Folie 4.28.<br />

Folie 4.29.<br />

46


Verbesserung der Arbeitsfähigkeit durch<br />

vier <strong>in</strong>tegrierte Fördermaßnahmen:<br />

1. ERGONOMIE<br />

Abbau der ungünstigen physischen Arbeitsbelastungen, weil die<br />

kardio-pulmonale <strong>und</strong> muskulo-skeletale Leistungsfähigkeit mit dem<br />

Alter s<strong>in</strong>kt<br />

2. ARBEITSORGANISATION<br />

Mehr Mikro-Pausen, flexible Arbeitszeitgestaltung,<br />

Führungsverhalten, Kommunikation, Team-Bildung, Nutzung<br />

mentaler anstatt körperlicher Ressourcen<br />

3. LEISTUNGSFÄHIGKEIT<br />

Körperliches <strong>und</strong> geistiges Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g (<strong>in</strong> der Freizeit), weil <strong>in</strong> der<br />

Arbeitszeit oft e<strong>in</strong>seitige (statische) Belastung stattf<strong>in</strong>det<br />

4. WEITERBILDUNG � ERHÖHUNG DER KOMPETENZ<br />

Angepaßt an die Gr<strong>und</strong>ausbildung <strong>und</strong> Arbeitserfahrung:<br />

„Learn<strong>in</strong>g by do<strong>in</strong>g“<br />

Prof. Dr. K.H. Stapf<br />

Folie 4.30.<br />

47


Literatur<br />

Axhausen, S./Christ, M./Röhrig, R./Zeml<strong>in</strong>, R. (2002): Ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> – e<strong>in</strong>e Herausforderung<br />

für die berufliche Weiterbildung. Bonn. B<strong>und</strong>es<strong>in</strong>stitut für Berufsbildung.<br />

Baltes, P.B. (1990): Entwicklungspsychologie der Lebensspanne: Theoretische Leitsätze. Psychologische<br />

R<strong>und</strong>schau, 41, 1-24.<br />

Dicke, W. (2004): Mit Erfahrung die Zukunft meistern! Altern <strong>und</strong> Ältere <strong>in</strong> der Arbeitswelt.<br />

Dortm<strong>und</strong>: B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeitsschutz <strong>und</strong> Arbeitsmediz<strong>in</strong> (Hrsg.).<br />

Buck, H./Reif, A. (1995): Innovative Produktion bei veränderten Altersstrukturen.<br />

Stuttgart: Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft <strong>und</strong> Organisation (IAO)<br />

Hacker, W. (1996): Erwerbsarbeit der Zukunft – Zukunft der Erwerbsarbeit. <strong>in</strong>: W.<br />

Hacker (Hrsg.): Erwerbsarbeit der Zukunft –Auch für Ältere? Reihe Mensch-<br />

Technik-Organisation. ETH Zürich, 175 – 193.<br />

Heimer, A./Mohr, H./Wolff, H. (2001): Alters- <strong>und</strong> alternsgerechte Erwerbsarbeit –<br />

e<strong>in</strong>e Herausforderung für Berufsgenossenschaften. [Onl<strong>in</strong>e Dokument]<br />

http://www.demotrans.de/documents/EP-BGn.pdf (26.08.2004).<br />

Hörwick, E. (2003): Lernen Ältere anders? <strong>in</strong>: LASA (Hrsg.): Nutzung <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />

der Kompetenzen Älterer – e<strong>in</strong>e gesellschaftliche Herausforderung der<br />

Gegenwart. Potsdam: Tagungsband der Akademie der 2. Lebenshälfte am<br />

26./27.08.2002.<br />

Ilmar<strong>in</strong>en, J./Tuomi, K./Klockars, M. (1997): Changes <strong>in</strong> the work ability of active employees<br />

over an 11-year period. <strong>in</strong>: Scand<strong>in</strong>avian Journal of Work, Enviroment, and Health, 23,<br />

suppl. 1,49 – 57.<br />

Kuwan, H./Thebis, F. (2001). Berichtssystem Weiterbildung VIII. [Onl<strong>in</strong>e Dokument]<br />

http://www.bmbf.de/pub/berichtssystem_weiterbildung_viii-gesamtbericht.pdf<br />

(26.08.2004).<br />

Lehr, U. (2000): Psychologie des Alterns. Wiebelsheim: Quelle & Meyer.<br />

Re<strong>in</strong>hardt, A. (2004): MIX IT – Technologieführerschaft ausbauen durch aktive Personalentwicklung<br />

