ITfH_2012_05_26-32_Dossier Mobile Health_ok.indd - PwC
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DOSSIER<br />
MOBILE HEALTH<br />
«Die Patienten begrüssen <strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong>,<br />
Ärzte und Versicherer sind zurückhaltend»<br />
Im Juni veröffentlichte das Beratungsunternehmen <strong>PwC</strong> die Studie «Emerging m<strong>Health</strong> – Paths for<br />
growth». Philip Sommer, <strong>Mobile</strong>-<strong>Health</strong>-Experte von <strong>PwC</strong> Schweiz, erläuterte IT for <strong>Health</strong>, welche<br />
Bedingungen und Wünsche es am internationalen und am Schweizer Markt gibt.<br />
Herr Sommer, welche Schlussfolgerungen konnten<br />
Sie aus der im Juni veröffentlichten <strong>Mobile</strong>-<strong>Health</strong>-<br />
Studie von <strong>PwC</strong> ziehen?<br />
Die Patienten sind bereit für mobile Technologien im<br />
Gesundheitswesen, Krankenversicherungen tendenziell<br />
auch. Die Leistungserbringer hingegen sind zurückhaltender.<br />
Wir haben auch festgestellt, dass die Entwicklungsländer<br />
auf diesem Gebiet bereits weiter sind als die<br />
Industrienationen. Den Entwicklungsländern ermöglicht<br />
<strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong> einen breiteren Zugang zu<br />
medizinischen Leistungen, bei den Industrienationen<br />
stehen Qualität und Komfort im<br />
Vordergrund, weswegen <strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong><br />
noch weniger verbreitet ist. Interessant<br />
ist, dass der Datenschutz vor allem die<br />
Ärzte beschäftigt, weniger die Patienten<br />
und Krankenversicherungen. Auffallend<br />
ist zudem, dass in der Umfrage 44 Prozent<br />
der Ärzte Angst haben, dass gut informierte<br />
Patienten zu stark in den Behandlungsablauf eingreifen<br />
könnten – für die Patienten dagegen ist mehr Selbstbestimmung<br />
eher ein treibender Faktor.<br />
Wo sahen die Befragten Hindernisse für <strong>Mobile</strong><br />
<strong>Health</strong>?<br />
Die Ärzte nannten als eine Hauptbarriere die fehlende<br />
Entschädigung für mobile Gesundheitsdienstleistungen.<br />
Wir stellten hingegen in der Detailanalyse der Antworten<br />
fest, dass mangelnde Interoperabilität und regulatorische<br />
Herausforderungen wie Haftungsfragen eine höhere Bedeutung<br />
haben. Wenn dank <strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong> die Behandlungsqualität<br />
gesteigert wird, fi nden die Mediziner die Entschädigung<br />
nicht mehr so wichtig.<br />
Interview: Raphael Stankowski<br />
Was versprechen sich Leistungserbringer, insbesondere<br />
Spitäler, von mobilen Lösungen?<br />
Interne Lösungen dienen vor allem der Effi zienzsteigerung<br />
und entlasten das Personal. Zudem kann <strong>Mobile</strong><br />
<strong>Health</strong> als Differenzierungsmerkmal gegen aussen dienen:<br />
Ein Spital kann sich innovativ geben, etwa durch<br />
eine Onlineanmeldung für Patienten. Ein weiterer Punkt<br />
sind chronisch kranke Patienten. Durch ein unterstützendes<br />
Telemonitoring lassen sich beispielsweise die<br />
Kosten für Rehospitalisierungen sparen. Bei unseren<br />
Untersuchungen stiessen wir auf eine<br />
Spitalgruppe in den USA, die durch ein<br />
solches Monitoring von Herzinsuffi zienzpatienten<br />
rund 24 Millionen US-Dollar<br />
jährlich einspart.<br />
Welchen Stellenwert nimmt <strong>Mobile</strong><br />
<strong>Health</strong> bei den Ärzten ein?<br />
Der treibende Faktor bei den Ärzten ist die Qualität,<br />
nicht die Kostenersparnis. An den Lösungen selbst<br />
sind sie zurzeit noch wenig interessiert. Ähnlich wie bei<br />
einem Medikament möchten die Ärzte ein Rezept für Telemonitoring<br />