<strong>und</strong> altersgemischte Teams [Onl<strong>in</strong>e Dokument]<br />

http://www.zvei.org/fileadm<strong>in</strong>/user_upload/Forschung_Bildung/Demografie/microtec3.<br />

ppt (27.08.2004)<br />

Schleicher, R. (1973): Die Intelligenzleistung Erwachsener <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Niveau<br />

beruflicher Tätigkeit. Probleme <strong>und</strong> Ergebnisse der Psychologie, 44, 25 – 56.<br />

Uepp<strong>in</strong>g, H. (1997). Die Leistung der Erfahrung - Altersorientierte Personalentwicklung. <strong>in</strong>:<br />

Kayser, F./Uepp<strong>in</strong>g, H. (Hrsg.): Kompetenz der Erfahrung. Neuwied: Luchterhand, S.<br />

166 - 185.<br />

Warr, P. (1995:. Age and job perfomance. <strong>in</strong>: Snel, J./Cremer, R. (Hrsg.): Work and Ag<strong>in</strong>g:<br />

An European Peespective. London, 309 – 322.<br />

48


5. Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Diskussion: Welche zukunftsfähigen<br />

<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Strategien</strong> s<strong>in</strong>d wichtig, um den Bedarf der<br />

Unternehmen zu decken? Welche Informationen <strong>und</strong><br />

wissenschaftlichen Hilfestellungen werden aus dem Projekt<br />

erwartet?<br />

Die klassische Variante des Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>gs <strong>und</strong> der Diskussion wurde für die große Teilnehmerzahl<br />

im Workshop angewendet. Sie wurde im Anschluss an die Vorträge der Referenten<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, um die Teilnehmer für ihre konkreten Beiträge sowie <strong>in</strong>dividuelle Probleme zu<br />

aktivieren. Der Moderator Prof. Dr. Josef Schmid, stellte den Teilnehmern <strong>das</strong> Thema „Welche<br />

zukunftsfähigen <strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Strategien</strong> s<strong>in</strong>d wichtig um den Bedarf der Unternehmen<br />

zu decken? Welche Informationen <strong>und</strong> wissenschaftliche Hilfestellungen werden von dem<br />

Projekt erwartet?“ vor. Zur Dokumentation der Ergebnisse <strong>und</strong> <strong>zur</strong> Erstellung e<strong>in</strong>es Protokolls<br />

wurde die Methode des M<strong>in</strong>dmapp<strong>in</strong>gs verwendet. In der ersten Phase wurde e<strong>in</strong> kurzer<br />

State-of-the-Art Überblick von Herr Günther Klee, Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung<br />

<strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen über die aktuellen Forschungsergebnisse zum Thema „Förderung der<br />

Beschäftigungsfähigkeit <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> den Unternehmen“ dargestellt. In diesem<br />

wurde festgestellt, <strong>das</strong>s ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> immer noch mit Vorurteilen bei der Neue<strong>in</strong>stellung<br />

sowie bei der Weiterbeschäftigung zu kämpfen haben. Gleichzeitig s<strong>in</strong>kt ihre <strong>in</strong>nerbetriebliche<br />

Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen immer noch. Viele Betriebe <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg s<strong>in</strong>d sich weder bewusst über die Folgen des demographischen Wandels noch<br />

verfügen sie über die geeigneten Maßnahmen <strong>zur</strong> Förderung der Beschäftigungsfähigkeit ihrer<br />

Mitarbeiter.<br />

In der zweiten <strong>und</strong> der Kernphase des Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>gs <strong>und</strong> der Diskussion wurden folgende<br />

vorbereitete Themen dargestellt.<br />

a) Probleme <strong>und</strong> Fragestellungen<br />

Bei den Problemen <strong>und</strong> Fragestellungen g<strong>in</strong>g es hauptsächlich darum zu wissen, welche<br />

Schwierigkeiten Bildungsträger <strong>und</strong> Unternehmen im Rahmen des Themas allgeme<strong>in</strong> haben<br />

sowie welche konkreten Probleme bei der Umsetzung von Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> den Betrieben auf die Bildungsträger <strong>und</strong> Unternehmen zukommen.<br />

Unter den konkreten Problemen <strong>und</strong> Fragestellungen wurden folgende zusammengetragen:<br />

• Die Eigenmotivation der <strong>älterer</strong> Mitarbeit fehlt<br />

Diese Frage konnte teilweise durch den Vortrag von Prof. Stapf wissenschaftlich beantwortet<br />

werden. Aber wie kann <strong>in</strong> der Praxis die Eigenmotivation der ältere Arbeit-<br />

49


nehmer <strong>in</strong> den Unternehmen gefördert werden? Die Motivation bei der beruflichen<br />

Weiterbildung sollte von Seiten der <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>und</strong> von Seiten des Unternehmens<br />

betrachtet werden. Für jedes Lernziel steht e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>, dieses Ziel erreichen zu wollen.<br />

Dafür gibt es e<strong>in</strong> Motiv, was als Gr<strong>und</strong>lage für die Motivation dient. Die <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische<br />

Motivation aus Interesse <strong>und</strong> Neugierde kommen aus der Person selbst, während die<br />

extr<strong>in</strong>sische Motivation aus Belohnungen, Anerkennung oder Gruppenzwang von außen<br />

erzeugt wird. Es hat sich erwiesen, <strong>das</strong>s die <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische Motivation tragfähiger<br />

<strong>und</strong> dauerhafter ist als die extr<strong>in</strong>sische. Der ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> kann versuchen sich<br />

selbst von <strong>in</strong>nen heraus so effektiv wie möglich zu motivieren, unter der Voraussetzung,<br />

<strong>das</strong>s er e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Tun erkennt. Se<strong>in</strong>e Motivation kann jedoch sehr<br />

stärk unterstützt <strong>und</strong> gefördert werden durch günstige Rahmenbed<strong>in</strong>gen des Unternehmens.<br />

Die Anforderungen an ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> bestehen dar<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s sie e<strong>in</strong>en<br />

S<strong>in</strong>n <strong>in</strong> ihrer beruflichen Weiterentwicklung sehen <strong>und</strong> aktive Mitarbeit leisten, ihre<br />

Erfahrungen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Problemslösungsstrategien kennen lernen. Die Plattform<br />

bereitet jedoch <strong>das</strong> Unternehmen vor. Dazu müssen die E<strong>in</strong>satzbereiche <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong>n<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Unternehmens strategisch bedacht werden: altersgerechter Personale<strong>in</strong>satz<br />

<strong>und</strong> Gruppenarbeit, alterskritische Arbeitsanforderungen, Vermeidung<br />

von körperlich anstrengender Arbeit, Arbeitumgebungsbelastungen, hohe bzw. starre<br />

Leistungsvorgaben, Schicht- <strong>und</strong> Nacharbeit, hohe psychischen Belastungen, Vorbeugung<br />

der Ges<strong>und</strong>heitsverschleißung. Der vorhandene Wissenstand <strong>älterer</strong> Mitarbeiter<br />

muss genutzt <strong>und</strong> die für Unternehmen gesichert, der Wissenstransfer zwischen den<br />

Generationen gefördert werden. Außerdem sollten zeitweise Paten-, Mentoren- <strong>und</strong><br />

Coach-Rollen an ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> vergeben werden.<br />

• Ke<strong>in</strong>e Systeme <strong>zur</strong> Qualifizierung<br />

Damit ist geme<strong>in</strong>t, <strong>das</strong>s <strong>in</strong> den Unternehmen systematische Vorgehensweisen bzw.<br />

<strong>Methoden</strong> <strong>zur</strong> Qualifizierung der Mitarbeiter fehlen – <strong>in</strong>sbesondere bei der Fort- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung Älterer. E<strong>in</strong> systematisches Qualifizierungsmuster für den Arbeitsprozess<br />

<strong>in</strong> Anpassung an die Altersstrukturen muss erweitert <strong>und</strong> verbessert werden. Die<br />

Unternehmen sollen vor allem erkennen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> „Humankapital“, anders als ökonomisches<br />

Kapital <strong>und</strong> Wissen, weitgehend Standort geb<strong>und</strong>en ist, so<strong>das</strong>s e<strong>in</strong> hoher Fort<strong>und</strong><br />

Weiterbildungsstand der Mitarbeiter e<strong>in</strong> Mittel <strong>zur</strong> Standortsicherung ist.<br />

• Wenig Informationspolitiken über Weiterbildungsangebote<br />

Diese Problemstellung orientiert sich am <strong>in</strong>nerbetrieblichen Informationsfluss zwischen<br />

den Personalverantwortlichen <strong>und</strong> der <strong>Arbeitnehmer</strong><strong>in</strong>teressenvertretung. Für<br />

50


e<strong>in</strong>e gelungene Informationspolitik im H<strong>in</strong>blick auf die Weiterbildungsangebote <strong>und</strong> -<br />

beratungen <strong>in</strong> den Unternehmen sollte mehr Kooperation zwischen Unternehmensführung<br />