unterschreiben und nicht nach der jeweils<br />
geeigneten Lösungen suchen oder sich durch die Patientendaten<br />
klicken müssen.<br />
Profi tieren neben den Leistungserbringern auch die<br />
Krankenkassen von <strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong>?<br />
In den USA sind die Krankenkassen zurzeit stark an einem<br />
Management der chronischen Volkskrankheiten wie Diabetes<br />
interessiert. <strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong> kann hier die Kosten deutlich<br />
senken, indem stationäre Fälle und auch ambulante<br />
Besuche verringert werden. In der Schweiz sind die Kassen<br />
28 IT for <strong>Health</strong> www.itforhealth.ch <strong>05</strong>|<strong>2012</strong>
wegen des nicht optimalen Ri-<br />
Hebt sich der Schweizer<br />
sikoausgleichs weniger interes-<br />
Markt von demjenigen andesiert.<br />
Sie gehen davon aus, zu<br />
rer Länder ab?<br />
attraktiv für chronisch Kranke<br />
Grundsätzlich ist die Situati-<br />
zu sein. Dies hätte höhere Präon<br />
in der Schweiz jener in anmien<br />
für die Krankenversichederen<br />
Industrienationen sehr<br />
rung zur Folge, auch wenn die<br />
ähnlich. Wie bereits gesagt,<br />
chronisch kranken Patienten<br />
sind die Schweizer Kranken-<br />
günstiger behandelt werden<br />
versicherungen wegen des Ri-<br />
könnten. Meines Wissens hat in<br />
sikoausgleichs weniger an mo-<br />
der Schweiz bisher kaum eine<br />
bilem Monitoring interessiert<br />
Krankenkasse konkrete Schritte<br />
– das ist in anderen Ländern<br />
zur Einführung von Telemonito-<br />
teilweise anders. Beim Thema<br />
ring-Lösungen eingeleitet.<br />
Case Management liegt die<br />
Schweiz beispielsweise hin-<br />
Braucht es hier gesamt- Philip Sommer, <strong>PwC</strong>:<br />
ter Dänemark oder den USA<br />
schweizerische Lösungen? «Schweizer Krankenversicherungen sind zurück. Schweizer Patienten<br />
Es braucht regulatorische Ver- wegen des Risikoausgleichs weniger an sind jedoch sehr an mobilen<br />
besserungen, also einen bes- mobilem Monitoring interessiert.»<br />
Technologien interessiert und<br />
seren Risikoausgleich, damit<br />
der Wellness- und Sportbereich<br />
<strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong> für die Krankenkassen interessant wird. wächst seit mehreren Jahren stark, wie in vielen anderen<br />
Sobald dies geschieht, wird es mehrere Betreiber von<br />
Telemonitoring-Lösungen geben. Verschiedene Anbieter<br />
Staaten auch.<br />
expandieren bereits in dieses Gebiet. Ich habe mir in den Was braucht es, damit sich <strong>Mobile</strong> <strong>Health</strong> in der<br />
USA ein Beispiel eines solchen Callcenters angesehen. Schweiz durchsetzt?<br />
Ärzte und vor allem Pfl egepersonal überwachen dort die Für eine Umsetzung von Telemonitoring müssten in der<br />
Vitaldaten der Patienten und können etwa Arztbesuche Schweiz besonders die Krankenversicherungen ihre<br />
empfehlen, ganz nach dem Motto «so viel wie nötig, so Haltung ändern, und der Regulator müsste den Risiko-<br />
wenig wie möglich».<br />
ausgleich anpassen. Auch in Schweizer Spitälern erfolgt<br />
beispielsweise das Erfassen von Patientendaten auf Ta-<br />
Was wünschen sich die Patienten?<br />
blet-Computern aus Eigeninteresse, und weitere Projekte<br />
Erwünscht ist ein einfacher Zugang zu ärztlichen<br />
Leistungen, beispielsweise Apps, die nächste Notfallstationen<br />
angeben oder Arzttermine verwalten. Auch Informationstools<br />
sind gefragt. Remote Patient Monitoring<br />
beziehungsweise die Überwachung von Vitaldaten ist<br />
bei Patienten, die damit noch keine Erfahrung gemacht<br />
in diese Richtung laufen bereits.