<strong>und</strong> dem Betriebsrat stattf<strong>in</strong>den, damit die Weitergabe von wichtigen Weiterbildungs<strong>in</strong>formationen<br />

schneller <strong>und</strong> leichter zu den Mitarbeitern gelangt.<br />

• Wenig Interesse seitens der Unternehmen<br />

Die Unternehmen <strong>in</strong> Baden-Württemberg befassen sich wenig mit der Problematik <strong>älterer</strong><br />

<strong>Arbeitnehmer</strong>, da <strong>das</strong> Thema nicht ernst genommen wird. Die Frage die hier gestellt<br />

wird, ist wie können Unternehmen sensibilisiert werden, damit sie sich für die<br />

Beschäftigungsfähigkeit <strong>und</strong> vor allem für <strong>das</strong> lebenslange Lernen ihrer Belegschaft<br />

e<strong>in</strong>setzen können?<br />

• Über welche Gruppe <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> diskutieren wir?<br />

Die Diskussion befasst sich universell mit allen Gruppen <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong>. Hier<br />

s<strong>in</strong>d sowohl die Fachkräfte als auch die Un- <strong>und</strong> Angelernten geme<strong>in</strong>t. Bei der Umsetzung<br />

der Qualifizierungsmaßnahmen sollte für die jeweilige Gruppe auf die jeweils<br />

passende Methodik <strong>und</strong> Didaktik geachtet werden, da sie über verschiedene Bildungsvoraussetzungen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> unterschiedliches Bildungsniveau verfügen.<br />

• Wer übt Weiterbildung <strong>in</strong> Unternehmen aus <strong>und</strong> wie kann man <strong>in</strong> den Unternehmen<br />

Weiterbildung fördern?<br />

Hier werden Führungskräfte, Personalentwickler <strong>und</strong> fachspezifische Tra<strong>in</strong>er angesprochen.<br />

Welche Anforderungen werden an diese Zielgruppe bei dem Lernen im Prozess<br />

der Arbeit gestellt? Welche Didaktik <strong>und</strong> Methodik werden für die Qualifizierung<br />

<strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> <strong>in</strong> Unternehmen e<strong>in</strong>gesetzt?<br />

Folgende Stichpunkte s<strong>in</strong>d für oben genannte Fragestellung wichtig:<br />

- Zielgruppenspezifische Qualifikationsstrategien bei der betrieblichen Weiterbil-<br />

dungsplanung<br />

- Persönliche Entwicklungsplanung <strong>und</strong> Mitarbeitergespräche für ältere <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

- Durchführung der Weiterbildung im Umfeld des bisherigen Tätigkeitsbereiches<br />

- Verwertung der bisherigen Berufserfahrungen<br />

- Beratung der Teilnehmer über praktischen Nutzen der Weiterbildung für den<br />

Arbeitplatz <strong>und</strong> über Ziel <strong>und</strong> Inhalt der Maßnahmen (angepasste praxisnahe Lernformen)<br />

- Fortbildung der <strong>in</strong>nerbetrieblichen Tra<strong>in</strong>er für altersspezifische <strong>und</strong> altersgerechte<br />

Weiterbildung (Tra<strong>in</strong>-the-Tra<strong>in</strong>er)<br />

- Lernen fördern durch die Art der Tätigkeit im Unternehmen<br />

51


- Verzahnung von Arbeit <strong>und</strong> Lernen<br />

- Lernförderliche Arbeitsplatzgestaltung durch systematische Rotationskonzepte<br />

- Zeitbudgets für arbeitsplatznahe Qualifizierung festlegen<br />

- Potenzial der Älteren erkennen <strong>und</strong> nutzen<br />

• Welche Rolle spielen bestehende Weiterbildungsträger?<br />

Der Vortrag <strong>und</strong> die zehn Thesen von Prof. Dr. Rauner beleuchten teilweise<br />

diese Fragestellung. Denn die Rolle der Weiterbildungsträger als re<strong>in</strong>er Wissensvermittler<br />

hat sich im Zuge des Wandels der Arbeitswelt auch geändert. Sie<br />

müssen daher stärker denn je Bildungsdienstleistung <strong>in</strong> Form von aktuellen Informationen,<br />

kompetenter Beratung <strong>und</strong> Lernbegleitung für die K<strong>und</strong>en erbr<strong>in</strong>gen.<br />

Die didaktisch-methodischen Komponenten werden stärker zielgruppenspezifisch,<br />

<strong>in</strong>dividualisiert <strong>und</strong> modularisiert, so <strong>das</strong>s der Erfolg der Bildungsträger<br />

mehr an ihrer Bildungs<strong>in</strong>novation, an der schnellen Reaktion auf die<br />

Nachfrage der K<strong>und</strong>en sowie an ihrer pädagogischen Kompetenz gemessen<br />

wird. Im Rahmen des Themas „Qualifizierung <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong>“ können<br />

<strong>in</strong>novative <strong>und</strong> praxisorientierte Bildungstools für alle Gruppen (Fachkräfte,<br />

Un- <strong>und</strong> Angelernte, Lernungewöhnte usw.) <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> angeboten<br />

werden. Folgenden Stichpunkten können dabei berücksichtigt werden:<br />

- E<strong>in</strong>satz geeigneter Lernmethoden unter starker Berücksichtigung möglicher<br />

Lernentwöhnung im Alter<br />

- Nutzung altersübergreifender Qualifizierungsstrategien <strong>und</strong> altersgemischter<br />

Lerngruppen <strong>und</strong> Teams<br />

- Anpassung des Unterrichtstempos an <strong>das</strong> Lerntempo <strong>und</strong> die Aufnahmefä-<br />

higkeit der älteren Mitarbeiter<br />

- Praxisnaher Know-how-Transfer <strong>und</strong> die Erkennbarkeit der S<strong>in</strong>nhaftigkeit<br />

des Lernens<br />

- Modulare Konzepte bzw. Baukastenpr<strong>in</strong>zip bei Weiterbildungsangeboten<br />

52


• Was muss geschehen, damit ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> länger arbeiten?<br />

Dass ältere <strong>Arbeitnehmer</strong> länger arbeiten können hängt von deren Beschäftigungsfähigkeit<br />

ab. Die Antwort auf diese Frage kann man teilweise aus dem Vortrag von Herr<br />

Martien Elderhorst entnehmen, <strong>in</strong> dem er auf <strong>das</strong> Employability-Konzept <strong>und</strong> die<br />

Kompetenzentwicklung <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> e<strong>in</strong>geht. Das Konzept wird von Herr<br />

Elderhorst <strong>in</strong> zweierlei H<strong>in</strong>sicht dargestellt: aus der Sicht des Individuums <strong>und</strong> des<br />

Unternehmens. Individuelle Beschäftigungsfähigkeit bedeutet hierbei, <strong>das</strong>s der E<strong>in</strong>zelne<br />

zum Unternehmer „<strong>in</strong> eigner Sache“ wird. Er ist <strong>in</strong> der Lage, se<strong>in</strong>e Bedürfnisse<br />

sowie se<strong>in</strong>e Fähigkeiten <strong>und</strong> Kompetenzen zu erkennen <strong>und</strong> vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Leistungen e<strong>in</strong>er Organisation anzubieten. Mit diesen Kompetenzen stehen <strong>und</strong><br />

fallen se<strong>in</strong>e Möglichkeiten, e<strong>in</strong>e Erwerbsbeschäftigung zu halten, zu f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> wenn<br />

notwendig, e<strong>in</strong>e neue zu suchen. Gleichzeitig beschränkt sich Beschäftigungsfähigkeit<br />

nicht nur auf <strong>das</strong> Individuum. Auch Unternehmen <strong>und</strong> Organisationen müssen beschäftigungsfähig<br />

se<strong>in</strong>. Damit organisationale Employability geschaffen werden kann,<br />

müssen Betriebe lernen Mitarbeiter nicht mehr länger als „eigne Mitarbeiter“ sondern<br />

stärker als Vertragspartner zu betrachten <strong>und</strong> die Qualifizierung <strong>und</strong> Weiterbildung aller<br />

Mitarbeiter aktiv zu unterstützen, damit sie auf kompetentes <strong>und</strong> leistungsfähiges<br />

Personal <strong>zur</strong>ückgreifen, Modernisierungen durchführen, Flexibilität herstellen <strong>und</strong><br />

wettbewerbfähig se<strong>in</strong> können. 2<br />

• Was leistet Politik <strong>und</strong> Wissenschaft?<br />

Aus ökonomischer Perspektive stellt sich diese Frage nach der wirtschaftspolitischen<br />

<strong>und</strong> schließlich nach den wissenschaftlichen Herausforderungen <strong>und</strong> nach dem Handlungsbedarf.<br />

Die Aufgabe der Politik ist es die gesetzlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> die<br />

mögliche Förderprogramme zu stellen, während die Wissenschaft sich auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

des Wissens bemüht, objektive <strong>und</strong> werturteilfreie Ergebnisse <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen<br />

über <strong>das</strong> Thema zu geben. In der Konsequenz s<strong>in</strong>d jedoch die verantwortlichen<br />

Gruppen gefragt – hier Wirtschafts- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik, Verbände,<br />

Unternehmen, Bildungsträger, Wissenschaft <strong>und</strong> Betroffene –, e<strong>in</strong>e korporatistische<br />

Lösung zu f<strong>in</strong>den. Es handelt sich somit um e<strong>in</strong>e echte „Geme<strong>in</strong>schaftsaufgabe“ zu<br />

den jeder der benannten Akteur beitragen kann.<br />

2<br />

Vgl. Bangali, Lucy et. al.: Beschäftigungsfähigkeit <strong>älterer</strong> Fachkräfte <strong>in</strong> Baden-Württemberg – Zwischenergebnisse<br />

e<strong>in</strong>er qualitativen Untersuchung der Qualifikationsbedarfe <strong>in</strong> Industrie <strong>und</strong> Handwerk der Metall<strong>und</strong><br />

Elektrobranche. Arbeitsbericht Nr. 240, September 2003 der ehemalige TA-Akademie, Stuttgart<br />

53


) <strong>Strategien</strong> <strong>zur</strong> Förderung des Lernens am Arbeitsplatz<br />

Bei den <strong>Strategien</strong> <strong>zur</strong> Förderung des Lernens am Arbeitplatz wurde im Plenum darauf h<strong>in</strong>gewiesen,<br />

<strong>das</strong>s Bildungsträger enorme Schwierigkeiten haben Unternehmen zu gew<strong>in</strong>nen, die<br />

sich für konkrete Lernstrategien für ihre älteren Mitarbeiter <strong>in</strong>teressieren. Da diese Lernstrategien<br />

besser durch Kooperation mit dem Bildungsträger <strong>in</strong>nerhalb der Unternehmen umgesetzt<br />

werden können, ist es außerordentlich wichtig <strong>und</strong> erforderlich, <strong>das</strong>s die Bildungsträger<br />

über die Verbände versuchen an die Unternehmen heranzukommen. Dazu sollten korporatische<br />

Aktionen zwischen den Akteuren - hier Bildungsträger <strong>und</strong> Unternehmen - <strong>in</strong> Bezug auf<br />

die <strong>Integration</strong> <strong>in</strong>novativer Bildungskonzepte <strong>und</strong> Maßnahmen <strong>zur</strong> Entwicklung <strong>und</strong> Förderung<br />

des „Humankapitals“ <strong>älterer</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> gefördert werden. Um <strong>das</strong> Bewusstse<strong>in</strong> der<br />

Unternehmen für <strong>das</strong> Thema zu erwecken ist es s<strong>in</strong>nvoll, <strong>das</strong>s die Unternehmensberater <strong>das</strong><br />

Thema aufgreifen <strong>und</strong> dieses gezielt <strong>in</strong> die Unternehmen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>tragen.<br />

Weiterh<strong>in</strong> wurde im Plenum dafür plädiert, <strong>das</strong>s Lernen <strong>und</strong> Arbeit mehr mite<strong>in</strong>ander verzahnt<br />

werden müssten. Lernen im Arbeitsprozess ist die bestmögliche Strategie ältere <strong>Arbeitnehmer</strong><br />

für zweckgeb<strong>und</strong>enes sowie erfahrungs- <strong>und</strong> handlungsorientiertes Lernen zu begeistern.<br />

Lernen sollte auf unterschiedliche Weise <strong>und</strong> vor allem durch die Art der Tätigkeit<br />

gefördert werden.<br />

54


Literatur:<br />

Bangali, Lucy/Fuchs, Gerhard et.al.: Beschäftigungsfähigkeit <strong>älterer</strong> Fachkräfte <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg – Zwischenergebnisse e<strong>in</strong>er qualitativen Untersuchung der Qualifikationsbedarfe<br />

<strong>in</strong> Industrie <strong>und</strong> Handwerk der Metall- <strong>und</strong> Elektrobranche. Arbeitsbericht Nr.<br />

240, September 2003 der ehemalige TA-Akademie, Stuttgart<br />

(vorhanden <strong>in</strong> der Bibliothek der Universität Stuttgart – auch zum Herunterladen)<br />

55

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